Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-"Markenzeichen" - Verlagsgruppe Random House
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1 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ Während die Sequenzierung des menschlichen Genoms im Jahr 2000 gerade vor ihrem erfolgreichen Abschluss stand, veröffent- lichte der in Lausanne forschende amerikanische Biochemiker und Krebsforscher Douglas Hanahan zusammen mit dem amerikani- schen Molekularbiologen und Krebsforscher Robert Weinberg zwei viel zitierte Artikel über die wesentlichen biologischen Eigenschaf- ten von Krebs (eine – wie man weiß – überaus komplexe Erkran- kung auf Zellebene), worin sie eine auf elegante Weise einfache The- orie vertraten, wie Krebszellen sich entwickeln und vermehren.1 In ihrem ersten Artikel, den sie „Hallmarks of Cancer“ („Kennzeichen von Krebs“ oder „Markenzeichen von Krebs“) nannten, identifizier- ten die beiden Wissenschaftler sechs hauptsächliche Prozesse, die dem Krebswachstum zugrunde liegen: 1. unausgesetzte Wachstums- signale; 2. das Umgehen der Wachstumsunterdrücker; 3. dem Zell- tod widerstehen; 4. Unsterblichkeit durch unbegrenzte Zellteilung; 5. Auslösung der Angiogenese; 6. Aktivierung der Invasion ins Ge- webe und der Metastasenbildung. Ein paar Jahre später erweiterten Hanahan und Weinberg ihr Modell um zwei weitere „Markenzei- chen“ − Reprogrammierung des Energiestoffwechsels und der Zerstö- rung durch das Immunsystem entgehen − sowie um zwei Merkmale mit Befähigungscharakter − genomische oder genetische Instabilität und Mutation und tumorfördernde Entzündungsprozesse.2 Krebszellen wollen unbedingt überleben Unausgesetzte Wachstumssignale, das klingt zunächst vielleicht nach etwas, wofür man einen Fahrschein braucht, doch gemeint ist die Fähigkeit von Krebszellen, ihr eigenes Wachstum nachhal- tig zu steuern, das heißt, die normalen Kontrollmechanismen des Körpers kurzzuschließen und sich endlos weiter zu teilen und sich endlos weiter zu vermehren. Das ist einer der Hauptaspekte von
2 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 3 Krebs: das unbegrenzte Zellwachstum und die unbegrenzte Zell- sorgens (beispielsweise durch eine Mutation oder Veränderung des teilung. Normale Zellen werden von mehreren Systemen und durch Gens) verloren gehen, „hören“ die Zellen die Botschaft „Wachstum verschiedene Signalwege im Körper überwacht, um ihr Wachstum einstellen“ nicht mehr, das heißt, der Kontrollmechanismus ist au- und ihre Teilung unter Kontrolle zu halten und damit auch das ßer Kraft gesetzt. Ergebnis: unkontrolliertes Zellwachstum. Nach- Gleichgewicht zwischen neu gebildeten und abgestorbenen Zellen dem er Ihre „Telefonleitung“ durchtrennt hat, schaltet der Krebs zu bewahren. Krebszellen hingegen gelingt es, die normalen Signa- auch Ihre Alarmanlage ab. Ihr Körper wird sozusagen innerlich in le dieser unterschiedlichen Systeme zu deregulieren, das heißt, sie Dunkel gehüllt, während der Krebs sich darin weiterentwickelt. kurzzuschließen und ihre Wirkung aufzuheben und dadurch un- gehindert weiterzuwachsen. Normale Zellen reagieren auf Wachs- Krebs als Zombie-Vampir tumsfaktoren, die ihnen signalisieren, zu wachsen und sich zu tei- David Servan-Schreiber berichtete, dass er − als sein Gehirntumor len, oder die sie darin hemmen. Wachstumsfaktoren binden sich an ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hatte − beim Einschlafen einen spezifischen Rezeptor in der Zellmembran, auf diese Weise zunehmend Angst vor Vampirangriffen bekommen habe. Er be- wird das Wachstumssignal in die betreffende Zelle übermittelt und fürchtete, dass nachtaktive Monster, die immun gegen den Tod in eine Abfolge (Sequenz) biochemischer Signale umgewandelt, die sind, sein eigenes Leben verkürzen wollten. Zwar waren die Vam- ihrerseits diejenigen Gene aktivieren, die das Zellwachstum und die pire in Davids Träumen unwirklich, reine Schreckensbilder, doch Zellteilung begünstigen. Krebszellen besetzen diese normalen Sig- der Vergleich mit dem Krebs ist sehr zutreffend. Wie Vampire und nalwege und sorgen dafür, dass die Wachstumssignale unausgesetzt Zombies, die nachts durch die Straßen einer Stadt streifen, finden weitergesendet werden. In diesem Modus stehen die Zellen nicht Krebszellen Wege, das Zellzerstörungssystem des Körpers zu umge- länger unter der Kontrolle der normalen Signale zur Aktivierung hen – so widerstehen sie dem Zelltod, werden unsterblich und mu- („einschalten“) und zur Hemmung („ausschalten“), weshalb sie un- tieren unbegrenzt. gehindert weiterwachsen und sich immer weiter teilen. Der programmierte Zelltod (Apoptose): Eine der effektivsten Methoden unseres Körpersystems, um die Kontrolle über ein erhöh- Krebs ist heimtückisch tes Zellwachstum und eine entsprechend ausufernde Zellteilung Gleichzeitig missbrauchen die Krebszellen die körpereigenen Res- auszuüben, ist die sogenannte Apoptose, der programmierte Zelltod sourcen, um ihr eigenes Wachstum zu fördern. Dazu müssen sie den oder Zellselbstmord. Dieses Suizidprogramm kann durch zellinter- Systemen ausweichen, die das Zellwachstum unterdrücken (Umge- ne Prozesse (etwa durch eine ausgeprägte Schädigung des Erbguts) hen der Wachstumsunterdrücker), wozu auch die sogenannten Tu- wie auch durch Signale von außen („externe Signale“, etwa durch morsuppressorgene (das sind Gene, die im unverfälschten Zustand Immunzellen) ausgelöst werden. Sobald die Apoptose beginnt, wird die Entstehung von Tumorzellen unterdrücken) gehören. Unser die Zelle immer weiter abgebaut und dann von ihren Nachbarn und Körper hält ein kompliziertes, empfindliches Gleichgewicht zwi- sogenannten Phagozyten („zellfressenden“ Zellen) verspeist (den- schen Wachstumsunterdrückern aufrecht, zwischen Genen, die die ken Sie an die Spielfigur Pac-Man, die in einem Labyrinth Punkte leistungsstarken Onkogene (mutierte Gene in Krebszellen) neutra- fressen muss). Logischerweise besteht eines der Hauptziele von Tu- lisieren können, und Faktoren, die für ein gesundes Zellwachstum morzellen darin, der Apoptose zu entgehen, damit sie ungehindert sorgen. Wenn die Funktion und das Signal eines Tumorsuppres- weiterwachsen können. Dies gelingt ihnen zum einen dadurch, dass
4 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 5 sie die Tumorsuppressor-Genfunktion ausschalten, zum anderen ihre Fähigkeit zur Teilung ein, oder durch eine Zellkrise, die in den durch die Erhöhung der Expression anti-apoptotischer Gene. In- Zelltod mündet (entweder durch Apoptose oder auf andere Weise). dem sie die Expression anti-apoptotischer Proteine hochreguliert Wenn Zellen der Seneszenz entgehen, geraten sie normalerweise in oder anschaltet, umgeht die Zelle die Apoptose, selbst wenn die die Zellkrise und sterben schließlich ab. Krebszellen jedoch „trick- internen und externen Prozesse Signale aussenden, die das Zellsu- sen“ unser System aus, umgehen beide Prozesse und erlangen die izidprogramm aktivieren sollen. Fähigkeit zur unbegrenzten Replikation. Dieser Übergang wird als Zellexplosion: Ein zweiter Mechanismus zur Kontrolle anoma- „Zellimmortalisierung“ (Erwerb der Unsterblichkeit von Zellen) len Zellwachstums ist die sogenannte Nekrose. Das ist ein nicht bezeichnet. programmierter Zelltod in lebendem Gewebe. Dazu kommt es, Eine Komponente in einer Zelle, die dazu beiträgt, die Intakt- wenn eine Zelle derart stark beschädigt ist, dass ihre Funktionen heit der Zelle zu gewährleisten, sind die Telomere, die „Schutzkap- ausfallen. Im Gegensatz zum Vorgang der Apoptose schwellen die pen“ an den Enden jedes unserer 23 Chromosomenpaare, die sich Zellen bei der Nekrose an und „explodieren“, das heißt, ihre Au- normalerweise bei jedem Zellteilungsvorgang verkürzen, was Teil ßenhülle (Plasmamembran) wird zerstört. Als Folge treten Stoffe des normalen Alterungsprozesses ist. Dr. Elissa Epel, Professorin aus der Zelle in das umgebende Gewebe aus, darunter bestimmte für Psychologie an der Universität von Kalifornien in San Fran- Proteine, die von Natur aus entzündungsfördernd wirken und Ent- cisco und Co-Autorin des Buchs Die Entschlüsselung des Alterns: zündungszellen des Immunsystems dazu benutzen, um an den Ort Der Telomer-Effekt, hat herausgefunden, dass die Telomerlänge der „Zellexplosion“ zu gelangen und dort „Nekroseabfälle“ zu besei- mit der Lebensführung des betreffenden Menschen in Verbin- tigen. „Ersthelfer eilen zum Unfallort“ klingt zunächst mal gut und dung steht, wobei die Telomerlänge als Indikator für Krankheit/ nach einem sinnvollen Prozess, doch neuere Erkenntnisse deuten Gesundheit und Langlebigkeit gelten kann. Jedes Mal, wenn sich darauf hin, dass Entzündungszellen des Immunsystems manchmal eine Zelle teilt, nimmt die Telomerlänge ab. Bis dann der Punkt aktiv tumorfördernd wirken können, weil sie die Angiogenese (die erreicht wird, an dem das Telomer zu kurz ist, als dass sich die Neubildung von Blutgefäßen) und die Zellproliferation (Zellwachs- Zelle weiter teilen könnte, und sie seneszent wird (zu alt für die tum und -teilung) unterstützen. Tatsächlich kann es ein Risikofak- Replikation). Aber in diesem Stadium wird das Milieu empfäng- tor für Krebs sein, wenn eine zu große Menge von Zellen durch Ne- lich für Krebs. „Sobald Zellen altern und seneszent werden, wer- krose abstirbt. den sie zu Quellen für Entzündungen, die Krebs den Nährboden bereiten“, erklärt Frau Prof. Epel. Im Rahmen ihrer Forschungen Krebs strebt nach dem ewigen Leben ist die Wissenschaftlerin auch darauf gekommen, dass chronischer Normale gesunde Zellen durchlaufen eine begrenzte Anzahl von Stress eine Verkürzung der Telomere bewirkt. Da sich die Telo- Wachstums- und Teilungszyklen. Krebszellen dagegen haben Pro- mere verkürzen und die Zellteilung (wodurch sie sich ebenfalls zesse aktiviert, die ihnen durch unbegrenzte Zellteilung die Un- verkürzen, wie oben ausgeführt) weiterläuft, kann dies zur Insta- sterblichkeit verschaffen. Normalerweise wird das Zellwachstum bilität und Schädigung der Chromosomen führen – das bildet ei- nach einer Reihe aufeinanderfolgender Vervielfältigungen (Ko- nen Risikofaktor für Mutationen. So können Menschen, die unter pien) und Teilungen begrenzt: entweder durch die Zellseneszenz Dauerstress stehen, biologisch „ältere Zellen“ haben, als es ihrem (Zellalterung), das heißt, die Zelle büßt mit zunehmendem Alter Lebensalter entspräche, die sie schon in jüngeren Jahren krank-
6 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 7 heitsanfälliger werden lassen. Wie wir jedoch sehen werden, kann sungsvorgänge (Angiogenese). Einmal fertig ausgebildet, bleibt das eine gesunde Lebensweise die Telomerverkürzung verlangsamen Gefäßsystem dort, wo es ist, um den Körper zu versorgen. Innerhalb und die durch Stress an unseren Telomeren entstandenen Schäden des Körpers eines Erwachsenen wird die Angiogenese als Teil der umkehren. Wundheilung („Reparaturprozess“) und des weiblichen Repro- Die Telomerase, ein Enzym (genau: ein Ribonucleoprotein) im duktionszyklus ausgelöst. Aber das geschieht jeweils nur für einen Zellkern, hilft dabei, die Telomere intakt zu halten, indem sie der kurzen Zeitraum und wird dann wieder gestoppt. Doch während Telomerverkürzung entgegenwirkt. Im Großteil der normalen Zel- der Ausbildung und Entwicklung eines Krebstumors bleibt die An- len findet sich die Telomerase in nur geringen Mengen, Krebszellen giogenese dauerhaft „angeschaltet“, was die ständige Bildung neuer und unsterblich gewordene („immortalisierte“) Zellen weisen je- Blutgefäße ermöglicht, die ihrerseits den Tumor versorgen und sein doch abnorm hohe Telomerasespiegel auf, was es den Zellen ermög- Wachstum aufrechterhalten. Dies bietet ein weiteres Beispiel dafür, licht, sich ohne Telomerverkürzung immer weiter zu reproduzieren wie Krebs unsere normalerweise in einem gesunden Gleichgewicht (zu „wuchern“). Wenn die Telomerasespiegel indes niedrig sind und befindlichen Körpersysteme manipuliert und „austrickst“, indem er die Telomere sich stark genug verkürzen, könnte eine nachfolgende einen Prozess, der nicht kontinuierlich ablaufen, sondern bei Bedarf Zellteilung eine Chromosomenaberration (größere Veränderungen aktiviert und dann wieder gestoppt werden sollte, permanent akti- des Erbguts infolge struktureller oder zahlenmäßiger Veränderun- viert hält, um das Wachstum, die Zellteilung und -vermehrung − gen der Chromosomen) bewirken. Wenn die betreffende Zelle an oder in diesem Fall die Blutversorgung/Ernährung − der Krebszel- diesem Punkt nicht durch eine Zellkrise oder die Apoptose abstirbt, len konstant am Laufen zu halten. kann sich allmählich ein Tumor bilden. Infolge abnormal hoher Telomerasespiegel und mit Proliferation in Verbindung stehender Der Krebs sucht sich „Zweitwohnsitze“ Anomalien können Zellen unsterblich werden und die beiden we- In der Regel ist es die Ausbreitung der Krebszellen vom ursprüngli- sentlichen Abwehrmechanismen gegen Krebs, die Seneszenz und chen Entstehungsort des Tumors („Primärtumor“) in andere Kör- den Zelltod, überwinden. Für den Krebs ist das der „Fahrschein“ perregionen, die Krebs zu einer tödlichen Gefahr werden lässt − die ins ewige Leben. Aktivierung der Invasion ins Gewebe und der Metastasenbildung, diejenigen Prozesse, die Krebszellen ermöglichen, frei im Körper zu Und es soll Blut fließen … zirkulieren. Medizinische Interventionen sind am erfolgreichsten, Normale Gewebe und auch Tumoren benötigen beide eine gesun- wenn der Tumor im Frühstadium entdeckt wird und sich bis dahin de Blutzufuhr, die sie mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und auf einen einzigen Ort im Körper beschränkt. Obwohl wir Fort- „Abfall“ (Stoffwechselabbauprodukte) und Kohlendioxid abtrans- schritte verzeichnen können bei der Kontrolle von Krebs, nachdem portiert. Der Blutkreislauf eines Menschen gehört zu den sich am er Metastasen (Tochtergeschwulste) gebildet hat, stellt dieses Stadi- frühesten ausbildenden Organsystemen, es wird beim Embryo an- um uns Onkologen immer noch vor enorme Herausforderungen, gelegt und entwickelt sich in den verschiedenen Stadien des Fötus und die Bildung von Metastasen und deren Auswirkungen sind die immer weiter, wenn aus endothelialen Vorläuferzellen neue Blut- Hauptursache für den Krebstod. gefäße gebildet werden (Vaskulogenese), zusätzlich zum Wachstum Die Invasion ins Gewebe und die Metastasierung verläuft in von Blutgefäßen aus bereits bestehenden Blutgefäßen durch Spros- mehreren Phasen. Am Beginn steht die Invasion von Krebszellen in
8 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 9 benachbarte Blut- und Lymphgefäße. Dann lassen sich die Krebs- mehren als andere Zellen im Körper, brauchen sie dringend „Treib- zellen von diesen Transportsystemen in die anderen Gewebe ein- stoff“, um dieses Wachstum und die Zellteilung aufrechterhalten schleusen, um dort mikroskopisch kleine Krebszellen-Knötchen zu zu können − Reprogrammierung des Energiestoffwechsels. Glukose bilden, die anschließend zu Tumoren heranwachsen, die groß genug ist eine wichtige Quelle für diesen Brennstoff. Der deutsche Bio- sind, damit wir sie auf den Scans erkennen können. Diesen letzten chemiker, Arzt und Physiologe Otto Warburg, der 1931 den No- Schritt bezeichnet man als „Kolonisierung“. belpreis für Medizin erhielt, dokumentierte eine einzigartige Eigen- Normalerweise sind Zellen an ihrem Gerüst aus Grundsub- schaft von Krebszellen − die Fähigkeit, ihre Energieausnutzung zu stanz und Fasern befestigt, an der sogenannten der extrazellulä- optimieren: Nach der Spaltung der Glukose in Pyruvat (Glykolyse, ren Matrix. Löst sich eine Zelle von diesem Verband ab, wird sie schrittweiser Abbau von Einfachzuckern) scheiden die Krebszellen normalerweise den Prozess der Anoikis durchlaufen, das ist eine zur Energiegewinnung das Pyruvat als Milchsäure aus (Milchsäu- zweite Form des programmierten Zelltods. Tumorzellen hingegen regärung), statt es wie normale Zellen in den Mitochondrien (in gelingt es, die Anoikis zu umgehen, migratorisch („wandernd“) den „Zellkraftwerken“) zu verbrennen. Dieses Verhalten ist als zu werden und sich frei im Körper zu bewegen. Dabei nehmen sie „Warburg-Effekt“ oder „aerobe Glykolyse“ bekannt. Krebs kann allmählich auch Eigenschaften von Stammzellen an, sodass sie seine Energieproduktion sogar in Anwesenheit von Sauerstoff um- überall „andocken“ und sich den neuen sie umgebenden Geweben programmieren, indem er die Energieerzeugung weitgehend auf die anpassen können. Glykolyse beschränkt. Wenn Krebszellen dem im Körper natürlich stattfindenden Zell- Hauptsächlich durch Glykolyse erzeugte Energie ist bei der tod entkommen sind und sich in frei zirkulierende, anpassungsfähige Energieproduktion für die Zelle viel weniger effizient. Um diesen („adaptive“) Zellen umgewandelt haben, gehen sie auf die Suche nach Mangel an Effizienz ausgleichen zu können, benötigen die Krebs- einem neuen „Zuhause“, wo sie sich ansiedeln können. Krebszellen zellen eine größere Menge an Glukosetransportern (bestimmte sind zunächst nicht an die Mikroumgebung des Gewebes angepasst, Transportproteine, die den Transport von Glukose oder Fruktose in dem sie landen. Diese Zellen müssen möglicherweise Hunderte durch die Zellmembran katalysieren). Schnell wachsende Tumor- verschiedener Kolonisierungsprogramme aktivieren, damit sie wach- zellen haben bis zu 200-mal höhere Glykolyseraten als normale sen und gedeihen können. In diesem Zustand können sie sich auch Zellen. Dazu kann es selbst dann kommen, wenn Sauerstoff in selbst neu „aussäen“ und weitere Kolonien bilden − dazu wandern sie ausreichender Menge vorhanden ist. Da viele Tumorarten in einer im Körper umher und entfernen sich dabei vom Ort der Metastase. Mikroumgebung mit geringer Sauerstoffversorgung („hypoxische Indem Sie Ihre Lebensweise auf den Antikrebs-Plan umstellen, Bedingungen“) zu gedeihen scheinen, ermöglicht die effiziente tun Sie alles, um die Mikroumgebung des Tumors für das Tumor- Energieübertragung durch die Glykolyse die Einspeisung größerer wachstum „unwirtlich“ zu machen. Dies erschwert es den auf die Glukosemengen in die Zelle. Sie können einen wachsenden Tumor Kolonisierung ausgerichteten Krebszellen, sich anzusiedeln und ein als eine Art „Baustelle“ betrachten, wobei − so die Erklärungen der neues Zuhause zu finden. heutigen Krebsforscher − der Warburg-Effekt die Türen für immer mehr Lkws öffnet, die Baumaterial (in Form von Glukosemolekü- Krebs leert Ihren Energietank len) liefern, um den großen Energiebedarf der Krebszellen für ihre Weil sich Krebszellen sehr viel häufiger teilen und weit stärker ver- Vermehrung und Ausbreitung zu decken.
10 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 11 Der Krebs agiert undercover Lage kommen, die Krebszellen zu erkennen beziehungsweise zu Ein neu erkanntes „Markenzeichen“, dem in den letzten fünf Jahren finden und sie zu zerstören. Die Checkpoint-Inhibitoren haben die viel Aufmerksamkeit zuteilwurde, ist die Fähigkeit von Krebszellen, Landschaft der Krebsbehandlung verändert, einige sind inzwischen der Zerstörung durch das Immunsystem zu entgehen. Wie wir wis- zur Therapie bestimmter fortgeschrittener Krebsarten zugelassen sen, kann das Immunsystem bestimmte „Markenzeichen“-Prozesse und haben bei einigen Patienten zu dramatischen Reaktionen ge- begünstigen, wenn Bestandteile unseres Immunsystems zu lange führt. Weitere klinische Studien laufen noch. überaktiv sind (Entzündungen). Doch spielt unser Immunsystem auch eine wichtige Rolle dabei, Krebs unter Kontrolle zu halten. T- Grünes Licht für das Krebswachstum Zellen gehören zu den Lymphozyten (eine Untergruppe der Leu- Der mehrstufige Prozess der Tumorgenese (Tumorentstehung, wo- kozyten, der weißen Blutkörperchen), die in unserem Körper „auf bei Krebszellen alle Abwehrmechanismen überleben, sich vermeh- Streife gehen“ und nach Zellen fahnden, die kanzerös entartet sind. ren und frei im Körper zirkulieren), unterstützt von einem oder Das Vorhandensein von T-Zellen in ihrem Körper ist ein gutes Zei- mehreren der oben aufgeführten Krebs-„Markenzeichen“, wird chen für Krebspatienten. So haben beispielsweise Patientinnen und durch zwei Merkmale mit Befähigungscharakter ermöglicht. Das Patienten mit Dickdarm- und Eierstockkrebs, bei denen die Mik- wichtigste ist die genomische Instabilität, die zu einem erhöhten roumgebung ihres Tumors stärker von bestimmten Immunzellen Auftreten von Mutationen führt, die helfen, die „Markenzeichen“- infiltriert ist, eine bessere Prognose. Auf der anderen Seite bilden Prozesse auszulösen. Das zweite Merkmal sind tumorfördernde Menschen, deren Immunsystem über ausgedehnte Zeiträume be- Entzündungsprozesse: die Fähigkeit präkanzeröser und kanzeröser einträchtigt war (etwa Patienten, die wegen einer Organtransplan- Zellen, Entzündungserscheinungen „nachzustellen“, die den Tumor tation mit Immunsuppressiva behandelt werden mussten, oder ernähren, sein Wachstum und das Fortschreiten der Krebserkran- Patienten mit HIV/Aids), bestimmte Krebsarten vergleichsweise kung unterstützen. häufiger aus. Deshalb wurden spezielle Behandlungen zur Stärkung des Immunsystems entwickelt. Genomische Instabilität und Mutationen: Wie Krebs geboren wird Aber wie bei vielen Überwachungssystemen unseres Körpers hat Ein notwendiger erster Schritt, um die Krebs-„Markenzeichen“- der Krebs auch hier eine „Ausweichstrategie“ gefunden und kann Prozesse „anzuschalten“ und auszulösen, ist eine Genmutation oder diese Immunantwort begrenzen oder unterdrücken. Krebszellen eine andere genetisch bedingte Anomalie. Krebs ist eine Erkran- besitzen die Fähigkeit, sich an aktivierte T-Zellen zu binden und sie kung der Gene − die Basis bilden Gendefekte und eine gestörte Ge- mithilfe ihrer Rezeptoren effektiv auszuschalten. Die Entdeckung, nexpression. Die Veränderung der Gene setzt die Tumorgenese in dass Krebszellen das Immunsystem tatsächlich „eindämmen“ Gang. Dies kann infolge eines vererbten genetischen Phänotyps ge- können, hat zur Entwicklung einer neuen Behandlungsmethode schehen, doch wie wir wissen, sind vererbte Genanomalien für nur für Krebs geführt: zur Immuntherapie mit sogenannten Immun- 5 bis 10 Prozent der Krebserkrankungen verantwortlich. Häufiger Checkpoint-Inhibitoren. Das sind Antikörper, die das Immunsys- entstehen Genanomalien durch Genmutationen, die Sie im Lauf tem aktivieren sollen; sie helfen verhindern, dass die Tumorzellen Ihres Lebens erwerben (etwa durch die Karzinogene im Tabak- das Immunsystem ausschalten, das heißt, dass sie die Immunant- rauch) oder durch die Veränderung der Expression nicht mutierter wort unterdrücken. Dadurch soll das Immunsystem wieder in die Gene, die von Lebensstilfaktoren beeinflusst werden.
12 Anhang A Erläuterungen zu den Krebs-„Markenzeichen“ 13 Spontane Mutationen, die zu Krebs führen, finden im Körper den meisten Krebsarten erkannt worden. Bei fast jedem Krebs ständig statt, doch sind hier Genom-Erhaltungssysteme aktiv, um die sind Immunzellen involviert. Das Vorhandensein bestimmter Ty- Anzahl solcher Mutationen („Mutationsrate“) möglichst zu verrin- pen von Immunzellen ist positiv zu werten, denn es zeigt an, dass gern. Wird der Genom-Erhaltungsprozess jedoch heruntergefahren das Immunsystem versucht, den Tumor zu bekämpfen. Andere oder abgeschaltet, eröffnet dies den mutierten Genen die Möglich- Immunzellen können jedoch Entzündungen verursachen und keit, Körperzellen in unkontrolliert wachsende Tumorzellen umzu- dadurch die Entstehung von Tumoren begünstigen. Bei Entzün- wandeln. Krebszellen selbst können ebenfalls die Mutationsrate erhö- dungen setzen die Immunzellen Moleküle frei, die die für Krebs hen und die Genom-Erhaltungssysteme unterdrücken. charakteristischen Prozesse („Krebsmerkmale“) fördern können, Bei den DNA-Reparaturmechanismen (sie werden als die „Wäch- darunter auch Wachstumsfaktoren, die das unausgesetzte Senden ter und Hausmeister des Genoms“ bezeichnet) handelt es sich um von Wachstumssignalen aufrechterhalten; Überlebensfaktoren, die von Enzymen gesteuerte Prozesse, die für die unversehrte Erhal- es Krebszellen ermöglichen, dem Zelltod zu widerstehen; Fakto- tung der DNA sorgen und Schäden der DNA beseitigen; sie sollen ren, die die Angiogenese auslösen, die Invasion in das umgebende verhindern, dass sich Mutationen im Erbgut anhäufen („akkumu- Gewebe und die Metastasierung anregen und unterstützen; und lieren“). Defekte in den Reparaturgenen führen zu weiteren Muta- Signale, die Krebszellen erlauben, frei im Körper zu zirkulieren. tionen und zur Entstehung von Krebstumoren. Wenn die Gene, die Entzündungszellen können auch chemische Substanzen freisetzen, für die DNA-Reparatur, für die Seneszenz oder die Apoptose ver- die als Mutagene wirken (das bedeutet, sie lösen Mutationen aus), antwortlich sind, zum Zeitpunkt der Mutation nicht „angeschal- die den malignen Prozess (die bösartige, zerstörerische Entwick- tet“ (aktiviert) sind, werden die Zellen ungehindert weiterwachsen lung) beschleunigen helfen. Entzündungen wurden in den frühes- („wuchern“), und die Tumorgenese beginnt. ten Stadien der Tumorgenese gefunden, sie können den Übergang Fehlerhafte Genom-Wartungs- und Reparaturprozesse sind mitt- maligner Zellen im Frühstadium zu einem voll ausgebildeten Krebs lerweile als „Schuldige“ identifiziert worden, sie ermöglichen den Be- begünstigen. ginn der Tumorentstehung. Die überwiegende Mehrheit der Tumoren lässt sich auf die Instabilität des Genoms zurückführen, sie ist sozusa- Die Wunde, die niemals heilt gen der erste Schritt auf dem Weg zur Ausbildung eines Krebstumors. In meinen obigen Erläuterungen der Krebsmerkmale und der Wie im Buch in Teil II dargelegt, sind verschiedene Lebensstilfakto- Merkmale mit Befähigungscharakter wird jeder Prozess in gewisser ren mit diesen Merkmalen mit Befähigungscharakter verbunden. Die Weise isoliert dargestellt. Tatsächlich interagieren jedoch alle Berei- Aufrechterhaltung der strukturellen Integrität (Unversehrtheit) unse- che miteinander, und dies geschieht in der sogenannten Tumor-Mi- rer DNA und die damit verbundene Verringerung der Mutationsraten kroumgebung. Diese Tumor-Mikroumgebung besteht aus verschie- bildet die Grundlage dafür, unseren Körper für die Entwicklung und denen Zelltypen und Proteinen, die ein Milieu erschaffen können, das Wachstum von Krebs „unwirtlich“ zu machen. das entweder das Krebswachstum fördert („Nährboden“) oder aber dem Krebswachstum entgegenwirkt. Entzündungen: Die „Spezialität“ von Krebs Innerhalb der Tumor-Mikroumgebung befinden sich Krebs- Entzündungsprozesse sind schon vor längerer Zeit als eine der stammzellen. Diese Zellen gelten als Ursprünge, als Quelle des Grundlagen (oder Hauptgefahren) für die Tumorentstehung bei Tumors, sie sind einer Behandlung gegenüber resistenter als andere
14 Anhang A 15 Krebszellen und helfen dem Krebs, Zellen auch außerhalb seines Anhang B Primärorts „auszusäen“ und in entfernte Organe zu senden, also Metastasen zu bilden. Innerhalb der Tumor-Mikroumgebung be- Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen finden sich auch Endothelzellen, aus denen neue Blutgefäße gebil- − ein neues Ernährungsmuster det werden können (Neovaskularisation). Auf der Grundlage dieser Zellen entsteht das Gefäßsystem, sie bieten dem wachsenden Tu- Die meisten von uns essen viel Protein und Kohlenhydrate, dafür mor die Versorgung mit neuen Blutgefäßen, das Blut liefert ihm die aber weniger oder gar kein Gemüse, Nüsse und Samen, Bohnen, Hül- benötigten Nährstoffe und Sauerstoff. senfrüchte und Obst. Als ersten Schritt sollten Sie Ihre innere Ein- Mittlerweile ist klar, dass Entzündungsprozesse auch eine gefähr- stellung zu Ihrer Nahrung verändern und Ihre Leidenschaft für Ge- liche „Kehrseite“ haben. Denn wird eine Entzündung chronisch, müse entdecken und es zum „Star“ jeder Ihrer Mahlzeiten machen. verändert sich das Verhalten von Zellen: So können Zellen, die an- Das beginnt natürlich schon bei der Planung Ihres Speisezettels und fänglich das Tumorwachstum zu begrenzen versuchen, später das beim Einkaufen. Durchstöbern Sie Ihre Kochbücher oder das Inter- Tumorwachstum fördern. Fibroblasten beispielsweise sind Zellen, net nach abwechslungsreichen Gemüserezepten, die frische Kräuter, die wesentlich am Wundheilungsprozess beteiligt sind, zugleich Knoblauchgewächse und kleine Mengen Olivenöl beinhalten. scheinen sie in der Tumor-Mikroumgebung reichlich vorhanden zu sein. Die heute als Krebs-assoziierte Fibroblasten bezeichneten Gemüsegruppen Zellen spielen eine Rolle bei der Zellproliferation, der Angiogenese, Knoblauchgewächse der Invasion in das umliegende Gewebe und bei der Bildung von Knoblauch, Zwiebeln, Lauch, Frühlingszwiebeln, Schalotten, Metastasen. Schnittlauch Die komplexe Kommunikation zwischen diesen Zellen in der Bei allen Menschen, die Knoblauch, Zwiebeln und Co. mögen, dür- Tumor-Mikroumgebung und Zellen, die den Körper infiltrieren fen diese Aromen im Vordergrund stehen oder gar den geschmack- und frei darin zirkulieren, ermöglicht es einer Krebszelle, zu gedei- lichen Mittelpunkt bilden. Wer weniger wild darauf ist, mischt sie hen und zu überleben, oder sie sorgt dafür, dass die Krebszelle „aus- einfach unter seine Gerichte, sodass sich der Geschmack darin ver- gebremst“ wird und abstirbt. Interessanterweise sind einige für das liert − als wären die Knoblauchgewächse gar nicht vorhanden. Um Krebswachstum wichtige und notwendige Prozesse − Entzündung, das starke Aroma von Knoblauch und Zwiebeln etwas abzumil- Einsatz von Fibroblasten, Verstärkung der Angiogenese − dieselben dern, ohne dabei jedoch den wertvollen Pflanzenstoffen den Garaus Prozesse, die bei der Wundheilung ablaufen müssen. Aus diesem zu machen, sollten Sie die gehackten Knoblauchgewächse vor der Grund betrachten einige Wissenschaftler Tumore als Wunden, die Verwendung 20 Minuten lang in Wasser einweichen: niemals heilen. Was für eine kurze Zeit potenziell gesund ist − die ▶▶Lauch bildet eine perfekte Suppengrundlage. Entzündung, die die Wundheilung bewirkt −, kann als chronischer ▶▶Gebratene Zwiebeln und gebratenes Gemüse sind sehr schmack- Zustand überaus schädlich sein. haft, das Anrösten bringt ihre Süße hervor (vor allem bei Zwie- beln und Karotten). ▶▶Ein bisschen Knoblauch können Sie gut jeder Soße aus Gemüse, Bohnen und Tofu, Fisch und magerem Fleisch beigeben.
16 Anhang B Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen 17 Wie sowohl in epidemiologischen als auch in Laborstudien ge- wenn man sie in etwas Olivenöl, mit Rosmarin und/oder Thymian zeigt wurde, verringern Knoblauchgewächse das Risiko für verschie- anröstet, dann auf kleiner Hitze 40 bis 60 Minuten (zwischendurch dene Krebsarten.1–3 Die in Knoblauchgewächsen natürlich vorkom- probieren!) gar ziehen lässt und gegen Ende der Garzeit natürlich menden Organoschwefelverbindungen könnten eine Rolle bei der noch ein kleines (oder großes) bisschen Knoblauch dazugibt. Verhinderung von Mutationen und bei der Vorbeugung gegen das Krebswachstum spielen. Laut einer chinesischen Studie trugen die Pilze Männer mit dem größten Konsum von Knoblauch und Schalotten Shiitake, Maitake (Gemeiner Klapperschwamm, auch Laubporling), (mehr als 10 Gramm pro Tag) ein um 50 Prozent geringeres Risiko Austernpilze, Champignons, Egerlinge für Prostatakrebs als diejenigen, die am wenigsten Knoblauch und Pilze dienen in weiten Teilen Asiens seit Jahrtausenden auch als Schalotten (weniger als 2,2 Gramm pro Tag) zu sich nahmen.4 An- Heilpflanzen, sie besitzen entzündungshemmende und immunstär- dere Studien ergaben eine Risikominderung für Speiseröhrenkrebs, kende Eigenschaften. Eine Fall-Kontroll-Studie in Südostchina mit Darm- und Magenkrebs sowie Pankreas-, Darm- und Brustkrebs über 1.000 Frauen ergab, dass der Verzehr von Pilzen das Brustkrebsri- durch den Verzehr von Knoblauchgewächsen.3 siko für Frauen sowohl vor als auch nach der Menopause senkt.11 Pilze sind derzeit Gegenstand vieler Untersuchungen, und die Antikrebs- Die Familie der Kreuzblütengewächse Wirkung einiger ihrer Inhaltsstoffe gilt in weiten Kreisen als erwiesen; Weiß- und Rotkohl, Wirsing, Rosenkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Ru- mittlerweile wird auch darüber geforscht, inwieweit Pilzextrakte als cola, Pak Choi, Grünkohl, Brauner Senf (Indischer Senf, Sarepta-Senf Antitumor-Mittel infrage kommen.12 Zu den Pilzen, die auf mögliche oder Ruten-Kohl), Rettich, Radieschen, (Steck-)Rübe, Brunnenkresse Antikrebs-Eigenschaften hin untersucht werden, gehören: Trametes Forschungsergebnisse legen nahe, dass der Verzehr von Gemüse versicolor (andere Namen sind Coriolus versicolor, auch Truthahn- aus der Familie der Kreuzblütler das Krebsrisiko vermindern und das schwanz, Schmetterlingstramete, Schmetterlingsporling oder Yunzhi- Fortschreiten der Krankheit bremsen kann.5 Nach Ansicht etlicher „Königspilz“), Ganoderma lucidum (Lingzhi oder Reishi); Chaga-Pilz Wissenschaftler trägt das Sulforaphan, ein sekundärer Pflanzenstoff, (Inonotus obliquus), Cordyceps (Gattung Schlauchpilze) und Agaricus der in Kreuzblütlern (vor allem in Brokkoli) vorkommt, zur Krebsprä- Blazei Murrill („Mandelpilz“). Diese Pilze sind normalerweise nicht vention und zur Verlangsamung des Krebswachstums bei.2, 6, 7 im Ganzen im Lebensmittelhandel, sondern nur in Form von Nah- rungsergänzungsmitteln (in Pulverform) erhältlich. Ich war jedenfalls Wurzelgemüse mit einem niedrigen glykämischen Index einigermaßen überrascht, als ich vor ein paar Sommern eines Nachmit- Süßkartoffel, (Steck-)Rüben, Pastinaken, Karotten, Rote Bete tags mit meinem Kanu zu Mollys Hütte ruderte und sie antraf, wie sie Wurzelgemüse werden oft „links liegen gelassen“ − sehr zu Un- sich gerade einen Tee aus Chaga zubereitete. Ich hatte noch nie zuvor recht, denn sie sind reich an Vitamin B, das die DNA schützt und einen Chaga-Pilz gesehen, seine Konsistenz ist sehr dicht, er gleicht ei- das Krebsrisiko senkt.8–10 Sie werden feststellen, dass (Steck-)Rüben nem Stück versteinerten Holzes oder einem Klumpen Schmutz. Molly sowohl unter „Wurzelgemüse“ als auch unter „Kreuzblütler“ lau- kochte ein paar Stückchen auf dem Herd 20 Minuten lang aus. Cha- fen − sie enthalten folglich auch Sulforaphan. Außerdem sind Wur- ga hat einen ziemlich erdigen und zugleich sättigenden Geschmack. zelgemüse sehr preisgünstig, sie halten sich viel länger als anderes Die Beweise für die Heilwirkungen des Chaga-Pilzes sind bisher alle Gemüse und lassen sich einfach und sehr schmackhaft zubereiten, nur präklinisch erhoben worden, in Labor- oder Tierversuchen, doch
18 Anhang B Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen 19 deutet alles darauf hin, dass Chaga das Immunsystem stärkt, Entzün- Obst dungsprozesse reduziert, beschädigte DNA repariert und der Apopto- Äpfel, Birnen, Mangos, Orangen, Grapefruit, Kirschen, Pfirsiche, se (dem programmierten Zelltod) Vorschub leistet.13 Über die Mengen Aprikosen an Chaga-Pilz, die man gefahrlos konsumieren kann, ist jedoch (noch) Trockenfrüchte können ebenfalls viel billiger sein als frische, aber wenig bekannt. Bis die laufende Forschung genauere Ergebnisse er- bedenken Sie dabei, dass Sie − so wie Sie normalerweise keine fünf bracht hat, sollten Sie Pilze daher lieber als Vollwert-Nahrungsmittel frischen Aprikosen auf einmal essen − auch keine fünf getrockne- (also im Ganzen) und nicht als Nahrungsergänzung zu sich nehmen. ten Aprikosen essen sollten. Bei Trockenfrüchten kann man leicht Essen Sie Shiitake- und Maitake-Pilze (wobei Maitake schwieriger zu viel erwischen, denn sie futtern sich einfach so weg, weil ihnen erhältlich sind), da ihre immunologische Wirkung wahrscheinlich das Wasser entzogen wurde und sie daher kleiner und leichter sind. stärker ist als die der anderen konventionell gezüchteten Pilze wie zum Aber vergessen Sie nicht, dass der Zuckergehalt derselbe ist wie Beispiel Champignons und Egerlinge. beim frischen Obst, nur in konzentrierter Form. Beeren Nüsse Blaubeeren, Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren Walnüsse, Pekannüsse, Erdnüsse, Mandeln, Paranüsse Laut Aussagen des American Institute for Cancer Research (Ame- Obwohl alle Nüsse Teil des Antikrebs-Speiseplans sind,17, 18 wur- rikanisches Krebsforschungsinstitut) unterstützen Beeren uns wohl de die (mögliche) Rolle von Walnüssen bei der Krebsvorbeugung am besten von allen Früchten bei der Krebsprävention.14 Sie enthal- am eingehendsten untersucht. Denn in Walnüssen stecken große ten Antioxidantien, die helfen, die Zellschäden zu verhindern, die Mengen an sekundären Pflanzenstoffen, den sogenannten Poly- einer Krebserkrankung oftmals vorausgehen, und sie blockieren phenolen, die sehr stark antioxidativ wirken.19 Walnüsse enthalten diejenigen Gene, die mit Entzündungsprozessen und Tumorwachs- auch Omega-3-Fettsäuren, die Ihnen helfen können, das Verhält- tum in Zusammenhang stehen. Dr. Gary Stoner vom Medical Col- nis der Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in Ihrem Körper in lege of Wisconsin erforscht die mögliche Bedeutung von Beeren bei der Balance zu halten. Geben Sie deshalb acht, wenn Sie fertige der Krebsprävention seit über 20 Jahren.15 Er fand bei Versuchen Nussmischungen kaufen, wo Walnüsse mit drin sind − die reich- mit Ratten heraus, dass eine Diät aus gefriergetrockneten Oregon- liche Omega-3-Fettsäure lässt sie leichter ranzig werden als ihre Himbeeren („weißrindige Himbeeren“) und Erdbeeren die Spei- „Kolleginnen“. Gehackte und gemahlene Nüsse und Mandeln nei- seröhrenkrebsraten bei den Nagern um 30 bis 60 Prozent und die gen generell schneller zum Ranzigwerden, daher sollten Sie sie bald Darmkrebsraten gar um 80 Prozent reduzierte. verbrauchen oder luftdicht verpackt im Kühl- oder Gefrierschrank Forschungsergebnisse haben auch gezeigt, dass Frauen, die viel lagern. (In gemahlenen Nüssen und Mandeln vermehren sich auch Heidelbeeren und Erdbeeren essen, einen niedrigeren Blutdruck Schimmelpilze schneller, daher bitte darauf achten.) und ein geringeres Herzinfarktrisiko haben.16 Bio-Beeren sind lei- Nüsse und Samen eignen sich wunderbar als Hauptbestandteil der teuer, vor allem frisch; doch enthalten auch tiefgekühlte Beeren von Snacks. Je einfacher ihr Transport ist und je weniger Kühlung viele der Nährstoffe und sind preisgünstiger. Sie sind regelrechte sie brauchen, desto besser ist das am Ende für die Umweltbilanz. kleine „Pflanzennährstoff-Pakete“ und entfalten eine besonders in- Versuchen Sie doch einmal, sich Ihre eigenen Nuss- und Samenmi- tensive antioxidative Wirkung. schungen zusammenzustellen.
20 Anhang B Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen 21 Wir empfehlen Ihnen, ausschließlich naturbelassene oder Bio- Wohlschmeckende Mischungen Mandeln und Produkte auf Bio-Mandelbasis zu kaufen, da − wie in- ▶▶Mandeln und getrocknete, ungesüßte Aprikosen zwischen auch der Öffentlichkeit bekannt ist − die meisten in Ame- ▶▶Datteln und Pistazien rika verkauften Mandeln gemäß den gesetzlichen Vorgaben der USA ▶▶Walnüsse, Gojibeeren und ein Stückchen Schokolade mit einem mit Propylenoxid-Gas, einem bekannten Karzinogen, gegen Salmo- Kakaoanteil von 70 Prozent oder mehr (reich an Antioxidantien nellen behandelt werden.20 Diese „Sicherheitsmaßnahme“ wurde vor und entzündungshemmenden Polyphenolen) zehn Jahren ergriffen, nachdem eine Reihe von Salmonellenvergif- ▶▶ungesüßte Kokosflocken und Walnüsse tungen auf kalifornische Mandeln zurückgeführt worden war.21 Die ▶▶Pekannüsse, mit Saft gesüßte Cranberrys meisten in Deutschland gehandelten Mandeln stammen aus Kalifor- nien und aus Spanien, wo inzwischen ein großer Teil in Bioqualität Vollkorngetreide erzeugt wird. Bio-Mandeln werden in der Regel auf 200 Grad erhitzt Amaranth (ein sogenanntes Pseudogetreide aus der Familie der und dadurch Salmonellen und Schimmelpilze (Pilzsporen) abgetötet. Fuchsschwanzgewächse), Quinoa (ebenfalls ein Pseudogetreide aus Weitere nützliche Informationen zum Thema Mandeln finden Sie der Familie der Fuchsschwanzgewächse), Farro (Mischung aus unter https://utopia.de/ratgeber/mandeln/. verschiedenen Weizensorten, in Italien sehr beliebt, schmeckt nussig), Kamut (Khorasan-Weizen), Dinkel, Hafer, Teff (Zwerghirse, gehört Samen − als Toppings und Garnitur oder in Smoothies zu den Süßgräsern), Hirse (ebenfalls ein Süßgras), Buchweizen (auch Leinsamen, Hanfsamen, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Chia- ein Pseudogetreide, gehört zur Familie der Knöterichgewächse) same, Sesam, Kreuzkümmel, Granatapfelsamen Im Rahmen einer Studie von 2015 kamen Wissenschaftler der Unter Wissenschaftlern besteht nach wie vor Uneinigkeit darüber, ob Harvard School of Public Health darauf, dass der tägliche Kon- Leinsamen helfen können, die Entstehung hormonbezogener Krebs- sum einer Schüssel Quinoa das Risiko des Krebstods um 15 Pro- arten wie Brust-, Prostata- und Endometriumkrebs zu verhindern zent reduziert. Die Forscher untersuchten die Ernährung von über oder bereits vorhandene Erkrankungen unter Kontrolle zu halten.22, 23 367.000 Menschen in acht US-Bundesstaaten und fanden heraus, Lignane, die Phytoöstrogene in Leinsamen, können den Östrogen- dass diejenigen, die wenigstens 35 Gramm Vollkorn pro 1.000 zu stoffwechsel verändern. Bei Frauen nach der Menopause könnte der sich genommenen Kalorien verzehrten, ihr Risiko eines vorzeiti- Effekt der Verringerung des aktiven Östrogens das Brustkrebsrisiko gen Todes nicht nur durch Krebs, sondern auch infolge von Herz- reduzieren. In Tierstudien hat sich gezeigt, dass Lignane das Wachs- erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Diabetes reduzier- tum von Brustkrebs vermindern können − das soll sogar für Östro- ten.25, 26 Nach Ansicht etlicher Forscher besitzen Vollkornprodukte genrezeptor-positiven Brustkrebs gelten.24 Diese Ergebnisse deuten entzündungshemmende Eigenschaften.27 darauf hin, dass der Konsum von Leinsamen gesundheitsförderlich sein kann, allerdings nur dann, wenn er sich in Maßen hält. Leinsa- Hülsenfrüchte − reich an pflanzlichen Proteinen (EiweiSS) men ist auch ein super Lieferant für pflanzliche Omega-3-Fettsäuren. Bohnen, Linsen, Hülsenfrüchte, Sojabohnen (Tofu) Frisch gemahlener Leinsamen, der im Rahmen einer ausgewogenen Schon eine einzige Portion Hülsenfrüchte liefert Ihnen einen we- Ernährung verzehrt wird (weniger als drei Esslöffel pro Tag), reichert sentlichen Teil Ihrer täglichen Verzehrmenge an Folsäure (zur die Kost mit Ballaststoffen und gesunden Mikronährstoffen an. Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): ht-
22 Anhang B Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen 23 tps://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/ sowie auch https:// hen“) diesen Prozess, sodass Zellen, die sterben sollten, stattdessen www.test.de/Folat-und-Folsaeure-300-Mikrogramm-am-Tag-sind- am Leben bleiben und weiterhin Mutationen bilden und wachsen. sinnvoll-4558714-0/) und Ballaststoffen (Rohfasern). Ballaststoffe können das Krebsrisiko auf verschiedene Arten senken, auch über Probiotika (Lebende Organismen, beispielsweise in den Kulturen die Gewichtskontrolle. Darmbakterien ernähren sich ebenfalls von von Milchprodukten – sie besiedeln unseren Magen-Darm-Trakt, sind Ballaststoffen, die zum Schutz der Dickdarmzellen beitragen kön- sehr wichtig für unsere Gesundheit und ernähren sich von den oben nen. Und parallel dazu hilft die Folsäure, die Kontrolle über das beschriebenen Präbiotika.) Zellwachstum aufrechtzuerhalten.28 Hülsenfrüchte enthalten auch Joghurt, Kefir, Sauerkraut oder anderes fermentiertes Gemüse, sekundäre Pflanzenstoffe, die auf ihre Antikrebswirkung hin unter- dunkle Schokolade, Mikroalgen, Miso, Gurken, Tempeh, Kimchi, sucht werden.29 Kombucha Wie probiotische Lebensmittel helfen Probiotika, die guten Bak- Präbiotika (Bestimmte Ballaststoffe, unverdauliche Rohfasern, die terien in Ihrem Magen-Darm-Trakt aufzufüllen und Ihr Mikrobi- nicht vom Darm selbst, aber von den nützlichen Darmbakterien aufge- om wieder auszubalancieren. Chinesische Forscher fanden im Jahr nommen werden, sozusagen „Bakterienfutter“, das das Gedeihen und 2013 heraus, dass Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalen die Ansiedelung der nützlichen Darmkeime fördert.) Adenom, einem Vorläufer von Dickdarmkrebs, durch die Bank we- Wurzelzichorie, Topinambur („Erdartischocke”), Löwenzahnblät- niger gesunde Darmbakterien aufwiesen.34 In probiotischen Nah- ter, roher Knoblauch, roher Lauch, rohe oder gekochte Zwiebeln, rohe rungsmitteln stecken lebende Bakterien, die sich in Ihrem Darm Yambohne (in Mexiko „Jícama“ genannt, trotz des Namens werden ansiedeln und das richtige Gleichgewicht zwischen den Bakteri- aber nicht die Hülsen(früchte) gegessen, sondern die Wurzelknolle) enstämmen wiederherstellen können. Im Gegenzug gelingt es Ih- Eine Chemotherapie kann das bakterielle Gleichgewicht in rem Mikrobiom besser, Ihre Nahrung zu verdauen und Nährstof- Ihrem Darm stören: Ihr Mikrobiom. Präbiotika können dazu fe und Vitamine so umzuwandeln, das Ihr Körper sie aufnehmen beitragen, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen, indem sie und möglichst optimal verwerten kann.35 Darüber hinaus verrin- probiotische Bakterien wie Bifidobakterien und Laktobazillen wie- gert eine große Vielfalt der Bakterien Ihres Darmmikrobioms er- deransiedeln.30 Präbiotika helfen wahrscheinlich auch dabei, die wiesenermaßen Ihr Risiko für mehrere Krankheiten, zudem wird Bildung von Krebszellen zu hemmen, indem sie die Qualität Ihres diese vielfältige Darmflora Ihnen helfen, Ihr Immunsystem in der Mikrobioms verbessern.31, 32 Balance und seine Abwehrkräfte umfassend zu erhalten, Entzün- Sie senken auch den pH-Wert im Dickdarm und unterstützen dungsprozesse zu vermindern und Ihren Hormonhaushalt auszu- die Butyrat-bildenden Bakterien im Darm. Butyrat ist eine kurz- gleichen.36 Verwenden Sie fermentierte oder milchsauer eingelegte kettige Fettsäure, die mit der Apoptose (dem programmierten Zell- Gemüse als Würzmittel und essen Sie sie nur in kleinen Mengen, da tod) in Zusammenhang gebracht wurde.33 (Mehr dazu finden Sie übermäßiger Konsum mit Magenkrebs assoziiert wird. Einer mei- unter: https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/diabe- ner Lieblingssprüche über das Mikrobiom lautet: „Behandle deinen tes/article/955319/mikrobiom-butyrat-bildende-darmbakterien- Darm wie einen Garten, nicht wie eine Gosse.“ Nur allzu oft „wer- identifiziert.html). Wie in Anhang A und im Buch (siehe S. 91ff.) fen wir uns irgendetwas in den Rachen“, beinahe so, als würfen wir ausgeführt, stört eines der Krebsmerkmale („dem Zelltod widerste- es in die Tonne − ich meine Esssachen, die schlecht für uns sind,
24 Anhang B Die Orientierung an Nahrungsmittelgruppen 25 wie wir wissen, und die eigentlich auf den Müll gehören. Doch die entsprechend ausgebildeten Gesundheitsdienstleisters oder eines bildliche Vorstellung, dass Sie einen Mikrobiom-Garten in Ihrem möglichst auf Krebs spezialisierten Ernährungsberaters. Achten Magen haben und ihn kultivieren wollen, wird bestimmt Ihr Be- Sie bei der Verwendung von Kurkuma (gleich ob frisch oder in Pul- wusstsein dafür wecken (oder schärfen), was Sie essen und wie es verform) darauf, immer frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer und sich auf das Gleichgewicht der Bakterien in Ihrem Darm auswir- etwas (Oliven-)Öl hinzuzufügen; der Pfeffer vervielfacht die Wir- ken kann. (Krebspatienten, die gegen eine Neutropenie [Mangel an kung des Curcumins, und das Öl braucht unser Körper, um das neutrophilen Granulozyten im Blut] behandelt werden und sich an Kurkuma bestmöglich aufnehmen und verwerten zu können, da es eine bestimmte Ernährungsweise halten müssen, sollten ihren Arzt lipophil (fettlöslich) ist (so Dr. David Servan-Schreiber in seinem vor dem Verzehr fermentierter Lebensmittel auf die Verträglichkeit Antikrebs-Buch, TB S. 191f., aber bitte unbedingt den Agavendick- ansprechen.) saft weglassen). Anti-entzündlich wirkende Kräuter und Gewürze Kurkuma, Ingwer, Zimt, Rosmarin, Salbei, Oregano, Cayenne- pfeffer, Basilikum, Thymian, Koriander, schwarzer Pfeffer, Gewürznelken Curcumin, das gelbe Pigment in Kurkuma, und seine antioxidati- ven und entzündungshemmenden Eigenschaften standen schon im Mittelpunkt einer Vielzahl von Untersuchungen.37 Wie sich gezeigt hat, beugt Kurkuma-Extrakt Herzinfarkten nach Bypassoperatio- nen vor, zudem wird seine Eignung als Medikament zur Behand- lung der Alzheimerkrankheit erforscht.38 Umfangreiche Tierver- suche ergaben, dass Curcumin das Krebswachstum kontrollieren kann. Eine 2011 von Wissenschaftlern am Jonsson Comprehensive Cancer Center der UCLA durchgeführte Studie erbrachte, dass Curcumin einen Zellsignalweg unterdrückt, der das Wachstum von Tumoren in Kopf und Hals fördert. Die Forscher fanden zu- dem heraus, dass Curcumin durch die Blockade dieses Signals auch die Menge an proinflammatorischen Zytokinen („Entzündungsbo- tenstoffe“) im Speichel der Probanden verringerte.39 Umfangreiche Untersuchungen all der genannten Gewürze ergaben, dass sie eine stark entzündungshemmende Wirkung haben.40, 41 Und auch hier empfehlen wir Ihnen, die Gewürze als Bestandteile Ihrer täglichen Mahlzeiten zu essen und sie nicht in Form von Nahrungsergän- zungsmitteln einzunehmen – es sei denn unter der Aufsicht eines
26 Besonders gefährliche Umweltgifte und -schadstoffe 27 Anhang C vorangegangen und haben auf BPA-freies Thermopapier umgestellt.) BPA wurde 1891 erstmals synthetisiert und ab 1936 eine Zeit lang als Besonders gefährliche Umweltgifte und -schadstoffe medizinisches Östrogen eingesetzt, da es das systemische hormonelle Geleichgewicht bei Menschen (und Tieren) beeinflusst. In Studien Viele dieser Chemikalien sind in zahlreichen Produkten unseres wurde nachgewiesen, dass eine BPA-Exposition Blutdruckspitzen alltäglichen Gebrauchs und Bedarfs enthalten. Lesen Sie sich die hervorruft und unter Umständen zu Fettleibigkeit führen kann.5 Etiketten mit den Inhaltsstoffangaben gründlich durch und lernen Eine BPA-Exposition (bereits von Kleinstmengen!) wurde auch mit Sie, schädliche Inhaltsstoffe zu erkennen. Drucken Sie sich die fol- einem erhöhten Krebsrisiko, Hirnschäden, Störungen des Hormon- gende Liste aus und halten Sie sie griffbereit, wenn Sie online oder haushalts und Problemen der Prostata bei sich entwickelnden Föten in einem Geschäft einkaufen. und später den kleinen Jungen in Verbindung gebracht. Sich ganz von BPA zu „befreien“ ist womöglich aber leider auch nicht die Lösung, Endokrine Disruptoren (auch Xenohormone, Umwelthormone oder denn der Ersatzstoff BPS (Bisphenol S) hat laut Forschungsergeb- hormonaktive Substanzen) nissen ähnliche negative Wirkungen auf unser endokrines System.6 Atrazin − Wissenschaftler fanden heraus, dass Atrazin männ- Wissenschaftler der Universität Calgary haben im Rahmen ihrer Stu- liche Frösche verweiblicht, das heißt, in Zwitter verwandelt.1 Das die besorgniserregende Ergebnisse zutage gefördert, mehr dazu unter Umweltgift ist überall ins Grund- und damit auch ins Trinkwasser https://www.ucalgary.ca/utoday/issue/2015-01-13/zebrafish-study- gelangt und wurde in Tierversuchen mit dem verzögerten Eintritt shows-bisphenols-affect-embryonic-brain-development. der Pubertät, Prostataentzündungen und Brustkrebs in Verbindung DDT − Dichlordiphenyltrichlorethan wurde in den 1940er- gebracht.2 Untersuchungen haben einen Zusammenhang zwischen Jahren als synthetisches Insektizid entwickelt und häufig zur Be- Atrazin und Prostatakrebs erbracht, es sind jedoch weitere Studien kämpfung von Malaria und anderen durch Insekten übertragenen notwendig, um eine unmittelbare Verbindung herstellen und be- Krankheiten eingesetzt, sowohl bei der Zivilbevölkerung als auch weisen zu können.3, 4 In Deutschland wurde Atrazin 1991 verboten, beim Militär. Mit der Zeit fand man jedoch heraus, dass DDT (und mittlerweile auch in der EU. Es lässt sich aber auch heute noch − einige Abbauprodukte) bei Mensch und Tier hormonähnlich wirkt, Jahre nach dem Verbot − in der Umwelt nachweisen. es geriet auch in den Verdacht, beim Menschen Störungen der Fort- BPA − Bisphenol A oder BPA ist eine Chemikalie, die bei der Her- pflanzungsfähigkeit (Unfruchtbarkeit) hervorzurufen und Krebs stellung von Kunststoff/Plastik verwendet wird. Es ist in zahlreichen zu erregen. In Tierstudien wurde gezeigt, dass DDT zu Lebertu- Alltagsgegenständen enthalten: etwa in Wasserflaschen, Vorratsbe- moren führt.7, 8 Daher wurde die Verwendung von DDT von den hältern für Lebensmittel, Plastikgeschirr, Spielzeug, Schnabeltas- meisten westlichen Industrieländern in den 1970er-Jahren verbo- sen, Medizinbedarf und CDs. BPA wird auch zur Beschichtung von ten. In Ländern, die das Stockholmer Übereinkommen von 2004 Flaschenverschlüssen (Kronkorken) und Konservendosen, in den ratifiziert haben, ist die Herstellung und Verwendung von DDT Dichtungen von Schraubglasdeckeln wie auch immer noch in vielen nur noch zur Bekämpfung der Malaria übertragenden Insekten, Thermopapieren (Rollen für Kassenbons) verwendet sowie in Was- insbesondere den Anopheles-Stechmücken, erlaubt. serrohren und als Epoxidharz in Bodenbelägen. (In Deutschland sind Dioxin − Dioxine entstehen als unerwünschte (!) Nebenproduk- Anfang 2018 einige große Verkaufsunternehmen mit gutem Beispiel te bei allen industriellen Verbrennungsprozessen, bei denen Chlor
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