Heft 2019 Gedanken zu den Monatslosungen - DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V - DEF Bayern

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Heft 2019 Gedanken zu den Monatslosungen - DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V - DEF Bayern
Andachts-
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                                                                               heft 2019
                                                                               Gedanken zu den Monatslosungen
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.

                                                                    DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Jahreslosung 2019
Suche Frieden und jage ihm nach! Ps 34, 15 (L=E)
Der russische Schriftsteller Marschak beobachtete einmal kleine Kinder beim
Spielen. „Was spielt ihr da?“ fragte er sie. „Wir spielen Krieg“, antworteten die Kin-
der. „Aber Kinder, wisst ihr nicht, wie schlimm Krieg ist? Ihr solltet lieber Frieden
spielen.“ „Mmh, ja, eine gute Idee!“ meinten die Kinder. Dann Schweigen, Tu-
scheln, wieder Schweigen. Da trat ein Kind vor und fragte: “Großväterchen, wie
spielt man Frieden?“
Ja, wie geht das: Frieden spielen?
Meine Generation müsste das eigentlich wissen. Mit meinen über 60 Jahren
habe ich in Deutschland noch keinen Krieg erlebt. Blutige Auseinandersetzun-
gen und Kriege gab und gibt es natürlich viele auf der Welt – allerdings meist
weit entfernt – oder doch nicht so weit weg?
Das kleine syrische Flüchtlingsmädchen Shaza würde wohl genauso fragen wie
die Kinder in der Geschichte: „Wie spielt man Frieden?“ Tatsächlich hat sie in ih-
rem bisherigen Leben nur Krieg erlebt; wie sich Frieden anfühlt, weiß sie nicht.
Und so geht es Tausenden Kindern in vielen Ländern unserer Erde. Sie spielen
Krieg, weil sie in ihrem Alltag nichts anderes kennengelernt haben. Ein unerträg-
licher Skandal!
Suche Frieden und jage ihm nach! So fordert der Psalmbeter die Menschen sei-
ner Zeit auf. Den Frieden „suchen“, dem Frieden „nachjagen“: Allein die Worte zei-
gen schon, dass Frieden ganz und gar nichts Selbstverständliches ist, sondern
etwas, um das man sich mit aller Kraft und immer wieder neu bemühen muss.
Das gilt für Machthaber und Politiker, die verantwortlich sind für Völker und Staa-
ten; „dem Frieden nachjagen“, das gilt aber auch für einen jeden von uns. Jeder
hat schon erfahren, wie brüchig der Familienfrieden sein kann oder der Frieden
zwischen Freunden oder Arbeitskollegen, wenn unterschiedliche Meinungen
oder Interessen aufeinanderprallen. Wie oft herrscht da Neid und Unverständnis
und man geht in Streit und Unversöhnlichkeit auseinander, weil keiner nachge-
ben möchte und keiner dem anderen richtig zuhört.
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                             Dietrich_Schneider_pixelio.de

    „Wie gern würde ich wieder mal mit meiner Tochter reden, aber sie will keinen
    Kontakt mehr“, erzählte mir neulich eine Frau aus der Gemeinde. „Und meine
    Enkelkinder habe ich auch schon so lange nicht mehr gesehen.“ Was der Grund
    für das Zerwürfnis war, konnte sie mir gar nicht richtig erklären, jede hätte wohl
    ihren Teil dazu beigetragen. Sie schaute mich resigniert an und man merkte ihr
    an, wie sehr sie unter der Situation leidet.
    „Frieden suchen!“ – gar nicht so einfach. Ein Friedensstifter zu werden, so wie
    Jesus ihn seligpreist – ein Ziel, für das sich jeder von uns mit all seinen Möglich-
    keiten einsetzen sollte, wohl wissend, dass wir die Hilfe Gottes dazu brauchen.
    Denn Frieden im Sinne des Wortes Schalom bedeutet nicht nur Abwesenheit
    von Streit oder Krieg. Der hebräische Begriff meint Heilsein im umfassenden
    Sinn, die Befreiung von Sünde und Schuld, ein gelungenes Leben in Harmonie
    und Gemeinschaft mit Gott und allen Mitgeschöpfen. Diesen Frieden werden
    wir sicher nicht aus eigener Kraft schaffen können. Deshalb ist es so aktuell wie
    eh und je, wenn wir in jedem Gottesdienst singen und beten:
    Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein
    andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine.
    Wir brauchen Gottes Hilfe, damit der Frieden überall auf der Welt erfahrbar wird,
    jeder kann aber auch das Seine dazu beitragen: durch Bereitschaft zur Versöh-
    nung, durch Toleranz und Güte, durch Verzicht oder kurz gesagt durch gelebte
    Nächstenliebe.
    Dann muss vielleicht niemand mehr fragen: „Wie spielt man Frieden?“
                                                                             Elke Thein,
                                                                   Medienkreis Bayreuth

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Monatsspruch Januar
Gott spricht: Meinen Bogen habe ich gesetzt in
die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes
zwischen mir und der Erde.
Gen 9,13 (L)

Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist,
weil Leben heißt sich regen, weil Leben wandern heißt.
Seit leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand,
sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.
„Schau doch mal“, strahlt der kleine M. „wie weit sich der bunte Bogen über den
Himmel spannt.“ „Und noch ein zweiter“, rief er. Eben war ein schweres Gewitter
vorübergezogen, es stürmte, blitzte, donnerte und ein Hagelschauer prasselte
auf die dürre Erde. - Das Unwetter ist vorüber. Es regnet leise und die Sonne zau-
bert diesen Regenbogen an den Himmel. Welch ein Symbol!
Symbol des Friedens! Symbol der Hoffnung!
Und Gott sprach: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken;
der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. (Genesis 9, 13)
Die Arche hat der Sintflut standgehalten; die Taube kam mit dem Ölzweig im
Schnabel zurück. Noah wusste, Land ist in Sicht. Nicht auszumalen, wie er sich
mit allen, die überlebt haben, gefühlt hat. Gott hat uns aus dieser Katastrophe
geführt. Und dann diese Zusage des Bundes zwischen Gott und der Erde: Es soll
keine Sintflut mehr kommen, die die Erde vernichte.
Der Künstler Walter Habdank malte in seinem Schöpfungszyklus über den sechs-
ten Tag einen bunten Regenbogen.
Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. (Genesis 1, 31)
Beginnt hier bereits der Bund mit uns Menschen?
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                                   Joujou_pixelio.de

    Mit der Zusage, dass die Erde nicht vergehen soll, sind wir in die Verantwortung
    genommen, sorgsam mit ihr umzugehen, sie nachhaltig zu bebauen. Sie nicht
    auszubeuten. Die Meere nicht zu verseuchen. Den Tieren Lebensraum ermög-
    lichen, dass ihre Vielfalt erhalten bleibt. Das ökologische Gleichgewicht anstre-
    ben. Menschen aufnehmen, die vor Angst ihre Heimat verlassen, auf der Flucht
    sind, weil sie keine Zukunftsperspektiven sehen. Schwesterlich und brüderlich
    miteinander umgehen. Aber wir handeln dem oftmals zuwider.
    Dennoch, Gottes Bogen bleibt für alle am Himmel stehen.
    Ja, Gott bleibt seinem Bund treu und er bekräftigt ihn im neuen Bund – er kommt
    in Jesus Christus zu uns in diese Welt. Er selbst wird Mensch und erlöst uns aus
    der Unzulänglichkeit unseres Handelns.
    Wenn wir in der Lorenzkirche in Nürnberg hochblicken auf das Kunstwerk Le-
    bensbogenkreuz (auch Triumphbogenkreuz genannt), wird uns der neue Bund
    sichtbar vor Augen geführt - Jesus Christus am Kreuz und aus den Kreuzesbalken
    wachsen Weintrauben, wächst neues Leben - und dieses Kreuz wird getragen
    vom Regenbogen. Die Schöpfung geht weiter. Welch ein Trost! Welche Hoffnung!
    In der Autobahnkirche in Himmelkron können wir eintauchen in die Stille der
    Regenbogenfarben. Und wie schön leuchtet der Regenbogen auf den Flyern
    des Hauses für Mutter und Kind! Frauen und Kinder können unter dem Zei-
    chen des Regenbogens in Frieden, ohne Angst, ihr Leben gestalten.
    Ich setze meinen Bogen in die Wolken. Ich bringe Frieden. Ich gebe Hoffnung.
                                                                     Johanna Stöckel,
                                                                            Ansbach

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Monatsspruch Februar
Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins
Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an
uns offenbart werden soll.
Röm. 8,18 (L)

Die Aussage von Paulus ist eindeutig: Leiden zählen nicht, sind kein Gegenar-
gument, keine Bilanzrechnung angesichts unserer ungeheuren Aussicht, ja be-
rechtigter Sicherheit, höchstes Glück zu erfahren. Das sagt der Römerbrief einer
juristisch wohl informierten Öffentlichkeit, die weiß, dass in der Welt Ansprüche
für Schadensfälle mühsam eingeklagt werden müssen, dass Genugtuung und
Ausgleich rar und schwierig sind.
Gerade deshalb schreibt Paulus fast einen Befehl zur Freude gemäß seinem
dialektischen Denken und stellt neue Beziehungen her, wirklich wunderbare
Lebens- und Zukunftsperspektiven.
Und wenn sich schon verwirren
all Sachen gar
weiß ich fürwahr,
Gott wird’s zuletzt wohl richten.
Ambrosius Blaurer 1562*
                                                              Dr. Gabriele Kucher,
                                                                         Ansbach

*Zur Info: Ambrosius Blaurer von Giersberg war
Theologe, Kirchenliederdichter und Reformator
in Konstanz, in Württemberg und in der Schweiz.
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Monatsspruch März
Wendet euer Herz wieder dem Herrn zu,
und dient ihm allein. 1. Sam 7,3 (E)
„Glaubhaft leben, lebhaft glauben. Mit Herz und Hand, mit Mund und Augen.“
Als die Israeliten Samuel baten, sich für sie bei Gott zu verwenden, da willigte
er ein und wandte sich an Gott und fragte, was die Israeliten tun sollten, damit
sie wieder Gnade bei ihm finden würden. Die Israeliten lebten damals unter der
Herrschaft der Philister, die sie im Kampf besiegt und auch die Bundeslade ent-
führt hatten. Diese war aber bereits zurückgegeben worden, da sie nur Unheil
über die Menschen brachte, dort wo sie sich gerade befand.
Aber die Israeliten wollten die Fremdherrschaft loswerden. Daher wendeten sie
sich an Samuel, der ein geachteter Mann war, Richter in Israel und Recht im gan-
zen Land sprach, sodass die Menschen ihn als gottesfürchtigen Menschen kann-
ten und Vertrauen in ihn hatten. Die Philister hatten, wie Besatzer es tun, ihre
Götter mitgebracht und auch die Israeliten hatten sich zum Teil von ihrem Gott
abgewandt und beteten die heidnischen Götter an. Samuel bekommt den Auf-
trag, dem Volk ins Gewissen zu reden. Er fordert sie auf, sich mit ganzem Herzen
zum Herrn zu bekehren und den fremden Göttern abzuschwören, Gott allein zu
dienen. Dann wird Gott sie aus der Philister Hand erretten. Das Volk Israel befolgt
diesen Rat, die Philister werden aus dem Land getrieben und das Volk lebt wie-
der in Frieden.
Auch für uns haben diese Worte noch Bedeutung.
Denn auch wir haben heute viele Dinge, die uns wichtiger sind als unser Glau-
be an Gott. Aber im Gottesdienst und in Gebeten können wir Kraft schöpfen
und spüren, dass Gottes Segen in unserem Leben wirkt. Gemeinsam können wir
Gutes tun und Gott danken, dass er uns dazu befähigt. So können wir auch un-
seren Mitmenschen zeigen, dass wir aus unserem christlichen Glauben heraus
handeln und Alten und Kranken Trost und Hilfe anbieten, weil Christus uns dazu
berufen hat.
                                                                      Heike Gröner,
                                                                       Schweinfurt
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                                     sterntaler62_pixelio.de

         Das ist ein köstlich Ding,
         dem Herrn danken und lobsingen deinem Namen,
         du Höchster, des Morgens deine Gnade
         und des Nachts deine Wahrheit verkündigen.
         Psalm 92, 23

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Monatsspruch April
Jesus Christus spricht: „Siehe, ich bin bei euch
alle Tage bis an der Welt Ende“. Mt. 28, 20 (L)

Als Kind und Jugendliche hatte ich den innigen Wunsch, evangelische Pfarrerin
zu werden. Ich wuchs auf dem Dorf auf und erlebte junge Pfarrfamilien, deren
Leben mich begeisterte. Mit steter Offenheit nahm ich von unserem Pfarrer
alle Worte auf, die er über Gott predigte und im Unterricht erzählte. Auch die
spirituellen Gesänge haben mich tief berührt. Ich wollte Menschen auch einmal
von Gottes Liebe, seiner Barmherzigkeit und seiner Schöpfermacht begeistern.
Deshalb mein Wunsch: Ich studiere Theologie und werde Pfarrerin. Doch bei
all diesem Wunschdenken durfte ich nicht übersehen, dass zum Dienst eines
Pfarrers/einer Pfarrerin auch Beerdigungen gehören. Abschied nehmen von
einem lieben Menschen, Abschied für immer, das fällt mir sehr schwer, empfinde
ich als äußerst schmerzvoll. Unkontrollierbare Tränen ersticken meine Stimme, da
ich ‘sehr nahe am Wasser gebaut bin‘. Wehmütig gab ich meinen Traumberuf auf.
Die Monatslosung für April sind Worte des Abschieds: Jesus Christus spricht:
„Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Die Jünger haben Jesus
auf seinem Weg begleitet bis hin zum Tode. Wie schmerzlich muss dieses Ab-
schiednehmen für sie gewesen sein: Gefühle der Verzagtheit, der Enttäuschung,
der Angst, der Sinnlosigkeit mögen sie geplagt haben. Angst, ebenso wie Je-
sus verfolgt und hingerichtet zu werden! In dieser inneren Zerrüttung, in ihrem
Schmerz, hören sie Jesu Worte, spüren die Jünger seine Nähe. Zuerst erteilt er
ihnen Aufträge, in die Welt zu ziehen, um Menschen zum Glauben an Gott zu
gewinnen und sie zu taufen. Dann sprach er seinen Jüngern noch Mut und Bei-
stand zu: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Bei der Vertiefung dieser Worte fällt mir dieses Ich bin besonders auf: Ja, Jesus ist,
Jesus Christus lebt, sichtbar oder für unsere Augen unsichtbar, fühlbar, gegen-
wärtig, Christus lebt in uns. Die Worte bei euch besagen, dass nicht nur einzelne
Menschen angesprochen sind, sondern ausnahmslos alle, über Grenzen, Herkunft,
religiösen Denkens hinaus. Er ist auch bei mir, bei dir!
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                          Marco_Barnebeck_pixelio.de

     Alle Tage bis an der Welt Ende drückt meiner Meinung nach die Zeitlosigkeit
     aus, für die diese Ermutigung gilt. Alle Tage, jede Stunde, jeden Augenblick ist
     Jesus gegenwärtig, für uns da. Oft vergesse ich im Alltag daran zu denken, be-
     sonders wenn ich sehr geschäftig bin und mich mit vielen weltlichen Aktivitäten
     einhülle. Wie behutsam, liebevoll und ermutigend hat Jesus seine Worte für den
     Abschied von seinen Freunden ausgewählt!
     Ein Wort klingt bei mir besonders wichtig an: Siehe! Es beinhaltet eine Aufforde-
     rung! Siehe drückt für mich aus: Schau hin, öffne deine Augen, sei bereit, deine
     Gedanken zu fokussieren, wach auf aus deinem Traum, siehe mit den Augen
     Jesu, siehe neu. Lebe bewusst deine Beziehung zu Jesus! Auffallend finde ich
     auch, dass dieses Wort „Siehe“ nicht im Plural steht wie die darauf folgenden
     Worte, sondern im Singular, in der Einzahl. Damit wird die/der Einzelne ganz per-
     sönlich, ganz individuell aufgefordert.
     Jesus meint wirklich jeden Menschen – dich, mich, jeden, der auf ihn hört. So ist
     die Monatslosung: Jesus Christus spricht: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis
     an der Welt Ende“ Ermutigung und Aufforderung zugleich. Abschiednehmen
     in dieser Geisteshaltung kann meinen Schmerz und meine Tränen verringern,
     macht mir Beerdigungen jetzt erträglicher. Die aufrichtenden Worte Jesu, sein
     Versprechen für uns geben Kraft und Zuversicht. Zugleich verspüre ich auch die
     Aufforderung, nicht in Selbstmitleid und Passivität abzugleiten, sondern die Auf-
     forderung des Siehe in meinem Leben umzusetzen - mit Jesu Hilfe.
                                                                          Christa Pötzl,
                                                                              Eichstätt

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Monatsspruch Mai
Es ist keiner wie du, und ist kein Gott außer dir.
2. Sam 7,22 (L)

Darum bist du, HERR, mein Gott, auch so erhaben; denn dir ist niemand
gleich, und ist kein Gott außer dir nach allem, was wir mit unseren Ohren
gehört haben! (nach Schlachter-Bibel Genf 1981, fast wortgleiche Parallelstellen
in 1. Chronik 17,20). So klingt der Lobpreis von David. Diese Worte sind Teil seines
Gebetes.
Was war bisher geschehen?
Das lange Ringen um die Führerschaft Davids in Israel war mit dem Tod des letz-
ten Nachkommens von Saul und der Salbung Davids in Hebron zum König ent-
schieden. Danach eroberte er die Stadt Jerusalem und baute sich dort ein Haus.
Endlich besiegte er auch die Philister. Und gewissermaßen zum Schluss ließ er
Gottes Bundeslade in einem großartigen Aufzug nach Jerusalem überführen.
Mit dem Propheten Natan besprach er seinen Plan, für Gottes Bundeslade auch
ein festes Haus - sprich: Tempel - zu bauen.
Der Prophet stimmte zunächst zu, erhielt aber dann einen anderen Auftrag von
Gott. David hört nun eine große Zusage, die ihn auch in seine Schranken weist,
wenn Gott ihm sagen lässt: Ich habe dich berufen, dass du Fürst wirst für mein
Volk Israel, ich war mit dir, ich habe meinem Volk einen Ort bereitet, ich habe dir
einen großen Namen gemacht, ich habe dir Ruhe vor deinen Feinden gegeben
und tue dir kund, dass ich dir ein Haus bauen will. Nachdem du gestorben bist,
will ich einen Nachkommen von dir erwecken und sein Königtum befestigen, „der
soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will den Thron seines Königrei-
ches auf ewig befestigen. Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein…
Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen - wie bei Saul - sondern dein
Haus und dein Königreich sollen ewig vor dir beständig sein, dein Thron soll
auf ewig bestehen!“ David dachte sicher an seine vielen Söhne. Wir kennen diese
Stelle als eine Prophezeiung, die auf Jesus als Davids Sohn hin gedeutet wird.
David damals war überwältigt, was konnte er sich mehr wünschen als diese Gna-
denzusage für sein Königtum als Sicherungsversprechen Gottes? Immer hatte
David eine enge Verbindung mit seinem Gott gepflegt, vor seinen Kämpfen
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                                                     Monika_Schüring_pixelio.de
     nachgefragt, wie er handeln sollte. Beim Kampf mit Goliath hatte er damals Got-
     tes Ehre verteidigt. Er hatte die Bewahrung seines Lebens in Höhen und Tiefen
     erfahren. Jetzt kann er Gott nur demütig loben: „Um deines Wortes willen und
     nach deinem Herzen hast du so Großes getan, um es deinem Knecht kund zu
     tun! Darum bist du, HERR, mein Gott, auch so erhaben; denn dir ist niemand
     gleich, und ist kein Gott außer dir nach allem, was wir mit unseren Ohren
     gehört haben!“ Dabei spricht er von Gottes großen Taten der Bewahrung und
     Hilfe für sein Volk.
     Was hat uns das heute zu sagen, Jahrtausende später? Davids Geschichte ist die
     Geschichte einer gelebten Gottesbeziehung, die uns auch dazu ermutigen will,
     in unserem Alltag immer wieder nach Gott zu fragen und uns auf ihn zu verlas-
     sen. Auch Versagen kann uns nicht von Gott trennen, auch das hat David erlebt.
     Mir fiel zu dem Text ein modernes Lobpreislied ein, das dieses Gottvertrauen
     ausdrückt. Es kann uns durch den Tag begleiten:
     Keiner ist wie du!
     Niemand sonst berührt mein Herz so wie du.
     Wo auch immer ich noch suchte, o Herr, es bleibt:
     Keiner ist wie du!
     Erbarmen fließt wie ein weiter Strom,
     und Heilung strömt aus deiner Hand.
     Kinder mit Wunden sind sicher bei dir. Keiner ist wie du.
     Text: Lenny LeBlanc/dt. Martin Pepper;
     Melodie: Lenny LeBlanc
     C 1991 Integrity’s Hosanna! Music (Rechte b. M. Pepper)
                                                                                  Roswitha Schneider,
                                                                                           Puchheim

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Monatsspruch Juni
Freundliche Reden sind Honigseim,
süß für die Seele und heilsam für die Glieder
Spr. 16, 24 (L)
Die Sprüche-Sammlung ist erst im 3. Jahrhundert in das Alte Testament aufge-
nommen worden und wird dem König Salomon zugeschrieben. Eigentlich sind
es aber Volksweisheiten, wie wir sie alle von unseren Großeltern kennen.
In den Zeiten der Bibel haben die Jungen den Alten aufmerksam zugehört,
wenn sie ihre Lebensweisheiten weitergaben. Es konnte lebensrettend sein,
wenn man die Brunnen in der Wüste kannte, und auch wenn man wusste, was in
dieser oder jenen Lage zu tun sei. Und wenn die Weisheiten auch noch freund-
lich und nicht besserwisserisch daherkommen, dann sind sie süß und heilsam,
auch heute.
Leider ist dies, gerade in den sogenannten Sozialen Medien, nicht die Regel. Da
kann man allenthalben, ob im Internet, bei Facebook oder nicht zuletzt bei eini-
gen Politikern eine Verrohung der Sprache feststellen.
Ausdrücke wie „Asyltourismus“, „Sozialschmarotzer“ oder gar „Abschiebeverhin-
derungsindustrie“, um nur einige zu nennen. Derartige Sprüche dürften wir als
Christen nicht verwenden. Sie vergiften die Atmosphäre und würdigen die An-
gesprochenen zu Dingen, zu bloßem Material, zu Manövriermasse herab. Nein,
im Unterschied zu den Sprüchen Salomons sind viele „Sprüche“, die heute ge-
macht werden, nicht freundlich. Es sind aber doch Menschen in Notlagen, die
dahinterstehen. Wenn man sie ausgrenzt, ist das alles andere als gut für die See-
le. Und zur Gewalt führt dann nur noch ein Schritt, und es werden auch Leib und
Glieder verletzt anstatt heil.
Man kann, auch als Christ/Christin, natürlich nicht allen Notleidenden helfen,
aber zumindest verdienen sie unseren Respekt. Es sind Leute wie Du und ich,
Gottes Kinder, und auch unsere Sprache muss dem Rechnung tragen.
Der Prediger sagt:
Freundliche Reden sind Honigseim,
süß für die Seele und heilsam für die Glieder.
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                                                                                         Ulrich_Kuhn_pixelio.de
     Lassen wir uns von ihm inspirieren. Wann haben Sie zum letzten Mal jemandem
     ein Kompliment gemacht? Unsere Frauen im Haus für Mutter und Kind (MuKi) in
     Fürth straffen die Schultern, lächeln und gehen plötzlich aufrechter, wenn man
     sie oder ihre Kinder lobt.
     Es ist einer der Vorzüge der grauen Haare und des Alters, dass man beim Ein-
     kaufen in der Stadt alle Leute anreden darf, ohne falsch verstanden zu werden.
     Das genieße ich mit zunehmenden Jahren immer mehr: Die Kassiererin im Su-
     permarkt strahlt, wenn ich ihr ein Kompliment für ihr tolles Makeup mache, das
     Kind grinst, wenn ich sein T-Shirt lobe, die Oma freut sich, wenn ich sie bewun-
     dere, weil sie so gut beim Einkaufen zurechtkommt. Nehmen Sie sich vor, jeden
     Tag mindestens ein paar nette Worte zu einem ihrer Mitmenschen zu sagen. Es
     macht sie beide froh.
     Gute Worte sind die „Schmiere“ unseres Soziallebens, dagegen kommen Politi-
     kerreden oder Facebook nicht an. Christen sollen das Salz der Erde sein, die Wür-
     ze, das i-Tüpfelchen, die Schmiere unseres sozialen Lebens. Unsere freundlichen
     Reden sind der erste Schritt, und jeder von uns kann ihn tun.
                                                                       Rosmarie Koch,
                                                                                Fürth

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Monatsspruch Juli
Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören,
langsam zum Reden, langsam zum Zorn.                                 Jak 1,19 (L)

Wenn wir den Brief des Jakobus‘ lesen, so ist er voller Ermahnungen und War-
nungen. Dinge, die wir gar nicht gerne hören, „Tu dies, lass das, hör auf“. Da stellt
sich leicht die kindliche Trotzhaltung ein. Wir wollen uns nicht alles vorschreiben
lassen. Aber manchmal haben auch die Sprüche unserer Vorfahren viel Wahrheit
in sich, die wir durchaus auch genauer betrachten sollten.
Wir sollen schnell zum Hören sein.
Gesprächsbereit dem anderen gegenüber, aber auch bereit, auf Gott zu hören.
Dieses Zuhören muss aber auch etwas in uns bewirken. Schnell dürfen wir nicht
mit oberflächlich gleichsetzen. Sondern aufmerksam sollen wir hören, was der
andere uns sagen will. Aber vor allem sollen wir auf Gott hören und an dem Hö-
ren auch unser Tun und Handeln ausrichten. Gottes Wort ist so kraftvoll, dass es
uns verwandeln kann. Jakobus schreibt ein paar Zeilen weiter, dass dem Hören
auch Taten folgen müssen.
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Ruben_Weyringer_pixelio.de

                             DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Nach dem Hören kommt das eigene Reden.
Wir stehen im Dialog mit unseren Mitmenschen. Wenn wir ihnen aufmerksam
zugehört haben, soll unsere Antwort wohlüberlegt sein. In Zeiten von Twitter
und Facebook, wo wir oft Kommentare finden, die unüberlegt in die Welt gesen-
det werden, ruft uns dieser Vers auf, zunächst nachzudenken und dann zu reden.
Worte, einmal ausgesprochen, können nicht mehr zurückgenommen werden.
Das kann schwere Folgen haben, da auch mit Worten tiefe Verletzungen gesche-
hen können. Daher ist nicht die schnelle spontane, vielleicht ironische Antwort
immer richtig, sondern das sorgfältige Abwägen eines Satzes. Dazu gehört Em-
pathie, dass Sich-hineinversetzen-Können in den anderen. Vielleicht auch eine
Nachfrage, ob ich den anderen richtig verstanden habe. Im gemeinsamen Ge-
spräch lassen sich neue Erkenntnisse finden, es gibt eine Basis für ein gemein-
sames Tun, sich für Benachteiligte oder Einsame einzusetzen, kleine Schritte für
eine gerechtere Welt zu gehen.
Und dann kommt noch die dritte Ermahnung: Seid langsam zum Zorn.
Da denke ich an ein hitziges Streitgespräch, jeder ist aufgewühlt und zornig, dass
der andere seine guten Gründe nicht einsehen will. Da fallen schnell unüberleg-
te Worte, die die Atmosphäre noch zusätzlich vergiften. Da sollen wir die gute
Regel beachten, erstmal langsam bis zehn zählen, bevor man weiterspricht. In
diesen zehn Sekunden hat sich die erste Woge des Zorns hoffentlich gelegt, und
wir können wieder klarer denken. Wenn das nicht reicht, die Tür von außen zu
zumachen und einmal um den Block gehen oder eine Nacht darüber schlafen.
Wenn wir in diesen Momenten sicher nicht an Jakobus denken, der unseren
Zorn im Gegensatz zu Gottes Gerechtigkeit sieht und deswegen unseren Zorn
nicht gutheißen kann, so ist uns aber dennoch daran gelegen, mit unseren Mit-
menschen weiterhin in einem guten Verhältnis zu leben und nichts zu tun, was
wir später bereuen würden.
So können diese Mahnungen des Jakobus‘ uns in unserer schnelllebigen Welt
zum Innehalten und Nachdenken anleiten, damit wir auch die leisen Töne wahr-
nehmen und die Stimme Gottes in unser Leben lassen.
                                                                     Inge Gehlert,
                                                                    Aschaffenburg
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                                                                                         Georg_Schierling_pixelio.de
                          Andreas Hermsdorf_pixelio.de

     Monatsspruch August
     Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.
     Mt 10,7 (E)
     Jesus gebrauchte diese Worte, als er die zwölf Apostel berief und sie aussandte.
     Das „Reich Gottes“ ist nicht zu vergleichen mit einem Reich in unserem irdischen
     Dasein, einem realen Reich, umgeben von Grenzen und politisch agierend. Das
     „Reich Gottes“ ist eine von Jesus immer wieder und gerne benutzte Metapher
     für die kommende Wirklichkeit.
     „Das Himmelreich ist nahe“ bedeutet, dieses Sein - Reich-Gottes-Sein - ist aber
     nicht ein mit der Existenz bereits festgelegtes Kriterium, sondern Geschenk einer
     neuen Lebensweise - und erfordert eine freie Entscheidung des Menschen, die-
     ses Geschenk anzunehmen.

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Im Rahmen der Aussendung und des Verkündigungsauftrags an die Jünger wird
die Botschaft vom nahen Himmelreich mit der einfacher zu verstehenden Auf-
forderung umschrieben „Ihr sollt überall von Gott erzählen“.
Genau das ist die Botschaft, wir sollen von Gott erzählen, wir sind von Jesus
beauftragt, den Menschen die frohe Botschaft zu bringen, „das Himmelreich ist
nahe“ – durch uns, wenn wir uns beauftragen lassen.
Zugegeben, nach gut 2000 Jahren ist die Naherwartung des Himmelreichs
wohl ziemlich verblasst, und durch die Bilder von Terror und Krieg scheint die
Hoffnung darauf täglich weiter in die Ferne zu rücken. Auch in unserem Umfeld
scheint die Welt viel rauer zu werden, täglich lesen wir in Zeitungen oder sehen
in den modernen Medien Diebstahl, Raub und Mord, Verunglimpfungen aller
Art, Neid und Missgunst. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, sollten wir
an dieser Perspektive und an dem Auftrag festhalten, den Jesus seinen Jüngern
und auch uns gegeben hat. Dem Auftrag, von Gott und von seinem Wohlwollen
für die Menschen und für diese Welt zu erzählen und diese Worte auch mit Taten
zu füllen.
Denn umsonst haben wir seine Liebe empfangen und umsonst sollten wir sie
an andere weitergeben. Dies können wir immer und überall tun, denn schon
kleine Gesten können viel bewirken. Ein Lächeln am Morgen, eine Schulter zum
Anlehnen oder ein offenes Ohr in der Not, in all diesen Dingen kann ein Stück
vom Himmelreich erfahrbar werden.
Darum: „Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe“, wenn wir es wollen,
wenn wir unsere Liebe zu den Menschen zeigen und Werke der Nächstenlie-
be tun. Wenn wir dieses praktizieren, erfüllen wir nicht nur Jesu Worte, sondern
auch die Leitlinien unseres Deutschen Evangelischen Frauenbundes, der uns un-
ter seinem Dach zusammengeführt hat.
                                                                 Helga Ilgenfritz,
                                                                    Kaufbeuren
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     Monatsspruch September
     Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze
     Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner
     Seele? Mt 16,26 (L)
     Wenn ich diesen Vers höre, fällt mir unweigerlich mein Lateinlehrer ein. Er stand
     in diesem Moment leicht grinsend am Fenster, blickte in die Runde seiner Schü-
     lerinnen und meinte: „Stellt euch diesen Bibelspruch einmal ohne die Konjunk-
     tivformen vor: Was würde es dem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt
     gewinnen würde und würde doch Schaden an seiner Seele nehmen? Spürt ihr
     die Verarmung, den sprachlichen Abstieg?“ Für ihn war die Lutherübersetzung
     sprachlich vollendet und ein klanglicher Genuss. Über die Bedeutung der Worte
     ließ er sich nicht näher aus.
     Ich erinnere mich nicht, ob wir ihm Verständnis und Sympathie für sein Sprach-
     empfinden entgegenbrachten, eher war es wohl Erstaunen und Ratlosigkeit.
     Aber vergessen habe ich diese Situation und damit auch den Bibelvers nie.
     Immer wieder einmal überlegte ich im Lauf meines Lebens, wie das sein könnte:
     die Welt gewinnen. Sind hier Reichtum und materieller Besitz gemeint? Ein guter
     Verdienst, ein gemütliches Haus, spannende Urlaubsreisen, die neueste Technik
     für sich und die Familie?

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Vielleicht kann „die Welt gewinnen“ aber auch Ruhm bedeuten? Vielleicht Macht?
Anerkennung? Endlich einmal Gerechtigkeit in der Bewertung meiner Leistun-
gen, meiner Anstrengungen, auch meiner ehrenamtlichen Bemühungen?
Irgendwie komme ich nicht weiter mit dem, was das bedeutet: die Welt gewin-
nen. Ich glaube, es ist so etwas gemeint wie die Erfüllung aller Wünsche. Ab und
zu reden wir ja so über unsere Zukunft: Wenn ich im Ruhestand bin, dann will
ich… Wenn ich erst wieder gesund bin, dann wollen wir… Wenn der Umbau
fertig ist, dann…
Und dann? Wilhelm Busch hat einmal gesagt: „…ein jeder Wunsch, wenn er er-
füllt, kriegt augenblicklich Junge.“ Da ist schon was dran. In manchen Lebensla-
gen nagt immer ein neuer Wunsch in uns, kratzt an der Dankbarkeit, macht uns
unzufrieden, lässt uns nicht ruhig und gelassen genießen.
Nein, ich brauche nicht die Welt und schon gar nicht die ganze zu gewinnen.
Es erscheint mir wunderbar und köstlich, dass ich meinen Rentneralltag so un-
beschwert erleben darf, dass ich trotz Dürre in unserem Land eine Fülle von Le-
bensmitteln kaufen kann, dass ich Konzerte besuchen, Gäste bewirten und Rei-
sen machen darf. Ja, sehr viel von der ganzen Welt nütze ich. Es gibt eine Menge,
wofür ich dankbar, womit ich zufrieden sein kann.
Und wenn ich nun auf den zweiten Teil des Bibelverses sehe, dann ahne ich, was
das bedeuten könnte: …und nähme doch Schaden an seiner Seele.
Die Konzentration auf das „Gewinnen“ der Welt verschlingt Kraft, viel Zeit, auch
Geld. Da bleibt Manches auf der Strecke. Die Seele eben.
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                          Erich_Keppler_pixelio.de

     „Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, bedaure ich, dass ich nicht oft genug
     gefeiert habe. Immer stand etwas dagegen – zu wenig Zeit, zu wenig Geld, zu
     wenig Platz. Aber man sollte nichts verschieben.“ Das hörte eine Sterbebegleite-
     rin immer wieder von ihren Anvertrauten. Da war etwas zu kurz gekommen, das
     entspannte Zusammensein, lockere Gespräche, intime Momente, Vertrautheit, Le-
     benslust. Und jetzt konnte man das nicht mehr nachholen, weil der Körper streikte.
     Achten wir auf uns, damit unsere Seele keinen Schaden nimmt. Gehen wir zart
     mit ihr um, geben wir ihr Nahrung. Jeder von uns wird selbst wissen, was die
     eigene Seele braucht. Doch! Ganz tief drin wissen wir es. Das kann ein Gespräch
     sein, ein Gottesdienst, Musik, ein Spaziergang, eine gute Tat oder ein leckeres
     Essen, das man sich miteinander gönnt. Oder eben etwas, das nur Sie wissen!
     Vielleicht schreiben Sie mal eine Liste: Nahrung für meine Seele. Und Sie werden
     erstaunt sein, wie viel Ihnen da einfällt!
     Gott behüte und begleite uns, dass wir keinen Schaden
     an unserer Seele nehmen. Amen.

                                                                      Christine Seichter,
                                                                                 Altdorf

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Monatsspruch Oktober
Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend
– gib davon Almosen! Wenn dir wenig möglich ist,
fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu
geben! Tob 4,8 (E)
Im Vertrauen bleiben – gegen alle Widerstände
Das Buch Tobit: ein moralisches Märchen, eine Mischung aus 1001 Nacht und
Patriarchenerzählung der Genesis. Mit viel religiösem Selbstlob beschreibt der
Namensgeber und Ich-Erzähler des Buches sein Leben. Ein Leben, das von Fröm-
migkeit durchdrungen ist, die vornehmlich darin besteht, den Notleidenden Al-
mosen zu geben und die toten Glaubensbrüder zu begraben. In Ninive, wohin
Tobit wie viele andere Israeliten verbannt worden ist unter assyrischer Herrschaft,
wurden sie einfach hinter die Stadtmauer geworfen, wenn sie gestorben waren.
Tobit ähnelt Hiob: Er lässt nicht nach, dem Gott treu zu bleiben, dem er einmal
Treue versprochen, Vertrauen geschenkt hat.
Doch Frömmigkeit schützt nicht vor Unglück. Und so muss auch Tobit ein schwe-
res Leiden tragen: Er wird mit Blindheit geschlagen, hervorgerufen durch Vogel-
kot, der ihm aufs Auge fällt, als er sich an seiner Hofmauer zum Schlafen legt,
nachdem er wieder einmal einen toten Israeliten begraben hatte. Es scheint, als
wollte Gott ihn und seine Standhaftigkeit im Glauben prüfen.
Dass Tobit wieder sehend wird, hat er einem Engel zu verdanken, der seinem
Sohn Tobias auf einer Reise als vermeintlicher Reisebegleiter den Rat gibt, einen
Fisch auszunehmen, dessen Herz und Leber gegen Dämonen, die Galle aber ge-
gen Blindheit helfen soll. Nach Rückkehr des Sohnes und vor Ende seines Lebens
preist Tobit noch einmal dankbar seinen Gott. Die Prüfung der Glaubenstreue
hat er bestanden.
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Martin_Jäger_pixelio.de

                          Im Vertrauen bleiben – gegen alle Widerstände: Dieser Tenor durchzieht das
                          ganze Buch. Man könnte auch sagen: Es lohnt sich, nicht abzufallen vom Glau-
                          ben. Es lohnt sich, an Gott zu bleiben, dem man alles zutraut, wenn man ihm
                          sogar die Erschaffung der Welt zutraut. Auch dann, wenn einem etwas passiert.
                          Auch der/die Fromme ist vor Unglück nicht geschützt. Gott belohnt uns nicht,
                          indem wir leidlos durchs Leben kommen, sondern indem wir Gott unter allen
                          Umständen im Herzen behalten.
                          Dass es darauf ankommt: auf das „Gott im Herzen Behalten“, besagt auch Tobit
                          4,8, ein Ratschlag aus dem ausführlichen Vermächtnis des Tobit an seinen Sohn
                          Tobias, als der im Begriff ist, eine lange Reise anzutreten, bei der er die Bekannt-
                          schaft des besagten Engels macht:
                          Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend – gib davon Almosen! Wenn dir
                          wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben!
                          Keine sehr originelle Auslassung? Dabei hat es gerade der erste Satz in sich. Aus
                          dem Vollen etwas für andere abschöpfen, müsste doch eigentlich einfach sein.
                          Ist es aber nicht. Wer viel hat, gewöhnt sich an das Viele und vergisst die anderen,
                          die wenig(er) haben. Wer viel hat, braucht auch viel für sich. Und wenn es bloß
                          das Gefühl ist, etwas auf „der hohen Kante“ zu haben für die Zukunft. Nicht zufäl-
                          lig heißt es: Von den Reichen lernt man das Sparen.

                          DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Es gibt also die Reichen, die erkennbar viel ausgeben (siehe zum Beispiel „Die
Geissens“) und die Reichen, die scheinbar nichts ausgeben. Beide sollten sich
erinnern, dass sie mehr als genug haben. Sie sollten Gott dankbar sein und alles,
was sie haben, nicht nur ihrem eigenen Verdienst zuschreiben. Aus Dankbarkeit
heraus gibt es sich nämlich leicht. Man hat das Gefühl, meins wird nicht weni-
ger, sondern mehr. Nicht zufällig ist Geben seliger als Nehmen. Es macht einfach
glücklich, weil man damit jemand anderem hilft oder eine Freude macht.
Aber auch der zweite Satz spricht eine Wahrheit aus: Das Wenige ist mehr als
nichts, und wer überhaupt etwas geben kann, ist immer noch reich genug. Wer
wenig hat, der kennt es nicht anders und kann sich leicht vorstellen, mit noch we-
niger klarzukommen. Denken wir an das Scherflein der armen Witwe aus Lukas 21,
das sie zu geben bereit ist. Mit Gott im Herzen kommt man auch über Durststre-
cken hinweg. Wer im Vertrauen bleibt, gegen alle Widerstände, wird auch belohnt.
                                            Pfarrerin Susanna Arnold-Geissendörfer,
                                                                    Aschaffenburg

Monatsspruch November
Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt.
Hiob 19,25 (L)

Es gibt in der Bibel einige Begriffe und Formulierungen, die für unsere Generati-
on schwer verständlich oder nachvollziehbar sind. Wo erst der Zusammenhang
und das gesellschaftliche Umfeld erklärt werden müssen, um sie zu verstehen.
Wie steht es zum Beispiel um das Wort „Erlöser“?
Nun, ich schreibe diese Monatsauslegung im Festspielsommer in Bayreuth, und
zumindest hier ist der „Erlöser“ in aller Munde. So bezeichnet sich Piotr Beczala
in einem Zeitungsinterview Mitte August gar als „doppelten Erlöser“, einmal weil
er als „Retter von Brabant“ im Festspielhaus auftritt, und zum zweiten, weil er
erst drei Wochen vor Festspielbeginn die Rolle von einem anderen Sänger über-
nahm und damit die Aufführungen rettete.
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                                                                                            Rainer_Sturm_pixelio.de
     Von einem solchen Verständnis von „Erlöser“ ist die Monatslosung jedoch weit
     entfernt, und es lohnt sich, in das Buch Hiob etwas genauer zu schauen. Hier hat
     „Erlöser“ eine zutiefst existentielle Bedeutung in einer Situation, die das Leben
     absolut in Frage stellt.
     Nach den Gesprächen mit seinen Freunden, ihren ausführlichen Klagen und
     Schilderungen über das Elend der Welt und der Menschen hebt Hiob zu einer
     ersten Gegenrede an und legt ein Bekenntnis ab, das „mit eisernem Griffel und
     mit Blei für immer in den Fels gehauen“ werden soll: „Doch ich, ich weiß: mein
     Erlöser lebt.“ Hiob ist davon felsenfest überzeugt. Auch sein von Krankheit und
     Tod gezeichnetes Leben kann ihm diese Gewissheit nicht nehmen.
     Aber wie geht das? Wie kann ein Mensch, der alles verloren hat, solch ein Be-
     kenntnis ablegen? Ich denke das ist möglich, weil Gott lebt. Er ist bei Hiob, er ist
     bei den Menschen. Und die Erfahrung, trotz allem in Gottes Hand geborgen zu
     sein, ein Kind des lebendigen Gottes zu sein, gibt auch dem Leben, das von Tod
     und Unglück gezeichnet ist, einen Sinn und eine Vollendung. Gott ist der Erlöser,
     er will das Leben.

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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Dieses Wissen um den lebendigen Gott, der uns hält und unser Leben begleitet,
prägt auch unseren christlichen Glauben und unser Bekenntnis. So endet unser
Glaubensbekenntnis mit den Worten: „Ich glaube an das ewige Leben“.
Georg Friedrich Händel hat in seinem „Messias“ zu Beginn des dritten Teiles die-
ses Bekenntnis von Hiob vertont: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet“. Es ist eine
sehr bekannte Arie, die von vielen Menschen bis heute geschätzt wird. Ich konn-
te einmal einen alten Mann im Rollstuhl erleben, der bei dieser Arie zärtlich von
seiner Begleitperson bei der Hand genommen wurde. Eine sehr berührende
Geste, und mir schien es fast, die beiden sind nur für diese Arie in das Konzert
gekommen. So gehört zum Wissen um den Erlöser auch immer wieder die Ver-
gewisserung, so wie in diesem Konzert. Den lebendigen Gott mit allen Sinnen
erfahren. Eine Vergewisserung wirklich mit Herz und Hand. Der lebendige Gott
erlöst uns zum ewigen Leben.
                                                                    Anita Jehnes,
                                                                        Bayreuth

Ist´s etwas Großes, dass die Engel Gott loben?
Nein, denn wenn wir an ihrer Stelle wären,
würden wir es auch tun – aber ich meine,
dass Hiob auf seinem Misthaufen Gott lobte,
das war etwas Großes, und dieses Lob gefiel
Gott besser als das Lob aller Engel.
Gerhard Tersteegen
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     Monatsspruch Dezember
     Wer im Dunkel lebt und wem kein Licht leuchtet,
     der vertraue auf den Namen des Herrn
     und verlasse sich auf seinen Gott. Jes 50,10 (E)

     Kerzen, die nicht brennen: Ich mag sie nicht. Und obwohl ich nicht rauche, habe
     ich doch immer Streichhölzer in meiner Handtasche - für nicht angezündete
     Kerzen im Lokal.
     Für meine tägliche stille Zeit liegt alles bereit: die Kerze, das Streichholz, die
     Schachtel mit der Reibfläche. Es liegt an mir, es zu tun. Ich kann die Kerze zum
     Leuchten bringen. Ich bin motorisch dazu fähig. Vielen meiner Schülerinnen und
     Schülern an einer Schule für geistige Entwicklung fehlt diese Fähigkeit. Sie brau-
     chen Hilfe dabei.
     Wer im Dunkel lebt und wem kein Licht leuchtet, der vertraue auf den
     Namen des Herrn und verlasse sich auf seinen Gott.
     Dies kann der Prophet Jesaja schreiben, weil er selbst schon diese Erfahrung mit
     Gott gemacht hat.
     Ich brauche die vielen Erzählungen der Bibel von Menschen, die sich in schwe-
     ren Zeiten auf Gott verlassen haben und deren Vertrauen nicht enttäuscht wur-
     de. Ich brauche ebenso die Erzählungen von Menschen um mich herum, die von
     ihrem Vertrauen auf Gott in schweren und dunklen Zeiten berichten. Und ich
     brauche eigene Erfahrungen im Glauben. Dann erst werde ich es immer wieder
     aufs Neue wagen, mich in schweren Zeiten auf Gott zu verlassen.
     Jesaja war ein Prophet. Er sagte den Menschen seiner Zeit, was Gottes Wille für
     sie ist. Er sagt es bis heute. Er sagt es uns.

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
G.Burgstaller_pixelio.de
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     Ich will nicht bei mir stehen bleiben. Ich will immer wieder aufs Neue den Mut
     aufbringen und anderen davon erzählen. So wie ich meinen Schülern und Schü-
     lerinnen helfe, die Kerze anzuzünden, so will ich den Menschen, die Gott in mei-
     ne Nähe stellt, von Gottes Hilfe in meinen dunklen Zeiten berichten. Ich will Zeu-
     ge sein, dass es wahr ist: Verlass dich auf Gott, dann kannst du die momentane
     Dunkelheit ertragen und das Licht wird einmal wieder leuchten. Gott sagt uns
     seine Hilfe zu. Verlass dich drauf! Und ich bitte Gott darum, dass er mir helfende
     Mitmenschen schickt, wenn es in meinem Leben wieder einmal finster wird.
     Die Überschrift über unseren Textabschnitt lautet „Der Knecht Gottes im Leiden“.
     Jochen Klepper, der während der Zeit des Nationalsozialismus wahrlich im Dun-
     kel lebte, fand Trost in Vers vier dieses Jesaja-Textes und dichtete sein wohl be-
     kanntestes Lied daraus (EG 452):

     Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr.
     Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor,
     dass ich mit seinem Worte begrüß das neue Licht.
     Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht.
     Er will mich früh umhüllen mit seinem Wort und Licht,
     verheißen und erfüllen, damit mir nichts gebricht;
     will vollen Lohn mir zahlen, fragt nicht, ob ich versag.
     Sein Wort will helle strahlen, wie dunkel auch der Tag.

     Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit wünscht

                                                                         Christa Riedel,
                                                                                   Floß

     DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.
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                                        xx
Autorinnen:
Mitglieder und Freundinnen des
Deutschen Evangelischen Frauenbundes

Titelbild:
Sigrid Harig_pixelio.de

Gestaltung:
Kathrin Sachau, kasa@luzie.de

Herausgeber:
Deutscher Evangelischer Frauenbund
Landesverband Bayern e.V.
Kufsteiner Platz 1, 81679 MÜNCHEN
Tel. 089/98105788

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www.def-bayern.de
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