Ambrosia sorgt für Mehrausgaben für Allergie-Patienten
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Ausgabe | 36 28. September 2012 powered by Allergien Ambrosia sorgt für Mehrausgaben für Allergie-Patienten Bis zu einer Milliarde Euro Mehrausgaben/Patienten würden sich finanziell an Beseitigung von Pflanze beteiligen D ie nordamerikanische Beifuß-Ambrosie breitet sich zunehmend in Europa der Bevölkerung erkranken. „Es ist wichtig, die Kosten der Ambrosia-Allergien abzu- aus – und ist hochallergen. schätzen, weil sie in Relation LMU-Forscher haben nun zu gesehen werden müssen zu einer Studie beigetragen, die den Kosten, die eine Eindäm- zeigt, dass dies Kosten von bis mung der Pflanze verursacht“, zu einer Milliarde Euro im Jahr sagt die Umweltökonomin verursachen könnte. Dr. Wanda Born, die die Ana- Heuschnupfen tritt vor al- lyse am Helmholtz-Zent- lem zwischen März und Juli auf, rum für Umweltforschung wenn in Deutschland die meis- (UFZ) in Leipzig geleitet hat, ten Bäume und Gräser blühen. mittlerweile aber an einem Mittlerweile aber leiden viele anderen Institut tätig ist. Die Beifiuß-Ambrosie breitet sich zusehends auch in Europa aus und Patienten unter einer deutlich sorgt für höhere Ausgaben bei Krankenkassen und Patienten. Für die Studie wurden am längeren Allergiesaison. Ver- Foto: flickr/gmayfield10 AllergieZentrum der LMU- antwortlich dafür ist die ur- Patienten befragt, die an ei- sprünglich aus Nordamerika stammende durch Ambrosia-Pollen beeinträchtigt ner Pollenallergie leiden und nachweis- Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifo- werden. In Ungarn aber etwa tritt die lich gegen Ambrosia sensibilisiert sind. lia), die sich nun auch in Deutschland und Pflanze in manchen Regionen bereits Die Betroffenen wurden für die Stu- Europa ausbreitet, wo sie von August bis flächendeckend auf, wobei nach Schät- die stichprobenartig befragt. Dabei zeigte Oktober blüht. Weil der Pollen der Pflanze zungen bereits die Hälfte der Heu- sich, dass die Mehrzahl der Patienten – stark allergen ist, kann es bei den Allergi- schnupfen-Patienten gegen die Allergene die wegen der Allergie die Universitäts- kern zu massiven Beschwerden kommen. sensibilisiert ist und bei Kontakt mit den klinik aufsuchten – wegen dieser Erkran- Nach Schätzungen leidet bereits je- Pollen erkrankt. Entsprechend könnten in kung im Schnitt fünfmal im Jahr einen der fünfte Deutsche unter Heuschnup- Deutschland – bei einer weiteren Ausbrei- Arzt aufsuchen muss. Ein Drittel der Be- fen. Noch ist unklar, wie viele von ihnen tung der Pflanze – bis zu zehn Prozent fragten wird jährlich rund fünf Tage sta- Analyse Veraltetes Versorgungsprinzip Grund für Honorarstreit Die Wurzel des Honorarstreits für nieder- men Zweifel auf, ob er noch zeitgemäß ist: lich, dass sich dabei auch die Ärzte auf gelassene Ärzte sehen viele im Sicherstel- „Heute müssen wir die Frage stellen: Ist Kompromisse einlassen müssten. So be- lungsauftrag, der die Ärzte dazu verpflich- dieser Sicherstellungsauftrag es wert, den steht auch die Gefahr, dass sie am Ende tet, eine bedarfsgerechte Versorgung sowie historischen Pakt beizubehalten? Oder mehr Zugeständnisse machen müssten, Notdienste sicherzustellen. Der Auftrag werden wir durch den Sicherstellungsauf- als ihnen aktuell eine Einigung abverlan- geht zurück bis in das Jahr 1913 als nach ei- trag erpresst? Wir wollen die Vertragsärzte gen würde. Eines ist jedoch klar: Eine völ- nigen Ärztestreiks eine Einigung zwischen und Psychotherapeuten fragen: Unter wel- lige Neuordnung des ambulanten Versor- Medizinern und Krankenkassen erzielt chen Bedingungen seid Ihr bereit, diesen gungssystems, würde weit mehr Zeit in wurde: Die Ärzte erklärten sich damals Sicherstellungsauftrag wahrzunehmen?“, Anspruch nehmen. Sie würde auch eine bereit, für die ambulanten Leistungen zu sagte KBV-Chef Dr. Andreas Köhler im In- tiefgreifende gesellschaftliche Verände- garantieren, dafür durften sie über die terview mit der Ärztezeitung. rung nach sich ziehen und einen umfas- Mittelverteilung selbst bestimmen. Sollte der Sicherstellungsauftrag al- senden politischen Entscheidungspro- Doch seither hat sich im Gesundheits- lerdings tatsächlich aufgelöst werden, zess nötig machen. So etwas kann nicht system vieles verändert. Die Aufgaben, braucht es eine viel grundlegendere Re- auf Basis eines akuten Streitanlasses ge- Möglichkeiten und Anforderungen haben form des Gesundheitssystems. Dann schehen, sondern braucht längere und sich gewandelt, doch der Sicherstellungs- würde nicht mehr nur das Honorar ver- sachlichere Vorbereitung. auftrag blieb im Grunde gleich. Nun kom- handelt werden. Es wäre sehr wahrschein- Rainer Brunnauer 1
powered by Ausgabe | 36/12 28. September 2012 tionär behandelt, und ein Fünftel ist im dizinerin Professor Franziska Ruëff. Dazu Prozent ansteigen könnten – was jährli- Schnitt zwei Wochen pro Jahr arbeitsun- kommt, dass fast die Hälfte der Betroffe- che Mehrkosten von etwa 1.300 bis 2.100 fähig. Die Erkrankung belastet neben den nen während der Pollenflug-Saison selbst Euro pro Patient bedeuten würde. „Es ist Krankenversicherungen aber auch die Pa- bei einfachen körperlichen Tätigkeiten fast unmöglich, die Kosten zu berechnen, tienten, die im Schnitt mehr als 200 Euro eingeschränkt ist. Eine belastbare Kosten- die auf ein spezifisches Allergen zurück- pro Jahr ausgeben, etwa für Pollenfilter. schätzung würde umfangreiche Unter- zuführen sind“, sagt der UFZ-Forscher Oli- „Wie stark die Lebensqualität der Pa- suchungen zum Vorkommen der Pflanze ver Gebhardt. „Dennoch zeigt die Studie, tienten leidet, zeigt sich auch daran, dass und zu ihrer Ausbreitung voraussetzen. welche Dimension das Problem bekom- mehr als ein Drittel von ihnen eine Be- Eine Hochrechnung der Daten zeigt men kann – vor allem weil die Ambrosie kämpfung der Beifuß-Ambrosie finanziell aber jetzt schon, dass die Behandlungs- so spät blüht und vom Klimawandel in unterstützen würde“, betont die LMU-Me- kosten bei Pollenallergikern um 10 bis 25 der Ausbreitung begünstigt wird. Krebsmedizin Weniger Vorbehandlung nützt Leukämiepatienten Geringere Sterberate durch schonendere Bestrahlung/Rückfallrate durch leichtere Behandlung nicht gestiegen E rwachsene Patienten mit akuter my- eloischer Leukämie – einer speziellen Form von Blutkrebs – profitieren von einem gen sterben. Auch das Risiko, einen Rückfall zu erleiden, erhöht sich bei diesem Schema nicht. Erstmals stellten die Mediziner in der jetzt veröffentlichten Studie die bislang übliche intensive Vorbehandlung – Kondi- neuen, schonenden Behandlungsschema Zu diesem Ergebnis kommt eine tionierung – von Patienten mit akuter my- zur Vorbereitung der Knochenmarktrans- deutschlandweite, von Prof. Martin Born- eloischer Leukämie auf die Knochenmarkt- plantation: Die dazu erforderliche Ganz- häuser, Direktor der Medizinischen Klinik ransplantation systematisch einer weniger körperbestrahlung und Chemotherapie I des Universitätsklinikums Carl Gustav intensiven Vorbehandlung gegenüber. Be- wird niedriger als bisher dosiert. Dank der Carus Dresden, geleitete Studie. Die Ergeb- sonders für die älteren, an dieser speziellen geringeren Intensität treten bei gleicher nisse dieser weltweit mit großem Interesse Form von Blutkrebs erkrankten Patienten Wirksamkeit weniger bedrohliche Neben- wahrgenommenen Untersuchung haben zeigte sich ein deutlicher Vorteil in der Früh- wirkungen auf, so dass nur halb so viele Pa- die Wissenschaftler in der aktuellen on- phase der Therapie. „Dank der geringeren tienten innerhalb des – bislang besonders line-Ausgabe der renommierten Fachzeit- Nebenwirkungen versterben im ‚kritischen kritischen – ersten Jahres an Therapiefol- schrift „Lancet Oncology“ veröffentlicht. ersten Jahr‘ weniger als 10 Prozent der Pati- Eine Chemotherapie stellt für Patienten stets eine hohe Belastung dar. Wenigstens die Vorbehandlung dürfte bei Leukämiepatienten in Zukunft leich- ter ausfallen. Foto: flickr/Derek K. Miller 2
powered by Ausgabe | 36/12 28. September 2012 enten an Therapiefolgen – statt nahezu 20 Erwachsene Patienten mit akuter mye- Prozent nach der bisher üblichen intensi- Prozent nach der bisher üblichen intensi- loischer Leukämie – einer speziellen Form ven Vorbehandlung“, betont Prof. Bornhäu- ven Vorbehandlung“, betont Prof. Bornhäu- von Blutkrebs – profitieren von einem neu- ser, der als Hämatologe auf Erkrankungen ser, der als Hämatologe auf Erkrankungen en, schonenden Behandlungsschema zur des blutbildenden Systems spezialisiert ist. des blutbildenden Systems spezialisiert ist. Vorbereitung der Knochenmarktransplan- Zusammen mit Prof. Matthias Stelljes aus Zusammen mit Prof. Matthias Stelljes aus tation: Die dazu erforderliche Ganzkörper- Münster koordinierte er die Studie vom Münster koordinierte er die Studie vom bestrahlung und Chemotherapie wird nied- Universitätsklinikum Dresden aus. Eines Universitätsklinikum Dresden aus. Eines riger als bisher dosiert. Dank der geringeren der wichtigsten Ergebnisse: „Die Langzeit- der wichtigsten Ergebnisse: „Die Langzeit- Intensität treten bei gleicher Wirksamkeit Rückfallrate – das heißt die Zahl der Patien- Rückfallrate – das heißt die Zahl der Patien- weniger bedrohliche Nebenwirkungen auf, ten, bei denen die Leukämie trotz der Be- ten, bei denen die Leukämie trotz der Be- so dass nur halb so viele Patienten inner- handlung zurückkehrte – hat sich durch die handlung zurückkehrte – hat sich durch die halb des – bislang besonders kritischen – schonende Konditionierung nicht erhöht.“ schonende Konditionierung nicht erhöht.“ ersten Jahres an Therapiefolgen sterben. In Deutschland erkranken pro Jahr In Deutschland erkranken pro Jahr Auch das Risiko, einen Rückfall zu erleiden, rund 10.000 Menschen an Leukämie – im rund 10.000 Menschen an Leukämie – im erhöht sich bei diesem Schema nicht. Volksmund auch Blutkrebs genannt. Da- Volksmund auch Blutkrebs genannt. Davon Zu diesem Ergebnis kommt eine von gibt es verschiedene Unterformen; gibt es verschiedene Unterformen; gut ein deutschlandweite, von Prof. Martin Born- gut ein Drittel der Patienten sind von der Drittel der Patienten sind von der akuten häuser, Direktor der Medizinischen Klinik akuten myeloischen Leukämie betroffen. myeloischen Leukämie betroffen. Sie gilt I des Universitätsklinikums Carl Gustav Sie gilt als häufigste Form des akuten Blut- als häufigste Form des akuten Blutkreb- Carus Dresden, geleitete Studie. Die Ergeb- krebses bei Erwachsenen. „Die Stammzel- ses bei Erwachsenen. „Die Stammzellen nisse dieser weltweit mit großem Interesse len des blutbildenden Systems arbeiten des blutbildenden Systems arbeiten nicht wahrgenommenen Untersuchung haben nicht mehr richtig. Sie überschwemmen mehr richtig. Sie überschwemmen das die Wissenschaftler in der aktuellen on- das Blut mit unreifen und daher funkti- Blut mit unreifen und daher funktionsun- line-Ausgabe der renommierten Fachzeit- onsunfähigen weißen Blutkörperchen“, er- fähigen weißen Blutkörperchen“, erläutert schrift „Lancet Oncology“ veröffentlicht. läutert Prof. Bornhäuser. Die Betroffenen Prof. Bornhäuser. Die Betroffenen leiden Erstmals stellten die Mediziner in der leiden zunächst unspezifisch unter stän- zunächst unspezifisch unter ständiger Mü- jetzt veröffentlichten Studie die bislang diger Müdigkeit, sinkender Leistungsfähig- digkeit, sinkender Leistungsfähigkeit und übliche intensive Vorbehandlung – Kondi- keit und häufigen schweren Infekten. Die häufigen schweren Infekten. Die überwie- tionierung – von Patienten mit akuter my- überwiegende Anzahl ist älter als 60 Jahre, gende Anzahl ist älter als 60 Jahre, verein- eloischer Leukämie auf die Knochenmarkt- vereinzelt erkranken auch Kinder. „Seit der zelt erkranken auch Kinder. „Seit der Ein- ransplantation systematisch einer weniger Einführung der Stammzelltherapie hat führung der Stammzelltherapie hat sich die intensiven Vorbehandlung gegenüber. Be- sich die Überlebenschance auch für ältere Überlebenschance auch für ältere Patienten sonders für die älteren, an dieser speziellen Patienten deutlich verbessert: Dabei wer- deutlich verbessert: Dabei werden gesunde Form von Blutkrebs erkrankten Patienten den gesunde Blut-Stammzellen von einem Blut-Stammzellen von einem Spender auf zeigte sich ein deutlicher Vorteil in der Früh- Spender auf den Patienten übertragen. Al- den Patienten übertragen. Allerdings star- phase der Therapie. „Dank der geringeren lerdings starben vergleichsweise viele Pa- ben vergleichsweise viele Patienten in der Nebenwirkungen versterben im ‚kritischen tienten in der Frühphase der Behandlung Frühphase der Behandlung – offenbar eine ersten Jahr‘ weniger als 10 Prozent der Pati- – offenbar eine Folge der hochdosierten Folge der hochdosierten Konditionierung.“ enten an Therapiefolgen – statt nahezu 20 Konditionierung.“ Zahn- und Herzmedizin Parodontose-Behandlung bei Herzfehler gefährlich Höhere Achtsamkeit von Zahnärzten nötig/Patientenausweis soll Hochrisikopatienten vor möglichen Gefahren schützen W er einen Herzfehler hat, der sollte bei der Parondontose-Behandlung beim Zahnarzt Vorsicht walten lassen: gen-Kongress in München noch einmal aufmerksam gemacht. Wie eine von ihr verfasste Studie zeigt, haben die neuen Im Zuge einer Parodontose-Behand- lung können sogenannte grampositive Bakterien, die sich in den Zahnfleischta- Eine lebensbedrohliche Endokarditis Richtlinien der Deutschen Gesellschaft schen befinden, in die Blutbahn gelan- kann die Folge sein. für Kardiologie (DGK) nicht dazu beigetra- gen. Diese Bakterien setzen sich bevor- Auf diese schon länger bekannte Tat- gen, „die Achtsamkeit der Zahnmediziner zugt an Herzklappen fest und vermehren sache hat Prof. Dr. Cornelia Piper, stellver- insbesondere gegenüber Vorsorgemög- sich dort. Die Folge ist eine Entzündung tretende Direktorin der Kardiologischen lichkeiten zu einer lebensbedrohlichen der Herzinnenhaut, die die Herzhöhlen Klinik im Herz- und Diabeteszentrum entzündlichen Herzerkrankung (Endo- und den herznahen Teil der Arterien und NRW, auf dem Europäischen Kardiolo- karditis) zu erhöhen“. Venen sowie die Herzklappen überzieht. 3
powered by Ausgabe | 36/12 28. September 2012 Diese „Endokarditis“ genannte Entzün- sozusagen mit dem Bade ausgeschüttet.“ ein Ausweis schaffen: „Es hat sich gezeigt, dung verläuft ohne Behandlung stets Durch die Einschränkung der Empfeh- dass der sicherste Weg für unsere Patien- tödlich. lung einer vorsorgenden Antibiotikathe- ten der sogenannte Patientenausweis dar- Bei herzgesunden Menschen aber ist rapie auf Hochrisikopatienten habe dazu stellt, der mit den entsprechenden Leitli- das Risiko einer Erkrankung gering, zu- geführt, dass Zahnärzte insgesamt weni- nien versehen dem jeweils behandelnden dem kann sie mit Antibiotika erfolgreich ger Therapien selbst an hochgefährdeten Arzt vorgelegt werden sollte“, so Piper. behandelt werden. Bei Personen mit an- Patienten durchführen. Eine weitere Frage, die sich ihr nun geborenen oder erworbenen Herzfehlern Schon 2003 konnte Piper in einer stellt, sei, ob nicht auch Patienten mit ei- (etwa nach einem Herzklappenersatz) anderen Studie zeigen, dass es Schwie- nem „moderaten“ Risiko eine Endokardi- jedoch besteht eine wesentlich höhere rigkeiten bei der Umsetzung von DGK- tis-Prophylaxe mit Antibiotika ans Herz Gefahr, dass es zu einer Infektion kommt. Empfehlungen in Bezug auf zahnmedi- gelegt werden soll. „Hier fehlen aktuell Die Leitlinien der DGK empfehlen daher zinische Maßnahmen gibt. Abhilfe solle noch belastbare Daten“, sagt Piper. den sogenannten Hochrisikopatienten, sich vor einem zahnärztlichen Eingriff ei- ner Antibiotika-Therapie zu unterziehen. „Eine Stunde vor der Parodontose- Behandlung eingenommen, bewirkt das Antibiotikum, dass sich die Bakterien al- lenfalls noch in geringen Mengen an den Herzklappen ansiedeln können“, erläutert Piper. So könne das Risiko einer Endokar- ditis deutlich gesenkt werden. Vor 2007 war diese Endokarditis-Prophylaxe auch Patienten mit einem vergleichsweise geringen Erkrankungsrisiko empfohlen worden. Cornelia Piper hat für ihre Studie nun untersucht, inwieweit die neue Leit- linie sich auf die Prophylaxemaßnahmen Die Behandlung von Parodontose ist eigentlich eine Routineangelegenheit. Doch für Menschen mit ausgewirkt hat. Ihr Fazit: „Das Kind wurde Herzfehlern kann sie unter Umständen lebensbedrohlich werden. Foto: flickr/Dr Parveen Chopra Nichtraucherschutz Ärzte und Verbände für ausnahmsloses Rauchverbot in NRW NRW soll zum Vorreiter in Sachen Nichtraucherschutz werden/Kein „Kneipensterben“ befürchtet I m Rahmen einer Pressekonferenz am 24.09.2012 forderten die beiden nord- rhein-westfälischen Ärztekammern, die rauchen“ den NRW-Landtag auf, einer Verschärfung des Nichtraucherschutzge- setzes ohne Änderungen zuzustimmen. führer der Deutschen Krebshilfe. Mit dem Argument, dass das Rauchverbot zu einem „Kneipensterben“ führen könne, Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Herz- Im Sommer hatte die Landesregie- kann man bei der Nichtraucher-Lobby stiftung und das „Aktionsbündnis Nicht- rung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, nichts anfangen. Nettekoven verweist der das bestehende Gesetz verschärfen auf eine Studie des Deutschen Krebsfor- soll: So sollen Ausnahmeregelungen wie schungszentrums (DKFZ), die ergeben hat, „Raucherclubs“ wegfallen oder das Rau- dass sich das relativ strenge Rauchverbot chen in Festzelten oder in Kneipen wäh- in Bayern nicht negativ auf die Umsätze rend des Karnevals verboten werden. in der Gastronomie ausgewirkt hat. Bundesweit ist das Nichtraucherschutz- Und tatsächlich sind nach dem Erfolg gesetz in Nordrhein-Westfalen dasjenige des Volksbegehrens für ein Rauchverbot mit den meisten Ausnahmen: „Dies steht ohne Ausnahmen in Bayern im August im eklatanten Gegensatz zu den bekann- 2010 die Umsätze sowohl in der speise- ten Gesundheitsgefahren des Rauchens als auch in der getränkegeprägten Gastro- und des Passivrauchens“, sagen die Rau- nomie gestiegen; die Beschäftigtenzahlen chergegner. haben sich stabilisiert: „Zwar gab es leich- NRW ist das Bundesland mit den meisten Aus- „Die Neufassung des Nichtraucher- te Einbußen unmittelbar nach der Ab- nahmen im Nichtraucherschutzgesetz. Ärzte und Gesundheitsverbände kämpfen dafür, dass schutzgesetzes ist zwingend notwendig“, schaffung der Ausnahmeregelungen für sich das jetzt ändert. Foto: flickr/eisenrah betont Gerd Nettekoven, Hauptgeschäfts- Raucherkneipen und Raucherräume. In 8 4
powered by Ausgabe | 36/12 28. September 2012 von 12 Monaten nach dem erfolgreichen Dabei wurden bis zum Berichtsmonat verschärften Entwurf für das Rauchver- Volksentscheid lagen die Umsätze jedoch August 2011 Betriebe mit einem Jahres- bot ohne Änderungen zuzustimmen, über denen des Vorjahres.“ umsatz von über 50.000 Euro einbezo- schließlich werde in NRW noch in über 80 Als Grundlage dienten dem DKFZ gen, seitdem nur solche mit einem Um- Prozent der Kneipen und Bars geraucht. Daten des Bayerischen Landesamtes für satz von 150.000 Euro jährlich. Einer So soll das bevölkerungsreichste Bundes- Statistik und Datenverarbeitung. Das Einschätzung des Deutschen Hotel- und land vom „Schlusslicht zum Vorreiter bei Landesamt befragt monatlich eine re- Gaststättenverbandes liegt der Durch- der Prävention des Passivrauchens in der präsentative Zufallsstichprobe aus un- schnittsumsatz einer „klassischen“ Ge- Gastronomie“ werden. „Ein ‚Gesundheits- terschiedlichen Teilbereichen der Gas- tränkekneipe bei 140.000 Euro im Jahr. land NRW’ gibt es nur mit einem konse- tronomie und erstellt auf dieser Basis Ärzte und Gesundheitsorganisatio- quenten Nichtraucherschutz“, sagt Ru- eine Hochrechnung für die Umsatz- und nen in Nordrhein-Westfalen appellieren dolf Henke, Präsident der Ärztekammer Beschäftigungssituation im Land Bayern. an die Abgeordneten in Düsseldorf, dem Nordrhein. Europa Menschenversuche: BÄK warnt vor neuer EU-Verordnung Ärzte sehen „ethische und wissenschaftliche“ Standards gefährdet/Besserer Schutz von Minderjährigen gefordert E ine Neuregelung der EU-Bestimmun- gen für Arzneimittelstudien an Men- schen hat jetzt die Bundesärztekammer ausdrückliche Vorgabe. Die BÄK sieht hier eine Gefahr für die Teilnehmer an klinischen Studien: „Der „Bedenken hinsichtlich der ärztlichen Vertretbarkeit“ bestehen. Ein weiterer Punkt für Kritik seitens (BÄK) auf den Plan gerufen: Die Medizi- Beitrag, den Ethikkommissionen derzeit der BÄK besteht bei den geplanten Vor- ner kritisieren die geplante „Aufweichung zum Schutz der Studienteilnehmer, zur gaben für klinische Tests an Minderjäh- der bewährten Schutzstandards“. wissenschaftlichen Qualität und zum rigen und Nichteinwilligungsfähigen. Die bislang geltende Richtlinie Vertrauen der Öffentlichkeit in klinische Sie befürchtet, dass deren Schutz, den 2001/20//EG hat bisher gewährleistet, Forschung leisten, wird damit unterlau- sie derzeit aufgrund der bestehenden dass bei klinischen Prüfungen inter- fen.“ Deshalb lautet die Forderung der Richtlinie und der Bestimmungen in national anerkannte ethische und wis- BÄK, unabhängige Ethikkommissionen Deutschland genießen, gefährdet sein senschaftliche Qualitätsanforderungen bei der Bewertung ausdrücklich einzu- könnte. Die Lösung: eine Öffnungsklau- eingehalten werden. Dabei baut die Richt- binden. Außerdem solle eine ablehnende sel in dem Verordnungsentwurf, die es linie auf einem Katalog ethischer Grund- Entscheidung der Ethikkommission dazu Staaten erlauben soll, die Schutzstan- sätze für die Forschung am Menschen führen, dass die Genehmigung für eine dards für die beiden Gruppen nach Be- auf, die in der Deklaration des Weltärz- Arzneimittelstudie auch tatsächlich ver- darf heraufzusetzen. tebundes in Helsinki von 1964 niederge- sagt wird. legt wurden. Nun soll eine Verordnung Der Entwurf für die Verordnung sieht die Richtlinie ersetzen und die Verfahren weiterhin vor, dass ein EU-Mitgliedsstaat schneller und kostengünstiger machen. federführend bei der Risiko-Nutzen-Be- Damit hat die BÄK grundsätzlich wertung ist. Auch die kritisiert die BÄK, kein Problem, sie bemängelt lediglich denn hierdurch würden „Einspruchs- die konkrete Ausgestaltung in dem Ver- rechte der Staaten erheblich beschnitten ordnungsentwurf. Sie weist auf einen werden, in denen die Prüfung ebenfalls etablierten Schutzstandard bei der For- durchgeführt werden soll“. Ihre Forderung schung am Menschen hin, nach dem ist eine ausreichende Konsultationsfrist, ein geplantes Forschungsvorhaben vor vor deren Ablauf der berichterstattende Eine neue EU-Verordnung soll medizinische Studienbeginn zunächst einer unabhän- Mitgliedsstaat nicht entscheiden darf. Studien am Menschen einfacher und effizienter gigen, interdisziplinären Ethikkommis- Zudem sollen die anderen betroffenen machen. Deutsche Ärzte befürchten ethische und qualitative Einbußen in der Forschung und sion vorgelegt werden muss. Der Verord- Staaten erweiterte Möglichkeiten bekom- fordern Änderungen des Entwurfs. nungsentwurf verzichtet auf eine solche men, aus dem Projekt auszusteigen, falls Foto: flickr/Alex E. Proimos Impressum Herausgeber: Dr. Michael Maier. Redaktion: Rainer Brunnauer, Maximilian Spuling. Layout: Elke Baumann. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: info@blog- formgroup.com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 mal pro Jahr. Bezug: abo@blogformgroup.com. Mediadaten: media@blogformgroup.com. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de 5
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