Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen

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Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009     Ro ma nd ie
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     Der soziale Wohnungsbau
     in der Westschweiz unter der Lupe

     Am Léman fehlen Tausende
     von Wohnungen
     Von Jean-Christophe Emmenegger*     Wie steht es um die Wohnungsversorgung in den Westschweizer
                                         Kantonen? Während der Jura oder das Wallis kaum Probleme kennen,
                                         fehlen in Genf, Lausanne und Neuenburg Tausende von zahlbaren
                                         Wohnungen. Dort haben Kantone und Gemeinden der Wohnungsnot
                                         nun den Kampf angesagt. Davon profitieren vielerorts auch die
                                         Baugenossenschaften.

                                                                                                            Illustration: Max Spring
Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009

                                                                                                                                                                                           17

                                                                       Genf (Kanton und Stadt)

                                                                       Rückbesinnung auf den
                                                                       gemeinnützigen Wohnungsbau
                            Die Situation auf dem Genfer               deshalb nach Auslaufen der Subvention auf       vor. So gewährt der Kanton Bürgschaften,

                                                                                                                                                                          Foto: swiss-image.ch / Stephan Engler
                            Wohnungsmarkt ist nach wie                 den freien Markt kommen. Menschen mit           Darlehen, Betriebssubventionen und Steu-
                            vor höchst angespannt. Die                 bescheidenem Einkommen werden aller-            erbefreiungen und stellt Land im Baurecht
                            Hälfte aller subventionierten              dings weiterhin direkte Hilfe erhalten. Diese   zur Verfügung.
                            Wohnungen ist in den letzten               erfolgt über die so genannten HM (habitati-
                            zwanzig Jahren verschwun-                  ons mixtes), wo die Hilfe je nach Einkom-       Unbeliebte staatliche Kontrolle
            den. Dies liegt am System der Habitations à                men variiert, und HBM (habitations bon          Das kantonale Gesetz über den gemeinnüt-
            loyer modéré (HLM), dem sich der Kanton                    marché) für Menschen mit sehr geringem          zigen Wohnungsbau (LUP) von 2007 ergänzt
            nach dem Zweiten Weltkrieg verschrieben                    Einkommen.                                      diese Hilfen. Es hat zum Ziel, innerhalb von
            hat. Dabei verbilligt er die Mietzinse von                    Sowohl der Kanton als auch die Stadt         zehn Jahren einen Sockelbestand von 20
            Wohnungen, und zwar während zwanzig                        haben nur wenig Bundeshilfen nach WEG           Prozent gemeinnützigen Wohnungen auf-
            Jahren. In Genuss dieser Hilfe kommen                      erhalten. Die staatlichen Mittel stammen        zubauen. Dabei gelten Vorschriften in Be-
            auch gewinnorientierte Anbieter. Und hier                  vor allem aus dem kantonalen Gesetz über        zug auf das Höchsteinkommen der Mieter-
            liegt das Problem: Denn nach Ablauf der                    den Wohnbau und den Mieterschutz (LGL)          schaft und die minimale Belegung der
            Subventionsdauer werden diese Wohnun-                      von 1977, das 2000 überarbeitet wurde. «Das     Wohnung. Die Bauträger können öffentlich
            gen in den freien Markt entlassen und gehö-                Auslaufen der WEG-Subventionen wird kei-        oder privat sein, müssen sich jedoch ver-
            ren im teuren Genf dann kaum mehr zum                      ne Auswirkungen haben», sagt denn auch          pflichten, die Wohnungen mindestens fünf-
            günstigen Segment. Vor zwei Jahren hat der                 der Genfer Stadtpräsident Rémy Pagani. Er       zig Jahre dem LUP zu unterstellen. Um den
            Kanton deshalb mit dem neuen Gesetz über                   befürwortet direkte Hilfe nur in schwierigen    Bestand aufzubauen, stehen jährlich 35
            den gemeinnützigen Wohnungsbau (LUP)                       Fällen, wo Menschen unbedingt Hilfe benö-       Millionen Franken zur Verfügung. Sie sollen
            einen Kurswechsel eingeleitet. Statt Miet-                 tigen. Denn die Mietzinsverbilligung habe       zum Erwerb von Grundstücken und zur
            zinse zu subventionieren, will man einen                   keine Auswirkungen auf den Wohnungsbau          Förderung des Baus und des Kaufes von
            Sockelbestand gemeinnütziger Wohnungen                     und stelle deshalb auch keine Lösung für        gemeinnützigen Wohnungen dienen. Ge-
            aufbauen. Damit stellt der Kanton sicher,                  den Wohnungsmangel dar. Das LGL sieht           mäss Philippe Favarger, Vorsteher der
            dass der günstige Bestand langfristig zur                  denn auch eine Reihe von indirekten Hilfen      Wohnbaudirektion des Kantons Genf, spre-
            Verfügung steht. Der Grossteil der HLM soll                zugunsten gemeinnütziger Wohnbauträger          chen sich der Kanton, die Stadt und die

                                                                                                                                                                          Foto: zVg.
Foto: CIA

            Im Kanton Genf herrscht immense Wohnungsnot. Neue Entwicklungsgebiete tun Not, um Abhilfe                  Baugenossenschaften und andere
            zu schaffen. Eines der wichtigsten ist das Quartier du Pommier in Grand-Saconnex, wo der Kanton Land       Non-profit-Bauträger unterstützen, aber auch
            im Baurecht abgibt. Derzeit stellt die Penisonskasse CIA dort zwei Gebäude mit insgesamt                   selber bauen: So lautet gemäss Stadtpräsident
            111 Wohnungen fertig. Zum Zug kamen ebenfalls die Baugenossenschaften Codha und SCHG.                      Rémy Pagani die Genfer Wohnbaupolitik.
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     Gemeinden über die Wohnbaupolitik ab.          Einheiten entsprechen den LUP-Vorschrif-        bieten kann, erhielten die Genossenschaf-
     Allerdings: «Über die Umsetzung und be-        ten. Der Genfer Wohnbaudirektor möchte          ten doch heute schon viel Unterstützung.
     sonders über die Standorte dieser Wohnun-      deshalb auch die Genossenschaften für sein      Tatsächlich stiess der Vorschlag bei den am
     gen gehen die Meinungen auseinander.»          Anliegen gewinnen. Am Forum der Wohn-           Forum vertretenen Westschweizer Genos-
     2008 hat das Immobilienunternehmen Ré-         baugenossenschaften (vgl. wohnen 10/2009)       senschaften auf wenig Gegenliebe. Es gehe
     gie du Rhône in Carouge die ersten 140 LUP-    skizzierte er diese Zusammenarbeit. Die         nicht an, dass man Wohnungen, die auf ei-
     Wohnungen erstellt. Weiter hat der Kanton      Genossenschaften sollen 80 Prozent ihrer        genem Grund und Boden stünden, freiwillig
     1500 Wohnungen mit tiefen Mieten aus ei-       Wohnungen dem LUP unterstellen, wobei           unter staatliche Kontrolle stelle, lautete der
     nem früheren Fonds der maroden Genfer          die Obergrenze beim Einkommen und die           Tenor.
     Kantonalbank übernommen.                       Minimalbelegung zu dem Zeitpunkt, wo ein
        Zwar sind in Genf rund 45 000 (28 Pro-      Mietvertrag abgeschlossen wird, einzuhal-       Stadt setzt auf gemischte Siedlungen
     zent) der insgesamt 160 000 Wohnungen in       ten sind. Favarger ist allerdings klar, dass    Für den Genfer Stadtpräsidenten Rémy Pa-
     irgendeiner Weise gefördert. Doch nur 6000     der Kanton wenig neue Gegenleistungen           gani ist das LUP jedoch kein Allerheilmittel,

     Ein Zusammenschluss von                           Die Förderung des Kantons bestand darin,     der, die mehr als 4500 Wohnungen besitzen.
     Genossenschaften als Partner                   Bauland zu kaufen und dieses zu gleichen        Trotz unterschiedlicher Grössen und Philoso-
     der öffentlichen Hand                          Teilen dem subventionierten und dem genos-      phien versucht man, stets einen gemeinsa-
     Zwar leisten die Genfer Wohnbaugenossen-       senschaftlichen Wohnungsbau zuzuführen.         men Nenner zu finden.
     schaften seit Jahrzehnten einen wichtigen      Dem GCHG oblag es, für die Verteilung des          Daraus sind echte Partnerschaften ent-
     Beitrag zur Wohnungsversorgung in der Cal-     genossenschaftlichen Teils gerechte Regeln      standen und der GCHG ist zur wichtigen Dreh-
     vin-Stadt. Erst als die Wohnungsnot immer      zu finden. Auf diese Weise entstanden neue       scheibe für den Austausch und die gegensei-
     gravierender wurde, schenkte ihnen die öf-     kleine Genossenschaften, die sonst nie an       tige Unterstützung geworden. Gegenüber der
     fentliche Hand jedoch die gebührende Auf-      Bauland gekommen wären. Im Gegenzug ver-        Politik hat er bewiesen, dass sozialer Woh-
     merksamkeit. 1998 beschloss der Kantonsrat,    pflichten sich die Empfänger, ihre Wohnungen     nungsbau, hochstehende Architektur und
     genossenschaftliches Wohnen vermehrt zu        den Regeln für den sozialen Wohnungsbau zu      günstige Baukosten durchaus unter einen Hut
     fördern, und wünschte sich dafür einen An-     unterstellen («habitat mixte») und einen Ver-   zu bringen sind. Beste Aussichten also, um
     sprechpartner. Dies war die Geburtsstunde      kauf grundsätzlich auszuschliessen. Die Miet-   der öffentlichen Hand auch künftig als Partner
     des Groupement des coopératives d’habitation   zinse beruhen auf der Kostenmiete, Gewinne      zu dienen und mit ihrer Unterstützung neue
     genevoises (GCHG). Zehn Baugenossenschaf-      dürfen nicht gemacht werden. Die Mitglieder     genossenschaftliche Projekte aufzugleisen.
     ten fanden sich unter einer gemeinsamen        der GCHG können ihren Mieter-Mitgliedern        Ganz aktuell geben jene Flächen Anlass zur
     ethischen Charta zusammen, die Leitideen in    deshalb langfristig günstige Wohnungen bie-     Hoffnung, die der Kanton im Rahmen eines
     Bezug auf nachhaltiges Handeln oder die Ge-    ten. Heute umfasst dieser Zusammenschluss       Plans zur koordinierten Raumplanung (PAC)
     meinnützigkeit festlegte.                      der Genfer Genossenschaften fünfzig Mitglie-    zur Weiterentwicklung bestimmt hat.

                                                    Waadt (und Lausanne)

                                                    Direkte und indirekte Hilfe
                   Seit der Inkraftsetzung des      hat ein neues Reglement für die direkte Hil-    Effiziente indirekte Hilfe
                                                                                                                                                     Foto: swiss-image.ch / Regis Colombo

                   Gesetzes über den Woh-           fe verabschiedet (RAIL 2007), das die aus-      Was die Förderung des gemeinnützigen
                   nungsbau (LL) im Jahr 1975       laufenden WEG-Unterstützungen kompen-           Wohnungsbaus anbelangt, zeigt sich der
                   gründet die Wohnbaupolitik       sieren soll. Dabei sollen sich interessierte    Kanton jedoch wenig aktiv – ganz im Gegen-
                   des Kantons Waadt auf der        Gemeinden mit dem gleichen Betrag wie           satz zur Stadt Lausanne. Rund 4000 zusätz-
                   Zusammenarbeit mit der           der Kanton beteiligen. So ist zum Beispiel      liche Wohnungen wären nötig, um den
     Privatwirtschaft und den Gemeinden. Das        für das Jahr 2009 eine Million Franken im       Wohnungsmangel im Kanton zu beheben.
     Gesetz sieht unter anderem Darlehen oder       Rahmen dieses Gesetzes budgetiert wor-          Das entspricht ungefähr dem Bauvolumen
     Bürgschaften des Staates vor. In jüngerer      den. Je nachdem, wie viele Gemeinden sich       eines ganzen Jahres. «Um den Bedarf an
     Zeit ist insbesondere das Gleichgewicht        anschliessen, wird sich dieser Betrag erhö-     günstigen Wohnungen zu decken, müssten
     zwischen kantonaler und kommunaler För-        hen – und damit auch die Zahl der unter-        zwei Drittel dieser Einheiten von gemein-
     derung neu definiert worden. Der Kanton        stützten Mieter.                                nützigen oder anderen Non-profit-Bauträ-
Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009

                                                                                                                                                                                              19

                            Wohnbauförderung in den Westschweizer Kantonen
                            Kanton        Wohnungs-            Anzahl                    Fonds-de-Roulement-Darlehen         Geschätzte Anzahl                   In Prozent des
                                          bestand              subventionierte           2004–2008                           Wohnungen mit                       gesamten
                                                               Wohnungen                 Anzahl         Totalbetrag          Fördermitteln total                 Wohnungsbestands
                                                               nach WEG                  Wohnungen      Darlehen CHF         (Bund, Kantone, Gemeinden)
                            FR            118 297              4 751                         56           1 550 000             4 807                            4,00
                            GE            216 934              2 449                       405            7 581 410            20 075                            9,25
Quelle: BWO, BfS, Kantone

                            JU             31 674                960                          0                     0             960                            3,00
                            NE             84 879              2 411                       106            3 180 000             2 517                            2,90
                            VD            348 882              6 177                     1 051          25 469 750           ~ 13 000                            3,70
                            VS            187 340              2 176                          0                      0          2 176                            1,16

                                                                                      auch wenn es in die richtige Richtung ziele.   winnspanne auf ein ‹normales› Niveau sen-
                                                                                      «Tatsache ist, dass private Investoren mit     ken, das bei etwa fünf Prozent liegt – statt
                                                                                      dem Bau von Sozialwohnungen keine sub-         zehn Prozent und mehr, wie es der Bau von
                                                                                      stanziellen Gewinne erzielen können und        Wohneigentum bringt.»
                                                                                      deshalb lieber Eigentumswohnungen bau-             Über eine Stiftung, die mit 20 Millionen
                                                                                      en.» Und diese Wohnungen würden von ei-        Franken dotiert ist, unterstützt die Stadt
                                                                                      nigen wenigen Begüterten absorbiert, die       gezielt die gemeinnützigen Bauträger. Auf
                                                                                      oft in enger Verbindung zur Genfer Immo-       der Basis von zehn Prozent Eigenmitteln
                                                                                      bilienszene stünden. So würden Eigentums-      aus diesem Budget können somit Projekte
                                                                                      wohnungen in Genf oft noch vor Erteilung       im Umfang von 200 Millionen Franken
                                                                                      der Baubewilligung reserviert oder verkauft.   ausgelöst werden. Weiter soll ein kommu-
                                                                                      Menschen mit tiefem Einkommen hätten           naler Masterplan die Wohnungsversorgung
                                                                                      hier keinerlei Zugang und würden an die        verbessern. Er sieht vor, dass die Stadt
                                                                                      Stadtränder vertrieben. Die Stadt Genf ver-    zehn Prozent der Neubauten selbst reali-
                                                                                      sucht deshalb den Bau gemischter Siedlun-      siert oder realisieren lässt, was 360 Woh­
                                                                                      gen zu fördern. Vergibt sie ein Baurecht,      nungen jährlich entspricht. «Baugenossen-
                                                                                      sollen sowohl günstige Mietwohnungen als       schaften und andere Bauträger ohne
                                                                                      auch Eigentum entstehen. «Mit diesem Sy-       Gewinnstreben unterstützen und gleichzei-
                                                                                      stem bringen wir die Investoren dazu, etwas    tig gewisse Objekte selbst realisieren – das
                            Zwanzig Prozent gemeinnützige Wohnungen: So lautet
                            das Ziel des Genfer Wohnbaudirektors Philippe Favarger.   zur Versorgung mit günstigen Wohnungen         ist die Wohnbaupolitik der Stadt Genf», sagt
                            Dafür möchte er auch die Genossenschaften gewinnen.       beizutragen. Dabei müssen sie ihre Ge-         Rémy Pagani.

                            gern erstellt werden», schätzt Elinora Krebs,             ­ ontrollierten Einheiten. Damit gibt es in
                                                                                      k                                              Um den Bedarf an günstigen
                            die bei der Stadt Lausanne für das Woh-                   Lausanne insgesamt 7800 gemeinnützige          Wohnungen in Lausanne zu decken,
                                                                                                                                     müssten über 2500 zusätzliche
                            nungswesen verantwortlich ist. Trotz stei-                Wohnungen. Anders als in Genf (siehe oben)     Einheiten entstehen, sagt
                            gender Land- und Baupreise vermöge der                    verbleiben subventionierte Wohnungen           Elinora Krebs, die in Lausanne
                                                                                                                                     für das Wohnungswesen
                            selbsttragende und subventionierte Woh-                   während ihrer ganzen Lebensdauer unter
                                                                                                                                     zuständig ist.
                            nungsbau die Bedürfnisse der Mehrheit der                 der Kontrolle der Stadt, fallen also nie an
                            Bevölkerung, die der Mittelklasse angehöre,               den freien Markt zurück. Gemäss eines
                            zu befriedigen. Im Rahmen des Möglichen                   Entscheids des Gemeinderats von 2005 ver-
                            biete die Stadt jedoch auch eine «gemisch-                gibt die Stadt Bauland im Verhältnis ein
                            te» Hilfe für Menschen mit tiefem Einkom-                 Drittel subventionierte Wohnungen – zwei
                            men, die sowohl verbilligte Mieten als auch               Drittel freier Markt (Eigentum oder Miete).
                            Sozialhilfe umfasst. Langjährige Erfahrung                Neben der Subventionierung von Miet­
                            habe gezeigt, dass die indirekte Hilfe effizi-            zinsen unterstützt Lausanne gemeinnüt­
                            ent sei. Dabei werden die Mietzinse durch                 zige Wohnbauträger durch folgende Mass-
                            Subventionen verbilligt, die an den Bauträ-               nahmen: Vergabe von Land im Baurecht mit
                            ger ausgerichtet werden und ihm eine Ko-                  Zinsvergünstigung, Gewährung von Bürg-
                            stendeckung ermöglichen.                                  schaften bis zu 30 Prozent der Baukosten,
                               Im ganzen Kanton gibt es schätzungs-                   so dass die Bauträger ausschliesslich erst-
                            weise 13 000 subventionierte Wohnungen,                   rangige Hypotheken aufnehmen müssen,
                            bestehend aus rund 8500 vom Kanton und                    Gewährung von Darlehen zu vorteilhaften
                                                                                                                                                                                         Fotos: zVg.

                            den Gemeinden subventionierten Wohnun-                    Bedingungen, um die nötigen Eigenmittel
                            gen und 4500 von der Stadt Lausanne                       zu erlangen.
Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009       Ro ma nd ie
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                                                   Freiburg

                                                   Stabiler Wohnungsmarkt,
                                                   genug Bauland
                     Dank den Mitteln aus dem      Wohnungsmarktes und eines breitgefäch-          ventionierten Wohnungen neu bestimmt

                                                                                                                                                       Foto: swiss-image.ch / Franck Auberson
                     Wohnbau- und Eigentums-       erten Angebots verzichtet der Kanton je-        werden», sagt er weiter. Dann sei es wichtig,
                     förderungsgesetz (WEG) so-    doch auf Massnahmen, um die Bautätigkeit        auch über die Verteilung der Verant-
                     wie kantonaler Hilfe konnte   zu fördern. Nur die Gegend südlich der          wortlichkeit nachzudenken. Es gelte zu
                     der Kanton Freiburg in den    Stadt Freiburg weist eine geringere Leer-       vermeiden, dass sich mehrere Amtsstellen,
                     1990er-Jahren den Bestand     wohnungsziffer aus. Martin Tinguely,            etwa die Sozialdienste und das Wohnungs-
     an subventionierten Wohnungen stark er-       Chef des Freiburger Wohnungsamts, erklärt       amt, um die gleiche Zielgruppe kümmere.
     weitern. Fast vier Prozent des Bestands       dies mit dem «effet arc lémanique», der Nä-     Und er merkt an: «Die Abgabe von genü-
     profitiert bis heute von Beihilfen. Der ge-   he des Genferseebeckens mit seinen explo-       gend Bauland für den Wohnungsbau wird
     nossenschaftliche Wohnungsbau ist dage-       dierenden Immobilienpreisen. «Wenn die          auch weiterhin ein Schlüsselelement dieser
     gen in den letzten Jahren stark zurück-       Zahl der WEG-Wohnungen ab 2012 abzu-            Politik bilden.»
     gegangen. Angesichts eines stabilen           nehmen beginnt, muss der Bedarf an sub-

                                                   Neuenburg

                                                   Neues Gesetz reagiert auf
                                                   Bevölkerungszunahme
                     Neuenburg gehört zu den       völkerungszunahme erfordere den Bau von         Franken zur Verfügung, 2010 werden es zwei
                                                                                                                                                   Foto: swiss-image.ch

                     Westschweizer Kantonen,       4000 Wohnungen bis 2020. Bis 2014 seien         Millionen sein, danach gar drei Millionen
                     die der Wohnraumförderung     allein tausend zusätzliche vergünstigte         jährlich. Zu fördernde Projekte gemeinnüt-
                     immer positiver gegenüber-    Wohnungen nötig. Damit müssten im Kan-          ziger Wohnbauträger müssen vom Kanton
                     stehen. Derzeit profitieren   ton Neuenburg von 2009 bis 2014 im Schnitt      bewilligt werden. Weiter sieht das neue Ge-
                     2,9 Prozent des Wohnungs-     150 günstige Wohnungen jährlich erstellt        setz die Abgabe von Land im Baurecht vor.
     bestands von Fördermitteln des Bundes         werden.                                         Es würde dem Staat gar erlauben, private
     oder des Kantons. Für Pascal Magnin, Chef         Ermöglichen soll dies das neue Gesetz       Landeigentümer zu enteignen. Für Pascal
     des zuständigen kantonalen Amts, läge der     über die Wohnraumförderung LAL, das am          Magnin bedeutet die Knappheit und das
     langfristige Idealbestand an günstigen Woh-   1. Januar 2009 in Kraft gesetzt wurde. Es er-   Horten von Bauland das grösste Hindernis
     nungen bei fünf Prozent. Das wären rund       laubt Hilfen, die ausschliesslich für gemein-   für den Wohnungsbau. Dies gilt ganz beson-
     4200 Wohnungen mit vergünstigten Miet-        nützige Bauträger reserviert sind. Im lau-      ders für die Gegenden mit hoher Nach-
     zinsen oder anderen Subventionen. Die Be-     fenden Jahr steht bereits eine Million          frage.
Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009

                                                                                                                                                                                                                        21

                                                                                                Jura

                                                                                                Sozialer Wohnungsbau
                                                                                                kaum ein Thema
                                                              Im Jura besteht die Wohn-         rund zwanzig vergünstigte Wohnungen er-
                                                              baupolitik vor allem darin,       stellt. Und in Breuleux, wo die Uhrenindu-
                                                              genügend Bauland zur Verfü-       strie Hunderte von neuen Arbeitsplätzen
                                                              gung zu stellen, das hier         geschaffen hat, gründete die Gemeinde eine
                                                              überall sehr günstig ist. Mi-     Aktiengesellschaft, um günstige Familien-
                                                              chel Erard, der kürzlich pen-     wohnungen zu erstellen. Beide Projekte
                                              sionierte Verantwortliche für den Woh-            profitieren von Mitteln aus dem Fonds de
                                              nungsbau in der Wirtschaftsabteilung des          Roulement, dem Solidaritätsfonds des SVW
                                              Kantons, meint dazu: «Der Wohnungsbau             und der Emissionszentrale EGW.
                                              ist im Jura kein wichtiges politisches The-           Thierry Bregnard, neuer Chef der Wirt-

                                                                                                                                                                                                                 Fotos: zVg.
                                              ma, denn der Markt bleibt recht entspannt.»       schaftsabteilung, will die Marschrichtung
                                              Manche Gemeinden unterstützen den Bau             falls nötig ändern. «Es ist noch zu früh, um
Foto: swiss-image.ch / Christof Sonderegger

                                              von altersgerechten Wohnungen. Doch hat           mich in Bezug auf eine dynamischere Woh-                   Der Wohnungsmarkt im Jura funktioniert.
                                              dieses Segment dank der grösseren Verbrei-        nungspolitik zu äussern», meint er, «aber                  Bedarf gibt es dort, wo die Uhrenindustrie wieder
                                                                                                                                                           aufblüht. Zum Beispiel in Les Breuleux, wo eine
                                              tung der Spitex-Dienste an Bedeutung ver-         ich werde die Frage der Wohnbauförderung                   gemeinnützige AG günstige Familienwohnungen
                                              loren. Manche kleinere Dörfer sind zudem          gründlich überprüfen – in Zusammenarbeit                   erstellt. Der Solidaritätsfonds des SVW unterstützt
                                              von Abwanderung betroffen.                        mit den anderen betroffenen Ämtern, na-                    dieses Projekt.

                                                  Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele. So        mentlich der Raumplanung und den Sozial-
                                              hat die Gemeinde Cornol einer Stiftung            diensten. Denn es geht dabei nicht nur um
                                              kostenlos Land zur Verfügung gestellt, die        wirtschaftliche Fragen.»

                                              Vorbildliche Public-Private-Kooperation
                                              im Val-de-Ruz (NE)
                                              Die Genossenschaft Les Héliotropes, 1998
                                              im neuenburgischen Val-de-Ruz gegründet,
                                              konnte mangels geeignetem Bauland lange
                                              kein Projekt realisieren. Das änderte sich erst
                                              2006, als in der Gemeinde Cernier, dem
                                              Hauptort des Tals, dank einem Quartierplan-
                                              verfahren ein Grundstück von gut 10 000 Qua-
                                              dratmetern frei wurde. Es gehörte dem Kan-
                                              ton, der für die Bebauung eine Partnerschaft
                                              mit einem privaten Investor wünschte. Die
                                              Genossenschaft besetzte zunächst den Vor-
                                              stand neu und nahm neben einem Anwalt und         Im Val-de-Ruz, das auch als Naherholungsgebiet viel zu bieten hat, entstehen dank einer Zusammenarbeit
                                              einen Immobilienfachmann den Gemeinde-            zwischen einer Baugenossenschaft und der öffentlichen Hand günstige Wohnungen.
                                              schreiber sowie zwei kantonale Vertreter auf.
                                              Dann machte sie sich an die Planung: 36 Woh-
                                              nungen sollen entstehen, die insbesondere         das Projekt von der Förderung nach dem                     Jahre ist kostenlos. Danach wird der Bau-
                                              für Familien, Menschen mit bescheidenem           neuen kantonalen Wohnbaugesetz (LAL) pro-                  rechtszins alle fünf Jahre um ein Prozent er-
                                              Einkommen und Senioren bestimmt sind. Die         fitieren. So wird sich der Kanton an der Genos-             höht bis maximal fünf Prozent. Die Gemeinde
                                              Wohnungen sollen zwar einen gewissen Kom-         senschaft beteiligen, um die nötigen Eigen-                Cernier hat sich ebenfalls bereit erklärt, Anteil-
                                              fort bieten, aber möglichst tiefe Mieten auf-     mittel von fünf Prozent zu erreichen. Weiter               scheine an der Genossenschaft zu erwerben.
                                              weisen.                                           gewährt er ein Darlehen, dessen Zins deutlich              Dank diesem vorbildlichen «partenariat pu-
                                                 Derzeit ist der Vorstand daran, die Finan-     unter den derzeitigen Hypothekarsätzen liegt.              blic-privé» wird sie bald über ein äusserst at-
                                              zierung auf die Beine zu stellen. Dabei wird      Das Baurecht während der ersten fünfzehn                   traktives modernes Wohnangebot verfügen.
Am Léman fehlen Tausende von Wohnungen
wohnen 11/2009        Ro ma nd ie
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                                                    Wallis

                                                    Kanton der Eigentümer

                    Das Wallis kennt keine          ein Kanton der Eigentümer ist. Ihr Anteil       biet zu erhalten.» Die Wohnbauförderung

                                                                                                                                                  Foto: swiss-image.ch / Roland Gerth
                    besonderen Massnahmen           beträgt rund sechzig Prozent und ist vor al-    werde sich deshalb auf die Berggebiete kon-
                    zugunsten gemeinnütziger        lem in den Bergdörfern sehr gross», erklärt     zentrieren. Das Gesetz werde es erlauben,
                    Wohnbauträger. Es verfügt       Ursula Kraft von der Dienststelle für Wirt-     Subventionen à fonds perdu und zinslose
                    auch nicht über die gesetz-     schaftsentwicklung des Kantons. Trotzdem        Darlehen für den Bau, die Erneuerung und
                    lichen Grundlagen, um die       wird das Wallis bald ein neues Gesetz über      den Erwerb von Wohnliegenschaften in
     Vergabe von Baurechten an die Gemeinnüt-       die Regionalpolitik in Kraft setzen, das auch   Berggebieten zu sprechen.
     zigen zu fördern. Es gibt allerdings ein Sy-   die Wohnbauförderung neu regelt. Ursula
     stem von Subventionen für Mietzinse und        Kraft: «Gemäss dem Grundgedanken dieses
     den Zugang zu Wohneigentum. Grösserer          Gesetzes soll die Wohnbauförderung zum
     Wohnungsmangel besteht derzeit nirgends.       Ziel haben, eine dezentralisierte Wohnungs-                   *übersetzt und bearbeitet von
     «Dies liegt vor allem daran, dass das Wallis   versorgung auf dem gesamten Kantonsge-                                      Richard Liechti
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