Angststörungen Diagnostik und Therapie - Fortbildungsprogramm für Hausärztinnen und Hausärzte - ZADZ

 
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Angststörungen Diagnostik und Therapie - Fortbildungsprogramm für Hausärztinnen und Hausärzte - ZADZ
Fortbildungsprogramm für Hausärztinnen und Hausärzte
                                            21.01.2021

                  Angststörungen
                  Diagnostik und Therapie

                  Dr. med. Joe Hättenschwiler
                  Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich
                  www.zadz.ch
 21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Angststörungen Diagnostik und Therapie - Fortbildungsprogramm für Hausärztinnen und Hausärzte - ZADZ
Übersicht
   Allgemeine Aspekte
   Einteilung der Angststörungen
   Panikstörung, Soziale Phobie, Generalisierte AS
   Diagnose / Differentialdiagnose
   Behandlung
                                           Handout des Vortrags

                                Schweizerische
                                Empfehlungen für die
                                Behandlung von
                                Angsterkrankungen 2012

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Angst: Allgegenwärtiges Thema

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Angst erleben wir alle!
  Die ganze Welt ist voll armer Teufel, denen
  mehr oder weniger angst ist.
                                           Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

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Aber…
Angst ist für die Seele ebenso gesund wie ein Bad für
den Körper       Maxim Gorki (Russischer Schriftsteller)

                                              Jules Angst, 5.
                                              Swiss Forum on
                                              Mood and
                                              Anxiety
                                              Disorders 2014
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Epidemiologie von Angststörungen

                   Wie häufig sind Angststörungen?

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
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Angststörungen sind sehr häufig!

                                           Adapted from: Wittchen, U.-U., Jacobi, F.
                                           DESG Symposium 2012,
                                           Robert Koch Institut, Germany
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Lebenszeitprävalenz einzelner Angststörungen
 Generalisierte Angststörung                     5.7 %
 Panikstörung                                    4.7 %
 Spezifische Phobien                            12.5 %
 Soziale Phobie                                 12.1 %
 Zwangsstörung                                   1.6 %
 Posttraumatische Belastungsstör. 6.8 %
Angststörungen generell                           28.8 %
---------------------------------------------------------------------
Aber: Einzelne Formen treten konkurrent oder konsekutiv
         beim gleichen Patienten auf, und es entwickeln sich
         Komorbiditäten
                                                     Kessler et al, 2005

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Fakten zu Angsterkrankungen (I)
Epidemiologie
 Häufigste psychische Störungen (Kessler et al 2005)
       Lebenszeitprävalenz alle Angsterkrankungen: ca. 25% 1
       12-Monats-Prävalenz: ca. 18% 1
 Verhältnis Frauen zu Männer: 2 : 1
 Beginn
       Spezifische Phobien in der Kindheit und Jugend
       Panikstörungen im jungen / mittleren Erwachsenenalters
       Generalisierte Angsterkrankungen im mittleren oder
        späten Erwachsenenalter
 1 Wittchen et al (2011) The size and burden of mental disorders and other
 disorders of the brain in Europe 2010. Eur Neuropsychopharmacol 21(9):655-679

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Fakten zu Angsterkrankungen (II)

 Keine Evidenz für den Anstieg der Häufigkeit
 Erhöhtes Risiko für Komorbidität mit anderen
   Angsterkrankungen, Depressionen, somatoformen
   Störungen u. Suchterkrankungen
 Erhöhtes Suizidrisiko (Harris & Barracclough, 1997)
 Angststörungen: überzufällig häufig mit körperlichen
  Erkrankungen assoziiert
     Schilddrüse, Atemwege, Arthritis, Migräne,
       Allergien (Saren et al, 2006)
 Angstpatienten vermuten oft eine internistische
  Ursache ihrer Symptome!
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Fakten zu Angsterkrankungen (III)

 Moderate bis hohe Erbfaktoren:
   60-70% Agoraphobie
   59% Blut/Verletzungsphobie
   51% soziale Phobie
   41-54% Panikstörung
   32% Generalisierte Angststörung

 Ätiologie
    Komplexes Wechselspiel von genetisch bedingter
      Vulnerabilität, die sich in neurobiologischen
      Gehirnveränderungen äussert + psycho-sozialen Faktoren
      («Stress-Vulnerabilitäts-Modell»)

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Ätiologie von Angst und Epigenetik

Ziegler, Schiele, Domschke. Nervenarzt 2018 · 89:1303–1314
                                           CTH Adrenocorticotropes Hormon,
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler   CH3 Methylgruppe, miRNAs microRNAs
Mikrobiom und Angst

Malan-Müller et al. OMICS 2018
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Was ist (normale) Angst?

• Ubiquitär vorkommende komplexe Emotion, der nicht
  von vornherein pathologische Wertigkeit zukommt
• Führt zu Aktivierung (Alarmzustand), Stress,
  Leistungssteigerung
• Angst dient der Bewältigung äußerer und innerer
  Bedrohungen und Herausforderungen
• Es ist pathologisch, keine Angst zu haben!

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Die 4 Ebenen der Angst

    1.   Kognitiv («es wird was Schreckliches passieren»)
    2.   Affektiv (subjektives Angstgefühl)
    3.   Physiologisch-körperlich (Herzrasen, Schwitzen, Zittern,…..)
    4.   Verhalten (Flucht, Vermeidung)

    Für die Diagnostik relevant:
    Die verschiedenen Angstanteile werden nicht von allen Menschen
    gleich wahrgenommen !

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Symptome der Angst

Körperliche Symptome                       Psychische Symptome
     Schwindel, Kopfschmerzen                Angst zu sterben
     Unscharfes Sehen                        Angst vor Kontrollverlust
     Muskelanspannung                        Angst „durchzudrehen“
     Erröten, Erblassen                      Verrückt zu werden
     Mundtrockenheit                         Entfremdungsgefühle
     Kurzatmigkeit, Atemnot                  Ohnmachtsgefühle
     Erstickungsgefühle                      Konzentrationsschwierigkeiten
     Brustschmerzen                          Überempfindlichkeit
     Herzklopfen, Herzbeben                  Schlafstörungen
     Schwitzen, kalte Hände                  Libidostörungen
     Übelkeit, Bauchschmerzen
     „Schmetterlinge im Bauch“            Verhaltenssymptome
     Durchfall, Harndrang                  Vermeidung
     Kribbeln in den Gliedern              Fluchtreaktion
     Zittern, Beben, weiche Knie
     Schreckhaftigkeit, Ermüdbarkeit
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Angst ist krankhaft, wenn…

  Sie ein subjektiv starkes, klinisch relevantes Leiden verursacht,
  indem sie:
   unangemessen stark, stärker als notwendig
   aus der Situation selbst nicht verstehbar
   zu häufig und zu lange andauernd
   starke Erwartungsangst („Angst vor der Angst“)
   nicht mehr kontrollierbar oder aushaltbar ist
   Vermeidungsverhalten auftritt
   in wichtigen Lebensbereichen beeinträchtigt

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Erscheinungsformen der Angst
 Reale Angst: «normal», situationsadäquat, Signalfunktion
 Pathologische, meist grundlose, irrationale Angst
    Spontane Angst
              • anfallsartig: Panikattacke → Panikstörung
              • andauernd, frei flottierend, „Sorgen“→ GAS
        Objekt- und situationsbezogene Angst
              • Phobien
 Symptomatische Angst
 Existenzielle Angst (Einsamkeit u Endlichkeit der
  menschlichen Existenz)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Angststörungen (Einteilung nach ICD-10)
Kapitel F4 Neurotische, Belastungs- u. somatoforme Störungen
F40     Phobische Störungen
F40.0 Agoraphobie
        F40.00 ohne Panikstörung
        F40.01 mit Panikstörung
F40.1 Soziale Phobien
F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien

F41             Andere Angststörungen
F41.0           Panikstörung (episodische, anfallsartige Angst)
F41.1           Generalisierte Angststörung
F41.2           Angst und depressive Störung, gemischt
F42              Zwangsstörungen
F43              Reaktionen auf schwere Belastungen u. Anpassungsstör.
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
DSM-V: Was bedeutet das für die Gruppe der
Angststörungen? DSM-5 als Wegweiser für ICD-11
Trennung von Angststörungen, Zwangsstörungen und Trauma-
und belastungsbezogenen Störungen

DSM-IV/ICD-10                              DSM-5
                                           Anxiety Disorders

 Anxiety Disorders                         Stress Related Disorders

                                           OCD and OCD Spectrums

 1 Family                                  3 Families

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Was ist eine Panikattacke ?

     Panikattacke = Prototyp der Angst
     kurze Phase intensiver Angst und starken
      Unbehagens, begleitet von intensiven
      körperlichen und psychischen Symptomen
      (Alarmreaktion)
            erreicht innerhalb von Minuten das
             Maximum und klingt innerhalb von
             Minuten wieder ab
            kann auch aus dem Schlaf heraus auftreten
     Oft traumatisierend
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Panikstörung (ICD 10)
    Panikanfälle, unerwartete „Angstattacken“
           Plötzlich, unerwartet, kein eindeutiger Auslöser, keine Erklärung
    Körperliche Beschwerden
           Herzklopfen, Brustschmerz, Schwitzen, Zittern, Beben,
            Kurzatmigkeit, Atemnot, Erstickungsgefühl, Übelkeit, Magen-
            Darm-Beschwerden, Schwindel, Benommenheit, Parästhesien,
            Taubheit, Hitzewallungen, Kälteschauer
    Psychische Beschwerden
           Furcht zu sterben, die Kontrolle zu verlieren, einen Herzanfall zu
            bekommen, Derealisation, Depersonalisation
    Kein organischer Faktor

    Lebensprävalenz 4.7 % (Kessler et al 2005)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Agoraphobie (ICD-10)
   Furcht, an Orten zu sein, an denen im Falle von Panik
    eine Flucht schwierig oder keine Hilfe verfügbar sein
    könnte
   Die Angst muss mind. in zwei Situationen auftreten:
       Menschenmengen, öffentliche Plätze, Reisen mit weiter
       Entfernung von zu Hause oder Reisen alleine, in einer
       Schlange zu stehen, sich auf einer Brücke befinden, Fahrstuhl,
       Bus, Zug, Flugzeug oder Auto fahren

   Zumindest partielle Einsicht, dass Furcht übertrieben
   Die phobischen Situationen werden vermieden oder
    sie werden mit grossem Unbehagen durchgestanden
    bzw. können nur in Begleitung aufgesucht werden
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Generalisierte Angststörung (GAS) (ICD 10)
 Allgemeine, sich auf verschiedene Alltagssituationen
  beziehende Ängstlichkeit und Besorgtheit, «Sorgenkrankheit»
 Mindestdauer der Symptomatik: 6 Monate
 Befürchtung, dass die Sorgen unkontrollierbar sind
 Psychische Begleitsymptome:
    Ängstlichkeit / Besorgtheit (“worry”), Insomnie, Müdigkeit,
      Reizbarkeit, Ständiges “auf dem Sprung sein”,
      Konzentrationsstörungen
 Somatische Begleitsymptome:
    Muskelanspannung, Übelkeit, Durchfall, Schwitzen,
      Harndrang, Herzbeben
 Lebensprävalenz 5.7 % (Kessler et al 2005)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Lampenfieber – Soziale Angst

                                           „There are two types of
                                           speakers. Those that
                                           are nervous and fearful
                                           and those that are
                                           liers.“
                                           Marc Twain

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Soziale Phobie (Soziale Angststörung)

  Deutliche anhaltende Furcht in sozialen oder
   Leistungssituationen
        o Befürchtung sich zu blamieren, negativ aufzufallen,
          mangelhafte Leistung zu zeigen, Unpassendes zu sagen
        o Erröten, Zittern, Schwitzen zu zeigen
  Die Exposition mit der gefürchteten Situation löst
   immer Angst aus
  Die Furcht wird als übertrieben oder sinnlos erkannt
  Vermeidungsverhalten oder Durchhalten mit grosser
   Angst
  Lebensprävalenz 12.1% (Kessler et al 2005)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Komorbidität bei Angststörungen

 Isolierte Angststörungen sind eher die Ausnahme
  als die Regel
 Eine sehr hohe Komorbidität wird beobachtet mit:
     anderen Angststörungen (bis 70%)
     Depression (bis 60%)
     Substanzmissbrauch (bis 40%)
       • Wichtige Rolle spielt Alkohol

 Magee et al, 1996, Bandelow 2003

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Komorbidität von Depression und Angst im
    zeitlichen Verlauf?
    mehr als 2/3 aller komorbiden Depressionen treten nach der
    Manifestation einer Angsterkrankung auf!
     Angststörungen als Risikofaktor für Depressionen
                                        70

                                        60                 Angsterkrankungen                                          EDSP, cumulative
                                                                                                                      T0/T1/T2-data; N = 2548
        cumulative lifetime incidence

                                        50                 Depression

                                        40

                                        30

                                        20

                                        10

                                         0
                                             1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
                                                                              Age
                                                                                                     Lieb et al. Wittchen et al, 1995

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Diagnose / Differentialdiagnose &
                        Behandlung von

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Die Diagnostik ist auch der erste Schritt
                    zur Behandlung

        Kontakt schaffen, Vertrauen gewinnen
        Diagnose / Differenzialdiagnose
        Erklärungsmodell des Patienten ernst nehmen
        Information über die Erkrankung
        Individuelles Krankheitsmodell erarbeiten
        Individuellen Behandlungsplan erstellen

      Stein D. Clinical Manual of Anxiety Disorders 2004

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Angst-Skalen
                     (deutschsprachige Versionen)

         Beck Anxiety Inventory (BAI)
         Anxiety Status Inventory (ASI)
         Befindlichkeitsskala (BF-S)
         Hamilton Anxiety Scale (HAMA)
         Self-Rating Anxiety Scale (SAS)
         State-Trait-Angstinventar (STAI)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Schlüsselfragen

? Wie zeigt sich die Angst bei Ihnen? Können
  Sie das beschreiben?
? Wann ist die Angst zum ersten Mal aufgetreten?
? Ist die Angst episodisch oder kontinuierlich?
? Welche Gedanken treten mit der Angst auf?
? Wie gehen Sie mit der Angst um?
? Was führte Sie gerade jetzt zur Behandlung?
? Haben Sie immer wieder Gedanken, die Sie gar nicht
  haben wollen?
? Müssen Sie gewisse Dinge immer wieder wiederholen?

 21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Diagnostischer Entscheidungsbaum bei Angst

                                               Normale                 Keine
                      Angst                     Angst                Diagnostik

                                      Krankhafte Angst

     Primäre Angstkrankheit                                  Sekundäre Angstkrankheit

   Auftreten in         Plötzlich                              Organ-        Psychiatrische
                                             Dauernd                                          Neurologische
   spezifischen       aus heiterem                           erkrankung       Erkrankung
                                            vorhanden                                          Erkrankung
   Situationen          Himmel                              Medikamente          Sucht

                                           Generalisierte
                        Panik-                              Internistische   Psychiatrische   Neurologische
    Phobie                                    Angst-
                                                              Diagnostik       Diagnostik      Diagnostik
                       störung               störung

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Differentialdiagnose bei Angst
1. Angst als Begleitsymptom anderer psych. Erkrankungen
2. Angst bei somatischen Erkrankungen
      Endokrine Störungen: Hyperthyreose,
       Autoimmungthyreoiditis, Hypo-
       glykämie, Phäochromozytom, Cushing
      Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, hypertone Krise,
       Lungenembolie, Asthma bronchiale
      Temporallappenepilepsie
      Delir (verschiedene Ursachen)
3. Angst durch Medikamente / Suchtmittel
        Steroide, Hypotensiva, Stimulantien, Anticholinergika
        Alkohol/Sedativa Entzug
        Intox. mit Kokain, Amphetamine, Cannabis, Koffein
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Autoimmunthyreoiditis & Angst

Siegmann EM et al.
JAMA Psychiatry 2018; 75:577-84
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Untersuchungen

       Ausführliche Anamnese
       Körperliche Untersuchung
       Blutbild, Blutzucker, Leberwerte
       Elektrolyte (Ca++, K+)
       Schilddrüse (TSH)
       EKG
       Ggf. Lungenfunktion
       Ggf. kranielle Bildgebung (MRT, CT)
       Ggf. EEG
       an Drogen/Medikamente denken
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Indikation für eine Behandlung

    Vorliegen einer Angststörung nach ICD-10
    Mittlerer bis schwerer Leidensdruck
    Psychosoziale Einschränkungen
    Komplikationen einer Angsterkrankung (z.B.
     Depression, Suchterkrankung, usw.)

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Behandlung von Angststörungen

 Prof. Gallagher's
 umstrittene Methode
 zur gleichzeitigen
 Behandlung der
 Schlangen-, Höhen-
 und Klaustrophobie

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Behandlungsempfehlungen der Schweiz. Gesellschaft für Angst
und Depression SGAD, der SGBP und der SGPP

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Übersicht: Behandlung von Angststörungen

      Aufklärung
             Selbsthilfe / Patientenorganisationen
      Psychotherapie
      Pharmakotherapie
                Benzodiazepine
                Antidepressiva
                Antiepileptika
                Atypische Antipsychotika
                Phytotherapeutikum
      Allgemeine Massnahmen
             Lebensstil, Sport, Stressreduktion, Psychoedukation,
              achtsamkeitsbasierte Interventionen

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Aufklärung - Informationsvermittlung

1. Was ist Angst?

2. Teufelskreismodell

3. Stressmodell

4. Ableitung des
   therapeutischen
   Vorgehens

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Psychotherapie bei Angststörungen
  Beste Evidenz: kognitive Verhaltenstherapie
  Ziel: Abbau von krankmachenden Denkprozessen, Vorstellungen,
  Erwartungen
  Modell: Durch Veränderungen der Denkmuster kommt es zu
  Änderungen im Verhalten (Umstrukturierung dysfunktionaler
  kognitiver Annahmen)

 Grundprinzipien der Kognitiven Verhaltenstherapie
         Psychoedukation: Information zum Abbau falscher
          Vorstellungen über Angst
         Kognitive Umstrukturierung
         Expositionsübungen
         Angstbewältigungsstrategien
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Expositionstherapie: Flugangst

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Grundsätze der Behandlung von Angststörungen

 Evidenzbasierte Psychotherapie 1. Wahl
 bei mittelschwerer bis schwerer Beeinträchtigung zusätzlich
  medikamentöse Behandlung inkl. Psychoedukation
 Benzodiazepine BDZ: akut, so kurz wie möglich
 Antidepressiva: Mittel-Langzeitbehandlung
      1. Wahl: SSRI und neuere AD
      anxiolytische Wirkung unabhängig von antidepressiven
       Effekten
      gegenüber Benzos verzögerter Wirkungseintritt
      langsame Aufdosierung – langsames Ausschleichen
       (Discontinuation syndrome)
      nach Remission: 12-24 Monate Erhaltungstherapie

 21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Medikamente vs. Verhaltenstherapie (Cohens d)

                          Metaanalyse aller Studien bei Panikstörung

                           VT                                      1,43

           Medikamente                                              1,47

   VT + Medikamente                                                                  2,07

   Bandelow B, Seidler-Brandler, et al. Meta-analysis of randomized controlled comparisons
   of psychopharmacological and psychological treatments for anxiety disorders.
   The World Journal of Biological Psychiatry 2007, Vol. 8, No. 3, 175-187

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Angst und Lebensstil

      Ausgewogene Ernährung
      Stimulierende Substanzen einschränken:
            Koffein (d.h. Kaffee, Tee, Cola)
            Schleimhautabschwellende Mittel, Ephedrin
            Abmagerungspillen, Drogen
      Alkohol vermeiden oder reduzieren:
            Nur vorübergehender anxiolyt. Effekt (Cave: Abhängigkeit)
            Störung der Schlafarchitektur
            Wiederauftreten der Symptome im Entzug
      Bewegung……..Bewegung…Krafttraining
      Regelmässiger Lebensrhythmus
            Ausreichend Schlaf

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Benzodiazepine BDZ

  Rasche anxiolytische und sedative Wirkung
  Nach langfristiger Behandlung (d.h. über 4–8 Monate)
   kann sich eine Abhängigkeit entwickeln
  Daher: adäquate Nutzen-Risiko-Abwägung und
   kurzdauernde Gabe
  BDZ können Tage bis max. 3-4 Wochen gegeben werden,
   um die Wirklatenz der Antidepressiva zu überbrücken
   oder um eine initial durch AD ausgelöste / verstärkte
   Ängstlichkeit/Nervosität („Jitteriness“) zu senken
  Bedarfsbehandlung kurzfristiger agoraphober
   Problemsituationen (z.B. bei Flugreisen)

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Therapien bei Angststörungen
                         Evidenz aus kontrollierten Studien
  Belegte Wirksamkeit                        Ungenügender Beweis
      SSRI                                   Typische Antipsychotika
      SSNRI Venlafaxin, Duloxetin
      Trizyklische Antidepressiva           Fehlender Wirksamkeits-
      Benzodiazepine                        nachweis oder negative Studien
      Pregabalin (nur GAS)                   Betablocker
      Irreversible MAO-Hemmer                Pflanzliche Präparate
      Moclobemid (nur soz.Phobie)              ausser Lavendelölextrakt
      Opipramol (nur GAS)                    Cannabinoide, CBD
      Quetiapin (nur GAS)
                                              Andere psychologische
      Lavendelölextrakt (Silexan®)            Methoden
       (Indik: Ängstlichkeit & Unruhe)        Hypnose

   Kognitive Verhaltenstherapie
   Psychoanalyse (nur 1 Studie)              Bandelow et al. , World J Biol Psychiatry 2008/2012
                                              Deutsche S3-Leitlinie Angststörungen.
                                              www.awmf.org/leitlinien, akt. 2014
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Stufenschema Pharmakotherapie
   Behandlungsempfehlungen SGAD, SGBP, SGPP 2011

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Welche Behandlung?

Entscheidung für eine pharmako- und/oder psycho-
therapeutische Behandlung abhängig von:
     Präferenz des Patienten
     mögliche Nebenwirkungen
     Schnelligkeit des Wirkungseintritts
     Verfügbarkeit von Therapieangeboten
Wesentlicher klinischer Einflussfaktor: häufiges Vorliegen
komorbider psych. Erkrankungen, z.B. schwere Depressionen,
machen pharmakologische Behandlung notwendig
Bei schwergradiger Angstsymptomatik werden viele Patienten
erst durch die pharmakologische Behandlung in die Lage
versetzt, eine psychotherapeutische Behandlung
durchzuführen!
21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Strategien zur Verbesserung von Wirkung und
                    Compliance

      «Start low and slow, but go far»
      Dem Medikament die Chance geben zu wirken
      Medikamenteneinnahme zur Mahlzeit
      Nebenwirkungen ernst nehmen
         Sedation, Gewichtszunahme, sexuelle NW

      Kontakt mit dem Patienten, verfügbar sein!
      Langzeitbehandlung braucht Geduld von allen
      Vermitteln eines therapeutischen Optimismus

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Was tun bei Non-Response?
 Überprüfung der Indikation, Berücksichtigung von
  Komorbiditäten
 Überprüfung, ob Therapie gemäss Leitlinien, inkl.
  Psychotherapie erfolgt?
 Optimierung/Intensivierung der Therapie
     (z.B. Blutspiegel-kontrolliertes Aufdosieren der Medikation)
 Wechsel/Kombination der Therapie
     (Wechsel/Kombination pharmakologischer Stoffklassen, z.B.
     SSRI auf SNRI, SNRI plus Mirtazapin, Wechsel von KVT auf
     MKT)
 Stimulationsverfahren

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Schlussfolgerungen
 Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen
  Störungen, sowohl in der Allgemeinbevölkerung, in der
  medizinischen Grundversorgung, wie auch in der psychiatrischen
  Praxis!
 Die allermeisten Patienten mit Angststörungen können ambulant
  behandelt werden!
 Im Vordergrund der Therapie stehen kognitiv-verhaltens-
  therapeutische Interventionen, in erster Linie die Konfrontation
  in vivo!
 Der Einsatz von Medikamenten in Kombination zur Psycho-
  therapie ist bei vielen Patienten notwendig!
 Komorbiditäten sind die Regel, erschweren die Behandlung und
  stellen eine besondere therapeutische Herausforderung dar!

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
Handout und CH Behandlungsempfehlungen

                                           Handout des Vortrags

                                Schweizerische
                                Empfehlungen für die
                                Behandlung von
                                Angsterkrankungen 2012

21.01.2021 l Dr. med. Joe Hättenschwiler
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