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Juli 2020/3 Nr. 122 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug
IMPRESSUM INHALTSVERZEICHNIS «Der Luzerner Arzt» erscheint viermal Herausforderungen (Herbert Widmer) 4 jährlich (plus Spezialausgabe). Brief des Co-Präsidenten: Fragen über Fragen: Corona und Standespolitik 6 Verlag: (Aldo Kramis) Ärztegesellschaft des Kantons Luzern Schwanenplatz 7, 6004 Luzern Die Krise – Nicht, was wir erleben, sondern wie wir empfinden (Andreas Hirth) 8 Tel. 041 410 88 85 Fax 041 410 80 60 Die Medizin ist die Schwester der Philosophie (Magdalena Hoffmann) 10 Redaktionsadresse: Lebensqualität durch Mobilität: zeitgemässe Behandlung der peripheren arteriellen 11 Dr. med. Herbert Widmer Verschlusskrankheit (PAVK) (Stefan Ockert, Saulius Korsakas) Sonnbühlstrasse 15, 6006 Luzern Tel. 041 410 65 81 Die MPA-Kommission informiert (Infektionsschutz und Impfnachweis) 16 Redaktion: Chancen der sekundären Frakturprävention mittels Fracture Liaison Service (FLS) 17 Dr. med. Herbert Widmer, Luzern (Sigrid Jehle-Kunz) (Redaktor) Dr. med. Aldo Kramis, Emmenbrücke Ein Jahr Siegel «Qualitätsgesicherte Hernien Chirurgie» (Anne Lenz) 20 (Präsident) 7. Zentralschweizer Kardiologie Symposium 22 Inserate-Verkauf: Dr. med. Herbert Widmer 14. Kardiologie-Symposium des Herzzentrums Hirslanden Zentralschweiz 23 Sonnbühlstrasse 15 6006 Luzern Mandatsträger / Sektionen / Fachvereinigungen 24 Tel: 041 410 65 81 E-Mail: hcwidmer@bluewin.ch Adressliste Zentralschweizerische Chiropraktoren-Gesellschaft (ZSCG) 27 Mitarbeiter dieser Ausgabe: Der Schwyzer Arzt 28 Dr. med. Katarzyna Fischmann, Delegiertenliste Schwyzer Ärzte 28 Luzern (Corona, «bliib dihei» Telefon-, Telefax- und E-Mail-Verzeichnis Spital Schwyz 30 und die psychischen Folgen) Msc Kerstin Heim, Luzern Der Unterwaldner Arzt 34 (Corona, «bliib dihei» Vorstand Ärztegesellschaft 34 und die psychischen Folgen) Andreas Hirth, Facharzt Psychiatrie Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen Kantonsspital Nidwalden 34 und Psychotherapie (Die Krise) Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen Kantonsspital Obwalden 37 Dr. phil. Magdalena Hoffmann, Hausärztefortbildung 2020 38 Uni Luzern (Die Medizin ist die Schwester der Philosophie) Der Zuger Arzt 39 Dr. med. Saulius Korsakas, Luzern Vorstand der Zuger Ärztegesellschaft 39 (Lebensqualität durch Mobilität) Prof. Dr. med. Udine Lang, Uni Der Urner Arzt 39 Basel (Psyche und Corona – ein Vorstand Ärztegesellschaft Uri 39 Fachaustausch) Dr. med. Anne Lenz, LUKS Wolhusen Corona, «bliib dihei» und die psychischen Folgen (Kerstin Heim, Katarzyna Fischmann) 40 (Qualitätsgesicherte Hernien Chirurgie) Psyche und Corona – ein Fachaustausch (Udine Lang) 42 Prof. Dr. med. Stefan Ockert, LUVAS Luzern (Lebensqualität Digitalisierung im Arztbereich: Quo vadis? 44 durch Mobilität) Aus den Reihen der Mitglieder 48 Herstellung: KMU fordern: Eigenverantwortung und gute Rahmenbedingungen 53 SWS Medien AG Print Am Viehmarkt 1, 6130 Willisau info@swsmedien.ch Wir wünschen Ihnen, Ihren Familien, Ihren Spitalmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, Ihrem Praxisteam und Ihren Patientinnen und Patienten alles Gute, Gesundheit und physische und psychische Widerstandkraft. Dr. med. Herbert Widmer, Redaktor «Der Luzerner Arzt» auch im Namen des Vorstandes und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle. Erscheinungsdatum / Redaktionsschluss für den Luzerner Arzt 2020 / 2021: Nr. 123 / November 2020 25. September 2020 Nr. 123 / Spezialheft / November 2020 05. Oktober 2020 Titelbild: Nr. 124 / Januar 2021 15. Dezember 2020 Sonnenaufgang auf der Rigi mit Social Distance Nr. 125 /April 2021 15. März 2021 (Foto: Susanne Bäurle-Widmer) Nr. 126 / Juli 2021 25. Mai 2021 Luzerner Arzt 122 / 2020 3
EDITORIAL Herausforderungen Noch nie seit meiner Praxisübergabe vor eines durchschnittlichen praktizierenden einiger Zeit habe ich so viele Telefon- Psychiaters deutlich bessergestellt. Sie anrufe aus dem Kreis meiner ehemali- müssen auch nicht für die Bezahlung von gen Patientinnen und Patienten, meiner wichtigen Telefonkonsultationen während Freunde und Bekannten u.a.m. erhalten des Lockdowns kämpfen. Flexibilität der wie in den letzten Wochen. Die Gründe verantwortlichen Stellen wäre ein hohes, dafür waren vielfältig, oft war es aber ein dringend erwünschtes Gut! mehr oder weniger ausgeprägter Hilferuf, dem der Wunsch nach mehr Verständnis Die Spitäler weisen heute grosse finan- und Zuwendung zugrunde lag. Ursäch- zielle Probleme aus, mit Löchern in ihren lich spürte – bzw. spürt – man eine recht Rechnungen von dutzenden Millionen grosse Verunsicherung des Einzelnen in Franken, da sie während längerer Zeit ihre unserer Zeit mit etlichen Krisen. Oft habe Leistungen zurückfahren mussten. Dies ich in der Folge an die Eltern meiner Ge- führt zu massiven Engpässen bei der Fi- neration gedacht, welche auch Krisen zu nanzierung notwendiger Investitionen. Wie bewältigen hatten und dies mit Bravour so oft, finden da gewisse Kantone Wege erfüllten. So wohnten meine Eltern an der zur Umgehung der gesamtschweizerisch nördlichen Grenze der Schweiz, praktisch geltenden Gesetze im Bereich Spitalfinan- in der Stadt Schaffhausen, deren Bombar- zierung (SG, SO, GE…?). Man weiss es in dierung sie miterlebten. Dennoch haben Bern, tut aber kaum etwas. Ob das lange sie im letzten Kriegsjahr eine Familie ge- gut gehen wird? gründet und einer ersten Tochter das Le- ben geschenkt. Ihr damaliges monatliches Budget über 200 Franken mit 5 Franken Der Vertrauensarzt meint… für Steuern, für Kleider, für Diverses etc. Als beratender Arzt der Patientenstelle war eine gewaltige Herausforderung. Ob Zentralschweiz erlebe ich immer wieder, wir heute im Bestehen der damaligen Das persönliche Umfeld dass gewisse Krankenkassen lieber nicht Herausforderungen ebenso erfolgreich Uns selbst ist es bewusst, anderen aber ganz klare Fälle mit dem Einsatz von viel wären? Ich wage es zu bezweifeln, die kaum. Auch Ärztinnen und Ärzte haben Geld ablehnen, statt mit viel weniger Geld heutigen Probleme sind weniger klar fass- Familien, Partner, Kinder, für welche sie eine einvernehmliche Lösung auch zuguns- bar, in unserem Land – ja auf der ganzen verantwortlich sind, welche sie schützen ten des Versicherten zu suchen. Da kom- Welt – gibt es deutlich mehr Menschen als wollen bzw. müssen. Gerade in Italien sind men mir immer wieder die tollen Aussagen damals, dennoch aber auch viel mehr Ein- viele Vertreterinnen und Vertreter des in der TV-Werbung in den Sinn: «Wir sind samkeit. Recht viele aktuelle «Landes- Pflege- und Arztberufs erkrankt und haben für Sie da!». (Mehr darüber später!). fürsten» lassen mich an Nero denken, an für ihren Einsatz für die anderen mit Ge- den selbstverliebten Kaiser des römischen sundheit oder gar mit dem Leben bezahlt. Reiches. Ja, man hat vor einiger Zeit auch darüber Information gesprochen, dies inzwischen aber wohl Sie werden vielleicht staunen, wenn ich Warum berichte ich Ihnen dies? Etwa wieder weitgehend vergessen. Ihnen auf den letzten Seiten dieses Hefts auch durch «Krisenprobleme» begründet? die Resultate der Mitgliederumfrage des Nein, keineswegs! Ende März – nach einer KGL zur Coronakrise bekannt mache. viermonatigen Phase mit einem «mehr Und die Belastung? Auch wir sind ja Gewerbetreibende, auch als Fulltimejob» war auch ich nicht ganz Für viele war die Belastung gross, sowohl für uns ist es interessant zu sehen, wie unverwundbar, was mein Verständnis für die psychische als auch die physische. Dies stark Gewerbebetriebe betroffen sind – andere erhöhte. Vor allem aber wurden betrifft vor allem die Einzelnen, welche im 1400 Betriebe haben an der Umfrage teil- mir die Herausforderungen unseres Beru- Dauereinsatz standen. Gerade diesen ge- genommen! Haben Sie die Medienberich- fes, der Ärztinnen und Ärzte sehr bewusst. genüber wäre es eine Pflicht, sich so zu ver- te präsent? Es ist doch interessant, dass Nennen wir doch einige wenige! halten, dass eine 2. Welle verhindert wer- über 50% der Antwortenden die Mass- den kann. Die meisten unter uns sehen das nahmen zum Schutz der Gesundheit bzw. ein und verhalten sich entsprechend, eine der Wirtschaft als ausgewogen betrachten, Das Berufsbild des Arztes aber doch nicht kleine Zahl am Mitbürgern nur 46.05% dieser Wirtschaftsbetriebe Ja, die Corona-Krise hat uns zu Ansehen schert sich aber keinen Deut darum, die sind der Meinung, dass die Gesundheit zu verholfen, man hat uns gelobt und für viele Party-Mails lassen grüssen. sehr im Vordergrund stand. Nach meiner unter uns geklatscht – man war ja auch auf Ansicht doch eine erfreuliche Haltung mit die Ärztinnen und Ärzte und auf das Pfle- Ich weiss, dass auch einige unter uns viele Verantwortungsgefühl den anderen gepersonal angewiesen. Dieser «Schub» Ärzten die verordneten Vorsichtsmassnah- gegenüber. scheint wieder weitgehend vorbei zu sein, men ablehn(t)en, die Meinungsfreiheit ist man spricht wieder über Kostensenkung, ja ein grosses Gut. Dennoch gestatte ich Die Herausforderungen sind noch nicht Ärzteeinkommen, lehnt die Pflegeinitia- mir zu bemerken, dass ich persönlich für vorbei, die Coronakrise ist noch sehr nahe, tive – u.a. mit besseren Löhnen für das diese Kritik wenig Verständnis habe – mei- die finanziellen Probleme des Einzelnen, Pflegepersonal – ab u.a.m. Von fehlen- ne Meinungsfreiheit! der Gesundheitsbetriebe, unseres ganzen den wichtigen Medikamenten spricht man Landes sind noch nicht gelöst, die verschie- kaum mehr, dafür von hunderten Millionen Sie kennen die Probleme der Selbststän- denen «Neros» dieser Welt lassen täglich Franken, welche bei den Medikamenten digerwerbenden mit einer kaum existieren- grüssen. Versuchen wir doch weiterhin, uns gespart werden könnten. Ob die von vielen den finanziellen Absicherung von Staates den Herausforderungen zu stellen! befürchtete 2. Welle einen neuen «Schub» wegen. Da sind die Chefs gewisser Kran- bringen wird? kenkassen mit dem 6-fachen Verdienst Dr. med. Herbert Widmer, Redaktor 4 Luzerner Arzt 122 / 2020
BRIEF DES CO-PRÄSIDENTEN Fragen über Fragen: Corona und Standespolitik COVID-19 hat sich in den Sommerschlaf weiter diskutieren, um möglichst allen im zurückgezogen? Wann schlägt das Coro- Herbst vor einer möglichen 2. Ausbruch- na V19 zurück? Sind wir nun vorbereitet phase noch besser Entscheidungshilfen oder lassen wir uns nochmals überraschen? und Informationen weiter zu vermitteln. Durchseuchen oder vielleicht doch imp- Vielleicht hatten wir einfach Glück, dass fen? Ist es vielleicht doch so harmlos wie es nicht zu einer grösseren Pandemiewelle eine Grippe ausser für Ältere Hochbetagte hier in der Innerschweiz kam und unsere oder multimorbide adipöse Patienten?? vorsorglichen Entscheide nicht zum Zuge kamen. We don't know? – We just wait and see?– Alles ist doch weit weg und wird von den Wir müssen auch die Versorgungswege Medien mal wieder hochgepusht? und die Lagerhaltung hochfahren, damit wir genügend Schutzmaterial zur Verfü- Wie so oft in der Medizin, es ist alles doch gung haben. Die Forderung der Politiker, viel komplexer als man denkt! Komplexity alles lokal zu produzieren ist eine Illusion! und uncertainty waren schon immer Kon- Wenn wir die Lagerbestände von drei auf gressthemen und Herausforderungen im sechs Monate erhöhen, hätten wir sicher Gesundheitswesen?! schon viel erreicht, denn wir brauchen Schutz-, Test- und ausreichend Versor- Wir haben Bilder gesehen, Berichte gele- gungsmaterial, dazu ausreichend stationäre sen von Horrorszenarien in Italien, kriegs- Dr. med. Aldo Kramis Betten, damit wir auch in Zukunft jede ähnlichen Quarantänemassnahmen in Chi- Pandemie durchstehen können, bis Imp- na, apres ski = COVID-Party in Skiorten alles andere wissen alle Beteiligten aus fungen oder Medikamente zur Verfügung und ein unbekanntes Virus mit unglaublich schwieriger persönlicher Erfahrung!! Der stehen. schneller Ausbreitung im Flugmodus über riesige Dank gebührt allen, die durch ihren die Weltkugel... und wie reagiert man poli- unermüdlichen und ausdauernden, aufop- Wir diskutieren weiter und sind auch stolz tisch – angesichts der vielen unbekannten fernden Sondereinsatz die Pandemie zum über das Meistern der 1. COVID-Welle!! Parameter und der Nähe des Tessins zur momentan weitgehenden Stillstand ge- Lombardei? Der Innenminister hat mit bracht haben!! Merci allen veu mou!!! dem Lockdown vom 16.3.20 den nationalen AundS? Notstand ausgerufen, wie fast in allen eu- Nicht nur ein allgemeiner Lockdown, son- ropäischen Staaten auch! – Keiner möchte Lesson to learn? dern ein Verbot von Routinekontrollen einen Fehler machen, auch Politiker wollen Pandemiepläne 2018 waren vorhanden und Eingriffen wurde erlassen und trieb COVID überleben? Die Ärzteschaft und aber nicht zu Ende gedacht. So tauchten viele Praxen in die Kurzarbeit oder sogar Kliniker resp. die Infektiologen sind initial viele Versorgungsprobleme mit Schutzma- zu Schliessungen aufgrund der Risikokon- nicht im lead. Es sind hochspezialisierten terialien auf! – Desinfektionsmittel, Mas- stellation der Mitarbeiter oder Ausbleiben Zentren / Intensivstationen, die Landesver- ken, Schutzanzüge, Brillen etc. fehlten und von Patienten? Wie man zu staatlicher Hil- sorgungszentralen, die Epidemiologen, die wer ist für den Nachschub verantwortlich? fe für einige Praxen mit Kurzarbeit kommt, Medienverantwortlichen, die Grossisten Wo beziehen, wenn der Bundesrat respek- haben die FMH und wir kommuniziert. und Herr Koch vom BAG, die vor einem tive der Notstand dies fordert? Adressen Aber als Selbstständigerwerbende sehen Kollaps des Gesundheitssystems warnen aus der Schublade ziehen, gibt es nicht, auf die staatlichen Bezuschussungen sehr be- und entsprechende Schlüsse ziehen. dem Schwarzmarkt oder über den Kan- scheiden aus! tonsapotheker, in den Destillerien den des- So wie in Schweden gab es auch hier infizierenden Alkohol organisieren? Auch Zum Glück gibt es die äusserst gut funk- Infektiologen und besorgte Kollegen, die der Nachschub an speziell benötigten Me- tionierende ambulante Praxistätigkeit von vor sekundären Auswirkungen warnen. dikamenten war plötzlich gefährdet! Hausärzten und Spezialisten. Trotz Aus- Aber angesichts der vielen Unbekannten, blieben von Patienten (viele hatten einfach Ängsten und gefährdeten Mitmenschen Es gibt keine Patentrezepte! Alle Insti- Angst sich in den Praxen anzustecken und waren fast alle Schweizer mit diesem Vor- tutionen und Praxen mussten eigene wussten nicht, ob genügend Schutzmateri- gehen einverstanden und das ist auch gut Schutzkonzepte für das Praxispersonal al vorhanden war?!) blieben die meisten so. Zu viele Probleme in der Versorgung, ausarbeiten. Auch gab es viele Informatio- Praxen IMMER offen. Dies trug entschei- im Gesundheitspersonalbestand, in Beat- nen auf verschiedensten Plattformen, aber dend zur Entlastung der Spitäler bei. Die mungsplätzen und Altersheimen waren oft liessen die Anweisungen der Selbsti- MPA und Ärzte haben Hunderte von Te- nicht abzuschätzen …. solation oder Quarantäne resp. Risikoein- lefonaten beantwortet, sehr viele Patienten schätzungen einen Spielraum offen? Jeder beraten, Zeugnisse ausgestellt und zu Be- Auch waren die Pandemiepläne schön musste sich anpassen und kreativ sein, um ginn oft zwischen Erkältungssymptomen in Schubladen versorgt und nicht definitiv für den Schutz des Personals und der Pati- und möglicher COVID-Ansteckung diffe- ausgedacht und auch die Krisenstäbe muss- enten in den Praxen die «wirksamsten und renzieren müssen. Schwierig war der Man- ten sich zuerst finden. Auch Gemeinden sichersten» Massnahmen zu treffen. Viele gel an Testmaterial, um klare Ansteckungs- brauchen Pandemiepläne, denn Pflegein- haben klare Direktiven erwartet. Wir ha- herde identifizieren zu können. stitutionen, Schulen sind Gemeindeange- ben uns bemüht mit updates, Zusammen- legenheiten. Der Kanton musste Rollen fassungen und Informationen jeglicher Aber auch viele Nachkontrollen wur- übernehmen, auf die man in dieser Form Art den aktuellen Stand des Irrtums wei- den von den Spitälern oder Spezialisten kaum vorbereitet war. Die Spitäler stellen terzuvermitteln. Aber es war auch für uns an die Hausarztpraxen delegiert. Dies hat auf reine COVID-Stationen um – und nur schwierig, die korrekten Massnahmen und vielleicht gezeigt, dass Nachkontrollen absolut dringliche Notfälle wurden auf den Fragen zu beantworten. Wir werden sicher gezielter eingesetzt werden? Durch die entleerten Notfallstationen behandelt... die lesson to learn in einer Arbeitsgruppe Ängste der Patienten kam es aber auch zu 61 Luzerner Luzerner Arzt Arzt122/2020 122 / 2020
kritischen Gesundheitszuständen, indem doch nur genehmigen müsste. Doch wie die Abbruch der MAS-Dateneingabe, etwas Diagnosen erst verzögert gestellt wurden. Entscheide ausfallen und wie das BAG zu- über 60%. Es bleibt die Erkenntnis: ambulante und handen des BR dies interpretiert, ist offen. stationäre Versorgung (AundS) bekämp- Wir rechnen nicht vor Ende Jahr mit einer Im Hinblick auf die kommende Kos- fen eine Pandemie und für jeden Patienten Stellungnahme. Auch ein weiterer Knack- tenneutralität TARDOC werden die Leis- muss der korrekte Zugang ins Gesund- punkt im Tardoc konnte gelöst werden. Es tungsdaten zu Tarmed 1.09 und die Infra- heitssystem gefunden werden und dies ha- gibt nur eine Tarifstruktur und eine Um- strukturdaten des Praxisnavigator/ Med- ben wir in unserem äusserst kompetenten setzung der Kostenneutralität. FMH und key entscheidend sein, damit dieser EF und sehr gut organisierten Gesundheitswe- CURAFUTURA haben sich auf einen (external factor) auch in Zukunft jederzeit sen geschafft! zusätzlichen externen Faktor geeinigt, der angepasst und verändert und bei TPW- zusätzlich zu jedem TPW (Taxpunktwert) Verhandlungen angepasst werden kann. Aber NACH COVID heisst auch wieder x EF (external Faktor) multipliziert wird, Wir werden euch laufend informieren, VOR COVID! Damit ist gemeint, dass wir damit die Kostenneutralität bei Einfüh- noch bleibt sehr vieles unklar. Aber es gibt viele Probleme vor uns hergeschoben ha- rung einer neuen Tarifstruktur eingehalten Veränderungen!! ben, entschleunigt sind und nicht denken werden kann. Momentan beträgt dieser können, die Probleme hätten sich im Win- EF einen Wert von deutlich unter 0.9. Der de verweht… Wert einer Tarifposition wurde für ärztli- Qualität che Leistungen höher bewertet, da für vie- Auch hier geht es momentan um die Um- les mehr Zeit benötigt wird. Aber nach der setzung des Qualitätsartikels und der Qua- Zulassungsstopp Multiplikation von Tarifposition x TPW x litätskommission, die im Frühling 2021 ge- Der Zulassungsstopp ist in den Räten er- EF wird leider kaum mehr als bisher ver- wählt werden soll. Die Versicherer und die freulicherweise, so wie es die FMH woll- rechnet werden können. Die Tarifpositio- Leistungserbringer müssen bis Ende 2021 te, umgesetzt worden. Die Sprachprüfung nen sind sicher sachgerechter als Tarmed sog. Qualitätsverträge abschliessen. Als ist nur nötig ohne Maturitätsnachweis, 1.09. Aber die Verrechnung der Position Pilotprojekte haben vier Fachgesellschaf- resp. ausländische Bewerber müssen eine wird kaum mehr Einkommen generieren. ten mit den Umfragen zu den Qualitätspa- Sprachprüfung ablegen. Zudem gilt, dass Das sind die momentanen Tatsachen (mög- rametern bei den Mitgliedern begonnen. man mind. drei Jahre im entsprechenden licher Verrechnungssatz: Tarifposition x Die SGAIM legt z. Bsp. folgende Kriterien Fachgebiet, in welchem man sich nieder- 0.82 x EF 0.86?)! fest: Teilnahme an einem QZ, Umsetzung lassen will, in der Schweiz gearbeitet haben eines Hygienekonzepts, Teilnahme an ei- muss. Kantone können und müssen nicht Für die Sante Suisse gibt es momen- nem CIRS-Programm und Umsetzung von Höchstzahlen an Ärzten in der freien Pra- tan nur die Lösung über Pauschalen oder smarter Medicine-Empfehlungen. Nach xis festlegen. Den Kontrahierungszwang Teilpauschalen, die soeben für 67 Eingrif- jahrelangem hin und her müssen wir den gibt es nicht und die Versicherer haben fe zusammen mit der FMCH eingegeben Artikel 58a umsetzen… Der COVID-Win- kein Mitspracherecht. Die Ärzteschaft hat wurden. Pauschalen und Tardoc-Einzelleis- terschlaf ist vorbei und wir müssen wieder diese schon lange geforderten Massnah- tungen schliessen sich nicht aus! Wir wer- arg in der Standespolitik mitstrampeln, men einbringen können. den sehen, wie sich der BR im Umgang mit sonst definitiv über unseren Köpfen ent- Pauschalen und Tardoc entscheidet! schieden !! Tarife – TARDOC Wir wünschen euch allen e schöne Som- Die Tarifautonomie war auch für die Datensammlung mer und nochmals VIELEN Dank für euren SWICA der entscheidende Grund, sich Die MAS-Daten 2018 werden erst am Einsatz in diesen wirklich schwierigen, un- CSS und Curafutura anzuschliessen und 22.10.20 publiziert. Aber wir wissen, dass vorhersehbaren Zeiten! Bis bald im Herbst. somit mit 53% der Versicherten eine Mehr- die 2018-Daten weniger gut sind für den heit zu bilden, damit der Bundesrat Tardoc Kanton Luzern; nach dem vorzeitigen Co-Präsident Aldo Kramis Kindheitstraum? Rufen Sie uns an, wir begleiten Sie bei der Praxisübernahme und beim Neuaufbau! contrust finance ag Friedentalstrasse 43, CH-6004 Luzern Telefon 041 429 09 09 www.contrustfinance.ch Steuern und Treuhand. Immobilien. Unternehmensentwicklung. Ehegüter- und Erbrecht. LuzernerArzt Luzerner Arzt122 122/2020 / 2020 27
PRÄSIDENT DES DELEGIERTENRATES Die Krise «Nicht, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.» M. von Ebner-Eschenbach Vor allem stellte sich aber auch für vie- Und Menschen mit ängstlich-vermeiden- le die Frage nach dem Tod, der eigenen dem Verhalten empfanden sich nunmehr Sterblichkeit, die biologische Verletzlich- als weniger «gestört», weil sich nun alle um keit des Menschen wurde sichtbar. In ei- sie herum ebenfalls ängstlich-vermeidend nem Interview mit dem Deutschlandfunk oder zwanghaft verhielten, auch wenn bei sagte Margot Käßmann, die ehemalige manchen Angstpatienten die Krankheits- Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche symptome deutlich zunahmen. Menschen Deutschlands: «Es geht im Moment auch mit autistischen Verhaltensweisen erleb- darum, dass viele in ihrem Denken das ten die ruhigen Strassen und die soziale erste Mal mit dem Gedanken konfrontiert Distanz wohltuend, da sie ihrem eigenen sind, auch ich könnte sterben. Das allge- Naturell entsprachen. Andere fühlten sich meine Wissen, dass der Mensch sterblich leer, einsam, isoliert, erfuhren sich selbst ist, wird dann durch so eine Viruserkran- zunehmend antriebslos und niederge- kung zu einer persönlichen Botschaft. Und schlagen. Wieder andere waren aufgrund das irritiert, schockiert und erschüttert ihrer gesundheitlichen Kondition gezwun- viele, denke ich». gen, sich mit der Möglichkeit des eigenen Todes auseinanderzusetzen. Und manch Sicher haben viele von uns in unserer einer genoss die Ruhe am Himmel und Praxistätigkeit all diese Verschiedenheit auf den Strassen und hoffte, dass die Men- wahrgenommen, wir mussten damit umge- schen nun in sich gehen, sich vom Kon- hen und weitergehen. Die Praxistätigkeit sumzwang distanzieren lernten und zum musste fortgeführt werden, offen stehen Wesentlichen im Leben zurückfänden – für Notfälle und Dringliches oder bereit bis hin zur Hoffnung auf eine neue, ökolo- sein für die vermutete Welle an Covid- gische Ausrichtung der Industrie. Schüler 19-Erkrankten. Dabei fehlte es an vielem, und Lehrer hingegen waren verunsichert, Die Pandemie, die wir derzeit erleben, nicht zuletzt am erforderlichen Schutz- das digitale Lernen Neuland: finden Prü- wurde vielfach, unter anderem von der material. Zum Teil dann leere Betten und fungen statt – oder nicht? Ich habe Fami- deutschen Bundeskanzlerin Merkel, zur Sprechzimmer, fehlende Erträge. Zugleich lien erlebt, die die Zeit genossen, sich Zeit grössten Bedrohung seit dem zweiten Unsicherheit auf allen Ebenen. Wir erleb- füreinander nehmen konnten, sich näher Weltkrieg erklärt. Der französische Prä- ten etwas, das die meisten von uns in ihrer kamen, aber auch Familien, die sich ent- sident Macron erklärte Covid-19 den ärztlichen Tätigkeit noch nicht erfahren fremdeten. Konflikte, die aufflammten, Krieg. Und tatsächlich erlebten wir eine hatten, und mussten vernunftgemäss han- eskalierten. Es ist bekannt, dass häusliche «Mobilmachung»: Soldaten standen in deln bei unsicherem Wissensstand. Wir alle Gewalt in solchen Situationen zunimmt. der Schweiz im Einsatz, Grenzen wurden in Praxis und Spital haben in den letzten geschlossen, Supermarktregale leerten Monaten viel geleistet und dürfen stolz Am verwundbarsten waren in dieser sich aufgrund von Hamsterkäufen. Das darauf sein. Die Belastungen waren gross, Zeit deswegen auch vor allem die Kinder, Gesundheitswesen richtete sich nach den die Unwägbarkeiten und auch die existen- die nicht in die Schule gehen konnten – Erfordernissen des Gemeinwohls im Rah- zielle Bedrohung für uns Helfende und für vor allem jene, die zuhause keinen heilen men der Notverordnung neu aus. Aus- unsere Patienten greifbar. Letztlich waren und sicheren Ort besitzen – und die alten nahmslos die ganze Gesellschaft unseres wir Helfende ja ebenfalls bedürftig: von Menschen, die durch die soziale Distanz, Landes war betroffen, viele Staaten welt- unserem Alltag abgeschnitten, von unseren die zu ihrem Schutz geschaffen worden weit operierten mit Notrecht. Jeder ein- sozialen Kontakten oder sogar von der ei- war, zugleich auch zum Teil gegen ihren zelne hatte sich der Bedrohung zu stellen, genen Familie im Ausland. Willen eingeengt wurden. Viele psycho- reagierte mit Ignoranz oder Furcht, muss- soziale Folgen werden sich auch in Anbe- te sich neu im Leben einrichten. Die täg- In der Arbeit mit meinen Patienten tracht der wirtschaftlichen Probleme, die lichen Gewohnheiten – der Kinobesuch, erlebte ich in der letzten Zeit allerdings wir auf einen längeren Zeitraum hin zu mit Kollegen ein Bier trinken, das Fitness- Unterschiedliches, teils Unerwartetes: erwarten haben, erst in den nächsten Mo- Studio – waren uns verschlossen und da- Menschen mit einer schweren psychischen naten zeigen. mit schien das Leben selbst still zu stehen. Erkrankung und eingeschränkten finan- Pläne und Ideen, Ziele und Möglichkeiten, ziellen und sozialen Möglichkeiten hielten «Wenn ich höre, alles andere habe vor die uns im Alltag eine sinnstiftende Identi- dem Druck stand, wuchsen über sich hin- dem Schutz von Leben zurückzutreten, tät zu geben scheinen, ausgebremst – statt- aus oder wurden sogar aktiv, indem sie an- dann muss ich sagen: Das ist in dieser Ab- dessen: Leere, Unsicherheit, ungläubige dere unterstützten. Bei anderen verfestigte solutheit nicht richtig», sagte Wolfgang Angst oder auch Gleichgültigkeit. Und sich die Überzeugung, dass es in Wirklich- Schäuble, Präsident des deutschen Bun- überhaupt: der Mensch ist zuallererst ein keit den Mächtigen nur darum gehe, eine destags, dem «Tagesspiegel». Wenn über- soziales Wesen und braucht persönliche Weltwirtschaftskrise zu inszenieren, um haupt gehe es um die Würde des Men- Kontakte zu anderen Menschen, damit es einen Umsturz zu erreichen, mit Hilfe des- schen, die unantastbar sei. Diese schliesse ihm gut geht. Nur, weil er sozial denkt und sen Bill Gates durch Zwangsimpfung die aber nicht aus, dass wir sterben müssen. fühlt, ist er bereit, die persönliche Freiheit, Weltherrschaft erreicht könne. Erfolgrei- die in unserer Gesellschaft ein sehr hohes che, selbständige Unternehmer im Event- Obwohl die Relativierung des CDU- Gut ist, einzuschränken. bereich standen plötzlich vor dem Nichts. Politikers kontrovers betrachtet wurde, 18 Luzerner Luzerner Arzt Arzt120/2020 122 / 2020
sollte sie uns Ärzten nicht fremd sein. Wir wir aber darüber nach, was für Schlüsse sind, die weiter reichen als zum medizi- sollten sie unterstützen. Es geht letztlich aus den durchgemachten Erfahrungen zu nisch Nötigen und doch auf die Gesund- um den Unterschied zwischen purer Le- ziehen sind, um auf allen Ebenen gewapp- heit des einzelnen zurückwirken. Stellen bensverlängerung und Erhalt einer «le- net zu sein, was auch immer kommt. wir als Ärzte die Würde des Menschen in benswerten» Lebensqualität, eine Diffe- den Mittelpunkt unseres Diskurses und renzierung, die ärztliches Handeln immer Die Folgen der Pandemie und der ge- sehen die Krise als möglichen Wende- bestimmen sollte. Darum sollten wir uns troffenen Massnahmen werden uns noch punkt. auch als Ärzte zu Wort melden. Armut und lange beschäftigen, unabhängig davon, wirtschaftliche Not sind zudem ein idea- ob wir eine zweite Welle erleben werden. Eine Krise ist nach Hippokrates der ler Nährboden für das Virus. Es geht aus Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen ist Moment, wenn sich die Krankheiten ver- meiner Sicht nicht darum, die seit März in aus psychiatrischer Sicht mit einer Zunah- stärken, nachlassen, in eine andere Krank- vielen Ländern getroffenen Massnahmen me an häuslicher Gewalt aber wahrschein- heit umschlagen oder aufhören. des Lock-Down zu relativeren oder zu lich auch vermehrten Suiziden zu rechnen. kritisieren. Wir alle hatten zu diesem Zeit- Die Diskussion unter uns Ärzten, die wir Andreas Hirth punkt Angst vor einer Entwicklung, wie weiterhin führen sollten, sind wichtig, weil Facharzt für Psychiatrie und Psycho- sie in Italien, Frankreich oder den USA es im Umgang mit der Pandemie keine therapie, Kinder- und Jugendpsychatrie sichtbar wurde. Gehen wir davon aus, dass einfache Wahrheit gibt und neben den rein Präsident Delegiertenrat die Massnahmen dazu geführt haben, dass medizinischen Fragen eben auch ökono- Ärztegesellschaft des Kt. Luzern das Schlimmste verhindert wurde. Denken mische und soziale Fragen zu beantworten 210. Generalversammlung 2020 Unsere Inserenten im Jahre 2020 Ärztekasse, Urdorf der kantonalen Ärztegesellschaft Contrust Finance AG, Luzern des Kantons Luzern Galexis AG, Niederbipp Gelbart AG, Luzer Mittwoch, 11. November 2020, 17.00 Uhr Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern Luzerner Kantonsspital, Herzzentrum SPZ Nottwil +medkey Trustcenter, Luzern Pfizer AG, Zürich Wir erwarten auch Sie! Universität Luzern In Ihrer Agenda eintragen! Viollier AG, Allschwil Weiterbildungsprogramm «Philosophie + Medizin» Medizin + Mind 24.9.20 / 22.10.20 / 19.11.20 / 10.12.20 Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Freier Wille/Determinismus, Sprache und Schmerz Prof. Dr. Christiane Schildknecht / Prof. Dr. Markus Wild / Dr. phil. Emmanuel Baierlé Mentale Eigenschaften und Aktivitäten werden dem Gehirn zugeordnet und u.a. von der Medizin empirisch untersucht. Dabei bleibt die Frage nach dem angemessenen Verhältnis von Gehirn und Geist unberücksichtigt, die in diesem Modul anhand ausgewählter Themen philosophisch diskutiert wird. Methodikseminar 5.11.20 Tom Beauchamp und James Childress: 'Principles of biomedical Ethics' Dr. phil. Magdalena Hoffmann Bei diesem Werk handelt es sich um den Klassiker der Medizinethik schlechthin. Aufbauend auf vier medizinethischen Grundprinzipien (Autonomie des Patienten, Schadensvermeidung, Fürsorge und Gerechtigkeit) propagieren die beiden Autoren einen Ansatz, der bei zahlreichen (klinischen) Entscheidungsfindungen angewendet wird. Im Seminar wird der Ansatz vorgestellt und seine Praktikabilität wie auch Vor- und Nachteile diskutiert. Vorschau Module 2021 Medizin + Zukunft Medizin + Forschung Medizin + Literatur Orientierung für Januar – März 2021 April – Juli 2021 September – November 2021 die Praxis Die Zukunft der Medizin hat bereits Die medizinische Forschung befindet sich im Literarisch lassen sich Empfindungen wie begonnen: Es ist absehbar, dass sich Umbruch: Big Data eröffnet ganz neue Leid, Todesangst und die verstörende Entwicklungen wie die Ökonomisierung und Perspektiven – ebenso neue Technologien. Erfahrung, wenn man sich abhanden Digitalisierung noch akzentuieren werden. Dieses Modul dient der Reflexion von kommt, oft besser ausdrücken als in Weitere Informationen Dieses Modul dient der kritischen Diskussion Medizin als Wissenschaft sowie aktueller medizinischen Begriffen. Dieses Modul und Anmeldung: dieser Veränderungen. und ethischer Fragen von medizinischer thematisiert Literatur als Ressource für die www.philomedizin.ch Forschung. Medizin. LuzernerArzt Luzerner Arzt122 / 2020 2 120/2020 9
PHILOSOPHIE FÜR DIE GEGENWART «Die Medizin ist die Schwester der Philosophie» (Tertullian, De anima) Eine kurze Reflexion dessen, was die Philosophie der Medizin zu bieten hat anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Weiterbildungsprogramms Philosophie + Medizin an der Universität Luzern Geistes das Verhältnis von Gehirn und Interessant an den eingangs erwähnten Geist, was für die Neurowissenschaften Bestrebungen, philosophische Inhalte unmittelbar relevant ist. Die Epistemo stärker in der Medizin zu verankern, ist logie und die Wissenschaftstheorie wie- der Zeitpunkt. Warum erhalten solche In- derum liefern zentrale Inhalte für die itiativen seit einigen Jahren immer mehr Reflexion der Medizin als Wissenschaft. Auftrieb? Dies dürfte – so meine Vermu- Existentielle Fragen von Leben und Tod, tung – daran liegen, dass sich die Medizin mit denen Ärztinnen und Ärzte regelmä- gerade sehr im Wandel befindet und in vie- ssig konfrontiert sind, haben freilich nicht lerlei Spannungsfeldern steht: Zwischen nur eine ethische Dimension, sondern hochspezialisierter Technologie und ganz- berühren darüber hinaus Grundthemen heitlichem Mensch, zwischen nach Exakt- der Metaphysik. Die Anthropologie wie- heit strebenden Diagnoseverfahren und derum stellt die Grundfrage schlechthin: diffusen Krankheitsbildern, zwischen öko- Die Verbindung von Medizin und Philo- «Was ist der Mensch?» Eine Frage, die nomischen Erwägungen und individuel- sophie ist alles andere als neu, wenn man auch für die Medizin von eminenter Be- len Bedürfnissen von Patienten, zwischen sich Tertullians Ausspruch vor Augen deutung ist, wenn man bedenkt, dass sie rechtlichen Vorgaben und der Bewahrung führt. Insofern kann man das Weiterbil- den Menschen in seiner leiblichen und eigener Handlungsfreiheiten. Diese diver- dungsprogramm Philosophie + Medizin auch seelischen Verfasstheit ins Zentrum gierenden Erwartungen verstärken den an der Universität Luzern, das seit nun- ihres Wirkens stellt. Wunsch nach Orientierung wie auch nach mehr 10 Jahren existiert, als eine Art Selbstvergewisserung – bei beidem kann ‚Renaissance’ dieser engen Beziehung Methodisch zeichnet sich die Philoso- die Philosophie behilflich sein. von Philosophie und Medizin verstehen. phie durch Strenge, Präzision und men- Die Tatsache, dass sich dieses Programm tale Beweglichkeit gleichermassen aus. auf dem hart umkämpften medizinischen Logische Strenge ist beispielsweise beim Weiter- und Fortbildungsmarkt etab- Argumentieren gefordert, Präzision bei liert hat, spricht dafür, dass nicht wenige der Verwendung von Begriffen und men- Ärztinnen und Ärzte dieser Verbindung tale Beweglichkeit bei den in der Philoso- Magdalena Hoffmann wieder viel abgewinnen können. Damit phie oft geforderten Perspektivwechseln Dr. phil., Studien sind sie nicht allein; mit Interesse verfol- und Gedankenexperimenten. Indem die leiterin des Weiter ge ich die Anstrengungen – insbesondere Philosophie also den Intellekt in den ge- bildungsprogramms im süddeutschen Raum – das Medizin- nannten Hinsichten schult, stellt sie eine Philosophie + Medizin studium mit philosophischen Themen zu wichtige Ressource auch für Ärztinnen an der Universität ergänzen. Auch in der Schweiz gibt es und Ärzte dar, die tagtäglich im Umgang Luzern Stimmen aus der Ärzteschaft, die ein Phi- mit PatientInnen Therapien begründen losophicum im Medizinstudium fordern und Diagnosen erstellen müssen sowie wie etwa der ehemalige Chefarzt am Kan- sich mit KollegInnen im Diskurs befinden Im Weiterbildungsprogramm Philoso tonsspital Luzern, Peter Stulz, oder jüngst oder sich zu den heterogenen Forderun- phie + Medizin können insgesamt zehn der pensionierte Hausarzt Beat Gerber in gen verschiedener Anspruchsgruppen thematische Module einzeln oder im seinem 2020 erschienenen Buch «Warum verhalten müssen. Format eines CAS/MAS absolviert die Medizin die Philosophie braucht». werden. Jedes Modul besteht aus vier Das wirft die Frage auf: Was genau hat Persönlich stellt die Philosophie eine Kurstagen. Zusätzlich gibt es Methodik- denn die Philosophie der Medizin zu bie- grosse Einladung zum Selberdenken und seminare, die der methodischen Aus- ten? Sehr viel, und zwar in vielerlei Hin- zur Selbstreflexion dar – und stellt damit bildung und ergänzenden Inhalten ge- sichten wie ich im Folgenden skizzenhaft auch immer die philosophierende Person widmet sind. Die Module werden von ausführen möchte. in ihr Zentrum. Die Philosophie ist in ausgewiesenen ExpertInnen aus der diesem Sinne nicht nur eine akademische Philosophie bzw. Medizin durchgeführt. Inhaltlich dürfte es kaum eine Disziplin Wissenschaft, sondern auch eine Praxis, der Philosophie geben, die für die Medizin insofern sie ihren Zweck nur durch ihre Mehr Informationen erhalten Sie unter nicht von grosser Relevanz wäre. Diese Ausübung entfalten kann. Oder anders www.philomedizin.ch oder Aussage mag überraschen, insofern man formuliert: Beim Philosophieren kann magdalena.hoffmann@unilu.ch. dies heutzutage allenfalls für die Ethik man sich selbst nicht ausweichen und dies behaupten würde, nicht aber für weitere macht, denke ich, einen grossen Teil ihrer philosophische Disziplinen. Dies ist aller- Faszination, aber auch Anstrengung aus. dings ein Trugschluss. Zwar ist die Ethik Für Ärztinnen und Ärzte, die sich tagtäg- zweifellos eine sehr wichtige Disziplin der lich intensiv und mit viel Engagement um Philosophie, die gerade für heikle Kon- ihre PatientInnen kümmern und ihre eige- fliktsituationen zahlreiche Hilfestellun- nen Bedürfnisse dabei mitunter vergessen, gen bietet. Dabei darf aber nicht verges- kann die Philosophie also eine Form des sen gehen, dass die Philosophie inhaltlich Zu-sich-selber-Kommens darstellen – so- noch weit mehr anzubieten hat. So behan- wohl in menschlicher wie auch in berufli- delt etwa die sogenannte Philosophie des cher Hinsicht. 10 Luzerner Arzt 122 / 2020 Luzerner Arzt 122/2020 9
Lebensqualität durch Mobilität: zeitgemässe Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) Prof. Dr. med. Stefan Ockert, LUVAS Gefässchirurgie Luzern / Dr. med. Saulius Korsakas, Angiologie Luzern Einleitung Der demographische Wandel führt zu von Behandlungsoptionen zur Verfügung. le ein fortgesetzter oder zumindest in der einer erhöhten Lebenserwartung in der Neben einem konservativen Therapiean- Vergangenheit stattgehabter Nikotina- Gesamtbevölkerung. Ein höheres Le- satz und etablierten gefässchirurgischen busus. Zusätzliche Risikofaktoren stellen bensalter ist jedoch nur erstrebenswert, Techniken (z.B. Bypasschirurgie) konn- ein Hypertonus, die Hypercholesterinä- wenn die Lebensqualität (LQ) in ausrei- ten die Behandlungsoptionen durch die mie, Übergewicht und insbesondere ein chendem Mass erhalten bleibt. Negative Einführung der endovaskulären Therapie Diabetes mellitus dar (5). Auswirkungen auf die Lebensqualität (perkutane Angioplastie/PTA) erweitert haben beispielsweise chronische Schmer- werden. Zusätzlich besteht die Möglich- zen und eine eingeschränkte Mobilität. keit der Kombination von chirurgischen Stadien-Einteilung Die Wichtigkeit der uneingeschränkten und endovaskulären Verfahren, der soge- Aktivität und die Auswirkung auf die in- nannten Hybrid-Therapie. Der vorliegen- nach Fontaine dividuelle Lebensqualität wird aktuell im de Artikel gibt einen Überblick über die Rahmen der Corona-Pandemie deutlich. aktuellen Behandlungsmöglichkeiten der Die PAVK zeigt sich in der hausärztlichen PAVK unter Berücksichtigung der aktu- Praxis mit unterschiedlichen Symptomen. Die Prävalenz der PAVK steigt mit dem ellen Leitlinien und Behandlungsempfeh- Klassisch ist die Claudicatio intermittens Lebensalter erheblich an und liegt aktuell lungen der Fachgesellschaften (3,4). (Schaufensterkrankheit) als Zeichen ei- bei 10 – 20% beim >65 Jährigen (1). Somit ner eingeschränkten peripheren Durch- leidet nahezu jeder 5. ab einem Alter von blutungssituation (Fontaine Stadium 70 Jahren an einer relevanten PAVK mit Anamnese/Risikofaktoren I-IIa/b). Ab Stad. IIb besteht eine Be- eingeschränkter Gehstrecke oder chroni- handlungsindikation zur Vermeidung von schen Schmerzen. Die Anzahl der Hos- Hinweise auf eine PAVK ergaben sich Folgeschäden und Wiederherstellung ei- pitalisierungen stiegt bei der kritischen aus dem Patientenalter, der Anamnese ner ausreichenden Gehstrecke (Tab. 1). Extremitätenischämie entsprechend im und nach Abklärung von Risikofaktoren. letzten Jahrzehnt relevant um >30% an (2). Beim klassischen Gefässpatienten mit Bei der PAVK stehen aktuell eine Reihe PAVK zeigt sich in der Mehrzahl der Fäl- Stadium klinisches Bild Behandlung I asymptomatisch konservativ IIa Gehstrecke 200m endovaskulär/operativ* Tab. 1: Einteilung der PAVK nach Fontaine * Behandlungsindikation relativ abhängig III Ruheschmerz endovaskulär/operativ** von beruflicher/sozialer Beeinträchtigung IV Ulkus/Gangrän/Nekrose endovaskulär/operativ** ** Behandlungsindikation absolut zur Vermeidung von Extremitätenverlust Häufig klagen Patienten mit fortgeschrit- unverzüglichen vaskulären Diagnostik sind Zeichen einer fortgeschrittenen Er- tener PAVK über Ruheschmerzen in den und Therapie, um weitere Folgeschäden krankung (Stad. IV). Beinen, insbesondere in der Nacht, was bis hin zur Amputation zu vermeiden (6). ein erholsames Durchschlafen unmöglich Eine fachärztliche gefässmedizinische macht. Hier liegt bereits eine kritische Vorstellung kann durch nichtinvasive ap- Durchblutungssituation vor (Stad. III). Diagnostik der PAVK parative Untersuchungstechniken eine schnelle Klärung und insbesondere den Eine noch ausgeprägtere Manifesta- In der hausärztlichen Praxis ergibt die Ausschluss einer relevanten Gefäss- tion der PAVK stellen chronische Wunden Inspektion/Untersuchung erste Hinweise beteiligung erbringen. Mittels Doppler- oder lokale infizierte Läsionen an den Ext- auf eine arterielle Verschlusskrankheit. verschlussdruckmessung (Ankle-Brachial- remitäten dar (Stad. IV). Insbesondere bei Weniger weit fortgeschrittene Stadien Index: ABI) und einer ergänzenden Dup- therapieresistenten Wunden in der ambu- (Stad. I-IIb) erkennt man klinisch teil- lexsonographie (Bild 1) der Becken-Bein lanten Behandlung sollte an die Möglich- weise an fehlenden peripheren Pulsen, an Strombahn wird innerhalb kürzester Zeit keit einer eingeschränkten Durchblutung einem ungewollten Fehlen der Beinbe- eine definitive Diagnose gestellt. So liegt gedacht werden. Prinzipiell zeigen sich haarung und verzögerter Kapillarfüllung beispielsweise bei einem ABI
Bild 1: farbcodierte Duplexsonographie mit Stenosenachweis (Pfeil) der Leistenarterie (AFC) Bei komplexen Fragestellungen oder zur oder MR-Angiographie als bildgebende schenkelgefässe zur Verfügung. Hier be- Planung der weiterführenden Therapie Diagnostik hilfreich sein. An invasiver steht neben der Diagnostik zusätzlich die insbesondere bei Beteiligung der Becken- Diagnostik steht die arterielle Angiogra- Möglichkeit zur direkten endovaskulä- strombahn kann ergänzend die Durch- phie (Bild 3) als hochselektive Diagnostik ren Therapie in gleicher Sitzung (Angio- führung einer CT-Angiographie (Bild 2) insbesondere zur Beurteilung der Unter- graphie in PTA-Bereitschaft). Bild 2: CTA-Rekonstruktion bei stark ver- kalktem langstreckigen Ober-und Unter- Bild 3a: Angiographie bei langstreckigem Oberschenkel-Arterien-Verschluss schenkelarterien-Verschluss bds. (Bildnach- (A. Femoralis Superficialis) weis: Institut für Radiologie und Nuklear- Bild 3b: Kontroll-Angiographie nach endovaskulärer Rekanalisation medizin Hirslanden Klinik St. Anna) (PTA und Stentimplantation) 212Luzerner Arzt Luzerner 122/2020 Arzt 122 / 2020
Therapie der PAVK Konservative Therapie Statintherapie. Bei Patienten mit Diabetes bei der Behandlung der PAVK rasant ent- Primäres Ziel der konservativen Be- mellitus bedarf es einer strengen Blut- wickelt. In Abhängigkeit der Lokalisation handlung ist die Einstellung / Optimie- zuckereinstellung und Kontrolle (3,4). und Verschlusslänge ist die interventionel- rung der Risikofaktoren, wie der Raucher- le Therapie insbesondere bei Patienten, bei entwöhnung, Gewichtsreduktion, Blut- denen eine primär induzierte Operation druckeinstellung, Behandlung der Hyper- Invasive Therapie aufgrund bestehender Begleiterkrankun- cholesterinämie und eines Diabetes mel- Erfreulicherweise liegen von den nationa- gen nicht möglich ist (fehlende Operati- litus. Im Falle nicht kritischer Durchblu- len und internationalen Fachgesellschaften onsfähigkeit: unfit for surgery), Mittel der tungsstörungen (PAVK I-IIa) wird ein bei der Behandlung der PAVK evidenzba- Wahl (Bild 3) (7). Im Bereich der Unter- regelmässiges medizinisch begleitetes Be- sierte interdisziplinäre Behandlungsemp- schenkelläsionen ist die endovaskuläre der wegungsprogramm empfohlen (Gefäss- fehlungen vor (3,4). Zur besseren Über- chirurgischen Therapie im langfristigen sportgruppe) (3,4). sicht und Orientierung für die Praxis wird Verlauf bei langstreckigen Stenosen zwar in vorliegendem Artikel auf die exakte unterlegen. ein primärer endovaskulärer Klassifikationsbeschreibung (Evidenzle- Therapieansatz kommt jedoch bei multi- Medikamentöse Therapie vel/Empfehlungsgrad) verzichtet und die segmentalen oder längeren Stenosen / Ver- Durch die Einleitung einer Sekundär- Standardempfehlung (First-Line-Treat- schlüssen insbesondere beim Vorliegen re- prophylaxe kann beim Nachweis einer ment) aufgeführt (3,4,7). levanter Co-Morbiditäten und fehlendem PAVK das Fortschreiten und der Verlauf Venenmaterial zum Einsatz (3,4,7) (Tab. 2). der Erkrankung positiv beeinflusst wer- den. Hierzu zählen insbesondere eine an- Endovaskuläre Therapie tihypertensive Therapie, die Behandlung Durch die Einführung neuer Techniken mit Thrombozytenaggregationshemmern und Materialien (Ballon- und Stentsyste- (Acetylsalicylsäure) sowie eine angepasste me) hat sich die endovaskuläre Therapie Lokalisation Pathologie Länge /Ausmass Therapie Intraabdominal Aorto-Iliakal Verschluss/Stenose 5 – 15 cm / multisegmental PTA/Stentimplantation Oberschenkel Femoro-Popliteal Verschluss/Stenose < 25 cm / multisegmental PTA/Stentimplantation Unterschenkel Crural/Pedal Verschluss/Stenose kurz / mittel / multisegmental PTA* Tab. 2: Endovaskuläre First-Line-Behandlung nach Lokalisation und Pathologie (PTA=perkutane transluminale Angioplastie) *Operationsfähigkeit nicht gegeben (unfit for surgery), fehlendes Bypassmaterial, Lebenserwartung 25 cm und stark verkalk- LUVAS Praxis für ten Gefässen ihre Indikation mit besseren Gefässchirurgie Langzeitergebnissen als die Intervention Lützelmattstrasse 3 (Bild 4). Die Indikationen zur gefässchir- 6006 Luzern urgischen Therapie bei kurzstreckigen/ www.luvas.ch mittelstreckigen Läsionen im Oberschen- luvas@hin.ch kelbereich ist seit Etablierung der endo- vaskulären Techniken deutlich seltener geworden. Sie ist aber unverzichtbar ins- besondere beim Therapieversagen nach vorangegangener endovaskulärer Tech- nik. Die Gefässchirurgie hat darüber hin- aus ihren Stellenwert bei der Behandlung zentraler Verschlüsse (AortoIliakal) und langstreckiger Läsionen in der Peripherie Dr. med. (Femoro-Popliteal/Crural) (3,4,7) (Tab. 3). Saulius Korsakas Kontaktadresse: Angiologische Praxis Bild 4: Kniegelenks-überschreitender Lützelmattstrasse 1 Femoro-Poplitealer Venenbypass 6006 Luzern Proximale und distale Anschlussstelle www.angiologie-luzern.ch /Anastomose (Pfeile rot) angiologie-luzern@hin.ch Luzerner Luzerner Arzt Arzt 122122/2020 3 / 2020 13
Lokalisation Pathologie Länge /Ausmass Therapie Intrabdominal Aorto-Iliakal Verschluss/Stenose >5 cm Bypass/Y-Prothese Leiste Femoral Verschluss/Stenose unabhängig Femoralis-TEA Oberschenkel Fem-Popliteal Verschluss/Stenose >25 cm Fem-Pop PI Bypass Ober/Unterschenkel Fem-Popliteal Verschluss/Stenose >25 cm Fem-Pop PIII Bypass Ober/Unterschenkel Fem-Crural Verschluss/Stenose >25 cm / multiseg. Fem-Cruraler Bypass* Tab. 3: Gefässchirurgische First-Line-Behandlung nach Lokalisation und Pathologie (TEA=Thrombendartiektomie=Ausschälplastik) *Operationsfähigkeit (fit for surgery), Vorhandensein Bypassmaterial; Lebenserwartung >2 Jahre Hybrid-Verfahren Häufig liegt bei der PAVK ein «Mehr- somit weniger belastend für den Patien- der Leiste mit zusätzlicher Intervention Etagen-Problem» vor. Durch die Kombi- ten durchzuführen. Den klassischen Fall (Angioplastie/Stent) im Becken kann nation endovaskulärer mit offen-gefäss- stellt die Stenose oder der Verschluss häufig eine grössere abdominelle Opera- chirurgischen Techniken besteht die der Beckenarterie kombiniert mit einer tion vermieden werden (3,4,7) (Tab 4). Möglichkeit simultan oder auch zeitlich Stenose der Leistenarterie/AFC dar. versetzt die Therapie weniger invasiv und Durch die lokal begrenzte Operation in Lokalisation Pathologie Länge /Ausmass Therapie Intraabdominal+Leiste Iliako-Femoral Verschluss/Stenose 5 – 15cm / multisegmental Femoralis TEA+Stent Iliakal Leiste+Oberschenkel Femoro-Femoral Verschluss/Stenose 2x / Jahr) nach endovaskulärer Morphologische Unregelmässigkeiten zerstören. Kooperation und Interdisziplinarität Wesentlich für das frühzeitige Erkennen optimale und individuell an den Patien- Aus gefässmedizinischer Sicht ist jedoch und die daraus abgeleitete Diagnostik ten angepasste Therapie (konservativ/en- gerade diese vertrauensvolle Zusammen- und Therapie sind die vertrauensvolle dovaskulär/operativ). Die «real-world» arbeit das wesentliche Rezept zum lang- Zusammenarbeit der beteiligten Ärz- Situation einer solch vertrauensvollen fristigen Erfolg. Sie stellt sicher, dass für te und Spezialisten. Als primärem An- Zusammenarbeit von Spezialisten ist in den Patienten ein breites Spektrum an sprechpartner des Patienten kommt dem Zeiten von DRG, TARMED und ökono- Therapieoptionen zur Verfügung steht Hausarzt die Schlüsselrolle in der Erken- mischen Zwängen, unabhängig von der und eine massgeschneiderte optimale Be- nung und Behandlungsorganisation zu. Organisationsstruktur komplex und nicht handlung entsprechend dem Prinzip «so- Auf fachärztlicher Ebene (Angiologie/ selbstverständlich. Der vielbemühte Be- wenig wie möglich, aber so viel wie nötig» Gefässchirurgie) hat sich eine enge Ko- griff der «Interdisziplinarität» ist daher in gewährleistet wird. operation auf Vertrauensbasis als un- vielen Fällen mehr ein theoretisches Kon- verzichtbar erwiesen. Sie garantiert eine strukt als gelebte Realität. 14 Luzerner Arzt 122 / 2020
Nachkontrolle Ein Gefässpatient bleibt unabhängig von behandlungsbedürftiger subklinischer und xität vorangegangener Behandlungen. In der durchgeführten Behandlung lebens- klinischer Verschlechterungen. Eine zeit- der Regel liegen die Kontrollen bei 6 –12 lang ein Gefässpatient, da der Erfolg/das gerechte elektive Behandlung kann in der Monatsabständen (1– 2x / Jahr). Zu häufig Ergebnis aller Therapien zeitlich limitiert Regel das Ausmass und die Invasivität im durchgeführte Nachuntersuchungen oder ist und die Erkrankung mit dem Alter Vergleich zur Notfallversorgung deutlich auch Therapieintervalle innerhalb kurzer kontinuierlich fortschreitet. Gefässpati- reduzieren. Kontrollen mittels Verschluss- Zeit (>3x/Jahr) an derselben Extremität enten bedürfen daher einer regelmässigen druckmessung (ABI) und Duplexsono- müssen insbesondere unter dem Aspekt und lebenslangen gefässmedizinischen graphie sind hier meist ausreichend. Die der Verfahrensauswahl und Behandlungs- Nachkontrolle. Ziel dieses konsequenten Nachkontrollintervalle orientieren sich qualität kritisch beurteilt werden (3,4,7). «Follow-up» ist das frühzeitige Erkennen primär an der Pathologie oder Komple- Fazit für die Praxis • Demographische Zunahme der PAVK • Pathologischer ABI 2x / Jahr) Verfahren (ABI-Bestimmung / Duplexsonographie) Referenzen 1. Darius H et al: Vergleich zweier Koronaräquiva- Diseases, in collaboration with the European Study 2000 160(19): 2934-2938 lente: Risikoerhöhung unter Diabetes mellitus Society for Vascular Surgery (ESVS) Eur J Vasc 6. Simon F et al: Pathophysiologie der chronisch und Peripherer Arterieller Verschlusskrankheit. Endovasc Surg 2018 (55): 305e368 kritischen Ischämie 2018 Gefässchirurgie 23:6- Dtsch Med Wochenschr 2008 133(45):2317-2322 4. Lawall H et al: Klinische Leitlinie Diagnostik 12 2. Eckstein HH et al: Kritische Extremitätenischä- und Therapie der peripheren arteriellen Ver- 7. Bausback Y et al Endovaskuläre First-Line-Be- mie Gefässchirurgie 2015 20:182 schlusskrankheit DÄB 2016 Okt (43):729-736 handlung der peripheren arteriellen Verschluss- 3. Aboyans V et al: ESC Guidelines on the Dia- 5. Meijer WT et al: Determinants of peripheral krankheit Gefässchirurgie 2017 22:437-451 gnosis and Treatment of Peripheral Arterial arterial Disease in the elderly: The Rotterdam Blick in eines der neuen Patientenzimmer im 5. Stock NEUE ZIMMER IM 5. STOCK DER KLINIK ST. ANNA Seit November verfügt die Klinik St. Anna über sechs zusätzliche Zimmer auf der Nordseite im 5. Stock. Die ruhigen Zimmer sind grosszügig angelegt und modern eingerichtet, mit einem herrlichen Blick in die Natur und auf den Dietschiberg. Als Einzel- und Zweibettzimmer für zusatzversicherte Patientinnen und Patienten konzipiert, ergänzen sie die bestehende Infrastruktur der Klinik St. Anna ideal. Erfahren Sie mehr auf hirslanden.ch/stanna KOMPETENZ, DIE VERTRAUEN SCHAFFT. Hirslanden Klinik St. Anna, St. Anna-Strasse 32, 6006 Luzern, T +41 41 208 32 32 Luzerner Luzerner Arzt Arzt 122122/2020 5 / 2020 15
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