40 JAHRE GÜTEGEMEINSCHAFT GÜTE FÜRS KUNSTSTOFFFENSTER - GKFP
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VOM PRÜFZEICHEN ... oder „auf die Grundhaltung kommt es an“ Wenn wir uns die Entwicklung unserer Gütegemeinschaft an- ZUR GEWÄHRLEIS- schauen, so ist dies eine Geschichte, die auf Notwendigem basiert (= Definition und Einhaltung eines Qualitätsversprechens) und TUNGSMARKE ... die die Erwartungshaltungen künftiger Anforderungen abbildet (= Abbildung des Gesamtsystems unter Berücksichtigung von VORWORT Kunden- und Umweltanforderungen). Stets stand und steht der Qualitätsgedanke im Vordergrund, nicht nur im Sinne der Spezifikationserfüllung, sondern als Teil unserer DNA: Güte ist eine Grundhaltung, die wir mit allen unseren Mitglie- dern verkörpern und nach außen darstellen. Dabei ist jedes Produkt und jede Komponente von gleich hoher Bedeutung, ebenso wie die Herstellungsprozesse und die Eigenschaften des Gesamtsys- tems. Und ebendieser gesamtheitliche Ansatz ermöglicht es uns, die Wertschöpfungskette gesamthaft abzubilden und darüber hi- naus Themenblöcke wie „gesundes Wohnen“ und „Nachhaltigkeit“ glaubhaft zu adressieren. Damit wird aus dem Gütezeichen eine Gewährleistungsmarke im europäischen Kontext als Vision, die wir gemeinsam begonnen haben umzusetzen. Das Prüfzeichen, das kein Gütezeichen sein durfte | ab 1979 Mit Gründung unserer Gütegemeinschaft 1979 im Qualitätsverband (QKE) wurde die Grundlage für eine Gütesicherung des Vorprodukts „Profil“ gelegt. Zu dieser Zeit gab es bereits das RAL Gütezeichen „Kunststofffenster“. Um den Markt nicht zu irritieren, verständigten sich die beiden Gütegemeinschaften gemäß Kooperationsvereinbarung, kein zweites Gütezeichen einzuführen. Zugegebenermaßen han- delte es sich dabei für die Gütegemeinschaft in Bonn um ein- en Kompromiss, um intern Gütesicherung betreiben zu können. Laut der Vereinbarung durften für RAL gütegesicherte Kunststofffens ter ausschließlich gütegesicherte und mit dem K-Prüfzeichen des QKE „Kunststoff-Fensterprofile“ gekennzeichnete Profile verarbeitet werden. Dieses von unserer Gütegemeinschaft geschaffene und national wie in- Dr. Michael Stöger | Vorstandvorsitzender 2
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. ternational zeichenrechtlich geschützte Prüfzeichen auch folienkaschierte Profile eine Aufwertung: für Kunststoff-Fensterprofile hat einheitliche Güte- Anforderungen an Folien, Klebstoffe und Kaschier- und Qualitätsmerkmale geschaffen. Es besteht aus prozesse wurden genauer festgelegt. einem stilisierten Fensterprofilquerschnitt. Gütezeichen für das System der Fenster- profile | ab 2013 Der Beginn der „Emanzipation“ der Gütegemein- schaft zeigt sich bereits an dem 2006 entwickelten Die Ausweitung der Gütesicherung auf das gesamte Logo für die Gütegemeinschaft, das das stilisierte K Kunststoff-Fenstersystem erforderte eine neue Praxis des Prüfzeichens aufgreift. der Systemüberwachung, die in einer völlig überar- beiteten Güte- und Prüfbestimmung RAL-GZ 716 Vom Prüf- zum Gütezeichen | ab 2008 dokumentiert wurde. Im Sommer 2008 erfolgte die Revision der RAL-GZ 716-1: Wachsende Märkte, steigende An- Waren früher Prüfungen an Profil und Komponent- sprüche an das Fensterprofilsystem sowie der Erfolg en ausreichend, so werden in der neuen RAL-GZ 716 folienkaschierter Profile haben zu einer Vielzahl von zusätzliche Prüfnachweise des fertigen Kunststofffen- Neuentwicklungen geführt, die eine Anpassung der sters verlangt. Auch bei der Gütesicherung der Güterichtlinien an den technischen Fortschritt nötig Komponenten trat eine Verschärfung in Kraft: Die machten. Aber nicht nur das. Auch der Wegfall der künstliche Bewitterung von Folien wurde mehr als Gemeinnützigkeit für Gütegemeinschaften führte verdoppelt und auch Klebstoff-/Primersysteme un- dazu, die Gütegemeinschaft als Gliederung des Qua terliegen strengeren Zulassungskriterien. litätsverbands neu aufzustellen. Der neue Anspruch sollte seinen Niederschlag in ei- 30 Jahre nach Gründung der Gütegemeinschaft im nem neuen Layout finden. Das 2013 neu eingeführte QKE war es dann soweit: Sie wurde aus dem Qual- Gütezeichen symbolisiert das Fenster mit all seinen KUNSTSTOFF-FENSTER PROFIL-SYSTEME itätsverband ausgegliedert, in einen selbstständigen Systemkomponenten. Verband überführt und verleiht erstmals das neue RAL Gütezeichen – jedoch immer noch auf Basis der Das eingetragene Warenzeichen demonstriert mit Gütesicherung für die Profilextrusion. der Abkehr vom K-Zeichen die eigentliche Emanzi- pation vom reinen Kunststofferzeugnis. Mit den 2018 Wichtigste Änderungen betrafen die Einbeziehung neu in die RAL-GZ 716 aufgenommenen Komponent- von weißen PVC-U-Profilen mit Wanddicken von en der Verbinder, Verstärkungen und Deckschalen nominal 2,7 mm (innere und äußere Sichtfläche): wurde die Gütesicherung des Fensterprofilsystems Die damals sogenannten „RAL B“ Profile durchlaufen nunmehr auf die gesamte Wertschöpfungskette dabei die gleichen Prüfkriterien und müssen die An- ausgeweitet. forderungen, die die Gütesicherung an „RAL A“ Pro- file stellt, erfüllen. Mit der Revision von 2008 erfuhren 3
Vom Gütezeichen zur Gewährleistungs- haltigkeit steht. Damit wollen wir schon heute marke | ab 2019 zukünftige Anforderungen an Bauprodukte vorweg Das gütebestimmende Merkmal der aktuellen nehmen. Auf diese Basis gestellt, wird das Güte- RAL-GZ 716 ist die Dauergebrauchstauglichkeit zeichen in einem nächsten Schritt als Europäische von Kunststoff-Fensterprofilsystemen. Für die An- Gewährleistungsmarke beantragt. Wir sind gespannt, forderungen der Zukunft erarbeiten wir ein Konzept, ob diese Weiterentwicklung des Gütezeichens auch damit das RAL Gütezeichen künftig auch für ein europäisch an Kraft gewinnt. „Nachhaltiges Bauprodukt“ unter Einbeziehung der Merkmale Gesundes Innenraumklima und Nach Insofern dürfen wir stolz sein auf unsere Geschichte, in der wir mit großem Engagement die jeweilig aktu- ellen Themen professionell aufgegriffen haben und uns selbstbewusst im Markt etabliert haben. URKUNDE Die nächsten Schritte haben wir klar vor Augen: Güte ist eine Marke – denn auf die Grundhaltung kommt es an. 40 JAHRE GÜTEGEMEINSCHAFT Dr. Michael Stöger | Vorstandsvorsitzender KUNSTSTOFF-FENSTERPROFILSYSTEME E. V. RAL gartuliert der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e. V. zum 40-jährigen Bestehen und verleiht ihr aufgrund ihrer Verdienste um das RAL Gütezeichensystem diese Urkunde. RAL wünscht der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e. V. für die Zukunft weiterhin viel Erfolg. Bonn, den 16.11.2019 RA Rüdiger Wollmann RA Thomas Roßbach Hauptgeschäftsführer Geschäftsführer 4
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. DIE 1960ER UND 1970ER JAHRE AUF DEM WEG ZUR GÜTEGEMEINSCHAFT Vor mehr als 65 Jahren kam PVC erstmals als Werkstoff bei erkannte der Verband, dass eine Gütesicherung für Fensterrahmen zum Einsatz. Diente es zunächst für Kunststofffenster sowohl Anforderungen an das der korrosionssicheren Ummantelung von Stahl- und Kunststoffprofil als auch an das Fenster stellen muss. Aluminiumprofilen, wurden aus PVC bereits Anfang Daher schlossen QKE und Gütegemeinschaft Kunst- der 1960er Jahre die ersten selbsttragenden Profile stofffenster (ein Vorläufer der Gütegemeinschaft für Kunststofffenster hergestellt. Fenster, Fassaden und Haustüren e.V., Frankfurt) ei- nen Kooperationsvertrag. In Zusammenarbeit ent- Zu dieser Zeit regten sich bei den Kunststofffenster- stand ein Entwurf, der die Basis für die Gütesicherung bauern und der Kunststoffindustrie die ersten Dis- für Kunststoffprofile und -fenster bildete. Hierbei kussionen, wie die Qualität dieses neuen Produkts konnte der QKE auf Erkenntnisse aus Langzeitver sichergestellt werden sollte. Vor diesem Hintergrund suchen seiner Gütegemeinschaft Kunststoffrohre gründete sich 1963 ein Arbeitskreis bestehend aus zurückgreifen. Daraus entstand 1977 die erste Fas- Rohstoffherstellern, Profilextrudeuren und Fenster- sung der Gütesicherung RAL-RG 716/1, jedoch ohne bauern, der erste Anforderungen an die Qualität und Fremdüberwachung. Damit war es gelungen, eine Prüfung von Profilen formulierte. erste Gütesicherung vom Rohstoff über die Profile bis zum fertigen Fenster zu schaffen. Die Extrusionstechnik und der Fensterbau entwickel- ten sich schnell weiter. Diese Dynamik machte es nö- tig, das Thema Gütesicherung auf Verbandsebene zu „Die Gütesicherung ist unverzichtbar geworden in heben: So gründete sich 1967 im Qualitätsverband unserer Branche, um Qualitätsstandards zu eine Interessengemeinschaft „Kunststofffenster“, die entwickeln, zu etablieren und sicherzustellen.“ sich mit der Qualität von Profilen und Fenstern be- Dr. Michael Szerman | Vorstand schäftigte. Ein Jahr später lag der erste Entwurf einer Güterichtlinie für das K-Gütezeichen (RAL) Kunst- stofffenster vor. Im zweiten Anlauf zur Gütegemeinschaft Dass 1966 noch der Versuch scheiterte, eine Gütege- Erste Gütesicherung nach RAL-RG 716/1 meinschaft für Kunststofffenster innerhalb des QKE Eindeutige Anforderungen an die Fensterqualität zu gründen, lag vor allem daran, dass das Kunststoff- konnten aber nur nach und nach festgelegt werden fenster noch nicht gegenüber Holz- und Aluminium- – eine Arbeit, die der QKE zielstrebig fortsetzte. Da- fenstern abgegrenzt werden konnte. Erst Jahre später 5
Bilder (v. l.): Modell des ältesten in Serie hergestellten Kunststofffensters der Welt: ein Mipolam elastic von 1954 aus Troisdorf (©Rainer Hardtke, KMV Troisdorf ) | ©Profine GmbH | ©Bauelemente Bau Ausgabe 12/1979 gelang ein Neuanlauf. Zum einen hatte sich das Pro- duktstandards festzulegen. Im wachsenden Wettbe- dukt gut etabliert und zum anderen war der Wunsch werb zwischen den Profilherstellern sollten für alle der Profilhersteller im QKE nach einem einheitlichen Teilnehmer gültige Gütemerkmale definiert werden, Überwachungszeichen für Kunststofffensterprofile um letztlich die Funktionstüchtigkeit der Fenster si- weiterhin groß. So gründeten sie am 16. November cherzustellen. Hierbei orientierte sich die Gütege- 1979 die „RAL Gütegemeinschaft Fensterprofile im meinschaft an den Grundsätzen von RAL. Qualitätsverband Kunststofferzeugnisse e.V.“ Damit war sie die jüngste Gütegemeinschaft innerhalb des Wer ist RAL? QKE. Bereits in der Gründungssitzung wurde ein Gü- RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kenn- teausschuss installiert, der auf der Basis von Prüf- und zeichnung e.V. wurde 1925 als Reichs-Ausschuss für Überwachungsberichten sowie einer Fremdüberwa- Lieferbedingungen gegründet und hatte nach eige- chung durch eine externe Inspektions- und Prüfstelle nen Angaben die Aufgabe, „zum Schutz von Wirt- das neue Prüfzeichen für Kunststoff-Fensterprofile schaft und Verbrauchern“ für Klarheit im Kennzeich- vergab. nungswesen und für die verlässliche Kennzeichnung von Waren und Leistungen zu sorgen. Die Zuverläs- Ziele der Gütegemeinschaft sigkeit und Objektivität der RAL Gütesicherung wur- Ziel der Gütegemeinschaft war es, eine unabhängige de damals wie heute sichergestellt, indem die Ein- und konsequente Fertigungskontrolle festzulegen, haltung der Güte- und Prüfbestimmungen durch die so dass damit eine gleichbleibende Qualität garan- Unternehmen von externen Prüfern regelmäßig und tiert werden konnte. Außerdem ging es darum, Pro- neutral überwacht wird. 6
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. DIE 1980ER JAHRE GEMEINSAM WACHSEN Durch den Bauboom zu Beginn der 1980er erreichte Weiterentwicklung der Güte- und Prüf- das Kunststofffenster schon bald einen Marktanteil vorschriften von 40 % und zog mit dem zuvor dominierenden In enger Abstimmung zwischen Rohstoffproduzen- Holzfenster gleich. Jedoch verlagerte sich die Bautä- ten, Profilherstellern und Fensterbauern legten die tigkeit vom Neubau zur Sanierung und Bestandspfle- Gütegemeinschaften in Bonn und Frankfurt in den ge. Dies bedeutete für die Kunststoff-Fensterbranche Güte- und Prüfvorschriften der RAL-RG 716/1 (Ab- keineswegs einen Nachteil: Denn es war nur eine schnitt I–III) die Anforderungen an Material, Profile Frage der Zeit, bis die Renovierung von rund 70 Mio. und Montage fest. Fenstereinheiten anstand. Ihren Abschnitt über „Kunststoff-Fensterprofile“, Kooperation der Gütegemeinschaften der zunächst aus den Teilen „PVC hart“ und „hartem Bonn und Frankfurt PUR-Integralschaum“ bestand, entwickelte die Gü- Nach der Gründung der Gütegemeinschaft Fenster- tegemeinschaft stetig weiter. So wuchs Abschnitt I profile wurde mit der Gütegemeinschaft Kunststoff- Ende der 1980er auf die sechs Teile „PVC hart“, „Har- fenster 1980 eine neue Kooperationsvereinbarung ter PUR-Integralschaum“, „PVC hart und PMMA“, „PVC geschlossen mit dem Zweck, die Arbeit an den Güte- hart und PMMA mit vollmassivem, duroplastartigem und Prüfvorschriften der RAL-RG 716/1 gemeinsam Kernmaterial“, „PVC-Hartschaum und Aluminium-Ar- voranzutreiben. Außerdem legten sie im Vertrag er- mierung“ sowie „PVC hart mit Beschichtungen“ an. neut fest, dass für gütegesicherte Kunststofffenster Dieser Abschnitt beinhaltete eine kontinuierliche ausschließlich gütegesicherte Kunststoff-Fenster- betriebliche Eigenkontrolle des Herstellungsprozes- profile verwendet werden durften. Mit dem einheit- ses und erstmals eine regelmäßige Fremdüberwa- lichen RAL Prüfzeichen für Kunststoff-Fensterprofile chung, durchgeführt durch das Süddeutsche Kunst- wurde die Gefahr eines Zeichenwirrwarrs im Baube- stoffzentrum. Die Verantwortung für die Abschnitte reich gebannt. Zugleich hatte der Fensterbauer die „Eignungsnachweis der Fenstersysteme (II)“ und Gewissheit, dass er mit einem gütegesicherten Profil „Güteüberwachung der Fensterfertigung (III)“ lag bei bedenkenfrei ein voll funktionsfähiges Kunststoff- der Gütegemeinschaft Frankfurt, die das RAL Güte- fenster fertigen konnte. In einem gemeinsamen Gü- zeichen „Kunststofffenster“ verlieh. Nach dem RAL teausschuss konnten sich die beiden Partner über Anerkennungsverfahren wurden 1985 die überar- Fragen und Probleme abstimmen und austauschen. beiteten, erweiterten Güte- und Prüfvorschriften als neues verbindliches Bedingungswerk vorgestellt. 7
Bilder: ©Profine GmbH (l.) und Comic aus ©Bauelemente Bau Ausgabe 01/1980 EINHEITLICHE QUALITÄTSKRITERIEN FÜR DIE GESAMTE BRANCHE GASTBEITRAG VON KLAUS JENSEN Die Kunststoff-Fenstersysteme (PVC hart) wurden An- die Rohstoffhersteller, die hier große Absatzmög- fang der 1960er Jahre entwickelt, nachdem bereits lichkeiten für die Zukunft sahen. Angestrebt wurde 1956 ein Profilsystem auf den Markt gebracht wurde, damals, eine schnelle Marktdurchdringung des für das aus mit PVC weich ummantelten Stahlprofilen die Branche neuen Werkstoffes zu erreichen. Hierzu entwickelt wurde. Die Initiative ging zunächst von gab es ein nachzuahmendes Vorbild: das Rohr aus kleinen Firmen aus, die offensichtlich die Nachteile Kunststoff, dem die Marktdurchdringung Jahre zu- der konventionellen Werkstoffe Holz, Stahl oder Alu- vor gelungen war. Ein Grund dafür war die Gründung minium als erste erkannten und sie zur Qualitätsver- der Gütegemeinschaft Rohre innerhalb des Kunst- besserung durch Kunststoffe ersetzen wollten. Ihre stoffrohrverbandes mit Sitz in Bonn. Profilentwicklungen ließen sie bei größeren Firmen wie Pasche-Schön, Dynamit Nobel (Troisdorf ) und Ein gemeinsames Ziel Georg Volz (Gevo) bei Rehau extrudieren. Die Gütegemeinschaft hatte das Ziel, von ihr erarbei- tete Güte- und Prüfbestimmungen durchzusetzen Das führte naturgemäß zu Eigenentwicklungen bei und damit zu einheitlichen Qualitätskriterien für die großen Kunststoffverarbeitern, gefördert auch durch gesamte Branche zu kommen. Das ist insbesondere 8
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. durch den Einsatz von Prüfingenieuren in hervorra- abgelöst und Marktanteile von mehr als 50 % gewon- gender Weise gelungen. Diese konnten ohne Vor- nen. Dieser Erfolg ist eindeutig auf die von Anfang anmeldung bei den jeweiligen Unternehmen unab- an gute Zusammenarbeit zwischen Profilextrudeu- hängig Materialprüfungen vornehmen. Eigen- und ren, Fensterbauern, Rohstoffherstellern und Quali- Fremdüberwachung trugen zur Qualität bei. tätsverbänden zurückzuführen. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch für Europa. Fast alle maßgeb Die guten Erfahrungen der „Gütegemeinschaft Kunst- lichen Fensterprofilhersteller haben sich dem ge- stoffrohre“ führten schnell dazu, die gewonnenen meinsamen Gütegedanken angeschlossen und sind Erkenntnisse und Erfahrungen auf Fensterprofile zu Mitglieder der „Gütegemeinschaft Fensterprofile“ übertragen. So kam es letzten Endes zur Gründung Bonn geworden. Das ist ein grandioser Erfolg, den es der „Gütegemeinschaft Fensterprofile“. Das auch des- weiter auszubauen gilt. halb, weil die handelnden Personen jeweils dieselben waren. Ich schreibe hier von den Herren Dieter Utz, Der Gütegemeinschaft wünsche ich, dass es gelingen Edwin Keller und Egon Barth. Sie waren maßgeblich möge. am Erfolg der Fensterprofile aus Kunststoff beteiligt. Auf den Erfahrungen bei der Rohrherstellung konn- ten sie problemlos aufbauen. „Der Erfolg des Kunststofffensters ist auf die gute Zusammenarbeit zwischen Profilextrudeuren, Erste Treffen der Gütegemeinschaft Fensterbauern, Rohstoffherstellern und Qualitäts- Die ersten Zusammenkünfte der Gütegemeinschaft erfolgten meines Erachtens 1966, als sich Herren eta- verbänden zurückzuführen.“ blierter Firmen in Bonn trafen und beschlossen, die Qualität der Profile auf eine gemeinsame Basis zu stel- len. Beteiligt waren unter anderen die Firmen Köm- merling, Rehau und Dynamit Nobel. Hinzu kamen etablierte Rohstoffhersteller, die den Gütegedanken an ihre Kunden weitergaben. Der erste Vorsitzende der Gütegemeinschaft war Dr. Kohl von Kömmerling. Ihm folgten Gerd Hammerstein und Klaus Jensen bis 2008. Erfolgsfaktoren für hohe Marktanteile Die Gründung der Gütegemeinschaft wurde zum durchschlagenden Erfolg für die gesamte Branche. Das Fensterprofil aus Kunststoff hat die herkömm- lichen Werkstoffe in der Zwischenzeit weitgehend Dipl.-Ing. Klaus Jensen | Prägte mehr als 20 Jahre als Vorstands- vorsitzender die Arbeit der Gütegemeinschaft 9
Dipl.-Phys. Egon Barth (l.) | Erster Obmann des Güteausschusses; bis 2009 aktiv WANDDICKEN WAREN DAS HERRSCHENDE THEMA INTERVIEW MIT EGON BARTH Egon Barth, Jahrgang 1929, leitete bis zu seinem Ruhestand 1991 bei Dynamit Nobel die Abteilung „Stoff- und Systemprüfung“. Als erster Obmann des Güteausschusses hat er an der Entstehung und Weiterentwicklung der Gütesicherung maßgeblich mitgewirkt, die heute noch existiert. Bis zu seinem 80. Geburtstag hat er sich für die Gütegemeinschaft engagiert. Anfang des Jahres konnten wir ihn zu Hause zum Interview wiedertreffen. Herr Barth, könnten Sie etwas über Ihren Abteilung „Stoff- und Systemprüfung“ regelmä- persönlichen Hintergrund berichten? ßig hinsichtlich ihrer Eigenschaftswerte und ihrer Nach meinem Physikstudium in Jena und meiner Anwendungstechnik überwacht. Tätigkeit bei VEB Leuchtstoffwerk in Bad Lieben- stein bin ich 1960 mit meiner Familie in die BRD Was hat Sie an der Thematik Kunststoff- geflüchtet. In Troisdorf habe ich meine Stelle bei fenster gereizt? Dynamit Nobel angetreten. Dort wurde 1954 das Zu den Fensterprofilen kam ich über die Kunst- erste Kunststofffenster Mipolam elastic aus einem stoffrohre. Im Prüfkeller von Dynamit Nobel standen relativ harten Weich-PVC entwickelt. Ab 1965 wur- 20 Jahre alte Proben, die sich in einem Langzeitin- den Fenster aus erhöht schlagzähem PVC aufgelegt. nendruckversuch befanden. Daran wollte ich weiter- Die daraus hergestellten Halbzeuge und Fertig- arbeiten. So kam ich über den Fachnormenausschuss produkte sowie die Profile wurden in unserer Kunststoffe (FNK) und den Kunststoffrohrverband 10
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. (KRV), in denen ich mich engagierte, mit der Güte- wurden später auch von den Niederländern und Bel- gemeinschaft in Kontakt. Die Ergebnisse unserer giern übernommen. Prüfungen flossen in die erste RAL Güterichtlinie für Kunststofffenster und -profile ein. Warum war es für Sie wichtig, dass Kunststofffenster gütegesichert sind? Sie erwähnen die Profilprüfungen: Was Es gab von Anfang an Bestrebungen, das Kunststoff- wurde untersucht? fenster abzumagern. Die ersten Kunststoff-Fenster- In Troisdorf wurden Profile neben den mechanischen profile waren in den Außenwandungen 4 mm dick. Kurzzeit-Qualitätsmerkmalen hinsichtlich ihres Lang- Als die Zahl der Extrudeure zunahm, wurde bei der zeitverhaltens untersucht: Beispielsweise haben wir Produktion auf den Pfennig geguckt und versucht Eckverschweißungen überprüft. Außerdem führten weiter abzumagern. Die Gütesicherung war wich- wir sowohl in Troisdorf als auch in Spanien, Arizona, tig, um die Qualität der PVC-Fensterprofile hoch zu Florida und Marrakesch Tests mit natürlicher und halten, andernfalls hätten wir auch „amerikanische künstlicher Bewitterung an weißen Fensterprofilen Verhältnisse“ bekommen, wo die Wanddicke der Pro- durch. Diese Langzeitprüfungen dauerten 20 Jah- file für Schiebefenster nur ca. 1 mm betrug. Heute ist re. Überwacht wurden das Alterungsverhalten, also man bei Klasse A bei nominal 3 mm dicken Sichtflä- Farbveränderung und Veränderungen der mechani- che, bei Klasse B bei 2,7 mm. Das heißt, dieser Kampf schen Werte wie Schlagzähigkeit, Zugfestigkeit und wurde damals in der Gütegemeinschaft geführt und E-Modul. Die Erkenntnisse aus diesen Langzeitversu- verloren. An dieser Stelle haben wir versagt. chen bildeten die Grundlage für die Anforderungen der RAL Gütesicherung für Fensterprofile. „Ohne die Gütesicherung hätten wir auch ‚ameri- Sie waren bei der Erstellung der Güte- kanische Verhältnisse‘ bekommen.“ richtlinien von Anfang an dabei. Wie sind Ihre Prüfergebnisse in die Gütesicherung eingeflossen? Warum lag Ihnen das Thema der Wand Die Ergebnisse aus dem Prüflabor wurden im Güte- dicken so am Herzen? ausschuss offengelegt und auch fachlich diskutiert Man konnte Wanddicken nicht immer weiter abma- und überprüft. Erfreulich war, das das, was dem Pro- gern, wegen des negativen Einflusses auf die Me- dukt Fensterprofil hinsichtlich der Qualität gedient chanik, Stabilität und Wetterbeständigkeit. Bei un- hat, z. B. Schlagzähigkeit und Farbbeständigkeit, in seren Prüfungen machten sich auf der bewitterten die Güterichtlinien übernommen wurde. Wo sich der Oberfläche der Profile erste feine Erosionen bemerk- Güteausschuss damals nicht durchsetzen konnte, bar. Diese wurden durch die weitere Bewitterung war beim Thema Wanddicke. Diese ist abgemagert im Nano-Bereich abgetragen und die Wanddicken worden. Aber letztlich haben sich die deutschen nahmen ab. Dünnere Profile würden dadurch na- Güte- und Prüfbestimmungen durchgesetzt und türlich langfristig schneller in die Knie gezwungen. 11
Konkret bedeutete das, Profile mit 4-mm-Wanddicke entsprechend stabilisiert war und rissig wurde. Un- konnten 50 Jahre und deutlich länger halten, sere Ergebnisse flossen in die Überarbeitung mit ein dünnere etwas weniger. Dieses Thema war be- und bildeten die Grundlage für heutige Colorprofile. herrschend und begleitete uns bis in die 2000er Jahre. Aber um ehrlich zu sein, halte ich dunkle Folien nicht für den wahren Jakob, weil sie sich bei höheren Tem- Was waren weitere Themen, die die Güte- peraturen stärker aufheizen und kritischer auf die sicherung in der Anfangszeit bewegten? Profiloberfläche wirken. Deshalb bin ich damals wie Allgemein ging es um Materialprüfungen. Darüber heute der Meinung: Das weiße Profil ist das sicherste hinaus wurden auch schon Stoff- und Systemprüfun- – wegen seiner höheren Temperatur- und Altersbe- gen durchgeführt, wie Dauerfunktion und Differenz- ständigkeit. Bei dunkelfarbigen Profilen erfolgt eine klima. Bei der thermischen Wechselprüfung wurden schnellere Alterung wegen der höheren Temperatur. Temperaturen von -20 und +60 °C getestet, um die Um wieder auf die Gütegemeinschaft zurückzukom- Verformung besonders bei farbigen Profilen zu prü- men: Spaß hat mir die Arbeit auch deshalb gemacht, fen. Für die Simulation der Erwärmung durch Son- weil ich im Güteausschuss meine Meinung vertreten neneinstrahlung setzten wir Infrarotlicht ein. Hierbei und in einigen Punkten auch durchsetzen konnte. stellte sich heraus, dass die PMMA-Profile verfor- Zum Beispiel was gewisse Eigenschaften angeht, wie mungsgefährdet waren und es zu Eckbrüchen kom- die hohe Kerbschlagzähigkeit auch bei Werten von men konnte. Aufgrund dieser Ergebnisse wurden ei- -40 °C. Die Schlagzähigkeit war eine Frage der Re- nige kritische PMMA-Farben vom Markt genommen. zeptur. Mit zunehmender Alterung des Profils nimmt Wie wir wissen, hat sich letztlich die Folienbeschich- diese Eigenschaft ab. Je höher die Schlagzähigkeit ist, tung durchgesetzt. desto haltbarer ist das Profil. „Damals wie heute bin ich der Meinung: Das weiße Wie alt sind eigentlich Ihre Kunststoff- fenster in Ihrem Haus? Kunststofffenster ist das sicherste.“ Unsere Kunststofffenster haben 50 Jahre lang ge- halten. So mussten vor ein paar Jahren nur eini- Was hat Ihnen bei Ihrer Arbeit für die ge Fensterflügel getauscht werden, weil die Ther- GKFP am meisten Freude bereitet? mopen-Scheiben „blind“ geworden sind. Die Profile Meine Arbeit an sich hat mir großen Spaß gemacht: waren noch in Ordnung und die Rahmenprofile tun dass ich bei den Prüfungen freie Hand hatte und auch heute noch ihre Dienste. Deshalb bin ich stolz bei der Entwicklung neuer Dinge helfen konnte. Bei darauf, einen kleinen Beitrag geleistet zu haben, dass den farbigen Profilen war das die Entwicklung der Kunststofffenster heute so lange halten. PMMA- bzw. später die Folienbeschichtung. Die ers- ten Prüfungen zur Mechanik und Bewitterung sind Vielen Dank und alles Gute für Sie. noch schief gelaufen, weil die Beschichtung nicht Das Gespräch führten Bernhard Elias + Claudia Könsgen 12
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. Bild: ©Rehau AG + Co DIE 1990ER JAHRE OSTEUROPA ÖFFNET SICH DEM WELTMARKT Der Eiserne Vorhang fiel. Trotz rezessiver Stimmung in doch unterschiedliche klimatische Bedingungen und der Gesamtwirtschaft und einer leichten Stagnation unterschiedliche Auffassungen, die die Qualität des im Baubereich sorgte der Beitritt der neuen Bundes- Bauens betraf, eine Einigung. Ein gemeinsamer Ent- länder für einen steilen Anstieg der Fensterfertigung. wurf von Deutschland und den Niederlanden sollte Dieser hielt bis Ende der 1990er an. Ebenso brachte bei der Einigung helfen: So kam man nach vielen die allmähliche Öffnung des osteuropäischen Fens- Diskussionen zwischen der Gütegemeinschaft und termarktes einen erhöhten Absatz in Europa. den europäischen Nachbarverbänden zum Ergebnis, unterschiedliche Produktklassen einzuführen. Über Europäische Zusammenarbeit deren Zuordnung sollten die jeweiligen nationalen und Normung Verbände entscheiden. In dieser Zeit nahm die nationale und internationa- le Normung von Kunststofffenstern Fahrt auf: In der Des Weiteren unterstütze die Gütegemeinschaft die Hauptsache sollte europaweit eine Mindestwand- Arbeit an den europäischen Normen für Kunststoff- stärke festgelegt werden. Bisher verhinderten je- profile (EN 477/478/479). Außerdem einigte man 13
Hierfür forderte die deutsche Fensterprofilindus- sich darauf, künftig die Kerbschlagzähigkeit nach trie eine Übergangsregelung: Denn bislang fehlten ISO-Standards zu prüfen. Dafür beschlossen die Be- Langzeiterfahrungen, um Gewährleistungszusagen teiligten, gemeinsame Rundversuche durchzufüh- zu machen, z. B. bei der Schweißeignung oder Wet- ren, um fehlende Erfahrung mit den unterschied terbeständigkeit. Eine überstürzte Umstellung der lichen Profilrezepturen zu erhalten. Blei-Stabilisierung würde zu gravierenden Marktstö- PVC-Verbotsstimmung trotzen rungen führen, warnte die Gütegemeinschaft. Sie wollte Untersuchungen abwarten, deren Ergebnisse Bis Anfang der 1990er wurden in Europa PVC-Profi- in die Bewertung einer optimalen Stabilisierung ein- le mit Blei-Barium-Cadmium-Verbindungen stabi- gehen sollten. lisiert. Nachdem das Bundesministerium für Arbeit die staubförmige Cadmium-Verbindung in der Ge- Zu dieser Zeit setzte eine PVC-Verbotsdebatte die fahrstoff-Verordnung hochgestuft hatte, mussten Branche unter Druck: Unter gemeinsamer Anstren- Profilhersteller ihre Rezepturen ändern. Während gung von Herstellern, Verarbeitern und Beschäftigten die Substitution von Barium-Cadmium-Stabilisato- gelang es jedoch, geltende PVC-Einsatzbeschränkun- ren durch Calcium-Zink-Verbindungen drei Jahre gen bei öffentlichen Bauvorhaben wieder aufzuhe- später weitgehend abgeschlossen war, blieb noch ben. Beispielsweise erstellte die Geschäftsstelle des die vom Bund-Länder-Ausschuss „Umwelt“ und der Qualitätsverbands Stellungnahmen und nahm zu- Enquete-Kommission des Deutschen Bundesta- sammen mit Belegschaften der Gütegemeinschaften ges geforderte Umstellung der Blei-Stabilisierung. an Demonstrationen teil. In diesem Kontext war die Gütegemeinschaft auch immer wieder Angriffen von PVC-Gegnern ausge- setzt, die Recyclingmöglichkeiten für PVC-Fenster forderten. Das Thema im Blick schlossen sich zahl reiche Mitglieder der Gütegemeinschaft zusammen, um die Rücknahme und Wiederverwertung von Altfenstern aus Kunststoffen in Angriff zu nehmen. Damit sollte der Materialkreislauf bei PVC-Fenster- profilen geschlossen werden, wie vom damaligen Kreislaufwirtschaftsgesetz gefordert. Revision der RAL-RG 716/1 wird nötig Inzwischen trugen fast alle in Deutschland verarbei- teten PVC-Fensterprofile das RAL Prüfzeichen der Gü- tegemeinschaft. Da das Kunststoff-Fensterprofil ein erklärungsbedürftiges Produkt ist, das sich ständig Bild: ©Profine GmbH 14
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. weiterentwickelt, überarbeiteten die Fachausschüsse In den überarbeiteten RAL Richtlinien wurden auch die Güte- und Prüfrichtlinien umfassend. So flossen die generellen Anforderungen und Prüfverfahren in die Revision 1994 und 1998 die neusten Erkennt- von CEN berücksichtigt. Hierbei erwies sich die Mitar- nisse der nationalen und europäischen Normungsar- beit im Ausschuss „Internationale Normungsfragen“ beit sowie alle Fragen zu Dichtungen ein. Weiterhin als hilfreich. Diese enge Zusammenarbeit sollte auch wurden Neuerungen für weiße, farbige und folienbe- künftig helfen, dass die Interessen der Gütegemein- schichtete Profile integriert sowie Systembeschrei- schaft bei der Erstellung der Produktnormen berück- bungen und Montagerichtlinien aufgenommen. sichtigt werden. Damit umfasste die RAL Richtlinie GZ 716/1 Ende der 1990er nun die fünf Abschnitte „Kunststoff-Fenster- profile“ (mit Teil 1 bis 7 inkl. Prüfmethoden), „Dich- „Die große Herausforderung für die Zukunft ist tungsprofile“, „Systemprüfung“, „Fensterfertigung“ die Digitalisierung, in der wir unsere Auffassung und „Montage“. Zu den bislang sechs selbstständigen von Qualitätsmerkmalen verankern und neue Teilen im Abschnitt I wurde mit Teil 7 „Fensterprofile Standards entwickeln werden.“ aus PVC mit Folien kaschiert“ eine weitere Gütegrup- pe aufgenommen. In diesen sieben Teilen der über- Dipl.-Ing. Peter Czajkowski | Obmann Güteausschuss arbeiteten Güterichtlinie sah die Gütegemeinschaft auch die Verarbeitung von Recyclingmaterialien vor. Auszug aus den von der Gütegemeinschaft herausgegebenen Heften „Kunststofffenster im Profil“ (Sonderdruck aus Kunststoffe Heft 1/95 (l.)) und „Kunststofffenster aus ökologischer Sicht“ (Sonderdruck aus der Zeitschrift BmK Heft 2/95) 15
DEUTSCHER FENSTERMARKT MEILENSTEINE 1970er: Stetig wachsender Fenstermarkt Der Ölboykott der OPEC, der auch in Deutschland Seit seiner Markteinführung im Jahre 1964 nimmt eine Energiekrise auslöste, mag dazu geführt haben, das Kunststofffenster eine rasante Entwicklung, ins- dass vermehrt Einfachverglasung gegen Isolierver- besondere in den 1970er Jahren, und das entgegen glasung (=>Thermopene) ausgetauscht wurde. dem allgemeinen Trend einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit. Letztlich war dies auch der Vorgabe des Energie- wirtschaftsgesetzes von 1978 geschuldet, das fortan zweifachverglaste Fenster zur Pflicht machte. So er- reichte das Kunststofffenster Ende der 1970er Jahre Abb. 1: PVC-Fenster in Deutschland einen Marktanteil von 40 % und lag damit gleichauf und das reale Bauvolumen mit dem bisher dominierenden Holzfenster. Während in den 1980er Jahren das Kunststofffenster zusehends Marktanteile generiert und die 50 % Marke erreicht, verlaufen anschließend das reale Bau- volumen und der Kunststofffenstermarkt überaus ähnlich. Kunststofffenster Volumen Baugewerbe 14 120 Deutschland ist renoviert 12 Kunststofffenster (Mio. Einheiten) 100 Reales Bauvolumen (Mrd. EUR) 10 Mauerfall Finanzkrise 80 8 OPEC-Krise 60 6 40 4 2 20 0 0 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Zahlen: Profine GmbH und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Bild: ©Rehau AG + Co 16
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. 1980er: Schwierige Jahre 2010er: Deutschland – Konjunkturmotor Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit Jahren Das gute Geschäftsklima in Deutschland und vor in einer lang andauernden Konjunkturschwäche, allem eine andauernde stabile Konjunktur auf ho- die sich auch in der Bauwirtschaft manifestiert, be- hem Niveau beflügeln die Bauwirtschaft ab den sonders bei Neubauten. Das Gleichgewicht ver- 2010er Jahren. Starke Impulse aus Neubau- und schiebt sich zugunsten des Sanierungsbereichs, Renovierungsvorhaben bestimmen den Fenster- der nun bei rund 70 % liegt. Obwohl sich Mitte der markt und lassen für Kunststofffenster einen durch- 1980er die Baukonjunktur leicht erholt, erreicht sie schnittlichen Zuwachs von 4 % bis 2021 erwarten, nicht das Niveau, das Kunststofffenster Ende der das größte Wachstum im Vergleich zu anderen 1970er hatten. Rahmenmaterialien. Grenzen setzen nur die feh- lenden Kapazitäten und der Fachkräftemangel in 1990er: Fenstermarkt explodiert auf der Bauwirtschaft. 12 Mio. Kunststofffenster Dies änderte sich grundlegend in den 1990er Jah- ren mit der Wiedervereinigung. Grund dafür war der Sanierungsbedarf in den neuen Bundesländern. Au- Abb. 2: PVC-Fenster in Deutschland ßerdem fehlten in Deutschland rund 2,5 Mio. Woh- nungen. Insgesamt verdoppelte sich die Zahl der und Europa verbauten Kunststofffenster von 6 auf rund 12 Mio. Während sich in Deutschland die Nachfrage stabil auf 6 Mio. einpen- Einheiten. Das Produktionsvolumen erreichte damit delt, wächst der Bedarf in Europa drastisch an und wird erst durch die den höchsten Stand seit Einführung von Kunststoff- Finanzkrise gebremst. fenstern in Deutschland. In der zweiten Hälfte der 1990er lag der Marktanteil der Kunststofffenster bei etwa 50 % – Tendenz steigend. DEDE EUEU 50 100 2000er: Der Osten ist renoviert ... 45 90 … zumindest was den Fenstertausch anbelangte. Mit 40 80 Beginn des neuen Jahrtausends fiel die Quote der Kunststofffenster EU, Mio. Kunststofffenster DE, Mio. 35 70 eingebauten Fenster innerhalb weniger Jahre auf das 30 60 Niveau von 1990 zurück und pendelte sich bei 7 Mio. 25 50 Fenstereinheiten ein, mit einem Marktanteil von 55 20 40 %. Glücklicherweise wirkte sich die Finanzkrise 2008 auf Deutschlands Fenstermarkt nicht so dramatisch 15 30 aus, währenddessen der europäische Markt infolge 10 20 der Krise nahezu 17 Mio. Fenster einbüßte. Es brauch- 5 10 te einige Jahre, um wieder Wachstum zu verzeichnen. 0 0 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 17
MITTAGS LÄUFT NUR DER BLECHESEL GASTBEITRAG VON STEFAN FRIEDRICH Schon in meinem Vorstellungsgespräch sagte mein der ersten Güterichtlinie Kennwerte fest, die sich be- späterer Chef (Dr. Rudolf Heitzmann) zu mir: „Die Ex- währt hatten. Sie hatten keinen theoretischen Hinter- trusion ist keine Wissenschaft. Jeden Tag läuft es an- grund und basierten auf nichts anderem als (kurze) ders, obwohl man nichts an der Maschine verändert Erfahrung mit dem Werkstoff PVC und einer großen hat.“ Der wohlgemeinte Rat zielte darauf ab, dass ich Portion Sicherheitspolster. Als Beispiel möchte ich als junger Absolvent der Universität nicht damit rech- die Wanddicke anführen. Die lange Jahre als „RAL nen sollte, mit meinem gerade erst erlernten Wissen Wanddicke“ bekannten 3,0 mm wurden in einem der in der Welt der Kunststoffprofile mitreden zu können. ersten Treffen der Gütegemeinschaft festgelegt. Die Begründung war nicht etwa, dass diese Wanddicke Die GKFP einte der „Respekt vor der Aufgabe eines bestimmte Belastungen aushält oder für die zu er- wartenden Aufgaben besonders geeignet ist. Nein. Fensterprofils während seiner Lebensdauer.“ Zum Zeitpunkt der Sitzung war die allgemeine Wand- dicke 3,5 mm und alle Teilnehmer waren sich einig, Gerade diese Unberechenbarkeit der Extrusion war dass man hier „etwas sparen könne“. es wohl, die die großen Macher von damals dazu brachte, eine Gemeinschaft der Gleichgesinnten zu Auch wenn die Interessen der einzelnen Beteiligten gründen. Anfangs war es nicht ganz klar, was man oft unterschiedlich waren, so gab es immer einen ge- wollte. Einerseits suchte man Schutz vor Nachah- meinsamen Nenner: „den Respekt vor der Aufgabe, mern aus dem Ausland, denn die Gruppe der Grün- die ein Fensterprofil während seiner Lebensdauer er- der war fast ausschließlich deutsch. Andererseits füllen muss“. Mit diesem Verständnis wurden die Ma- suchte man aber auch einen Fixpunkt, an dem man terial- und Profilkennwerte in den Regelwerken der Qualität festmachen konnte. Anders als heute gab es Gütegemeinschaft festgelegt: die Sicherheit immer damals keinen „Stand der Technik“, was Kunststoff- im Blick ebenso wie die möglichen Fehler im Um- Fensterprofile anbelangte. Alles war neu. gang mit dem neuen Produkt. „Der Alte würfelt nicht“*, „Mittags läuft nur der Blechesel“ die Gütegemeinschaft schon Die Idee einer Gütegemeinschaft wurde in Ver- Für die physikalischen Eigenschaften der Produkte einsform in die Tat umgesetzt. Geld war kaum vor- gab es keinerlei Vergleichswerte; es gab noch nicht handen, aber der Pioniergeist und die Motivation der einmal Prüfmethoden dafür. Und so legte man in Beteiligten waren groß. Das Büro rekrutierte sich aus * „Die Quantenmechanik ist sehr achtunggebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.“ (Albert Einstein) 18
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. „den Rentnern“ Edwin Keller und RA Dieter Utz sowie stellten Zustimmung bedarf, wurden mit der Zeit (der guten Seele der Gütegemeinschaft) Frau Wien. auch die etablierten Mitglieder des Güteausschus- Nicht selten war das Büro nur vormittags besetzt und ses in das Vorhaben einbezogen. Es entstand ein so entstand der Satz „mittags läuft nur der Blechesel“ breiter Konsens zum Thema Neustrukturierung, die als Reaktion auf die Ansage des Anrufbeantworters. In letztlich auch mit der Mitgliederversammlung 2008 dieser Zeit hat sich die Gütegemeinschaft im Wesent- umgesetzt wurde. lichen auf das Kunststoff-Fensterprofil konzentriert. Ich wollte ein Haus bauen In wenigen, sogenannten Unterausschüssen wur- Mein Einsatz in der Gütegemeinschaft war immer den Prüfmethoden entwickelt und notwendige Ei- von dem Wunsch geprägt, „ein Haus“ für das Kunst- genschaften und Parameter diskutiert und festge- stoff-Fensterprofil zu bauen. Eine „Heimat“, in der die legt. Auch international war man im Austausch und Herausforderungen und Aufgaben diskutiert und ge- es ist den damaligen Vertretern der Profilhäuser zu löst werden können. Eine Ordnung, in der sich Qua- verdanken, dass es heute eine Europäische Norm lität darstellen, beschreiben und nachweisen lässt. In (EN 12608) für Kunststoff-Fensterprofile gibt. In 15 einer Skala, die nicht nur das Notwendige, sondern Jahren (1986 bis 2001) gemeinsamer europäischer auch das Besondere beschreibt. Arbeit wurde diese Norm auf der Grundlage der RAL-GZ 716/1 erstellt. Qualität, besser vielleicht Güte, bleibt eine ständige Aufgabe, für die es sich lohnt, einen besonderen Auf- Mit dieser europäischen (Normen-)Entwicklung, wand zu betreiben. Am Ende zahlt er sich aus. den immer global agierenden Profilhäusern und wachsenden Anforderungen der (internationalen) Baubranche wuchs der Druck auf die Gütegemein- schaft, sich den Herausforderungen der modernen Zeit anzupassen. „Die jungen Wilden“ So kann es letztendlich auch nicht verwundern, dass es die jungen Vertreter im Güteausschuss waren, die sich abseits der offiziellen Sitzungen trafen und über die Notwendigkeit von Anpassungen diskutierten. In „konspirativen“ Sitzungen traf man sich zum Mei- nungsaustausch und zur Vorbereitung eines perso- nellen und strukturellen Neuanfangs. In dem Wissen, dass ein solch großer Einschnitt in die Struktur der Gütegemeinschaft einer soliden und breit aufge- Dipl.-Phys. Stefan Friedrich | Aktives, langjähriges Mitglied, ehemaliger Vorstandsvorsitzender und Obmann des GA 19
Bild: ©Profine GmbH 2000ER JAHRE WENDEPUNKTE Zu Beginn der 2000er waren es die folienkaschierten Letztlich einigte sich die Gütegemeinschaft auf der Profile, die dem Kunststofffenster neue Wachstums Mitgliederversammlung 2007, die „B-Profile“ in die impulse brachten. Die Kunststoff-Fensterindustrie RAL Gütesicherung mit aufzunehmen. gewann weiter an Marktanteilen gegenüber Holz und Aluminium. So lag der Anteil 2005 bei 55 %. Neufassung der RAL-GZ 716/1 (03/2008) Die Überarbeitungen waren notwendig geworden, Auch das Thema „Wanddicken“ fand sich wieder auf nachdem die letzte Fassung der Güte- und Prüfbe- der Tagesordnung. So plante der Güteausschuss, Pro- stimmungen aus den Jahren 1998–2000 stammte file der Klasse B nach EN 12608 in die Gütesicherung und technische Änderungen in die Gütesicherung aufzunehmen. Das bedeutete, dass künftig auch sol- aufgenommen werden mussten. So legte die Güte- che Profile ein Prüfzeichen erhalten sollten, deren gemeinschaft eine überarbeitete Neuauflage von Ab- Wanddicken in den Sichtflächen mindestens 2,5 mm schnitt I vor, in die Profile der Klasse B aufgenommen und in den nicht sichtbaren Flächen mindestens 2,0 wurden. Um in dieser Entscheidung auf „Nummer Si- mm entsprachen. Dieses Vorhaben zog intensive Dis- cher“ zu gehen, verständigte sich der Güteausschuss kussionen nach sich: Als Argument gegen dünnere darauf, für Klasse B Profile die Werte für den Kerb- Profilwände galt z. B. die sinkende Eckfestigkeit. Be- schlag auf das selbe hohe Niveau zu heben, wie für fürworter hielten dagegen, dass B-Profile längst am Klasse A gefordert. Markt etabliert waren und schnellstmöglich über- wacht werden sollten. In dieser Zeit wurde erstmals von Problemen bei 20
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. folienkaschierten Profilen berichtet, die als Fehlerbild Ziel, eine gemeinsame Schnittmenge „Probekörper eine Faltenbildung aufwiesen, auch Folienverschub und Prüfabläufe“ mit der RAL-GZ 695 der Gütege- genannt. Rasch wurde eine Gruppe von Experten meinschaft Fenster, Fassaden und Haustüren herzu- von Folien- und Klebstoffherstellern sowie Kaschier- stellen. Dieser 2010 veröffentlichte Abschnitt enthielt betrieben beauftragt, die Ursachen festzustellen und zudem einen Hinweis auf Umweltproduktdeklarati- geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dieses Projekt onen für Kunststofffenster und sollte sicherstellen, war sehr komplex und zeitaufwendig, da es Ver- dass gütegesicherte Systeme diesen entsprachen. träglichkeit, Verbund und Wirkmechanismen dreier Vorprodukte analysieren musste. Die daraus gewon- Besonders erwähnenswert ist, dass mit der Neufas- nenen Erkenntnisse und Anforderungen flossen des- sung der RAL-GZ 716/1 von 2008 die Gütegemein- halb erst 2013 in die neue RAL-GZ 716 ein, außerdem schaft fortan das Gütezeichen anstelle eines Prüfzei- in den Leitfaden zur Folienkaschierung. chens verleihen durfte. Geklebte Kunststoff-Fenstersysteme „Ich wünsche der Gütegemeinschaft, dass sie Das ift-Rosenheim und unser 2006 gegründeter Ausschuss „Verkleben“ sowie weitere Kreise beschäf- weiterhin erfolgreich und konsequent den Weg tigten sich parallel mit dem Kleben von Glasrah- Richtung ‚Kundennutzen und Praktikabilität‘ geht, menkonstruktionen. Während das ift zusammen mit ohne die Balance zwischen möglich und machbar Holzforschung Austria und der Hochschule Biel auf aus dem Blick zu verlieren.“ den Rosenheimer Fenstertagen 2007 eine Leitlinie für geklebte Verglasungssysteme vorstellten, veröf- Ralf Grewenig | Güteausschuss fentlichte der Bundesverband Flachglas zeitgleich einen Kompass für geklebte Fenster. 2009 waren „Es weht ein neuer Wind“ wir soweit und veröffentlichten im Abschnitt III, Teil Über all die Neuerungen der Gütesicherung hinaus A erstmals eine Leitlinie für die Gütesicherung von markierte die Mitgliederversammlung 2008 einen geklebten Verglasungen in PVC-Rahmenkonstruktio- Wendepunkt, zumal der Vorstand des QKE nach lang- nen. Eine große Herausforderung bestand darin, dass jähriger Tätigkeit sein Amt übergab. alle am geklebten Fenster beteiligten Komponen- ten miteinander verträglich sein müssen. Mit dem Bisher war die Gütegemeinschaft vorwiegend auf vorliegenden Abschnitt setzten die Autoren einen die Gütesicherung und die Lösung technischer Fra- Standard, der Transparenz und zusätzliche Sicherheit gen ausgerichtet. Nun sollte der Qualitätsverband bei der Verklebung von Kunststoff-Fenstersystemen in der Gütegemeinschaft aufgehen, ein gewiss be- schaffen sollte. rechtigtes Vorhaben, denn die Gütegemeinschaft war schon damals zahlenmäßig die stärkste Glie- Ebenfalls überarbeitet wurde der Abschnitt III (Sys- derung innerhalb des QKE. Überdies war ange- tembeschreibung und Eignungsnachweis) mit dem dacht, dass der neue Verband sich in Richtung eines 21
Wirtschaftsverbandes entwickeln sollte. Letztlich war tion für gemeinsame Audits auszuloten. Durch die die Verschmelzung aus verbandsrechtlichen Grün- Zusammenlegung von Fremdüberwachungen nach den aber nicht möglich. RAL und NF sollte der betriebliche Aufwand für die Profilhersteller reduziert werden. Das erste Test-Audit Dennoch, der Ruck war zu spüren: Aktuelle Prüfkrite- fand 2009 statt. rien sollten kritisch hinterfragt, die Gütesicherung an Markt- und Produkterfordernissen orientiert werden Die Gütegemeinschaft wird ein- und über die Forderungen der Norm EN 12608 hin- getragener Verein ausgehen. Die Selbstverpflichtung zu einem kompro- Der letzte und vielleicht auch bedeutendste Schritt misslosen Qualitätsanspruch sollte gleichermaßen in vollzog sich am 15. Juli 2009 mit der Eintragung der und außerhalb Deutschlands gelten. Um die Fach- Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme welt und Öffentlichkeit besser zu erreichen, berich- e.V. als rechtlich selbständiger Verein in das Vereinsre- tet die Gütegemeinschaft seither regelmäßig in der gister der Stadt Bonn unter der Nummer VE 9064. Fachzeitschrift Bauelemente Bau. Ebenfalls neu waren die Aktivitäten auf europäischer Ebene: So begann die Gütegemeinschaft erste Ge- spräche mit dem Centre Scientifique et Technique du Bâtiment (CSTB), um die Möglichkeit einer Koopera- Erstes Joint Audit von Gütegemeinschaft und CSTB im Juli 2009 Der Vorstand der Gütegemeinschaft von 2009 (v.l.): Stefan Friedrich | Winfried Tänzer | Dr. Michael Stöger 22
40 Jahre RAL Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. 2010ER JAHRE PARADIGMENWECHSEL ZUM SYSTEM Das generell gute Geschäftsklima in Deutschland zu Der Kreis externer Interessenten wuchs beständig, Beginn des Jahrzehnts wirkte sich ebenfalls günstig so dass kurze Zeit darauf der Branchenkreis System- auf die Fensterbranche aus. Weitere Treiber der soli- technik ins Leben gerufen wurde. Die Aufgabe dieses den Baukonjunktur waren die Klimaschutzziele der technischen Gremiums besteht bis heute darin, tech- Bundesregierung und eine neue EU-Gebäuderichtli- nische Themen an den Schnittstellen der einzelnen nie. Beide bewirkten, dass moderne Kunststoff-Fens- Vorprodukte des Kunststoff-Fenstersystems bis hin terprofile mit zeitgemäßen Wärmedämmwerten zum Fensterbaubetrieb zu behandeln. und hoher technischer Qualität zunehmend gefragt waren. Plattform für die Klebetechnik Die Gütegemeinschaft hatte sich im Laufe der Zeit Schwerpunkt Systemtechnik eine führende Rolle in der Klebetechnik von Glas- Nachdem der Abschnitt III durch den Unterausschuss rahmenkonstruktionen erarbeitet und veranstaltete UA III abgeschlossen war, wurde zusehends deutlich, 2011 erstmals eine eigene Klebefachtagung. 2014 dass Systemtechnik eine zentrale Rolle spielen wird. erschien eine bei B+L in Auftrag gegebene Studie 23
zum Thema, die noch reichlich Luft nach oben er- Gütesicherung des Profils alleine nicht mehr aus- kennen ließ. Denn im Vergleich zu Österreich und reichte: Das System mit all seinen Komponenten der Schweiz, in der jedes zweite Fenster geklebt wird, entlang der Wertschöpfungskette musste mit einbe- liegt der Anteil in Deutschland bei etwa 10 %. zogen werden. Das war zwar folgerichtig, aber auch sehr arbeitsintensiv. Nach drei Jahren Vorbereitung 2019 fand die Fachtagung zum sechsten Mal statt, war es endlich soweit. Die Mitgliederversammlung konnte 100 Teilnehmer verzeichnen und damit zei- verabschiedete 2013 die neue RAL-GZ 716, die die gen, dass das Interesse vorhanden ist und auch zu- RAL-GZ 716/1 ersetzte: Diese ist konsequent auf das nehmend wächst. System ausgerichtet – mit allen im Fenster verbauten Komponenten und Bauteilen. Zukünftig soll auch der „Die hohe Qualität und die Funktionalität des Baukörperanschluss aufgenommen werden. fertigen Produkts müssen auch weiterhin der zen Damit unterliegt künftig die gesamte Wertschöp- trale Antrieb für die Gütegemeinschaft sein.“ fungskette einer lückenlosen Gütesicherung. So Georg Weng | Güteausschuss werden auch Wechselwirkungen erfasst und si- chergestellt, dass am Ende dem Verarbeiter ein ge- Vom Profil zum System brauchstaugliches Fenstersystem in hoher Qualität Seit der Gründung des „Systemtechnik“ Experten- zur Verfügung steht. Die einzelnen Prüfverfahren und kreises zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die Überwachungsregeln wurden mit der RAL-GZ 695 der Fensterhersteller in der „Eignungsprüfung“ syn- chronisiert. Damit ist die Gütezeichenvergabe Kunst- stoff-Fensterprofilsystem an die Eignung des dar- aus hergestellten Kunststofffensters gekoppelt. Die Neufassung fand auch im Ausland ein breites Echo. Das erste Mal wurden die Gütezeichen, übrigens in neuem Design, auf der Messe Fensterbau Frontale 2014 verliehen. Revision 2016: Weitere Komponenten werden einbezogen Drei Jahre nach Erscheinen der RAL-GZ 716 folgte die erste Revision: Sie enthielt nun auch eine Gütesiche- rung für Verstärkungen, Verbinder und Deckschalen. In diesem Zusammenhang erschienen auch die ers- ten Piktogramme der gelisteten Komponenten, die fortan werblich genutzt werden können. ©Bild: Profine GmbH 24
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