Aktionsprogramm Cloud Computing - Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik

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Aktionsprogramm Cloud Computing - Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
Innovationspolitik, Informationsgesellschaft, Telekommunikation

Aktionsprogramm
Cloud Computing
Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik

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Aktionsprogramm Cloud Computing - Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
Redaktion
Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie (BMWi)

Gestaltung und Produktion
PRpetuum GmbH, München

Bildnachweis
Sebastian Blunk – DLR (Titel), Nmedia – Fotolia (S. 8), Joachim
Wendler – Fotolia (S. 9), Vladislav Kochelaevs – Fotolia (S. 10),
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Nmedia – Fotolia (S. 19) SyB – Fotolia (S. 22), Marzky Ragsac Jr. –
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Fotolia (S. 27), Christian Stoll – Fotolia (S. 29), Sebastian Blunk –
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Druck
Silber Druck oHG, Niestetal

Herausgeber                                                             Das Bundesministerium für Wirtschaft und
Bundesministerium für Wirtschaft                                        Technologie ist mit dem audit berufundfamilie®
und Technologie (BMWi)                                                  für seine familienfreundliche Personalpolitik
Öffentlichkeitsarbeit/L2                                                ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von
10115 Berlin                                                            der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der
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Stand
Oktober 2010
Aktionsprogramm Cloud Computing - Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
Innovationspolitik, Informationsgesellschaft, Telekommunikation

Aktionsprogramm
Cloud Computing
Eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
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Inhalt

Grußworte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

1.            Einleitung . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8

2.            Was ist Cloud Computing? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 10

              2.1 Welche Vorteile und Chancen bringt Cloud Computing? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

              2.2 Welche Herausforderungen gibt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3.            Was sind unsere Ziele und Zielgruppen?  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15

              3.1 Ziele und Akteure des Cloud Computing-Aktionsprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

              3.2 Zielgruppen des Cloud Computing-Aktionsprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

                      3.2.1           Anwender von Cloud Computing  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

                      3.2.2           Anbieter von Cloud Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4.            Wo stehen wir? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19

              4.1 Relevanz und zukünftige Bedeutung von Cloud Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

                      4.1.1           In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

                      4.1.2           Innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

                      4.1.3           International . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

              4.2 Aktuelle Aktivitäten von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

                      4.2.1           Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

                      4.2.2           Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

                      4.2.3           Aktivitäten der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
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5.   Wo wollen wir hin? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 30

     5.1 Handlungsfeld 1 – Innovations- und Marktpotenziale erschließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

            5.1.1         Anwendungsszenarien für mittelständische Unternehmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

            5.1.2         Anwendungsszenarien für den öffentlichen Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

     5.2 Handlungsfeld 2 – Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen . . . . . . . . . . . . . . . 33

            5.2.1         Sicherheit und rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

            5.2.2         Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

            5.2.3         Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

     5.3 Handlungsfeld 3 – Internationale Entwicklungen mitgestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

            5.3.1         Europäische Wirtschafts- und Technologiepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

            5.3.2         Standardisierung und Interoperabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

            5.3.3         Internationaler Rechtsrahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

     5.4 Handlungsfeld 4 – Orientierungswissen geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

            5.4.1         Leitfäden für Anwender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

            5.4.2         Web-Portale  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

            5.4.3         Broschüren und Studien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

            5.4.4         Veranstaltungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
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    Grußworte

    Das Internet eröffnet in allen Bereichen völlig neue
    Möglichkeiten. Das gilt in besonderem Maße auch für
    die Wirtschaft. Unternehmen vernetzen sich immer
    stärker – intern und über Unternehmensgrenzen hin-
    weg – und wickeln zunehmend Anwendungen über
    digitale Netze ab. Informations- und Kommunikations-
    technologien sind ein wichtiger Antrieb für Neuerun-
    gen in Produktion und Dienstleistung. Je komplexer
    diese IT-Strukturen werden, desto wichtiger ist es,
    das Management und den Betrieb der IT-Ressourcen
    in den Unternehmen zu verbessern.

        Cloud Computing kann dabei helfen. Cloud Com-
    puting ist eine echte Revolution und leistet einen
    wichtigen Beitrag, um der rasant zunehmenden Zahl        gen sich, welchen Angeboten sie vertrauen und wo-
    von Geräten und Internetanschlüssen besser gerecht       hin sie Daten oder deren Verarbeitung sicher ausla-
    zu werden. Dieser dynamische Ansatz hilft dabei, er-     gern können. Ein kaum überschaubares Angebot,
    hebliche Effektivitätsvorteile und Qualitätsverbesse-    ständige Neuerungen, ungenügende Standardisie-
    rungen zu erzielen und Lösungen für neue Heraus-         rung und komplizierte Geschäftsmodelle erschweren
    forderungen zu finden. Unternehmen können vor            oftmals die Entscheidungsfindung.
    allem deutlich flexibler reagieren, wenn es darum
    geht, welche IT-Leistungen sie wann und wo benöti-            Genau hier setzt der Technologiewettbewerb
    gen. Das hilft den Unternehmen und stärkt damit den      „Trusted Cloud“ des Bundesministeriums für Wirt-
    Wirtschaftsstandort Deutschland. Insbesondere für        schaft und Technologie an. Wir leisten damit einen
    den Mittelstand, der mit rund 70 Prozent der Arbeits-    wichtigen Beitrag, Nutzbarkeit und Akzeptanz von
    plätze für Wachstum, Beschäftigung und Ausbildung        Cloud-Technologien durch überzeugende Anwen-
    von entscheidender Bedeutung ist, bietet Cloud           dungsbeispiele deutlich zu erhöhen. Bei Themen wie
    Computing ganz neue Möglichkeiten. Kleinere und          Datenschutz, Interoperabilität und Sicherheit wollen
    mittlere Unternehmen können dadurch von einem            wir traditionelle Standortstärken deutscher IT-An-
    deutlich professionelleren IT-Betrieb profitieren. Sie   bieter in die Entwicklung von Cloud Computing in
    können künftig Technologien nutzen, die bislang nur      Deutschland als Markenzeichen einbringen und so
    den Großunternehmen vorbehalten waren.                   das Vertrauen in diese Technologie stärken.

         Das Bundesministerium für Wirtschaft und Tech-          Mit dem Cloud Computing-Aktionsprogramm
    nologie begrüßt deshalb die gemeinsame Initiative        schaffen wir ein offenes Netzwerk, das sich als Weg-
    von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, die Entwick-   bereiter für einen innovativen und international
    lung, Verbreitung und Nutzung von Cloud Computing        wettbewerbsfähigen Cloud Computing-Standort
    in Deutschland zu fördern. Das vorliegende Aktions-      Deutschland versteht. Informieren Sie sich über Cloud
    programm beschreibt Zukunftschancen und zeigt            Computing und beteiligen Sie sich am Aktionspro-
    auch die Herausforderungen auf. Gemeinsam wer-           gramm. Die Initiative steht allen offen, die die
    den diese Herausforderungen jetzt angegangen, um         Potenziale von Cloud Computing für Deutschland
    möglichst große Potenziale des Cloud Computings          besser erschließen wollen. Nutzen Sie diese Chance!
    für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erschlie-
    ßen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der
    Stärkung von Sicherheit und Vertrauen im Cloud
    Computing. Vor allem kleinere Anwenderunterneh-
    men, die nicht selbst aus dem IT-Bereich kommen,
    haben noch Hemmschwellen, Software oder Hard-            Rainer Brüderle
    ware in der „Wolke“ des Internets zu nutzen. Sie fra-    Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
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Cloud Computing leitet einen grundsätzlichen
Richtungswechsel im Angebot und Einsatz von IT ein.
Viele IT-Leistungen, die bislang individuell für einzel-
ne Kunden gefertigt wurden, werden künftig in stan-
dardisierter Form aus dem Netz bezogen. Für die
Nutzer bieten Cloud Services einen Weg, ihre Hand­
lungsfähigkeit im globalen Wettbewerb zu steigern
und auch die Kosten zu senken. Viele Unternehmen
sammeln gegenwärtig erste Erfahrungen im Einsatz
von Cloud Services. Sie wollen Cloud Computing brei-
ter einsetzen, wenn ihre hohen Anforderungen an
Datenschutz, Informationssicherheit und Integra­
tionsfähigkeit mit den vorhandenen IT-Systemen
erfüllt werden.

     Cloud Computing eröffnet ganz neue Chancen,
für einzelne Unternehmen wie für den Standort
Deutschland. Um diese Chancen zu ergreifen, müssen
Industrie – Anbieter wie Anwender –, Politik und
Wissenschaft zügig und gemeinsam handeln. Das
Aktionsprogramm des Bundeswirtschaftsminis­
teriums schafft dafür eine geeignete Grundlage.
Der BITKOM bringt seine Projekte in das Aktions­-
pro­gramm mit dem Ziel ein, zur Entwicklung einer
wettbewerbsfähigen Industrie für Cloud Services
am Standort Deutschland beizutragen.

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. August-Wilhelm Scheer
Präsident BITKOM e.V.
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6      Grußworte

    Der Einsatz zukunftsfähiger Technologien sichert die
    Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und
    damit den Wirtschaftsstandort Deutschland. Cloud
    Computing ist eine zukunftsweisende Technologie
    mit großem Entwicklungspotenzial. Durch Cloud
    Computing können Unternehmen Speicher­kapa­zi­
    täten, Rechenleistungen und Programme flexibel
    skalieren oder über das Internet kombinieren und
    nutzen.

         Damit diese Technologie ihr Potenzial entfalten
    kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt wer-
    den. Wichtig ist neben der flächendeckenden Ver­
    sorgung mit breitbandiger IT-Infrastruktur auch die
    Gewährleistung der Rechts- und Datensicherheit für
    Anwender. Die deutschen IT-Anwender und die
    IT-Industrie sollten mit ihren Stärken punkten. Dazu
    gehören Zuverlässigkeit, Sicherheit und Datenschutz.
    Es geht dabei auch um die Weiterentwicklung der
    rechtlichen Rahmenbedingungen, vertragliche As­­pek­­te,
    Haftungsfragen und die Gewährleistungen des Daten­
    schutzes.

         Das CIOcolloquium, das mehr als zwei Millionen
    Anwender in großen deutschen Unternehmen reprä-
    sentiert, unterstützt das Aktionsprogramm Cloud
    Computing zusammen mit dem CIO-Circle und möch­­­
    te diese Technologie in Deutschland vorantreiben
    und durch entsprechende Lösungsangebote unter­­
    stützen.

    Dr. Thomas Endres
    Präsident CIOcolloquium
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Cloud Computing verändert die Nutzung und Bereit­
stellung von IT-Ressourcen und IT-Dienstleistungen.
Für Anbieter und Anwender ergeben sich Vorteile
hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Qualitätsverbes­se­
rung, Flexibilität und zukunftsweisender Geschäfts­
modelle. Das neue IT-Paradigma stellt die Unter­neh­
men aber auch vor strategische und technologische
Herausforderungen. Aus technologischer Pers­pektive
gilt es, die Gewährleistung der Verfüg­barkeit, die
softwaretechnische Entwicklung von IT-Diensten, die
Überwachung und Steuerung von Lösungen so­­wie
Fragestellungen der Integration und Betriebs­kosten­
kalkulation zu berücksichtigen.

     Das zentrale Ziel auf strategischer Ebene ist, die
Kunden von der Datensicherheit zu überzeugen.
Weitere wichtige Herausforderungen liegen im
Bereich der Kundenakquisition und -bindung, der
Geschäftsmodelle und der richtigen Einschätzung
der Marktentwicklung. Die Forschung erarbeitet
Lösungen und bündelt Kompetenzen, wie z. B. in der
Fraunhofer-Allianz Cloud Computing, um Unterneh­
men bei der Lösung dieser Aufgaben zu unterstützen.
Die gesammelten Erfahrungen fließen in das Aktions­
programm Cloud Computing ein, das dazu beiträgt,
die Potenziale des Cloud Computings zur Stärkung
des Wirtschafts- und Technologiestandorts Deutsch­
land zu nutzen.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Dieter Spath
Institutsleiter Fraunhofer -Institut für Arbeits­
wirtschaft und Organisation IAO
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    1. Einleitung

    Die Informations- und Kommunikationstechnologien                          gestellt. Die Grundprinzipien der Industrialisierung
    (IKT) bilden eine entscheidende Grundlage für den                         werden damit auf den IT-Sektor übertragen: Stan­
    Erfolg des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Die                          dardi­sierung und Automatisierung, Modularisierung,
    Hälfte des Produktivitätsanstiegs der letzten 15 Jahre                    Konzentration auf Kernkompetenzen und kontinu-
    innerhalb der Europäischen Union (EU) geht auf die                        ierliche Qualitätsverbesserungen.
    IKT zurück.1 Ein aktuelles und besonders vielverspre-
    chendes Thema ist Cloud Computing. Es ermöglicht                               Wurden bisher in den Unternehmen eigene
    allen Branchen Vorteile, betrifft also nicht nur die                      IT-Abteilungen oder externe Berater damit beschäftigt,
    IKT-Branche.                                                              „von Hand“ spezifisch zugeschnittene Infrastruk­tu­
                                                                              ren und Dienste zu entwickeln und zu betreiben, wird
         Für die Anbieter von Cloud Computing, die IKT-                       es in dem neuen Paradigma für „Jedermann“ mög-
    Unternehmen, ergeben sich Chancen durch neue                              lich, diese Dienste „konfektioniert“ aus dem Netz zu
    Geschäftsmodelle und eine bessere Auslastung ihrer                        beziehen – so einfach wie heute Energie aus der Steck­
    IKT-Kapazitäten sowie Skalenvorteile. Für die An­­wen­                    dose bezogen wird. Damit können auch mittelstän­
    der bietet Cloud Computing moderne IKT Ressourcen,                        dische Unternehmen Technologien nutzen, die bis-
    die stets auf dem aktuellen Stand sind sowie eine                         lang großen Unternehmen vorbehalten waren. Die
    höhere Flexibilität ermöglichen. Unternehmen kön-                         erwarteten Effektivitätsvorteile und die Qualitäts­
    nen sich dadurch besser auf ihr Kerngeschäft konzen-                      verbesserungen können die Wettbewerbsfähigkeit
    trieren. Damit ist Cloud Computing interessant für                        der gesamten Wirtschaft erhöhen.
    Unternehmen aller Branchen, aber auf für den öffent-
    lichen Sektor und weitere Institutionen.                                       Revolutioniert wird neben der zugrunde liegen-
                                                                              den Technologie vor allem das Geschäftsmodell.
         Cloud Computing beschreibt ein neues Compu­ting-                     Voraussetzung sind verschiedene bereits verfügbare
    Paradigma, nach dem Ressourcen der Informations­                          Basistechnologien, beispielsweise Virtualisierungs­
    technik (IT) wie Rechenleistung, Speicher, Applika­tio­                   lösungen und die im Grid Computing entstandenen
    nen und Daten dynamisch über das Internet bereitge-                       Verfahren genauso wie die flächendeckende Versor­
    stellt, verwaltet und abgerechnet werden. Der Wechsel                     gung mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen
    zu diesem Paradigma ermöglicht eine stärkere Indus­                       und der Aufbau von Netzen der nächsten Generation.
    trialisierung der IT. Die Entwicklung geht weg von                        Erst durch die Konvergenz dieser Faktoren ist die Zeit
    einschränkenden IT-Infrastrukturen der Unter­neh­men                      reif für Cloud Computing.
    und Konsumenten hin zur dynamischen Nutzung
    von IT-Ressourcen „aus der Wolke“. IT-Leistungen                              Der beschriebene Paradigmenwechsel ist insbe-
    werden in Echtzeit als Dienst über das Internet bereit-                   sondere für mittelständische IT-Unternehmen eine

    1   Vgl. Europe’s Digital Competitiveness Report 2010, http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/documents/edcr.pdf
9

­

     Herausforderung. Während große, international              Zudem wurde es im IT Gipfel-Prozess als bedeutendes
     agierende IT-Firmen Cloud Computing für Standard­          Thema für die nationale Technologie- und Standort­
     anwendungen (z. B. E-Mail, Bürosoftware oder Spei­         politik identifiziert. In der Stuttgarter Erklärung 2009
     cherplatz im Netz) bereits im Portfolio haben, gibt es     wird Cloud Computing als ein tragendes Element der
     bei kleineren IT-Dienstleistern und bei vielen mittel-     Säule „Durch Vernetzung neues Wachstum schaffen“
     ständischen und öffentlichen Anwendern Hemm­               genannt und beim Fünften Nationalen IT-Gipfel in
     schwellen. Dies liegt zum einen an der Komplexität         Dresden 2010 wird es Gegenstand mehrerer Arbeits­
     und dem Entwicklungsstand der Technik sowie der            gruppen sein.
     ungenügenden Standardisierung. Zum anderen ha­­
     ben die Anwender noch Zweifel hinsichtlich der Zu­­            Mit dem Cloud Computing-Aktionsprogramm
     verlässigkeit, Sicherheit und den möglichen Kos­ten­       konstituiert sich ein offenes Netzwerk unter Leitung
     vorteilen von Cloud Computing.                             des BMWi, das sich als Lokomotive für einen vielfälti-
                                                                gen, innovativen und international wettbewerbsfähi-
          Angesichts der Bedeutung von Cloud Computing          gen Cloud Computing-Standort versteht. Die Akti­vi­
     für den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutsch­      täten sind in vier Handlungsfelder gegliedert:
     land hat das Bundesministerium für Wirt­schaft und
     Technologie (BMWi) das Aktionspro­gramm Cloud Com­         3 Innovations- und Marktpotenziale erschließen,
     puting initiiert und federführend erarbeitet. Unter sei-   3	innovationsfreundliche Rahmenbedingungen
     nem Dach koordinieren Partner aus der Wirt­schaft,            schaffen,
     der Wissenschaft und der Politik ihre Maß­nah­men,         3 internationale Entwicklungen mitgestalten und
     um die Ausbreitung von Cloud Computing zu                  3 Orientierungswissen geben.
     beschleunigen. Mit dem Bundesverband Informa­
     tionswirtschaft, Telekommunikation und neue Me­­           Ein wesentliches Ziel des Aktionsprogramms Cloud
     dien e. V. (BITKOM), dem EuroCloud Deutschland_            Computing ist es, traditionelle Standortstärken deut-
     eco, dem CIOcolloquium sowie dem CIO-Circle sind           scher IT-Anbieter für die Entwicklung von Cloud Com­
     wichtige Wirtschaftsvertreter auf Anbieter- und            puting zu nutzen. Diese umfassen vor allem Zuver­
     Anwenderseite beim Cloud Computing-Aktionspro­             lässigkeit, Qualität, Sicherheit und Datenschutz­kon­
     gramm aktiv. Auch die Forschung ist durch Institute        formität sowie Dichte der Forschungseinrichtungen.
     der Fraunhofer-Gesellschaft und aus Universitäten          Darauf aufbauend soll das Markenzeichen „Cloud
     mit ihren Erfahrungen beteiligt. Weitere zuständige        Computing – Made in Germany“ geprägt werden.
     Ministerien und Behörden haben beigetragen.
                                                                     Die Ziele und Ergebnisse des Aktionsprogramms
         Cloud Computing ist aufgrund seiner großen tech-       werden kontinuierlich überprüft und bei Bedarf an­­
     nologischen und wirtschaftlichen Bedeutung ein             gepasst. Die Initiative ist offen für alle Interes­senten,
     wichtiges aktuelles Handlungsfeld der Bunde­s­re­gie­      die sich aktiv einbringen wollen. Wie sich das Wissen
     rung und wird in der neuen IKT-Strategie „Deutsch­         über Cloud Computing weiterentwickelt, wird sich
     land Digital 2015“ eine zentrale Komponente sein.          auch dieses Aktionsprogramm weiterentwickeln.
10

     2. Was ist Cloud Computing?

     2.1 Welche Vorteile und Chancen                                          Der Cloud Computing-Anbieter stellt eine Abstrak­
     bringt Cloud Computing?                                             tionsschicht zur Verfügung, die eine einfache Nut­
                                                                         zung ermöglicht. Dabei ist es mittels moderner Vir­­-
                                                                         tu­alisie­rungstechnologien grundsätzlich möglich,
     Cloud Computing gilt derzeit als einer der wichtigsten
                                                                         jede IT-Ressource als Dienst über das Internet anzu-
     Trends für Anbieter und Anwender der Informa­tions-
                                                                         bieten; gleich, ob es sich dabei um Hardware, Be­­triebs­
     und Kommunikationstechnologien (IKT). Doch was
                                                                         system, Anwendungssoftware oder Netz­werk­band­
     verbirgt sich genau dahinter? Und welche Möglich­
                                                                         breite handelt.
     keiten und Chancen bietet es vor allem für die deut-
     sche Wirtschaft?
                                                                              Für die Anwender von Cloud Computing hat dies
                                                                         mehrere Vorteile. Zum einen können die Anwender-
          Durch Cloud Computing können Speicherkapa­zi­
                                                                         Unternehmen zu jeder Zeit genau die Ressourcen
     täten, Rechenleistung und Software je nach individu-
                                                                         beziehen, die sie gerade benötigen. Zum anderen
     ellem Bedarf kosteneffizient über das Internet bezo-
                                                                         zahlen sie auch nur für die tatsächlich angeforderten
     gen werden. Dies ermöglicht eine dynamische und
                                                                         Leistungen. Dies spart Geld und Aufwand auf Seiten
     flexible Nutzung, die nach Leistungs- und Funktions­
                                                                         der anwendenden Unternehmen – statt fixer Investi­
     umfang, Nutzungsdauer und Anzahl der Nutzer ab­­
                                                                         tionen2 fallen so variable Betriebskosten an.
     gerechnet wird. Das Zusammenspiel von Netz, Server,
     Rechenleistung, Programmierumgebung und verfüg­
                                                                              Ein Unternehmen braucht beispielsweise Server
     baren Diensten sowie der Eindruck der Unbe­grenzt­­­
                                                                         nicht unnötig vorzuhalten, um auf etwaige Zugriffs­
     heit dieser Ressourcen erscheinen dem Anwender
                                                                         spitzen reagieren zu können. Durch die dynamische
     zunehmend als „Computer-Wolke“, wodurch der
                                                                         Skalierbarkeit können zusätzliche Ressourcen sofort
     Begriff Cloud Computing geprägt wurde.
                                                                         und ohne großen Aufwand automatisch zugeschaltet
                                                                         werden. Insbesondere jungen Firmen mit innovati-
          Bei diesem Auslagern von Software- oder sogar
                                                                         ven Ideen kann es den Start erleichtern, wenn sie zur
     Hardwarefunktionen der Anwender an spezialisierte
                                                                         Entwicklung und Bereitstellung ihrer Produkte nicht
     IT-Anbieter müssen die Anwender nicht mehr wissen,
                                                                         länger in umfangreiche eigene Hard- und Software
     wo sich die ausgelagerten Daten oder Anwendungen
                                                                         investieren müssen. Durch Cloud Computing können
     „in der Wolke“ befinden. Der Nutzer soll die aktuell
                                                                         sie Speicherkapazitäten, Rechenleistung und Pro­
     benötigten Dienste in Anspruch nehmen können,
                                                                         gramme flexibel von unterschiedlichen Anbietern
     ohne mit der konkreten technischen Infrastruktur
                                                                         über das Internet als Dienst mieten.
     und deren Administration konfrontiert zu werden.

     2   Inklusive zukünftiger Abschreibungen und Ersatzinvestitionen.
11

                                                                                        Internet

                                                                       SaaS

                                                         PaaS

                                                                       IaaS

     Hinzu kommt die Reduzierung der intern benö-        die Entwicklung und Bereitstellung neuer Anwen­
tigten Personalkapazitäten und Infrastruktur-Exper­      dun­­gen über das Internet zur Verfügung. Damit
tise durch den zu erwartenden geringeren Verwal­         brauchen IT-Entwickler nur einen PC und eine leis-
tungsaufwand für die Anwendungsbereit­stellung.          tungsfähige Internetverbindung um ihre Programme
Professionelle IT-Anbieter können zudem oftmals          für Nutzer weltweit entwickeln und anbieten zu können.
eine höhere Verfügbarkeit sicherstellen, verglichen
mit manchen fragmentarischen unternehmensinter-          Software-as-a-Service (SaaS)
nen IT-Abteilungen.                                      Software-Anwendungen werden direkt über das
                                                         Internet genutzt. Sie sind nicht auf dem PC des
    Die anbietenden IT-Unternehmen stellen               Anwenders installiert. Der Anbieter stellt diese in
Speicher- und Rechenkapazitäten sowie Software zur       einem Pay-per-use-Modell zur Verfügung und ist auch
Verfügung, die sich stets auf dem aktuellen techni-      für Wartung und Administration zuständig.
schen Stand befinden. Zudem können die Anbieter
ihre Ressourcen optimal auslasten und aufgrund gro-      Es wird unterschieden zwischen öffentlich zugängli-
ßer Kapazitäten Skalenvorteile erzielen. Unter­schied­   chen Public Clouds und den einem klar abgegrenzten
liche Dienste-Anbieter können zusammenarbeiten           Nutzerkreis vorbehaltenen Private Clouds. Dies ist ver-
und ihre Produkte modular als Dienste über das           gleichbar mit dem öffentlichen Internet und dem
Internet anbieten.                                       unternehmensinternen Intranet. Damit unterschei-
                                                         det sich die Form der Zusammenarbeit je nach Kon­
Folgende drei Ebenen werden üblicherweise unter          figuration des Netzes und des Rechtemanagements.
Cloud Computing subsumiert:
                                                              Bei einer Private Cloud ist der Zugriff beschränkt
Infrastructure-as-a-Service (IaaS)                       auf Mitarbeiter des Unternehmens sowie beispiels-
Die Nutzer erhalten über das Internet direkten Zu­­      weise auf autorisierte Geschäftspartner, Kunden und
griff auf einzelne virtuelle Ressourcen im Netz, z. B.   Lieferanten. Dies ermöglicht eine effiziente, standar-
Speicher oder Rechenleistung.                            disierte und sichere IT-Betriebsumgebung, die eine
                                                         individuelle, auf die Geschäftsprozesse des Unter­neh­
Platform-as-a-Service (PaaS)                             mens zugeschnittene Anpassung erlaubt. In der Private
Eine Cloud-Plattform stellt cloud-basierte Dienste für   Cloud bleibt die Kontrolle über die Daten beim Nutzer
12      2. Was ist Cloud Computing?

                         P ri                                            Pub
                                vate Clou d    Hybrid Cloud                    lic Clo u d

                                                                                       Pub
                                                                                             lic Clo u d

           P ri                                                Pub
                  vate Clou d                                        lic Clo u d

     bzw. innerhalb der betreibenden Organisa­tion. Damit           Ein Beispiel für eine Hybrid Cloud sind sogenann-
     können zum einen sensible Daten besser geschützt          te Community Clouds. Unternehmen des gleichen
     werden (z. B. Produktionsdaten oder Kon­struk­tions­      Wirtschaftszweigs können dabei beispielsweise sen-
     pläne). Zum anderen vereinfacht dies die Ein­haltung      sible Daten in der eigenen Private Cloud belassen und
     regulatorischer Maßnahmen (z. B. bei personenbezo-        auf branchenbezogene Daten in einer Public Cloud,
     genen Daten).                                             zusammen mit anderen Unternehmen der gleichen
                                                               Branche, zugreifen. Daneben werden Community
                                                               Clouds beispielsweise für Verbände und andere
                                                               gesellschaftliche Organisationsformen eine wichtige
                                                               Rolle spielen.

                                                                   Auch ein regionales Cloud-Bündnis ist denkbar,
                                                               in dem sich beispielsweise Unternehmen, Zulieferer
                                                               und ggf. Kunden aus einer Region miteinander ver-
                                                               netzen. Die Regional Cloud eignet sich auch für Ver­
                                                               eine und andere lokale Institutionen. Sie kann in
                                                               Form einer Hybrid Cloud organisiert sein.

                                                                    Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es
         Die Mischform von Private Clouds und Public           vielfältige Motivationen gibt, Cloud Computing zu
     Clouds wird Hybrid Cloud genannt. Dabei werden            nutzen. Häufig werden die Folgenden hervorgehoben:
     Dienste aus der Private und der Public Cloud zusam-
     men verwendet. Bestimmte Lastspitzen oder Funk­           3 Potenzial für Kostensenkungen;
     tionalitäten werden von der Private in die Public Cloud   3	geringere Kapitalbindung – Verschiebung der
     ausgelagert, der Regelbetrieb erfolgt weiterhin über         Kostenstruktur von Investitionskosten hin zu
     die privaten Ressourcen. Häufig wird unter Hybrid            operativen Betriebskosten;
     Cloud aber auch das Zusammenspiel zwischen loka-          3	Konzentration auf das Kerngeschäft;
     len Anwendungen (on premise) und Anwendungen in           3	größere Flexibilität und Skalierbarkeit;
     der Cloud verstanden.                                     3	bessere Verfügbarkeit;
13

3	höhere Geschwindigkeit bei der Umsetzung von           der sichere Datentransfer über das Internet durch
   Geschäftsprozessen;                                    Verschlüsselungstechniken gewährleistet werden.
3	aktueller technischer Stand bei Infrastruktur und      Insbesondere personenbezogene sowie unternehmens­
   IT-Diensten;                                           kritische Daten müssen adäquat geschützt werden.
3	verbesserter Zugriff auf Unternehmensan­wen­
   dungen und Unternehmensdaten, z. B. durch              Qualitätssicherung
   mobile Endgeräte.                                      Insbesondere die technischen Faktoren Performanz
                                                          und Verfügbarkeit sind für die Qualität ausschlagge-
Gesamtwirtschaftlich ist durch die bessere Aus­las­tung   bend. Performanz kennzeichnet die Fähigkeit von
von IT-Ressourcen mit einem geringeren Ener­gie­          IT-Komponenten, bestimmte (zeitliche) Anforderun­
verbrauch zu rechnen.                                     gen zu erfüllen. Die Verfügbarkeit setzt den zuverläs-
                                                          sigen Betrieb voraus.

2 .2 Welche Herausforderungen
                                                                Die Nachvollziehbarkeit und Bewertung der In­­
gibt es?                                                  for­­mationsqualität über Systemgrenzen hinweg er­­
                                                          fordert Authentifizierung von Daten, um ihre Herkunft,
Die genannten Vorteile und Einsatzmöglichkeiten           Vertrauenswürdigkeit und Integrität sowie Einsatz­
zeigen, dass Cloud Computing vielfältige Chancen für      fähigkeit für unterschiedliche Zwecke sicherzustellen.
Unternehmen bietet – sowohl auf der Anwender- als
auch auf der Anbieterseite. Gleichzeitig existieren       Integrationsfähigkeit
noch einige Herausforderungen. Diese werden mit           Die Substitution einzelner Anwendungen der eige-
dem vorliegenden Cloud Computing-Aktionspro­gramm         nen IT-Landschaft durch cloud-basierte Lösungen
adressiert, das auf Initiative und unter Federführung     führt zu Integrations- und Interoperabilitäts­pro­ble­
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Techno­         men zwischen der Cloud-Anwendung und den ver-
logie (BMWi) entstanden ist.                              bliebenen „on premise“ betriebenen Anwendungen.
                                                          Für den Einsatz in Unternehmen ist es daher relevant,
    Die aktuellen technologischen Herausforderun­         ob und wie sich angebotene Cloud-Dienste miteinan-
gen bestehen insbesondere darin, vorhandene IT-Kon­­­     der und in bestehende IT-Systeme integrieren lassen.
zepte an die spezifischen Erfordernisse von Cloud Com­­
puting anzupassen. Dazu gehören:                          Offenheit der Plattform und Standardisierung
                                                          Um die Abhängigkeit von einem Anbieter zu vermei-
Datensicherheit                                           den („Lock in-Effekt“), ist eine Standardisierung der
Die Daten müssen gegen physikalische und logische         Schnittstellen und Formate notwendig, um Porta­bi­li­
Fehler sowie gegen unbefugten Zugriff gesichert und       tät sicherzustellen. Dies ist auch für Skaleneffekte
14      2. Was ist Cloud Computing?

     beim Anbieter erforderlich. Nachteilig kann dabei die    den rechtlichen Rahmenbedingungen das Schutz­
     Reduktion der Interoperabilität mit den bestehenden      niveau für Anwender und der Aufwand für Anbieter
     IT-Systemen des Unternehmens sein.                       so abgewogen werden, dass deutsche Anbieter ihre
                                                              Standortstärken besser im internationalen Wett­
     Dabei sind Verfahren zu erforschen, die es erlauben,     bewerb nutzen können. Nur ein Zusammenspiel der
     sinnvolle Kompromisse zwischen diesen Qualitäts­         noch notwendigen technologischen Forschung und
     eigenschaften zu finden; z. B. könnte Sicherheit zu      der rechtlichen Rahmensetzung kann hier zu erfolg-
     Lasten der Performanz gehen. Je nach Anwendungs­         reichen Lösungen führen.
     feld und Zielgruppe sind hier unterschiedliche Opti­
     mierungsstrategien sinnvoll.                                  Aus der Marktdynamik ergeben sich zahlreiche
                                                              Herausforderungen im Hinblick auf das Wertschöp­
         Weiterhin gibt es zahlreiche rechtliche Heraus­      fungsnetzwerk der Akteure. Neue Akteure können
     forderungen. Hierzu zählen Haftungsfragen und ver-       sich etablieren oder aus anderen Märkten in den
     tragsrechtliche Aspekte genauso wie die rechtliche       Cloud-Dienstebereich migrieren. Ebenfalls entstehen
     Gewährleistung des Datenschutzes.                        neue Rollen und Angebote durch Neuschaffung oder
                                                              Bündelung von Einzelleistungen. Diese Dynamik auf
          Für deutsche Anbieter von Cloud-Dienstleistun­      Anbieterseite gilt es zu erfassen und transparent zu
     gen besteht zudem eine ökonomische Herausfor­de­         machen.
     rung darin, ihre spezifischen Stärken bei Datensicher­
     heit und Vertrauen in wirtschaftlichen Erfolg umzu-           Es existieren derzeit kaum Möglichkeiten, sich
     setzen. Die Differenzierung ist durch die Entwicklung    über bestehende Cloud-Angebote und Cloud-Anbieter
     datenschutzoptimierter Technologien und entspre-         zu informieren. Transparente und anbieterneutrale
     chender Standards möglich. Aus betriebswirtschaftli-     Darstellungen, die einen geeigneten Überblick geben
     cher Sicht ist die Werthaltigkeit von „Trusted Cloud –   könnten – beispielsweise eine Datenbank mit Ver­
     Made in Germany“ auch gegenüber den Anwendern            gleichsmöglichkeiten – fehlen. Hinzu kommt, dass
     deutlich zu machen.                                      notwendige Kenntnisse über Cloud Computing und
                                                              dessen Einsatzmöglichkeiten bei potenziellen Nut­
         Die Herausforderungen im Datenschutz sind            zern – insbesondere im Mittelstand – kaum vorhan-
     nicht allein durch regulative Maßnahmen zu lösen.        den sind. Hier fehlen bislang Entscheidungshilfen für
     Gerade für den Export würden nationale rechtliche        Anwender mit Anwendungsszenarien für den Einsatz
     Rahmensetzungen zu kurz greifen. Hier müssen bei         von Cloud Computing.
15

3. Was sind unsere Ziele und Zielgruppen?

3.1 Ziele und Akteure des Cloud
Computing-Aktionsprogramms

Ziel des Cloud Computing-Aktionsprogramms ist es,
die unter 2.2 genannten Herausforderungen anzuge-
hen, die Zurückhaltung gerade bei kleineren mittel-
ständischen Firmen und dem öffentlichen Sektor zu
vermindern und damit die wirtschaftlichen Poten­
ziale des Cloud Computing umfassend zu heben. Die
Entstehung von „Cloud-Ökosystemen“3, die auf die
Bedürfnisse des Technologiestandorts Deutschland
zugeschnitten sind, soll beschleunigt werden.

     Dazu ist eine frühzeitige und reibungslose Ent­
wick­­­lung und Einführung der Technologie notwendig.
Dies gilt sowohl für interessierte Anwender von Cloud
Computing als auch für die jeweiligen IT-Anbieter. Die
deutsche Wirtschaft und die Verwaltungen sollen
von den Chancen und Vorteilen des Cloud Computing
möglichst frühzeitig profitieren und damit einen
Effizienzschub in der Volkswirtschaft ermöglichen.
Deutsche Standortstärken, die insbesondere auf
Zuverlässigkeit, Vertrauen, Sicherheit und Daten-
schutz beruhen, sollen zur Geltung gebracht werden.

    Das Cloud Computing-Aktionsprogramm be-
schreibt die geplanten Aktivitäten. Innerhalb der
Laufzeit der Initiative – zunächst bis 2013 – werden
diese entsprechend dem aktuellen Kenntnisstand
und den Bedürfnissen erweitert und angepasst.
3   Ein Netzwerk mit einer guten Mischung von Unternehmen verschiedener Größenklassen – von großen Plattform- und Infrastrukturanbietern
    bis zu einer Vielfalt spezialisierter kleiner, innovativer Unternehmen, die wie in einem natürlichen Ökosystem durch Arbeitsteilung, Selbst-
    organisations- und Anpassungsprozesse für unterschiedlichste Marktanforderungen eine breite Palette von Cloud-Lösungen anbieten kön-
    nen. Zum Kreislauf gehört auch die Vernetzung sowie räumliche und funktionale Wechselwirkung von Anbietern und Anwendern sowie
    neue Wertschöpfungsstufen wie z. B. Service Brokering und Service Aggregation, Vertrauens- und Reputationsbewertungen. Standards unter-
    stützen die evolutionäre Anpassung der verschiedenen Angebote auf allen Ebenen des Cloud Computing.
16        3. Was sind unsere Ziele und Zielgruppen?

     len weitere aktive Partner gewonnen werden, die in                         und Informationen, wie die beschriebenen Heraus­
     vielfältigen Netzwerken die Programmziele unter-                           forderungen gelöst werden können. Dies trifft insbe-
     stützen.                                                                   sondere auf mittelständische Unternehmen zu. Bei
                                                                                großen Unternehmen überwiegen bereits die mögli-
                                                                                chen Vorteile in der Wahrnehmung von Cloud Com­
     3.2 Zielgruppen des Cloud
                                                                                puting, weil sie leichter und in größerem Umfang
     Computing-Aktionsprogramms                                                 Ressourcen für die Befassung mit dem Thema zur
                                                                                Verfügung stellen können. Viele der noch bestehen-
     3.2.1 Anwender von Cloud Computing                                         den Hemmnisse sind jedoch für alle an Cloud Com­
                                                                                puting interessierten Anwender zu lösen. Damit gehö-
     Unternehmen                                                                ren alle Unternehmen, die ihre eigene IT – zumindest
     Die deutsche Wirtschaft ist in einem hohen Maße von                        teilweise – auslagern möchten, zu der Zielgruppe des
     einer effektiven und effizienten Nutzung der IT ab­­                       vorliegenden Aktionsprogramms.
     hängig: Während große Anwender in aller Regel die
     für die Entwicklung und den Betrieb von IT-Infra­struk­­­                       Ein Akzent liegt gleichwohl auf mittelständischen
     turen notwendigen Kapazitäten selbst vorhalten kön-                        Unternehmen. Durch die Nutzung von Cloud-Diensten
     nen, sind kleine und mittlere Anwender­unter­neh­men                       kann potenziell ein höherer Sicherheitsstandard er­­
     häufig auf die Bereitstellung der für sie passgerech-                      reicht werden, wenn dieser von geeigneten Anbietern
     ten IT-Infrastrukturen durch die IT-Dienstleistungs­                       gewährleistet wird. Mittels Branchenlösungen oder
     industrie angewiesen.                                                      auch durch Querschnittsanwendungen (z. B. Kunden­
                                                                                beziehungsmanagement, Enterprise Resource Planning)
          Für die Nutzung der Potenziale des Cloud Com­                         lassen sich Erfahrungen für ganze Anwendergruppen
     puting und für die Beherrschung der möglichen Risi­                        verallgemeinern, die Dienstequalität und Effizienz
     ken werden große Anwender eigene Strategien entwi-                         steigern. Denkbar ist beispielsweise auch, dass Unter­
     ckeln. Diese werden ihnen auch in Zukunft die Flexi­­                      nehmen mit sehr erfolgreichen internen IT-Lösungen
     bilität in der Gestaltung ihrer IT-Infrastrukturen er­­                    diese über Cloud-Technologien in der Branche bzw.
     möglichen, die notwendig ist, um deren Anpassung an                        der Wertschöpfungskette als Dienst anbieten.
     die sich ändernden Geschäftsanforderungen zu er­­
     möglichen. Eine gleiche Vorgehensweise wird bei vie-                       Öffentlicher Sektor
     len kleinen und mittleren Anwendern nicht möglich                          Der öffentliche Sektor ist mit ca. 4,5 Mio. Beschäf­tig­
     sein. Sie benötigen zur Nutzung von Cloud Com­puting                       ten (2009) einer der Hauptarbeitgeber4 und gleich-
     eine leistungsfähige IT-Dienstleistungs­industrie.                         zeitig ein wichtiger Standortfaktor im internationalen
                                                                                Wettbewerb. Schätzungen gehen davon aus, dass in
         Wenn es gelingt, dem Mittelstand in großer Breite                      Deutschland die Kommunen, Länder und der Bund
     und für viele spezifische Aufgaben den Zugang zu                           zusammen 15 – 20 Mrd. Euro für ihren IT-Bereich aus-
     modernsten Cloud-Technologien zu eröffnen, kann                            geben. Die Bedeutung der IT in öffentlichen Verwal­
     ein großes Potenzial mobilisiert werden. In Deutsch­                       tungen wird weiter steigen.
     land existierten 2008 laut Institut für Mittelstands­
     forschung etwa 3,6 Mio. Unternehmen, davon 99,7 %                              Bedingt durch die föderalen Strukturen in Deutsch­
     mit weniger als 500 Mitarbeitern oder unter 50 Mio.                        land existiert eine hohe Fragmentierung der IT-Dienste
     Euro Umsatz. Auf sie entfallen 37,5 % aller Umsätze                        auf allen Verwaltungsebenen. Aufgrund der geringen
     und 70,6 % aller Beschäftigten. Sie sind das Rückgrat                      Standardisierung und den heterogen gewachsenen
     der deutschen Wirtschaft.                                                  IT-Landschaften wird der öffentliche Sektor den zu­­
                                                                                künftigen Herausforderungen nicht gerecht werden
         Vielfach fehlt es aber bei potenziellen Anwen­dern                     können. Eine verwaltungsübergreifende Konsoli­die­
     von Cloud Computing noch an Orientierungswissen                            rung der IT-Dienste findet bislang kaum statt.5

     4   http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/FinanzenSteuern/OeffentlicherDienst/
         PersonalOeffentlicherDienst/PersonalOeffentlicherDienst.psml
     5   Vgl. Graudenz, Dirk; Schramm, Gerd: ISPRAT Whitepaper – IT-Kooperationen; Hamburg 2010.
17

                                                                          boten“ und damit zu höheren Kosten für die IT führt.
                                                                          Daraus folgt, dass die über das Cloud Computing ange-
                                                                          botenen IT-Dienste für den Mittelstand immer auch
                                                                          daraufhin überprüft werden müssen, ob die Kosten­
                                                                          vorteile für die IT durch Cloud Computing größer sind
                                                                          als die möglichen Geschäftsnachteile durch den Ein­
                                                                          satz von Standardlösungen. Damit entsteht je­­doch
                                                                          eine besondere Herausforderung für die Anbieter von
                                                                          Cloud Computing-Lösungen: Sie sind gefordert, ihren
                                                                          Kunden zu helfen, diese Entschei­dun­gen zu treffen
                                                                          und eventuell die dazu passgerechten speziellen
                                                                          Cloud Computing-Lösungen zu entwickeln.

                                                                              Der privatwirtschaftliche IT-Sektor wird von rund
     Cloud Computing bietet als Innovationstreiber die                    67.000 kleineren und mittelständischen IT-Unter­neh­
Chance, gleichartige Aufgaben zu konsolidieren und                        men getragen. IT-Unternehmen mit bis zu 250 Mit­ar­
die Standardisierung von Verwaltungsprozessen vor-                        beitern setzen in Deutschland 30 Mrd. Euro um und
anzutreiben. Auch da, wo eine vollständige Stand­ardi­­                   beschäftigen nahezu 300.000 Menschen. Damit sind
sie­rung der Prozesse noch nicht erreicht ist, können                     mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus Software,
einzelne Prozessbausteine in Form von elektronischen                      IT-Diensten und IT-Hardware und mehr als 70 % der Be­­
Diensten ausgetauscht und wiederverwendet werden.                         schäftigten kleineren IT-Unternehmen zuzuordnen.6
Der öffentliche Sektor kann damit seine beschränkten
Ressourcen für die Kernaufgaben und Fachverfahren                         Entsprechend der in Kapitel 2.1 definierten Cloud-
besser einsetzen. Verwaltungsprozesse können effizi-                      Ebenen (IaaS, PaaS, SaaS) lassen sich bei den Anbietern
enter gestaltet und kostengünstiger umgesetzt werden.                     verschiedene Rollen unterschieden:

     Öffentliche Verwaltungen decken heute schon                          3	Auf der Infrastrukturebene (R IaaS) sind dies die
ein breites Spektrum informationsintensiver Dienst­                          Cloud-Anbieter, die Ressourcen wie Rechenkapa­
leistungen ab. Beispiele sind die Finanzverwaltungen,                        zität und Speicherplatz anbieten und betreiben,
das Bildungswesen, die soziale Sicherung sowie das                           beispielsweise Rechenzentren.
Gesundheitswesen. Hinzu kommen kommunale Un­­ter­­
nehmen. Cloud Computing kann bei informationsin-                          3	Plattformanbieter (R PaaS) bieten auf Basis sol-
tensiven Dienstleistungen eine bislang nicht ge­­kannte                      cher Infrastrukturen eine Umgebung zum Ent­
Transparenz und vielfältige Interaktions­möglich­                            wickeln und Ausführen von Diensten an. Dabei
keiten schaffen, wo das gewünscht und zulässig ist.                          wird die Infrastruktur mit einem entsprechenden
                                                                             Verbund aus Betriebssystem und Basis­diensten
3.2.2      Anbieter von Cloud Computing                                      bereitgestellt, die es beispielsweise ermöglichen,
                                                                             die Nutzung von Anwendungen zu erfassen und
Unternehmen                                                                  abzurechnen sowie den Zustand der Infra­struk­tur
Die deutsche IT-Wirtschaft ist vorwiegend mittelstän-                        und der darauf laufenden Dienste zu überwachen.
disch geprägt. Zwischen mittelständischen Nutzern                            Sicherheitslösungen gehören ebenso zu den zen-
von IT einerseits und mittelständischen Anbietern                            tralen Diensten eines Platt­form­­anbieters. Platt­
andererseits ist über viele Jahrzehnte eine Leistungs­                       formanbieter erweitern die reinen Ressour­cen­
partnerschaft entstanden. Dies hat zu einer Speziali­                        angebote um diese Mehrwert­dienste. Die Dienste
sierung in den Anwendungen geführt, die einerseits                           können auch von externen SaaS-Anbie­tern zuge-
zu Geschäftsvorteilen, aber andererseits auch zu Be­­                        kauft werden, so dass der Plattform­betreiber nicht
hinderungen in der Nutzung von „Commodity-An­ge­                             sämtliche Plattform­dienste selbst betreiben muss.

6   http://www.aktiv-verzeichnis.de/details/vdeb-verband-it-mittelstand-ev.html
18       3. Was sind unsere Ziele und Zielgruppen?

     3	Softwareanbieter (R SaaS) stellen Anwendungen                          Öffentlicher Sektor
        über das Internet zur Verfügung. Sie verkaufen                         Verwaltungsmodernisierung, begrenzte Budgets,
        dem Anwender keine Lizenz, sondern ermöglichen                         vergleichsweise hohe Sicherheitsanforderungen und
        die direkte Nutzung per Abruf, vergleichbar dem                        steigende Erwartungen der Bürger an den Service der
        Vermieten eines Autos statt dem Verkaufen. Viel­                       Verwaltungen erhöhen den Druck auf die öffentli-
        fach wird Kundenbeziehungsmanagement als                               chen IKT-Infrastrukturen. Staatliche Aufgaben sollen
        Dienst angeboten, mit dem in der Cloud alle                            effizient, serviceorientiert und in hoher Qualität
        Interaktionen, die Vertrieb, Marketing und Kun­                        gemeinwohlorientiert erfüllt werden.
        denservice mit den Kunden unternehmen, im
        Überblick zur Verfügung stehen. Neben dem                                    Die Verwaltung muss die Voraussetzungen zur
        Angebot an eigenen Diensten können sie auf die                         Nut­zung der digitalen Potenziale schaffen, um ihren
        Dienste der Plattformanbieter sowie auf Dienste                        Be­­schäftigten effizientes, schnelleres und vernetztes
        anderer Anbieter zurückgreifen. Durch die Kom­                         Ar­­beiten zu ermöglichen und zugleich den Bürgerin­
        bination verschiedener Dienste oder durch die                          nen und Bürgern sowie Unternehmen die Zusam­men­
        Anreicherung von Diensten mit neuen Kompo­                             arbeit mit der Verwaltung zu erleichtern. Sie muss
        nenten entstehen Mehrwertdienste.                                      ihre IT strategisch so aufstellen und steuern, dass In­­no­
                                                                               vationen hierfür optimal genutzt werden. Neben den
     3    Cloud Enabler sind Anbieter von Diensten – bei-                     vielfältigen Anwendern und Anwendungen von IKT
          spielsweise Managementfunktionen, die die                            im öffentlichen Sektor existieren auf Anbieterseite
          Cloud-Anbieter benötigen, um ihr Angebot zur                         öffentliche Rechenzentren oder Datenverarbeitungs­
          Verfügung stellen zu können. Dazu gehören                            zentralen. Aber auch Anwender, die für einzelne
          auch Beratungsunternehmen, die den Cloud-                            Aufgaben Lösungsmodule entwickelt haben, können
          Anbietern helfen, geeignete Dienstleistungen                         Anbieter für andere Anwender mit gleichartigen
           und Geschäftsmodelle zu entwickeln und An­­wen­­                    Aufgaben sein.
           der beim Aufbau von Cloud-Lösungen begleiten.
                                                                                   Zwischen den Akteuren im öffentlichen Sektor
     Cloud Computing bietet gerade mittelständischen                           bestehen vielfältige Datenbeziehungen – vertikal zwi-
     IT-Anbietern die Möglichkeit, ihre Dienste über                           schen Gemeinden, Ländern und dem Bund sowie
     Cloud-Plattformen online anzubieten und damit eine                        horizontal zwischen Fachverwaltungen und in die
     breite Kundenschicht zu erreichen. Oftmals lassen                         Wirtschaft hinein. Viele gleichartige Aufgaben (Zah­
     sich internationale Kundenbeziehungen so rascher                          lungswesen, Führerschein- und Kfz-Angelegenheiten,
     entwickeln. Darüber hinaus ist der Mittelstand in der                     Einwohnerwesen, Bürgerportale) werden in ganz
     Lage, besondere Anforderungen der Kunden zu reali-                        Deutschland benötigt.
     sieren, die große Anbieter mit meist stark standardi-
     sierten Angeboten nicht oder nicht vollständig um­­                            Insbesondere die in den letzten Jahren entstehen-
     setzen können. Überdies lassen sich neue Geschäfts­                       den Organisationsformen wie Shared Service Center7
     modelle für mittelständische Rechenzentrums- und                          fordern flexible und leistungsfähige IT- Architekturen.
     Plattformbetreiber erschließen. Auch Anbieter, die                        Shared Services durch Cloud Computing können für
     mit Cloud-Lösungen den Privatkundenmarkt oder                             alle Beteiligten Vorteile bei den Kosten, in der Qua-
     gewerbliche Kleinanwender adressieren, werden mit                         lität der Leistungserbringung, bei der Dienstleis-
     dem Cloud Computing-Aktionsprogramm angespro-                             tungsorientierung und der IT-Sicherheit ermög-
     chen und unterstützt; beispielsweise durch abgestuf-                      lichen. Dabei sind Kooperationsmodelle zwischen
     te Leitfäden oder Zertifizierungen, die den Anfor­de­                     öffentlichen als auch zwischen öffentlichen und
     rungen des jeweiligen Geschäftsmodells gerecht wer-                       privaten Partnern – im Sinne von öffentlich-privaten
     den.                                                                      Partnerschaften (ÖPP) – denkbar.

     7	Unter dem Begriff Shared Services wird die Konsolidierung und Zentralisierung von Dienstleistungsprozessen einer Organisation verstanden.
        Dabei werden gleichartige Prozesse aus verschiedenen Bereichen eines Unternehmens bzw. einer Organisation zusammengefasst und von
        (einer) zentralen Stelle(n) oder Abteilung(en) erbracht. Die anbietende Stelle wird in der Regel als Shared Service Center bezeichnet.
19

4. Wo stehen wir?

4.1 Relevanz und zukünftige                                                   Die Nutzung von Cloud Computing wird zuneh-
Bedeutung von Cloud Computing                                            mend für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Un­­ter­
                                                                         nehmen entscheidend sein. Die Effizienz­gewinne auf
                                                                         Anwenderseite lassen sich in einer Vielzahl von Wirt­
4.1.1 In Deutschland
                                                                         schaftszweigen realisieren. Denn generell steigen die
                                                                         Kosten der unternehmensinternen IT-Infrastruktur
Im Zuge der aktuellen Entwicklung lässt sich feststel-
                                                                         bei gleichzeitig sich verkürzenden Innovationszyklen.
len, dass deutsche Anbieter bislang auf allen Ebenen
                                                                         Das Potenzial von Cloud Computing wird in Deutsch­
des Cloud Computing-Marktes – Infrastruktur, Platt­
                                                                         land bislang jedoch kaum genutzt. Vorreiter bei den
form oder Software – unterrepräsentiert sind. Ins­be­
                                                                         Anwendern sind die Branchen Informations­techno­
sondere der Infrastruktur- und Plattformmarkt wird
                                                                         logie und Medien, klassische Industriezweige sind
vor allem von amerikanischen Anbietern dominiert,
                                                                         noch zurückhaltend.
gegenüber denen sich deutsche Anbieter bislang nur
schwer positionieren können.
                                                                              Bei großen Unternehmen hat der Einsatz von
                                                                         Cloud Computing bereits heute eine hohe Priorität.
                                                                         Auch hier besonders bei solchen, die IT stark nutzen
                                                                         oder selbst anbieten. Bei Mittelständlern und im
                                                                         öffentlichen Sektor ist es noch weitgehend unbe-
                                                                         kannt. Umfragen haben überdies gezeigt, dass gera-
                                                                         de im Mittelstand und in der Verwaltung das Ver­
                                                                         trauen in Cloud-Lösungen fehlt.8 Weiterhin mangelt
                                                                         es oftmals – vor allem bei Kleinst- und Klein­unter­
                                                                         nehmen in Nicht-IT-Branchen – an den Kompetenzen
                                                                         sowie an Zeit und Mitteln, sich mit Cloud Computing
                                                                         näher auseinanderzusetzen, beispielsweise im Rah­
                                                                         men eines Forschungs- und Entwicklungs­vorhabens.

8	Die meisten Unternehmen (72 Prozent) haben mehr Vertrauen in ihre internen IT-Systeme als in Cloud-Lösungen. In Deutschland sind es sogar
   80 %. Die Gründe sind Sicherheitsbedenken sowie die Sorge, die Kontrolle über Daten und Systeme zu verlieren. Das geht aus einer Umfrage
   unter weltweit mehr als 500 Managern und IT-Verantwortlichen im Auftrag der IT-Beratung Avanade hervor. Laut einer IDC-Studie sind 89 %
   der Befragten überzeugt, dass Cloud Computing die Praxistauglichkeit erst noch bestehen muss. 85 % wünschen sich eine bessere Integration
   mit bestehenden Systemen.
20         4. Wo stehen wir?

     Fehlende Kompetenzen und Kapazitäten sowie sin-                            Nach Expertenschätzungen werden das Potenzial
     kende IT-Budgets bieten wenig Spielraum zur Eva­lu­                        und die Wachstumsraten für Cloud Computing in
     ierung komplexer Cloud-Angebote und zur Entwick­                           Deutschland übereinstimmend als überaus hoch
     lung eigener Lösungen. Dies erschwert die Entschei­                        angesehen. Die folgende Tabelle weist Schätzungen
     dung für einen strategischen Wechsel „in die Cloud“.                       des Marktvolumens für die drei Ebenen des Cloud
                                                                                Computing aus und für Enabling.10
     Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die
     Stärken und Schwächen des deutschen Standortes in                           Tabelle 2: Marktschätzungen für
     Bezug auf Cloud Computing.9                                                 Cloud Computing in Deutschland11

                                                                                  in Mio.        2010         2011         2012          2013
                                                                                   Euro
     Tabelle 1: Deutschlands Stärken und Schwächen
     bei Cloud Computing                                                          SaaS            439          726          1195          1753

                                                                                  PaaS             11           32           63            117
         Stärken                        Schwächen
         Hohe Dynamik der deut-          Wichtige Cloud-Anbieter                  IaaS            60           107           188          282
         schen IT Industrie; sie         stammen nicht aus
                                                                                  Enabling        632          1053         1618         2300
         gehört zu den innovativsten     Deutschland bzw.
         Branchen des Hightech-          Europa. Nur schwache                     Gesamt          1142         1918        3064          4452
         Sektors.                        Infrastrukturressourcen.

         Anbieter aus Deutschland        Relativ schwache
         werden mit Werten wie           Entwicklung bei neuen                  Schätzungsweise werden spätestens ab 2025 mehr als
         Zuverlässigkeit, Vertrauen,     (Cloud-)Technologien im
         Sicherheit und Datenschutz      Vergleich zu den USA.                  75 Prozent der privaten und geschäftlichen Daten im
         assoziiert.                                                            Inter­net liegen.12 Dazu gehören beispielsweise Doku-
                                                                                mente, Fotos, Musik, Videos und Unternehmens­
         Bereitstellung von kom-         Lange Zeitdauer
         plexen Prozessen als            der Umsetzung von                      datenbanken.
         Dienste (anstatt von reiner     Forschungsergebnissen bei
         Infrastruktur).                 sich schnell entwickelnden
                                                                                4.1.2 Innerhalb der EU
                                         Märkten.

         Schwerpunkt der deutschen       Kein Markt-Ökosystem um                Auf europäischer Ebene hat eine Expertengruppe im
         IT-Industrie in wertschöp-      die europäischen Anbieter.
         fungsintensiven Bereichen.
                                                                                Auftrag der Europäischen Kommission einen Bericht
                                                                                zu Cloud Computing vorgelegt mit dem Titel „The Future
         Leistungsfähige Telekom-        Geringe Akzeptanz für alter-
                                                                                of Cloud Computing – Opportunities for European
         munikationsindustrie.           native IT-Sourcing-Modelle
                                         in Deutschland.                        Cloud Computing Beyond 2010“. Er beschreibt den
                                                                                aktuellen Stand von Forschung sowie Anwendung,
         Hohe Synergien zwi-             Plattform für mittelständi-
         schen Forschung und             sche Unternehmen fehlt,                zeigt europäische Stärken und Schwächen auf und
         Industrie; technologische       auf denen diese Cloud-                 gibt Empfehlungen für die künftige Richtung der
         Plattformen.                    Dienste anbieten können.               Cloud Computing-Forschung.
         Starke Position bei             Keine Plattform zur Suche
         Sicherheitstechnologien.        und Auswahl von Cloud-                     Im Rahmen der „Digitalen Agenda für Europa“13
                                         Angeboten verfügbar.
                                                                                plant die EU eine eigene Cloud Computing-Strategie,

     9    Vgl. insb. Keith Jeffery, Burkhard Neidecker-Lutz (Ed.): The Future of Cloud Computing, European Commission 2010; Timo Leimbach: Software
          und IT-Dienstleistungen: Kernkompetenzen der Wissensgesellschaft Deutschland, Karlsruhe 2010.
     10   Zu Enabling zählen in diesem Fall Investitionen und Ausgaben in Netzwerk und Hardware, die zur Erbringung von Cloud-Lösungen benötigt
          werden, sowie Beratung und Dienste für Aufbau und Integration von Cloud-Lösungen.
     11   Analystenschätzung auf Basis von Anwenderbefragungen der Experton Group, 2010.
     12   Vgl. Münchner Kreis e.V., EICT GmbH, Deutsche Telekom AG, TNS Infratest GmbH (Hg.): Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und
          Kommunikationstechnologien und Medien – Internationale Delphi-Studie 2009, Stuttgart: Bundesministerium für Wirtschaft und
          Technologie, November 2009.
     13   http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/index_de.htm
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