Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
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wohnen 11/2009 Ro ma nd ie 16 Der soziale Wohnungsbau in der Westschweiz unter der Lupe Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen Von Jean-Christophe Emmenegger* Wie steht es um die Wohnungsversorgung in den Westschweizer Kantonen? Während der Jura oder das Wallis kaum Probleme kennen, fehlen in Genf, Lausanne und Neuenburg Tausende von zahlbaren Wohnungen. Dort haben Kantone und Gemeinden der Wohnungsnot nun den Kampf angesagt. Davon profitieren vielerorts auch die Baugenossenschaften. Illustration: Max Spring
wohnen 11/2009 17 Genf (Kanton und Stadt) Rückbesinnung auf den gemeinnützigen Wohnungsbau Die Situation auf dem Genfer deshalb nach Auslaufen der Subvention auf vor. So gewährt der Kanton Bürgschaften, Foto: swiss-image.ch / Stephan Engler Wohnungsmarkt ist nach wie den freien Markt kommen. Menschen mit Darlehen, Betriebssubventionen und Steu- vor höchst angespannt. Die bescheidenem Einkommen werden aller- erbefreiungen und stellt Land im Baurecht Hälfte aller subventionierten dings weiterhin direkte Hilfe erhalten. Diese zur Verfügung. Wohnungen ist in den letzten erfolgt über die so genannten HM (habitati- zwanzig Jahren verschwun- ons mixtes), wo die Hilfe je nach Einkom- Unbeliebte staatliche Kontrolle den. Dies liegt am System der Habitations à men variiert, und HBM (habitations bon Das kantonale Gesetz über den gemeinnüt- loyer modéré (HLM), dem sich der Kanton marché) für Menschen mit sehr geringem zigen Wohnungsbau (LUP) von 2007 ergänzt nach dem Zweiten Weltkrieg verschrieben Einkommen. diese Hilfen. Es hat zum Ziel, innerhalb von hat. Dabei verbilligt er die Mietzinse von Sowohl der Kanton als auch die Stadt zehn Jahren einen Sockelbestand von 20 Wohnungen, und zwar während zwanzig haben nur wenig Bundeshilfen nach WEG Prozent gemeinnützigen Wohnungen auf- Jahren. In Genuss dieser Hilfe kommen erhalten. Die staatlichen Mittel stammen zubauen. Dabei gelten Vorschriften in Be- auch gewinnorientierte Anbieter. Und hier vor allem aus dem kantonalen Gesetz über zug auf das Höchsteinkommen der Mieter- liegt das Problem: Denn nach Ablauf der den Wohnbau und den Mieterschutz (LGL) schaft und die minimale Belegung der Subventionsdauer werden diese Wohnun- von 1977, das 2000 überarbeitet wurde. «Das Wohnung. Die Bauträger können öffentlich gen in den freien Markt entlassen und gehö- Auslaufen der WEG-Subventionen wird kei- oder privat sein, müssen sich jedoch ver- ren im teuren Genf dann kaum mehr zum ne Auswirkungen haben», sagt denn auch pflichten, die Wohnungen mindestens fünf- günstigen Segment. Vor zwei Jahren hat der der Genfer Stadtpräsident Rémy Pagani. Er zig Jahre dem LUP zu unterstellen. Um den Kanton deshalb mit dem neuen Gesetz über befürwortet direkte Hilfe nur in schwierigen Bestand aufzubauen, stehen jährlich 35 den gemeinnützigen Wohnungsbau (LUP) Fällen, wo Menschen unbedingt Hilfe benö- Millionen Franken zur Verfügung. Sie sollen einen Kurswechsel eingeleitet. Statt Miet- tigen. Denn die Mietzinsverbilligung habe zum Erwerb von Grundstücken und zur zinse zu subventionieren, will man einen keine Auswirkungen auf den Wohnungsbau Förderung des Baus und des Kaufes von Sockelbestand gemeinnütziger Wohnungen und stelle deshalb auch keine Lösung für gemeinnützigen Wohnungen dienen. Ge- aufbauen. Damit stellt der Kanton sicher, den Wohnungsmangel dar. Das LGL sieht mäss Philippe Favarger, Vorsteher der dass der günstige Bestand langfristig zur denn auch eine Reihe von indirekten Hilfen Wohnbaudirektion des Kantons Genf, spre- Verfügung steht. Der Grossteil der HLM soll zugunsten gemeinnütziger Wohnbauträger chen sich der Kanton, die Stadt und die Foto: zVg. Foto: CIA Im Kanton Genf herrscht immense Wohnungsnot. Neue Entwicklungsgebiete tun Not, um Abhilfe Baugenossenschaften und andere zu schaffen. Eines der wichtigsten ist das Quartier du Pommier in Grand-Saconnex, wo der Kanton Land Non-profit-Bauträger unterstützen, aber auch im Baurecht abgibt. Derzeit stellt die Penisonskasse CIA dort zwei Gebäude mit insgesamt selber bauen: So lautet gemäss Stadtpräsident 111 Wohnungen fertig. Zum Zug kamen ebenfalls die Baugenossenschaften Codha und SCHG. Rémy Pagani die Genfer Wohnbaupolitik.
wohnen 11/2009 Ro ma nd ie 18 Gemeinden über die Wohnbaupolitik ab. Einheiten entsprechen den LUP-Vorschrif- bieten kann, erhielten die Genossenschaf- Allerdings: «Über die Umsetzung und be- ten. Der Genfer Wohnbaudirektor möchte ten doch heute schon viel Unterstützung. sonders über die Standorte dieser Wohnun- deshalb auch die Genossenschaften für sein Tatsächlich stiess der Vorschlag bei den am gen gehen die Meinungen auseinander.» Anliegen gewinnen. Am Forum der Wohn- Forum vertretenen Westschweizer Genos- 2008 hat das Immobilienunternehmen Ré- baugenossenschaften (vgl. wohnen 10/2009) senschaften auf wenig Gegenliebe. Es gehe gie du Rhône in Carouge die ersten 140 LUP- skizzierte er diese Zusammenarbeit. Die nicht an, dass man Wohnungen, die auf ei- Wohnungen erstellt. Weiter hat der Kanton Genossenschaften sollen 80 Prozent ihrer genem Grund und Boden stünden, freiwillig 1500 Wohnungen mit tiefen Mieten aus ei- Wohnungen dem LUP unterstellen, wobei unter staatliche Kontrolle stelle, lautete der nem früheren Fonds der maroden Genfer die Obergrenze beim Einkommen und die Tenor. Kantonalbank übernommen. Minimalbelegung zu dem Zeitpunkt, wo ein Zwar sind in Genf rund 45 000 (28 Pro- Mietvertrag abgeschlossen wird, einzuhal- Stadt setzt auf gemischte Siedlungen zent) der insgesamt 160 000 Wohnungen in ten sind. Favarger ist allerdings klar, dass Für den Genfer Stadtpräsidenten Rémy Pa- irgendeiner Weise gefördert. Doch nur 6000 der Kanton wenig neue Gegenleistungen gani ist das LUP jedoch kein Allerheilmittel, Ein Zusammenschluss von Die Förderung des Kantons bestand darin, der, die mehr als 4500 Wohnungen besitzen. Genossenschaften als Partner Bauland zu kaufen und dieses zu gleichen Trotz unterschiedlicher Grössen und Philoso- der öffentlichen Hand Teilen dem subventionierten und dem genos- phien versucht man, stets einen gemeinsa- Zwar leisten die Genfer Wohnbaugenossen- senschaftlichen Wohnungsbau zuzuführen. men Nenner zu finden. schaften seit Jahrzehnten einen wichtigen Dem GCHG oblag es, für die Verteilung des Daraus sind echte Partnerschaften ent- Beitrag zur Wohnungsversorgung in der Cal- genossenschaftlichen Teils gerechte Regeln standen und der GCHG ist zur wichtigen Dreh- vin-Stadt. Erst als die Wohnungsnot immer zu finden. Auf diese Weise entstanden neue scheibe für den Austausch und die gegensei- gravierender wurde, schenkte ihnen die öf- kleine Genossenschaften, die sonst nie an tige Unterstützung geworden. Gegenüber der fentliche Hand jedoch die gebührende Auf- Bauland gekommen wären. Im Gegenzug ver- Politik hat er bewiesen, dass sozialer Woh- merksamkeit. 1998 beschloss der Kantonsrat, pflichten sich die Empfänger, ihre Wohnungen nungsbau, hochstehende Architektur und genossenschaftliches Wohnen vermehrt zu den Regeln für den sozialen Wohnungsbau zu günstige Baukosten durchaus unter einen Hut fördern, und wünschte sich dafür einen An- unterstellen («habitat mixte») und einen Ver- zu bringen sind. Beste Aussichten also, um sprechpartner. Dies war die Geburtsstunde kauf grundsätzlich auszuschliessen. Die Miet- der öffentlichen Hand auch künftig als Partner des Groupement des coopératives d’habitation zinse beruhen auf der Kostenmiete, Gewinne zu dienen und mit ihrer Unterstützung neue genevoises (GCHG). Zehn Baugenossenschaf- dürfen nicht gemacht werden. Die Mitglieder genossenschaftliche Projekte aufzugleisen. ten fanden sich unter einer gemeinsamen der GCHG können ihren Mieter-Mitgliedern Ganz aktuell geben jene Flächen Anlass zur ethischen Charta zusammen, die Leitideen in deshalb langfristig günstige Wohnungen bie- Hoffnung, die der Kanton im Rahmen eines Bezug auf nachhaltiges Handeln oder die Ge- ten. Heute umfasst dieser Zusammenschluss Plans zur koordinierten Raumplanung (PAC) meinnützigkeit festlegte. der Genfer Genossenschaften fünfzig Mitglie- zur Weiterentwicklung bestimmt hat. Waadt (und Lausanne) Direkte und indirekte Hilfe Seit der Inkraftsetzung des hat ein neues Reglement für die direkte Hil- Effiziente indirekte Hilfe Foto: swiss-image.ch / Regis Colombo Gesetzes über den Woh- fe verabschiedet (RAIL 2007), das die aus- Was die Förderung des gemeinnützigen nungsbau (LL) im Jahr 1975 laufenden WEG-Unterstützungen kompen- Wohnungsbaus anbelangt, zeigt sich der gründet die Wohnbaupolitik sieren soll. Dabei sollen sich interessierte Kanton jedoch wenig aktiv – ganz im Gegen- des Kantons Waadt auf der Gemeinden mit dem gleichen Betrag wie satz zur Stadt Lausanne. Rund 4000 zusätz- Zusammenarbeit mit der der Kanton beteiligen. So ist zum Beispiel liche Wohnungen wären nötig, um den Privatwirtschaft und den Gemeinden. Das für das Jahr 2009 eine Million Franken im Wohnungsmangel im Kanton zu beheben. Gesetz sieht unter anderem Darlehen oder Rahmen dieses Gesetzes budgetiert wor- Das entspricht ungefähr dem Bauvolumen Bürgschaften des Staates vor. In jüngerer den. Je nachdem, wie viele Gemeinden sich eines ganzen Jahres. «Um den Bedarf an Zeit ist insbesondere das Gleichgewicht anschliessen, wird sich dieser Betrag erhö- günstigen Wohnungen zu decken, müssten zwischen kantonaler und kommunaler För- hen – und damit auch die Zahl der unter- zwei Drittel dieser Einheiten von gemein- derung neu definiert worden. Der Kanton stützten Mieter. nützigen oder anderen Non-profit-Bauträ-
wohnen 11/2009 19 Wohnbauförderung in den Westschweizer Kantonen Kanton Wohnungs- Anzahl Fonds-de-Roulement-Darlehen Geschätzte Anzahl In Prozent des bestand subventionierte 2004–2008 Wohnungen mit gesamten Wohnungen Anzahl Totalbetrag Fördermitteln total Wohnungsbestands nach WEG Wohnungen Darlehen CHF (Bund, Kantone, Gemeinden) FR 118 297 4 751 56 1 550 000 4 807 4,00 GE 216 934 2 449 405 7 581 410 20 075 9,25 Quelle: BWO, BfS, Kantone JU 31 674 960 0 0 960 3,00 NE 84 879 2 411 106 3 180 000 2 517 2,90 VD 348 882 6 177 1 051 25 469 750 ~ 13 000 3,70 VS 187 340 2 176 0 0 2 176 1,16 auch wenn es in die richtige Richtung ziele. winnspanne auf ein ‹normales› Niveau sen- «Tatsache ist, dass private Investoren mit ken, das bei etwa fünf Prozent liegt – statt dem Bau von Sozialwohnungen keine sub- zehn Prozent und mehr, wie es der Bau von stanziellen Gewinne erzielen können und Wohneigentum bringt.» deshalb lieber Eigentumswohnungen bau- Über eine Stiftung, die mit 20 Millionen en.» Und diese Wohnungen würden von ei- Franken dotiert ist, unterstützt die Stadt nigen wenigen Begüterten absorbiert, die gezielt die gemeinnützigen Bauträger. Auf oft in enger Verbindung zur Genfer Immo- der Basis von zehn Prozent Eigenmitteln bilienszene stünden. So würden Eigentums- aus diesem Budget können somit Projekte wohnungen in Genf oft noch vor Erteilung im Umfang von 200 Millionen Franken der Baubewilligung reserviert oder verkauft. ausgelöst werden. Weiter soll ein kommu- Menschen mit tiefem Einkommen hätten naler Masterplan die Wohnungsversorgung hier keinerlei Zugang und würden an die verbessern. Er sieht vor, dass die Stadt Stadtränder vertrieben. Die Stadt Genf ver- zehn Prozent der Neubauten selbst reali- sucht deshalb den Bau gemischter Siedlun- siert oder realisieren lässt, was 360 Woh gen zu fördern. Vergibt sie ein Baurecht, nungen jährlich entspricht. «Baugenossen- sollen sowohl günstige Mietwohnungen als schaften und andere Bauträger ohne auch Eigentum entstehen. «Mit diesem Sy- Gewinnstreben unterstützen und gleichzei- stem bringen wir die Investoren dazu, etwas tig gewisse Objekte selbst realisieren – das Zwanzig Prozent gemeinnützige Wohnungen: So lautet das Ziel des Genfer Wohnbaudirektors Philippe Favarger. zur Versorgung mit günstigen Wohnungen ist die Wohnbaupolitik der Stadt Genf», sagt Dafür möchte er auch die Genossenschaften gewinnen. beizutragen. Dabei müssen sie ihre Ge- Rémy Pagani. gern erstellt werden», schätzt Elinora Krebs, ontrollierten Einheiten. Damit gibt es in k Um den Bedarf an günstigen die bei der Stadt Lausanne für das Woh- Lausanne insgesamt 7800 gemeinnützige Wohnungen in Lausanne zu decken, müssten über 2500 zusätzliche nungswesen verantwortlich ist. Trotz stei- Wohnungen. Anders als in Genf (siehe oben) Einheiten entstehen, sagt gender Land- und Baupreise vermöge der verbleiben subventionierte Wohnungen Elinora Krebs, die in Lausanne für das Wohnungswesen selbsttragende und subventionierte Woh- während ihrer ganzen Lebensdauer unter zuständig ist. nungsbau die Bedürfnisse der Mehrheit der der Kontrolle der Stadt, fallen also nie an Bevölkerung, die der Mittelklasse angehöre, den freien Markt zurück. Gemäss eines zu befriedigen. Im Rahmen des Möglichen Entscheids des Gemeinderats von 2005 ver- biete die Stadt jedoch auch eine «gemisch- gibt die Stadt Bauland im Verhältnis ein te» Hilfe für Menschen mit tiefem Einkom- Drittel subventionierte Wohnungen – zwei men, die sowohl verbilligte Mieten als auch Drittel freier Markt (Eigentum oder Miete). Sozialhilfe umfasst. Langjährige Erfahrung Neben der Subventionierung von Miet habe gezeigt, dass die indirekte Hilfe effizi- zinsen unterstützt Lausanne gemeinnüt ent sei. Dabei werden die Mietzinse durch zige Wohnbauträger durch folgende Mass- Subventionen verbilligt, die an den Bauträ- nahmen: Vergabe von Land im Baurecht mit ger ausgerichtet werden und ihm eine Ko- Zinsvergünstigung, Gewährung von Bürg- stendeckung ermöglichen. schaften bis zu 30 Prozent der Baukosten, Im ganzen Kanton gibt es schätzungs- so dass die Bauträger ausschliesslich erst- weise 13 000 subventionierte Wohnungen, rangige Hypotheken aufnehmen müssen, bestehend aus rund 8500 vom Kanton und Gewährung von Darlehen zu vorteilhaften Fotos: zVg. den Gemeinden subventionierten Wohnun- Bedingungen, um die nötigen Eigenmittel gen und 4500 von der Stadt Lausanne zu erlangen.
wohnen 11/2009 Ro ma nd ie 20 Freiburg Stabiler Wohnungsmarkt, genug Bauland Dank den Mitteln aus dem Wohnungsmarktes und eines breitgefäch- ventionierten Wohnungen neu bestimmt Foto: swiss-image.ch / Franck Auberson Wohnbau- und Eigentums- erten Angebots verzichtet der Kanton je- werden», sagt er weiter. Dann sei es wichtig, förderungsgesetz (WEG) so- doch auf Massnahmen, um die Bautätigkeit auch über die Verteilung der Verant- wie kantonaler Hilfe konnte zu fördern. Nur die Gegend südlich der wortlichkeit nachzudenken. Es gelte zu der Kanton Freiburg in den Stadt Freiburg weist eine geringere Leer- vermeiden, dass sich mehrere Amtsstellen, 1990er-Jahren den Bestand wohnungsziffer aus. Martin Tinguely, etwa die Sozialdienste und das Wohnungs- an subventionierten Wohnungen stark er- Chef des Freiburger Wohnungsamts, erklärt amt, um die gleiche Zielgruppe kümmere. weitern. Fast vier Prozent des Bestands dies mit dem «effet arc lémanique», der Nä- Und er merkt an: «Die Abgabe von genü- profitiert bis heute von Beihilfen. Der ge- he des Genferseebeckens mit seinen explo- gend Bauland für den Wohnungsbau wird nossenschaftliche Wohnungsbau ist dage- dierenden Immobilienpreisen. «Wenn die auch weiterhin ein Schlüsselelement dieser gen in den letzten Jahren stark zurück- Zahl der WEG-Wohnungen ab 2012 abzu- Politik bilden.» gegangen. Angesichts eines stabilen nehmen beginnt, muss der Bedarf an sub- Neuenburg Neues Gesetz reagiert auf Bevölkerungszunahme Neuenburg gehört zu den völkerungszunahme erfordere den Bau von Franken zur Verfügung, 2010 werden es zwei Foto: swiss-image.ch Westschweizer Kantonen, 4000 Wohnungen bis 2020. Bis 2014 seien Millionen sein, danach gar drei Millionen die der Wohnraumförderung allein tausend zusätzliche vergünstigte jährlich. Zu fördernde Projekte gemeinnüt- immer positiver gegenüber- Wohnungen nötig. Damit müssten im Kan- ziger Wohnbauträger müssen vom Kanton stehen. Derzeit profitieren ton Neuenburg von 2009 bis 2014 im Schnitt bewilligt werden. Weiter sieht das neue Ge- 2,9 Prozent des Wohnungs- 150 günstige Wohnungen jährlich erstellt setz die Abgabe von Land im Baurecht vor. bestands von Fördermitteln des Bundes werden. Es würde dem Staat gar erlauben, private oder des Kantons. Für Pascal Magnin, Chef Ermöglichen soll dies das neue Gesetz Landeigentümer zu enteignen. Für Pascal des zuständigen kantonalen Amts, läge der über die Wohnraumförderung LAL, das am Magnin bedeutet die Knappheit und das langfristige Idealbestand an günstigen Woh- 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt wurde. Es er- Horten von Bauland das grösste Hindernis nungen bei fünf Prozent. Das wären rund laubt Hilfen, die ausschliesslich für gemein- für den Wohnungsbau. Dies gilt ganz beson- 4200 Wohnungen mit vergünstigten Miet- nützige Bauträger reserviert sind. Im lau- ders für die Gegenden mit hoher Nach- zinsen oder anderen Subventionen. Die Be- fenden Jahr steht bereits eine Million frage.
wohnen 11/2009 21 Jura Sozialer Wohnungsbau kaum ein Thema Im Jura besteht die Wohn- rund zwanzig vergünstigte Wohnungen er- baupolitik vor allem darin, stellt. Und in Breuleux, wo die Uhrenindu- genügend Bauland zur Verfü- strie Hunderte von neuen Arbeitsplätzen gung zu stellen, das hier geschaffen hat, gründete die Gemeinde eine überall sehr günstig ist. Mi- Aktiengesellschaft, um günstige Familien- chel Erard, der kürzlich pen- wohnungen zu erstellen. Beide Projekte sionierte Verantwortliche für den Woh- profitieren von Mitteln aus dem Fonds de nungsbau in der Wirtschaftsabteilung des Roulement, dem Solidaritätsfonds des SVW Kantons, meint dazu: «Der Wohnungsbau und der Emissionszentrale EGW. ist im Jura kein wichtiges politisches The- Thierry Bregnard, neuer Chef der Wirt- Fotos: zVg. ma, denn der Markt bleibt recht entspannt.» schaftsabteilung, will die Marschrichtung Manche Gemeinden unterstützen den Bau falls nötig ändern. «Es ist noch zu früh, um Foto: swiss-image.ch / Christof Sonderegger von altersgerechten Wohnungen. Doch hat mich in Bezug auf eine dynamischere Woh- Der Wohnungsmarkt im Jura funktioniert. dieses Segment dank der grösseren Verbrei- nungspolitik zu äussern», meint er, «aber Bedarf gibt es dort, wo die Uhrenindustrie wieder aufblüht. Zum Beispiel in Les Breuleux, wo eine tung der Spitex-Dienste an Bedeutung ver- ich werde die Frage der Wohnbauförderung gemeinnützige AG günstige Familienwohnungen loren. Manche kleinere Dörfer sind zudem gründlich überprüfen – in Zusammenarbeit erstellt. Der Solidaritätsfonds des SVW unterstützt von Abwanderung betroffen. mit den anderen betroffenen Ämtern, na- dieses Projekt. Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele. So mentlich der Raumplanung und den Sozial- hat die Gemeinde Cornol einer Stiftung diensten. Denn es geht dabei nicht nur um kostenlos Land zur Verfügung gestellt, die wirtschaftliche Fragen.» Vorbildliche Public-Private-Kooperation im Val-de-Ruz (NE) Die Genossenschaft Les Héliotropes, 1998 im neuenburgischen Val-de-Ruz gegründet, konnte mangels geeignetem Bauland lange kein Projekt realisieren. Das änderte sich erst 2006, als in der Gemeinde Cernier, dem Hauptort des Tals, dank einem Quartierplan- verfahren ein Grundstück von gut 10 000 Qua- dratmetern frei wurde. Es gehörte dem Kan- ton, der für die Bebauung eine Partnerschaft mit einem privaten Investor wünschte. Die Genossenschaft besetzte zunächst den Vor- stand neu und nahm neben einem Anwalt und Im Val-de-Ruz, das auch als Naherholungsgebiet viel zu bieten hat, entstehen dank einer Zusammenarbeit einen Immobilienfachmann den Gemeinde- zwischen einer Baugenossenschaft und der öffentlichen Hand günstige Wohnungen. schreiber sowie zwei kantonale Vertreter auf. Dann machte sie sich an die Planung: 36 Woh- nungen sollen entstehen, die insbesondere das Projekt von der Förderung nach dem Jahre ist kostenlos. Danach wird der Bau- für Familien, Menschen mit bescheidenem neuen kantonalen Wohnbaugesetz (LAL) pro- rechtszins alle fünf Jahre um ein Prozent er- Einkommen und Senioren bestimmt sind. Die fitieren. So wird sich der Kanton an der Genos- höht bis maximal fünf Prozent. Die Gemeinde Wohnungen sollen zwar einen gewissen Kom- senschaft beteiligen, um die nötigen Eigen- Cernier hat sich ebenfalls bereit erklärt, Anteil- fort bieten, aber möglichst tiefe Mieten auf- mittel von fünf Prozent zu erreichen. Weiter scheine an der Genossenschaft zu erwerben. weisen. gewährt er ein Darlehen, dessen Zins deutlich Dank diesem vorbildlichen «partenariat pu- Derzeit ist der Vorstand daran, die Finan- unter den derzeitigen Hypothekarsätzen liegt. blic-privé» wird sie bald über ein äusserst at- zierung auf die Beine zu stellen. Dabei wird Das Baurecht während der ersten fünfzehn traktives modernes Wohnangebot verfügen.
wohnen 11/2009 Ro ma nd ie 22 Wallis Kanton der Eigentümer Das Wallis kennt keine ein Kanton der Eigentümer ist. Ihr Anteil biet zu erhalten.» Die Wohnbauförderung Foto: swiss-image.ch / Roland Gerth besonderen Massnahmen beträgt rund sechzig Prozent und ist vor al- werde sich deshalb auf die Berggebiete kon- zugunsten gemeinnütziger lem in den Bergdörfern sehr gross», erklärt zentrieren. Das Gesetz werde es erlauben, Wohnbauträger. Es verfügt Ursula Kraft von der Dienststelle für Wirt- Subventionen à fonds perdu und zinslose auch nicht über die gesetz- schaftsentwicklung des Kantons. Trotzdem Darlehen für den Bau, die Erneuerung und lichen Grundlagen, um die wird das Wallis bald ein neues Gesetz über den Erwerb von Wohnliegenschaften in Vergabe von Baurechten an die Gemeinnüt- die Regionalpolitik in Kraft setzen, das auch Berggebieten zu sprechen. zigen zu fördern. Es gibt allerdings ein Sy- die Wohnbauförderung neu regelt. Ursula stem von Subventionen für Mietzinse und Kraft: «Gemäss dem Grundgedanken dieses den Zugang zu Wohneigentum. Grösserer Gesetzes soll die Wohnbauförderung zum Wohnungsmangel besteht derzeit nirgends. Ziel haben, eine dezentralisierte Wohnungs- *übersetzt und bearbeitet von «Dies liegt vor allem daran, dass das Wallis versorgung auf dem gesamten Kantonsge- Richard Liechti
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