AmPULS - Verband Zürcher Krankenhäuser

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amPULS                                                                               AUSGABE 2/2020

Newsletter des Verbands Zürcher Krankenhäuser

FINANZIELLES FUNDAMENT DER
SPITÄLER BEGINNT ZU BRÖCKELN

                                                                                                    Die Spitäler werden seit Langem
                                                                                                    zum Sparen gezwungen. Mit neuen
                                                                                                    politischen Vorlagen erhöht Bundesrat
                                                                                                    Berset den Spardruck auf die Spitäler
                                                                                                    zusätzlich. Ginge es nach seinen Plä-
                                                                                                    nen, müssten 75 Prozent aller Spitäler
                                                                                                    defizitär arbeiten und bald ihre Türen
                                                                                                    schliessen. Die Einnahmen fehlen,
                                                                                                    Reserven sind – politisch gewollt –
                                                                                                    nicht vorhanden. Das Fundament der
                                                                                                    Versorgung beginnt allmählich zu brö-
                                                                                                    ckeln. Das erhöht den ohnehin schon
                                                                                                    grossen Druck auf das medizinische
                                                                                                    Personal zusätzlich. Ihre Leistungs-
                                                                                                    und Belastungsgrenzen sind erreicht.

Die zweite Corona-Welle hat die Spitäler fest       Allgemeinversicherten – dazu zählen auch        Im Hinblick auf das Spitalfinanzierungs-
im Griff. Die Situation ist unter Kontrolle, wenn   die meisten Covid-19-Erkrankten – nicht kos-    gesetz (SPFG) muss das grundlegende
auch angespannt. Trotz hoher Fallzahlen ist         tendeckend. Dasselbe gilt für den gesamten      Problem der ungenügenden Kosten-
die Versorgung aller Covid-19-Patientinnen          ambulanten Bereich. Noch können die Spitä-      deckung im Bereich der allgemeinver-
und -Patienten im Kanton Zürich sicherge-           ler die Defizite mit den Einnahmen aus dem      sicherten Patientinnen und Patienten
stellt. Mehr noch, die Zürcher Spitäler neh-        Bereich der Zusatzversicherten auffangen.       und in der ambulanten Behandlung
men Betroffene aus anderen Kantonen auf             Diese Quersubventionierung ist aber unbe-       jetzt angegangen werden. Ansonsten
und leisten einen wichtigen Beitrag zuguns-         friedigend, systemfremd und nicht nachhaltig.   droht eine Unterversorgung. Anstelle
ten der gesamten Schweizer Bevölkerung.                                                             weiterer Regulierungen und Koope-
                                                    Die Corona-Pandemie hat die finanzielle Situ-   rationsverboten braucht es Kosten-
Für eine funktionierende Gesundheitsver-            ation zusätzlich verschlechtert. Die Ertrags-   wahrheit. Eine Anpassung der Tarife
sorgung ist es zudem zentral, dass jeder-           ausfälle infolge des von Bund und Kanton        im Bereich der allgemeinversicherten
zeit auch die Non-Covid-19-Patientinnen und         beschlossenen Behandlungs- und Opera-           stationären Patientinnen und Patienten
-Patienten vollumfänglich behandelt werden.         tionsverbots im Frühling bringt viele Leis-     sowie in der ambulanten Behandlung
Möglich macht dies der grosse, unermüd-             tungserbringer an ihre Grenzen. Bund und        ist dringender denn je. Der Regie-
liche Einsatz des Spitalpersonals einerseits        Kanton hatten den Spitälern einen eindeu-       rungsrat des Kantons Zürich kann
und die enge Koordination und das geeinte           tigen Auftrag zur Bereithaltung von leeren      handeln, indem er die Fallpauschalen
Zusammenspiel aller Akutversorger ande-             Betten erteilt, um grosse Kapazitäten für       und den Taxpunktwert im Spitalbereich
rerseits. Die Zusammenarbeit klappt vor-            die möglichen Krankheitsfälle zu schaffen.      entsprechend erhöht. Nur so lässt sich
bildlich. Die Zürcher Spitäler haben einmal         Diesen Auftrag will der Bund nun gar nicht,     die qualitativ hochstehende Gesund-
mehr bewiesen, dass sie Corona «können».            der Kanton nur zu einem kleinen Teil abgel-     heitsversorgung im Kanton Zürich auch
                                                    ten. Im Restaurant würde man von Zech-          über die Corona-Krise hinaus erhalten.
Nun ist die Politik an der Reihe. Sie muss be-      prellerei sprechen. Obwohl die Spitäler als
weisen, dass sie bereit ist, die qualitativ hoch-   systemrelevant gelten und viel geklatscht
stehende medizinische Versorgung auch in            wurde, ist das konkrete Bekenntnis der
Zukunft sicherzustellen. Denn, was die Finan-       Politik zur Gesundheitsversorgung ernüch-       Daniel Kalberer
zierung betrifft, die grossen Probleme sind         ternd. Das lässt die Alarmglocken läuten.       Geschäftsleiter VZK
bis dato ungelöst. So ist die Behandlung von
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VZK   REAL LIFE

DAS USZ SIEHT SICH SELBSTREDEND IN DER PFLICHT,
FÜR ALLE PATIENTINNEN UND PATIENTEN DA ZU SEIN
Für viele kam die zweite Covid-19-Welle schneller als erwartet.
Die Zürcher Spitäler waren gut vorbereitet. Die Situation im Kan-
ton Zürich ist angespannt. Die Kapazitäten reichen im Moment
noch aus. Eine hochstehende Versorgung ist für alle Covid-19- und
Non-Covid-19-Patientinnen und -Patienten gewährleistet. Für die
Spitalmitarbeiterinnen und -mitarbeiter bleibt jeder Arbeitstag
                                                                                                Dr. med. Peter Steiger        Paola Massarotto
eine grosse Herausforderung. Dr. med. Peter Steiger und
                                                                                                Stv. Direktor, Institut für   Leiterin Projekte und
Paola Massarotto erzählen von ihrem Alltag auf der Intensiv­                                    Intensivmedizin, USZ          Prozesse, Institut für
pflegestation am Universitätsspital Zürich.*                                                                                  Intensivmedizin, USZ

Herr Steiger, waren Sie vom schnellen            Dienst), des Betriebs und der Unterneh-        Massarotto: Bei den Mitarbeiterinnen und
Anstieg der Fälle bei der zweiten Covid-         menskommunikation. In der Taskforce ha-        Mitarbeitern ist erkennbar, dass die Angst
19-Welle überrascht?                             ben wir sehr früh begonnen, Pläne für die      vor einer Ansteckung abgenommen hat.
Peter Steiger: Nein, ich war ehrlich gesagt      zweite Welle auszuarbeiten. In einem Stu-      Wir wissen, dass unsere Schutzmassnah-
nicht überrascht. Dass es eine zweite Welle      fenplan haben wir festgelegt, was bei vol-     men funktionieren. Unverändert ist da-
geben wird, war klar. Sie kommt für mich         len Abteilungen zu tun ist und von wo wir      gegen die psychische und physische Belas-
aber eher später als erwartet. Ich habe im       zusätzliches Personal rekrutieren können.      tung. Sie ist und bleibt gross. Acht Stunden
Sommer damit gerechnet, dass vor allem                                                          in Schutzanzügen, mit Brillen und Masken
jüngere Personen, die aus den Ferien zu-         «WIR KENNEN DIE                                zu arbeiten, ist sehr anstrengend. Man
rückkehren, das Virus in die Familien zu-                                                       kann während der Arbeit auch nicht einfach
rückbringen.                                     KRANKHEIT MITT-                                schnell etwas trinken oder auf die Toilette
                                                                                                gehen.
Wie gut waren Sie auf die zweite Welle
                                                 LERWEILE ALSO VIEL
vorbereitet?                                     BESSER.»                                       «WIR WISSEN, DASS
Paola Massarotto: Da wir aus der ersten
Welle viel gelernt haben, waren wir sicher       Gibt es in Ihrem Alltag Unterschiede zur       UNSERE SCHUTZMASS-
gut vorbereitet. Das grösste Problem ist,
genügend diplomierte Expertinnen und Ex-
                                                 ersten Welle im Frühling?
                                                 Steiger: Während der ersten Welle hatten
                                                                                                NAHMEN FUNKTIONIE-
perten für die Intensivpflege zu rekrutieren.    wir am USZ insgesamt knapp 50 Covid-           REN. UNVERÄNDERT
Wir haben rechtzeitig ein Modell der Unter-      19-Patientinnen und -Patienten auf der In-
stützungspflege etabliert. Dies besteht aus      tensivpflegestation. In der zweiten haben
                                                                                                IST DAGEGEN DIE PSY-
interessierten Pflegefachpersonen, die           wir bis jetzt bereits über 100 an Covid-19     CHISCHE UND PHY-
während der Pandemie, nach einer Einfüh-         erkrankte Personen behandelt. Das sind zu
rungsphase, auf den Intensivstationen ar-        geringe Zahlen, um daraus statistisch etwas    SISCHE BELASTUNG.
beiten. Im Weiteren werden wir von 30 bis        Eindeutiges ableiten zu können. Was man        SIE IST UND BLEIBT
40 Medizinstudierenden im 5. und 6. Jahr         sicher sagen kann, ist, dass die Dauer des
unterstützt. Davon profitieren beide Seiten,     Spitalaufenthalts im Vergleich zum Frühling    GROSS.»
denn Medizinstudierende erhalten so einen        kürzer geworden ist. Sie beträgt momen-
Einblick in den Alltag auf einer Intensivpfle-   tan etwa zehn Tage. In der ersten Welle        Wie ist die gegenwärtige Situation am Uni-
gestation. Gleichzeitig können wir sie sehr      waren es ungefähr zwei bis drei Wochen.        versitätsspital Zürich?
gut einarbeiten, weil sie bereits über viel      Zudem müssen weniger Erkrankte auf der         Steiger: Wir haben zwei Intensivpflegesta-
Wissen über den Klinikalltag verfügen.           Intensivstation behandelt werden. Wir kön-     tionen mit insgesamt 28 Betten für Covid-
                                                 nen sie bereits auf der Normalstation sehr     19-Patientinnen und -Patienten. Diese sind
Steiger: Unsere Taskforce besteht aus rund       gut therapieren. Zum Beispiel haben wir        seit rund zwei Wochen praktisch voll. Weil
20 Mitgliedern. Sie wird von der ärztlichen      gelernt, dass wir Erkrankte vermehrt in die    die Erkrankten im Durchschnitt aber weni-
Direktion geleitet. Wir treffen uns regel-       Bauchlage bringen müssen. Es gibt auch         ger lang bleiben und so die Betten schnel-
mässig, um die aktuelle Lage zu bespre-          Medikamente, die bei früher Anwendung          ler wieder frei werden, können wir weiter-
chen. Mit dabei sind Ärztinnen und Ärzte,        wahrscheinlich wirksam sind. Wir kennen        hin neue Fälle aufnehmen. Wir haben also
Vertreterinnen und Vertreter der Pflege aus      die Krankheit mittlerweile also viel besser.   gerade noch genügend Kapazität. Wichtig
allen betroffenen Kliniken (Intensivmedizin,     Es ist daher etwas Routine und Ruhe ein-       zu betonen ist: Das Universitätsspital ist
Infektiologie, Spitalhygiene, Innere Medizin,    gekehrt.                                       und bleibt auch für Non-Covid-19-Patientin-
Pneumologie, Notfall, personalärztlicher                                                        nen und -Patienten offen. Die medizinische
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Die Betreuung von Covid-19-Erkrankten auf der Intensivpflegestation beansprucht viel Personal. Die Fallzahlen müs-
sen sinken, damit auch Non-Covid-19-Patientinnen und -Patienten weiterhin gut versorgt werden können.

Versorgung darf nicht unter dem Anstieg                    gung ist sehr gefährlich. Bei uns sind vier               terverbreiten. Die Chance ist derzeit gross,
der Covid-19-Fallzahlen leiden.                            von sechs Intensivstationen mit Non-Covid-                dass man jemanden trifft, der das Virus hat.
                                                           19-Patientinnen und -Patienten belegt. Das
Massarotto: Unsere grösste Herausforde-                    USZ sieht sich selbstredend in der Pflicht,               Könnten Sie die Kapazitäten nochmals er-
rung ist die Bereitstellung von genügend                   für alle da zu sein.                                      höhen, falls die Fallzahlen wieder anstei-
Personal. Das gestaltet sich mitunter sehr                                                                           gen?
schwierig. Momentan befinden sich auch                     «ES DARF NICHT SEIN,                                      Steiger: Im Notfall könnten wir eine dritte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Quaran-                                                                          Intensivpflegestation für Covid-19-Patientin-
täne. Andere warten auf ihr Testergebnis.
                                                           DASS BETROFFENE                                           nen und -Patienten aufmachen. Doch dann
Sie fehlen. Wir müssen tagtäglich von einer                OHNE COVID-19 KEINE                                       fehlt uns noch mehr Personal. Das geht
Intensivstation zur anderen wechseln. Stän-                                                                          entweder auf Kosten der Non-Covid-19-Er-
dig wechselnde Teams und Tagespläne                        ADÄQUATE BEHAND-                                          krankten oder auf Kosten der Betreuungs-
fordern von den Mitarbeitenden eine sehr                   LUNG ERHALTEN. EINE                                       qualität. Beides möchten wir verhindern
hohe Flexibilität.                                                                                                   und appellieren deshalb an die Gesell-
                                                           MEDIZINISCHE UN-                                          schaft, sich strikte an die Hygieneregeln zu
Es wurde auch Kritik an den Spitälern laut.                                                                          halten.
Ihnen wird vorgeworfen, dass sie zu wenig
                                                           TERVERSORGUNG IST
Operationen verschieben. Können Sie die-                   SEHR GEFÄHRLICH.»                                         Im Moment sterben sehr viele Menschen
se Kritik nachvollziehen?                                                                                            am Coronavirus. Wie gehen Sie damit um?
Steiger: Die Kritik kann ich nicht teilen.                 Wie kommen wir durch den Winter? Beru-                    Massarotto: Für Angehörige, Patientinnen,
Wenn es nötig und möglich ist, verschieben                 higt sich die Situation wieder? Oder rech-                Patienten und das Behandlungsteam ist die
wir selbstverständlich Wahleingriffe. Dazu                 nen Sie gar mit einer dritten Welle?                      Situation sehr belastend. Im Unterschied
muss man aber sagen: Bei den Eingriffen                    Steiger: Ich befürchte, dass es nach Weih-                zur ersten Welle dürfen Angehörige ihre
am USZ handelt es sich nicht um Lappa-                     nachten und Neujahr einen erneuten An-                    Lieben jedoch besuchen. Sie müssen aller-
lien. Organtransplantationen zum Beispiel                  stieg der Fallzahlen geben wird. In der                   dings Schutzanzüge anziehen und es gibt
lassen sich nicht einfach verschieben. Auch                kälteren Jahreszeit ist man grundsätzlich                 auch eine Begrenzung der Besuchszeit.
nötige Eingriffe bei Unfall- und Tumorpa-                  wieder mehr zu Hause. An Weihnachten
tientinnen und -patienten können nicht                     kommen die Familien zusammen. Weil Fa-                    Steiger: Die Mortalität ist in den letzten Wo-
einfach auf die lange Bank geschoben                       milienfeste dieses Jahr im kleinen Rahmen                 chen auch bei uns etwas angestiegen. Es
werden. Es darf nicht sein, dass Betroffene                stattfinden, werden die Menschen vermut-                  liegen wieder mehr ältere Patientinnen und
ohne Covid-19 keine adäquate Behandlung                    lich mehrere kleinere Feiern veranstalten.                Patienten auf der Intensivpflegestation. Im
erhalten. Eine medizinische Unterversor-                   So kann sich das Virus aber trotzdem wei-                 Vergleich zur Gesamtschweiz haben wir am
                                                                                       3
AmPULS - Verband Zürcher Krankenhäuser
Das Risiko, sich während der Arbeit mit dem Corona-
                                                                                             virus zu infizieren, ist für das Pflegepersonal dank
                                                                                             Schutzausrüstung minimal. Die Angst vor einer Infektion
                                                                                             hat nachgelassen.

                                                                                             Im Vergleich zum Frühling wurden in der zweiten Welle
                                                                                             bereits mehr als doppelt so viele Patientinnen und
                                                                                             Patienten auf der Intensiv­pflegestation behandelt. Im
                                                                                             Bild der Eingang des Universitätsspitals Zürich.

USZ immer noch eine tiefere Sterblichkeit,                                                   finde ich es immer wieder unglaublich,
was sich aber jederzeit ändern kann.
                                              «PATIENTINNEN UND                              wenn ich Demonstrierende ohne Schutz-
                                              PATIENTEN WERDEN                               masken sehe. Diese Leute haben keine
Sie erwähnen die geringe Übersterblich-                                                      Ahnung, was dieses Virus für Betroffene
keit am USZ. Machen die Zürcher Spitäler      IM KANTON ZÜRICH                               und auch das medizinische Personal be-
etwas besser als andere?                      SEHR GUT AUF DIE                               deutet. Ich wünsche mir von der Gesell-
Steiger: Die Qualität der medizinischen                                                      schaft mehr Solidarität.
Versorgung ist in anderen Kantonen gleich     VERSCHIEDENEN SPI-
hoch wie im Kanton Zürich. Es ist aber zu
bemerken, dass die Patientinnen und Pa-
                                              TÄLER VERTEILT.»                               Wird eine Corona-Impfung die grosse Er-
                                                                                             lösung bringen?
tienten im Kanton Zürich sehr gut auf die                                                    Steiger: Wenn es eine gute Impfung ist,
verschiedenen Spitäler verteilt werden.       terinnen und Mitarbeiter erschöpft sind.       wird sie uns sicher helfen. Noch nie wur-
Ein Viertel der an Covid-19-Erkrankten sind   Das macht uns Sorgen. Wir haben ein sehr       den so viele Ressourcen in die Forschung
bei uns im USZ. Die anderen drei Viertel      gutes Kader-Team und unterstützen uns          und Entwicklung eines Impfstoffs inves-
werden in anderen Spitälern behandelt.        gegenseitig. Wir sagen zueinander auch:        tiert. Ich habe deshalb die Hoffnung, dass
Man hilft sich gegenseitig sehr gut. Bei      Nimm dir Zeit! Wir versuchen, so gut es        man schneller vorwärtskommt als sonst.
einer guten Verteilung hat das Personal       geht, aus dem Hamsterrad auszubrechen.         Es kommt aber auch auf die Impfdisziplin
mehr zeitliche Ressourcen pro Patientin       So können Pausen auch wirklich für die         der Bevölkerung an. Hoffnung geben mir
oder Patient zur Verfügung. Damit steigen     Regeneration genutzt werden. Hier haben        auch die Medikamente, die derzeit erprobt
auch die Chancen auf eine schnellere Ge-      wir viel aus der ersten Welle gelernt.         werden. Perfekt wäre eine medizinische
nesung.                                                                                      Behandlung in Kombination mit einem
                                              Steiger: Wir alle sind müde. Ich habe je-      Impfstoff. Doch wie schnell das geht, bleibt
Wie gehen Sie persönlich mit der Situation    doch auch schon vor der Pandemie viel          abzuwarten.
um? Reichen die Kräfte?                       gearbeitet. Darum sind meine Arbeitszei-
Massarotto: Wir arbeiten nach wie vor im      ten nicht viel länger geworden. Positiv ist,   *Das Interview wurde Ende November
Dreischichtenbetrieb. Das ist meiner An-      dass die Anzahl Vorträge abgenommen            geführt.
sicht nach sehr wichtig. Meine Kräfte rei-    hat. Auch Symposien finden aufgrund der
chen, aber ich sehe, dass unsere Mitarbei-    Pandemie viel weniger statt. Persönlich

                                                                    4
AmPULS - Verband Zürcher Krankenhäuser
VZK   MEINUNGEN

KEIN SPITAL WIRD IN ZUKUNFT OHNE
KOOPERATIONSSTRATEGIE AUSKOMMEN
Die Zürcher Spitäler arbeiten während der zweiten Covid-19-Wel-                                                           Prof. Dr. med.
                                                                                                                          Andreas Zollinger
le eng zusammen. Das hat sich bewährt. Die Verteilung der Pati-                                                           Medizinischer Direktor
entinnen und Patienten klappt gut. Über die Zürcher Akutversor-                                                           und Stv. Spitaldirektor

gung zu Coronazeiten, aber auch darüber hinaus sprachen wir                                                               Stadtspital Waid und
                                                                                                                          Triemli
mit Prof. Dr. med. Andreas Zollinger.

Herr Zollinger, «können» die Zürcher Spitä-      Übersichten werden allen Spitälern zur Ver-      rums- oder sogar Universitätsspital durch-
ler Corona?                                      fügung gestellt. So kann man schauen, wo         geführt werden.
Ja, wir «können» Corona. Wir haben im            es noch Platz gibt und wohin man Erkrank-
Rahmen der ersten und der zweiten Welle          te verlegen könnte. Die Entwicklung ist          Wie wichtig bleibt die dezentrale Versor-
viel gelernt. Die Spitäler helfen sich bei der   jedoch sehr dynamisch. Es kommt vor, dass        gung?
Verteilung von Patientinnen und Patienten        an einem bestimmten Morgen die Stationen         Die dezentrale Versorgung bleibt weiterhin
gegenseitig sehr gut. Die CEOs der Spitäler      voll sind und am Nachmittag bereits wieder       wichtig. Kooperiert ein Regionalspital mit
im Kanton Zürich haben einen Verhaltens-         mehrere Plätze frei – und umgekehrt. Dann        einem Zentrumsspital, können Erkrankte
kodex vereinbart, in dem festgelegt wurde,       wird telefoniert, organisiert, koordiniert und   oder Verunfallte für komplexe Behandlun-
wie mit der Verteilung umzugehen ist. Alle       gegebenenfalls verlegt.                          gen aus einem Regionalspital ins Zentrums-
von der Gesundheitsdirektion als Covid-A/-                                                        spital verlegt und danach wieder zurückver-
B-Spitäler bezeichneten Betriebe beteiligen      Patientinnen und Patienten untereinander         legt werden. So bleiben sie wohnortsnah
sich – auch private. Die Covid-C-Spitäler        aufteilen – ist das ein Modell für die Zu-       versorgt. Zudem können so die Qualität
nehmen zudem ebenfalls Erkrankte ohne            kunft?                                           hoch- und die Kosten tiefgehalten werden.
Beatmungspflicht auf. Dank der engen Zu-         Im Moment ist dieses Modell ideal, um die        Regionalspitäler werden im Bereich der
sammenarbeit sind die Covid-19-Patient-          Krise zu bewältigen. In Sachen Koordina-         Grundversorgung und der ambulanten Be-
innen und -Patienten gut versorgt und die        tion haben wir viel gelernt. Wir sollten das     handlungen in Zukunft eine zunehmend
Spitäler bleiben dennoch für alle anderen        neu geschaffene Vertrauensverhältnis un-         bedeutendere Rolle übernehmen.
offen.                                           tereinander sicher auch in Zukunft nutzen.
                                                 Aber man darf nicht vergessen: Spitäler          Welche Lehren ziehen Sie aus der ersten
Wie schätzen Sie die Situation gegenüber         sind nicht nur Partner, sondern eben auch        und zweiten Welle für die Zukunft der Zür-
der ersten Welle ein?                            Konkurrenten. Gerade im Hinblick auf die         cher Spitäler?
Während der ersten Welle durften kei-            Spitalplanung 2023 müssen wir genau wis-         Es ist wichtig, dass sich die Spitäler unter-
ne elektiven Eingriffe mehr durchgeführt         sen, bei welchen Leistungen wir stark und        einander austauschen und dass dafür auch
werden. Patientinnen und Patienten, die          effizient sind und darauf den Fokus legen.       ein Forum zur Verfügung steht. Sie müssen
eigentlich hätten behandelt werden müs-          Die Konkurrenzsituation setzt auch Energie       in Zukunft selbstbewusster auftreten und
sen, kamen nicht ins Spital. Das wollten         für Verbesserungen frei.                         Anliegen gemeinsam an die Politik heran-
wir in der zweiten Welle vermeiden. Wir                                                           tragen. Die Spitäler sind sehr leistungsfä-
müssen sowohl Covid-19-Patientinnen und          Trotz Konkurrenz: Viele Spitäler arbeiten        hig und für die Gesundheitsversorgung der
-Patienten, aber gleichzeitig auch alle ande-    vermehrt mit Kooperationspartnern zusam-         Bevölkerung sowie auch volkswirtschaftlich
ren behandeln können. Klar ist: Es werden        men. Wie schätzen Sie diese Entwicklung          von immenser Bedeutung – und nicht bloss
Wahleingriffe abgesagt, wenn es erforder-        ein?                                             ein Kostenfaktor.
lich ist. Es geht nicht ohne. Aber es kann       Kein Spital wird in Zukunft ohne Kooperati-
nicht sein, dass die Spitäler den Betrieb        onsstrategie auskommen. Ein Problem, das         Welche Lehren ziehen Sie für sich persön-
total herunterfahren müssen. Heute kann          immer drängender wird, ist der Mangel an         lich aus der Coronakrise?
jedes Spital selbst entscheiden, welche          Fachspezialistinnen und Fachspezialisten.        Die berufliche Belastung ist zusätzlich ge-
Operationen verschoben werden. Das ist           Im medizinischen Bereich ist die Speziali-       stiegen. Dabei habe ich gemerkt, wie mein
ein grosser Vorteil.                             sierung so weit fortgeschritten, dass man        gewohntes Umfeld etwas ins Wanken ge-
                                                 Mitarbeitende nicht mehr überall einsetzen       raten ist. Viele Anlässe fallen aufgrund
Sie sprechen die Zusammenarbeit unter            kann. Man wird also künftig noch vermehrt        der Pandemie weg. Leute, die man sonst
den Spitälern an. Wie muss man sich diese        Fachleute teilen müssen. Aber auch finan-        regelmässig sieht, trifft man plötzlich nicht
konkret vorstellen?                              ziell machen Kooperationen Sinn. Speziali-       mehr. Ich möchte künftig Wege finden,
Zweimal pro Tag wird eine Übersicht zur          sierte Behandlungen wie molekularpatho-          meine sozialen Kontakte wieder vermehrt
Covid-19-Auslastung der sogenannten Co-          logische Untersuchungen erfordern grosse         zu pflegen. Gerade auch, um die weiteren
vid-A-/B-Spitäler erstellt. Dabei wird genau     finanzielle Investitionen. Die Geräte und        Herausforderungen, die uns noch bevor-
protokolliert, wie viele Fälle es auf den        das entsprechende Personal können nicht          stehen, meistern zu können. Um gesund zu
Intensivpflegestationen gibt und wie viele       in jedem Spital zur Verfügung stehen. Sol-       bleiben, brauchen wir ganz besonders ein
sich auf der Isolierstation befinden. Diese      che Leistungen können nur in einem Zent-         intaktes soziales Umfeld.

                                                                       5
AmPULS - Verband Zürcher Krankenhäuser
VZK    INFO

GRIPPEIMPFUNG – JETZT ERST RECHT

                                                                gehörigen, ihr Team und die ihnen anver-
                                                                trauten Patientinnen, Patienten, Bewohne-
                                                                rinnen und Bewohner.
Die Fachpersonen des Gesundheitswe-                                                                                          Ausbildung im Gesundheitswesen Kanton
sens spielen eine Schlüsselrolle bei der                        In dieser Grippesaison ist es ausschlag-                     Zürich (ZAG), Curaviva Kanton Zürich und der
Grippeprävention. Mit der Entscheidung,                         gebend, sowohl eine Erkrankung durch                         Spitex Verband Kanton Zürich engagieren
sich impfen zu lassen, leisten sie einen                        Grippe- als auch durch Coronaviren zu                        sich gemeinsam. So wurden verschiedene
erheblichen Beitrag und mildern den anhal-                      vermeiden. Zusätzlich zu den Hygiene-                        Printmaterialien wie ein Factsheet und Plaka-
tenden Druck auf das Gesundheitssystem.                         massnahmen und dem Maskentragen ist                          te entwickelt. Neu wurde in diesem Jahr auf
                                                                darum die Grippeimpfung sehr wichtig.                        elektronische Hilfsmittel gesetzt.
Bei ihrer Arbeit sind Gesundheitsfachper-                       Der Verband Zürcher Krankenhäuser, das
sonen vermehrt Grippeviren ausgesetzt.                          Netzwerk Zürcher Pflegezentren (VZK), der                    So stehen Videos, Statements, E-Mailsigna-
Mit ihrem Entscheid für die Grippeimpfung                       Schweizer Berufsverband der Pflegefach-                      turen und Webbanners unter www.vzk.ch/
schützen sich Gesundheitsfachpersonen                           frauen und -männer Sektion ZH/GL/SH, das                     gesundheitspolitik/dossiers/grippe-impfung
selber und sie schützen ihre Familien, An-                      Careum Bildungszentrum, das Zentrum für                      zum Download zur Verfügung.

VERANSTALTUNG

JUBILÄUMSTAGUNG «30 JAHRE                                       VZK-TAGUNG
ÖKOLOGIEKOMMISSION DES VZK»                                     GESUNDHEITSVERSORGUNG

Donnerstag, 23. September 2021                                  Donnerstag, 11. November 2021
Nachmittags im Zoo Zürich                                       Vormittags im Kongresshaus Zürich

Die Tagung wird unter dem Titel «Kreislauf-                     Die traditionelle Tagung für Fach- und Füh-
wirtschaft im Spital: Fluch oder Segen?»                        rungskräfte aus dem Gesundheitswesen
durchgeführt.                                                   sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Po-                   Reservieren Sie sich die Termine, weitere
                                                                litik und Behörden.                                          Informationen folgen.

ÜBER UNS
DER VERBAND ZÜRCHER KRANKENHÄUSER (VZK)                                                                                   AUSGABE 2/2020               KONTAKT
Der VZK ist der grösste Verband der Gesundheitsversor-         Die Spitäler Schaffhausen sind ebenfalls Mitglied.         Redaktion: VZK               Verband Zürcher Krankenhäuser
ger im Kanton Zürich. Er vertritt 31 Institutionen, die rund   Der VZK vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegen-   Illustration: Jonas Raeber   Nordstrasse 15
34 800 Mitarbeitende beschäftigen und einen Umsatz             über Politik, Behörden, Versicherern und deren Verbän-     Grafik/Satz: Edith Roth      8006 Zürich
von 5,4 Mrd. Franken pro Jahr erzielen. Zum VZK gehö-          den, weiteren Interessensgruppen im Gesundheits- und       Druck: www.zimmidruck.ch     044 943 16 66
ren Listenspitäler, Rehabilitationskliniken, Spezialkliniken   Sozialwesen sowie der Öffentlichkeit und fördert den       Auflage: 1 000               info@vzk.ch, www.vzk.ch
und Pflegezentren im Kanton Zürich.                            Erfahrungsaustausch der Mitglieder untereinander.

                                                                                            6
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