AIV-Forum BERLIN UND SEINE BAUTEN - grossWEST AIV-Schinkel-Wettbewerb 2021
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AIV-Forum 2-2021 BERLIN UND SEINE BAUTEN Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg e.V. grossWEST AIV-Schinkel-Wettbewerb 2021
Inhalt EDITORIAL ARCHITEKTUR 02 BERLIN BACKSTAGE 50 AUFGABENSTELLUNG 52 BAUKREIS SCHINKELPREIS SCHINKELPREIS SONDERPREIS DENKMAL 04 AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 58 DOCK OF BERLIN 08 FÖRDERER DES AIV-SCHINKEL- 1. DIESING-PREIS ARCHITEKTUR WETTBEWERBS 62 INKORE BERLIN 10 SCHINKEL-AUSSCHUSS UND 2. DIESING-PREIS ARCHITEKTUR GASTPREISRICHTER:INNEN 66 BERLIN BETWEEN GREEN 12 AUFGABENSTELLUNG 3. DIESING-PREIS ARCHITEKTUR 16 LISTE DER PREISTRÄGER:INNEN 70 INKORE BAUT STADT WEITERE ARBEITEN STÄDTEBAU 71 INKORE+ WEITERE ARBEITEN 18 AUFGABENSTELLUNG 72 SUSTAIN-ABILITY 20 DRÜBER UND DRUNTER WEITERE ARBEITEN SCHINKELPREIS REISESTIPENDIUM 73 NEUER WESTHAFEN BERLIN WEITERE ARBEITEN 26 GROSSWEST-AREAL KOOPERATIONSPREIS VBI UND 3. DIESING-PREIS ARCHITEKTUR KONSTRUKTIVER INGENIEURBAU 30 großMARKT großSTADT 74 AUFGABENSTELLUNG ANERKENNUNG 76 WEITBLICK — BOGEN AM WESTHAFEN 32 WEICHE SCHALE, HARTER KERN BAUKAMMERPREIS ANERKENNUNG 80 OHNE TITEL 34 EATUCATION WEITERE ARBEITEN ANERKENNUNG 36 BERLIN ARCUM VERKEHRSPLANUNG WEITERE ARBEITEN 82 AUFGABENSTELLUNG 37 MISE EN PLACE* WEITERE ARBEITEN 84 KLAR SEHEN. WEGE ZWISCHEN „GROSS“ UND „WEST“ WEITERE ARBEITEN LANDSCHAFTSARCHITEKTUR Die Dokumentation des Schinkelwettbewerbs ist in erstmals 38 AUFGABENSTELLUNG FREIE KUNST durchgängig geschlechtergerechter Sprache verfasst. Da die Entwurfsverfasser:innen, Juror:innen, unsere Leser:innen und 40 TERRA.FLUIDA 86 AUFGABENSTELLUNG die Menschen, über die wir schreiben, vielfältig sind, soll dies SCHINKELPREIS auch erkennbar sein. Uns ist bewusst, dass noch keine allgemein 88 DAS TAU akzeptierte Form gefunden wurde, die das einengende 46 BRÜCKE DER DREI UFER ANERKENNUNG ANERKENNUNG generische Maskulinum ersetzt. Lassen Sie uns daher gerne wissen, was Sie davon halten und schreiben Sie uns eine Mail an: 48 STADT OUVERTURE info@treppe-b.de ANERKENNUNG 1
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 EDITORIAL BERLIN BACKSTAGE GESCHE GERBER UND ERNST-WOLF ABÉE In der Auslobung des diesjährigen AIV-Schinkel-Wettbewerbs haben wir das Wettbewerbsgebiet als Terra Incognita bezeichnet. Der Berliner Großmarkt (BGM) und der von der BEHALA betrie- bene Berliner Westhafen sind verkehrsgünstig und relativ zen- trumsnah gelegen, im Bewusstsein der Berliner:innen sind sie je- doch wenig präsent. Dabei sind beide Institutionen von funda- mentaler Bedeutung für die Ver- und Entsorgung Berlins. Man könnte diesen Ort und seine Beziehung zu Berlin metapho- risch mit einem Theater beschreiben: Berlin ist die Bühne, der Großmarkt und der Westhafen sind hinter den Kulissen. Auf der Bühne spielt das Berliner Leben — ein quirliges Treiben. Back- stage werden die Waren vorbereitet, die später auf der Bühne benötigt werden, um das Berliner Leben spielen zu lassen. Ohne die Arbeit der Menschen im Backstagebereich ist das Spiel auf der Bühne nicht möglich, so auch in der Stadt Berlin. Die Me- tropole könnte ohne die beiden leistungsfähigen Umschlag- plätze nicht existieren. Im Rahmen unseres Ideen- und Förder- wettbewerbs sollen sie nun auf die Bühne und ins Rampenlicht gerückt werden. Der Großmarkt und der Westhafen sind zwischen Putlitzbrü- cke und Charlottenburger Verbindungskanal gelegen und wer- den von der Stadtautobahn A100 bzw. dem Westhafenkanal im Norden und der Bahntrasse im Süden begrenzt und von der Beusselstraße durchquert. So wichtig dieses Netz aus Verkehrs- wegen auch für die beiden Landesbetriebe ist, verhindert es doch die Wahrnehmung der räumlichen Qualität dieses städti- schen Bereichs. Dabei hat die Nähe zum Wasser großes Poten- zial und wäre prädestiniert für eine öffentliche Nutzung. Das Ziel der öffentlichen Nutzung und viele weitere Ziele galt es Foto: Marcus Nitschke im Rahmen der Aufgabenstellungen in diversen Fachsparten ab- zuwägen, wobei die Komplexität des Ortes eine besondere Her- sem schafft, die Verbindung zu den benachbarten (Wohn-)Quar- Den Schwerpunkt der Aufgabenstellungen bildete die Beussel- ausforderung darstellte und die oftmals gegensätzlichen An- tieren bei bestehender natürlicher und funktionaler Insellage straße — auf einem Damm gelegen, im Zentrum allen Gesche- forderungen in Einklang zu bringen waren. Auf der einen Seite und die Schaffung von Aufenthaltsqualitäten am Wasser bei un- hens — baulich, topografisch und verkehrstechnisch verbinden- lagen die Anforderungen bei der Durchgrünung eines Industrie- eingeschränktem Umschlag über den Wasserweg. des und trennendes Element zugleich. 90 Einreichungen in sechs areals, die Durchwegung von Sicherheitsbereichen, die Verbin- Fachsparten haben sich dieser Herausforderung gestellt, von de- dung zweier durch eine Hauptverkehrsachse getrennten Areale Die Korrelation zwischen funktionaler Notwendigkeit und plane- nen acht Arbeiten mit einem Preis ausgezeichnet und sechs wei- oder eine Nutzungsintensivierung bei gleichbleibender Grund- rischem Wunschbild sollte sich in den Lösungsansätzen der Bei- tere Arbeiten mit einer Anerkennung gewürdigt wurden. fläche und zudem die Reduzierung der Versiegelungs- und Er- träge spiegeln, ergänzt durch Themen wie innovative Nutzungs- höhung der Versickerungsflächen. Auf der anderen Seite war die mischung und Ernährungsvermittlung, Ressourcenschonung und Nun heißt es: Bühne frei für die diesjährigen Arbeiten — zur Er- Schaffung eines öffentlichen Raumes gefordert, der den gewerb- (Bau-)Kreislaufwirtschaft, ökologische Aufwertung sowie Wasser- wähnung würdige Entwürfe als Nebendarsteller und die Preisträ- lichen Bereich mit einbezieht, aber keine Vermischung mit die- management und standortgerechte Bepflanzung. ger in den Hauptrollen! 2 3
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 Die Landschaft der offenen Wettbewerbsverfahren für junge Ent- Sonderpreise zur Verfügung. Mit diesem Ansatz soll auch das rer Verehrung. Seit seinem frühen Tod 1841 erinnert der Verein an werfer:innen, Gestalter:innen und Planer:innen verwaist immer universale Denken Schinkels in Erinnerung gerufen werden. Die seine Leistungen — ab 1844 mit dem jährlichen Schinkel-Fest. mehr, obwohl die Übung in der Teilnahme an Wettbewerben für Konzeption und Durchführung des Wettbewerbs wird durch 1851 schlug der junge Architekturstudent und spätere Vereins- die fachliche Selbsteinschätzung, die berufliche Positionierung den Schinkel-Ausschuss des AIV zu Berlin-Brandenburg über- vorsitzende Friedrich Adler vor, für den Baumeisternachwuchs und als Vorbereitung auf das spätere Berufsleben so wichtig ist. nommen. Das Gremium setzt sich aus rund 50 Fachleuten zu- jährlich eine Konkurrenz unter den Vereinsmitgliedern durchzu- Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. sammen, die das Verfahren ehrenamtlich begleiten. führen. Der seit 1852 ausgelobte Wettbewerb ist Karl Friedrich (AIV) lobt nun schon zum 167. Male den AIV-Schinkel-Wettbe- Schinkel gewidmet. Ab 1855 wurde der Schinkel-Wettbewerb werb aus. Gemeinsam mit Fördermittelgebenden, Stifter:innen, ARCHITEKTEN- UND INGENIEURVEREIN ZU BERLIN- staatlich unterstützt. Juror:innen und Hochschulen bildet er ein Netzwerk unterschied- BRANDENBURG E. V. licher Disziplinen, um gestalterische Themen zu diskutieren, pla- Zur Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses nerische Fragen zu beantworten und dabei junge Planer:innen, Der 1824 von jungen „Bauconducteuren“ um Eduard Knoblauch wies der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die Stiftung zu Architekt:innen, Ingenieur:innen und Künstler:innen in ihrer fachli- gegründete Zusammenschluss gilt als älteste Technikvereinigung Siegerpreisen an. Mit den beiden hoch dotierten Staatspreisen für chen Entwicklung zu fördern. Das Verfahren richtet sich vorrangig Deutschlands und hat wesentlich zur Entwicklung des Berufs- die Fachsparten Architektur und Ingenieurbau erfuhr der Wett- an Absolvent:innen und Studierende höherer Semester. stands der Architekt:innen und Ingenieur:innen sowie der Bau- bewerb eine besondere Aufwertung. Gleichzeitig wurde damit und Kulturgeschichte Berlins, Preußens und Deutschlands beige- der Teilnehmerkreis auf Studierende und Absolventen des ersten Die Aufgabenstellung und die Wahl des Kontextes sollen durch tragen. Anfangs Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, tritt Bauführer-Examens ausgeweitet. Um den Schinkelpreis konkur- die Arbeit am eigenen Entwurf die Kreativität und Fantasie für die der Verein seit 2020 als „Architekten- und Ingenieurverein zu Ber- rierten nun Teilnehmer aus dem gesamten preußischen Staatsge- Lösung zukunftsorientierter Planungsaufgaben herausfordern lin-Brandenburg e.V.“ auf, um damit die Verbundenheit mit der biet. Die prämierten Arbeiten konnten von der Bauakademie und und eine Auseinandersetzung mit komplexen Zusammenhän- Metropolregion zu bekräftigen. ihrer Folgeinstitution, der Technischen Hochschule Charlotten- gen und fachübergreifenden Sichtweisen initiieren. Auch steht Zu den Zielen des AIV gehört die Förderung von Baukultur in ih- burg, als Examens- oder Diplomarbeiten anerkannt werden. der AIV-Schinkel-Wettbewerb als Ideen- und Förderwettbewerb nicht unter dem Druck der unmittelbaren Umsetzung. ren unterschiedlichen Facetten. In Veranstaltungen und Publika- Zudem wurde der Wettbewerb in unterschiedliche Aufgaben un- Er kann jedoch dazu dienen, Interesse für ein Gebiet zu wecken, tionen wird dazu das aktuelle Baugeschehen kritisch und kons- terteilt. Der Bereich des Land- und Hochbaus wurde dazu um Sensibilität im Umgang mit dem Bestand zu entwickeln, die Be- truktiv begleitet. Darüber hinaus beschäftigt sich der Verein mit das Ingenieurwesen ergänzt, zu dem Wasser-, Eisenbahn und deutung für die Umgebung aufzuzeigen und somit zur Qualifizie- stadt- und bauhistorischen Themen. Für seine besonderen Ver- Maschinenbau gehörten. Das Preisgeld von 1.700 Goldmark (ca. rung der Aufgabenstellung einer formellen Planung beizutragen. dienste in diesem Bereich wurde der AIV zu Berlin 2007 mit der 12.000 €) war an eine mehrmonatige Studienreise gebunden, In diesem Sinne etabliert sich der Wettbewerb immer mehr als Ferdinand-von-Quast-Medaille ausgezeichnet. Heute gehören die zu den Stätten des klassischen Altertums führte. Betrachtungsfeld der informellen Planung und Bürgerbeteili- dem AIV rund 300 Mitglieder an aus den Berufsgruppen Archi- tektur, Stadtplanung, Landschaftsarchitektur, Bauingenieurwe- Die Preisträger mussten nach ihrer Rückkehr die Ergebnisse der gung, die vor allem darauf gerichtet ist, eine Beziehung der Bür- sen, Wissenschaften, Betriebswirtschaft, Jura und Kunst. Reise in Vorträgen oder Bauaufnahmen zusammenfassen. Ihre gerschaft zum Planungsgebiet zu generieren und sie für die Ge- Arbeitsergebnisse dokumentierten den wissenschaftlichen An- staltung der öffentlichen Räume zu gewinnen. Mit seinem frei- GESCHICHTE DES AIV-SCHINKEL-WETTBEWERBS spruch des Vereins. Für den AIV entwickelte sich der Schinkel- eren Blick auf Aufgaben in Berlin und Brandenburg gelingt es Wettbewerb rasch zu einem bedeutenden Ereignis. Auf den jähr- dem AIV-Schinkel-Wettbewerb häufig auch, Anregungen in lau- 1829 führten die Mitglieder Monatskonkurrenzen ein, um ge- lichen Schinkel-Festen1 werden bis heute die Preisträger:innen fende Planungen einzubringen. meinsam aktuelle Fragen der Architektur und des Städtebaus zu prämiert und deren Arbeiten präsentiert. Die inzwischen sehr Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden in bis zu sechs erörtern. Diese Übungen zum Entwerfen gehörten neben Vorträ- lange Liste der Preisträger:innen umfasst u.a. Ludwig Hoffmann, Fachsparten angeregt, übergreifende trans- und interdiszipli- gen und Exkursionen zu den wichtigsten Aktivitäten des Vereins. Alfred Messel, Hans Poelzig und David Chipperfield. näre Gruppen zu bilden. Die Aufgaben werden zwar schwer- Im selben Jahr wurde Karl Friedrich Schinkel Mitglied. punktmäßig einzelnen Fachsparten zugeordnet, jedoch von ei- Schinkels beruflicher Werdegang und seine bemerkenswerten ner interdisziplinären Jury beurteilt. Für Kooperationen stehen Bauwerke waren bereits zu seinen Lebzeiten Anlass zu besonde- 1 Dieses Jahr muss das Schinkelfest corona-bedingt ausfallen. 4 5
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS FÖRDERER DES AIV-SCHINKEL-WETTBEWERBS Die Durchführung des Wettbewerbsverfahrens wäre ohne die Unterstützung und finanzielle Zuwendung zahlreicher Institutionen nicht möglich. Den AIV-Schinkel-Wettbewerb 2021 fördern: Neben den Fördergeldern des Bundesministeriums, der Senats- verwaltung, der Architektenkammer Berlin, des Verbands Deut- scher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.(DAI), der Firma Fi- ligran Trägersysteme GmbH & Co. KG und der Firma Computer- works GmbH, die in das Wettbewerbsverfahren gehen und auch als ungebundene Preisgelder alle Fachsparten berücksichtigen können, gibt es zahlreiche Sonderpreise: Die Hans-Joachim-Pysall-Stiftung zeichnet die beste bereits mit einem Schinkelpreis prämierte Arbeit durch ein Schinkel-Italien- reise-Stipendium aus und knüpft damit an den historischen Zweck der Preisgelder an. Herausragende Arbeiten aus der Fach- sparte Architektur werden mit dem Diesing-Preis von der Karl- Friedrich-Schinkel-Stiftung des AIV zu Berlin-Brandenburg e.V. prämiert. Der Verband Beratender Ingenieure fördert mit seinem Sonderpreis die beste Kooperationsarbeit von Ingenieur:innen und damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Der Verein Restaurator im Handwerk e.V. zeichnet einen Beitrag aus, der sich durch einen beispielhaften Umgang mit dem his- torischen Bestand hervorhebt. Der Sonderpreis der Baukammer Berlin wird für herausragende Ingenieurleistungen vergeben, der Sonderpreis der Lenné-Akademie für Gartenbau und Gartenkul- tur e.V. für einen Entwurf der Fachsparte Landschaftsarchitektur Bereitstellung der Online-Plattform In Medienpartnerschaften steht der AIV mit einem vorbildlichen Beitrag für Pflanzenverwendung. für den Wettbewerb: zu Berlin-Brandenburg e.V. mit: Wir danken allen Institutionen für die langjährige Unterstützung des Schinkel-Wettbewerbs! 8 9
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS SCHINKEL-AUSSCHUSS UND GASTPREISRICHTER:INNEN WETTBEWERBSJURY Hans-Jürgen Pluta , Vorstand Lenné- Prof. i.R. Gisela Glass, Beuth MITGLIEDER Joachim Kempf, Dipl.-Ing. VORPRÜFER:INNEN Akademie für Gartenbau und Hochschule für Technik Berlin SCHINKEL-AUSSCHUSS Carolina Mojto, Dipl.-Arch. ETH Laut Statut bildet sich das Preisgericht Cristina Achury, Jonathan Avar, Gartenkultur e.V. Yvonne Corinna Paul, M.Sc. aus den Mitgliedern des Schinkel- Antje Hendriks, Gruppe Planwerk Johanna Bendlin, Laura Bertelt, STÄDTEBAU Justus Pysall, Dipl.-Ing. Ausschusses, der sich aus gesetzten Sebastian Rost, Verband Restaurator Jasmin Beumer, David Dietrich, Marcus Hille, Hille Tesch Architekten + Florentine Sack, Dr. und gewählten Mitgliedern zusam- im Handwerk e.V. Peter Brenn, Dipl.-Ing. Loni Eichin, Johannes Franke, Stadtplaner PartGmbB Karl-Heinz Schneider, Dipl.-Ing. mensetzt. Ergänzend können Sach- Heyden Freitag Maximilian Gedamke, Anne Dr. Ralf Ruhnau, Baukammer Berlin Almut Seeger, Dipl.-Ing. verständige und Gastpreisrichter:in- Andrea Klinge, ZRS Architekten Sebastian-Alexander Grünwald, M. Sc. Sophie Hagemann, Anna Johannis, nen eingeladen werden. Dr. Melanie Semmer, Vorstand AIV zu Ingenieure Bernhard Heitele, Dipl.-Ing. Alicija Kepka-Guerrero, Cecilie KONSTRUKTIVER Berlin-Brandenburg e.V. Tom Hobusch, Dipl.-Ing. Felicia Kohl, Valentin Kranz, Ivan Thomas Kolb, Kolb Ripke Gesellschaft INGENIEURBAU MITGLIEDER LAUT STATUT Hermann Kendel, Prof. Dipl.-Ing. Kustov, Melanie Leuschner, Bärbel Winkler-Kühlken, von Architekten mbH Christoph Kollert Karen Eisenloffel, Prof. M.Sc. Helena Rafalsky, Johanna Rawald, Philip Engelbrecht, Filigran Vizepräsidentin Architekten- Klaus-Günter Lichtfuß, Berliner Hafen- Ludwig Krause, Dipl.-Ing. Christoph Gengnagel, Prof. Dr.-Ing. Constantin Riekehr, Clara Schütz, Trägersysteme GmbH & Co. KG kammer Berlin und Lagerhausgesellschaft mbH Peter Ostendorff, Dipl.-Ing. Eva Krapf, Dipl.-Ing. Sarah Stach, Gordian Stegemann, Arnold Ernst, Verband Deutscher James Miller Stevens, V.-Prof. Dipl.-Ing. Henry Ripke, Dipl.-Ing. Cornelia Wegner, Katharina Zull GASTPREISRICH- Prof. Dr. Silvia Malcovati, FH Potsdam, Architekten- und Ingenieurvereine Mike Schlaich, Prof. Dr. sc. techn. TER:INNEN 2021 FB Stadt Bau Kultur e.V. (DAI) und Karl-Friedrich- LANDSCHAFTSARCHITEKTUR Volker Schmid, Prof. Dr.-Ing. PRÄSENTATIONSLEITER:IN- Schinkel-Stiftung Britta Adler, Kuratorin bitch MATERial Vanja Schneider, Moringa GmbH Nicole Zahner, Dipl.-Ing. NEN Ute Aufmkolk, Dipl.-Ing. Andreas Fink, MIL Land Brandenburg Mandy Bahr, Berliner Großmarkt GmbH Lasse Sibbert, Berliner Hafen- und Angeli Büttner, V.-Prof. Dipl.-Ing. Jonathan Avar, Hanna Düspohl, Lagerhausgesellschaft mbH VERKEHRSPLANUNG Wilma Glücklich, Dipl.-Ing. Alicija Kepka-Guerrero, Christoph Franz-Wilhelm Garske, Prof. Roland Borgwardt, Beuth Hoch- Thomas Stellmach, TSPA — Thomas Michael Heurich, Dipl.-Ing. Rainer Döge, Dipl.-Ing. Kollert, Nicole Zahner Oberprüfungsamt für das technische schule für Technik Berlin, Labor für Referendariat beim BMVI Stellmach Planning & Architecture Lars Hopstock, J.-Prof. Dipl.-Ing. PhD Herbert Staadt, Prof. Dr.-Ing. Bausanierung und Energieeffizienz Barbara Hutter, Dipl.-Ing. Fabian Walf, Dr.-Ing. Karin Hartmann, Bundesinstitut Oliver Bormann, Yellow Z Berlin Fabrice Tesch, Hille Tesch Architekten Anna Lundqvist, Prof. Horst Wohlfarth von Alm, Dipl.-Ing. für Bau-, Stadt- u. Raumforschung + Stadtplaner PartGmbB Cornelia Müller, Prof. Dipl.-Ing. Olaf Bruhn, BVG im BBR Martin Schmitz, M. Sc. FREIE KUNST Jana Warnatzsch, Senatsverwaltung Jens Casper, Architekt BDA für Standentwicklung und Wohnen Christiane Schwarz, Dipl.-Ing. Daniele Kouefo, Vectorworks Jan Köthe Klaus Wichert, Dipl.-Ing. Laura de Pedro Elvira, Berliner Hafen- Sabine Werth, Berliner Tafel e.V. Peter Lemburg, Dr. phil. Katharina Lorenz, Hans und Charlotte und Lagerhausgesellschaft mbH Heinrich Liman, Dipl.-Ing. Krull Stiftung ARCHITEKTUR Dr. Stefan Doerrer, Berliner Hafen- und SCHINKELPREIS- Richard Rabensaat Otto-Ewald Marek, Verband Ernst Wolf Abée, Dipl.-Ing. Lagerhausgesellschaft mbH TRÄGER:INNEN Beratender Ingenieure (VBI), Gesche Gerber, Dipl.-Ing. VORSITZ SCHINKEL- Landesverband Berlin-Brandenburg Prof. Dr. Stefanie Endlich, UdK Berlin, Elisa Mado Lenius Josef Herz, Dipl.-Ing. AUSSCHUSS Kunst im öffentlichen Raum Anne-Sophie Schoss Ayse Zeynep Hicsasmaz- Karl-Peter Nielsen, Baukammer Berlin Antonia Eger Heitele, Dipl.-Ing. Ernst-Wolf Abée, Dipl.-Ing. Jörg Finkbeiner, Partner und Partner Gesche Gerber, Dipl.-Ing. Tobias Nöfer, Vorstand AIV zu Berlin- Pascal Zißler Theresa Keilhacker, Dipl.-Ing. Architekten Brandenburg e.V. 10 11
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS AUFGABENSTELLUNG STADT ALS RESSOURCE: DIE VERSORGUNG BERLINS © mapbox.com/treppe b Zwischen der Berliner Stadtautobahn A100 und dem Westhafen- kanal im Norden sowie S- und Fernbahngleisen im Süden zieht sich trotz verkehrsgünstiger und relativ zentrumsnaher Lage eine weitgehende Terra incognita im Stadtkörper entlang — Westha- fen, Berliner Großmarkt, Kleingarten - sowie Gewerbegebiete bis zum Tegeler Weg. Diese birgt spannende Gegensätze und große Herausforderungen — die Gebiete sind weitgehend unbekannt, undurchlässig und bisher wenig durchgrünt und durchlüftet. Häfen und Hafenanlagen haben sich bundesweit seit geraumer Zeit großen Veränderungen zu stellen: Schiffe werden tenden- ziell größer, aber der Gütertransport hat sich zunehmend auf die Straße verlagert, just-in-time-Anlieferungen wurden in vielen Bereichen selbstverständlich. Lagerflächen werden weniger bzw. anders nachgefragt, die Arbeitswelt von Büro und Verwaltung e raß befindet sich in rasantem Umbruch, nicht zuletzt angesichts der est Se aktuellen Pandemie. Westhafen Große, architektonisch oft wertvolle oder denkmalwerte Gebäu- dekomplexe fallen teilweise brach und stehen in vielen Städten einer Umnutzung zur Verfügung. Viele Beispiele aus ehemaligen Flusshäfen in Frankfurt, Düsseldorf, Münster bis zur HafenCity in Hamburg oder Überseestadt in Bremen zeigen die Potenziale Beusselbrücke und Attraktivität für unterschiedliche Nutzungsmischungen, die in diesen gut erschlossenen Wasserlagen bestehen. Wie könnten Anbindungen zu den benachbarten (Wohn-)Quartie- Großmarkt ren aussehen, wo sind sie lokalisiert und wie sind sie zu gestalten? „Neues Ufer“ Aufgrund der Entwicklung der expandierenden Metropole ste- hen die Landesbetriebe Berliner Großmarkt (BGM) und die Berli- ner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (BEHALA) unter ho- hem Wachstumsdruck, zusätzliche Grundstücksflächen stehen Beusselstraße jedoch nicht zur Verfügung. Aus den funktionalen, baulichen und logistischen Anforderungen der beiden Institutionen am gemein- samen Standort entstanden vielfältige Fragestellungen, die wir mit den Wettbewerbsaufgaben aufgreifen wollten. Ein besonderer Fokus in allen Fachsparten wird dabei auf den Abschnitt der Beusselstraße zu legen sein, der auf einem Damm geführt wird und dadurch eine scharfe räumliche, auch topogra- fische Trennung der beiden Areale bildet. Die hoch verkehrsbe- lastete Passage zur Autobahnanbindung bietet heute keinerlei städtische Qualität und ist geprägt von den verkehrlichen An- bindungen der beiden Betriebe nach Süden zur Stadt und nach Städtebau Landschaftsarchitektur Architektur Konstruktiver Ingenieurbau Verkehrsplanung Freie Kunst 12 13
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS Norden zur A100. In Zukunft wird auch eine Tramlinie diesen Ab- die Freilagerflächen sowie über das Tanklager. Der Westhafen als Wasser. Informationen zu den Projekten sind auf der Webseite im Großmarkt ist allein Händlern und den verarbeitenden Ge- schnitt durchqueren, die das Areal mit einer Haltestelle zusätz- trimodaler Hafenstandort in Citylage wird per Bahn über den Gü- der BEHALA zu finden. werben wie z.B. gastronomischen Betrieben vorbehalten. lich anbindet. terbahnhof, über den Wasserweg sowie über die Straße ange- Einschränkung für die Entwicklung der gewerblichen Nutzungen Die Andienung erfolgt heute nahezu ausschließlich über die dient. Vonseiten der BEHALA besteht jedoch großes Interesse an bestehen in der räumlichen Nähe zu den benachbarten Wohn- Straße, aufgrund der Liefer- und Gebindegrößen der umzuschla- GESCHICHTE DES HAFENS Erweiterungs- und Konzentrationsmöglichkeiten der Lager- und quartieren, da der Hafen rund um die Uhr in Betrieb ist und Lärm- genden Waren ist ein Transport per Schiff oder Bahn wirtschaft- Umschlagflächen im Hafengebiet, um auch in Zukunft die Ver- Zur Umgehung des stark gewundenen Unterarms der Spree zwi- emission zu Nachtzeiten nicht unterbunden werden können. Im lich nicht sinnvoll. Die Geschäftsführung der BGM verfolgt erklär- und Entsorgung einer wachsenden Metropole zu gewährleisten. schen Berlin und Spandau wurde zwischen 1848 und 1859 ein Hafengebiet sollen auch in Zukunft lediglich Mieter:innen und termaßen das Ziel, den Großmarkt nach vorne zu bringen und schiffbarer Kanal angelegt, der den Weg für die Frachtschifffahrt Im Jahr 2019 erreichten etwa 19 % der Güter den Westhafen per Nutzer:innen angesiedelt werden, die keine Nutzungskonflikte der modernste Großmarkt Europas zu werden. um etwa sechs Kilometer verkürzte. Der heute als Berlin-Span- Schiff, 42 % per Bahn und 39 % per Lkw. Bei einem Güterausgang entstehen lassen, neben Lager- und Gewerbemieter:innen könn- Mit den Händlern werden bereits Gespräche zur Neuorganisa- dauer-Schifffahrtskanal bezeichnete Wasserweg wurde nach in Höhe von knapp 2,5 Mio. Tonnen insgesamt lag der Schiffsan- ten zum Beispiel Einrichtungen für Forschung und Lehre hier ein tion der Bereiche und zum möglichen Neubau von Markthallen Planungen von Peter Joseph Lenné errichtet und verbindet die teil bei etwa 13,5 %, der Bahnanteil bei etwa 20 % und der Lkw- neues, anregendes Umfeld finden. Wohnnutzungen im Bereich geführt. Die Berliner Tafel ist als Mieterin im Großmarkt ansässig Spree (Berliner Nordhafen, heute Berliner Hauptbahnhof) mit der Anteil bei etwa 66,5 %. des Westhafens kommen voraussichtlich auch in Zukunft nicht und plant eine Bildungseinrichtung (house of food), eine gläser- Havel (nördlich der Spandauer Altstadt), die Potsdam und die in Betracht. Durch den erheblichen Ausbau des Containerterminals, der ne Manufaktur für die Verarbeitung von Lebensmitteln ist im Ge- Stadt Brandenburg/Havel durchquert und eine schiffbare Verbin- in 2021 beginnt, wird der jährliche Güterumsatz von heute ca. Zu bedenken ist weiterhin, dass die Sicherheitserfordernisse auf spräch wie auch ein Hochhaus-Neubau für die Büros der ansäs- dung zur Elbe und damit zur Nordsee eröffnet. 150.000 TEU1 auf voraussichtlich 250.000 TEU steigen. Der Aus- dem Betriebsgelände des Westhafens eine öffentliche Durchwe- sigen Händler:innen. Für die Kund:innen soll ein one-stop-shop- In den Jahren 1891/1892 wurden die Spreehaltung und das be- bau des Hafens sowie der Wasserstraßen soll bis 2024/25 erfol- gung erschweren, da zum Beispiel ungesicherte Gleistrassen zu ping-Konzept entwickelt werden, das den Einkaufsbesuch in den gleitende Kanalsystem für größere Schiffe ausgebaut. So wurde gen, um die Zuwegung für größere Schiffe zu ermöglichen. den verschiedenen Kaianlagen und zum Gefahrgutlager verlau- drei verschiedenen Bereichen vereinfacht (Fleisch — Obst/Ge- die Schleuse Plötzensee beim Bau des Großschifffahrtsweges fen. Trotz dieser Einschränkungen der öffentlichen Benutzbarkeit müse — Blumen). Zu den Nutzenden der BEHALA-Flächen gehören heute bereits Berlin-Stettin in den Jahren 1906 bis 1914 zum Anfangspunkt des möchten die Verantwortlichen gerne eine bessere Wahrnehmbar- unter anderem ein Beton- und ein Asphaltmischwerk, die durch Die Be- und Entladezeiten der Lkw auf dem Gelände müssen neuen Verkehrsweges nach Osten in den Oder-Raum. keit und höhere Bekanntheit in der Stadtgesellschaft erreichen. die großen Entwicklungsvorhaben der Stadt, insbesondere im derzeit so knapp wie möglich gehalten werden, weil nur be- „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“, sagt ein geflügeltes Wort. Für Bereich des Flughafens Tegel langfristig gut ausgelastet sind und grenzte Stau- und Parkflächen vorhanden sind. Die vorgeschrie- GESCHICHTE DES GROSSMARKTS die Entwicklung der Metropole Berlin ab 1871 ist der preiswerte auch die Ansiedlung weiterer Anbieter oder Dienstleister aus benen Pausenzeiten können die Fahrer nur im Ausnahmefall auf Massentransport auf dem Wasserweg eine der wichtigsten Vor- dem Bausektor erwarten lassen. Aufgrund der Stadtnähe und der Auch die Anfänge des Berliner Großmarkts reichen zurück in dem Gelände verbringen. aussetzungen. Per Schiff und Kahn wurde aus dem schlesischen guten verkehrlichen, trimodalen Anbindung des Hafens erwartet das 19. Jahrhundert, als der Magistrat von Berlin vierzehn gro- Dafür steht aktuell noch eine Fläche am Autobahnkreuz Funkturm Industrierevier, aber auch aus den Abbau- und Produktionsstät- die Geschäftsführung gute Chancen, ein erfolgreiches Baulogis- ße Markthallen in verschiedenen Stadtbezirken errichtete und zur Verfügung (Entfernung circa acht Kilometer über die A 100), ten des Brandenburger Umlands alles transportiert, was für Auf- tikzentrum aufzubauen. damit eine hygienische und umfassende Lebensmittel-Versor- für die allerdings bald Ersatz gefunden werden muss. bau und Wirtschaft der Großstadt benötigt wurde: Sand und gung der schnell wachsenden Bevölkerung gewährleisten woll- Im denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude (früher BEHALA- Mauerziegel, Holz und Kohle wie auch Handelsgüter und Lebens- te. Durch die Konkurrenz der etwa zeitgleich entstehenden Zu den Zielen der BGM gehört es nachhaltig zu wirtschaften, um Hauptverwaltung) sind alle Flächen an Fremdfirmen zur Büro- mittel für die rasch wachsende Bevölkerung des Berliner Bal- Kaufhäuser, durch Krieg und Weltwirtschaftskrise sowie die Zer- Klimaneutralität zu erreichen. In den verschiedenen Hallen der nutzung vermietet. Im mehrgeschossigen Getreidespeicher sind lungsgebietes. Erste Planungen für einen neuen Hafen unweit störungen des Zweiten Weltkriegs, aber auch aufgrund von Um- Mieter:innen/Nutzer:innen im Großmarkt bestehen unterschied- Archiv- und Lagerflächen an die Staatsbibliothek Preußischer der Schleuse Plötzensee gab es bereits um die Jahrhundertwen- nutzungen sind die meisten historischen Markthallen heute aus liche Wärme- und Kältebedarfe (bis zu -21 °C), die bisher jedoch Kulturbesitz und an die Zentral- und Landesbibliothek Berlin ver- de, der Bau des Berliner Westhafens begann jedoch erst im Jahr dem Stadtbild verschwunden. noch nicht gesamtheitlich betrachtet und erzeugt werden können. geben, im Zollspeicher wurden Archive der Justizverwaltung ein- 1914, ein Jahr nach der Einweihung des Berliner Osthafens spree- gerichtet. Ein Teil der zweigeschossigen Lagerhallen wurde be- Nach der Teilung Berlins ab 1949 zog die Verwaltungsgesellschaft Um den Nutzen des landeseigenen Betriebes für die Stadtgesell- aufwärts hinter der Oberbaumbrücke, beide Hafenanlagen nach reits zu Büro- und Eventflächen umgenutzt (Halle 1). Auf dem Großmarkt Berlin in den Westteil der Stadt, firmierte dort ab 1960 schaft und für die Bevölkerung langfristig sichtbar zu machen, Plänen des Berliner Stadtbaurats für Tiefbau Friedrich Krause (sei- Gelände montiert ein Turbinenhersteller sehr große, bis zu 500 als Berliner Großmarkt GmbH. und bewarb sich um einen neuen soll die öffentliche Wahrnehmbarkeit erhöht werden, zum Bei- nerzeit Ehrenmitglied des AIV). Im Jahr 1923 wurde als Betreiber- Tonnen schwere Gasturbinen, die später auf dem Wasserweg Standort. Der Neubau an der Beusselstraße wurde am 20. März spiel durch erste Kauf- oder Konsumangebote für die allgemei- gesellschaft die BEHALA (Berliner Hafen- und Lagerhaus AG) ge- transportiert werden. Im Getreidesilo wird heute Kaffee für zwei 1965 als Obst- und Gemüsegroßmarkt mit rund 30.000 qm so- ne Öffentlichkeit auf dem Betriebsgelände oder auch durch die gründet und der erste Teilbereich des Westhafens eingeweiht. In Berliner Röstereien bzw. Gastronomiebetriebe gelagert und um- wie einem Fleischgroßmarkt eröffnet. Erweitert wurde das An- Einbindung von Künstler:innen zur Gestaltung der Gebäude oder den folgenden Jahren wurde dieser zum (zeitweilig) zweitgrößten geschlagen, im Zementsilo Flugasche und andere Zuschlagstoffe gebot 1975 durch den Neubau der Deutschen See, 1987 um eine des Außenbereichs an der Beusselstraße. Binnenhafen Deutschlands ausgebaut. Die historischen Hafen- für einen Betonhersteller. weitere Obst- und Gemüsehalle mit 11.000 qm, 2010 schließlich anlagen, die imposanten Speicher-, Lager- und Verwaltungsge- um den Blumengroßmarkt mit 12.000 qm Verkaufsfläche. bäude der Architekten Richard Wolffenstein und Wilhelm Cremer Zu den Zielen der BEHALA gehört der Aufbau einer Grünen Ha- stehen heute unter Denkmalschutz. Das Hafenfest zum 100. Ge- fenlogistik, also nachhaltig zu planen, zu bauen und zu wirtschaf- ten, um Klimaneutralität zu erreichen. Dazu gehört auch die Er- PERSPEKTIVEN DES GROSSMARKTS burtstag ist für das Jahr 2023 vorgesehen. probung neuer Antriebssysteme. Als Logistikdienstleisterin be- Der Gesamtumschlag des Berliner Großmarktes (BGM) beträgt PERSPEKTIVEN DES HAFENS treibt die BEHALA eine Fahrzeugflotte, demnächst auch das derzeit rund 600.000 Tonnen pro Jahr, davon sind rund 220.000 weltweit erste emissionsfreie Schubboot Elektra mit Brennstoff- Tonnen Obst und Gemüse. Das Einzugsgebiet des Frischezent- Im Bereich des Hafengeländes stehen knapp 300.000 qm Frei- zellenantrieb und beteiligt sich an Forschungsprojekten zur Ent- rums Berlin bedient rund sechs Millionen Menschen und umfasst lagerfläche zur Verfügung, die derzeit zu etwa 80 % vermietet wicklung von Mikrodepots und zur Schwarm-Mobilität auf dem die Metropolregion Berlin-Brandenburg sowie weitere Bereiche sind, zusätzlich etwa 120.000 qm gedeckter Lagerraum. Die Um- darüber hinaus bis nach Mecklenburg-Vorpommern. Der Einkauf schlagleistung des Hafens erfolgt über das Containerterminal, 1 Die internationale Abkürzung TEU steht für Zwanzig-Fuß-Standardcontainer. 14 15
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 SCHINKELPREIS LISTE DER PREISTRÄGER:INNEN STÄDTEBAU 1000 € 1000 € 3000 € 2. GROSSWEST- 1000 € ANERKENNUNG ANERKENNUNG 1. DIESING-PREIS AREAL SONDERPREIS 3000 € Gestiftet von Heinz Die- Jonathan Schmalöer Gestiftet von der SCHINKELPREIS WEICHE SCHALE, BRÜCKE DER DREI sing über die Karl-Fried- RWTH Aachen Baukammer Berlin HARTER KERN Stephanie Hansen rich-Schinkel-Stiftung Conrad Risch DRÜBER UND DRUNTER Benedict Hofmann Beuth-Hochschule des AIV zu Berlin RWTH Aachen WEITBLICK — BOGEN Jonathan Hertling HTWG Konstanz für Technik Berlin Anna Kuretzky AM WESTHAFEN BTU Cottbus-Senftenberg Isabel Ohorn Tim Keller DOCK OF BERLIN RWTH Aachen Paul Merz Arne Markuske HTWG Konstanz Beuth-Hochschule Johanna Kuder Jonas Läufer TU Berlin BTU Cottbus-Senftenberg Simon Denkinger für Technik Berlin HTWG Konstanz TU München Niklas Petersen Robert Ritzel HTWG Konstanz Judith Blatter TTU Berlin TU Berlin HTWG Konstanz Sofia Moissiadis 1000 € 1500 € Katharina Straub TU Berlin 1000 € ANERKENNUNG HTWG Konstanz SONDERPREIS 2500 € ANERKENNUNG Gestiftet vom Verein Res- REISESTIPENDIUM STADT-OUVERTURE EATUCATION Tobias Grünewald 2000 € taurator im Handwerk e.V. FREIE KUNST Gestiftet von der Hans-Jo- Mona Ebelt TU Berlin 2. DIESING-PREIS BAUKREIS achim-Pysall-Stiftung 1000 € TH Köln Lorenza Manfredi Gestiftet von Heinz Die- René Dapperger DRÜBER UND DRUNTER Politecnico di Milano (IT) ANERKENNUNG sing über die Karl-Fried- Universität Stuttgart Jonathan Hertling Jannis Schiefer rich-Schinkel-Stiftung Felix Hauff DAS TAU BTU Cottbus-Senftenberg LANDSCHAFTS- Universität Kassel des AIV zu Berlin Universität Stuttgart Mario Francesco Lindner Arne Markuske ARCHITEKTUR BTU Cottbus BTU Cottbus-Senftenberg INKORE BERLIN Robert Ritzel 3000 € ARCHITEKTUR Cornelius Menzel KONSTRUKTIVER TU Berlin SCHINKELPREIS TU Berlin INGENIEURBAU 3000 € TERRA FLUIDA SCHINKELPREIS 2000 € 1000 € Magnus Hehlke 1000 € ANERKENNUNG University of Copenhagen BAUKREIS 3. DIESING-PREIS SONDERPREIS René Dapperger Gestiftet vom Verband großMARKT großSTADT Marcel Tröger (PRO ARBEIT) Universität Stuttgart Beratender Ingenieure Jan Oliver Dröge-Rothaar TU Berlin Gestiftet von Heinz Die- Felix Hauff sing über die Karl-Fried- TU Dortmund GROSSWEST-AREAL Universität Stuttgart rich-Schinkel-Stiftung Jonathan Schmalöer des AIV zu Berlin RWTH Aachen Conrad Risch 1. BERLIN BETWEEN RWTH Aachen GREEN Anna Kuretzky Michelle Kaszas RWTH Aachen HTWG Konstanz Jonas Läufer Tanyel Yelkenkayalar TU München HTWG Konstanz 16 17
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 AUFGABENSTELLUNG STÄDTEBAU WIE WOLLEN WIR ESSEN, KAUFEN, KONSUMIEREN? bau ab: Wie kann der Berliner Großmarkt trotz seiner räumlichen An der Nord- und Südseite der beiden großen Hallen erfolgt die hin zum Verkauf an Endverbraucher:innen (Stichwort One-Stop- Schranken zu einem Ort werden, an dem die Verteilungs- und Er- Anlieferung (Rampen), jeweils an der Ost- und Westseite liegen Shopping) und gastronomische Angebote vorzuschlagen. Au- Essen ist Lifestyle, Essen ist Kultur. Essen steht für Gemein- nährungsfragen der Zukunft diskutiert werden? die Parkplätze der Kund:innen und Mitarbeitenden. Die Erschlie- ßerdem sind für die mit der Warenlagerung und dem -umschlag schaft und Geselligkeit. Der Hunger der Großstadt steigt mit ßung und Orientierung der Marktflächen innerhalb der Hallen fol- beschäftigten Personen Angebote zu entwickeln, z.B. Beher- der Anzahl ihrer Einwohner:innen und der zunehmenden Kon- Es soll ein öffentlicher Ort entstehen, der die Wahrnehmung der gen diesem Schema. Die Handelsware wird überwiegend mit Ga- bergungsmöglichkeiten für Lkw-Fahrer:innen, attraktive Auf- kurrenz ihrer Versorger:innen. Die Ernährungsfrage unserer und Berliner:innen für diese Fragen und ihre Identifikation mit dem belstaplern bewegt, auf den Erschließungsachsen herrscht re- enthaltsbereiche am Kanal usw. Als zusätzliche, mit dem Groß- auch zukünftiger Generationen ist jedoch im Wesentlichen eine Ort durch eine innovative Nutzungsmischung stärkt. Der Groß- ger Verkehr. Ein Ring von Büroräumen umgibt die beiden Hallen markt verträgliche Nutzungen sind auch Flächen für Sport und Verteilungsfrage. Sie steht in diesem Sinne dem globalen Hun- markt soll zumindest teilweise zu einem Ort werden, der nicht al- im Obergeschoss. Der Berliner Großmarkt geht davon aus, dass Freizeit vorstellbar. ger nach mehr und nach höher, schneller, weiter konträr gegen- lein den Handel- und Gewerbetreibenden vorbehalten ist, son- der Umschlag nur auf einer Ebene, d.h. erdgeschossig organisiert über. Doch wie ist diese komplexe Interessenlage der Politik, In- dern auch für die breite Öffentlichkeit. Es sollen Räume entste- Auf dem östlich gelegenen Eingangsbereich des Großmarktes ist werden kann. Allerdings ist die Großmarkt GmbH offen für andere dustrie und der Verbraucher:innen mit der globalen Verteilungs- hen für Bildung, Freizeit und Kultur. im Zuge der städtebaulichen Neuordnung eine neue öffentliche Denkansätze und daher neugierig auf die Wettbewerbsergebnisse. problematik zu vereinbaren? Markthalle zu integrieren, hierfür kann das System der bestehen- DIE SITUATION Vom Berliner Großmarkt werden nachts die Berliner Restaurants den Hallen neu geordnet werden. Bei der Verortung der neuen Seit geraumer Zeit ist in Deutschland eine Trendumkehr in Verbin- und Kantinen, die Wochenmärkte und die kleinen und größeren Halle ist sicherzustellen, dass die öffentliche Erreichbarkeit von dung mit einem höheren Bewusstsein der Verbraucher:innen zu Wie kann sich der Großmarkt als wichtige Berliner Infrastruk- Gemüseläden mit sowohl regionalen Frischwaren wie internati- der Beusselbrücke gegeben ist, ohne dass die Abläufe im System beobachten, welche Lebensmittel auf den Tisch kommen sollen tur unter den neuen Tendenzen der Nachverdichtung und Nut- onalen Waren und Spezialitäten beliefert. Der Warenumschlag beeinträchtigt werden. Die Markthalle soll einen Einblick in den und woher. Regionalität scheint Trumpf und gilt als Lösungsansatz zungsmischung sowie der Weiterentwicklung von Logistik ein beläuft sich auf 580.000 Tonnen und einen Umsatz von rund faszinierenden Betrieb des Großmarkts möglich machen, z.B. für jene Verteilungsproblematik. Doch ist dieser Ansatz noch nicht Stück weit öffnen: Wären Mehrfachnutzungen denkbar? Wo er- 1 Milliarde Euro pro Jahr. Die großen Lebensmittelketten haben durch den Verkauf an Endverbraucher:innen und Gastronomie ganz reif für die Versorgung der großen Masse der Bevölkerung. geben sich Ansatzpunkte zu umliegenden Quartieren? Gibt es dagegen ihre eigenen Logistikzentren. Von den Wettbewerbs- oder die Zusammenziehung des bisher auf dem Gelände verteil- Win-Win-Situationen als Ansätze? Welche Nutzungen und wel- Die Verteilungsfrage ist folglich nicht ausschließlich eine Frage teilnehmenden werden Vorschläge erwartet, welche Nutzungs- ten produzierenden Kleingewerbes (Käserei, Rösterei etc.) mit che Umnutzungen sind denkbar? der globalen und sozialen Gerechtigkeit. Denn es gibt auch eine mischungen an welchen Stellen möglich wären und wie diese der Möglichkeit zum Direktvertrieb. technische Komponente: Wie kommen Waren und Nahrungs- Für das Großmarkt Gelände bedeutet der Flächenmangel eine städtebaulich gestaltet werden können. Neben der neuen öffentlichen Markthalle ist als thematische und mittel überhaupt von A nach B? Für Berlin spielt der Großmarkt große Herausforderung, da die Abläufe vor Ort logistisch gesehen bauliche Ergänzung das House of Food, ein zukunftsorientiertes dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Er profitiert von sei- in der Horizontalen durchgeführt werden müssen. Ein Stapeln von AUFGABE Multifunktionsgebäude mit Räumen für die Vermittlung und For- ner zentralen Lage, die es ermöglicht, die Warenversorgung Ber- Abläufen ist ebenso wenig möglich, wie die meisten andersartigen In der Fachsparte Städtebau liegt der Fokus auf dem Großmarkt schung von Themenstellungen rund um die Ernährung zu pla- lins auf ressourcenschonende Weise zu sichern, wie kaum in ei- Nutzungen aufgrund entsprechender Emissionen auf dem Ge- zwischen der Beusselstraße im Osten und dem Verbindungska- nen. Das Gebäude sollte in der Nähe der neuen Markthalle im öf- ner anderen Stadt. Der Großmarkt versorgt zahlreiche Gastro- lände. Flächeneffizienz ist ein Thema, für das sich die Großmarkt nal im Westen. Ausgehend von den zwei zu erhaltenden Hallen fentlich zugänglichen Bereich des Großmarktes angeordnet sein nom:innen und Einzelhändler:innen mit täglich frischen Waren GmbH neue Impulse durch den Schinkelwettbewerb erhofft. und Funktionen des Großmarktes (Halle 17: Frischmarkt/Frucht- und kann aus Platzgründen auch in einer zweiten Ebene ange- und Lebensmitteln. Auch Unternehmer:innen aus dem branden- hof und Halle 30: sogenannte Fleischhalle) besteht die Aufgabe ordnet bzw. gestapelt werden. Die Kubatur und Architektur die- burgischen Umland gehören aufgrund der günstigen Anbindung ZUR DERZEITIGEN BAULICHEN SITUATION DES BERLI- in der Erarbeitung eines schlüssigen städtebaulichen Konzeptes, ses neuen Gebäudes kann auch im Sinne eines Leuchtturmpro- an das überregionale Autobahnnetz zu seinen Kund:innen. NER GROSSMARKTES (BGM) das diese Ankerfunktionen neu organisiert und sie um innova- jektes für die verbesserte Außendarstellung und stadträumliche Die Aufgabenstellung der Fachsparte Städtebau thematisiert da- Besucher:innen sind in der Regel sehr beeindruckt von der tive gewerbliche Nutzungen im Umfeld ergänzt. Dies setzt pro- Wahrnehmung des Großmarktes dienen. her in diesem Jahr zum einen die Frage, inwiefern auf dem Ge- räumlichen und konstruktiven Qualität der beiden vorhande- grammatisch eine Auseinandersetzung zum einen mit den be- Zur stärkeren Anbindung des Großmarktes an den Westhafen lände des Berliner Großmarktes Antworten auf die Verteilungs- nen Großmarkthallen1. Durch die Sheddächer ist die Belich- trieblichen und logistischen Abläufen des Großmarktes, zum an- kann ggf. die Dreiecksfläche östlich der Beusselstraße bis zum frage von Waren und Lebensmitteln entwickelt werden können. tung der einzelnen Bereiche trotz der Größe der beiden Hallen deren mit Themen der Lebensmittelproduktion und -versorgung Hafenbecken 1 (Wettbewerbsgebiet der Fachsparte Architek- Zum anderen handelt es sich beim Berliner Großmarkt um eine ausgezeichnet. Bei beiden Sheddachhallen kommt hinsichtlich im städtischen Kontext voraus. Hier wird an das Thema der pro- tur) in die Betrachtung und Planung mit hinzugenommen wer- städtebaulich sehr kompakte Einheit, mit einem hohen Bedarf an des Brandschutzes der Bestandsschutz zum Tragen. Daher kön- duktiven Stadt angeknüpft, zugleich sind Möglichkeiten zur Effi- den. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Bereich um das tech- Verkehrsflächen für die logistische Umsetzung ihres Funktions- nen keine großen Veränderungen an den Hallen vorgenommen zienzsteigerung in der Flächennutzung, z.B. durch eine Vertika- nische Bauwerk der Beusselbrücke mit seinen zahlreichen Aus- programms. In Verbindung mit seiner geografischen Insellage, werden. Eine zusammenhängende nutzbare Fläche von über lisierung, zu untersuchen und aufzuzeigen. Dabei sind Ideen zu und Abfahrten und komplexen Höhenlagen. Der Entwurf soll hier sind räumliche Wachstumspotenziale nur eingeschränkt, bzw. im 20.000 qm stellt sich unter heutigen Genehmigungsaspekten neuen, emissionsarmen Formen des Verkehrs und Transportes die stadträumlichen Bezüge verbessern und diese Schnittstelle Osten des Areals entlang der Beusselstraße möglich. Somit spielt als problematisch dar. der Zukunft zu entwickeln. mit der Öffentlichkeit insbesondere im Bereich des Großmarktes neben der Verteilungsfrage die Herausforderung des Flächen- In Erweiterung der „klassischen“ Nutzung des Großmarktes sind städtebaulich neu ordnen. verbrauchs einen Schwerpunkt der Aufgabenstellung. Aus dieser 1 Halle 17, Frischmarkt/Fruchthof und Halle 30, sog. Fleischhalle - siehe dazu Anhang neue Formen der Lebensmittelproduktion und -vermarktung bis Verbindung leitet sich die Kernfrage in der Fachsparte Städte- S_1-1_ Uebersicht-BGM 18 19
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 STÄDTEBAU SCHINKELPREIS, REISESTIPENDIUM DRÜBER UND DRUNTER VON SCHICHT ZU SCHICHT JONATHAN HERTLING, ARNE MARKUSKE, ROBERT RITZEL REISESTIPENDIUM GESTIFTET VON DER Städtebaulicher Entwurf. Das Kreuz als zentrales Element des Großmarktes und Verbinder HANS-JOACHIM-PYSALL-STIFTUNG zwischen Park, Forum, neuer Markthalle und den umliegenden Quartieren. Der Entwurf schlägt eine vertikale Schichtung des Entwurfsge- bietes vor, indem die bestehenden Nutzungen des Großmarktes auf der unteren Ebene erhalten bleiben und darüber neue Nut- zungen flexibel entwickelt werden können. Die öffentliche Er- schließung der +1-Ebene erfolgt über Hochstege, die das bislang isolierte Areal mit den vier umliegenden Gebieten über die be- stehenden räumlichen Barrieren hinweg vernetzen. Der Vorschlag, unterhalb der Hochstege ein neues Warenver- teilsystem zu entwickeln, welches den Großmarkt an alle vor- handenen Verkehrssysteme anschließt und den Schlüssel für die räumliche Neuordnung bildet, wird von der Jury als innovativer und integrierter Ansatz gewürdigt. Mit dem House of Food wird am Kreuzungspunkt der Stege un- ter geschickter räumlicher Einbeziehung der vorhandenen Hal- le des Fruchthofes sowie der Fleischhalle ein neuer zentraler Be- reich für den Großmarkt geschaffen. Die Markthalle bildet durch ihren direkten Zugang von der Beus- selstraße und ihre besondere architektonische Ausformulierung eine neue Visitenkarte für den Großmarkt. Der öffentlich begeh- bare Sockel, auf dem die Markthalle steht und welcher den Hö- henunterschied zwischen Beusselstraße und dem Niveau des Großmarkts vermittelt, wird in der Jury kontrovers diskutiert. Die Arbeit überzeugt mit einer robusten orthogonalen Grund- struktur, in die neue Großmarkthallen flexibel angeordnet wer- den. Durch die Platzierung von Hochhäusern auf den neuen Hal- len, kann das Areal künftig dichter und funktional gemischt ent- wickelt werden. Die effiziente Neuorganisation des Großmarktes erlaubt im Wes- ten die Schaffung eines Parks als attraktiven öffentlichen Raum am Ende eines neu angelegten Uferwegs. Bernhard Heitele 21
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 STÄDTEBAU SCHINKELPREIS, REISESTIPENDIUM ERLÄUTERUNG DER VERFASSER:INNEN Der Großmarkt wird Stadtraum: Seine neuen Schichten schaf- fen einen Ort für Handel, lokale Produktion, Bildung, Forschung und städtisches Leben. Ein vollautomatisches Warenverteilsys- tem ermöglicht eine flächeneffiziente, ökologische und multimo- dale Reorganisation. Hochstege tragen flanierende Besucher:in- nen über die Dächer des Großmarktes, erschließen die öffentlich nutzbaren Hallendächer sowie den Park am Neuen Ufer und ver- netzen das Areal mit der näheren wie ferneren Umgebung. Im Zentrum der städtebaulichen Reorganisation steht das Kreuz aus Hochstegen. Dieses Kreuz ermöglicht es dem Großmarkt, Das Warenverteilsystem (WVS) - Transport der Container seine stadträumliche Isolation zu überwinden und zu einem wichtigen Baustein im Stadtgefüge zu werden. Ein zentraler Im- puls hierfür ist die neue Radschnellwegeverbindung, welche auf dem Hochsteg in Nord-Süd-Richtung über den Großmarkt hin- weg die TU Berlin mit der Urban Tech Republic (UTR) verbindet. Weiterhin dienen die Hochstege der öffentlichen Erschließung des Großmarktes und seiner begehbaren Dächer, welche als neuer Stadtraum vielseitige gemeinschaftliche Nutzungen, wie Sport, Erholung, Austausch, Urban Gardening ermöglichen. Am zentralen Schnittpunkt des Kreuzes liegt das Forum. Dort gelangen Besucher:innen von den Hochstegen auf die unte- re Schicht des Großmarktes und kommen direkt mit dem bun- ten Treiben und den Händler:innen auf dem Großmarkt in Berüh- Nutzungsuhr rung. Hier, im Herzen des Großmarktes, befindet sich das House of Food, ein Ort der Bildung und des Austausches über die The- Defizit-Potenzial-Plan mit räumlichem Leitbild. men städtischer Nahrungsmittelproduktion und Ernährung. Entlang der zur attraktiven Stadtstraße umgebauten Beussel- straße lockt das gleichnamige Quartier mit vielseitigen Nutzun- gen wie der neuen öffentlichen Markthalle. Diese dient tagsüber als Schaufenster und Verkaufsort für die Produkte des Großmark- tes und abends als Veranstaltungsort. Wenige Meter entfernt er- möglicht der Westhafenblick die Aussicht auf die historischen Hafenanlagen. Zusammen mit dem Park am Neuen Ufer aktivie- ren so zwei attraktive Orte das Potenzial der Wasserlage, verbun- den durch den Ost-West-Hochsteg sowie den neuen Uferweg entlang des Westhafenkanals. Die Doppelfunktion des Kreuzes wird bei einem Blick auf die Un- terseite der Hochstege deutlich. Das dort verlaufende Warenver- teilsystem (WVS) ermöglicht eine neue Form der internen Logis- tik. Angeschlossen an alle verfügbaren Verkehrsträger spielen so auch Bahn und Binnenschiff der Zukunft eine wichtige Rolle in der Zulieferung. Um den Lkw-Verkehr auf dem gesamten Gelän- de größtenteils überflüssig zu machen, liefert das WVS die Ware für die Abnehmer:innen direkt unter den Deckel des Quartiers Beusselstraße. So müssen weder Zulieferer noch Kunden mit ih- ren Fahrzeugen direkt auf das Großmarktgelände fahren und es werden Flächen für Verdichtung, zusätzliche Nutzungen und Maßnahmenplan: Defizite beheben, Potenziale Die Schichten des neuen Großmarktes: Entsiegelung frei. ausschöpfen, Perspektiven eröffnen. Nutzungsvielfalt statt Monofunktionalität. 22 23
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 STÄDTEBAU SCHINKELPREIS, REISESTIPENDIUM Gestaltungsplan Markthalle Perspektive Park Neues Ufer Vogelperspektive Gesamtgebiet Perspektive Forum Gestaltungsplan Park Neues Ufer Perspektive Markthalle Gestaltungsplan Forum Schnitt Markthalle 24 25
AIV-FORUM AIV-SCHINKEL-WETTBEWERB 2021 2-2021 STÄDTEBAU 3. DIESING-PREIS ARCHITEKTUR UND SONDERPREIS GROSSWEST-AREAL JONATHAN SCHMALÖER, CONRAD RISCH, Städtebaulicher Rahmenplan mit ANNA KURETZKY, JONAS LÄUFER Großmarkt, Westhafen und Uferlandschaft 3. DIESING-PREIS GESTIFTET VON HEINZ DIESING ÜBER DIE KARL-FRIEDRICH-SCHINKEL-STIFTUNG DES AIV ZU BERLIN SONDERPREIS GESTIFTET VOM VERBAND BERATENDER INGENIEURE Die Verfasser:innen schlagen eine über das gesamte Gebiet vom Westhafen bis zur Südwest-Spitze des Großmarktareals reichen- de Umgestaltung vor, welche als „Utopie der Zukunft“ für das Jahr 2035 bezeichnet wird. Die städtebauliche markante und mehrschichtige Bebauung denkt das Konzept der Stadt sowie die verbindenden Verkehrs- beziehungen neu. Der Pkw existiert in dieser Vision Berlins nicht mehr. Hervorstechender Ausdruck dieser Denkweise ist der Wegfall der alten Beusselbrücke und die Verortung einer neuen, nur für ein Schienensystem, Fußgänger und Radfahrer genutz- ten Brücke im südlichen Bereich des Wettbewerbsgebietes. Ein Schienensystem verbindet alle im neu gestalteten Gebiet veror- teten Nutzungen und bindet das Grosswest-Areal an die Stadt an. Zusätzlich wird eine parallel zur westlichen Bahntrasse (von Norden nach Süden) durch das gesamte Gebiet führende Fahr- radstraße ergänzt, welche als lange Magistrale einen Anschluss an die Tram-, S-Bahn- und das Fahrradnetz der Stadt findet. Das INKORE-Zentrum mit integriertem, automatisiertem High- Tech-Lager wird um die beiden Brückenköpfe herum entwickelt. Der gesamte Waren- und Gütertransport mit den zugehörigen Verarbeitungs-, Forschungs- und Lagerflächen wird kompakt und zu großen Teilen auf der Ebene 1 — ein Geschoss unter dem derzeitigen Niveau der Beusselstraße — abgewickelt und viel- schichtig an die Umgebung angebunden. Im zentralen Gesamt- komplex integriert finden sich weitere Nutzungsvorschläge, wel- che den Diversitätsgedanken der Arbeit weitertragen. Kultur, Bildung, Arbeit, Sport, ein Wochenmarkt und Freizeitaktivitäten sind nur einige der vielfältigen Angebote des Konzeptes. Insgesamt stellt die Arbeit einen Beitrag dar, welcher nicht pri- mär durch seine einzelnen Elemente, sondern vielmehr durch die komplexe Verknüpfung einzelner, sehr detailliert durchgearbei- teter Bausteine und Systeme zu einer vielschichtigen Gesamt- struktur sowie die innovative Einbindung neuartiger Konzepte und Ideen einen wertvollen Beitrag zum Wettbewerb leistet. Ob die Stadt Berlin hierfür im Jahr 2035 bereit ist, wird die Zu- kunft zeigen. Fabrice Tesch, Jury 26 27
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