Engineering im Umfeld von Industrie 4.0 - Einschätzungen und Handlungsbedarf Michael Abramovici, Otthein Herzog (Hrsg.) - Acatech

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Engineering im Umfeld von Industrie 4.0 - Einschätzungen und Handlungsbedarf Michael Abramovici, Otthein Herzog (Hrsg.) - Acatech
acatech STUDIE

Engineering im Umfeld
von Industrie 4.0
Einschätzungen und Handlungsbedarf

Michael Abramovici, Otthein Herzog (Hrsg.)
acatech STUDIE

Engineering im Umfeld
von Industrie 4.0
Einschätzungen und Handlungsbedarf

Michael Abramovici, Otthein Herzog (Hrsg.)
Die Reihe acatech STUDIE
In dieser Reihe erscheinen die Ergebnisberichte von Projekten der
Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Die Studien haben
das Ziel der Politik- und Gesellschaftsberatung zu technikwissen-
schaftlichen und technologie­politischen Zukunftsfragen.

Alle bisher erschienenen acatech Publikationen stehen unter
www.acatech.de/publikationen zur Verfügung.
Inhalt
Vorwort                                                                  5

Kurzfassung                                                              7

Projekt		                                                                9

1 Einleitung                                                            11

2 Konzept der Studie                                                    12
   2.1 Zielsetzung                                                      12
   2.2 Vorgehensweise und Methodik                                      12

3 Ergebnisse                                                            14
   3.1   Professioneller Hintergrund der Befragten                      14
   3.2   Themenfeld Industrie 4.0                                       15
   3.3   Themenfeld smarte Produkte und Services                        17
   3.4   Themenfeld Engineering                                         22
   3.5   Themenfeld Engineering-Methoden und Engineering-IT-Werkzeuge   24
   3.6   Themenfeld Migration von Organisationsstrukturen               26

4	Handlungsbedarf für das Engineering
   im Umfeld von Industrie 4.0                                          28

Literatur                                                               30

Anhang                                                                  34

Abbildungsverzeichnis                                                   45

Abkürzungsverzeichnis                                                   46
4
Vorwort

                                                                      traditionelle Engineering-Lösungen an die neue Generation
Vorwort                                                               smarter Produkte und Services im Kontext von Industrie 4.0 an-
                                                                      zupassen beziehungsweise zu erweitern (Engineering 4.0).

Mit Einführung des Begriffs „Industrie 4.0“ vor etwa fünf Jahren      Ziel der vorliegenden Studie war es, die Positionierung und den
ist diese neue Stufe der digitalen Transformation der Industrie zu    Stellenwert des Engineering im Bereich Industrie 4.0 zu unter­
einer zentralen Angelegenheit geworden – für acatech, die Politik,    suchen sowie Problemschwerpunkte und Handlungsbedarfe in
die Industrie, die Medien und die Gesellschaft. Zahlreiche Publika-   diesem Umfeld zu identifizieren. Dazu führte die acatech Arbeits-
tionen und Studien sind seither zu diesem Thema erschienen. Etli-     gruppe Interviews und einen Workshop mit erfahrenen Fach­
che Fachverbände gründeten eigene Industrie 4.0-­Arbeitsgruppen;      leuten aus Industrie­unternehmen durch.
verbandsübergreifend wurde die Plattform Industrie 4.0 etabliert.
In den Jahren 2013 und 2015 erarbeitete acatech konkrete Umset-       Die vorliegende Publikation fasst die Ergebnisse der Arbeits­
zungsempfehlungen für die beiden Zukunftsprojekte der Bundes-         gruppe zusammen und bildet eine solide Grundlage für eine de-
regierung Industrie 4.0 und Smart Service Welt. Auch mehrere For-     taillierte Folgestudie, die im Rahmen der Plattform Industrie 4.0
schungsprogramme, -initiativen und -projekte wurden in den            erstellt werden soll.
letzten drei Jahren im Umfeld von Industrie 4.0 angestoßen.
                                                                      Für die Mitarbeit an dieser Studie sowie den intensiven Gedan-
Im Jahr 2014 gründete acatech die interdisziplinäre Arbeits­          kenaustausch bedanken wir uns beim Projektteam, bei den be-
gruppe Industrie 4.0 – Engineering of Smart Products and              gleitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von acatech so-
­Services mit dem Ziel, bestehende Aktivitäten in diesem Bereich      wie bei allen Fachleuten, die an den Interviews und am
 zu analysieren und relevante Lücken aufzudecken. Rasch zeigte        Workshop teilgenommen haben. Unser Dank gilt auch dem
 sich, dass die aktuellen Publikationen, Umsetzungsempfehlun-         acatech Förderverein sowie den Firmen Siemens und UNITY für
 gen und Aktivitäten mehrheitlich die intelligente Fabrik (Smart      ihre finanzielle Unterstützung, ohne die diese Studie nicht rea-
 Factory) fokussierten. Das höchste wirtschaftliche Potenzial von     lisierbar gewesen wäre.
 Industrie 4.0 sah aber die Arbeitsgruppe in neuen, „intelligen-
 ten“ Produkten und Services (smarte Produkte und Services).

Da für deutsche Unternehmen Produkt/Service Engineering               Prof. Dr.-Ing. 			         Prof. Dr.
ein Alleinstellungsmerkmal und wichtiger Erfolgsfaktor im in-         Michael Abramovici		       Otthein Herzog
ternationalen Wettbewerb ist (German Engineering), sah die            Ruhr-Universität Bochum 		 Jacobs University und
Arbeitsgruppe einen enormen Handlungsbedarf darin,                    						Universität Bremen

                                                                                                                                     5
Kurzfassung

                                                                    oder über das Internet mit ihm vernetzt sein. Die Grenze zwi-
Kurzfassung                                                         schen physischen Produktanteilen und Services smarter Produkte
                                                                    ist fließend. Somit sind smarte Produkte nichts anderes als smar-
                                                                    te Produkt-Service-Systeme (PSS), die in Verbindung mit neuen
Engineering im Zusammenhang mit Industrie 4.0 stellt                disruptiven Geschäftsmodellen die größten wirtschaftlichen
eine gänzlich neue Herausforderung mit einer Vielzahl               Poten­ziale innerhalb von Industrie 4.0 versprechen.
offener Fragen für alle Phasen des Produktlebenszyklus
                                                                    Ein effektives Engineering smarter Produkte innerhalb von In-
dar. Vernetzte smarte Produkte und Services eröffnen
                                                                    dustrie 4.0 (Engineering 4.0) wird zum zentralen Erfolgsfaktor
grundlegend neue Potenziale für Innovationen und                    für deutsche Unternehmen.
neue Geschäftsfelder. Im Rahmen intensiver Gespräche                Der Rolle des Engineering in deutschen Unternehmen wird
mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wirtschaft                eine zunehmende Bedeutung im Kontext von Industrie 4.0
wurden einige dieser Fragen und Innovationspotenzia-                zugesprochen.
le adressiert und bewertet. Die wichtigsten Erkenntnis-
                                                                    Bestehende Engineering-Lösungen sind für smarte Produkte
se werden im Folgenden zusammengefasst:
                                                                    innerhalb von Industrie 4.0 nur begrenzt geeignet.
                                                                    Aktuelle Prozesse, Methoden, IT-Werkzeuge, Organisationsstruk-
Das Thema Industrie 4.0 ist in der Industrie angekommen.            turen und Kompetenzen im Engineering sind zum Teil zu kom-
Die meisten Unternehmen in Deutschland befassen sich bereits        plex, zu unflexibel und nicht ausreichend für das Enginee-
mit verschiedenen Aspekten von Industrie 4.0 in Form von            ring 4.0 geeignet.
Potenzial­analysen, Forschungs- oder Pilotprojekten.
                                                                    Es besteht ein enormer Bedarf an Forschung und Kompetenz-
Ein zunehmend breites Verständnis von Industrie 4.0 setzt ­         entwicklung im Bereich des Engineering 4.0.
sich in der Wirtschaft durch.                                       Vorhandene Engineering-Lösungen müssen für smarte Produkte
Immer mehr Unternehmen in Deutschland verbinden mit Indus-          und für eine Integration mit anderen Industrie 4.0-Komponenten
trie 4.0 über die intelligente Fabrik (Smart Factory) hinaus auch   angepasst und erweitert werden. Eine Vielzahl neuer Enginee-
die digitale Transformation von Produkten, Services, Geschäfts-     ring-Lösungen muss entwickelt werden, die von den neuesten In-
modellen sowie allen Phasen der Produkt- und Service-Lebens­        novationen der Informations- und Kommunikationstechnologien
zyklen. Industrie 4.0 wird heute als Ergebnis der Durchdringung     Gebrauch machen (Smart Engineering). Für die im Engineering
der traditionellen Industrie mit den neuesten IKT-Innovationen      benötigten Kompetenzen ergibt sich daraus ein hoher
und dem Internet der Daten, Menschen, Services und Dinge            Entwicklungsbedarf.
­(Internet of Everything) verstanden.
                                                                    Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Enginee-
Im Mittelpunkt von Industrie 4.0 stehen neben der Smart Factory     ring innerhalb von Industrie 4.0 eine zentrale und zunehmende
auch smarte Produkte und Services.                                  Bedeutung hat – und in diesem Umfeld enorme Handlungsbe-
Die deutsche Industrie erkennt zunehmend, dass die neue Stufe       darfe bestehen. Die Studie bildet somit eine solide Basis für
der Digitalisierung zunächst traditionelle Industrieprodukte zu     eine detailliertere empirische Untersuchung. Die konkreten Be-
smarten Produkten machen wird. Smarte Produkte werden ver-          darfe und detaillierte Handlungsempfehlungen für Forschung,
stärkt als intelligente mechatronische Systeme mit einer Kommu-     Industrie und Politik sollen anhand einer Folgestudie zum Engi-
nikationsfähigkeit (Cyber-Physische Systeme) verstanden, die zu-    neering smarter Produkte erarbeitet und definiert werden; die-
sätzlich digitale Services (smarte Services) beinhalten. Smarte     se ist im Rahmen der nationalen Plattform Industrie 4.0 bis
Services können in das physische Produkt entweder eingebettet       Mitte 2017 geplant.

                                                                                                                                   7
Projekt

                                                                 –– Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer, Karlsruher Institut für
Projekt                                                             Technologie/acatech
                                                                 –– Philip Gebus, Ruhr-Universität Bochum
                                                                 –– Dr.-Ing. Haygazun Hayka, Fraunhofer-Institut für Produk­
Projektleitung                                                      tionsanlagen und Konstruktionstechnik
                                                                 –– Dr.-Ing. Jorge Posada, Vicomtech-IK4
–– Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici, Ruhr-Universität Bochum/   –– Prof. Dr. Martin Schottenloher, Ludwig-Maximilians-
   acatech                                                          Universität München/acatech
–– Prof. Dr. Otthein Herzog, Universität Bremen und Jacobs       –– Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark, Technische Universität Berlin
   ­University Bremen/acatech                                    –– Dr.-Ing. Daniel Steffen, UNITY AG
                                                                 –– Prof. Dr. André Stork, Fraunhofer-Institut für Graphische
                                                                    Daten­verarbeitung IGD
Autoren                                                          –– Prof. Dr. Michael Waidner, Technische Universität
                                                                    Darmstadt
–– Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici, Ruhr-Universität Bochum/   –– Prof. Dr.-Ing. habil. Petra Winzer, Bergische Universität
   acatech                                                          Wuppertal/acatech
–– Philip Gebus, Ruhr-Universität Bochum
–– Prof. Dr. Otthein Herzog, Universität Bremen und Jacobs
   ­University Bremen/acatech                                    Projektkoordination
                                                                 –– Dr.-Ing. Christoph Vornholt, acatech Geschäftsstelle
Projektgruppe
–– Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl, Technische Universität          Projektlaufzeit
   ­Darmstadt/acactech
–– Dr.-Ing. Roman Dumitrescu, Exzellenzcluster it’s OWL          01/2015 bis 06/2016
–– Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner, Technische Universität
   Kaiserslautern
–– Prof. em. Dr.-Ing. José Luis Encarnação, Technische           Finanzierung
   Universität Darmstadt/acatech
–– Prof. Dr.-Ing. Klaus Feldmann, Friedrich-Alexander-           acatech dankt dem acatech Förderverein und den Firmen
   Universität Erlangen-Nürnberg/acatech                         ­Siemens sowie UNITY für ihre finanzielle Unterstützung.
–– Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Gerhard Fettweis, Technische
   Universität Dresden/acatech

                                                                                                                                  9
Einleitung

                                                                         deuten jedoch darauf hin, dass hier in Verbindung mit neuen, zum
1 Einleitung                                                             Teil disruptiven Geschäftsmodellen große Chancen für die Indust-
                                                                         rie liegen. Für deutsche Unternehmen, zu deren Stärken das Engi-
                                                                         neering innovativer Produkte und Dienstleistungen zählt (German
Die vierte industrielle Revolution – bezeichnet als Industrie 4.0 –      Engineering), ist das Thema von zentraler Bedeutung, um die lang-
wird die Wirtschaft in den kommenden Jahren vor enorme He­               fristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
rausforderungen stellen. Die Echtzeit-Vernetzung von Produkten,
Prozessen und Infrastrukturen wird sich in erheblichem Maße auf          Von acatech wurde der große Handlungsbedarf beim Engineering

                                                                                                                                               Einleitung
Produktion, Geschäftsmodelle, Produkte und Services sowie die            im Umfeld von Industrie 4.0 früh erkannt und bereits 2012 in ei-
Arbeitswelt auswirken. Diese Veränderungen gilt es wissen-               ner Publikation4 dokumentiert. Ziel der 2014 gegründeten inter-
schaftlich und interdisziplinär vernetzt zu begleiten.                   disziplinären acatech Arbeitsgruppe Industrie 4.0 – Engineering of
                                                                         Smart Products and Services ist es, diesen wichtigen Themenkom-
Eine Vielzahl an Studien zum Thema Industrie 4.0 wurde in den ver-       plex näher zu beleuchten. Mit der vorliegenden Studie will die Ar-
gangenen Jahren bereits veröffentlicht (siehe Anhang A). Bran-           beitsgruppe eine solide Grundlage für die weitere Forschung und
chenverbände wie der Verein Deutscher Ingenieure (VDI), der Ver-         die Ableitung von Handlungsempfehlungen für das Engineering
band Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der                     im Bereich Industrie 4.0 schaffen. Zu diesem Zweck wurde analy-
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), der       siert, welche Sicht Fachleute aus der Industrie auf das Engineering
Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband In-           von smarten Produkten und Services haben.
formationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bit-
kom) gründeten eigene Arbeitsgruppen; verbandsübergreifend wur-          Dabei sollten folgende Fragen geklärt werden:
de die nationale Plattform Industrie 4.0 geschaffen. Im Rahmen der
Hightech-Strategie der Bundesregierung haben die Arbeitsgruppen          §§ Wie interpretieren Unternehmen den Begriff „Industrie 4.0“
Industrie 4.01 und Smart Service Welt2 in den Jahren 2013 bis 2015            und welche Aktivitäten treiben sie in diesem Bereich voran?
unter Beteiligung mehrerer acatech Mitglieder Umsetzungsempfeh-          §§ Werden in den Unternehmen die großen Veränderungs­
lungen für die Industrie 4.0 erarbeitet. Im selben Zeitraum haben             potenziale für Produkte, Services und Geschäftsmodelle im
die Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF) sowie für              Industrie 4.0-Umfeld erkannt?
Wirtschaft und Energie (BMWi) mehrere Forschungsprogramme                §§   Werden diese als Teil der Industrie 4.0-Transformation be-
ausgeschrieben, aus denen eine Vielzahl an laufenden und bereits              trachtet?
abgeschlossenen Forschungs-Verbundprojekten resultierte. Eine            §§   Sind die Begriffe „smartes Produkt“ und „smarter Service“ in
von acatech und dem BMBF realisierte internationale Indus­                    der Industrie geläufig?
trie 4.0-Benchmarkstudie ­(INBENZHAB) ist kürzlich erschienen.3          §§   Welche Eigenschaften und Komponenten werden dort damit
                                                                              assoziiert?
Der Fokus der aktuellen Forschungsprogramme und -initiativen             §§   Wie wird das Engineering in der Industrie heute positioniert
im Kontext von Industrie 4.0 liegt zumeist auf der Produktion                 und interpretiert?
oder Infrastrukturthemen (IT-Plattformen, Datensicherheit, Ar-           §§   Werden die Veränderungen des Engineering im Umfeld von
beitsplatzveränderungen, wirtschaftliche Potenziale etc.). Selten             Indus­trie 4.0 erkannt?
wird hingegen thematisiert, wie sich Produkte, Services und die          §§   Welche Bedeutung hat das Engineering innerhalb von Indus-
entsprechenden Geschäftsmodelle im Rahmen von Industrie 4.0                   trie 4.0-Strategien im Unternehmen?
verändern; insbesondere die mit ihr verbundene Umgestaltung              §§   Welche Veränderungen der Organisation sind im Enginee-
des Engineering wurde in bestehenden Studien, Arbeitskreisen                  ring innerhalb von Industrie 4.0 zu erwarten?
und Projekten bislang kaum adressiert.                                   §§   Worin bestehen die wichtigsten Probleme beim Engineering
                                                                              in der Industrie 4.0-Transformation?
Erfolgreiche Beispiele aus der digitalen Wirtschaft sowie erste in-      §§   Sieht die Industrie grundsätzlich Handlungsbedarf für das
dustrielle Pilotprojekte dieser neuen Produkt- und Dienstleistungs-           Engineering im Bereich Industrie 4.0? Falls ja, welche sind
generation (sogenannte smarte Produkte und smarte Services)                   die wichtigsten?

1|   Promotorengruppe Kommunikation der Forschungsunion Wirtschaft – Wissenschaft/acatech 2013.
2|   Arbeitskreis Smart Service Welt/acatech 2015.
3|   HNI/WZL 2016.
4|   Anderl et al. 2012.

                                                                                                                                         11
In einer zweiten Phase wurden telefonische Interviews mit
                     2 Konzept der Studie                                                  67 Fachleuten aus der Industrie geführt. Wichtigstes Kriterium
                                                                                           bei der Auswahl waren mehrjährige Erfahrungen im Engineering
                                                                                           innerhalb der Industrie 4.0. Die Interviews wurden zwischen Au-
                     2.1 Zielsetzung                                                       gust und Oktober 2015 geführt. Da das Ziel der Studie darin be-
                                                                                           stand, das Meinungsbild ausgewiesener Industriefachleute zu
                     Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Studie ist es, anhand         erheben, wurde bewusst auf einen statistisch repräsentativen
                     eines intensiven Dialogs mit Fachleuten aktuelle Interpretatio-       Anspruch verzichtet. Aufgrund der umfangreichen Erfahrung der
                     nen und die Wahrnehmung von Engineering-bezogenen The-                Fachleute sowie des durch sie abgedeckten breiten Spektrums
                     men im Bereich Industrie 4.0 zu erörtern sowie Problemschwer-         an Unternehmensbereichen, Branchen und Firmengrößen haben
                     punkte und erste Handlungsbedarfe zu identifizieren; diese            die Ergebnisse jedoch eine hohe Aussagekraft. Sie zeigen wichti-
                     sollen in einer detaillierten, voraussichtlich 2017 abgeschlosse-     ge Tendenzen und Einschätzungen von Vorreiterfirmen der In-
                     nen Folgestudie genauer untersucht werden. Aus den gewonne-           dustrie 4.0 auf und können zur Orientierung beziehungsweise
                     nen Erkenntnissen sollen konkrete Handlungsempfehlungen für           als Grundlage für detaillierte Studien dienen.
                     Wissenschaft, Industrie und Politik abgeleitet werden.
Konzept der Studie

                                                                                           Für die Interviews wurden ein einheitlicher Fragenkatalog sowie
                                                                                           ein Leitfaden erstellt. Letzterer enthielt Hinweise zur Gesprächs-
                     2.2 Vorgehensweise und Methodik                                       führung sowie eine Einteilung möglicher Antworten in vorgege-
                                                                                           bene Antwortoptionen, die durch die befragten Fachleute er-
                     Die Durchführung der Studie gliederte sich in drei konsekutive        gänzt werden konnten und sollten. Die Fragen (siehe Anhang B)
                     Phasen (siehe Abbildung 1).                                           bezogen sich auf folgende Themenkomplexe:

                     In einem ersten Schritt wurden vorhandene Studien und For-            §§ Persönlicher professioneller Hintergrund
                     schungsinitiativen im Umfeld von Industrie 4.0 erfasst und            §§ Verständnis von Industrie 4.0 und aktueller Stand der
                     analysiert. Ein Auszug der betrachteten Studien ist dem An-                ­firmenspezifischen Aktivitäten
                     hang A zu entnehmen. Es wurde festgestellt, dass sich bisheri-        §§ Smarte Produkte und smarte Services
                     ge Studien und Forschungsinitiativen überwiegend mit Infra-           §§ Verständnis von Engineering und zukünftig dafür benötigte
                     strukturthemen (beispielsweise Plattformen, IT-Sicherheit)               Kompetenzen
                     befassen oder ihren Fokus auf die Bereiche Smart Factory bezie-       §§ Engineering-Methoden und -IT-Werkzeuge
                     hungsweise Smart Logistics legen. Engineering-bezogene The-           §§ Migration von Engineering-Organisationsstrukturen
                     men innerhalb von Industrie 4.0 wurden nicht oder lediglich
                     punktuell adressiert. Nur wenige Industrie 4.0-Forschungspro-         Die Antworten der Befragten sowie weitere Kommentare, Hin-
                     jekte (zum Beispiel „mecpro²“5 oder „It’s OWL System Enginee-         weise und detaillierte Ausführungen wurden während der Inter-
                     ring“6) haben einen Engineering-Schwerpunkt.                          views protokolliert und die Ergebnisse anschließend statistisch
                                                                                           ausgewertet (siehe Kapitel 3).

                               Studienvorbereitung                       Persönliche Interviews                       Workshop mit Fachleuten
                                Review von Industrie 4.0-Aktivitäten     Fragenkatalog-Erstellung                    Präsentation der Interview-Ergebnisse
                                                                          Identifizierung geeigneter Fachleute        Identifikation von Problem-
                                                                          Interview-Durchführung                       Schwerpunkten
                                                                          Ergebnis-Auswertung                         Ermittlung von Handlungsbedarf

                     Abbildung 1: Vorgehensweise bei der Durchführung der Studie

                     5 | Mecpro 2016.
                     6 | It’s OWL 2016.

                     12
Konzept der Studie

Abschließend wurden die Ergebnisse ausgewählten Fachleuten           sieben Professorinnen und Professoren mit starkem Industrie-
im Rahmen eines Workshops vorgestellt und diskutiert. Ziel war       Background sowie zwei Beschäftigte von ­acatech. Die Mehrheit
es, aktuelle Problemschwerpunkte sowie erste Handlungsbedar-         der Workshop-Beteiligten hatte zuvor an den Interviews teilge-
fe für das Engineering im Umfeld von Industrie 4.0 zu identifizie-   nommen. Bei der Auswahl wurde insbesondere auf eine mehr-
ren. An dem ganztägigen Workshop, der am 3. März 2016 bei            heitliche Vertretung der Industrie geachtet (nähere Informatio-
der Firma UNITY in Paderborn stattfand, nahmen 32 Fachleute          nen siehe Anhang D).
teil, darunter 23 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen,

                                                                                                                                        Konzept der Studie

                                                                                                                                  13
(Produktentwicklung und Produktion) und 10 Prozent in IT-
             3 Ergebnisse                                                         Dienstleistungsunternehmen tätig (siehe Abbildung 2).

                                                                                  Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Befragten sind zudem Mit-
             Im Folgenden werden die aus den persönlichen Interviews mit den      glied in Industrie 4.0-bezogenen Fachgremien, wie beispielswei-
             Fachleuten aus der Industrie gewonnenen Erkenntnisse sowie de-       se dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI), dem Verband Deut-
             ren Auswertung dargestellt. Dabei erfolgt eine Gliederung in die     scher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), dem Bundesverband
             sechs übergeordneten Themenkomplexe: Hintergrund der Inter-          Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien
             viewten, Industrie 4.0, smarte Produkte und Services, Engineering,   (Bitkom), dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindus­
             Methoden und IT-Werkzeuge sowie Organisationsstrukturen. Am          trie (ZVEI) oder dem ProSTEP iViP Verein. Diese Gremienzugehö-
             Ende jedes Themenkomplexes werden die wichtigsten Erkenntnis-        rigkeit unterstreicht die hohe Kompetenz der Interviewten im Be-
             se aus den Gesprächen kurz zusammengefasst und diskutiert.           reich Industrie 4.0.

                                                                                  Gegliedert nach Branchen stammt mehr als ein Drittel der Be-
             3.1 Professioneller Hintergrund der                                  fragten aus dem Maschinen- und Anlagenbau (23 Prozent Ma-
                                                                                  schinenbau, 3 Prozent Anlagenbau und 9 Prozent Automatisie-
                 Befragten
                                                                                  rungstechnik). Die Informations- und Kommunikationstechnologie
                                                                                  ist mit 18 Prozent und der Wirtschaftszweig Automotive mit
             Im Rahmen der persönlichen Interviews wurden insgesamt               9 Prozent vertreten. Einige weitere Branchen sind Aerospace, Me-
             67 Fachleute telefonisch anhand des Fragenkatalogs und Inter-        dien, Consulting, Forschung und Entwicklung beziehungsweise
             viewleitfadens befragt. Eine namentliche Auflistung der Be-          Entwicklungsdienstleistungen.
             fragten findet sich im Anhang C.
                                                                                  30 Prozent der Befragten gehören Unternehmen mit maximal
             Bei den ausgewählten Fachleuten handelt es sich um renom-            499 Beschäftigten, sogenannten kleinen und mittleren Unter-
Ergebnisse

             mierte Führungspersönlichkeiten aus der Industrie mit mindes-        nehmen (KMU), an. Davon sind 11 Prozent in Unternehmen
             tens zehn bis 15 Jahren Engineering-Erfahrung. Sie sind im In-       mit maximal 49 Beschäftigten, 20 Prozent in Unternehmen mit
             dustrie 4.0-Bereich aktiv, in den Fachkreisen sichtbar und           50 bis 249 Beschäftigten und 1 Prozent in Unternehmen mit
             gehören verschiedenen Unternehmensbereichen, Branchen und            250 bis 499 Beschäftigten tätig. 70 Prozent der Befragten ar-
             Firmen unterschiedlicher Größe an.                                   beiten in Großkonzernen, wovon 9 Prozent zwischen 500 und
                                                                                  999 und 59 Prozent mehr als 1.000 Arbeitskräfte beschäftigen
             42 Prozent der Interviewten tragen eine unternehmensweite Ver-       (siehe Abbildung 3).
             antwortung, 29 Prozent sind unmittelbar im Engineering-Bereich

             Produktbezogener Service                                                                                                    Sonstiges
             2%                                                                                                                               7%

             Managementberatung
             3%

             Forschung und Entwicklung
             7%

             IT-Dienstleistungen                                                                                                 Unternehmensweit
             10 %                                                                                                                           42 %

             Produktentwicklung und Produktion
             29 %                                                                                                                          n = 67

             Abbildung 2: Verantwortlichkeit der Befragten

             14
Ergebnisse

                                                                      Fachleute bestätigt (siehe Abbildung 4). Allerdings setzt sich in
1–49                                                                  der Industrie allmählich eine weitergehende Interpretation
11 %
                                                                      durch: Mehr als 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass
                                                                      sowohl intelligente Produkte (smarte Produkte) als auch intelli-
50–249                                                     > 1.000    gente Services (smarte Services) ein integraler Bestandteil von
20 %                                                         59 %
                                                                      Industrie 4.0 sind. Außerdem vertreten etwa zwei Drittel der In-
                                                                      terviewten die Ansicht, dass das Engineering dieser smarten Pro-
250–499
1%                                                                    dukte und Services (Smart Engineering) ebenso wie Smart Logis-
500–999                                                    n = 66     tics wichtige Elemente von Industrie 4.0 sind. 35 Prozent der
9%                                                                    Befragten verbinden auch Aspekte der smarten Mobilität mit In-
                                                                      dustrie 4.0. Nur einzelne wenige Fachleute betrachten Themen
Abbildung 3: Größe der Unternehmen, in denen die                      wie Smart Home, Smart Security und Smart Data als Bestand­
Befragten tätig sind                                                  teile von Industrie 4.0.

                                                                      Das Ergebnis der Befragung hat gezeigt, dass smarte Produkte
3.2 Themenfeld Industrie 4.0                                          und Services beziehungsweise Smart Engineering neben der
                                                                      Smart Factory und Smart Logistics zu den wichtigsten Bestand-
Zu Beginn der Interviews wurden das Verständnis der Befrag-           teilen von Industrie 4.0 zählen.
ten von Industrie 4.0 sowie eine Einschätzung zu deren Durch-
dringungsgrad in den jeweiligen Unternehmen erfasst. Im Fol-          3.2.2 Stand der Potenzialanalysen von Industrie 4.0
genden werden die detaillierten Ergebnisse zu diesem
Themenkomplex vorgestellt.                                            Ein überraschendes Ergebnis der Befragung ist, dass bereits
                                                                      84 Prozent der Fachleute die Potenziale von Industrie 4.0 zu-
3.2.1 Verständnis von Industrie 4.0                                   mindest teilweise für ihr Unternehmen erfasst haben. Dieser

                                                                                                                                           Ergebnisse
                                                                      Aussage stimmen 42 Prozent voll und 42 Prozent eher zu. Nur
Die Industrie 4.0-Interpretationen sind in der Industrie sehr hete-   16 Prozent der Befragten haben noch keine Potenzialanalyse
rogen und unscharf. Die Analyse von Forschungsprojekten und           durchgeführt; davon haben sich nur 5 Prozent noch gar nicht
Studien im Umfeld von Industrie 4.0 hat ergeben, dass der Be-         mit den Potenzialen von Indus­trie 4.0 für ihr Unternehmen be-
griff hauptsächlich mit der intelligenten Fabrik (Smart Factory) in   schäftigt (siehe Abbildung 5).
Verbindung gebracht wird; dies wird auch von 94 Prozent der

                                                                      Stimme gar nicht zu
                                                                      5%
       Smart Factory                      94 %                        Stimme eher nicht zu
                                                                      11 %
   Smart Products                  74 %
                                                                                                                          Stimme voll zu
   Smart Logistics                 74 %                                                                                           42 %

   Smart Services                  73 %
                                                                      Stimme eher zu
Smart Engineering                  71 %                               42 %
                                                                                                                                n = 66
   Smart Mobility           35 %

             Andere        26 %
                                                                      Abbildung 5: Umsetzung von Potenzialanalysen zu Industrie 4.0
                       0      20     40          60   80      100

                                                           n = 67

Abbildung 4: Persönliches Verständnis von Industrie 4.0

                                                                                                                                     15
Keine                                                                     8 Prozent haben die Potenziale analysiert, und 9 Prozent befin-
             3%                                                                        den sich noch in der Orientierungsphase. Nur 3 Prozent der
             Potenzialanalyse                                                          ­Unternehmen haben noch überhaupt keine Aktivitäten in die-
             8%                                                                         sem Bereich gestartet (siehe Abbildung 6).
             Orientierungsphase
             9%
                                                                     Durchführung      Diese sehr positiven Aussagen überraschen, zumal andere Studien
                                                                     erster Projekte
             Umsetzungs-                                                      42 %     wie etwa der VDE-Trendreport 20157 ermittelt haben, dass sich nur
             roadmap                                                                   etwa zehn Prozent der deutschen Unternehmen überhaupt opera-
             13 %
                                                                                       tiv mit Industrie 4.0 beschäftigen. Ein Interviewpartner begründet
             Erfolgreich abge-                                                         diese optimistischen Aussagen insbesondere mit der heutigen Un-
             schlossene Projekte                                           n = 64
             25 %                                                                      schärfe der Industrie 4.0-Definition: „Das Verständnis von Indus­
                                                                                       trie 4.0 wird aktuell völlig unterschiedlich eingeschätzt. Das liegt
             Abbildung 6: Stand der Industrie 4.0-Aktivitäten                          zum einen an der Unschärfe der Definition und zum anderen an
                                                                                       der Bedeutung von Industrie 4.0 für das Unternehmen. Letztere
                                                                                       unterscheidet sich maßgeblich in Abhängigkeit von der Größe des
             3.2.3 Unternehmensaktivitäten im                                          Unternehmens.“ Ein weiterer Experte ergänzt: „Es wurden zwar vie-
                   ­Industrie 4.0-Umfeld                                               le Projekte im Umfeld abgeschlossen. Jedoch stellt sich die Frage
                                                                                       nach dem Umfang und dem Ziel der Projekte. Man muss hierbei
             Neben einer individuellen Auseinandersetzung mit dem The-                 klar differenzieren zwischen kleinen Pilotprojekten oder umfang-
             ma Industrie 4.0 und den damit für das eigene Unternehmen                 reichen Projekten mit einem konkreten Praxisbezug.“
             einhergehenden Potenzialen für das eigene Unternehmen
             sind auch konkrete unternehmensweite Aktivitäten in diesem                3.2.4 Zur Umsetzung von Industrie 4.0 erforderliche
             Kontext relevant.                                                               Unternehmensmaßnahmen
Ergebnisse

             Bei 67 Prozent der befragten Unternehmen laufen aktuell kon-              Obwohl die interviewten Fachleute Industrie 4.0 primär mit der
             krete Projekte zum Thema Industrie 4.0; davon haben 25 Prozent            smarten Fabrik in Verbindung bringen, sehen sie die prioritären
             bereits Projekte erfolgreich abgeschlossen, 42 Prozent führen ak-         Maßnahmen für die Umsetzung der Industrie 4.0-Vision bis zum
             tuell erste Projekte durch. 13 Prozent der Unternehmen haben              Jahr 2020 in der zunehmenden Vernetzung bestehender Produk-
             hierzu bereits eine Roadmap für die Umsetzung ausgearbeitet,              te (66 Prozent), in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

                                                   Zunehmende Vernetzung bestehender Produkte                        66 %

                                                             Entwicklung neuer Geschäftsmodelle                      63 %

                      Einführung von Methoden und Werkzeugen des Systems und Smart Engineering                      61 %

                                              Erweiterung der Funktionalität bestehender Produkte                   57 %

                                         Steigender Anteil von mit Produkten gekoppelten Services                   57 %

                                                    Zunehmende Automatisierung der Produktion                  45 %

                                                                                          Andere        21 %

                                                                                                    0          20          40   60    80      100

                                                                                                                                            n = 66

             Abbildung 7: Erforderliche Entwicklungen zur Realisierung von Industrie 4.0

             7 | VDE 2015.

             16
Ergebnisse

                                                                                                        Industrie 4.0
                                                                                                                   Smart Products
                                                                                                 Smart Factory
                  IoX                                                                                        Smart Logistics
                                                                                           Smart Services
                                    Traditionelle Industrie                                            Smart Engineering
   IoX: Internet of Everything                                                                                …

Abbildung 8: Umfassendes Verständnis von Industrie 4.0 (Quelle: eigene Darstellung)

(63 Prozent) sowie in neuen Engineering-Methoden und -Werk-         3.3 Themenfeld smarte Produkte und
zeugen (61 Prozent). Außerdem sind nach Meinung der Befrag-
                                                                        Services
ten eine erweiterte Funktionalität bestehender Produkte (57 Pro-
zent) und produktbezogene Services (57 Prozent) essenzielle
Entwicklungsrichtungen. Eine zunehmende Automatisierung der         Im zweiten Teil des Interviews wurde zunächst ermittelt, ob die
Produktion – die Befragten verstehen darunter eine flexible Au-     Befragten mit den Begriffen „smartes Produkt“ und „smarte Ser-
tomatisierung – für die Realisierung der Industrie 4.0-Vision be-   vices“ vertraut sind. Da eine einheitliche Definition fehlt, wurden
trachten nur 45 Prozent der Interviewten als prioritäre Maßnah-     die Fachleute nach den Merkmalen und Komponenten gefragt,
me bis 2020 (siehe Abbildung 7).                                    die sie mit diesen Begriffen verbinden. Die Auswertung dieser
                                                                    Angaben soll die Perspektive der Industrie wiedergeben und zu
3.2.5 Zusammenfassung                                               einer einheitlichen Definition beitragen.

Wenngleich Industrie 4.0 heute primär mit der Smart Factory as-     3.3.1 Vertrautheit mit den Begriffen „smartes
soziiert wird, wird der Begriff doch zunehmend breiter verstan-           ­Produkt“ und „smarte Services“

                                                                                                                                             Ergebnisse
den, im Sinne einer Durchdringung der traditionellen Industrie
mit dem Internet of Everything (IoX). Diese umfassendere Inter-     Der Mehrheit der Interviewten sind smarte Produkte bekannt (sie-
pretation von Industrie 4.0 beinhaltet zunehmend smarte Pro-        he Abbildung 9). 91 Prozent geben an, sich über die Bedeutung
dukte und Services entlang ihrer gesamten Lebenszyklen.             des Begriffs im Klaren zu sein, 56 Prozent kennen sich sogar sehr
                                                                    gut mit smarten Produkten aus. Lediglich 9 Prozent der Befragten
Das Engineering dieser smarten Produkte und Services (Smart         wissen mit dem Terminus nichts anzufangen; davon sind nach ei-
Engineering) wird ebenso wie Smart Logistics in der Industrie       genen Angaben nur 6 Prozent eher nicht und lediglich 3 Prozent
neben der smarten Produktion als zentraler Bestandteil von In-      gar nicht mit dem Begriff und seiner Bedeutung vertraut.
dustrie 4.0-Lösungen betrachtet (siehe Abbildung 8).

Unternehmen aller Branchen und Größen befassen sich bereits in
                                                                    Stimme gar nicht zu
zunehmendem Maße mit dem Thema Industrie 4.0, führen Projek-        3%
te durch oder haben schon erste Projekte abgeschlossen. Eine aus-
                                                                    Stimme eher nicht zu
sagekräftige quantitative Einschätzung hierzu erweist sich auf-     6%
grund der unscharfen Definition von Industrie 4.0 beziehungsweise
der unterschiedlichen Projektarten jedoch als sehr schwierig.
                                                                                                                           Stimme voll zu
                                                                                                                                   56 %
Obwohl der Begriff Industrie 4.0 heute primär mit Smart Factory     Stimme eher zu
                                                                    35 %
assoziiert wird, sehen die befragten Fachleute prioritäre Hand-
lungsbedarfe für die Umsetzung von Industrie 4.0 in der Vernet-
zung bestehender Produkte sowie in der Entwicklung neuer pro-                                                                       n = 66
duktbezogener Services und neuer Geschäftsmodelle für diese
smarten Produkte und Services.                                      Abbildung 9: Kenntnis des Begriffs „smartes Produkt“ und
                                                                    seiner Bedeutung

                                                                                                                                        17
Keine Meinung
                                                                                                3.3.2 Merkmale und Komponenten von smarten
             8%                                                                                       Produkten und Services
             Stimme gar nicht zu
             2%                                                                                 Bezüglich der Merkmale smarter Produkte betrachtet ein Groß-
                                                                                                teil der interviewten Fachleute (88 Prozent) deren Kommunika-
             Stimme eher
             nicht zu                                                     Stimme voll zu        tions- und Vernetzungsfähigkeit als zentrale Eigenschaft (siehe
             16 %                                                                 34 %          Abbildung 11). Ein zweites wesentliches Merkmal sieht etwa die
                                                                                                Hälfte der Befragten in der Intelligenz der Produkte. Weitere
                                                                                                wichtige Eigenschaften von smarten Produkten sind nach Mei-
             Stimme eher zu                                                                     nung von über 40 Prozent der Befragten Autonomie, Inte­gration
             40 %                                                                  n = 63
                                                                                                von Internet Services, eingebettete Safety und Security, Persona-
                                                                                                lisierbarkeit und Interdisziplinarität. Weniger als ein Drittel der
             Abbildung 10: Kenntnis des Begriffs „smarter Service“ und                          Interviewten sieht in der Benutzerfreundlichkeit, Interoperabili-
             seiner Bedeutung                                                                   tät, Robustheit, Rekonfigurierbarkeit, Lernfähigkeit, Benutzer-
                                                                                                zentriertheit und hohen Komplexität wichtige Eigenschaften.

             Die Bedeutung smarter Services ist den Befragten weniger klar                      Smarte Produkte setzen sich nach Meinung der befragten Fach-
             als die von smarten Produkten: Drei Viertel der Teilnehmenden                      leute aus einer Vielzahl von Komponenten zusammen (siehe Ab-
             geben an, die Bedeutung des Begriffs „smarter Service“ zu ken-                     bildung 12). Für 89 Prozent stellen Kommunikationsschnittstel-
             nen, jedoch sind 40 Prozent nur zum Teil damit vertraut, wäh-                      len eine Hauptkomponente dar. Dieses Ergebnis bestätigt
             rend 34 Prozent eine konkrete Vorstellung davon haben. 18 Pro-                     Abbildung 11, in der zu erkennen ist, dass die Kommunikations-
             zent der Befragten ist der Begriff nicht geläufig, 8 Prozent                       fähigkeit für 88 Prozent der Teilnehmenden das zentrale Merk-
             wollten sich nicht dazu äußern (siehe Abbildung 10).                               mal von smarten Produkten ist. Eingebettete Sensoren und
Ergebnisse

                  Kommunikations- und Vernetzungsfähigkeit                                                88 %
                                          Eigene Intelligenz                             50 %
                                                 Autonomie                           44 %

                            Integration von Internet Services                       42 %

                                         Safety und Security                        42 %

                                         Personalisierbarkeit                       42 %
                                          Interdisziplinarität                     41 %

                                     Bernutzerfreundlichkeit                 31 %
                                            Interoperabilität               30 %

                                                  Robustheit                30 %

                                        Rekonfigurierbarkeit                28 %

                                               Lernfähigkeit               27 %

                                       Benutzerzentriertheit               25 %

                                          Hohe Komplexität                22 %

                                                      Andere         9%

                                                                 0                  20                  40               60                80              100
                                                                                                                                                           n = 63

             Abbildung 11: Wesentliche Merkmale und Eigenschaften von smarten Produkten

             18
Ergebnisse

  Kommunikations-Schnittstellen                                                 89 %

                      Sensoren                                                 86 %

                       Software                                         76 %

                       Aktoren                                   63 %

       Intelligente Steuerungen                                  61 %

             (Digitale) Services                             56 %

                       Internet                           48 %

          Speicherkomponenten                 30 %

                        Andere         11 %

                                   0                 20                  40                60                 80                100

                                                                                                                                 n = 65

Abbildung 12: Hauptkomponenten von smarten Produkten

Software sind für 86 Prozent beziehungsweise 76 Prozent der              Komponente, 73 Prozent sehen Big-Data-Analysen als essenziel-
Befragten Hauptkomponenten von smarten Produkten. Aktoren                len Bestandteil smarter Services. Die Produkt-Instandhaltung
und intelligente Steuerungen gehören für über 60 Prozent zu              wird von 59 Prozent der Befragten als wichtiges Anwendungs-

                                                                                                                                           Ergebnisse
den wichtigsten Komponenten von smarten Produkten. Für mehr              feld genannt. Weitere Einsatzbereiche smarter Services sind den
als die Hälfte der Befragten zählen digitale Services und das In-        Interviewten zufolge Produktentwicklung, Logistik und Produk­
ternet als Enabler zu den wesentlichen Bestandteilen smarter             tion, aber auch nicht digitalisierte Dienstleistungen.
Produkte. 30 Prozent nennen auch Speicherkomponenten als
notwendige Komponenten smarter Produkte.                                 Die Definition und Bedeutung des Begriffs „smarter Service“ ist
                                                                         im Gegensatz zum Terminus „smartes Produkt“ weniger klar. Ein
In Bezug auf smarte Services wurde deren Konnektivität mit               Teilnehmer des Workshops äußerte sich diesbezüglich zu seinen
smarten Produkten als wichtigste Eigenschaft bezeichnet                  Erfahrungen: „Smarte Produkte ist ein Thema, welches in der Au-
(83 Prozent). Etwa drei Viertel der Befragten nennen in diesem           tomobilindustrie schon angekommen ist. Bei smarten Services
Kontext die Möglichkeit, einen Mehrwert durch Daten und Algo-            sieht das im Moment jedoch noch anders aus, weil insbesondere
rithmen zu schaffen sowie eine Anbindung an IT-Plattformen               die Wertschöpfungspotenziale noch unklar sind.“ Diese Aussage
und Datenbanken zu haben (siehe Abbildung 13). Ferner ist die            fasst die Erkenntnisse aus den Interviews treffend zusammen. In
Nutzerintegration für mehr als die Hälfte der Befragten (56 Pro-         den Gesprächen konnte die Mehrheit der Fachleute konkrete Bei-
zent) ein wesentliches Merkmal von smarten Services.                     spiele für smarte Produkte nennen; ein kleiner Teil war der An-
                                                                         sicht, dass aktuell noch keine derartigen Produkte auf dem
Etwa ein Drittel der Interviewten erwähnt in diesem Zusammen-            Markt verfügbar seien. Im Business-to-Consumer(B2C)-Segment
hang auch eine hohe Skalierbarkeit sowie die Agilität von smar-          wurden als Beispiele häufig Smartphones oder Smart Tablets ge-
ten Services und Aspekte der Verlässlichkeit und Teilautomatisie-        nannt. Aber auch einige Beispiele aus dem Smart-Home-Bereich
rung. Nur jede fünfte befragte Person hält die Vollautomatisierung       wurden angeführt, etwa ein via Internet ansprechbarer Herd
dieser Services für eine wichtige Eigenschaft.                           oder intelligente Zähler (Smart Meter), die den Strom-, Wasser-
                                                                         oder Gasverbrauch messen, die Verbrauchswerte automatisch an
Auch bei smarten Services heben die Fachleute die Wichtigkeit            den Anbieter senden und eine Auswertung der Nutzungsstatistik
der Kommunikation hervor (siehe Abbildung 14): 83 Prozent er-            über entsprechende Portale erlauben. Für smarte Services konn-
wähnen die internetbasierte Kommunikation als wesentliche                ten die Fachleute weniger Beispiele nennen. Auch hier gingen

                                                                                                                                      19
Konnektivität zu smarten Produkten                                              83 %

                    Mehrwert durch Daten und Algorithmen                                               77 %

             Anbindung an IT-Plattformen und Datenbanken                                              73 %

                                            Nutzerintegration                                 56 %

                                                Skalierbarkeit                       36 %

                                                       Agilität                      36 %

                                         Teilautomatisierung                        32 %

                                               Verlässlichkeit                    30 %

                                         Vollautomatisierung                 20 %

                                                       Andere             15 %

                                                                  0                   20                40           60    80   100

                                                                                                                                n = 66

             Abbildung 13: Wesentliche Merkmale von smarten Services
Ergebnisse

                  Internet-basierte Kommunikation                                                83 %

                                 Big-Data-Analysen                                            73 %

                            Produkt-Instandhaltung                                     60 %

                               Produktentwicklung                        33 %

                                            Logistik                  27 %

                                        Produktion           16 %

               Nicht digitalisierte Dienstleistungen        14 %

                                            Andere                22 %

                                                       0                     20                  40             60        80    100

                                                                                                                                n = 64

             Abbildung 14: Hauptkomponenten von smarten Services

             20
Ergebnisse

die Meinungen zu der Frage auseinander, ob überhaupt schon               Produkte sind nach Meinung der Befragten vollständig mit dem
smarte Services im Einsatz seien. Prädiktive Instandhaltung wur-         physischen Produkt vernetzt beziehungsweise fester Bestandteil
de in diesem Zusammenhang häufig erwähnt und bedeutet das                der physischen smarten Produkte und können im Rahmen von
Sammeln, Analysieren und Auswerten von historischen und                  kundenspezifischen Gesamtlösungen unter Anwendung neuer
Sensordaten, um den Ausfall von Maschinen vorauszusagen und              Geschäftsmodelle angeboten werden.
entsprechende Präventivmaßnahmen treffen zu können.
                                                                         Dieses Verständnis der interviewten Fachleute von smarten Pro-
3.3.3 Zusammenfassung                                                    dukten deckt sich mit dem Grundverständnis des acatech Pro-
                                                                         jektteams sowie mit internationalen Definitionsvorschlägen, wie
Obwohl für Produkte im Bereich Industrie 4.0 eine Vielzahl un-           zum Beispiel aus dem CIRPedia-Lexikon (siehe Abbildung 15).
scharfer Termini wie „intelligente Objekte“, „intelligente Systeme“
oder „Cyber-Physische Systeme (CPS)“ genutzt werden, setzt sich          Die wichtigsten Merkmale smarter Produkte sind in Abbildung 16
der Begriff „smarte Produkte“ in der Industrie immer stärker durch.      zusammengefasst. Ein smartes Produkt muss jedoch nicht all diese
                                                                         Eigenschaften besitzen, sondern kann mehrere Leistungsstufen
Smarte Produkte werden als nächste Evolutionsstufe von Cyber-            aufweisen. Die höchste Leistungsstufe zum Beispiel ist das auto-
Physischen Systemen betrachtet. Während es sich bei diesen um            nome Verhalten. Die sinnvolle Leistungsstufe eines smarten Pro-
intelligente mechatronische Produkte mit zusätzlicher Kommuni-           duktes muss immer firmen- beziehungsweise aufgabenspezifisch
kations- und Vernetzungsfähigkeit handelt, werden smarte Pro-            nach wirtschaftlichen Kriterien definiert werden.
dukte von den Fachleuten als Cyber-Physische Systeme mit zu-
sätzlich eingebetteten oder verbundenen Internet Services                Smarte Services, die zu einem smarten Produkt gehören, können
(smarte Services) definiert. Smarte Services im Kontext smarter          entweder als Software innerhalb physischer Produkte eingebettet

                                                                                                                                            Ergebnisse
                                             Internet der Daten, Menschen, Services und Dinge

                                                             Smarte Produkte
                                                      = CPS + Internet-basierte Services

                                                         Cyber-Physische Systeme
                                                      (CPS) = IMP + „Kommunikation“

                                                                Intelligente
                                                         Mechatronische Produkte
                                                         (IMP) = MP + „Intelligenz“

                                                              Mechatronische
                                                                Produkte
                                                                  (MP)

Abbildung 15: Evolutionsstufen von mechatronischen zu smarten Produkten (Quelle: Abramovici 2014)

                                                                                                                                      21
Internet                             Produktentwicklung                               98 %
                                                 of
                                             Everything                            Produktionsplanung                       77 %

                                                                                       Serviceplanung                      70 %

                                                                                      Logistikplanung                56 %
                               Eigene Intelligenz     Autonomie
                            Kommunikations- und Vernetzungsfähigkeit                End-of-Life-Planung              56 %
                             Integration von Internet Services                     Auftragsabwicklung              42 %
                      Interdisziplinarität                Benutzerfreundlichkeit
                                                                                               Andere          9%
                            Personalisierbarkeit    Safety und Security
                                                                                                          0        20          40            60    80      100
                                                                                                                                                        n = 64
             Abbildung 16: Wichtigste Merkmale von smarten Produkten
             (Quelle: eigene Darstellung)                                          Abbildung 17: Phasen des Engineering

             oder in der Cloud mit dem jeweiligen smarten Produkt vernetzt
             sein. Einfache, mit einem physischen Produkt verbundene smarte     IT-Werkzeuge                                     97 %
             Services können Authentifizierungs- und IT-Sicherheits­  services,      Prozesse                                  95 %
             Monitoring des Produktverhaltens, Ferndiagnose oder Fern-­
                                                                                   Methoden                                    95 %
             Services sein. Die vielversprechendsten produktbezogenen smar-
             ten Services aber sind solche, die sich aus der Auswertung, Analy- Organisation                              77 %
             se und Prognose großer Mengen an Produkt- beziehungsweise
                                                                                      Andere         6%
             Produktionsnutzungsdaten zusammensetzen.
Ergebnisse

                                                                                                 0            20          40            60        80       100
                                                                                                                                                        n = 65
             3.4 Themenfeld Engineering
                                                                                   Abbildung 18: Bestandteile und Komponenten des Engineering
             In diesem Teil des Interviews wurden das Verständnis der Fach-
             leute von Engineering erfasst, dessen zukünftige Rolle bei der
             Umsetzung der Industrie 4.0 thematisiert und in der Zukunft zu-       Engineering sind (siehe Abbildung 18). Die Engineering-
             sätzlich erforderliche Engineering-Kompetenzen erfragt.               Organisa­tion stellt für knapp 77 Prozent der Interviewten eine
                                                                                   wichtige Komponente dar.
             3.4.1 Verständnis von Engineering
                                                                                   3.4.2 Rolle des Engineering im Bereich Industrie 4.0
             Engineering assoziieren fast alle Fachleute mit der Produkt­
             entwicklung (siehe Abbildung 17). Zunehmend wird der Begriff          Die Rolle des Engineering bei der Einführung und Umsetzung
             jedoch breiter ausgelegt und umfasst dann alle Phasen des             von Industrie 4.0 ist nach Meinung von 70 Prozent der Befrag-
             Lebens­zyklus. 77 Prozent der Befragten betrachten die Produk­        ten essenziell (siehe Abbildung 19). Nur 23 Prozent teilen die-
             tionsplanung als eine Phase des Engineering, 70 Prozent auch die      se Auffassung nicht, knapp 7 Prozent haben dazu keine
             Serviceplanung. Die Logistik- sowie die End-of-Life-Planung zählen    Meinung.
             für jeweils 56 Prozent der Befragten zum Engineering. Mit über
             50 Prozent der Nennungen gelten diese fünf Phasen als wichtigs-       Für die Implementierung von Industrie 4.0 ist Engineering es-
             te Schritte im Engineering. 42 Prozent der Interviewten betrach-      senziell; 90 Prozent der Fachleute erwarten, dass es im Jahr
             ten auch die Auftragsabwicklung als Teil des Engineering.             2020 eine zentrale Rolle spielen wird (siehe Abbildung 20).
                                                                                   Lediglich 6 Prozent der Befragten sehen im Engineering keine
             Einig sind sich die befragten Fachleute darin, dass neben den         Bedeutung, 4 Prozent haben sich zu dieser Frage nicht
             Prozessen auch die Methoden und IT-Werkzeuge Teil des                 geäußert.

             22
Ergebnisse

Keine Meinung                                                        Systems Engineering                  71 %
7%
                                                                      Service Engineering               56 %
Stimme gar nicht zu
5%                                                                       Smarte Produkte           42 %

                                                                   Produkt-Service-Systeme        39 %
Stimme eher                                       Stimme voll zu
nicht zu                                                  43 %           Agile Methoden           38 %
18 %
                                                                      Embedded Systems           29 %

                                                                                  Andere          11 %
Stimme eher zu
27 %                                                    n = 64                               0     20          40   60    80      100

                                                                                                                               n = 66
Abbildung 19: Aktive Rolle des Engineering bei der Umsetzung
von Industrie 4.0                                                  Abbildung 21: Wichtigste Engineering-Kompetenzen im Jahr
                                                                   2020

Keine Meinung
4%
                                                                   3.4.4 Zusammenfassung
Stimme gar nicht zu
2%
                                                                   Das Engineering im Bereich Industrie 4.0 (Engineering 4.0)
Stimme eher nicht zu
4%                                                                 umfasst mehr als nur die Produktentwicklung. Obwohl Engi-
                                                                   neering heute noch überwiegend damit assoziiert wird, wird es
                                                  Stimme voll zu   zunehmend als Teil ganzer Produkt- und Service-Lebenszyklen
                                                          57 %     verstanden. Diese schließen auch die Phasen Produktions-, Ser-
Stimme eher zu

                                                                                                                                         Ergebnisse
33 %                                                               vice-, Logistik- und End-of-Life-Planung sowie sogar Teile der
                                                                   Auftragsabwicklung mit ein (siehe Abbildung 22). Demnach
                                                        n = 65     lassen sich Engineering-Prozesse als die technisch-orientierten
                                                                   Planungs-, Definitions-, Konzeptions-, Dokumentations- und Si-
                                                                   mulationsprozesse von Produkten und Services im gesamten
Abbildung 20: Engineering als künftig zentraler Bestandteil bei    Produkt- sowie Service-Lebenszyklus definieren. Engineering ist
der Umsetzung von Industrie 4.0                                    heute primär ein Informationsprozess, der vor allem im Umfeld
                                                                   von Industrie 4.0 immer enger in Materialprozesse eingebun-
                                                                   den wird (siehe Abbildung 22).
3.4.3 Zukünftig zusätzlich erforderliche
      ­Engineering-Kompetenzen                                      Neben den Prozessen beinhaltet das Engineering auch die ent-
                                                                    sprechenden Methoden, IT-Werkzeuge und Organisationsstruk-
Für die Umsetzung des Engineering im Bereich Industrie 4.0 sind     turen sowie die hierzu erforderlichen Kompetenzen (siehe
erweiterte Kompetenzen erforderlich. Nach Meinung der Fach-        ­Abbildung 23).
leute müssen sie vor allem hinsichtlich Systems Engineering und
Service Engineering sowie smarter Produkte ausgebaut werden.       Die aktuelle Bedeutung des Engineering bei der Realisierung
Zusätzlich geben die Befragten an, dass zukünftig Kompetenzen      von Industrie 4.0 wird als essenziell erachtet; es ist zum jetzigen
bei Produkt-Service-Systemen (39 Prozent), agilen Methoden         Zeitpunkt aktiv in die Einführung und Umsetzung von Indus­
(38 Prozent) und Embedded Systems (29 Prozent) für die Reali-      trie 4.0 involviert. Die befragten Fachleute sind sich einig: Engi-
sierung der Industrie 4.0 von entscheidender Bedeutung sein        neering wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle im Umfeld von
werden (siehe Abbildung 21).                                       Industrie 4.0 spielen.

                                                                                                                                   23
Virtueller Produktlebenszyklus (Informationsprozesse)

                                        Engineering-Prozesse (Kaufmännisch orientiert)

                                    Engineering-Prozesse (Technisch orientiert)

                                         Produkt-            Produktions-          Vertriebs-         Wartungs-        End-of-Life-
                                       entwicklung             planung             planung            planung           Planung

                                    Physischer Produktlebenszyklus (Materialflussprozesse)
                                                                                    Produkt-
                                                             Produktion/                              Produkt-
                                       Prototyping                                 inbetrieb-                          End of Life
                                                             Beschaffung                              nutzung
                                                                                    nahme

             Abbildung 22: Engineering als Teil gesamter Produkt-/Service-Lebenszyklen (Quelle: eigene Darstellung)
Ergebnisse

             Um der Komplexität des vielschichtigen und interdisziplinären               3.5 Themenfeld Engineering-
             Engineering 4.0 zu begegnen, benötigen die Ingenieure von
                                                                                             Methoden und Engineering-
             morgen insbesondere zusätzliche Kompetenzen in den Berei-
             chen Systems Engineering, Service Engineering und smarte Pro-                   IT-Werkzeuge
             dukte. Für das Engineering smarter Produkte und Services sind
             neben methodischen Fertigkeiten auch Prozess-, Organisations-               Dieser Themenkomplex drehte sich in den Interviews hauptsäch-
             und IT-Werkzeug-Kompetenzen relevant.                                       lich um die Frage, inwieweit aktuelle Methoden und IT-Werk­
                                                                                         zeuge für ein Engineering im Bereich Industrie 4.0 (Enginee-
                                                                                         ring 4.0) geeignet sind.

                                       Kompetenzen                                       3.5.1 Eignung von Systems Engineering und
                                          Prozesse                                             Product Service Systems Engineering für
                                                                                               Indus­trie 4.0
                                         Methoden

                                       IT-Werkzeuge
                                                                                         80 Prozent der Fachleute halten Systems Engineering für das Engi-
                                                                                         neering smarter Produkte und Services im Bereich Industrie 4.0
                                       Organisation                                      grundsätzlich für geeignet. Nur 20 Prozent bewerten Systems En-
                                                                                         gineering als ungeeignet: Zum einen seien dessen Methoden eini-
                                                                                         gen Unternehmen noch unbekannt, zum anderen gebe es zu we-
             Abbildung 23: Die Bestandteile des Engineering im Kontext                   nig Unterstützung durch bestehende IT-Werkzeuge. Einige der
             von Industrie 4.0 (Quelle: eigene Darstellung)                              Befragten erachten Systems Engineering auch für heutige Produk-
                                                                                         te und Unternehmensstrukturen in der Praxis als ungeeignet.

             24
Ergebnisse

Product Service Systems (PSS) Engineering ist nach Meinung                  Für die Zukunft erwarten die Befragten eine verstärkte Anwen-
der interviewten Fachleute in seiner aktuellen Form für smarte              dung intuitiver Visualisierungstechniken, generischer Entwick-
Produkte und Services nur bedingt geeignet. 63 Prozent sehen                lungs-Prozessmodelle sowie die Einfachheit und Autonomie der
eine grundsätzliche Eignung, 37 Prozent halten es für ungeeig-              Methoden (siehe Abbildung 24).
net. Die Gründe hierfür sind die gleichen wie bei Systems Engi-
neering. Als Schwachstellen von PSS-Engineering gelten die ge-              3.5.3 IT-Werkzeuge
ringe Unterstützung durch IT-Werkzeuge sowie seine
Komplexität und Theorielastigkeit. Trotz seiner Komplexität er-             73 Prozent der Fachleute geben an, dass in ihren Unternehmen be-
füllt PSS nicht die Anforderungen industrieller Unternehmen.                reits IT-Werkzeuge zur Entwicklung von smarten Produkten und Ser-
Vielen ist es gänzlich unbekannt.                                           vices im Einsatz sind. Bestehende IT-Werkzeuge sind nach Meinung
                                                                            der Befragten nur bedingt für smarte Produkte und Services geeig-
3.5.2 Engineering-Methoden                                                  net. 57 Prozent halten die heutigen IT-Werkzeuge für ungeeignet.

Gefragt nach den wichtigsten Anforderungen an Engineering-                  In Zukunft gilt dies umso mehr: 61 Prozent der Befragten halten
Methoden für smarte Produkte und Services gaben die Fachleute               die aktuell verfügbaren IT-Werkzeuge nicht für geeignet, um die
sehr unterschiedliche Antworten. 51 Prozent fordern eine stärke-            zukünftige Dynamik ihrer Produkte, Unternehmensprozesse und
re Interdisziplinarität der Methoden. Als wesentlich bewerten sie           Organisation abzubilden. 35 Prozent erachten sie hingegen als
auch neue Methoden zur Echtzeit-­Entscheidungsunterstützung                 ausreichend (siehe Abbildung 25).
(43 Prozent). Weiterhin genannt wurden Methoden zur Hierar-
chisierung und Vernetzung von Teilsystemen (38 Prozent) sowie               3.5.4 Zusammenfassung
die Konfigurierbarkeit der Methoden-Bausteine (38 Prozent). Zu-
sätzliche Anforderungen an künftige Engineering-Methoden                    Aus Sicht der interviewten Fachleute bedarf es für das Enginee-
sind deren Agilität (33 Prozent) und die Steigerung der                     ring von smarten Produkten und Services keiner gänzlich neuen
Methoden-­Flexibilität (27 Prozent).                                        Methoden. Vorhandene Methoden – insbesondere Systems

                                                                                                                                                 Ergebnisse
                              Interdisziplinarität                       51 %

            Echtzeit-Entscheidungsunterstützung                    43 %

 Hierarchisierung und Vernetzung der Teilsysteme                  38 %

                              Kon gurierbarkeit                   38 %

                                         Agilität               33 %

                                      Flexibilität          27 %

   Anwendung intuitiver Visualisierungstechniken           24 %

                      Generische Prozessmodelle          19 %

                                     Einfachheit         17 %

                                     Autonomie           17 %

                                          Andere         17 %

                                                     0             20                40              60               80              100

                                                                                                                                     n = 64

Abbildung 24: Anforderungen an Engineering-Methoden für smarte Produkte und Services

                                                                                                                                            25
Keine Meinung                                                   Stimme voll zu   Prozessen und Organisationen könne damit nicht ganzheitlich ab-
             5%                                                                       3%      gebildet werden. Die begrenzte Eignung lässt sich mitunter durch
             Stimme gar nicht zu                                                              die Uneinigkeit über die Ansprüche an die IT-Werkzeuge begrün-
             10 %                                                                             den: Die Fachleute sehen unterschiedlichste Anforderungen, wes-
                                                                                              halb eine klare Priorisierung nicht möglich ist. Ein weiterer Grund
                                                                             Stimme eher zu
                                                                                      31 %    für die begrenzte Eignung heutiger IT-Werkzeuge ist die heteroge-
                                                                                              ne IT-Landschaft zur Realisierung der Prozesse im Rahmen des
                                                                                              ­Engineering und die daraus resultierende hohe Datenvielfalt.
             Stimme eher nicht zu
             51 %
                                                                                   n = 65

                                                                                              3.6 Themenfeld Migration von
             Abbildung 25: Eignung heutiger IT-Werkzeuge für die Anforde-
                                                                                                  Organisationsstrukturen
             rungen von Engineering 4.0

                                                                                              Abschließend wurde die Migration von Organisationsstrukturen
             Engineering und Product Service Systems Engineering – schei-                     besprochen und abgefragt. Dabei standen die Veränderungen in
             nen prinzipiell geeignet, müssten aber umfassend erweitert be-                   der Organisation im Vordergrund, die für ein erfolgreiches Engi-
             ziehungsweise angepasst werden. Beide Methoden gelten                            neering von smarten Produkten und Services (Engineering 4.0)
             noch als zu theoretisch, zu komplex und werden in den Unter-                     notwendig sind.
             nehmen aktuell noch wenig eingesetzt; teilweise sind sie noch
             nicht einmal bekannt. Ein weiteres Problem sehen die Befrag-                     3.6.1 Veränderungsbedarf
             ten in der geringen Unterstützung für diese Methoden durch
             geeignete IT-Werkzeuge.                                                          Als Voraussetzung, um smarte Produkte und Services erfolgreich
                                                                                              anbieten zu können, sehen die Fachleute Veränderungsbedarf in
Ergebnisse

             Heutige IT-Werkzeuge eignen sich nach Meinung der Befragten                      den Bereichen Produkt- und Service-Entwicklung (85 Prozent),
             nur bedingt für das Engineering von smarten Produkten und Servi-                 Geschäftsmodellplanung (65 Prozent) und Service-Erbringung
             ces; die zukünftig zu erwartende Dynamik von Produkten,                          (53 Prozent) (siehe Abbildung 26). Grundsätzlich werden in

                  Produkt-/Service-Entwicklung                                                85 %

                      Geschäftsmodellplanung                                          65 %

                            Service-Erbringung                                 53 %

                                      Vertrieb                     38 %

                                    Produktion                   31 %

                           Auftragsabwicklung             23 %

                                      Logistik            21 %

                                       Andere        9%

                                                 0                      20                    40                  60                  80                 100

                                                                                                                                                         n = 66

             Abbildung 26: Organisatorischer Veränderungsbedarf für die Entwicklung von smarten Produkten und Services

             26
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