MEDIEN INNOVA TIONS - REPORT2 - WOHIN? - Wiener Zeitung Mediengruppe
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/ / WO? WOHIN WIE innovativ sind Österreichs Medien? GEHT DIE REISE DER MEDIENWELT? WARUM Die berühmten W-Fragen sind die Grundlage jeder journalistischen Arbeit: was, wer, wo, wann, wie MUSS SICH ETWAS ÄNDERN? und warum. Sie sind auch Grundlage und Aus- gangspunkt für diesen Medieninnovationsreport. WELCHE Er versucht, möglichst viele von ihnen zu beant- Rahmenbedingungen worten. wären hilfreich? Im Mittelpunkt steht jedoch eine W-Frage, die bei den Klassikern fehlt – die Frage: wohin? WAS Diese W-Frage müssen wir in der heimischen Medienbranche noch intensiver, noch systema- tischer diskutieren. Wohin geht die Reise der Medienwelt? Wohin bewegen wir uns? Wohin muss sich in den Organisationen ändern? sollen wir uns bewegen? WIE Die Wiener Zeitung Mediengruppe will einen Beitrag dazu leisten, Antworten auf diese Fragen KÖNNEN WIR GEMEINSAM zu finden. Daher hat sie gemeinsam mit der WU Wien die Studie „Medieninnovation in Österreich“ BESSER WERDEN? durchgeführt, deren Ergebnisse in diesem Report präsentiert werden – angereichert um Interviews, WAS Analysen und Best-Practice-Beispiele. Fragen stellen und Antworten suchen – das ist können wir anders machen? das Kerngeschäft des Journalismus. Es ist auch WANN? das, wozu die Wiener Zeitung Mediengruppe mit WER? diesem Medieninnovationsreport anregen will. Vor allem aber ist er eines: eine Einladung zu einem Gespräch – an etablierte ebenso wie junge Medien- macherInnen, ExpertInnen, Start-ups, Politike- rInnen und alle, denen eine gute Zukunft unserer Medien am Herzen liegt. « WOHIN? Medieninnovationsreport 2021
4 / VORWORT VORWORT / 5 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden die I ch weiß, was Sie vergangenen Sommer getan haben. Und ver- können, wenn wir auf eine in- gangenen Winter. Und den Sommer davor. Denn es gibt eine Frage, über die wir wohl alle seit Jahren permanent nachden- telligente Art zusammenarbei- ten und gezielt unsere Kräfte Herausforderungen ken. Diese Frage lautet: Wohin bewegen wir uns und wohin geht unsere Reise? Wir stellen uns diese Frage als Medienunternehmen, bündeln. nur bewältigen, wenn als Medienbranche, aber auch als durch und durch mediatisierte Gesellschaft. Wir werden im Laufe der nächs- ten Monate mehrere Initiativen wir zusammenarbeiten Vieles ist in Gefahr – Unternehmen, Arbeitsplätze, journalistische Titel weitertreiben und neu starten, die den Medienstandort Öster- und gezielt unsere mit stolzen Traditionen, nicht zuletzt unsere demokratische Öffent- reich in puncto Innovation einen Kräfte bündeln. lichkeit. großen Schritt nach vorne brin- gen. Als Grundlage für diese Arbeit haben wir gemeinsam mit der WU Es gibt aber auch viel zu gewinnen. Technologische Entwicklungen Wien die Studie „Medieninnovation in Österreich“ durchgeführt, die machen es möglich, ganz neue Geschichten in ganz neuer Art zu zeigt, wo wir derzeit stehen. Deren Grundaussage: Das Bewusstsein, erzählen. Die Menschen noch besser zu erreichen. Einen noch enge- dass wir neue Wege gehen müssen, ist in der gesamten Medienbran- ren Austausch mit dem Publikum zu pflegen. che weit verbreitet. Jedoch hakt es bei den verfügbaren Ressourcen ebenso wie beim spezifischen Innovations-Know-how. Die Wiener Zeitung Mediengruppe spielt in der heimischen Medien- landschaft eine besondere Rolle. Als Unternehmen des Bundes Hier kommt die Wiener Zeitung Mediengruppe ins Spiel. Wir sehen tragen wir eine spezielle Verantwortung. Wir befinden uns an einer uns als Partner für andere Medienunternehmen und stellen daher gesellschaftlichen Schnittstelle: Wir kennen die unterschiedlichen allen eine Plattform zur Verfügung, auf der Praxiswissen gesammelt, Foto: Luiza Puiu Perspektiven, Bedürfnisse, Arbeitsweisen der Politik, der Verwaltung, ausgetauscht und vermehrt wird. Damit wollen wir helfen, mediale der Wirtschaft und natürlich des Journalismus. Innovationen in Österreich voranzutreiben. Mit diesem interdisziplinären Wissen und in einem Geist der Zusam- Wir müssen neue Wege gehen. Wege, die erst beim Gehen entstehen. Martin Fleischhacker ist menarbeit wollen wir dazu beitragen, den Medienstandort Österreich Meine Einladung: Gehen wir sie gemeinsam! seit 2018 Geschäftsführer der Wiener Zeitung zu stärken. Wir wollen Antworten auf die eingangs gestellte Frage Mediengruppe. finden, und zwar gemeinsam mit der gesamten Branche. Denn eines Ihr ist klar: Wir werden die aktuellen Herausforderungen nur bewältigen Martin Fleischhacker WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
6 / INHALT INHALT / 7 8 STATUS QUO 40 KULTUR & ORGANISATION 10 Studie: „Medieninnovation in Österreich“ 42 Studie: „Medieninnovation in Österreich“ 14 Werner Hoffmann: „Content is back“ 44 Innovationsmanagement: „Die Leute von der Leine lassen“ 48 Susanne Kirchhoff: Bewährte Skills reloaded 16TRENDS 50 KOOPERATIONEN 18 Studie: „Medieninnovation in Österreich“ 52 Studie „Medieninnovation in Österreich“ 20 Andy Kaltenbrunner: „Eine Spur der Verwüstung“ 54 Vermarktungsallianz NAPA: „Eine gewisse Pionierarbeit“ 24 Print geht in den Lockdown 56 Angela Kesselring: „Gemeinsam eine höhere Qualität abliefern“ 26 Jugendkultur: Abkehr von Qualitätsmedien 58 Von der Such- zur Geldmaschine 28 KONTEXT 61 GESCHÄFTSMODELLE UND PRODUKTE 30 Studie: „Medieninnovation in Österreich“ 62 Studie: „Medieninnovation in Österreich“ 32 Eugen Russ: „Innovationen werden gebremst“ 65 Anita Zielina: „Kompletter Wandel der Kultur“ 35 Amedia AS / Schweizer Medienförderung 68 „Wir müssen semantisch werden“ 36 Media Innovation Lab: Innovation braucht Raum 70 Anne Jacobsen: Wie machen das die Norweger? 38 Die TestpilotInnen 73 Insta-Storytelling / Paywall-Qualität / Newsletter-Trend 39 Wie man Vielfalt fördert 74 Service statt Hybris 76 „Je genischter, desto besser“ IMPRESSUM Medieninhaber, Verlagsort: Wiener Zeitung GmbH, Media Quarter 3.3, Maria-Jacobi-Gasse 1, 1030 Wien, T. +43 1 206 99-0, wienerzeitungmediengruppe.at, Geschäftsführung: Martin Fleischhacker, Chief Commercial Officer: Markus Graf, Leitung Corporate Publishing & Content Production: Nadja James, Projektleitung: Julia Konrad, Bettina Spiegel, Designkonzept & Art Direktion: Judit Fortelný, Redaktionelle Leitung: Gerhard Mészáros, AutorInnen: Sabina König, Clemens Stachel, Lektorat: Lucia Marjanovic, Produktion: Alexandra Kauer, Herstellungsort: Ferdinand Berger & Söhne GmbH, 3580 Horn, Offenlegung gem. §25 Abs. 2 & 3, Mediengesetz: www.wienerzeitung.at/unternehmen/impressum/95_Impressum.html WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
/ innovativ sind STATUS QUO Österreichs 10 STUDIE „MEDIENINNOVATION IN ÖSTERREICH“ 14 WERNER HOFFMANN: „CONTENT IS BACK“ Medien? WIE
10 / STATUS QUO DER INNOVATIONS-STATUS INNOVATIONSORIENTIERUNG NACH POSITION 1 Unser Unternehmen beabsichtigt, innovative Produkte/Services anzubieten, die eine Verbesserung EIN GEMEINSAMES FORSCHUNGSPROJEKT zum bestehenden Angebot darstellen. ( 5,08/5,58) VON WU WIEN UND WIENER ZEITUNG MEDIENGRUPPE 2 In unserem Unternehmen haben wir eigene Abteilungen/Rollen, die für die Entwicklung GIBT EINBLICKE IN DIE INNOVATIONSPERFORMANCE von Innovation zuständig sind. (4,42/4,42 ) DER HEIMISCHEN MEDIENSZENE. 3 KundInnenbedürfnisse stehen bei der Entwicklung von Innovation stets im Vordergrund. (4,33/5,06) 4 Wir verfügen über ausreichende Kompetenzen, um Innovationen zu entwickeln. (4,33/4,42) Hohe Innovationsbereitschaft KMU fühlen sich innovativer 5 Wir erkennen frühzeitig, ab wann eine Innovation Laut den Befragten steht in den meisten Die Einschätzung der eigenen Innovations- nicht mehr weiterverfolgt werden sollte. (3,75/3,78) österreichischen Medienhäusern das Thema performance unterscheidet sich teils deut- 6 Wir verfügen über ausreichende Ressourcen, Innovation ganz oben auf der Agenda. Neue lich. So empfinden sich kleine und mittlere um Innovationen zu entwickeln. (3,50/3,78) Mittleres Management Produkte und Services werden entwickelt, das Unternehmen im Vergleich zu großen als inno- 7 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen bestehende Angebot verbessert. Allerdings vativer. Das Gleiche gilt für überregional bzw. zu kommerzialisieren. (3,25/3,78) hapert es bei den verfügbaren Ressourcen. österreichweit tätige Medienunternehmen. 8 Wir haben etablierte Prozesse, Oberes Auch sind Prozesse, um Innovationen zu Wochen- und Monatspublikationen schätzen um Innovationen zu entwickeln. (3,25/3,81) Management 1 2 3 4 5 6 7 8 entwickeln, nur zum Teil etabliert. sich als am wenigsten innovativ ein. INNOVATIONSORIENTIERUNG NACH REICHWEITE INNOVATIONSORIENTIERUNG GESAMT 1 Unser Unternehmen beabsichtigt, innovative Produkte/Services anzubieten, die eine Verbesserung 1 Unser Unternehmen beabsichtigt, innovative 5,34 4,73 4,37 4,35 3,65 3,63 3,61 3,59 zum bestehenden Angebot darstellen. (5,37/5,52) Produkte/Services anzubieten, die eine Verbesserung zum bestehenden Angebot darstellen. 2 KundInnenbedürfnisse stehen bei der Entwicklung von Innovation stets im Vordergrund. (5,11/4,74) 2 KundInnenbedürfnisse stehen bei der Entwicklung von Innovation stets im Vordergrund. 3 Wir verfügen über ausreichende Kompetenzen, um Innovationen zu entwickeln. (4,26/4,52) 3 Wir verfügen über ausreichende Kompetenzen, um Innovationen zu entwickeln. 4 In unserem Unternehmen haben wir eigene Abteilungen/Rollen, die für die Entwicklung 4 In unserem Unternehmen haben wir eigene von Innovation zuständig sind. (4,00/4,74) Abteilungen/Rollen, die für die Entwicklung von Innovation zuständig sind. 5 Wir verfügen über ausreichende Ressourcen, um Innovationen zu entwickeln. (3,79/3,74) 5 Wir verfügen über ausreichende Ressourcen, um Innovationen zu entwickeln. 6 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen zu 1 2 3 4 5 6 7 8 entwickeln. (3,68/3,68) 6 Wir erkennen frühzeitig, ab wann eine Innovation nicht mehr weiterverfolgt werden sollte. Regional 7 Wir erkennen frühzeitig, ab wann eine Innovation nicht mehr weiterverfolgt werden sollte. (3,42/4,03) 7 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen zu entwickeln. 8 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen zu Österreichweit kommerzialisieren. (3,26/3,81) 8 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen zu 1 2 3 4 5 6 7 8 kommerzialisieren. Die Antwortmöglichkeiten auf alle Fragen reichen von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 6 („trifft voll und ganz zu“). Informationen zur Studie auf Seite 15. WOHIN? Medieninnovationsreport 2021
INNOVATIONSORIENTIERUNG NACH GRÖSSE STATUS QUO XY KAPITEL / 13 13 INNOVATIONSPERFORMANCE GESAMT 1 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen 1 zu kommerzialisieren. (4,31/3,32) 1 Unser Unternehmen hat in den letzten Jahren genügend 1 3,27 2 2 Wir haben etablierte Prozesse, um Innovationen neue MitarbeiterInnen im Bereich digitale Innovation zu entwickeln. (4,13/3,65) eingestellt. 3 2 Unser Unternehmen konnte in den letzten Jahren neue 2 4,29 3 KundInnenbedürfnisse stehen bei der Entwicklung von Innovation stets im Vordergrund. (5,19/4,77) Geschäftsmodelle finden und implementieren. 4 4 Wir verfügen über ausreichende Kompetenzen, 3 Unser Unternehmen entwickelt regelmäßig neue 3 4,42 um Innovationen zu entwickeln. (4,88/4,19) Produkte/Dienstleistungen. 5 5 Wir verfügen über ausreichende Ressourcen, 4 Unser Unternehmen setzt regelmäßig Prozessinnovationen 4 3,95 um Innovationen zu entwickeln. (4,00/3,74) um (z. B. Verbesserungen von Arbeitsabläufen). 6 6 In unserem Unternehmen haben wir eigene 7 Abteilungen/Rollen, die für die Entwicklung von Innovation zuständig sind. (4,31/4,68) INNOVATIONSPERFORMANCE NACH GRÖSSE 7 Unser Unternehmen beabsichtigt, innovative Produkte/Services anzubieten, die eine Verbesserung zum bestehenden Angebot darstellen. (5,44/5,52) 1 Unser Unternehmen entwickelt regelmäßig neue Produkte / Dienstleistungen. (5,00/4,19) 2 Unser Unternehmen konnte in den letzten Jahren neue Ab 250 MA 21 – 250 MA Geschäftsmodelle finden und implementieren. (5,19/4,03) 3 Unser Unternehmen setzt regelmäßig neue INNOVATIONSORIENTIERUNG NACH MEDIENGATTUNG Prozessinnovationen um (z. B. Verbesserungen von Arbeitsabläufen). (4,31/4,03) 2 2 2 4 Unser Unternehmen hat in den letzten Jahren genügend neue MitarbeiterInnen im Bereich digitale Innovation 1 1 1 eingestellt. (3,94/3,10) 1 2 3 4 21 – 250 MA Ab 250 MA INNOVATIONSPERFORMANCE NACH REICHWEITE 1 Unser Unternehmen setzt regelmäßig neue Prozessinnovationen TV Print-Tageszeitung Wochen-/Monatspublikation um (z. B. Verbesserungen von Arbeitsabläufen). (3,95/4,22) 4,00/5,67 3,53/5,32 3,60/5,60 2 Unser Unternehmen konnte in den letzten Jahren neue Geschäftsmodelle finden und implementieren. (3,95/4,81) 1 Wir haben etablierte 2 2 Regional Prozesse, um 3 Unser Unternehmen entwickelt regelmäßig neue Innovationen 1 1 Produkte/Dienstleistungen. (3,84/4,93) zu entwickeln. 4 Unser Unternehmen hat in den letzten Jahren genügend neue 2 Unser Unternehmen MitarbeiterInnen im Bereich digitale Innovation eingestellt. (2,84/3,78) Österreichweit beabsichtigt, innovative 1 2 3 4 Produkte/Services anzubieten, die eine Verbesserung Unser Unternehmen entwickelt regelmäßig neue Produkte/Dienstleistungen. zum bestehenden Angebot darstellen. Onlineplattform (Nachrichten-)Agentur 3,80/5,60 4,50/5,83 TV Print- Wochen-/ Onlineplattform (Nachrichten-) 4,83 Tageszeitung Monatspublikation 4,80 Agentur 4,42 3,90 4,67 WOHIN? Medieninnovationsreport 2021
14 / STATUS QUO „ Wie aufgeschlossen sind die Me- STATUS QUO / Hoffmann: Innovation ist heute 15 DIE STUDIE: dienhäuser für professionelles in allen Branchen kein Thema „MEDIENINNOVATION Innovationsmanagement? mehr, das nur für die Spezialis- CONTENT IS BACK Hoffmann: In der heimischen IN ÖSTERREICH“ ten in der Forschung & Entwick- Medienbranche ist die Meinung lung relevant ist. Es steht ganz stark verbreitet, dass Innovation Im Auftrag der Wiener Zeitung oben auf der Agenda eines jeden Mediengruppe führte nahe am operativen Geschäft WU-Professor Werner Hoffmann CEO und ist eng mit der Strategie erfolgen sollte. Das ist grundsätz- mit seinem Team – verknüpft. Denn alle Unterneh- WU-Professor Alexander Engelmann, weitgehend vorbei. Der Trend lich sinnvoll, niemand braucht Thomas Maidorfer men stehen vor der Herausfor- geht eindeutig in diese Richtung: Tüftler in einem Elfenbeinturm. und Elena Stelzig – derung, mit zwei Megatrends fer- Werner Hoffmann Man arbeitet an Innovationen, Andererseits hat diese Skepsis im Frühling und Sommer 2021 tigzuwerden: Digitalisierung und die Studie „Medieninnovation um noch bessere, maßgeschnei- gegenüber speziellen Formaten – in Österreich“ durch. Nachhaltigkeit. Dieser Trans- leitete die Studie derte Inhalte zu erstellen und diese zu monetarisieren. In wie etwa Hackathons, Inkubato- ren und so weiter – oft zur Folge, Auf Tiefeninterviews mit GeschäftsführerInnen, formationsdruck ist nur mit In- novation zu bewältigen. Viele „Medieninnovation Skandinavien gibt es einige gute Beispiele nicht nur für Special- dass für Innovation in der Praxis zu wenige Ressourcen zur Verfü- ChefredakteurInnen und InnovationsmanagerInnen folgte eine schriftliche Branchen sind allerdings schon weiter fortgeschritten, wenn es Interest-Publikationen, sondern gung gestellt werden. Hier orte darum geht, explizite Innova- in Österreich“. auch für Regionalzeitungen, ich noch eine mangelnde Affini- Befragung. 461 VertreterInnen heimischer tionsstrategien zu formulieren denen das bereits gut gelingt tät zu systematischen Innova- und umzusetzen – hier ist in der Er ortet noch eine (siehe Interview auf Seite 70, tionsmethoden. Medienunternehmen wurden kontaktiert – aus dem Medienwirtschaft noch Luft nach Anm.). Content is back – das oberen Management oben. « gewisse Skepsis ist gerade in Zeiten von Fake News auch für die Gesellschaft Ressourcen sind gerade in der Medienbranche knapp. (z. B. Geschäftsbereichsleitung, Chefredaktion, Herausgebe- rInnen) und dem mittleren gegenüber insgesamt eine erfreuliche Entwicklung. Hoffmann: Eine mögliche Lö- sung für dieses Problem besteht Management (z. B. Abteilungsleitung, systematischen InnovationsexpertInnen). in der Kooperation mit anderen In der Studie zeigt sich, dass obe- Unternehmen. Das gilt vor allem 87 begannen mit der Beantwortung der Fragen, Innovationsmethoden. res und mittleres Management die eigene Innovations-Perfor- für große, disruptive Innovatio- nen, die sich oft erst nach meh- 51 füllten den Fragebogen vollständig aus. Das entspricht einer mance häufig unterschiedlich reren Jahren rechnen – wenn Rücklaufquote von 11 Prozent einschätzen. überhaupt. und einer Beendigungsquote Welche Erkenntnisse Ihrer Studie hat. Zum anderen habe ich in Hoffmann: Hier sieht man, dass Jedes Unternehmen sollte von 60 Prozent. „Medieninnovation in Österreich“ den Gesprächen mit Vertreterin- das Top-Management die Be- auch einige „big bets“ im Inno- Die wichtigsten Ergebnisse waren für Sie am interessantes- nen und Vertretern der Medien- deutung von Innovation erkannt vationsportfolio haben, die im der Studie finden Sie jeweils ten? häuser den Eindruck gewonnen, hat und diese Haltung auch vor- Erfolgsfall einen wirklich großen zum Kapiteleinstieg auf den Seiten 10‒13, 18‒19, Foto: EY Werner Hoffmann: Zum einen dass eine Rückbesinnung auf leben möchte. Das mittlere Ma- Schritt nach vorne ermöglichen. 30‒31, 42‒43, 52‒53 und wurde in der Studie sehr deut- guten, qualitätsvollen Content nagement ist näher am Tages- 62‒64. lich, dass das Thema Innovation stattfindet. Die Zeit, als man geschäft dran und sieht daher Ist der Transformationsdruck in Werner Hoffmann ist Professor an in der Medienbranche mittler- meinte, dass man für Inhalte eher die Defizite, die in der Praxis der Medienbranche mit jenem in der WU Wien und Leiter des Instituts weile einen hohen Stellenwert kein Geld verlangen kann, ist noch bestehen. anderen Bereichen vergleichbar? für Strategisches Management. WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
/ etwas ändern? TRENDS WARUM STUDIE 18 „MEDIENINNOVATION IN ÖSTERREICH“ muss sich 20 ANDY KALTENBRUNNER: „EINE SPUR DER VERWÜSTUNG“ 24 PRINT GEHT IN DEN LOCKDOWN JUGENDKULTUR: 26 ABKEHR VON QUALITÄTSMEDIEN
18 / TRENDS GEMÜTLICH BRANCHENDYNAMIK NACH REICHWEITE 1 Langfristige Planung ist in unserer Branche GEHT ANDERS nur schwer möglich. (4,32/3,74) ! ! 2 Veränderungen von Kundenbedürfnissen sind schwer vorherzusagen. (3,79/3,41) 3 Technologien in unserer Branche entwickeln sich rasant. (4,53/4,52) ZUMINDEST IN DIESER HINSICHT SIND SICH 4 Der Wettbewerb mit anderen Unternehmen DIE HEIMISCHEN MEDIENMACHERiNNEN EINIG: nimmt stetig zu. (4,68/4,56) DIE DYNAMIK IN DER BRANCHE NIMMT STETIG ZU. 5 In unserer Branche kommen laufend neue Produkte/Dienstleistungen auf den Markt. (3,89/4,44) Fahren auf Sicht: Regional Langfristige Planung ist schwierig Die Medienbranche in Österreich ist von einer Kleinere sowie regional tätige Medienunter- hohen Dynamik gekennzeichnet: Der Wettbe- nehmen empfinden die langfristige Planung Österreichweit werb mit anderen Unternehmen nimmt stetig als besonders schwierig. Eines bleibt den 1 2 3 4 5 zu, Technologien entwickeln sich rasant. Als heimischen MedienmacherInnen jedoch Folge davon kommen ständig neue Produkte erhalten: Ihr Glaube daran, die Bedürfnisse und Dienstleistungen auf den Markt. ihrer KundInnen zu kennen. BRANCHENDYNAMIK NACH GRÖSSE 1 1 Langfristige Planung ist in unserer Branche nur schwer möglich. (4,69/3,58) BRANCHENDYNAMIK GESAMT 4,59 4,47 4,16 3,86 3,47 2 Veränderungen von Kundenbedürfnissen 2 sind schwer vorherzusagen. (4,00/3,32) 1 Der Wettbewerb mit anderen Unternehmen 3 Technologien in unserer Branche entwickeln sich rasant. nimmt stetig zu. 3 (4,56/4,52) 2 Technologien in unserer Branche entwickeln 4 Der Wettbewerb mit anderen Unternehmen sich rasant. 4 nimmt stetig zu. (4,94/4,42) 3 In unserer Branche kommen laufend neue 5 In unserer Branche kommen laufend neue Produkte/Dienstleistungen auf den Markt. 5 Produkte/Dienstleistungen auf den Markt. (4,56/4,03) 4 Langfristige Planung ist in unserer Branche nur schwer möglich. 5 Veränderungen von Kundenbedürfnissen sind schwer vorherzusagen. Die Antwortmöglichkeiten auf alle Fragen reichen von Ab 250 MA 21 – 250 MA 1 2 3 4 5 1 („trifft gar nicht zu“) bis 6 („trifft voll und ganz zu“). Informationen zur Studie auf Seite 15. WOHIN? Medieninnovationsreport 2021
20 / TRENDS Sie haben 2020 ihren sechsten „ TRENDS / 21 Für jede „Journalismus-Report“ vorge- stellt. Wie geht es der heimischen Medienbranche? Andy Kaltenbrunner: Wir hö- ren seit 20 Jahren, dass sich die „New York Times“ Bis zu 30 Prozent österreichischen Medien in einer schwierigen Umbruchsituation gibt es zehn Titel, EINE SPUR DER VERWÜSTUNG die ums Überleben befinden. Jetzt ist die Krise aber der ÖsterreicherInnen akut. Wer sich jetzt nicht radikal verändert, wird nicht überleben. informieren sich Dieses Bewusstsein ist mittler- weile in den meisten Medienhäu- kämpfen oder ausschließlich online. sern angekommen – für manche aber zu spät. In anderen Ländern hat die verschwunden sind. Trotzdem stehen Digitalisierung eine Spur der Verwüstung durch die „Legacy Die Kollegen in den USA, in Corona. In den USA sind nach manche Medienhäuser Media“ (etablierte Medien, Anm.) gezogen, aber auch viel Neues Skandinavien oder Europas Sü- den fragen nur erstaunt: Was, in 2007 innerhalb weniger Jahre 70 bis 80 Prozent der Anzeigen- bei der Verlagerung gefördert. Es gibt große Erfolgs- geschichten der Transition wie Österreich passiert das jetzt erst? erlöse im Printbereich verlo- ren gegangen und auch online ins Digitale immer die „New York Times“. Aber auch in den USA stehen jeder Aber derzeit verdienen die Medi- enhäuser zumindest genug Geld, nie zurückgekehrt, sondern zu Google, Facebook, Youtube und noch ganz am Anfang, „New York Times“ zehn Titel gegenüber, die ums Überleben um zu überleben. Kaltenbrunner: Für die meisten Co. abgewandert. Das Gleiche passiert nun in Österreich, und meint Medienforscher kämpfen oder verschwunden sind. stimmt das längst nicht mehr. Die Gewinnmargen sind deutlich der Prozess beschleunigt sich wie damals in den USA. Die und -entwickler Ich nehme an, dass in Öster- reich in fünf Jahren ein Drittel geschrumpft. Heute kann man im Printbereich froh sein, wenn Pandemie ist da ein Katalysator. Mit den Vertriebserlösen sieht es Andy Kaltenbrunner. des heutigen Printmarktes ver- schwunden sein wird, ein wei- man einen Vorsteuergewinn von vier, fünf oder sechs Prozent vom im Moment nicht viel besser aus. In Österreich ist mittlerweile die teres Drittel noch ums Überle- Umsatz macht. Dieser war noch Hälfte aller Tageszeitungsexem- ben kämpft und nur ein Drittel um die Jahrtausendwende kon- plare gratis im Umlauf, vor zwölf Wer sich jetzt nicht ernsthaft Zukunft hat. Offen ist noch, was hierzulande an ganz stant zweistellig. Die Mediaprint als größter Verlags-Player hat zu- Jahren waren es weniger als 15 Prozent. Die Politik hat Gratis- radikal verändert, neuen Medien entsteht. Die ös- letzt überhaupt keinen Gewinn produkte durch eine Inseraten- terreichische Entwicklung ist mehr ausgewiesen. Die Insera- Förderpolitik zudem besonders wird nicht überleben. also vergleichbar mit der inter- tenbuchungen gehen kontinu- begünstigt. Das umzudrehen ist nationalen. ierlich zurück, nicht nur wegen jetzt schwierig, weil immer mehr WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
22 / TRENDS „ Mediaagenturen sitzen heute noch am Anfang. Das klingt ein Content-Silos. Ins Zentrum der TRENDS / Inserate der öffentlichen Hand 23 Von 2006 bis 2018 Experten für digitale und cross- Vierteljahrhundert nach Etablie- Medienhäuser gehören zeit- haben zuletzt für den Erhalt der mediale Werbung, die genau rung des Internets unglaublich, gemäße Skills wie profundes alten Geschäftsmodelle gesorgt wissen, wo das Publikum nicht ist aber so. Nur wer in journa- Daten- und Technikverständ- und immer größere Budgetlö- ist ein Viertel der mehr ist. Journalisten aller- dings gehören selten zur digi- listische Innovation investiert, kann überleben. In vielen ande- nis. Im Bereich des Audience Engagement braucht es auch cher gestopft. Es braucht jetzt aufgeschlossene Unternehmer, journalistischen talen Avantgarde: Laut unse- ren Studien arbeitet erst ein ren Branchen fließen regelmä- ßig zehn Prozent des Umsatzes noch viel mehr Innovation: Wie binde ich das Publikum besser mutigen Journalismus und auch eine Medienpolitik, die auf In- Arbeitsplätze in gutes Drittel der österreichi- in Forschung und Entwicklung. in die Recherche, Produktion novation zielt und nicht mehr schen Journalisten kontinuier- Davon war die österreichische und inhaltliche Diskussion ein? darauf, überholte Strukturen zu lich auf mehr als einem Kanal, Medienbranche immer weit ent- Das schaffen erst wenige in erhalten. Leider ist auch ein Teil Österreich abgebaut also etwa für Print und Online. In Skandinavien ist das für 80 bis fernt. Deswegen werden sehr kurzfristig auch unangenehme Österreich gut. Es kann dann auch von Vorteil sein, dass der etablierten Medienmacher gegen die Förderung des Neuen, worden. 90 Prozent der Journalistinnen und Journalisten seit langem selbstverständlich. Maßnahmen notwendig. Man- che Unternehmungen gehören eingestellt und deren Budget in wir in Sachen Innovation ein Nachzügler sind. So lassen sich Erfahrungen und gute weil sie Angst vor Konkurrenz haben. In Österreichs Medien- wirtschaft ist aber jetzt die ent- die Zukunft investiert. Ideen von anderen klauen. scheidende Frage: Wie kommt Menschen daran gewöhnt sind, und Preiserhöhungen für die Wie sollten die Medienhäuser auf Podcasts zum Beispiel werden das Neue in die Welt? « für Journalismus nichts bezah- Stammkundschaft auf Reich- diese Situation reagieren? Wo müssen die Medienhäuser bei uns als ein aktueller Trend len zu müssen. Das klassische, weitenverlust und sinkende Kaltenbrunner: Alle müssen ihre innovativer werden? wahrgenommen. Der „Guar- lineare Fernsehen ist in seinen Einnahmen reagiert. Von 2006 Tätigkeit radikal infrage stellen. Kaltenbrunner: Die zentrale dian“ hatte sein erstes Podcast- Business-Modellen inzwischen bis 2018 ist in Österreich ein Vier- Der berühmte Innovations- Herausforderung für journalis- Studio im neuen, integrierten genauso unter Druck: Einen tel der journalistischen Arbeits- Report der „New York Times“ tische Medien ist, dass sie end- Newsroom bereits 2009 einge- Sender wie Servus TV gibt es plätze abgebaut worden. Dieser wurde bereits 2014 geleakt. lich kanalunabhängig denken. richtet. nur, weil es sich letztlich um ein Journalismus-Aderlass war noch Auf ähnlich mutige Ansagen Zuerst muss die Frage kommen: Corporate-Publishing-Produkt größer als in anderen Ländern. warte ich in den meisten öster- Wer sind wir? Was ist unser Warum hinkt Österreich in handelt, mit hunderten Mil- Das stößt aber an Grenzen. reichischen Verlagen nach wie Journalismus? Und dann erst Sachen Innovation hinterher? Foto: Alexandra Eizinger lionen aus einem anderen Wenn in einem Ressort statt fünf vor. In Österreich informieren die Frage: Wie und wo verwerte Kaltenbrunner: Wir haben ein Wirtschaftssektor querfinan- nur mehr zwei Personen arbei- sich heute 30 Prozent des Pu- ich ihn? Eine günstige Vorausset- erst sehr spät dual entwickeltes ziert. Beim ORF-Fernsehen geht ten und Magazine mit dem hal- blikums ausschließlich online, zung, um so arbeiten zu können, Rundfunksystem, in dem der die Schere zwischen sinkenden ben Personalstand wie vor 2000 bei den Jüngeren sind es zwei war für viele große Medienhäu- öffentliche Rundfunk so lange Reichweiten und gleichzeitig mehr Kanäle bedienen sollen, Drittel. Diese Verschiebung muss ser ein integrierter Newsroom. wie möglich durch die Politik ge- wachsendem Gebührenbedarf drückt das die Produktqualität endlich akzeptiert werden. Es Auch solche sind in Österreich schützt wurde. Das bewirkte Ent- Andy Kaltenbrunner ist immer weiter auf. und erst recht die Zahlungs- gibt immer noch viel zu wenige deutlich später eingeführt wicklungsblockaden aller Art. geschäftsführender Gesellschafter bereitschaft des Publikums. eigenständige Onlineangebote, worden als in anderen Ländern. Wir hatten und haben – immer des Medienhaus Wien und Warum wird es gerade jetzt Im Inseraten-Business gibt es die nicht bloß Abbild von Print Im ORF kommt der Newsroom noch – eine im internationalen leitet dort und am CMC- Institut der Österreichischen kritisch? zugleich einen Generationen- wie E-Papers oder der alte Rund- erst jetzt, mehr als ein Jahrzehnt Vergleich enorm hohe Print- Akademie der Wissenschaften Kaltenbrunner: Bisher haben wechsel. Sowohl in den Werbe- funk in TVthek-Form sind. Viele nach den skandinavischen Sen- reichweite. Das hat diesem größ- sowie an der Universität Klagenfurt Forschungsprojekte die Medienhäuser vor allem und Marketingabteilungen der etablierte Medienhäuser stehen dern oder der BBC. In manchen ten Mediensektor zusätzliche zu Medientransition und durch eigene Sparmaßnahmen Unternehmen als auch in den bei der Digitalisierung immer Häusern gibt es immer noch Zeit verschafft. Förderungen und Journalismusinnovation. WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
24 / TRENDS TRENDS / 25 PRINT Print: Es geht bergab In einigen wohlhabenden Län- dern gab es im vergangenen 2015 71% 2013 Jahr signifikante Zuwäch- 63% 2015 2021 59% 2013 Anteil der über se beim Anteil jener, die für 45% 2016 47% 18-Jährigen, 41% Online-Nachrichten Geld be- 2021 die in der 2021 vergangenen zahlen. Trotzdem sind die GEHT IN DEN 26% 2021 2021 21% 18% 16% Woche Zahlen noch eher bescheiden. Nachrichten in einer „Die überwiegende Mehrheit gedruckten Zeitung der Konsumenten weigert sich LOCKDOWN Österreich Deutschland Italien Norwegen USA gelesen haben. weiterhin, für Online-Nach- richten zu bezahlen“, schreiben Online-News: Gerne, aber bitte gratis die StudienautorInnen. Außer- Anteil der über 18-Jährigen, die im vergangenen Jahr dem stellt das Reuters Institu- für Online-Nachrichten bezahlt haben. te eine „Winner takes most“- D 45% Dynamik fest: In den meisten ie Corona-Pandemie hat auch in der Medienwelt 30% Ländern entfällt der Großteil der Während der Corona- 21% 18% die Digitalisierung weiter an- 13% 12% 9% Digital-Abos auf eine kleine Zahl geheizt. Durch die Lockdowns großer Marken. Beispiel USA: Pandemie stieg sind die Leserzahlen von Print- Zeitungen in vielen Ländern Norwegen Schweden USA Polen Italien Österreich Deutschland Immerhin 45 Prozent der Digi- tal-AbonnentInnen sind Kun- die Zahl jener, die stark zurückgegangen, heißt es dInnen entweder der „New York im „Digital News Report 2021“ Wo sich Österreich informiert Times“, der „Washington Post“ des Reuters Institute for the oder des „Wall Street Journal“. für Online-Nachrichten Study of Journalism. Dafür sag- ten mehr Menschen, dass sie 71% 78% 71% 70% 77% Anteil der österreichischen In Großbritannien gehen 52 Prozent der Abos an „The Times“, Erwachsenen, Geld bezahlen. 45% 48% den Informationen etablierter 38% die auf den „Telegraph“ und „Guardian“. jeweiligen Medien vertrauen würden. Im Kanälen In Deutschland ist die Konzent- Allerdings zeigt sich Schnitt waren das in den 46 Län- dern, in denen im Jänner und Nachrichten konsumieren. ration weniger stark ausgeprägt. Generell wird der Zugang zu Quelle: Reuters Institute Digital News Report 2021 Print TV Online Social Media 2015 2021 eine „Winner takes Februar 2021 Umfragen durch- (inkl. Social Media) Nachrichten vielfältiger. Nur je- geführt wurden, 44 Prozent – im- der Vierte startet seine Nachrich- merhin um sechs Prozentpunkte Der PC wird zum Dinosaurier ten-Lektüre auf einer Nachrich- most“-Dynamik, mehr als ein Jahr davor. Wobei die Schwankungsbreite groß ist: 75% 67% 53% ten-Webseite oder -App. 18- bis 24-Jährige haben eine beson- sagt das Reuters In Finnland vertrauen 65 Pro- zent der Menschen zumindest 41% 18% 22% ders schwache Verbindung zu Webseiten und Apps – sie bevor- Institute im „Digital meistens den Nachrichten, wäh- rend es in den USA nur 29 Pro- Anteil der österreichischen Erwachsenen, die die jeweiligen Geräte für den zugen soziale Medien, Nachrich- ten-Aggregatoren oder mobile News Report 2021“. zent sind. In Österreich sind es Nachrichtenkonsum verwenden. Benachrichtigungen (Alerts). « 46 Prozent. Smartphone Tablet PC 2015 2021 WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
26 / TRENDS TRENDS / 27 Wer die junge Generation erreichen will, WO DIE JUNGEN SIND muss nicht nur auf die richtigen Kanäle setzen. 98% „ 93% Es braucht auch mehr unterhaltsames Storytelling, 84% sagt Jugendforscherin Beate Großegger. 75% 57% 39% 34% 33% 27% 26% Abkehr von Qualitätsmedien Whatsapp Youtube Instagram Snapchat TikTok Pinterest Facebook Discord Skype Anteil der österreichischen Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren, die die jeweilige Internetplattform benutzen.Quelle: Jugend-Internet-Monitor von Saferinternet.at, Umfrage im November und Dezember 2020 Twitch D ie Corona-Pandemie hat die Digitalisierung mas- siv beschleunigt. Oder ist doch das Berufsleben. Homeoffice? Gerne ein paar Tage die Woche, aber bitte nicht ausschließlich – so Großegger. Die Trends seien weiterhin ganz klar: großes Inte- resse an Bewegtbild, alles digital die das gleiche Wissen vermit- teln, aber dabei unterhaltsamer sind. kommunizieren will, muss aber viel mehr als nur die richtigen Kanäle beachten. Es geht auch das Gegenteil der Fall? „Das ist man will sich schließlich auch und on demand, alles möglichst um die richtige Form der An- die heiße Frage derzeit“, sagt mal mit den KollegInnen vor Ort gratis, und eine Abkehr von BLOSSE FAKTEN sprache: Eine argumentativ-dis- Beate Großegger, wissenschaft- austauschen. Was jetzt ansteht, redaktionellen Qualitätsmedien. SIND LANGWEILIG kursive, faktenlastige Strategie liche Leiterin des Instituts für ist eine Neuausrichtung: Was Letztere hätten für die breite ist heutzutage zum Scheitern Jugendkulturforschung in Wien. wollen wir digital und was nicht? Masse der unter 25-Jährigen Für Printzeitungen sieht Groß- verurteilt. „Da steigen die jungen Natürlich sei das mobile Internet jegliche Bedeutung verloren. egger generell schwarz. „Meine Leute aus, das finden sie lang- für die junge Generation heute BEWEGTBILD, „Die sind lediglich für eine kleine Studierenden an der Uni unter- weilig. Man erreicht sie vielmehr so selbstverständlich wie ein ON DEMAND, GRATIS Bildungselite relevant“, sagt die scheiden sich heute massiv von mit einer narrativen Form des Kühlschrank für Ältere. „Aber Jugendforscherin. „Aber auch jenen von vor zehn Jahren“, sagt Storytellings“, erklärt Großegger. es ist nicht das Nonplusultra.“ Etwas anders steht es um die sehen nicht primär die ZIB sie. „Früher gab es in den WGs „Sie werden gerne unterhalten, Junge Menschen waren über ein Medienkonsum und Informa- 2 oder lesen orf.at, sondern immer irgendein kostenloses agieren weniger verkopft. Das Jahr lang de facto weggesperrt tionsverhalten, hier scheint der schauen lieber gleich zu BBC Probeabo. Auf diese Art wur- betrifft sowohl den Inhalt als und auf digitale Tools zurück- Zug ins Digitale eindeutig abge- oder CNN.“ Redaktionelle Me- den bildungsnahe Personen an auch die Form der Präsentation. geworfen. Gerade das dürfte die fahren zu sein. „Man kann davon dien hätten es generell schwer, Qualitätsmedien herangeführt. Auch die Lehrbücher an der Uni Offline-Welt wieder spannender ausgehen, dass die Rezeptions- weil es heute viele funktionale Heute lesen sie alles nur online. sehen heute anders aus als frü- gemacht haben. Das gilt für das kulturen, die den jungen Leuten Äquivalente gibt. Auf Deutsch: Print ist komplett weg.“ her. Eine Seite, die nur aus Text Freizeitverhalten ebenso wie für vertraut sind, bestehen bleiben“, zum Beispiel Youtube-Videos, Wer mit der jungen Generation besteht, ist da undenkbar.“ « WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
/ Rahmenbedingungen KONTEXT WELCHE wären hilfreich? 30 STUDIE „MEDIENINNOVATION IN ÖSTERREICH“ 32 EUGEN RUSS: „INNOVATIONEN WERDEN GEBREMST“ 35 AMEDIA AS / SCHWEIZER MEDIENFÖRDERUNG MEDIA INNOVATION LAB: 36 INNOVATION BRAUCHT RAUM 38 DIE TESTPILOTiNNEN 39 WIE MAN VIELFALT FÖRDERT
30 / KONTEXT ALLES IN ALLEM FÖRDERUNGEN NACH MEDIENGATTUNG 2,83 2,16 1,80 2,60 1,67 4,33 3,42 4,00 4,20 5,00 EHER UNZUFRIEDEN HEIMISCHE MEDIENMACHERiNNEN STELLEN DEM SYSTEM DER ÖFFENTLICHEN FÖRDERUNGEN KEIN SEHR GUTES ZEUGNIS AUS. BEMÄNGELT WIRD MANGELNDE TRANSPARENZ – ABER NICHT NUR. Jenseits von Transparenz und Wichtigkeit Da überrascht fast schon, dass sie von Sie werden als intransparent wahrgenommen, vergleichsweise vielen als „zweckmäßig für Öffentliche Förderungen sind für unser Öffentliche Förderungen sind zweckmäßig als nicht wichtig, und zufrieden ist mit ihnen die Entwicklung von Innovation“ bewertet Unternehmen überlebensnotwendig. für die Entwicklung von Innovation. auch niemand – so kann man die Meinung der werden. Regionale Medien sowie Wochen- und heimischen MedienmacherInnen zum Thema Monatspublikationen sind mit den öffentli- Förderungen zusammenfassen. chen Förderungen besonders unzufrieden. 3,17 2,79 1,50 2,80 3,33 2,83 2,21 1,80 2,60 2,67 FÖRDERUNGEN NACH REICHWEITE UND GRÖSSE 2,05 2,22 2,13 1,69 2,35 3,53 4,19 3,96 4,19 3,84 Regional Österreichweit Öffentliche Förderungen Öffentliche Förderungen sind sind für unser Unternehmen zweckmäßig für die Entwicklung überlebensnotwendig. von Innovation. Alles in allem sind wir/bin ich mit den Alles in allem sind die Kriterien für die Vergabe öffentlichen Förderungen zufrieden. von öffentlichen Förderungen transparent. 2,16 2,93 2,66 3,84 2,31 1,89 2,56 2,32 2,31 2,32 Ab 250 MA 21 – 250 MA Mittelwert TV Print-Tageszeitung Wochen-/ Onlineplattform (Nachrichten-) Die Antwortmöglichkeiten auf alle Monatspublikation Agentur Fragen reichen von 1 („trifft gar nicht Alles in allem sind wir/bin ich mit den Alles in allem sind die Kriterien zu“) bis 6 („trifft voll und ganz zu“). öffentlichen Förderungen zufrieden. für die Vergabe von öffentlichen Informationen zur Studie auf Seite 15. Förderungen transparent. WOHIN? Medieninnovationsreport 2021
/ / „ 32 KONTEXT KONTEXT 33 Vergabe von Regierungsinsera- Käufern pro Tag vor – was das ten wissenschaftlich nachgewie- für eine massive Förderung sen, dass hier Willkür herrscht. wäre. Gleichzeitig schütten Finn- INNOVATIONEN Die zweite Studie wurde bereits land, Schweden und Norwegen von den Bundesländerzeitun- jeweils 60 bis 100 Millionen Euro gen in Oberösterreich, Salzburg, jährlich aus, um kleine Einhei- Tirol und Vorarlberg, von der ten zu stützen. Ich habe den WERDEN Styria und vom „Standard“ mit- Eindruck, dass viele Politiker Förderungen sollten finanziert. Wir sehen also, die in Österreich längst verstanden an journalistische Allianz wird breiter, auch ge- haben, dass so ein Ansatz der samtgesellschaftlich. Immer bessere wäre. Wenn sich die- Qualität gebunden GEBREMST mehr Leute in der Branche füh- se Erkenntnis aber nicht bald sein und nicht len sich unwohl, immer mehr auch an den entscheidenden sehnen sich nach zukunfts- Stellen durchsetzt, werden wir es an die Reichweite, tauglichen Geschäftsmodellen. versäumen, in den Medien- meint Medienmacher Eugen Russ. Jeder, der in Wien mit der U-Bahn häusern die nötigen Strukturen fährt, weiß, dass das bedruckte aufzubauen. Dann dürfen wir Gratispapier ohnehin keinen uns aber in zehn Jahren auch mehr interessiert. Die Leute nicht wundern, wenn deut- lesen ihre Nachrichten auf dem sche Medien nach Österreich Herr Russ, die Teilnehmerinnen vonseiten der Politik eine völ- noch zu gering ist. Offenbar füh- Smartphone. Diese Veränderung überschwappen und wir keine und Teilnehmer der WU-Studie lig verfehlte Lenkungswirkung, len sich noch immer genug Prota- ist aber an der Medienpolitik Antwort haben werden. „Medieninnovation in Österreich“, weil überholte Mediengattungen gonisten auf beiden Seiten – also komplett vorbeigegangen. zu denen ja auch Sie gehörten, gefördert und Innovationen in Medien und Politik – zu wohl in Mit der heuer von der Bundes- haben die staatliche Medienför- Richtung neuer Geschäftsmo- diesem Biotop, das sie geschaf- Wie sollte also eine zeitgemäße regierung beschlossenen Digital- derung in Österreich recht ein- delle gebremst werden. Öster- fen haben. Die kurzfristigen Presseförderung, die Vielfalt er- förderung sollen zusätzlich rund deutig als wenig zufriedenstel- reich ist heute schon Europas Vorteile wiegen noch zu schwer. möglicht, aussehen? 20 Millionen Euro jährlich an die Foto: Russmedia lend und als wenig transparent Freilichtmuseum für gedruckte Da man aber mit Hofbericht- Russ: Als überzeugter Unter- Medienhäuser gehen. Ein Schritt bewertet. Wie kommt es zu so Gratistageszeitungen. Durch die- erstattung keine zahlenden nehmer würde ich diese Frage in die richtige Richtung? einem Urteil? se Förderung der reichweitenfi- Abonnenten gewinnen kann, zunächst einmal dem Markt Russ: Die Richtung stimmt. Eugen Russ: Die aufgrund von nanzierten Publizistik setzen wir können sich die begünstigten überlassen – und gleichzeitig Leider wurde aber auch viel Gesetzen vergebene Presse- die Lebensfähigkeit der österrei- Medien auch nur schwer vorstel- die publizistische Vielfalt massiv Wasser in den Wein gegossen, Eugen A. Russ ist seit 1983 förderung liegt bekanntlich bei chischen Medienlandschaft aufs len, auf andere Geschäftsmodel- staatlich fördern. Schauen wir denn ein großer Teil der Summe Geschäftsführer der Russmedia fördert Gratisfernsehen und Gra- mit Hauptsitz in Schwarzach knapp 9 Millionen Euro jährlich. Spiel. le umzusteigen. nach Skandinavien. Dort liegt in Vorarlberg. Mit den beiden Demgegenüber steht eine selek- der Mehrwertsteuersatz für Ver- tisradio. Was die Gesamtsumme Tageszeitungen Vorarlberger Nachrichten und Neue Vorarlberger tive Medienförderung durch öf- Wenn so viele Medienmacherin- Woher kommt die Veränderung triebserlöse bei null, was auch angeht, sind 20 Millionen gut, Tageszeitung sowie einer starken fentliche Inserate, die im letzten nen und Medienmacher diese dann? großen Medienhäusern zugu- aber noch weit von dem ent- multimedialen Präsenz – von vol.at bis Antenne Vorarlberg – gilt Jahr an die 300 Millionen Euro Problematik wahrnehmen, war- Russ: Man muss Bewusstsein tekommt. Stellen wir uns das fernt, was notwendig wäre. In der Russmedia als digitaler Vorreiter ausgemacht hat. Langfristig hat um ändert sich nichts? schaffen. Das Medienhaus Wien einmal übertragen auf die „Kro- Schweiz werden Kaufzeitungen, in Österreichs Medienszene. Das Unternehmen beschäftigt rund diese willkürliche Freivergabe Russ: Weil der öffentliche Druck hat in zwei Studien über die nen Zeitung“ mit ihren 600.000 auch reine Onlinemedien, mit 500 MitarbeiterInnen in Österreich. WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
34 / KONTEXT insgesamt rund 200 Millionen „ Die Amedia AS erreicht mit ihren KONTEXT / sollten von der kostenlosen 35 AMEDIA Euro jährlich unterstützt – auf Wir können Abos nur 90 lokalen und regionalen Print- Registrierung profitieren, Re- Grundlage von Gesetzen und mit Der lokale und Onlinezeitungen rund zwei gistrierte von einem Digitalabo klaren Richtlinien. (Anm.: Details verkaufen, wenn wir unseren Millionen LeserInnen täglich. und bestehende Printabo- Digitalgigant zur Schweiz auf Seite 35) Die Förderung müsste also viel Kunden wirklich nützliche 1,6 Millionen NorwegerInnen über 18 Jahren – das sind rund nenntInnen von Premium- Digitalangeboten. Umgerechnet stärker an journalistische Quali- tät gebunden sein statt an die Inhalte anbieten. 40 Prozent dieses Bevölkerungs- segments – sind bei Amedias 24 Euro pro Monat kostet heute das Abo, das die gesamte Amedia- Reichweite. Die zweite regula- universalem Login-System aID Zeitungswelt online zugänglich torische Stellschraube, an der einen unglaublichen Optimis- solche mit hoher Zahlungsbereit- registriert. 45 Prozent der Ein- macht. Bereits die Hälfte der zu drehen wäre, sind dringend mus geschürt. Amedia hat vor schaft für digitale Inhalte einstu- nahmen kommen von zahlen- AbonnentInnen zahlt „digital notwendige Beschränkungen für einigen Jahren gesagt, der fen. Regiert also doch die Skepsis den LeserInnen, 36 Prozent aus only“. den ORF im Onlinenachrichten- Kampf um die Werbung ist ver- vor dem Neuen? Vielleicht auch Werbung. Im Jahr 2014 änderte Entscheidender Teil der Strate- Sektor. Mit 660 Millionen Euro loren – gegen Google, Facebook Angst, Fehler zu machen? das Medienhaus seine Erlös- gie: die enge Bindung zwischen Förderung pro Jahr ausgestattet, und den nationalen Platzhirsch Russ: Im Werbemarkt werden strategie radikal und setzte alles Redaktion und Leserschaft verzerrt der ORF diesen Markt Schibsted haben wir ohne- wir nichts mehr gewinnen, es daran, die LeserInnen dazu zu mittels Technologie. Die 900 massiv. Der ORF bekommt sei- hin keine Chance. Stattdessen bleiben nur die Vetriebserlöse. bewegen, in der Wertschöp- Amedia-JournalistInnen können ne Gebühren für Fernsehen und haben sie komplett auf Abos Und wenn wir als österreichi- fungskette jeweils eine Stufe genau verfolgen, welche Abon- Radio, nicht für „Online only“ im gesetzt und das Smartphone sche Medienhäuser nicht ein- höher zu steigen: Unregistrierte nentInnen ihre Artikel lesen. Newsbereich. zum Hauptvertriebskanal ge- mal diesen Rahm der 13 Prozent macht – anstelle der gedruckten abschöpfen wollen, werden es Wohin stecken innovative Zeitung. Mittlerweile haben sie eben andere tun. Vor zehn bis SCHWEIZ (110 Mio. Euro) beschlossen, generierten Umsatzes. Je höher Medienunternehmerinnen und eine Rentabilität von 25 Prozent 15 Jahren sind wir als Medien- sondern auch eine neuartige der Umsatz, desto niedriger der -unternehmer potenzielle Trans- und sind dabei, auf den schwe- branche dem Irrtum aufgeses- 300 Millionen Form der direkten Förderung Beitragssatz. „Die Verlage erhal- formationsförderungen in ihren dischen Markt zu expandieren. sen, dass wir im digitalen Markt speziell für Onlinemedien. ten so einen zusätzlichen Anreiz, Betrieben? Der Schlüssel zum Erfolg sind auf Vertriebserlöse verzichten Franken für 30 Millionen Franken (27,9 digitale Angebote zu entwickeln, aber die Inhalte. Amedia hat können, weil der Vertrieb des Russ: Ganz klar in den Ausbau der Qualität und der Einzigartig- bewiesen, dass die Menschen physischen Produkts ja wegfällt. Onlinemedien Mio. Euro) jährlich sollen in den kommenden zehn Jahren die ein zahlungsbereites Publi- kum erreichen“, argumentiert keit der journalistischen Arbeit. bereit sind, 20 bis 30 Euro Dass Google und Facebook die an online erscheinende Nach- der Schweizer Bundesrat. Im Fall von Russmedia wäre das monatlich – Amedia sagt immer: Werbewirtschaft auf den Kopf richtenmedien ausgeschüttet Eine klare Lenkungsabsicht die regionale Berichterstattung. zweimal Netflix – zu bezahlen, stellen, war in der Form nicht werden – und zwar explizit als lässt sich auch aus den quali- Wir können Abos nur verkau- um einzigartigen Journalismus vorhersehbar. Jahrzehntelang wurde die Pres- „Unterstützung bei der digitalen tativen Auflagen der neuen On- fen, wenn wir unseren Kunden zu bekommen, der für sie von Wir können auch heute se in der Schweiz nur indirekt Transformation“. linemedien-Förderung ablesen: wirklich nützliche Inhalte anbie- Nutzen ist. (Anm.: Details zu nicht in die Zukunft schauen, gefördert – über großzügige Gefördert werden nur solche Voraussetzungen sind etwa die ten. Und diese uniquen Inhalte Amedia auf Seite 35) und natürlich müssen wir im- Mehrwertsteuer- und Zustell- Titel, die auf Erträge der Leser- klare Trennung von redaktionel- kreiert man nur über Manpow- mer auf Sicht fahren. Aber es ermäßigungen. Im Juni 2021 schaft durch Abos, Einzelabrufe len Inhalten und Werbung, die er, mit einer großen Zahl an gut Aus der Studie „Medieninnova- geht ja gar nicht darum, un- hat die Bundesversammlung oder Spenden zählen können, Ausrichtung auf ein schweizeri- geschulten Mitarbeiterinnen tion in Österreich” geht hervor, bedingt immer alle Fehler zu nicht nur eine Erhöhung dieser keine Gratisangebote. Die Förde- sches Publikum und journalisti- und Mitarbeitern. Der Erfolg der dass die Befragten nur 13 Prozent vermeiden. Es geht darum, dass Zustellungsförderungen von rungshöhe beträgt bei kleineren sche Arbeit entlang anerkannter norwegischen Amedia hat in mir ihrer Kundinnen und Kunden als wir endlich loslegen. « 50 auf 120 Millionen Franken Medien bis zu 60 Prozent des Branchenrichtlinien. « WOHIN? WOHIN? Medieninnovationsreport 2021 Medieninnovationsreport 2021
36 / KONTEXT KONTEXT / 37 INNOVATION BRAUCHT GEÖFFNETE RÄUME, wollen wir an der Schnittstelle zwischen Medien- RAUM unternehmen und Medieninnovatorinnen und -in- GETEILTE NETZWERKE novatoren sitzen und den Medienmarkt um uns Die jungen MedienmacherInnen nehmen nun an herum als Ganzes nach vorne bringen. Die Unter- der über drei Monate laufenden Testphase des nehmen, die durch unser Media Innovation Lab ge- Media Innovation Lab im Herbst 2021 teil. „Jour- gangen sind, sollen sich ja eigenständig etablieren. nalistische Medien-Start-ups sind im Content Gerade die Innovationen von MediaTech-Start-ups durchwegs sehr stark, es fehlt ihnen aber oft am kommen so der ganzen Branche zugute.“ In wei- Know-how im Marketing oder beim Aufbau der terer Folge soll auch ein 360-Grad-Traineeship für Reichweite“, konstatiert Graf. „Wenn sie in der Pha- JournalistInnen ins Angebot der Wiener Zeitung se unmittelbar nach der Gründung alleingelassen Mediengruppe aufgenommen werden. D ie österreichische Medien-Start-up-Sze- werden, ist die Gefahr groß, dass die eingesam- ne ist in Bewegung. Die Infrastruktur melten Förderungen oder Anschubfinanzierungen NEUE ROLLEN, NEUE PARTNER wird von Jahr zu Jahr dichter, öffentli- in der Strukturlosigkeit verpuffen. Hier sehen wir che Förderungen wie die Wiener Medieninitiative eine Lücke im aktuellen Fördersystem – und hier Die Wiener Zeitung mit ihren 318 Jahren als die der Stadt Wien richten sich explizit an innovative setzen wir an. Das Media Innovation Lab greift neue „Innovationsplattform“ der österreichischen journalistische und Projekte. Heute wird bereits den jungen Kolleginnen und Kollegen als Inkuba- Medienbranche? Markus Graf weiß, dass das Vorha- jedes zehnte österreichische Start-up in der Krea- tor unter die Arme, stattet sie mit Wissen, techni- ben Augenbrauen und Mundwinkel in der Szene in tivwirtschaft gegründet – vor zehn Jahren lag der schen und räumlichen Möglichkeiten aus, damit Bewegung versetzen wird. „Wir müssen alle radikal Anteil noch bei drei Prozent. Entsprechend diver- sich ihre Projekte auf Dauer selbst tragen können.“ umdenken, die Branche wird sich in den nächsten ser und mutiger werden auch die Projekte junger Das Know-how kommt dabei aus dem Haus. Graf fünf bis zehn Jahren noch dramatisch verändern MedienunternehmerInnen. Um diese dabei zu nennt drei Bereiche, in denen die Wiener Zeitung – genauso wie die Konsumgewohnheiten unserer unterstützen, gesunde Unternehmensstrukturen Mediengruppe und ihre MitarbeiterInnen die jun- Userinnen und User. Vielen Medienhäusern fehlt Mit dem aufzubauen und sich am Markt zu festigen, startet gen Unternehmen fördern werden: „Erstens geht es aber an Zeit und Ressourcen, die Innovationen die Wiener Zeitung Mediengruppe im Herbst 2021 es um individuelle Coachings, Produktinnovation, auszuprobieren und am Markt voranzutreiben, die Media Innovation Lab das Media Innovation Lab. „Jedes Jahr schießen Vermarktungsstrategien und Channel-basierte morgen unseren Platz als österreichische Medien- schließt die immer mehr spannende Medienprojekte in Öster- Content Creation zur Steigerung der Reichweiten. branche in der Welt sichern werden. Und genau Wiener Zeitung reich aus dem Boden. Manche bauen sich mit ein- zigartigen Inhalten treue Leserschaften auf, andere Zweitens stellen wir alle unsere Facilities zur Ver- fügung, von Meetingräumen über Office Space bis diese Rolle wollen wir mit dem Media Innovation Lab übernehmen.“ Mediengruppe arbeiten an neuen Technologien“, sagt Markus zu unserem neuen Multimediaraum. Und drittens eine Lücke im Graf, CCO der Wiener Zeitung Mediengruppe. „Mit dem Media Innovation Lab bieten wir diesen jun- öffnen wir unser Netzwerk, das heißt, wir bringen die Start-ups mit unseren Kontakten in der Branche Mittelfristig wird sich das Media Innovation Lab wohl an seinem Vorbild, dem Media Lab Bayern, Förderwesen für gen Unternehmen ein über neun Monate laufen- zusammen. Diese Kombination gibt es in Österreich messen lassen müssen. Der Erfolg der Münchner Medien-Start-ups – des Programm intensiver persönlicher Unterstüt- zung an.“ Drei jüngst gestartete Medienprojekte einfach noch nicht.“ Initiative, die vom Freistaat Bayern gefördert wird, spricht für sich: In den vergangenen fünf Jahren hat und findet für sich aus Wien haben die Einladung der Wiener Zeitung NEW YORK – MÜNCHEN – WIEN sie 44 Start-ups betreut beziehungsweise hervorge- selbst eine neue Mediengruppe bereits angenommen. Alle drei bracht, die ihrerseits mehr als 100 Produkt-Proto- verfolgen einen crossmedialen Ansatz mit Websites, „Wir orientieren uns am New York City Media Lab typen entwickelt, über 200 Arbeitsplätze geschaf- Rolle in Österreichs Podcasts, Social-Media-Channels und erscheinen – und am Media Lab Bayern“, erklärt Graf das selbst- fen und rund 12 Millionen Euro an Investments Medienbranche. zum Teil – auch als Printmagazin. (siehe Seite 38) gesteckte Ziel. „So wie diese beiden Vorbilder lukriert haben. « WOHIN? WOHIN? 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