Cancer Survivors Schwerpunkt: September 2019 03 - SAKK
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
September 2019 03 Erscheint vierteljährlich Jahrgang 39 SCHWEIZER KREBSBULLETIN BULLETIN SUISSE DU CANCER Biozentrum, University of Basel P. 229-234 Schwerpunkt: Cancer Survivors
BAND 39, SEPTEMBER 2019, AUFLAGE 2650, ISSN 2297-0703 INHALTSVERZEICHNIS Editorial SAKK Schweizerische Arbeitsgemeinschaft 185 Survivorship für Klinische Krebsforschung R. Marti 240-241 Preisverleihungen im Rahmen der SAKK Sommer- Halbjahresversammlung Pressespiegel 242 Young Oncology Academy 2020 187-192 Cancer in the media KLS Krebsliga Schweiz Krebs-Politik beleuchtet 243-248 Zufriedenheit der Onkologen mit den Vergütungsanträgen für «Off-Label»-Behandlungen: eine vertiefte Umfrage 194-197 Faire Preise und fairer Zugang für innovative Medikamente D. Kohler und für alle – ein Widerspruch? T. Cerny, F. Lenz 249-254 Satisfaction des oncologues vis-à-vis des demandes de remboursement des traitements «off-label»: un vaste sondage d’opinion Nationale Strategie gegen Krebs D. Kohler 198-200 «Childhood Cancer Survivors & Das Schweizer Kinderkrebsregister» 255 Fort- und Weiterbildungen der Krebsliga Schweiz P. Ackermann Formation continue de la Ligue suisse contre le cancer Schwerpunktthema: Cancer Survivors NICER National Institute for Epidemiology and Registration 202-204 Das Engagement der Krebsliga für die Cancer Survivors 256-261 Prostate Cancer Survivorship in Switzerland (PROCAS): A. B. Rüegsegger mit Unterstützung von I. Hertel, E. Karlen-Oszlai Study Protocol of the Swiss Multiregional Cohort S. Adam, E.-M. Diener, H.-P. Schmid, V. Arndt 205-207 Peer support for cancer survivors in Switzerland & the PROCAS-study group K. Ribi, F. Schmidt, J. Haslbeck, M. Eicher 208-211 Entspannung und Achtsamkeit OPS Onkologiepflege Schweiz C.M. Witt 262 Führungsseminare der Onkologiepflege Schweiz 212-215 Long-term follow-up after childhood cancer in Switzerland: 262 Einführung in die Onkologie für FAGE und MPA a position statement from the pediatric Swiss LTFU working group 263 2019/2020: Bildungsangebote + Netzwerke – E.M. Tinner, F. Gumy-Pause, M. Diezi, E. Bergsträsser, Formation continues H. Hengartner, B. Eisenreich, P. Brazzola, N. von der Weid, Z. Tomášiková, K. Scheinemann Cooperative Groups 265 IELSG Clinical Trials Status 216-218 Follow-up Care in Childhood Cancer Survivors: E. Zucca Improving Services in Switzerland M. Hendriks, F. Belle, Z. Tomášiková, C. Kuehni, G. Michel, N. von der Weid Der seltene Fall 266-270 PARP-inhibitor olaparib demonstrated efficacy in a patient 219-223 Long-term follow-up clinic for adult childhood cancer with leptomeningeal metastasis (LM) from triple negative survivors in Liestal and Bern breast cancer (TNBC) E. M. Tinner, M. M. Wertli, A. Minder, T. Dieterle, C. Priboi, C. Brüggemann, A. Papachristofilou, J. Gärtner, T. Vlajnic, G. Michel, J. Beyer, J. Rössler, J. D. Leuppi J. Lieb, M. Vetter 224-227 Gesundheitscoaching für Cancer Survivors Kongressbericht U. Eren, J. Haslbeck 273-275 15-ICML: another big success! D. Facchinelli, A. Polino and A. Stathis Swiss Cancer Research: Biozentrum Basel 277 Autorenhinweise 229-234 Biozentrum of the University of Basel – The Center for Molecular Life Sciences K. Bühler, E. Sonderegger 278 Agenda Schwerpunktthema Ausgabe Nr. 4/2019: Leukämie/Lymphome Eingabetermine 2019/2020 Nr. 4/2019: 9. September – Nr. 1/2020: 13. Januar – Nr. 2/2020: 2. März – Nr. 3/2020: 13. Juli Erscheinungsdaten 2019/2020 Nr. 4/2019: 21. November – Nr. 1/2020: Ende März – Nr. 2/2020: 13. Mai – Nr. 3/2020: Ende September Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019
LYFE – LYMPHOMA FORUM OF EXCELLENCE “ What’s Registration costs, accommodation, lunches and coffee breaks are covered. new in lymphoid Participants will have to cover only the travelling neoplasias? ” expenses and dinners. For participants outside The LyFE course is accredited by the European Accreditation Switzerland, Council for Continuing Medical Education (EACCME) grants are available for the travelling The next LyFE course will take place in Bellinzona on expenses upon February 7-9, 2020, starting mid-morning of Friday 7th. request. Since 2004, the Oncology Institute of Southern Switzerland For further information (Istituto Oncologico della Svizzera Italiana, IOSI) has organized a yearly and registration (deadline: course in which the latest knowledge in lymphoid neoplasias, including 30th November 2019), myelomas, is summarized. A particular feature of the course is that the you may contact: program is based on discussions of cases: these will be the starting point for most lectures, which will mainly give an update on each specific topic. LyFE Secretariat Ospedale San Giovanni Accepted participants: on a first-come/first-served basis 6500 Bellinzona, Switzerland Tel. +41 (0)91 811 86 66 info@lymphomaforum.ch www.lymphomaforum.ch The course is supported by Educational Grants.
EDITORIAL Survivorship Cancer Survivor, Survivorship – wieder so ein hochemotionaler Begriff, der aus dem angel- sächsischen Raum ins nüchterne Westeuropa hinüberschwappt. Nicht nur ich dachte so, das ging auch vielen Mitarbeitenden aus den Krebsligen so. Die anfängliche Skepsis mün- dete oft in die etwas selbstgefällige Äusserung: «Wir haben doch schon alles, was Krebs- betroffene brauchen, auch nach einer Behandlung». Dass die Krebsliga ihre Angebote für Krebsbetroffene für das «Leben danach» neu ausrichten sollte, wurde mit der Trendanalyse 2010 klar: immer mehr Menschen leben in der Schweiz als sogenannte «Cancer Survivors», aktuell sind es über 300‘000 Personen. Kurz: Der steigende Trend ist deutlich und erfreulich zugleich. Denn er zeigt, dass der Fortschritt in der Medizin dank der Forschung unaufhaltsam weiterschreitet. Die immer erfolgreicheren Krebsbehand- lungen tragen – insbesondere in Ländern mit einem hoch entwickelten Gesundheitssystem – dazu bei, dass immer mehr Menschen mit einer Krebsdiagnose auch viele Jahre nach ei- ner überstandenen Therapie weiterleben. Aber wie? Wir wissen, dass die Behandlung einer Krebserkrankung ernsthafte Spuren hinterlassen kann: Oft wirken sich physische, psychische und soziale Spätfolgen für den Rest des Lebens aus. Ein Schlüsselerlebnis war für mich die Teilnahme am «2nd EORTC Cancer Survivorship Sum- mit» 2016 in Brüssel. Als Leiter des Bereichs Forschung, Innovation & Entwicklung der Krebs- liga hatte ich die Aufgabe, mir ein Bild zu machen, was sich auf europäischer Ebene im Bereich «Survivorship» tut. An diesem Treffen wurden bereits existierende Angebote mit einer grossen Selbstverständlichkeit kritisch hinterfragt und an die neuen Herausforderungen angepasst: Es gibt in Europa 10 Millionen Cancer Survivors, aber nur 1 von 5 geht es gesundheitlich gut! Vie- le Krebsüberlebende sind «geheilt und doch nicht ganz gesund», wie die Krebsliga Ostschweiz, eine Pionierin in der Schweiz in Sachen Survivorship, die Sache auf den Punkt bringt. Am Treffen zeigte sich, dass in nördlichen Ländern schon viele hervorragende und wissen- schaftlich gut abgestützte Angebote für «Survivors» bestehen. So hat etwa die Gruppe der Holländerin Prof. Irma Verdonk eruiert, welchen Bedarf Cancer Survivors haben. Die grosse Frage also nach den «unmet needs». Zuoberst steht die Beratung zu körperlichen Beschwerden, erstaunlich aber, dass über 50 Prozent Unterstützung für «Lifestyle-Fragen» suchen, gefolgt von Unterstützung bei sozialen Problemen: Was tun, wenn Personen mit einer Krebserkrankung keinen Kredit mehr für ihren Hausbau erhalten? Ebenfalls span- nend die Frage, in welcher Form Cancer Survivors eine Unterstützung wünschen. An erster Stelle steht die individuelle Beratung durch Professionals, an zweiter Stelle Unterstützung zur Selbsthilfe, an dritter Stelle das Online-Coaching und an vierter Stelle die Gruppen- therapie unter professioneller Anleitung. Und was bedeutet die Herausforderung «Survivorship» für eine Organisation wie die Krebs- liga mit ihren in den Regionen bestens verankerten Angeboten? Es gilt, die oft sehr hetero- genen Bedürfnisse einer immer grösseren Population so gut wie möglich abzudecken. In der Schweiz dürfen wir diesbezüglich gerne Richtung Norden schielen – und von Erprobtem lernen. Klar ist auch, dass die Angebote – von den Forschungsfragen bis zu den Angeboten vor Ort – flexibel und mit gut durchdachter Begleitforschung an lokale Verhältnisse adap- tiert werden müssen. Personalisierte und zielgerichtete Unterstützung gilt nicht nur für die medizinische Behandlung, sie gilt ebenso für die Angebote danach. Ich wage zu behaupten, dass wir in der Schweiz noch immer stark von vorhandenen Struk- turen her denken und handeln. Unter dieser Optik entwickeln wir auch die Angebote für Survivors. Doch nur wenn wir die Bedürfnisse der Betroffenen sorgfältig abklären, ge- lingt es uns, die Wünsche der Betroffenen und ihren Angehörigen stärker einzubeziehen. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe werden einige Angebote und wissenschaftliche Arbeiten vorgestellt, auf die wir mit Recht stolz sein dürfen. Lasst uns weiter und gemeinsam gute Angebote entwickeln, die «Survivors» brauchen uns! Rolf Marti, Dr. rer. nat. Leiter Forschung Innovation & Entwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung der Krebsliga Schweiz Leiter der Geschäftsstelle der Krebsforschung Schweiz Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019 185
BULLETIN SUISSE DU CANCER HERAUSGEBER SCHWEIZER KREBS- BULLETIN SUISSE DU CANCER REDAKTION SCHWEIZER KREBS- Prof. Dr. Franco Cavalli, Koordination: Sabina Briner BULLETIN SUISSE Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI), Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, 6501 DU CANCER Bellinzona Tel. 091 811 82 30, Fax 091 811 80 56, Email: sabina.briner@sakk.ch SAKK SCHWEIZER KREBS- BULLETIN Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung / Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer Verantwortlich: Flurina Hoffmann, SAKK, Effingerstrasse 33, 3008 Bern Tel. 031 508 41 80, Fax 031 508 41 42, Email: flurina.hoffmann@sakk.ch SUISSE DU CANCER NICER Nationales Institut für Krebsepidemiologie und -registrierung / Institut National pour l’Épidémiologie et l’Enregistrement du Cancer Direktor: Dr. Ulrich Wagner, Foundation National Institute for Cancer Epidemiology and Registration (NICER) c/o Universität Zürich, Hirschengraben 82, 8001 Zürich, Tel. 044 634 53 74, Fax 044 634 54 44, Email: contact@nicer.org SPOG Schweizerische Pädiatrische Onkologie Gruppe / Groupe d’Oncologie Pédiatrique Suisse Präsident: Prof. Dr. Roland Ammann, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, Freiburgstrasse 4, 3010 Bern Tel. 031 632 21 11, Fax 031 632 95 07, Email: roland.ammann@insel.ch KLS Krebsliga Schweiz / Ligue suisse contre le cancer Verantwortlich: Flavia Nicolai, KLS, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern Tel. 031 389 94 13, Fax 031 389 91 62, Email: flavia.nicolai@krebsliga.ch KFS Stiftung Krebsforschung Schweiz / Fondation Recherche suisse contre le cancer Verantwortlich: Dr. Ori Schipper, KFS, Effingerstrasse 40, Postfach 7021, 3001 Bern Tel. 031 389 93 31, Fax 031 389 91 62, Email: ori.schipper@krebsforschung.ch ISREC Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le Cancer / Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung Responsible at interim: Prof. Dr. Douglas Hanahan, ISREC-EPFL, Bâtiment SV, Station 19, 1015 Lausanne Tel. 021 693 06 57, Fax 021 693 06 60, Email: dh@epfl.ch SASRO Scientific Association of Swiss Radiation Oncology Responsible: Prof. Dr. med. Daniel Zwahlen, Radio-Onkologie, Kantonsspital Graubünden, Loëstrasse 170, 7000 Chur Tel. 081 256 64 95, Fax 081 256 66 86, Email: daniel.zwahlen@ksgr.ch OPS Onkologiepflege Schweiz / Soins en Oncologie Suisse Verantwortlich: Irène Bachmann-Mettler, Geschäftsstelle Onkologiepflege Schweiz, Hirstigstrasse 13, 8451 Kleinandelfingen Tel. 052 301 21 89, Fax 052 317 39 80, Email: info@onkologiepflege.ch, www.onkologiepflege.ch SGPO Schweizerische Gesellschaft für Psychoonkologie / Société Suisse de Psycho-Oncologie Sekretariat SGPO, c/o Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern Tel. 031 389 91 30, Fax 031 389 91 60, Email: kontakt@psycho-onkologie.ch SGMO Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie / Société Suisse d’Oncologie Médicale Verantwortlich: Prof. Dr. med Markus Borner, SGMO, c/o Pro Medicus GmbH, Bahnhofplatz 4, 8001 Zürich Tel. 043 266 99 17, Fax 043 266 99 18, Email: sgmo@promedicus.ch SGPath Schweizerische Gesellschaft für Pathologie / Société Suisse de Pathologie Verantwortlich: Prof. Dr. Rupert Langer, Institut für Pathologie, Universität Bern, Murtenstrasse 31, 3010 Bern Tel. 031 632 32 47, Email: rupert.langer@pathology.unibe.ch Folgende Firmen unterstützen den SAKK Industriepool: AbbVie AG Genomic Health Intl Sàrl Pierre Fabre Pharma AG Amgen Switzerland AG Gilead Sciences Switzerland Sàrl Roche Pharma (Schweiz) AG Astellas Pharma AG Incyte Inc. Sandoz Pharmaceuticals AG AstraZeneca AG IPSEN Pharma GmbH Servier (Suisse) S.A. Bayer (Schweiz) AG Janssen-Cilag AG Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbH Merck (Schweiz) AG Takeda Pharma AG Bristol-Myers Squibb SA MSD Merck-Sharp&Dhome-Chibert AG TESARO Bio GmbH Celgene GmbH Novartis Pharma (Schweiz) AG Teva Pharma AG Daiichi Sankyo (Schweiz) AG Pfizer AG Vifor AG Eli Lilly (Suisse) SA PharmaMar S.A. 186 Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE Alle gegen die teuer. Das Bundesamt für Gesundheit hat des- halb deren Anwendung stark eingeschränkt. Die Bei der Genehmigung der Tarife für solche Kombinationstherapien ringt das BAG mit der Pharmaindustrie Pillen durften nur an Patienten mit weit fortge- Branche um Rabatte. Es geht darum, dass die schrittener Erkrankung abgegeben werden. Dies Preise der eingesetzten Medikamente nicht ein- Nur weil die Hersteller hohe Preise für Medika- führte zu scharfer Kritik der Betroffenen und der fach addiert werden. So hat Roche nach lan- mente verlangten, sei der Eingriff des Bundes behandelnden Ärzte. Es kam zu Protesten, wo- gem Ringen zugestimmt, dass der Konzern auf überhaupt nötig. Die «überrissenen Preisforde- bei die Rationierung der Mittel durch den Bund Perjeta pro Packung einen Rabatt von 452.33 rungen» der Pharmaindustrie stünden am An- angeprangert wurde. Franken gewährt, wird das Mittel gemeinsam fang des Problems. mit Herceptin verabreicht. Bund wehrt sich Dies sagt Daniel Tapernoux, Mitglied der Ge- Der Direktor des Bundesamts für Gesundheit, Allerdings sind diese sogenannten Preismodelle schäftsleitung der Stiftung SPO Patienten- Pascal Strupler, wehrte sich unter anderem in rechtlich bisher gar nicht vorgesehen. Das BAG schutz. Die hohen Medikamentenpreise mach- einem Gastbeitrag in der «NZZ». Die Einschrän- kann keine Rabatte gegen den Willen der Indus- ten die Einschränkungen der Anwendung durch kung erfolge nach Kriterien der medizinischen trie erzwingen. Schlimmer noch: Rein theoretisch den Bund erst nötig. «Am meisten stört mich, Vernunft. Gleichzeitig gestand er ein, dass auch braucht sich ein Pharmaunternehmen nicht ein- dass dieses Problem auf dem Buckel der Pa- ökonomische Gründe eine Rolle spielten. Es mal an die vereinbarten Rabatte zu halten. We- tienten ausgetragen wird», sagt Tapernoux. Die handle sich bei den neuen Medikamenten um der das BAG noch die Krankenkassen haben die Pharmaindustrie verhandle mit harten Banda- den Vorreiter einer neuartigen Preispolitik, «die Möglichkeit, sie vor Gericht durchzusetzen. gen. Dies gehe so weit, dass gewisse Hersteller versucht, möglichst viel Geld aus den steuer- damit drohten, ein Medikament in der Schweiz und prämienfinanzierten Sozialversicherungs- Zumindest den letztgenannten Punkt will nicht auf den Markt zu bringen, sollte die Phar- systemen der entwickelten Länder herauszu- BAG-Vize Christen nun ändern. «Es sollte mög- mafirma ihren Preis nicht durchsetzen können. pressen». lich sein, die vereinbarten Rabatte rechtlich durchzusetzen», erklärte er in Bern. Dies sei Die Krankenkassen und die Ärzte zeigen eben- In der Folge kamen mehrere neue Präparate umso wichtiger, weil absehbar sei, dass das falls mit dem Finger auf die Pharmabranche. vergleichbarer Art auf den Markt. Zusammen BAG immer häufiger zu solchen Preismodellen Das Bundesamt für Gesundheit müsse härter mit der öffentlichen Kontroverse führt dies wird greifen müssen, um den Preisanstieg bei verhandeln, sagt Guido Klaus, Leiter Politik und dazu, dass die Preise dieser Arzneimittel deut- den Medikamenten einigermassen unter Kon- Ökonomie beim Krankenversicherer Helsana. lich sanken. Der Bund weichte die Einschrän- trolle zu halten. Gleichzeitig nimmt er das Amt in Schutz und kung der Medikamente auf, womit deutlich verweist auf die Gesetze, welche die Festlegung mehr Hepatitis-C-Patienten behandelt werden Derzeit gibt es 21 solcher R abattlösungen. «Al- der Medikamentenpreise festschreiben. Klaus konnten. lein Roche plant, mehr als 50 neue Kombinati- spricht von einem untauglichen Regelwerk, das onstherapien zuzulassen», erklärte Christen.Das Einen vergleichbaren Fall gab es seither nicht Ringen um die finalen Preise sei auch ein Grund, den Job der Behörde stark erschwere. Die Fol- mehr. Die Einschränkungen sind heute weniger warum das BAG es oft nicht mehr schaffe, für neu ge seien Verzögerungen bei der Zulassung und drastisch, im Gegenzug werden sie aber breiter zugelassene Wirkstoffe binnen der rechtlich vor- somit Probleme beim Zugang zu dringend wich- angewendet. Dies erklärt, weshalb das Thema gesehenen Frist von 60 Tagen einen Preis für die tigen Therapien. in der Öffentlichkeit kaum noch debattiert wird. Aufnahme auf die sogenannte Spezialitätenliste Ähnlich sieht es der Krankenkassenverband festzulegen. Medikamente, die auf dieser Liste Santésuisse. «Unsere Mitglieder hätten lieber Aargauer Zeitung, 8. Mai 2019 des BAG stehen, müssen von den Krankenver- tiefere Preise als eine Einschränkung bei den sicherern vergütet werden. Laut Jörg Indermitte, Medikamenten», sagt Christoph Kilchenmann, Leiter Sektion Arzneimittelaufnahmen des BAG, Leiter Abteilung Grundlagen. Dies sei in der wird derzeit etwas weniger als ein Fünftel aller heutigen Situation mit der Preisfestsetzungs- BAG warnt vor Flut teurer Zulassungsgesuche verspätet abgeschlossen. macht der Pharmabranche jedoch nicht mög- lich. Yvonne Gilli vom Ärzteverband FMH doppelt Kombinationstherapien Antragszahlen explodieren nach: «Einzelne Medikamente werden in der Tat Und die Zahl der Neuanträge steigt rasant: Laut zu schamlos hohen Preisen auf den Markt ge- Gerade bei Krebs kommen mehrere teure Mit- BAG ist in diesem Jahr mit 80 bis rund 90 Neu- bracht.» Ein behördlicher Preisdruck sei des- tel zum Einsatz. Das Bundesamt setzt auf Ra- anträgen zu rechnen. «Im nächsten Jahr erwar- halb notwendig, müsse jedoch differenziert battmodelle. Doch diese haben ihre Tücken. ten wir über 150 neue Gesuche», so Christen. erfolgen und dürfe die Versorgung der Patienten Und rund die Hälfte der Anträge betreffe Be- nicht gefährden. Die steigenden Medikamentenausgaben vor al- handlungen, die Kosten von mehr als 100‘000 lem für innovative Krebsbehandlungen stellen Franken pro Jahr verursachten. Um die kom- Die Pharmaindustrie hat kein Verständnis, dass das Gesundheitssystem vor grosse Herausfor- plexen Dossiers bearbeiten zu können, plädiert ihr der schwarze Peter zugeschoben wird. Die derungen. So sind die Medikamentenausgaben Christen für eine Aufstockung der zuständigen Unternehmen seien im Einzelfall sehr offen, pro Kopf zwischen 2014 und 2017 um über 13 Abteilung. Heute hat das BAG ein Team aus 20 was neue Preismodelle anbelange, sagt Heiner Prozent gestiegen. «Es braucht zusätzliche Inst- Mitarbeitenden, die sich mit den Medikamen- Sandmeier, stellvertretender Geschäftsführer rumente, um den Preisauftrieb zu begrenzen», tenpreisen befasst. des Lobbyverbands Interpharma. Hier zeige sich sagte Thomas Christen, Vizedirektor des Bundes- jedoch das Bundesamt für Gesundheit wenig amts für Gesundheit (BAG), bei einer Medienver- Derzeit publiziert das BAG auf seiner Web- flexibel. Wie die Krankenkassen bemängelt er anstaltung zum Thema Medikamentenpreise. site, welcher Konzern wofür Rabatte gibt – die die starren Preisregelungen des Bundes. Sand- Schweizer Behörde ist hier international eine meier spricht von einem sehr engen Korsett. Das Problem: Gerade bei Krebs werden immer Ausnahme. Doch Thomas Christen tönte an, häufiger mehrere teure Krebsmedikamente bei dass in Zukunft das Amt davon werde Abstand Letztmals wurde die Einschränkung der Ver- sogenannten Kombinationstherapien verab- nehmen müssen. «Die Pharmaunternehmen wendung von Medikamenten im Fall von He- reicht. Bei Brustkrebs zum Beispiel kommen dürften kaum akzeptieren, dass sehr hohe patitis-C-Präparaten diskutiert. Die damals Roches Krebsmittel Perjeta und Herceptin ge- Rückvergütungen publiziert werden.» Denn die neuen, hochwirksamen Arzneimittel waren sehr meinsam zum Einsatz. meisten Preiszulassungebehörden in Europa Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019 187
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE greifen auf Auslandspreisvergleiche zurück. Da- zwischen 6000 und 8000 Fälle. «Schweizweit Zu starre Raster her ist die Branche erpicht darauf, dass nur die schätzen wir die Zahl über alle Indikationen Vor allem aber scheint der Preisbildungspro- offiziellen Listenpreise, aber nicht die Netto- hinweg derzeit auf etwa 25 000 bis 30 000 zess mit der Behandlungsrealität nicht mehr preise publik sind. Fälle», sagt Oliver Bleck, General Manager von Schritt zu halten. «Der Trend in der Behandlung Roche Pharma Schweiz. von Krebs geht dahin, dass der Tumor differen- Weder der Kassenverband Curafutura noch In- zierter diagnostiziert und dadurch gezielt be- terpharma wollten sich zu den Plänen, Rabatte Allein Roche sei im vergangenen Jahr bei rund handelt werden kann», so Franziska Lenz von rechtlich durchsetzbar zu machen, am Frei- 5500 Fällen von Offlabel-Vergütungen betroffen der Krebsliga. «Dagegen sind die Indikationen tag äussern. Noch lägen hierzu keine genauen gewesen. «Bei den Krankenversicherern berich- der Spezialitätenliste zu eng gefasst. Das führt Pläne vor, hiess es. Kassenvertreter monieren ten die Verantwortlichen über eine wesentliche dazu, dass neue Behandlungsformen nicht er- jedoch, dass die Durchsetzbarkeit der Rabatte Zunahme der Fälle in den letzten fünf Jahren», fasst sind und dann offlabel vergütet werden.» das Grundproblem nicht löse: nämlich, dass das bestätigt Andreas Schiesser, Tarifexperte beim BAG keine Möglichkeit hatte, Rabatte bei den Krankenversicherungsverband Curafutura. Roche-Manager Bleck bestätigt: «Bei 90 Pro- Preisverhandlungen zu erzwingen. Das Amt blei- zent der Fälle, in denen unsere Medikamente Für Patienten ist die Tendenz heikel. «Es gibt über Artikel 71 eingesetzt werden, haben Fach- be auf das Wohlwollen der Branche angewiesen. Unterschiede, wie Kassen auf Offlabel-Anträge ärzte sie über den zugelassenen Indikations- Tages-Anzeiger, 13. Mai 2019 reagieren», sagt Prof. Markus Borner, Co-Prä- bereich hinaus verschrieben.» Ein prominentes sident der Onkologie-Fachgesellschaft. «Wir Beispiel sei das Krebsmittel Mabthera, das hören oft Beschwerden, dass die Kassen bei häufig auch für seltenere Blutkrebsarten ein- der Kostengutsprache sehr unterschiedlich vor- gesetzt werde, für das das Mittel wirksam, aber gehen», bestätigt Franziska Lenz von der Krebs- Jede dritte Krebsbehandlung liga. «Ob eine Patientin oder ein Patient bei offiziell nicht zugelassen sei. hängt vom Wohlwollen der gleicher Diagnose eine Behandlung vergütet Anpassungen gefordert bekommt oder nicht, hängt sowohl von seiner Ärzte und Patientenvertreter sind im Prinzip froh, Kassen ab Kasse als auch vom Kanton ab. Das ist inak- dank Artikel 71 noch Behandlungsvarianten ge- zeptabel», so Lenz. nehmigt zu bekommen. Aber auch Santésuisse Bis zu 30 000 Patienten müssen jedes Jahr bei sieht die Gefahr, «dass neben der Spezialitä- ihrer Krankenversicherung um die Vergütung ihrer «Gemeinsame Richtlinien» tenliste ein intransparentes und aufwendiges Behandlung bitten, weil Wirkstoffe ausserhalb der Die Kassen wehren sich: Eine Ungleichbe- Parallelsystem entsteht». Roche wiederum be- offiziellen Zulassung eingesetzt werden sollen. handlung gebe es nicht. «Es gibt gemeinsame klagt, dass der Konzern nichts davon erfährt, Richtlinien und standardisierte Beurteilungs- ob der Einsatz eines seiner Mittel abseits der Der Albtraum wird für mehr als 40 000 Schwei- vorlagen, die von der Gesellschaft der Vertrau- zerinnen und Schweizer jedes Jahr zur Realität: offiziellen Zulassung Erfolg hat. Hier geht also ensärzte erarbeitet wurden», sagt Marianne wichtiges Wissen verloren. «Und es kann nicht Diagnose Krebs. Dank moderner Behandlungs- Eggenberger, Projektleiterin Medikamente beim methoden ist eine Krebserkrankung aber kein sein, dass Innovationen zunehmend ausserhalb Krankenversicherungsverband Santésuisse. Sie der Spezialitätenliste vergütet werden, Zulas- Todesurteil mehr. Doch der Weg zur richtigen räumt aber ein: Bei jedem Gesuch handelt es Behandlung kann steinig sein. Denn der nor- sungs- und Vergütungsprozesse müssen sich sich «um eine Einzelfallbeurteilung». hier weiterentwickeln», kritisiert Bleck. male Lauf der Vergütung von Krebsmedikamen- ten über die sogenannte Spezialitätenliste wird Auch der Onkologe Borner hat schon Ablehnun- «Die heutigen Gesetze darüber, wie Medika- immer mehr zur Ausnahme. gen kassiert. So wollte er vor ein paar Jahren mente zugelassen und vergütet werden, funk- einen Patienten, der unter Bauchspeicheldrü- tionieren nicht mehr», sagt auch Franziska Lenz. Steht ein Medikament auf dieser Liste, so müs- senkrebs litt, nach einer Vorbehandlung mit sen die Krankenkassen es bezahlen. Soll aber «Wir evaluieren derzeit das Problem und neh- dem Krebsmittel Abraxane behandeln. Doch men gegebenenfalls Änderungen vor», heisst es ein Mittel ausserhalb der auf der Spezialitäten- das Mittel ist nur als Erstlinientherapie zuge- liste erfassten Indikation eingesetzt werden vom Bundesamt für Gesundheit. Brisant: Auch lassen, also ohne Vorbehandlung. Die Kasse das Amt erfährt nicht, was die Kassen für eine oder will ein Arzt ein noch nicht in der Schweiz des Patienten lehnte die Vergütung ab, es lägen zugelassenes Mittel einsetzen, so kann er die Offlabel-Vergütung zahlen. zugelassene Alternativen vor. «Und das stimmte Vergütung bei der Kasse als Ausnahmefall be- nicht, es gab zu dieser Zeit noch keine Alter- Es besteht die Gefahr, dass ein intransparentes antragen, genannt «Offlabel-Vergütung». Gere- native», so Borner. Er warnt aber vor pauscha- und aufwendiges Parallelsystem entsteht. gelt ist dieser Prozess im Artikel 71 der Verord- lem Kassenbashing: Die Versicherer seien bei nung über die Krankenversicherung. Die Kasse den Offlabel-Vergütungen in einer schwierigen Tages-Anzeiger, 14. Mai 2019 kann den Medikamenteneinsatz genehmigen. Situation. «Denn der Vertrauensarzt der Kasse Sie kann aber auch Nein sagen. muss einen Medikamenteneinsatz genehmigen, für den es keine Daten zur Wirksamkeit gibt», Ausmass unbekannt «30 Prozent aller Krebsbehandlungen werden erklärt er. «Und das Kriterium der Wirtschaft- Krankenkassen sind sauer lichkeit ist reichlich nebulös.» mittlerweile offlabel vergütet, Tendenz stei- auf Lukas Engelberger gend», sagt Franziska Lenz, Leiterin Politik & Aber warum steigt die Zahl der Offlabel-Vergü- Public Affairs der Krebsliga Schweiz. «Bei Kin- tungen so stark an? Zum einen altert die Be- Der Basler Gesundheitsdirektor sagte im dern sind es fast 100 Prozent, weil die Arznei- völkerung. Ferner werden neue Mittel immer BaZ-Interview, dass die Krankenkassen in Bern mittel nur für Erwachsene zugelassen sind und früher zugelassen, oft schon auf Basis von zu viel Macht hätten. Seine Äusserungen verlei- die Vergütungen der Spezialitätenliste darauf Phase-II-Daten, erklärt Santésuisse-Expertin ten die beiden Krankenkassenverbände Santé- basieren.» Wie gross das Problem ist, weiss Eggenberger. Und dann dauert der Preispoker suisse und Curafutura zu harschen Reaktionen. derzeit niemand. Das Bundesamt für Gesund- zwischen dem Bundesamt für Gesundheit und heit (BAG) hatte zuletzt 2014 Daten über die der Industrie für Innovationen immer länger. Der Lukas Engelberger, der zurückhaltende Basler Zahl der Offlabel-Vergütungen erhoben, der- Hickhack um den Preis für Roches Krebsmittel Gesundheitsdirektor, ist der stille Schaffer, der zeit läuft eine neue Erhebung. 2014 waren es Perjeta etwa ging durch die Medien. den Ruf hat, öffentlich wortreich wenig zu sa- 188 Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE gen. Doch die hohen Krankenkassenprämien der Spitalfusion ebenso unerwähnt wie Engel- Die Folgen für die Prämienzahler dürften fa- und der Druck, der seit der gescheiterten Spi- bergers Ankündigung im Interview, den Spitälern tal sein. Denn der Kanton Luzern konnte vom talfusion im Februar auf dem CVP-Magistraten Leistungsaufträge entziehen zu wollen. Bundesgericht nur zur Änderung seiner Praxis lasten, verleiteten Engelberger zu klaren Wor- gezwungen werden, weil das Bundesgesetz die ten: Der Einfluss der Krankenkassen in Bern Weiter kritisiert Nold Engelberger scharf: «Die Verbilligung der Kinderprämien um 50 Prozent sei dominant. «Sie haben heute zu viel Macht», grössten Kostentreiber sind seit Jahren die und ab 2021 um 80 Prozent bis in den unte- sagte Engelberger vergangene Woche im Inter- Spitalambulatorien der Kantone. Dort ist eine ren Mittelstand hinein verlangt. Statt dass der view mit der BaZ. Konsultation durchschnittlich doppelt so teuer Bund den Kantonen endlich auch für die Unter- wie bei den frei praktizierenden Ärzten.» Das stützung Erwachsener Mindestvorgaben macht, Damit rief er die Krankenkassenverbände Cura- mag zwar so sein, ist aber nicht die Schuld der werden die Kantone bei alleiniger Zuständigkeit futura und Santésuisse auf den Plan, und damit Kantone: Die Festlegung ambulanter Tarife wird die Bundesvorgaben zur Kinderprämie aus dem alle grossen Krankenkassen dieses Landes. En- in Bern verhandelt. Gesetz weghaben wollen. gelbergers Äusserungen taten der Branche weh: «Die Versicherungen und eine Mehrheit im Na- Einig ist man sich darin, dass zu viele Ärzte zu Bund und Kantone würden sich besser gemein- tionalrat haben das Gefühl, dass sie uns einfach viel kosten. Nur sagt die Santésuisse-Chefin, sam um Gesundheitskosten und Finanzierbar- Rechnungen stellen können.» Das sass, und dass die Kantone schuld seien, weil sie die Ärz- keit der Krankenversicherung kümmern, statt die Kommunikationsabteilungen der Versicherer te zulassen. Sie lässt weg, dass die Kantone die Energie, Zeit und Geld in ein Grossprojekt für liessen die Telefondrähte zur Redaktion heiss Praxen erlauben müssen, wenn Ärzte die Krite- staats- und finanzpolitische Puristen zu stecken. laufen und schickten Mail um Mail. Der Tenor: rien erfüllen. Sie lässt auch weg, dass Engel- Das wollen wir nicht auf uns sitzen lassen. berger hier mehr steuern will, aber die Kassen Tages Anzeiger, 3. Juni 2019 dies, wie gesagt, als politisches Pfand mit ihrer Curafutura etwa tut Engelbergers Aussagen Lobby im Nationalrat blockieren. als «wahlkampfgetriebene Polemik» ab. «Er schwärzt jene an, die eine Leistung für die Basler Zeitung, 28. Mai 2019 Krankenversicherten erbringen», so der Ver- Die Krankenkasse zahlt nicht band. Und weiter: Im Gegensatz zu Regierungs- immer – der Bund will wissen rat Engelbergers Aussagen über Projekte, die «noch im Gange sind», wo er «sich noch ein Fatal für die Prämienzahler wieso Bild» macht und wo er noch «erarbeitet», hät- ten die Krankenversicherer gearbeitet, und zwar Off-Label Use von Medikamenten. Die Gesundheitskosten sind gemäss Umfra- an «mehrheitsfähigen Reformen, die Kosten gen zurzeit das drängendste Problem für die Wenn Patienten mit nicht zugelassenen Medi- dämpfen». Da ist jemand beleidigt. Schweizer Bevölkerung. kamenten behandelt werden, entscheidet die Streitpunkt ist die Finanzierung ambulanter Krankenkasse, ob sie die Behandlung bezahlt. Kein Wunder, denn die Krankenkassenprämien Das BAG hinterfragt nun diese Praxis. Behandlungen, die künftig von Kantonen und überfordern nicht nur Haushalte mit kleinem Kassen gemeinsam getragen werden sollen - Es dauert, bis ein Medikament die Zulassung Einkommen, sondern zunehmend auch den so wie es heute im stationären Bereich läuft. erhält. Je nach Krankheit fehlt allerdings die Mittelstand. Das liegt an den steigenden Ge- Engelbergers Kritik zielt darauf ab, dass die Zeit, um auf diese Zulassung zu warten. Des- sundheitskosten und daran, dass die Kantone Kassen durch ihre Macht im Nationalrat die halb hat der Bundesrat vor einigen Jahren ent- bei der Prämienverbilligung knausern. Manche Steuerungsmöglichkeit für Kantone, Arztpraxen schieden, Innovationen bei Therapien schwerer verstossen gar gegen den Sinn und Geist des zu beschränken, quasi als Pfand halten, bis die Krankheiten zuzulassen. Krankenversicherungsgesetzes. Den Beleg da- Kantone zähneknirschend zustimmen, dass sie für lieferte Ende Januar das Bundesgericht mit So entstand die Möglichkeit, ein Medikament für ambulante Behandlungen künftig einfach seinem Urteil zur Praxis des Kantons Luzern. oder Kombinationen von Medikamenten aus- bezahlen ohne Mitsprache. Die Kontrolle würde Zudem stellte das Bundesamt für Gesundheit serhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs bei den Kassen liegen. vor einem halben Jahr in einem Bericht fest, einzusetzen – die Fachwelt spricht von Off-La- Curafutura dementiert die Absicht, dass die dass Haushalte in bescheidenen wirtschaftli- bel-Use. Kantone einfach bezahlen sollen. «Das wäre chen Verhältnissen mittlerweile durchschnittlich unfair und unschweizerisch - Regierungsrat 14 Prozent des Einkommens für die Kranken- Seit 2011 über die Kassen Engelbergers Verkürzung ist aber genau das», kasse ausgeben müssen. 2010 waren es noch Zum Frühjahr 2011 waren die Regeln angepasst so der Verband weiter. Statt diesen Punkt aus- 10 Prozent gewesen. Der Grund ist der Abbau worden, konkret die Verordnung über die Kran- zuführen, zählt der Verband die unbestrittenen der Prämienverbilligung in vielen Kantonen. kenversicherung. Artikel 71 regelt, unter welchen Steuerungsmöglichkeiten auf, welche die Kan- Umständen die Krankenkassen ein Medikament Trotz dieses offensichtlichen Missstandes wollen im Off-Label-Use bezahlen können: Bei einer tone heute schon haben. Und dann betont der nun Bundesrat und Kantone die Prämienverbilli- tödlichen Erkrankung oder bei einer mit schwe- Verband halt doch, was Engelberger kritisierte, gung ganz den Kantonen überlassen. Anlass ist ren chronischen Folgen; Falls es keine alter- dass nämlich die Kontrolle der Abrechnungen eine finanzpolitische Grossreform, die Bereiche native Therapie gibt; Wenn die Therapie für den bei den Kassen liegen solle. mit heute gemeinsamer Zuständigkeit von Bund Patienten oder die Patientin von hohem Nutzen Pfand für Zugeständnisse und Kantonen jeweils einer Staatsebene zutei- ist; Wenn die Therapie Voraussetzung für eine Während Curafutura selber polemisch aus- len soll. Was am Schluss dieser Übung steht, weitere (zugelassene) Therapie ist. teilt und zugleich warnt, dass es kein «Herauf- lässt sich bereits jetzt voraussagen. Die fast drei beschwören von Feindbildern» brauche, greift Milliarden, die der Bund heute jährlich an die Das muss die Krankenkasse im Einzelfall ab- Santésuisse-Direktorin Verena Nold den Basler Prämienverbilligung zahlt, werden die Kantone wägen und entscheiden. In der Anfangsphase Gesundheitsdirektor ebenfalls frontal an. San- nur teilweise kompensieren. Gleichzeitig werden stellte der Bundesrat fest, dass jeder Patient tésuisse fordere seit Jahren, dass die Kantone sie sich mit Händen und Füssen gegen Bundes- individuell auf eine Therapie anspreche, was die Überkapazitäten bei den Spitälern abbauen vorgaben zur Prämienverbilligung wehren. Nach dazu führe, dass auch die Einzelfall-Beurtei- sollen, sagt Nold. Sie lässt Engelbergers Versuch dem Motto: Wer zahlt, befiehlt. lung unterschiedlich ausfallen könne. Damals Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019 189
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE zahlten die Krankenkassen in 6000 bis 8000 Fällen Medikamente im Off-Label-Use (Analyse Artikel 71 ist eigentlich als Notfalloption ge- dacht, um Patienten alle Therapiemöglichkeiten Dr. med. Ignazio Cassis und Bund, 2014 veröffentlicht). zu geben. Doch die Ausnahme wird zusehends sein neuer Sponsor, der Bund will aktuelle Praxis durchleuchten zur Regel. Ärzte, Kassen und Pharmafirmen Tabakkonzern berichten, dass es immer mehr Fälle dieser Nun will der Bund die Situation erneut ana- sogenannten Offlabel-Vergütungen gibt. Wie Die Partnerschaft des EDA mit Philip Morris sei lysieren, denn der Off-Label-Use von Medika- gross das Problem ist, weiss niemand so ge- «sehr bedenklich», sagt die WHO – und will auf menten ist wichtiger geworden. Ausserdem nau. Das Bundesamt für Gesundheit ist dabei, internationaler Ebene intervenieren. stützten sich die Krankenversicherer in der Zwi- hierzu Daten zu sammeln. Der Vergleichsdienst schenzeit auf ein einheitliches Instrument, um Comparis hat nun auf Basis einer Umfrage bei Er ist der erste Arzt im Bundesrat seit über hun- den Nutzen für die betroffenen Patienten und Krankenkassen eine Schätzung vorgenommen: dert Jahren. Doch nun stösst ausgerechnet er Patientinnen zu bewerten – das Off-Label-Use- Gesundheitsexperten vor den Kopf. In mindes- Demnach gaben die Schweizer Krankenkassen Tool, kurz OLU-Tool. tens zwei Fällen ermöglicht das Departement im vergangenen Jahr 207 Millionen Franken für von Ignazio Cassis (FDP) dem grössten Tabak- Der frühere Nationalrat Jean-François Steiert solche Offlabel-Vergütungen aus. Rund 19 000 konzern der Welt grosse Werbeauftritte. Bei hat sich dafür eingesetzt, dass Patientinnen und Patientinnen und Patienten sind betroffen. der Eröffnung der neuen Botschaft in Moskau Patienten den gleichen Zugang zu solchen Me- Die Schätzung basiert auf Daten von Groupe im Juni war Philip Morris «Goldsponsor». Und dikamenten haben. Heute ist er Freiburger Re- Mutuel, Assura, Concordia und Sympany. Die nächstes Jahr macht das Departement für aus- gierungsrat und Präsident der Schweizerischen vier Kassen allein haben im vergangenen Jahr wärtige Angelegenheiten (EDA) den US-Kon- Gesellschaft für Gesundheitspolitik und sagt: 6920 Fälle zu Kosten von 75 Millionen Fran- zern zu einem von zwei «Hauptsponsoren» des «Diese Entscheide müssen vergleichbar sein. ken vergütet. Diese Zahlen hat Comparis für die Schweizer Pavillons an der Weltausstellung in Zu 100 Prozent werden sie es nie sein, aber zu- Schweiz hochgerechnet. Vertreter von Kranken- Dubai. mindest annähernd. Dabei kann ein Blick in die kassen sowie von Roche halten die Schätzung Auf diese enge Partnerschaft reagiert nun die Praxis der Krankenkassen nur helfen.» von rund 200 Millionen Franken Gesamtkosten Weltgesundheitsorganisation (WHO). «Tabak tö- Der Verband der forschenden Pharma-Unter- für plausibel. tet weltweit pro Jahr acht Millionen Menschen», nehmen Interpharma geht davon aus, dass erklärt die Zentrale der WHO in Genf. Trotzdem Vor allem Krebsdiagnosen versuche die Tabakindus trie die Präventions- heute jede vierte erwachsene Person mit Thera- Zum Vergleich: 2017 gaben die Kassen in der pien im Off-Label-Use behandelt wird. anstrengungen von Regierungen und interna- obligatorischen Krankenversicherung für ambu- tionalen Organisationen zu unterlaufen. «Dass SRF Schweizer Radio und Fernsehen, lant abgerechnete Medikamente 7,5 Milliarden nun ausgerechnet die Schweiz als Sitzstaat der 5. Juni 2019 Franken aus. Die Ausgaben für Krebsmittel be- WHO eine Sponsoring-Partnerschaft mit einem laufen sich auf rund eine Milliarde Franken. Die Tabakkonzern eingeht, ist sehr bedenklich.» Die meisten Offlabel-Vergütungen betreffen indes WHO sagt, sie habe in Bern «bei hohen Stellen Krebsdiagnosen. So gerechnet, lässt die Studie inter veniert». von Comparis den Schluss zu, dass 15 bis 20 Jeder fünfte Franken im Prozent der Ausgaben für Krebsmittel ausser- Image soll abfärben Laut WHO ist der Deal mit Philip Morris unzu- Kampf gegen Krebs hängt halb des offiziellen Vergütungsweges bezahlt lässig. Die Expo in Dubai untersteht der Auf- werden. Tendenz steigend. vom Okay der Kasse ab sicht des Bureau International des Expositions Für Patienten ist das heikel: Denn eine Kasse (BIE). Mit dieser Organisation bestehe seit Die Zahl der Medikamenteneinsätze ausser- kann die Kostengutsprache auch verweigern. 2010 eine Vereinbarung, wonach Tabakspon- halb der offiziellen Zulassung explodiert. Com- Ärzte berichten immer wieder von Ungleichbe- soring an Weltausstellungen untersagt sei, sagt paris hat nun eine erste Studie über das Aus- handlungen. Die Kassen haben auf die Kritik die WHO – und kündigt an, beim BIE zu inter- mass des Problems erarbeitet. reagiert und nutzen ein einheitliches Bewer- venieren. «Wir werden darauf drängen, dass die tungsinstrument für solche Anträge, genannt Vereinbarung auch im Schweizer Pavillon in Du- Für die Betroffenen ist es eine Hoffnung: Die Off-Label-Use-Tool, kurz OLU-Tool. bai eingehalten wird.» Gentherapie gegen die oft tödliche Muskel- krankheit SMA von Novartis namens Zolgensma Dennoch sorgt der steigende Rückgriff auf Die Partnerschaft mit dem EDA lässt sich Phi- soll in den USA 2,1 Millionen Dollar kosten. Offlabel-Vergütungen für Kritik: «Es gibt keine lip Morris viel Geld kosten: 45’000 Franken für die Botschaftseröffnung in Moskau, 1,8 In der Schweiz will der Konzern im Herbst die einheitlichen Regeln für die Preisfestsetzung, Millionen für den Pavillon in Dubai. Im Gegen- Preisverhandlungen mit dem Bundesamt für das Ganze ist ein Basar und Zeitdruck», kriti- zug verspricht das EDA seinen Sponsoren einen Gesundheit (BAG) aufnehmen. siert Comparis-Experte Felix Schneuwly. «Das «Imagetransfer». Das heisst: Das gute Image Problem ist die Dynamik», ergänzt Guido Klaus, der Schweiz soll auf Philip Morris und andere Werden Mittel vom BAG so auf die Spezialitä- Leiter Ökonomie und Politik bei Helsana. «Bei tenliste aufgenommen, müssen sie die Kassen Geldgeber abfärben. Helsana haben sich die Offlabel-Gesuche seit bezahlen. Doch es gibt eine Alternative, und die 2014 annähernd verdoppelt.» Klaus fürchtet Dagegen wird jetzt auch im Inland die Kritik im- gewinnt an Bedeutung. Ärzte können für ihre zudem, dass so die Position des BAG bei den mer lauter. Die Lungenliga, der Verband Sucht Patienten direkt bei den Kassen die Vergütung Preisverhandlungen unterminiert wird: Denn Schweiz und die Arbeitsgemeinschaft Tabakprä- von Mitteln beantragen, die noch nicht in der die Pharmafirmen könnten dank der Vergütung vention haben Cassis per Brief ihr Unverständ- Schweiz zugelassen sind - wie Zolgensma. Das über Artikel 71 auf eine Zulassung auf der Spe- nis kundgetan. «Indem die offizielle Schweiz regelt Artikel 71 der Verordnung über die Kran- zialitätenliste verzichten. «Die Preisfestsetzung Philipp Morris als Sponsor akzeptiert, ist es kenversicherung. Der Artikel ermöglicht auch, im Einzelfall ohne klare Regeln wird darum zum letztlich sie selber, die für Produkte wirbt, die dass eine Kasse ein in der Schweiz zugelasse- Spiel mit dem Tod», warnt Schneuwly. Millionen von Menschen abhängig machen», nes Mittel bezahlt, wenn ein Arzt es ausserhalb sagt Verena El Fehri von der Arbeitsgemein- der Zulassung einsetzen will. Tages Anzeiger, 7. Juni 2019 schaft Tabakprävention. 190 Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE Sogar das Bundesamt für Gesundheit kritisiert das EDA: «Die Zusammenarbeit mit einem Ta- Kommentar der Redaktion die Implementierung der Antitabakgesetze bakkonzern im Rahmen der Expo in Dubai steht in Uruguay zu verunmöglichen (siehe SKB Es geschehen zurzeit Dinge im Bundesrat, 36: 212-213, 2016). im Widerspruch zu unserer Präventionsstrate- die man bis anhin nicht für möglich gehal- Zurzeit laufen verschiedene Petitionen gie», erklärt das Amt gegenüber den CH-Me- ten hätte. So liess sich der Bundesrat den unter der Ärzteschaft, um den Bundesrat dia-Zeitungen, die den Fall Dubai letzte Woche grössten Teil der Kosten der pompösen aufzufordern, auf solch skandalöse Spon- publik machten. Feierlichkeiten zur Eröffnung der neuen sorships zu verzichten. Die SP will das Sponsoring durch Philip Morris Schweizer Botschaft in Moskau, die sich Über den Erfolg oder Misserfolg dieser im Parlament stoppen. Sie werde in der zu- über vier Tage erstreckt haben, weitgehend Schritte werden wir in unserem Bulletin ständigen Kommission einen entsprechenden von privaten Sponsoren finanzieren. weiterhin berichten. Antrag einreichen, sagt die Schaffhauser SP- Man kann sich schon fragen, ob solche Nationalrätin Martina Munz. Es gehe nicht, Ereignisse – aber natürlich sollten diese P.S. Gerade in letzter Minute erfahren wir, «dass die Schweiz jedes Jahr viele Millionen in in einem bescheideneren Rahmen statt- dass BR Cassis auf das Sponsoring von die Tabakprävention steckt und dann ihren Ex- finden! – nicht von der offiziellen Schweiz Philip Morris im Falle Dubai verzichten wird. po-Pavillon für Tabakwerbung hergibt». finanziert werden müssten. Es handelt sich Die öffentliche Reaktion hat also gewirkt... dabei ja nicht um irgendein Turnier oder BR Cassis hat bekanntgegeben, dass die- Sogar aus Cassis’ Partei kommt Kritik. Der Velorennen, sondern um die offizielle Ver- ser Vertrag nie auf seinem Arbeitstisch ge- langjährige FDP-Ständerat und Präventions- tretung unseres Landes in Russland. Aber landet sei... das glaube, wer wolle! mediziner Felix Gutzwiller hält Sponsoring das Brisante an der ganzen Angelegenheit von offiziellen Anlässen zwar für zulässig. Die ist, wer alles unter den Sponsoren figurierte. Partnerschaft mit einem Tabakkonzern sei aber Vergessen wir hier mal ein paar russische «problematisch» und «für die Schweiz beson- Oligarchen mit dubiösem Hintergrund und das Unternehmen Glencore mit seiner rück- Des anticancéreux pour tous, ders heikel». Denn: Philip Morris und andere Tabakkonzerne stellen hierzulande besonders sichtslosen (im ökologischen wie sozialen mais jusqu’à quand? schädliche Zigaretten für die Dritte Welt her, die Sinne), weltweit verschrienen Tätigkeit vor in der Schweiz und der EU verboten sind. allem in Afrika... aber, siehe da… der Tabak- La médecine est devenue de plus en plus efficace. hersteller Philip Morris! Und das bei einem L’immunothérapie permet de traiter certains can- Wie in den Zeiten Jesu Departementschef für auswärtige Angele- cers qui étaient considérés comme incurables il y Das EDA verteidigt sich. Es verweist darauf, genheiten, Dr. Ignazio Cassis, der nicht nur a peu de temps. Mais jusqu’à quand pourra-t-on dass das Parlament beschlossen hat, die Hälf- Arzt ist, sondern im Tessin auch über lange profiter de ces thérapies innovantes? te der 15 Millionen Franken, die der Schweizer Zeit Kantonsarzt war. Diese «Schande von Pavillon an der Expo 2020 kostet, mittels Spon- Les nouveaux traitements laissent entrevoir tou- Moskau» hat in der Schweizer Ärzteschaft jours plus d’espoir aux milliers de personnes qui soring zu beschaffen. Zudem sei Philip Morris grosse Empörung hervorgerufen; eine Re- apprennent chaque année en Suisse qu’elles ein wirtschaftlich wichtiges Unternehmen mit aktion, die noch stärker wurde, als man er- souffrent d’un cancer. Aujourd’hui, on peut sur- Europa-Sitz in der Schweiz. fuhr, dass Philip Morris auch ein wichtiger vivre à un mélanome métastatique avec un Sponsor des Schweizer Pavillons an der traitement à plus de 100 000 francs par an. Evi- «Selbstverständlich», so das EDA, werde es alles nächsten Weltausstellung in Dubai 2020 demment, personne ne voudrait s’en passer. Ni tun, «um sicherzustellen, dass in keiner Weise sein sollte. Im Hauptquartier der WHO in les patients, ni leur famille, ni l’industrie pharma- der Eindruck entsteht, dass der Bund den Kon- Genf ist man entrüstet, und offizielle Schrit- sum von Tabakerzeugnissen fördert». Die Sicht- ceutique qui y voit sa nouvelle mine d’or. te auf diplomatischer Ebene sind zum Zeit- barkeit von Philip Morris im Schweizer Pavillon punkt, als diese Zeilen geschrieben werden, La médecine de pointe a en effet son revers de sei zudem eingeschränkt und konzentriere sich in Vorbereitung. Man erinnere sich, dass la médaille: son coût. Selon un rapport d’Hel- auf eine Bar auf der Dachterrasse. Diese sei nur die WHO ausgerechnet hat, dass in diesem sana, les immunosuppresseurs et les anticancé- für Personen über 21 Jahren zugänglich. Jahrhundert weltweit etwa 8 Mio. Menschen reux constituent la part la plus importante des Dort, auf der Dachterrasse, will Philip Morris jährlich an den Folgen des Tabakkonsums dépenses de médicaments pris en charge par ausschliesslich ihre neue elektrische Zigarette sterben werden. l’assurance de base. En 2017, ils représentaient IQOS bewerben – so wie schon in Moskau. Laut Und noch etwas, worüber wir mehrmals près d’un cinquième des coûts alors qu’ils ne SP-Nationalrat Fabian Molina, der vor Ort war, in unserem Bulletin berichtet haben: Das comptaient que pour 1,5% des achats. hat Philip Morris die Geräte dort sogar verkauft. Unternehmen Philip Morris hat seinen Sitz in der Schweiz. Es profitiert von den bila- Et les dépenses en médicaments anticancé- «Eine völlige Zweckentfremdung des Botschafts- reux vont continuer d’augmenter de 5 à 10% geländes», kritisiert Molina – und vergleicht den teralen Wirtschaftsverträgen zwischen der Schweiz und anderen Ländern, um in eben chaque année, selon une prévision publiée Vorgang mit den Händlern, die zu Jesu Zeiten dans la revue Lancet Oncology. den Tempel in Jerusalem entwürdigt haben. diesen im Namen des «feinen Marktes» die gesetzlichen Verankerungen der Ziele des Jusqu’à quand les assurances de base rem- Solche E-Zigaretten bewerben die Tabakfirmen Treaty Against Tobacco zu verunmöglichen. bourseront-elles ces traitements? S’achemine- derzeit als Alternative zu traditionellen Ziga- Dieses letztere Abkommen ist bis heute der t-on inexorablement vers une médecine à deux retten – mit dem Argument, sie seien weniger erste und einzige weltweit gültige Vertrag, vitesses, avec certains patients qui pourront schädlich. Fachleute sehen dies aber kritisch. der sich ausschliesslich mit einem die Ge- payer le prix fort pour être soignés et d’autres Zwar enthielten die neuen Produkte keinen Teer, sundheit betreffenden Problem befasst, ge- qui seront laissés à leur sort? sagt etwa Präventivmediziner Gutzwiller. Das Ni- rade weil Tabak das Problem Nummer eins kotin bleibe aber – und werde sogar noch ver- nicht nur bei Krebs sondern auch bei sehr «Une forme de racket» stärkt. «Die Folgen sind wissenschaftlich noch vielen anderen Krankheiten darstellt. Beaucoup de professionnels de la santé s’ac- viel zu wenig erforscht.» Das letzte Beispiel dazu: Der Versuch von cordent à dire que le système va exploser. Pour Philip Morris dank seiner Swiss C onnection, ne pas tendre vers le modèle britannique, ils de- Tages-Anzeiger, 21. Juli 2019 mandent plus de transparence sur le mécanisme Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019 191
PRESSESPIEGEL – REVUE DE PRESSE de fixation des prix entre les gouvernements et les industriels. Il faudrait aussi une distinction «Les pharmas ont perdu Son efficacité imposée sans concertation est limi- tée. Ce garde-fou peut conduire à des décisions claire entre le coût de la recherche et celui de leur éthique» arbitraires alors qu’il s’agit d’un véritable droit de la fabrication des médicaments. Les marges sur vie ou de mort en cas de refus. L’instauration d’une la vente de certains anticancéreux paraissent Interview de Philippe Eggimann commission multipartite avec les partenaires doit en effet exagérées. Elles dépasseraient les 80% Philippe Eggimann, le président de la Société être envisagée. Elle permettrait de faire plus effi- selon l’émission Infrarouge de la RTS. médicale de la Suisse romande, critique une cacement pression sur les pharmas, comme cela industrie pharmaceutique livrée selon lui à des a été le cas dans plusieurs pays en voie de déve- Thierry Buclin, médecin-chef du Service de phar- loppement pour faire baisser le prix prohibitif des macologie clinique du Centre hospitalier univer- financiers qui cherchent le profit à court terme. médicaments contre le virus du sida. sitaire vaudois (CHUV) et professeur à la Faculté Le nombre de traitements à base de médi- de biologie et médecine de l’ Université de Lau- caments anticancéreux dont le prix dépasse Ne risque-t-on pas d’avoir une médecine à sanne, parle de marges de profit indécentes. «Le 100 000 francs par an ne cesse de grimper. deux vitesses? coût de production d’un anticancéreux à petite Dans ce contexte, l’Office fédéral de la santé Oui, et à ces prix-là, l’accessibilité à ces trai- molécule n’est guère plus onéreux que celui publique (OFSP) et l’industrie pharmaceutique tements innovants sera limitée à un très petit d’un anti-inflammatoire ou d’un antidépresseur. se livrent à d’âpres négociations de plus en nombre de personnes. A moins que celles-ci La rentabilité des anticancéreux est telle que plus longues pour en fixer le prix. Les médecins n’y sacrifient leur capital de retraite, avec la les sociétés pharmaceutiques abandonnent le se retrouvent quant à eux dans une situation perspective de se retrouver ensuite à la charge développement d’autres traitements où des in- toujours plus malaisée. Le Temps a pris l’avis de l’aide sociale, dont les coûts augmentent novations seraient bienvenues, comme des anti- de Philippe Eggimann, le président de la Socié- déjà aussi vite que ceux de la santé. tuberculeux ou des antibiotiques, déplore-t-il. té médicale de la Suisse romande. Qu’attendez-vous de l’industrie pharmaceu- Les pharmas tiennent le couteau par le manche. tique? C’est une forme de racket.» Les coûts des médicaments ont augmenté de 13% en trois ans malgré les économies Sa contribution aux progrès médicaux est On reproche aussi aux sociétés pharmaceu- de 350 millions décrochées par le conseiller indispensable, mais les prix désormais exigés tiques de dépenser trop d’argent en marketing, fédéral Alain Berset. Décevant? risquent de tuer le principe de solidarité qui en études promotionnelles, en lobbying parle- fonde non seulement notre système de santé, C’est consternant. Toute économie est bonne à mentaire ou en soutien de la formation conti- mais aussi l’ensemble de notre société. L’indus- prendre, mais cela ne représente que 0,3% du nue des médecins. trie pharmaceutique doit revenir à une éthique total des dépenses à la charge de l’assurance conforme aux valeurs qui ont permis son formi- obligatoire. En comparaison, les économies im- En face, Interpharma, l’association des entre- dable développement de même que la prospé- posées par le Conseil fédéral aux prestataires prises pharmaceutiques suisses pratiquant la rité du pays. Longtemps, elle a été dirigée par de soins dans le secteur ambulatoire dès 2018 recherche, rétorque que les coûts de dévelop- des scientifiques et des chercheurs. Depuis s’élèvent à 1,4%. C’est peu, mais cela justifiait pement d’un nouveau médicament ont forte- qu’elle est livrée à la stratégie à court terme des une absence de hausse des primes pour 2019. ment augmenté, surtout en raison des exigences financiers, elle a perdu cette éthique. Elle risque Dans ce contexte, on est en droit de se deman- légales élevées en matière de sécurité. Il faut désormais de tuer la poule aux œufs d’or. der si cette situation ne reflète pas l’influence compter en moyenne huit à douze ans jusqu’au démesurée de certains acteurs de la santé sur Lorsqu’ils sont invités à des colloques de l’indus- lancement d’un nouveau médicament sur le le gouvernement. trie pharmaceutique, les médecins ne profitent- marché. Cette longue période de développement ils pas aussi des largesses de cette industrie? ne laisse que peu de temps aux entreprises Vous pensez bien sûr à l’industrie pharmaceu- Il est vrai que les pharmas contribuent à l’orga- pharmaceutiques pour amortir les coûts dans tique, dont les demandes pour des traitements nisation de nombreux congrès ou colloques tant la période de protection découlant du brevet. anticancéreux de plus de 100 000 francs par nationaux qu’internationaux. Mais ceux-ci sont Parallèlement, seules 5% des molécules arrivent an se multiplient. Où faut-il poser la limite? indispensables tant pour la présentation de sur le marché et les coûts de leur développe- Les coûts des anticancéreux explosent et l’onco- résultats des recherches scientifiques que pour ment varient de 1 à 7 milliards de francs. Ainsi, logie est désormais en tête des remboursements la formation continue obligatoire des médecins. les laboratoires tendent à vendre très cher leur à la charge de l’assurance obligatoire. Ils ont at- succès pour compenser tous leurs échecs. teint 931 millions de francs en 2018, en hausse Tout de même: cette pratique n’entraîne-t- de 54% en quatre ans. Leur prix n’a désormais elle pas des conflits d’intérêts? Prix flexible plus rien à voir avec les coûts de développement Dès 2013, la FMH a inclus les directives du Autre argument: avec l’arrivée de la médecine et de production. Il est fixé par rapport au poten- Code de coopération pharmaceutique de la de précision, les volumes de marché se sont tiel de vie épargné, et leur efficacité encore ini- communauté européenne dans son Code de considérablement restreints. Le modèle des maginable il y a moins de dix ans. déontologie. Ces directives imposent entre blockbusters – des médicaments qui génèrent autres la publication des montants versés aux au moins un milliard de dollars de ventes par Le Tribunal fédéral a évalué le prix d’une vie à médecins. En 2017, l’industrie pharmaceutique an – ne fonctionne plus aussi bien. environ 100 000 francs. Est-ce éthiquement a versé un montant de 12,5 millions de francs défendable? Un nouveau modèle médico-économique reste aux médecins, ce qui représente 0,2% de son Non! Ce changement de paradigme dans l’éta- à trouver. Car un anticancéreux peut s’avérer chiffre d’affaires en Suisse. L’essentiel de cette blissement du prix des anticancéreux n’est pas efficace pour une pathologie et moins pour une somme a été versé à des médecins travaillant tolérable éthiquement. Il bouscule les valeurs autre pour laquelle il est aussi prescrit. Or, pour dans les hôpitaux. Dans la plupart des cas, communément admises par les experts pour le le moment, le prix reste identique. Une solu- ces contributions font l’objet de contrats avec prix d’une vie selon les critères préconisés par les hôpitaux et sont utilisées pour financer les tion pourrait consister à modifier les prix en l’Organisation mondiale de la santé (OMS). efforts de recherche ou de formation. fonction des performances. Même Joe Jimenez, Pour plus de 400 médicaments figurant sur la l’ex-patron de Novartis, s’était dit prêt à faire Pour Philippe Eggimann, l’accès à des traite- liste des spécialités, le médecin doit consulter un effort pour que les médicaments ne soient ments innovants, vu leur prix, risque d’être limi- l’assurance maladie pour obtenir une «garantie payés que lorsqu’ils agissent. té à un très petit nombre de personnes. de prise en charge». Un garde-fou nécessaire Le Temps, 23 avril 2019 pour limiter la hausse des coûts de la santé? Le Temps, 15 mai 2019 192 Schweizer Krebsbulletin Nr. 3/2019
Sie können auch lesen