Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen
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Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) Liebe Partner des Tourismus NRW e.V., sehr geehrte Damen und Herren, die Pandemie hat die nordrhein-westfälische Tourismusbranche weiter fest im Griff. Das aktuelle Update des Living Papers zur Corona-Krise liefert umfangreiche Zahlen und Fakten, die als Grundlage für künftige Entscheidungen genutzt werden können. Die vorliegenden Kurzinformationen wurden mit Unterstützung der dwif-Consulting GmbH erstellt. Sie liegen den Ergebnissen des dwif-Corona-Kompass, der Veröffentlichungen im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers Westfalen-Lippe sowie den Marktforschungsinstrumenten des Tourismus NRW e.V. zugrunde. Bleiben Sie gesund! Ihr Team des Tourismus NRW e.V. TOURISMUS BUNDESWEIT STARK VON DEN AUSWIRKUNGEN DER CORONA-PANDEMIE BETROFFEN – ÜBERNACH- TUNGEN IN NRW ERHOLEN SICH AUCH IM SOMMER 2021 NUR LANGSAM Daten aus der amtlichen Tourismusstatistik liegen derzeit Kreis Mettmann, Main und Taunus (mit Frankfurt/Main), bis einschließlich August 2021 flächendeckend vor. Im Köln und der Rhein-Erft-Kreis und München wieder (-45 Folgenden werden die Daten zwischen Juni und August Prozent bis -55 Prozent), allesamt geprägt von hohen An- im Detail betrachtet. Diese Monate geben die Entwick- teilen in den Geschäftsreisesegmenten und/oder im Inco- lung aufgrund der besseren Vergleichbarkeit (ohne Ver- ming. zerrungen durch die Lockdowns) über die beiden letzten Jahre hinweg realistisch wieder. Natürlich spiegeln sich diese Trends auch in der Entwick- lung des Tourismus in Nordrhein-Westfalen insgesamt wi- Die Sommerbilanz 2021: Im Zeitraum Juni bis August wur- der: Es wurden knapp 4,7 Mio. Übernachtungen in ge- den im Vergleich zu einem Normaljahr bundesweit rund werblichen Betrieben weniger als 2019 (-31,7 Prozent) 32 Mio. gewerbliche Übernachtungen weniger verzeich- gezählt, aber immerhin 1,2 Mio. Übernachtungen mehr als net. Dies entsprach einem Minus von 19,2 Prozent gegen- noch 2020. Das ist die Bilanz für den Zeitraum Juni bis Au- über 2019. Die Entwicklung zeigte sich länderspezifisch gust 2021 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 in jedoch sehr unterschiedlich und reichte von +5 Prozent NRW. Die Entwicklung in den Regionen ist unterschied- (Schleswig-Holstein) bis -50 Prozent (Berlin). Dabei entwi- lich. Waren es im Sauerland -12 Prozent, sind es in der Re- ckelte sich der Incoming-Markt weiter verhalten, während gion Düsseldorf und Kreis Mettmann –54 Prozent. Damit im Sommer Reisen deutscher Gäste ins Ausland durch die ist die Tourismusbranche in Nordrhein-Westfalen auch zunehmende Erreichbarkeit insbesondere europaweit 2021 stärker von den Auswirkungen der Corona-Pande- wieder anzogen. mie betroffen als der Bundesdurchschnitt. Die große Be- deutung des Städtetourismus, der (Groß)Veranstaltungen Seit dem Frühsommer ist eine deutliche Erholung in Küs- im Leisure Segment, der Messen und Tagungen an den ten- und Seendestinationen sowie in den Bergen zu be- MICE-Standorten und der vielen ausländischen Gäste sind obachten. Hier wirkten insbesondere Zuwächse durch Begründungsansätze. Denn in diesen Marktsegmenten den ausgebuchten Ferienwohnungsmarkt und ein starkes sind die größten Einbußen zu beobachten. Camping-Segment. Die Erholung in Städtedestinationen gestaltet sich nach wie vor langsamer, aber mit ersten po- Das temporäre Aussetzen der Marktregeln durch Ein- sitiven Signalen. Zu den Gewinnern zählten im Sommer schränkungen im Zuge der Corona-Pandemie hält an, al- 2021 die Destinationen Ostseeküste in Schleswig-Hol- lerdings zeigen die Nachfragetrends, dass die Attraktivität stein, die Holsteinische Schweiz, West-mecklenburg, die und die Begehrlichkeit einer Destination wieder stärker Prignitz und das Fränkische Seenland. Diese Destinatio- wirken. Die zunehmende Segmentierung im Übernach- nen verbuchten einen Übernachtungszuwachs im Ver- tungstourismus nimmt weiter zu und zeigt sich in unter- gleich zum Sommer 2019. Unter den Regionen mit den schiedlichen Entwicklungen zwischen Betriebs- und Des- größten Einbußen gegenüber der Zeit vor der Corona- tinationstypen, aber auch zwischen ein- Pandemie finden sich die Ahr (bedingt durch die Flutkata- zelnen Betrieben vor Ort. Dies ist auf strophe) sowie die Städtedestinationen Düsseldorf und
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) die Bedeutung einzelner Marktsegmente (z.B. Geschäfts- unterkünfte) zurückzuführen. Die Auswirkungen der aktu- reiseverkehr/MICE, Incoming, Gruppengeschäft) und Be- ellen Rahmenbedingungen rund um 3G und 2G sind mit triebs-typen (z.B. Anteile Hotellerie vs. Camping/Ferien- Blick auf den Herbst/Winter 2021/2022 noch nicht mit Zahlen zu belegen. Nachfrageeinbußen im Tourismus in NRW durch die Corona-Pandemie – Jahr 2020 -55,6 Januar-August ggü. Vergleichszeitraum 2019 (%) -31,7 Juni-August ggü. Vergleichszeitraum 2019 (%) -21,7 Auslastung (ohne Camping) Januar-August ggü. Vergleichszeitraum 2019 (%-Punkte) Münsterland HERKUNFT NRW -44,7 Teutoburger Wald Inland Ausland -12,9 -23,4 -62,3 -41,0 -17,8 Ruhr- -20,7 Übernachtungen Juni-August ggü. Niederrhein gebiet -16,6 Vergleichszeitraum 2019 (%) -56,9 -49,5 DESTINATIONSTYPEN DEUTSCHLAND -37,4 Sauerland -28,4 -22,2 -48,8 Städte -42,8 -17,2 1 -12,3 3 Mittelgebirge -21,2 -16,3 Flach-/Hügelland -15,3 4 2 -40,7 Seen -5,8 Siegen- -58,1 -27,6 Wittgenstein -61,5 -36,5 -13,6 Eifel und Region -38,6 Aachen -20,1 Bonn und -23,2 Rhein-Sieg-Kreis 1: Düsseldorf und 2: Köln und Rhein- 3: Bergisches 4: Bergisches Kreis Mettmann Erft-Kreis Städtedreieck Land -73,2 -68,1 -59,6 -53,0 -54,4 -45,9 -44,5 -33,1 -30,0 -31,4 -21,3 -17,4 Quelle: dwif November 2021, Daten Destatis/Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen Knapp 50 Mrd. Euro Verlust in den Destinationen in – Diskussionen rund um das Thema „freiwillige Aufgabe Deutschland durch die Auswirkungen der Corona-Pan- Tourismus“ aktiv anstoßen. Transparenz und ein offe- demie im 1. Halbjahr 2021 nes Miteinander sind hier wichtig. Nach exklusiven Berechnungen des dwif beläuft sich der – Vielerorts angeschobenen Prozesse zur Bildung wett- Umsatzausfall in den Destinationen in Deutschland für bewerbsfähiger Destinationsmanagementorganisatio- den Zeitraum Januar bis Juni 2021 auf 49,9 Mrd. Euro. nen weiterführen bzw. initiieren Sie diese (Aufgabentei- Der Tages- und der Übernachtungstourismus sind davon lung, Finanzierung etc.) insgesamt fast gleichermaßen betroffen. Das entsprach – Das veränderte Buchungsverhalten hin zu einer stärke- wöchentlichen Umsatzeinbußen in Höhe von 1,9 Mrd. ren Kurzfristigkeit, flexiblen Stornobedingungen etc. Euro. sollte berücksichtigt werden. Was bedeutet das für Betriebe und Destinationen? – Unabhängig von den übergeordneten gesellschaftli- chen (Mega)Trends gibt es derzeit keine Signale für eine Vor dem Hintergrund der aktuellen Trends und Entwick- nachfrageseitig mittelfristige Verhaltensänderung im lungen ergeben sich Handlungsbedarfe und Prüffelder Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie (Wahl der für die Betriebe und Destinationen: Zielorte, Verhältnis Inland/Ausland). Vielmehr gilt es, – Öffentliche Wahrnehmung der Tourismus- und Frei- sich ab 2022 auf einen intensiven Wettbewerb der zeitbranche als Wirtschaftsfaktor stärken. Destinationen (national und internati- onal) einzustellen. 2
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) – Internationale Marketingmaßnahmen sollten ab 2022 schaft, MICE, Gruppenunterkünfte) sollten weiterhin beim Wegfall coronabedingter Restriktionen im inter- geprüft werden. nationalen Reiseverkehr wieder forciert werden. – Betriebliche Investitionsvorhaben sind mit Blick auf – Sicherheit, Hygiene und transparente Kommunikation Zielgruppenanpassungen, neue Konzepte und entspre- mit/für Besucher*innen, Beschäftigte, Bevölkerung und chend den Markttrends neu bewerten. Betriebe werden zu wichtigen Daueraufgaben. – Seitens der Tourismusorganisationen und Länder soll- – Geschäftsmodelle sollten überdacht und neue Wege ten die Netzwerke zu den Betrieben gestärkt und Qua- der Kund*innenansprache geprüft werden (z.B. The- litätsinitiativen gestartet werden. Zudem erscheint wei- men- und Zielgruppenausrichtung anpassen). tere Aufklärung zu Fördermöglichkeiten bei Investitio- – Landes- und Bundeshilfen für bestimmte Branchen- nen zielführend, um das Qualitätsniveau zu sichern und segmente/Betriebstypen (z.B. Veranstaltungswirt die Gästezufriedenheit auszubauen. Sonderthema Business-Reisen in Nordrhein-Westfalen zum Thema Business-Reisen befragt. Dies ermöglicht ei- nen Einblick in den Branchenalltag in Nordrhein-Westfa- Der Geschäftsreisemarkt ist ein wichtiges Standbein für len. Folgende Erkenntnisse konnten gewonnen werden: den Tourismus in Nordrhein-Westfalen und seine Leis- – Rein digitale Veranstaltungen waren auch vor Corona tungsträger*innen. Im Jahr 2020 stürzte die Anzahl der schon für knapp 40 Prozent bekannt. Hybride Veran- Geschäftsreisen um 83,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr staltungen hingegen eher weniger (25 Prozent). Für den ab (VDR-Geschäftsreiseanalyse). Etwa vier Fünftel der Großteil der Befragten sind diese allerdings Optionen Umsätze, die Geschäftsreisende sonst vor allem im Gast- für die Zukunft. gewerbe und Transportwesen generieren, brachen in der – Bei der Bewertung der unterschiedlichen Veranstal- Folge im Jahr 2020 weg. tungsformate suchen die Befragten noch nach Orien- tierung (digital oder in Präsenz). Im Zuge der Corona-Pandemie hinterfragen mehr und – Messen und mehrtägige Events eignen sich nach Ein- mehr Unternehmen ihre Geschäftsreisestrategie, weni- schätzung der befragten Partner auch künftig für Prä- ger und kürzere Reisen sind die aktuellen Trends. Insge- senzveranstaltungen. samt ist eine größere Vielfalt an Tagungsformaten ge- – Internationale Veranstaltungen könnten dagegen auch fragt, kleinere Tagungsformate laufen wieder besser an, vermehrt hybrid durchgeführt werden. mehr virtuelle oder hybride Meetings werden durchge- – Das Rahmenprogramm vor Ort ist aus Sicht der Befrag- führt. Zudem steigt die Bedeutung von Nachhaltigkeits- ten weiterhin ein wichtiger Bestandteil. Hierzu zählt aspekten rund um den MICE-Markt. insbesondere das soziale Miteinander, das Knüpfen von Der Markt verändert sich in vielen Bereichen: Netzwerken, deren Bedeutung während der Corona- – Es entstehen zusätzliche Anforderungen an die techni- Pandemie noch größer geworden ist. sche Infrastruktur in Tagungshotels und Locations. Die- se gehen immer häufiger den Weg einer stärkeren Spe- Der große Planungsaufwand für digitale Veranstaltungen zialisierung. ist für den Veranstalter*innen keine Zeitersparnis, son- – Wie auch im Leisure-Markt erfolgt eine stärkere Indivi- dern nur für die Besucher*innen. dualisierung der Nachfrage. Die größte Unsicherheit bei der Planung einer Veranstal- – Dadurch müssen Raumkonzepte flexibler und kreativer tung ist derzeit noch die Frage, ob Besucher*innen schon gedacht werden. bereit sind, auf Veranstaltungen zu gehen angesichts der – Bei analogen Formaten in klassischer Präsenz müssen ungewissen Corona-Lage. die Mehrwerte im Vergleich zum virtuellen Meeting klar herausgestellt werden. Die dargestellten Trends sowie die Einschätzungen der – Die Anforderungen an eine professionelle Vermarktung Partner in Nordrhein-Westfalen machen deutlich: Der steigen: z.B. digitale Darstellung, Storytelling. Geschäftsreisemarkt befindet sich im Wandel und der Im Rahmen einer exklusiven Befragung des Tourismus Wettbewerb wird intensiver. Vor diesem Hintergrund sind die Marktteilnehmenden gefordert, ihre Konzepte zu NRW e.V. im Sommer 2021 wurden die Partner im Land hinterfragen und Veränderungsbereitschaft im Sinne ei- ner kontinuierlichen Marktanpassung zu zeigen. 3
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) SCHLAGLICHTER AUF DAS GASTGEWERBE Angebotsseitig deuten immer mehr Indikatoren auf eine Strukturverschiebung hin. Dauerhafte Marktaustritte ins- Niedrige Zimmerraten, allgegenwärtiger Arbeitskräfte- besondere kleinerer Betriebe wurden durch die Corona- mangel, aber ausbleibende Insolvenzwelle Pandemie forciert. Die Betriebstypen Ferienwohnun- gen/-häuser sowie Camping liegen weiterhin im Trend. Kapazitätsbeschränkungen durch Hygiene- und Ab- Allerdings scheint die anfänglich befürchtete um-fas- standsregeln drücken weiterhin auf die Auslastung der sende Insolvenzwelle auszubleiben. Das Fangnetz aus Betriebe. In den Urlaubsregionen haben viele Anbieter Sofort- und Überbrückungshilfen, Kurzarbeit und be- Preissteigerungen durchgesetzt und im Sommer 2021 triebsindividuellen Maßnahmen sowie die anhaltende von einer guten Auslastung profitiert. Dies war bereits im Reiselust vieler Kernzielgruppen zeigen hier Wirkung. Sommer 2020 zu beobachten und parallel dazu sank die Gästezufriedenheit erstmals seit Jahren bundesweit, am Was bedeutet das für die Betriebe und die Politik? stärksten bei der Bewertung des Preis-Leistungs-Verhält- – Unternehmen müssen sich weiterhin auf Einschränkun- nisses in den Küstenbundesländern. Die Gäste reagieren gen und Regeländerungen – mindestens noch im Win- also durchaus preissensibel, wenngleich das Reiseland ter 2021/2022 einstellen. Deutschland im internationalen Vergleich immer noch ein – Zu den Folgen der Corona-Pandemie zählen eine Zu- vergleichsweise moderates Preisniveau aufweist. spitzung des Arbeitskräftemangels im Tourismus, zu- nehmende Finanzierungfragen und ein drohender Qua- Die aktuellsten Daten von STR-Global zum Preisniveau litäts- und Investitionsstau. Daher sollten mittelfristig und zur Preisentwicklung für den Hotelmarkt in Nord- wirkende Investitions- und Arbeitsmarktprogramme rhein-Westfalen (Schwerpunkt Stadt- und Kettenhotelle- durch Bund und Länder geprüft werden (für Betriebe rie) stammen aus dem September 2021. In diesem Monat und Kommunen). lag der durchschnittliche Zimmererlös (RevPAR) noch um – Der Arbeitskräftemangel zwingt die Betriebe zu Anpas- knapp 47 Prozent unter dem Niveau von 2019. Die sungsmaßnahmen für eine langfristige Wettbewerbs- durchschnittliche Zimmerrate lag im September 2021 bei fähigkeit: z.B. Anpassung der Speisekarte, Preiserhö- 91,30 Euro und damit immerhin wieder knapp 8 Euro hung, zusätzliche Ruhetage, höhere Bezahlung als An- über dem Niveau aus 2020 (2019: 106,20 Euro) Damit reiz für Mitarbeitende, flexiblere Arbeitszeitmodelle. rangiert Nordrhein-Westfalen im Mittelfeld des Bundes- – Achtung: Die Preissensibilität der Gäste ist hoch, das ländervergleichs. Die durchschnittliche Zimmerauslas- hat die Entwicklung 2020 gezeigt. Wenn der europa- tung kletterte im Vergleich des Vorjahresmonats um 13 weite Wettbewerb wieder Fahrt aufnimmt, gilt es die Pro-zentpunkte auf 52,5 Prozent. Die kumulierten Daten Preisschraube nicht zu überdrehen und moderate An- des bisherigen Jahresverlaufs sind weiterhin durch den passungen offen zu kommunizieren (z.B. Arbeitskräfte- Lock-down Anfang 2021 verzerrt und werden deshalb bindung, Qualitätssicherung). nicht näher betrachtet. – Liquidität sichern: Corona hat zur Erhöhung bei Materi- Die vermutlich größte Herausforderung für die Betriebe aleinsatz und Personalkosten geführt. Einsparungspo- ist der akute Arbeitskräftemangel. So waren im August tenziale sollten geprüft werden, z.B. Zulieferer, Versi- 2021 9,6 Prozent weniger sozialversicherungspflichtig cherungen, Energieversorger und IT-Dienstleister, Ein- Beschäftigte im Gastgewerbe in Nordrhein-Westfalen tä- kaufsgemeinschaften. tig als im August 2019 (zum Vergleich Deutschland: – Beherbergungsgewerbe sollten ihre Geschäftsmodelle und ihre Zielgruppen genau auf den Prüfstand stellen -9,3 Prozent). Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstel- und bei Bedarf anpassen, beispielsweise durch len lag im September 2021 26 Prozent unter dem Niveau – (Teil-)Umstellung auf Langzeit-Vermietung, Zielgrup- von 2019 (Deutschland: -24 Prozent) und dennoch waren pendifferenzierung von Tagungshotels etc. 25 Prozent dieser Stellen unbesetzt (2019: 16 Prozent – Den Unternehmen stehen weiterhin Überbrückungshil- unbesetzte Ausbildungsstellen). Viele Betriebe berichten fen zur Verfügung und Soloselbstständige erhalten über zudem über die Abwanderung von Fachkräften in andere die Neustarthilfe Plus eine zielgerichtete Unterstüt- Branchen, was kurz- und mittelfristig zu einem zentralen zung. Diese Möglichkeiten sollten durch die Akteur*in- Hemmfaktor für die Tourismusentwicklung im Land zu nen genutzt werden, um sich zukunftsfähig auf-zustel- werden droht. Diese alarmierenden Zahlen vom touristi- len. schen Arbeitsmarkt zeigen, dass hier dringender Hand- lungsbedarf geboten ist, gemeinsam durch die Betriebe, die Branchenverbände und die Politik.
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) Angebotene Schlafgelegenheiten Nordrhein-Westfalen 2021 365 Schlafgelegenheiten Juli (Tsd.) -4,9 Veränderung ggü. Juli 2019 (%) Münsterland Juli 2021 ggü. Juli 2019 (%) 37.075 Teutoburger Wald -3,0 BETRIEBSTYPEN NRW 46.581 Ruhr- -6,1 Schlafgelegenheiten gebiet Niederrhein 38.154 46.745 Ferienwohnungsmarkt -0,7 -3,3 Sauerland -7,3 52.509 Camping -1,8 1 -3,1 3 Hotellerie -5,6 Gruppenunterkünfte -8,6 4 2 4.646 Siegen- 27.685 -7,5 Wittgenstein 18.272 Eifel und Region -2,7 Aachen -9,5 Bonn und Rhein-Sieg-Kreis 1: Düsseldorf und 2: Köln und Rhein- 3: Bergisches 4: Bergisches Kreis Mettmann Erft-Kreis Städtedreieck Land 32.906 41.243 5.525 13.925 -10,2 -6,0 -7,1 -5,6 Quelle: dwif November 2021, Daten Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen TAGESREISEN UND FREIZEITWIRTSCHAFT Was bedeutet das für die Betriebe und Destinationen? Freizeitwirtschaft weiter unter Druck – Gesundheit und Sicherheit sind und bleiben wichtige Die Freizeitwirtschaft ist mit ihren Einrichtungen ein Erfolgsfaktoren. Bei Abstands- und Hygienekonzepten, wichtiger Anlaufpunkt für die Aktivitäten der Einheimi- Ansätzen zur Besucherlenkung etc. darf weiterhin nicht schen, der Tages- und Übernachtungsgäste und stand nachgelassen werden. zwischen Januar und April 2021 nahezu komplett still. Ab – Eine transparente und verlässliche Kommunikation ist Mai liefen viele Aktivitäten wieder an. Im Sommer 2021 das A und O. Damit werden u.a. Aktualität und qualita- zwischen Juni und September lagen die Besuchszahlen tiv hochwertiger Content wichtiger denn je. Der Aufbau nach Angaben des dwif in zehn beobachteten Bundeslän- und die Umsetzung von Content-Strategien ist gemein- dern (u.a. Westfalen-Lippe in NRW) noch 21 Prozent un- same Aufgabe der Tourismusorganisationen zusammen ter dem Niveau von 2019. Outdoor-Einrichtungen wie mit den Einrichtungen/Betrieben. Zoos/Tierparks und Landschaftsattraktionen konnten – Ein aktives Ausflüglermarketing ist zu empfehlen (Ta- das Niveau aus 2019 bereits wieder übertreffen. Nach ei- gesgäste vom Wohnort und vom Urlaubsort). Gleichzei- ner exklusiven dwif-Umfrage im Rahmen der Sparkassen- tig sollten Maßnahmen zum Ausgleich der Interessen Tourismusbarometer in neun Bundesländern Ende Au- der Anspruchsgruppen Übernachtungsgäste, Tages- gust 2021 sah sich noch jede fünfte Freizeiteinrichtung in gäste, Einheimische gestärkt werden (z.B. Besucherlen- ihrer Existenz bedroht. Sechs von zehn Einrichtungen kung, Kommunikation). hatten Probleme, die im Rahmen der Öffnungsschritte – Maßnahmen/Programme zur Sicherung der öffentli- notwendigen Mitarbeiter*innen zu finden, somit schlägt chen tourismusrelevanten Infrastruktur und für Einrich- der Arbeitskräftemangel auch voll auf die Freizeitwirt- tungen in kommunaler Trägerschaft sind zu prüfen. Oh- schaft durch. 56 Prozent der Einrichtungen mussten ge- nehin sollten gerade jetzt Investiti- plante Investitionen verschieben oder streichen. Mit onsaktivitäten forciert und unter- Blick auf die Preisentwicklung sind noch keine direkten stützt werden. Corona-Effekte zu beobachten.
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) Tagesreisen in NRW als wichtiger Stabilisator sätzlichen Tagesreiseaktivitäten „daheimgebliebener Ur- Der Tagestourismus ist ein milliardenschweres Standbein lauber*innen“ das geringe Juli-Niveau der Jahre im NRW-Tourismus und wichtig für eine kontinuierliche 2018/2019. Auslastung vieler Einrichtungen und Anbieter. Das Aktivitätenspektrum hat sich dabei erheblich verän- Eine Sonderauswertung des dwif-Tagesreisenmonitors dert. Bedingt durch allgemeine Einschränkungen (Men- im Auftrag des Tourismus NRW e.V. zeigt: Im Vergleich genbegrenzungen etc.), Schließungen von Attraktio- mit den Werten eines „Normaljahres“ zeigt sich in Nord- nen/Sehenswürdigkeiten und gastronomischen Einrich- rhein-Westfalen zu Beginn des Jahres 2021 ein deutli- tungen oder Veranstaltungsabsagen lassen sich von Ja- cher Rückgang der Tagesausflüge. Bis einschließlich April nuar bis September 2021 (zwangsweise) Veränderungen haben sich die privaten Tagesreiseaktivitäten in und nach bei den Aktivitäten erkennen. D.h. eine Verlagerung auf Nordrhein-Westfalen – analog zum ersten Lockdown „naturnahe Aktivitäten“ und massive Rückgänge bei Be- 2020 – in der Regel um fast die Hälfte reduziert. Nach suchen von Gastronomie, Sehenswürdigkeiten/Attrakti- den (ersten) Lockerungen zeigt sich im privat motivierten onen oder Veranstaltungen etc. Tagestourismus ab Mai 2021 ein kontinuierlicher An- stieg, sodass im Juni 2021 wieder das Niveau eines Nor- Auch in der Re-Start-Phase 2021 zeigten sich Outdoor- maljahres erreicht wurde. Im Juli wurden die Werte der Aktivitäten wie Wandern/Radfahren, der Besuch von Na- vergangenen Jahre sogar übertroffen. Ursache hierfür ist turattraktionen sowie Erholungs-/Spazierfahrten noch neben der Verschiebung der Sommerferien und der zu- überdurchschnittlich stark, bevor sie sich im Sommer teil- weise wieder Richtung Normalniveau entwickelten. Aktivitäten und weitere Schlüsselindikatoren zu den Tagesausflügen in NRW 2021 Aktivitäten der Tagesausflügler*innen nach Monat (Veränderung 2021 gegenüber einem „Normaljahr“ in %) 300 Januar bis Januar bis September September 250 2021 Normaljahr 200 150 Distanz zwischen 34 km 40 km 100 Wohnort und Zielort 50 Ø- Aufenthaltsdauer 3,7 h 4,0 h am Zielort 0 Anreiseverkehrsmittel: -50 70% / 9% 72% / 5% PKW / Fahrrad -100 Ausflugsziele nach Jan/Feb Mrz/Apr Mai/Jun Jul/Aug Sept Regionstypen: 58% / 23% 57% / 24% Städte / Mittelgebirge Erholungs-/Spazierfahrt Landschafts-/Naturattraktionen Wandern, Radfahren Gastronomie Sehenswürdigkeiten Veranstaltungen Shopping Quelle: dwif 2021, Datenquelle dwif-Tagesreisenmonitor 2021, Sonderauswertung für NRW Sehenswürdigkeiten und vor allem Gastronomiebesuche Im Vergleich zu einem Normaljahr fanden in den Mona- sind durch eine schnellere Regeneration gekennzeichnet ten Januar bis April 2021 erwartungsgemäß auch deut- und erreichten nach Ende der Einschränkungen zügig lich weniger Tagesgeschäftsreisen in und nach Nord- wieder Normalniveau. Veranstaltungsbezogene Tages- rhein-Westfalen statt. Wie bei den privaten Tagesreisen ausflüge zeigten sich nach dem Re-Start noch über Mo- zeigt sich auch bei den Tagesgeschäftsreisen nach den nate hinweg weit unterdurchschnittlich (durch Beschrän- ersten Lockerungen im Mai 2021 wieder ein leichter An- kungen, Vorlauf für Planungen etc.). Erst in den Monaten stieg. Ihre Entwicklung verlief im Gegensatz zu den Ta- August und September 2021 zeigt sich aufgrund der gesausflügen aber deutlich weniger dynamisch, sodass leichten Lockerungen im Veranstaltungswesen langsam bei den Tagesgeschäftsreisen erst ab September 2021 ein Trend nach oben. von einer leichten Normalisierung ge- sprochen werden kann. 6
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 14. Dezember 2021) Niveau privater Tagesausflüge nach Monaten in Nordrhein-Westfalen 2021 im Vergleich -2% +18% ±0% +12% -9% -12% -13% -9% -33% -30% -46% -45% -43% -42% Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Tagesausflüge Normaljahr Tagesausflüge 2020 Tagesausflüge 2021 Veränderung ggü. Normaljahr Quelle: dwif 2021, Datenquelle dwif-Tagesreisenmonitor 2020/2021 Bundesweites Ausflugsverhalten seit Sommer 2021: – Outdoor-Aktivitäten nach wie vor überdurchschnittlich – Sehenswürdigkeiten/Kulturangebote mit langsamerer stark ausgeprägt, Bedeutung der öffentlichen Infra- Regeneration, keine Überkompensation (z. B. weiterhin struktur und damit verbundener Investitionsbedarfe im Besucherbeschränkungen) Sinne des Vor-Ort-Erlebnisses steigt (z.B. touristische – Veranstaltungen noch weit unterdurchschnittlich Wegenetze, Parkanlagen) (durch Beschränkungen, Vorlauf für Planungen etc.), – Gastronomie mit schneller Regenerationsphase und aber nachgefragt; Empfehlung: neue Konzepte prüfen teilweiser Überkompensation (an Urlaubsorten und in (z.B. kleinere Events, mehr Raum für die Besucher*in- der Naherholung) nen, Voranmeldungen)
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