APO-IT: Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche
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APO-IT: Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche Schlussbericht Irmhild Rogalla, in Zusammenarbeit mit Johannes Einhaus, Josh Beier, Jörg Caumanns, Stefan Grunwald, Katja Manski, Walter Mattauch und Matthias Rohs, mit einem Beitrag von Dr. Michael Ehrke (IG Metall) und Karlheinz Müller (ZVEI) Berlin, 30. Juni 2005 1
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung: Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche.......................3 2 Referenzprojekte................................................................................................................6 3 Didaktisches Strukturkonzept zur arbeitsprozessorientierten Weiterbildung...........11 4 Umsetzungen als Pilotprojekte.......................................................................................15 5 E-Learning und Infrastrukturen...................................................................................... 20 6 Personalzertifizierung..................................................................................................... 26 7 Europäische Einbindung..................................................................................................30 8 Zusammenfassung und zukünftige Entwicklungslinien...............................................33 9 Arbeitsprozessorientierte Kompetenzentwicklung als Basis einer modernen Fachkräfteentwicklung im IT-Bereich (Dr. Michael Ehrke und Karlheinz Müller)......... 36 10 Daten und Fakten ......................................................................................................... 42 Materialien (auf CD-ROM) 2
1 Einleitung: Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche In der beruflichen Bildung findet ein Paradigmenwechsel hin zur Prozess- orientierung statt, der mit dem IT-Weiterbildungssystem (als formalem Rahmen) das erste Mal konsequent für eine ganze Branche umgesetzt wurde. Das Projekt „Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT- Branche (APO-IT)“ hat dafür das Strukturkonzept und die Inhalte geschaffen. Das Projekt wurde innerhalb des Programms „Neue Medien in der Bildung – Berufliche Bildung“ gefördert vom BMBF, betreut vom Projektträger DLR/PT-NMB und getragen von den Sozialpartnern, namentlich von BITKOM, ZVEI, ver.di und der IG Metall. Bereits während der Projektlaufzeit sind kontinuierlich viele Ergebnisse veröffentlicht worden. Dieser Abschlussbericht wird stattdessen aus der Perspektive des Projekts Entwicklungslinien aufzeigen und sich insbesondere dem Aspekt „Nachhaltigkeit“ widmen: • Worin bestehen die hauptsächlichen Ergebnisse des APO-IT-Projekts? • Wie und an welchen Stellen kann auf Basis dieser Ergebnisse weiterge- arbeitet werden? • Welche offenen Fragen gibt es? Eine wissenschaftliche Auswertung und Einordnung des Projekts ist nicht geplant. Diese wurde und wird unter spezifischen Aspekten an anderer Stelle geleistet1. Der Bericht richtet sich an ein einschlägig informiertes Fachpublikum und bietet keine Einführung in das Konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung oder das IT-Weiterbildungssystem. Das Projekt „Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche (APO-IT)“ gliederte sich in fünf Abschnitte: I: „Definitionsphase des APO-IT-Projekts“ (01.01.2000 – 30.06.2000) II: „APO-IT: Konzeption und Umsetzung von Referenzprojekten“ (01.07.2000 – 30.09.2002) III: „APO-IT: Ausarbeitung von Profilbeschreibungen“ (01.07.2001 – 30.09.2001) 1 Vgl. die vollständige Literaturliste auf der zu diesem Bericht gehörigen CD-ROM. 3
IV: „APO-IT: Konzeption und Organisation des BMBF Fachkongresses „IT-Weiterbildung mit System” am 05./06. März 2002“ (01.11.2001 – 31.03.2002) Die Abschnitte III und IV stellten dabei zusätzliche große Arbeitspakete dar, die den zweiten Projektabschnitt ergänzten. V: „APO-IT: Konsolidierung, Umsetzung und Verbreitung“ (01.10.2002 – 30.09.2004) Nach der Definitionsphase2 wurden in APO-IT II die Grundlagen der weiteren Entwicklung gelegt: Erste Referenzprojekte und die Methodik der Referenzprojekterstellung wurden entwickelt, die konzeptionellen Grund- lagen arbeitsprozessorientierter Weiterbildung erarbeitet, erste Umsetzun- gen in der Praxis durchgeführt sowie die strukturellen Voraussetzungen für die Verwertung der Projektergebnisse, die Zertifizierung und die E-Learning- Infrastruktur geschaffen. Ergänzt wurden diese Aktivitäten durch zwei zusätzliche Projektabschnitte: Im Sommer 2001 wurden für die Vereinbarung der Sozialpartner3, in der erstmalig die 29 IT-Spezialistenprofile beschrieben wurden, die Profil- beschreibungen erarbeitet. Von November 2001 an wurde innerhalb des APO-IT-Projekts der Fachkongress „IT-Weiterbildung mit System“ des BMBF vorbereitet, der im März 2002 mit 600 Teilnehmern in Berlin stattfand. In APO-IT V wurden die erfolgreichen Arbeiten aus den vorhergehenden Phasen fortgesetzt: Für alle 35 Profile des IT-Weiterbildungssystems wurden Referenzprojekte erarbeitet, weitere Umsetzungen wurden durch- geführt, die technischen Entwicklungen abgeschlossen, das IT-Weiter- bildungssystem und die Ergebnisse des APO-IT-Projekts in die Diskussion auf europäischer Ebene eingebracht und die Zertifizierungsstelle Cert-IT gegründet. Das APO-IT-Projekt und seine Ergebnisse sind Anknüpfungspunkt für eine Vielzahl weiterer Projekte: • In mehreren Bundesländern (u. a. Thüringen, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen) wurden und werden arbeitsprozess- orientierte Qualifizierungen im IT-Weiterbildungssystem erprobt. 2 Der Projektabschlussbericht wurde im Juli 2000 vorgelegt. Walter, R. u. a.: „Projektabschlussbericht: Definitionsphase des Projekts Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT-Branche“. Berlin, 14.07.2000. 3 Vereinbarung über die Spezialisten-Profile im Rahmen des Verfahrens zur Ordnung der IT-Weiterbildung vom 14. Februar 2002. Veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 105a vom 12. Juni 2002. 4
• Im Rahmen der so genannten „Content-Ausschreibung“ des BMBF werden in insgesamt elf Projekten E-Learning-Inhalte für das IT-Weiter- bildungssystem erstellt. • Zahlreiche Initiativen und Projekte für die IT-Branche haben das IT- Weiterbildungssystem bzw. das Konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung aufgenommen, unterstützen es und führen es weiter. Dazu gehören u. a. KIBNET, LOVE-IT PLUS und ProIT Hessen. Nachfolgend werden die wichtigsten Themen und Ergebnisse des APO-IT- Projekts vorgestellt. Einzelne Arbeitsschritte werden nicht aufgelistet. Auch die Aufwände sind bereits in den halbjährlichen Zwischenberichten gerechtfertigt worden. Wesentliche Ergebnisse des APO-IT-Projekts sind: • die Referenzprojekte für alle 35 Profile des IT-Weiterbildungssystems, • das didaktische Strukturkonzept zur arbeitsprozessorientierten Weiterbildung, • Pilotprojekte, in denen mit unterschiedlichen Leitfragen und in verschiedenen Konstellationen Weiterbildungen durchgeführt wurden, • Infrastrukturen und Konzepte für arbeitsprozessintegriertes E-Learning, • strukturelle Grundlagen für die Personalzertifizierung im IT-Weiter- bildungssystem und auf dieser Basis die Gründung der Zertifizierungs- stelle Cert-IT, • die Einbindung des IT-Weiterbildungssystems und der Ergebnisse des APO-IT-Projekts in Gremien und Strukturen auf europäischer Ebene. Das Konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung bildet die Basis für eine moderne Fachkräfte-Entwicklung: Unternehmen sind aufgrund steigender Anforderungen und dynamischer Technologie-Entwicklung immer stärker auf angemessene Konzepte für lebenslanges Lernen und betriebliche wie berufliche Qualifizierung angewiesen. Das Konzept einer arbeitsprozessorientierten Weiterbildung bietet mit seinen beiden essen- ziellen Bestandteilen der Prozessorientierung und der Integration von Arbeiten und Lernen hierfür zukunftsweisende Ansätze. 5
2 Referenzprojekte Wesentliches Ergebnis des APO-IT-Projekts sind die 35 Referenzprojekte für die Profile des IT-Weiterbildungssystems. Inhaltliche Beschreibung des Arbeitsbereichs In den Referenzprojekten werden die IT-Spezialisten und IT-Professionals durch ihre typischen Arbeitsprozesse und Tätigkeiten charakterisiert. Jedes Referenzprojekt beruht auf mindestens einem realen, für das jeweilige Profil typischen Projekt und der Erfahrung fachkompetenter Experten. Jedes Referenzprojekt enthält: • den für das Profil charakteristischen, zusammenfassenden Referenz- prozess, • die zum Referenzprozess gehörenden Teilprozesse, die die Tätigkeiten ausführlich darstellen, • die zu den jeweiligen Prozessen gehörenden Kompetenzfelder, die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Methoden und Werkzeuge beinhalten, • ein illustrierendes Beispiel. Referenzprojekte als Curricula zu verwenden ist eine der Grundideen des APO-IT-Projekts (vgl. Kapitel 3 „Didaktisches Strukturkonzept zur arbeits- prozessorientierten Weiterbildung“). Ebenso ist die Methode zur Erstellung der Referenzprojekte hier entwickelt worden. Die Referenzprojekte und insbesondere die Referenzprozesse setzen das Paradigma des Business (Re-)Engineering und der damit verbundenen Orientierung der Unter- nehmen an Geschäftsprozessen in Berufsrollen um. Klassische Berufsbilder sind u. a. durch das Objekt der Tätigkeit, die charakteristischen Aufgaben und Arbeitsmittel sowie den Funktionsbereich der Tätigkeit gekennzeichnet. Darüber hinaus gibt es bei den prozess- orientierten Profilen aus dem APO-IT-Projekt eine enge Verbindung zwischen den wertschöpfenden Geschäftsprozessen der Unternehmen und den Arbeitsprozessen der Fachkräfte. Dabei werden die Organisation der Unternehmen entlang von Prozessketten ebenso berücksichtigt wie die Zusammenfassung von unterschiedlichen Aufgaben (z. B. technischer, ökonomischer und kundenbezogener Art) in einer Funktion und die in modernen Unternehmen ausgeweiteten Verantwortungsbereiche der Fachkräfte. Prozessorientierte Strukturierung bietet große Vorteile: Da die Prozesse relativ dauerhaft sind, ziehen sie sich wie ein roter Faden durch den dynamischen technischen und technologischen Wandel. Weil die Referenz- 6
und die Teilprozesse relativ abstrakt modelliert und die Kompetenzen auf der Metaebene formuliert sind, sind vielfältige Ausgestaltungen in der beruflichen und unternehmerischen Realität möglich. Für die Qualifizierung lassen sich so mit Hilfe der Referenzprozesse reale Projekte identifizieren, die trotz ihrer individuellen Ausprägung vergleichbare Anforderungen enthalten. Von 2000 bis 2002 wurde das APO-IT-Projekt parallel zum vom Bundes- institut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des BMBF betriebenen Vorhaben „Neuordnung in der IT-Weiterbildung“ durchgeführt. Die Experten des Fachbeirats des Ordnungsverfahrens haben die Ebenen des IT-Weiter- bildungssystems und die Grundzüge der 29 Spezialisten und sechs Professional-Profile festgelegt. Die weitere inhaltliche Ausgestaltung erfolgte im APO-IT-Projekt. Nachdem in APO-IT I auf der Basis von Stellenmarktanalysen erste Profil- vorschläge erarbeitet worden waren, wurde in APO-IT II die Methodik der Erarbeitung und Darstellung der Referenzprojekte an ersten Profilen (u. a. Network Administrator und Database Developer) erprobt und verfeinert. Dabei entstanden u. a.: • die Methodik zur Erarbeitung von Referenzprojekten anhand von realen Projekten aus der Praxis gemeinsam mit unterschiedlichen Experten, • die für Arbeitsprozesse angemessene Art der Modellierung in Form von Ereignis-Prozess-Ketten, wie sie in den Referenzprojekten und dem Level-2-Dokument verwendet wird, • der formale Rahmen der Darstellung für alle 35 Referenzprojekte. Mit Hilfe dieses formalen und methodischen Handwerkszeugs wurden bis zum Abschluss von APO-IT V dann alle 35 Referenzprojekte fertiggestellt. In APO-IT II, III und V wurden auch wesentliche Strukturelemente für das IT- Weiterbildungssystem erarbeitet. So entstanden u. a.: • die Systematik der IT-Spezialisten, der so genannte „IT-Prozess“, der es ermöglicht, die IT-Spezialisten sinnvoll in einem Gesamtprozess einzu- ordnen, voneinander abzugrenzen und ihre Schnittstellen festzulegen, • die für die Ebenen der operativen und strategischen Professionals kenn- zeichnenden Tätigkeiten und Prozesse. Für die operativen Professionals handelt es sich um die Planung und Durchführung ihrer jeweils profil- spezifischen Projekte sowie die Durchführung projektübergreifender Planungs- und Führungsaufgaben im Laufe der Geschäftsperiode. Die Referenzprozesse der strategischen Professionals sind das gestaltende und das regelmäßige strategische Management. 7
An der Erarbeitung der Referenzprojekte waren fast 30 Projektmitarbeiterin- nen und -mitarbeiter, etwa 60 Unternehmens- und Bildungspartner sowie unzählige Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft beteiligt. Anknüpfungspunkte für andere Projekte und für die Verwertung Die Referenzprojekte bilden gemeinsam mit dem didaktischen Struktur- konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung die fachlich-inhaltliche Basis der anderen Arbeitspakete des APO-IT-Projekts. Sie sind außerdem Grundlage und Anknüpfungspunkt für eine Vielzahl weiterer Aktivitäten: • Die Projekte im Rahmen der noch laufenden „Content-Ausschreibung“ (Neue Medien in der Bildung: Vorhaben zur Entwicklung und zum Einsatz multimedialer Lehr- und Lernsoftware in der IT-Weiterbildung, vgl. Kapitel 5 „E-Learning und Infrastrukturen“) verwenden die Referenzprojekte als Basis für die entwickelten Lehreinheiten. • Für die Verbindung des IT-Weiterbildungssystems mit dem Hochschul- system dienen die Referenzprojekte als Basis für den Kompetenz- nachweis aus der beruflichen Bildung. Dieser „Brückenschlag“ wird zukünftig auf breiter Basis erprobt werden. • Für die Zertifizierung (vgl. Kapitel 6 „Personalzertifizierung“) und die Verbreitung des IT-Weiterbildungssystems sind die Profile und Referenz- projekte inhaltlicher Anknüpfungspunkt, so. u. a. für KIBNET (Spezialistenmodul, Karriereplanungsmodul) und LOVE-IT PLUS. • Das IT-Weiterbildungssystem ist auch für andere Branchen und Bereiche, so z. B. Multimedia4, ein attraktives Vorbild für die Ordnung beruflicher Fort- und Weiterbildung. Veröffentlichte Projektergebnisse Zu den veröffentlichten Projektergebnissen gehören u. a.: • die Referenzprojekte für die 29 IT-Spezialisten – Administrator, Advisor, Coordinator, Software Developer, Solution Developer und Technician –, 4 „Das APO-IT-Konzept einer arbeitsplatzorientierten und personenzertifizierten Weiterbildung ist als Lernform hochinnovativ [...] Hinweise aus der Medienwirtschaft zeigen, dass das zunächst ausschließlich für IT Berufe entwickelte Modell der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung auch in anderen Branchen und Berufsgruppen eine Zukunft hat. [...] Besonders interessiert an einer analogen Regelung zeigt sich die Multimediawirtschaft, vertreten durch den Deutschen Multimedia Verband (dmmv). Im Frühjahr 2003 hat sich der Arbeitskreis Aus- und Weiterbildung des dmmv einstimmig für eine aktive Mitwirkung in einschlägigen Gremien sowie an einer Erweiterung des APO-IT-Modells ausgesprochen. Mit der Erarbeitung entsprechender Profile für alle drei Ebenen (Spezialisten, operative und strategische Professionals) wurde im dmmv-Arbeitskreis bereits begonnen. Es ist abzusehen, dass auch andere Branchen und Berufsgruppen dieses erfolgreiche Modell aufgreifen werden.“ Aus: Michel, L. P. (2004): MMB-Expertise: Status quo und Zukunftsperspektiven von E-Learning in Deutschland. Essen. 8
die vier operativen und zwei strategischen Professsionals, verfügbar auf der beiliegenden CD-ROM sowie im Internet unter http://www.apo-it.de/html/materialien/referenzprojekte.html, • Die Spezialisten im IT-Weiterbildungssystem – Profile und Prozesse (so genanntes Level-2-Dokument, vgl. Kapitel 6 „Personalzertifizierung“), verfügbar auf der beiliegenden CD-ROM sowie im Internet unter http://www.apo-it.de/html/materialien/referenzprojekte.html, • Rogalla, I., Grunwald, S., Einhaus, J. (2002): Spagat zwischen Praxis und Curriculum: Die Entwicklung arbeitsprozessorientierter Referenz- projekte für die Profile des IT-Weiterbildungssystems. In: Mattauch, W., Caumanns, J. (Hrsg.): Innovationen in der IT-Weiterbildung. S. 179-187. Bielefeld: Bertelsmann. • Rogalla, I. (2002): Der IT-Prozess: Die Systematik der Spezialistenprofile im neuen IT-Weiterbildungssystem. In: Cramer, G., Kiepe, K. (Hrsg.): Jahrbuch Ausbildungspraxis 2003. Köln: Fachverlag Deutscher Wirtschaftsdienst. Auf den Projektergebnissen bauen u. a. folgende Bücher auf: • Rogalla, I., Witt-Schleuer, D. (2004): IT-Weiterbildung mit System. Das Praxishandbuch. Hannover: Heise. • De Boer, R., Willker, W. (2002): IT-Weiterbildung mit Erfolg. Kariereplaner für IT-Fachkräfte. Bremen: Medien-Institut. Offene Fragen Die Referenzprojekte, ihre Entwicklungsmethodik und die im Projekt verwendete Prozesssystematik sind im APO-IT-Projekt entwickelt und erstmalig erprobt worden. Aus diesem innovativen Ansatz erwachsen diverse Fragen, die zukünftig zu bearbeiten sind: • Mit dem IT-Prozess und den Referenzprozessen gibt es eine erste prozessorientierte Systematik für Arbeitsprozesse. Klassisch sind Lehr- und Bildungsinhalte aber fachsystematisch und hierarchisch (vom Allgemeinen zum Speziellen oder umgekehrt) strukturiert. Möglichkeiten der sinnvollen Verbindung beider Systematiken werden noch gesucht. • Die Zusammenfassung von Kompetenzen zu Kompetenzfeldern, ihre Anbindung an Prozesse und ihre Beschreibung auf einer relativ abstrakten Ebene ist ebenfalls eine Neuentwicklung des APO-IT- Projekts. Hier fehlt es insbesondere noch an Methoden zur Konkretisierung in den jeweiligen individuellen Qualifizierungsprojekten. 9
• Zu untersuchen ist noch, welche Aspekte der entwickelten Prozess- Systematiken spezifisch für den IT-Bereich sind und welche sich auf andere, ggf. auch nicht IT-nahe, Bereiche übertragen lassen. • Ein formal-organisatorisches Problem ist ebenfalls noch ungelöst: Auch wenn die Referenzprojekte und die in ihnen dargestellten Prozesse relativ dauerhaft sind, ist trotzdem ein regelmäßiges Update im Hinblick auf technologische Fragen und andere Innovationen notwendig. Wie und von wem dieses Update geleistet wird, ist derzeit ungeklärt (vgl. auch Kapitel 6 „Personalzertifizierung“). Zur Qualitätssicherung des IT-Weiterbildungs- systems, zur Aufrecherhaltung der Aktualität und zur Sicherung des Anwendungsbezugs der Referenzprozesse ist ein regelmäßiges Update aber dringend geboten. 10
3 Didaktisches Strukturkonzept zur arbeitsprozess- orientierten Weiterbildung Durch die Orientierung an Arbeitsprozessen Lernen und Arbeiten zu verbinden ist Ergebnis der konzeptionellen Grundlagenarbeit im APO-IT- Projekt. Inhaltliche Beschreibung des Arbeitsbereichs An mehreren Stellen des APO-IT-Projekts drückt sich eine konsequente Prozessorientierung als Hauptmerkmal aus: • Die Curricula basieren auf realen Projekten und Arbeitsprozessen (vgl. Kapitel 2 „Referenzprojekte“). • Im didaktischen Strukturkonzept wird hergeleitet, wieso es in innovativen Branchen sinnvoll ist, Lernen und Arbeiten eng zu verbinden und welche Konsequenzen sich daraus für den Lernprozess ergeben. • In den Umsetzungen lernen Weiterzubildende tatsächlich in ihren Arbeits- prozessen (vgl. Kapitel 4 „Umsetzungen als Pilotprojekte“). Das didaktische Strukturkonzept der arbeitsprozessorientierten Weiter- bildung wurde speziell für den IT-Bereich entwickelt. Dieser zeichnet sich durch eine wenig ausgeprägte berufliche Strukturierung, eine hohe Zahl an Quereinsteigern, dynamische Technologie- und Technikentwicklungen sowie die Selbstverständlichkeit informellen Lernens aus. Ziel jeder Qualifizierung muss der Erwerb und die Förderung beruflicher Handlungskompetenz sein. Für die Integration von Arbeiten und Lernen wurden im didaktischen Strukturkonzept daher bestimmte Leitlinien festgelegt. Das Lernen erfolgt: • in realen Projekten, • selbst gesteuert, zugleich aber • mit personeller Unterstützung und • reflektiert. Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung beinhaltet also einen Bruch mit bisherigen Vorgehensweisen und Paradigmen: Der Lernende mit seinen individuellen Voraussetzungen, seinen Zielen und Rahmenbedingungen steht im Mittelpunkt. Es geht nicht um die Vermittlung eines festgelegten Wissenskanons oder abstrakter Schlüsselkompetenzen, die aus ihrem Anwendungskontext gelöst sind. Vielmehr sind der Erwerb und weitere Aufbau von reflexiver Handlungskompetenz des Einzelnen im sich 11
wandelnden beruflichen Umfeld wesentliche Ziele. Damit wandeln sich auch die Rollen von Lernenden und Lehrenden. Lernende sind aufgefordert, anhand realer Projekte aus ihrem Arbeitsumfeld ihr Lernen – in Zielen, Inhalten und Ablauf – weitgehend selbst zu steuern. Die Rolle des „Lehrenden“ wandelt sich vom Instrukteur zum Unterstützer und Begleiter der Lernprozesse. Durch das didaktische Strukturkonzept arbeitsprozess- orientierter Weiterbildung werden hohe Anforderungen an die Lernenden gestellt. Sie erhalten aber auch entsprechende Unterstützung: Neben den Referenzprojekten als curricularer Grundlage stehen ihnen Fachberater und Lernprozessbegleiter zur Verfügung. Ein fachlicher Berater unterstützt den Lernenden bei fachlichen Fragen, gerade dann, wenn diese unternehmens- spezifisch sind oder einen Experten erfordern. Die Lernprozessbegleitung hat sich im Rahmen des APO-IT-Projekts als wesentlich für den Erfolg der Lernprozesse und damit der Weiterbildung herausgestellt. Die zu Projektbeginn in den konzeptionellen Grundlagen ursprünglich vorgesehene Rolle des „Coach“ hat sich durch die praktischen Erfahrungen bei der Erprobung des Konzepts (vgl. Kapitel 4 „Umsetzungen als Pilotprojekte“) immer mehr zu der eines Lernprozessbegleiters entwickelt. Während Coaching sich auf die Berufsrolle des Gecoachten und die damit zusammenhängenden Inhalte und Anliegen bezieht, ist die Lernprozessbegleitung stärker eine Lernberatung, die den Lernenden in seiner Weiterbildung, z. B. in der Selbststeuerung oder beim Dokumen- tieren, unterstützt. Beiden Konzepten gemeinsam ist der begleitende Ansatz: individuelle Beratung auf der Basis gegenseitiger Akzeptanz, Unterstützung bei der Entwicklung eigener Vorgehensweisen und Lösungen, Förderung von Selbstwahrnehmung und -reflexion sowie Hilfe zur Selbsthilfe. Mit der Lernprozessbegleitung wurde im APO-IT-Projekt ein pädagogisches Konzept aufgegriffen und speziell im IT-Bereich sowie für die arbeitsprozessorientierte Weiterbildung angewendet. Es hat der Weiterbildungslandschaft bereits eine Reihe von Impulsen gegeben und wird derzeit in unterschiedlichen Kontexten diskutiert und weiterentwickelt. Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung erzielt nachhaltige Erfolge: Weiterzubildende erwerben Handlungskompetenz in ihrem beruflichen Umfeld. Sie lernen, selbst zu lernen, d. h. zu erkennen, an welchen Punkten sie ihre Kompetenzen erweitern müssen, zu beurteilen, auf welche Weise sie das am besten tun, und zu reflektieren, was sie gelernt haben. Durch arbeitsprozessorientierte Weiterbildung werden nicht nur fachliche (IT-spezi- fische) und fachübergreifende (z. B. betriebswirtschaftliche) Kenntnisse und Fähigkeiten erworben. Da in realen Projekten und Prozessen gelernt wird, werden in der Regel vollständige Arbeitshandlungen durchgeführt, d. h. neben dem Durchführen gehören auch Planen und Kontrollieren zu den Aufgaben. Auf diese Weise werden auch spezifische Schlüsselkompetenzen 12
erworben, da reale Projekte auch für eher technisch orientierte IT- Spezialisten Kundenkontakt, Präsentation von Konzepten und Ergebnissen sowie Arbeiten im Team bedeuten. In Bezug auf die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten erweist sich das Strukturkonzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung als flexibel. Einen Einblick geben die im Rahmen des APO-IT-Projekts durchgeführten Pilotumsetzungen (vgl. Kapitel 4 „Umsetzungen als Pilotprojekte“). Veröffentlichte Projektergebnisse Einzelheiten zum Strukturkonzept arbeitsprozessorientierter Weiterbildung und zur Lernprozessbegleitung sind folgenden Veröffentlichungen zu entnehmen: • Rohs, M. (2004): Der didaktisch-methodische Ansatz der Arbeitsprozess- orientierten Weiterbildung in der IT-Branche. In: Dehnbostel, P., Lang, M. (Hrsg.): Innovationen und Tendenzen der betrieblichen Berufsbildung. S. 187 - 198. Stuttgart: Franz Steiner. • Rohs, M., Käpplinger, B. (Hrsg.) (2004): Lernberatung in der beruflich- betrieblichen Bildung. Konzepte und Praxisbeispiele für die Umsetzung. Münster: Waxmann. • Mattauch, W., Büchele, U., Damian, F. (2003): Weiterbildungsmethoden zur Integration von Arbeiten und Lernen im Unternehmen. In: Mattauch, W., Caumanns, J. (Hrsg.): Innovationen der IT-Weiterbildung. Bielefeld: Bertelsmann. • Rohs, M. (Hrsg.) (2002): Arbeitsprozessintegriertes Lernen. Neue Ansätze für die berufliche Bildung. Münster: Waxmann. • Rohs, M., Mattauch, W. (2001): Konzeptionelle Grundlagen der arbeits- prozessorientierten Weiterbildung in der IT-Branche. Berlin: ISST-Bericht 59/01. Offene Fragen Inzwischen ist das Konzept arbeitsprozessorientierter Weiterbildung über den IT-Bereich hinaus bekannt. Es wird (auch unabhängig vom APO-IT- Projekt) in vielfältigen Kontexten verwendet. Da es sich um ein Struktur- konzept handelt, sind die unterschiedlichsten Ausgestaltungen denkbar. Als zentrales Element arbeitsprozessorientierter Weiterbildung hat sich die Lernprozessbegleitung erwiesen, was zu einer Reihe offener Fragen führt: • Welche Elemente sind für Lernprozessbegleitung elementar und unverzichtbar? • Was unterscheidet Lernprozessbegleitung von Coaching, welche Ähnlichkeiten gibt es? 13
• Welche Voraussetzungen muss demnach eine Person mitbringen, die im Bereich der Lernprozessbegleitung tätig werden möchte? Welche Ausbildung ist hierfür notwendig? • Wie wird die Qualität der Lernprozessbegleitung gesichert? 14
4 Umsetzungen als Pilotprojekte Die Pilotumsetzungen im Rahmen des APO-IT-Projekts haben gezeigt, dass arbeitsprozessorientierte Weiterbildung eine für Mitarbeiter und Vorgesetzte gleichermaßen attraktive Form des Lernens ist. Inhaltliche Beschreibung des Arbeitsbereichs In der betrieblichen Praxis wurden arbeitsprozessorientierte Weiterbildungen unter unterschiedlichen Realisierungsbedingungen erfolgreich durchgeführt. Die eingesetzten Referenzprojekte, vor allem aber die grundsätzliche Idee der Referenzprojekte als Struktur für das Lernen in der Arbeit wurden durch die Umsetzungen bestätigt. Die inhaltliche und wissenschaftliche Begleitung der Pilotumsetzungen war dabei sehr vielfältig. Das Konzept der arbeits- prozessorientierten Weiterbildung wurde durch die Anforderungen der verschiedenen Partner konkretisiert und weiterentwickelt. Es entstanden unterschiedliche Praxishilfen, wie Leitfäden, Rollenbeschreibungen, Check- listen, Beispielplanungen usw. Aktuelle Erfahrungen der Akteure in den unterschiedlichen Umsetzungen wurden aufgenommen, verdichtet und in der APO-Community verbreitet (u. a. im Rahmen der regelmäßig im Herbst veranstalteten APO-Kongresse des Fraunhofer ISST sowie in zahlreichen Publikationen). Die Diskussionsergebnisse wurden schließlich wieder in die Praxis der Pilotumsetzungen zurückgespielt. Die erste Pilotumsetzung war die Aufstiegsfortbildung zum Network Administrator mit der Deutschen Telekom (Mai 2001 – März 2002). Sie wurde im Rahmen des APO-IT-Projekts gemeinsam mit der Gesellschaft für Ausbildungsforschung und Berufsentwicklung (GAB München) betreut. Ergebnisse dieser Umsetzung waren u. a.: • die erste exemplarische Vorstellung vom Ablauf einer arbeitsprozess- orientierten Weiterbildung in der Praxis und • die Beschreibung der verschieden Rollen und Aufgaben bei der Betreuung der Teilnehmer (Lernprozessbegleitung, Fachberatung, Rolle des Vorgesetzten, Rolle von Bildungsdienstleistern). Die Umsetzung wurde mit dem Weiterbildungsinnovationspreis 2002 des BIBB ausgezeichnet. Die weiteren Umsetzungen im Rahmen des APO-IT-Projekts lieferten den Nachweis, dass das grundsätzliche Konzept flexibel in unterschiedlichen betrieblichen Kontexten eingesetzt werden kann. Gleichzeitig wurden durch spezielle Fragestellungen die Grenzen des Konzepts ausgetestet: 15
• Umsetzung zu verschiedenen Spezialistenprofilen mit Siemens Professional Education (Juni 2002 – Oktober 2003): In dieser Pilotumsetzung fand keine Festlegung auf ein bestimmtes Spezialistenprofil statt. Es wurde auch keine Teilnehmergruppe im traditionellen Sinne gebildet. Stattdessen wurden im Unternehmen zwei Prozesse vorangetrieben: In der Bildungsabteilung wurden Kapazitäten für die Betreuung von Teilnehmern ausgebildet, in den verschiedenen Fachabteilungen am Standort Berlin dazu parallel Teilnehmer akquiriert. Teilnehmer konnten dann zu beliebigen Zeiten (abhängig von ihren jeweiligen Qualifizierungsprojekten) in die Weiterbildung einsteigen. In einem gemeinsamen Gespräch mit dem Vorgesetzten (und unter Einbeziehung eines Lernprozessbegleiters) wählten sie ein Profil, das ihrem Bildungsbedarf am besten entsprach. Ein Ergebnis dieser Pilotumsetzung war: Das Konzept der arbeits- prozessorientierten Weiterbildung erlaubt es, eine hohe Individualisierung (sowohl zeitlicher als auch inhaltlicher Natur) vorzunehmen. Weiterhin wurde deutlich, dass der Verzicht auf die Teilnehmergruppe zu neuen Herausforderungen in Bezug auf die Administration und Motivation aller Beteiligten führt. • Umsetzung zum IT Project Coordinator mit der Kölsch & Altmann GmbH (August 2002 – Dezember 2003): Bei dieser Umsetzung in einem kleinen Softwareentwicklungs- und Beratungsunternehmen übernahm einer der Geschäftsführer sämtliche Begleitungsrollen für einen seiner Mitarbeiter. Die Weiterbildung war in den alltäglichen Ablauf des Unternehmens integriert, knüpfte unmittelbar an die bisherigen Lernerfahrungen des Mitarbeiters an und nutzte die in anderen Personalentwicklungsmaßnahmen üblichen Instrumente (u. a. Weiterbildungszeiten, interne Qualifizierungsprojekte, Fachgespräche). Die Umsetzung hat die besonderen Herausforderungen aufgezeigt, die sich aus einer Häufung der im Konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung vorgesehenen Rollen bei einer Person ergeben. Zudem hat sie nachgewiesen, dass in kleinen und mittleren Unternehmen mit einer gut entwickelten Lernkultur das Konzept der arbeitsprozess- orientierten Weiterbildung unmittelbar integrierbar ist. Daneben wurde die Bedeutung des Vorgesetzten für das Lernen in der Arbeit, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung lernförderlicher Rahmenbedingungen, aufgezeigt. • Arbeitsprozessorientierte Fortbildung bei der MGI METRO Group Information Technology GmbH auf der Ebene der Operativen Professionals (November 2003 – März 2005): 16
Erstmalig wurde hier das auf der Spezialistenebene erfolgreich erprobte Konzept der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung auf die Ebenen der Professionals übertragen. In dieser Umsetzung wurden zum einen das Konzept einer Lernprozessbegleitung auf Ebene der Professionals erprobt, zum anderen neuartige Unterstützungsinstrumente, wie z. B. ein Lerntagebuch, eingesetzt. Die Umsetzung unterstützte die weitere Vernetzung der Mitarbeiter im Unternehmen, was als Hinweis auf die enge Verbindung von Personal- und Organisationsentwicklung in der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung verstanden werden kann. Zusätzlich zur tatsächlichen Weiterbildung von Teilnehmern wurden auch die vor- und nachgelagerten Phasen (strategische Entscheidung im Unternehmen, Konzeption, Planung und Vorbereitung der Weiterbildung, Auswertung) begleitet. Zielgruppe der Beratung waren insbesondere die jeweiligen Organisatoren der Weiterbildung in den Umsetzungen: Vorgesetzte und Mitarbeiter von Bildungsdienstleistern. Damit sind zugleich zwei unterschiedliche Organisationsentwicklungsprozesse angesprochen: • Vorgesetzte müssen sich mit ihrer Rolle als „dezentrale Personal- entwickler“ auseinandersetzen und die damit verbundenen Aufgaben wahrnehmen. • Bildungsdienstleister (sowohl externe Weiterbildungseinrichtungen als auch interne Personalentwicklungs- und Bildungsabteilungen) müssen sich auf ihre neue Rolle als Unterstützer des Lernens in der Arbeit einstellen und unternehmensspezifisch ausgestalten. Eine weitere spezielle Zielgruppe der Umsetzungen waren die Lernprozess- begleiter. Sie wurden in ihrer Rolle geschult und während der jeweiligen Pilotumsetzungen begleitet. Durch die kontinuierliche Arbeit mit den Lern- prozessbegleitern konnten der Verlauf und die Qualität der Weiterbildung gesichert werden. Zudem waren die Lernprozessbegleiter wegen ihres unmittelbaren Kontakts mit den Teilnehmern hilfreiche Diskussionspartner bei der Weiterentwicklung des Konzepts der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung (vgl. Kapitel 3 „Didaktisches Strukturkonzept zur arbeits- prozessorientierten Weiterbildung“). Parallel zur Begleitung der Lern- prozessbegleiter in einzelnen Umsetzungen wurden im Rahmen des APO- IT-Projekts übergreifende „Lernprozessbegleitertreffen“ organisiert und durchgeführt, die auf einen gegenseitigen Erfahrungsaustausch und Vernetzung untereinander abzielten. Die Treffen dienten auch dazu, dass die Praktiker untereinander ein gemeinsames Verständnis ihrer neuen Aufgabe erarbeiteten. Dokumentation der Projektergebnisse • Manski, K., Mattauch, W., Einhaus, J., Loroff, C., Rohs, M. (2005): Erfahrungen mit der Arbeitsprozessorientierten Weiterbildung in der IT- 17
Branche (APO-IT) – Praxis der Pilotumsetzungen. Erscheint in: Loroff, C., Manski, K., Mattauch, W., Schmidt, M. (Hrsg.): Arbeitsprozess- orientierte Weiterbildung. Lernprozesse gestalten – Kompetenzen entwickeln. Münster u. a.: Waxmann. • Loroff, C., Manski, K. (in Vorbereitung, 2005): Teilnehmer einer APO- Weiterbildung zum IT-Spezialisten. Heft 10 der APO-IT-Heftreihe. • Manski, K., Mattauch, W. (in Vorbereitung, 2005): Organisation einer Arbeitsprozessorientierten Weiterbildung. Heft 3 der APO-IT-Heftreihe. • Rohs, M., Manski, K. (in Vorbereitung, 2005): APO und Personal-/ Organisationsentwicklung. Heft 2 der APO-IT-Heftreihe. • Rohs, M., Damian, F., Walter, R., Hüttner, J. (in Vorbereitung, 2005): Evaluation der Arbeitsprozessorientierten Weiterbildung. Eine Fallstudie im Rahmen der Weiterbildung zum Operativen IT-Professional. Berlin: ISST-Bericht. • Einhaus, J., Loroff, C. (2004): Praxiserfahrungen aus der Lernprozess- begleitung in Umsetzungsprojekten der IT-Weiterbildung. In: Rohs, M., Käpplinger, B. (Hrsg.): Lernberatung in der beruflichen Bildung. Konzepte und Praxisbeispiele. S. 159 – 176. Münster u. a.: Waxmann. • Mattauch, W., Caumanns, J. (Hrsg.) (2003): Innovationen der IT-Weiter- bildung. Bielefeld: Bertelsmann. Anknüpfungspunkte für andere Projekte Die Pilotumsetzungen des APO-IT-Projekts wurden in enger Abstimmung mit den so genannten APO-Länderprojekten (Umsetzungen in diversen Bundesländern, u. a. Thüringen, Baden-Württemberg, Bayern) durch- geführt. So konnte das Erfahrungsspektrum erheblich erweitert werden. Weitere Erprobungen des Konzepts der arbeitsprozessorientierten Weiter- bildung auf Basis der im APO-IT-Projekt geleisteten Entwicklungsarbeiten finden u. a. im Rahmen von ITAQU, KomNetz und APO-IT-Niedersachsen statt. Offene Fragen Mit den Pilotumsetzungen wurden mögliche Wege zur Realisierung der APO-Ideen aufgezeigt. Auf Grund des großen Erfahrungsspektrums kann insbesondere auf der Spezialistenebene der Anspruch erhoben werden, nachhaltige Lösungen entwickelt zu haben. Auf den Professionalebenen müssen sich die APO-Ideen und -Instrumente noch weiter bewähren. Dennoch bestehen auch auf der Spezialistenebene im Detail noch Erfahrungslücken, die in zukünftigen Umsetzungen geschlossen werden müssen (z. B. Möglichkeiten zur Sicherung lernförderlicher Rahmen- 18
bedingungen, Zusammenspiel von Vorgesetztem und Bildungsdienstleister, Bedeutung der Teilnehmergruppe beim Lernen im Arbeitsprozess, Nutzung des Instruments der Qualifizierungsvereinbarung, Unterstützung der fachlichen Berater in ihrer Aufgabe). Erfahrungen aus weiteren Umsetzungen werden das Konzept in diesen und anderen Punkten weiter spezifizieren. Letztendlich muss aber jeder Bildungsverantwortliche seinen APO-Weg finden. Dass das grundsätzliche Strukturkonzept hierfür die nötige Offenheit und Flexibilität bietet, haben die Pilotumsetzungen nach- drücklich erwiesen. Offen ist allerdings, wie zukünftig die vielfältigen Erfahrungen, die in den Unternehmen gemacht werden, gesichert und reflektiert werden sollen, damit das Konzept und die Community sukzessive von diesen Erfahrungen profitieren können. Darüber hinaus ergeben sich aus den Erfahrungen der Pilotumsetzungen zwei wichtige Anschlussfragen, deren Beantwortung über eine reine Spezifizierung des Konzepts hinausgehen und eher auf dessen Erweiterung zielen: • Wie können über arbeitsprozessorientierte Weiterbildungen individuelle Qualifizierungen besser mit übergeordneten Personalentwicklungs- und Organisationsentwicklungsprozessen verzahnt werden? • Welche Wege müssen beschritten werden, um eine fruchtbare Verbindung von individueller arbeitsprozessorientierter Weiterbildung und unternehmensweitem Wissensmanagement zu erreichen? 19
5 E-Learning und Infrastrukturen Selbstorganisiertes Lernen am Arbeitsplatz, wie es vom Konzept arbeits- prozessorientierter Weiterbildung gefordert und unterstützt wird, legt den Einsatz computergestützten Lernens nahe. Inhaltliche Beschreibung des Arbeitsbereichs Im Rahmen des APO-IT-Projekts wurde das gesamte Spektrum computer- gestützter Lern- und Unterstützungsmöglichkeiten von elektronischen Instruktionsmedien über kooperatives Lernen und Wissensmanagement bis hin zu flexibel einsetzbaren Infrastrukturkomponenten (z. B. Portale) betrachtet. Hierbei zeigte sich, dass unterschiedliche Betrachtungsweisen zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen führen: • Aus Sicht der Unternehmen ist die Verwertung des in Weiterbildungen gewonnenen „Wissens“ im Kontext existierender oder zu schaffender Wissensmanagement- und Wissensproduktions-Infrastrukturen von besonderer Bedeutung. • Aus Sicht fachlich unterstützender Weiterbildner (insbesondere in KMU- Szenarien) ist die Bereitstellung von elektronischen Lernmaterialien, d. h. eine Instruktionsunterstützung durch neue Medien, von besonderem Interesse. • Aus Sicht der Lernprozessbegleiter und der fachlichen Berater ist eine Unterstützung der Begleitprozesse (vor allem der Dokumentation) und eine Förderung kooperativer, virtueller Lernformen wichtig. • Aus Sicht der Teilnehmer sind vor allem die Verfügbarkeit von problem- lösend ausgerichteten Informationsbausteinen und die Vernetzung mit anderen Teilnehmern zu verbessern. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag vor allem auf der Unterstützung von Weiterbildnern, insbesondere im Sinne der in Teilen zeitgleich mit dem APO-IT-Projekt laufenden „Content-Ausschreibung“ des BMBF5. Die ebenfalls sehr wichtigen Aspekte der Integration von Lernen und Wissens- management sowie der Unterstützung von Lernprozessbegleitern wurden in den Pilotumsetzungen verankert bzw. schwerpunktmäßig in APO-Länder- projekte (vgl. auch Kapitel 4 „Umsetzungen als Pilotprojekte“) eingebracht. Über den gesamten Verlauf des APO-IT-Projekts hinweg wurde die Frage nach den Charakteristika von E-Learning-Medien für die arbeitsprozess- orientierte Weiterbildung diskutiert. Dabei haben sich die folgenden Eigenschaften als wünschenswert erwiesen: 5 Diese Projekte werden im Mai 2005 ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vorstellen. 20
• die Unterstützung prozessorientierter Gliederungs- und Navigations- strukturen, • die Einbindung von Aufgaben und Problemstellungen, die ein eigenständiges Lernen anstoßen können, • die Betonung methodischer Aspekte in dem Sinne, dass nicht eine Lösung vorgegeben, sondern ein Lösungsweg aufgezeigt wird, • die intensive Nutzung interaktiver Elemente, um Sachverhalte plastisch zu machen, den Lernenden in eine aktive Rolle zu bringen und eine selbstständige Auseinandersetzung mit den Inhalten zu motivieren. Ziel des APO-IT-Projekts im Bereich E-Learning war es, für die im Rahmen der „Content-Ausschreibung“ des BMBF geförderten Projekte geeignete Bausteine bereitzustellen, die es diesen Projekten erlauben würden, sich weitgehend losgelöst von technischen Fragestellungen auf die Produktion von Lernmedien zu konzentrieren. Zu diesen Bausteinen gehören der APO-Pilot als neue Metapher für die Strukturierung von Lerninhalten, ein spezielles Konformitäts- und Qualitätssiegel für E-Learning-Materialien sowie der Prototyp eines Portals für die Vermarktung dieser Materialien. Mit dem APO-Pilot wurde versucht, die Idee der Prozessorientierung auf die Strukturierung von Lernumgebungen zu übertragen. Das Ergebnis sind profilspezifische Umgebungen, in denen Lernmedien und Unterstützungs- materialien nicht fachsystematisch, sondern entlang von Referenz- und Teilprozessen strukturiert sind. Die Navigation findet über die auch in den Referenzprojekten (vgl. Kapitel 2 „Referenzprojekte“) enthaltenen Ereignis- Prozess-Ketten statt. 21
Abbildung 1: Screenshot APO-Pilot Zielsetzung des APO-Pilot war es vor allem, eine neue Metapher der Strukturierung von Lerninhalten einzuführen und zu verbreiten. Diese war erfolgreich: Mittlerweile haben eine ganze Reihe von E-Learning-Projekten und -Anbietern Portale aufgebaut, die die grundsätzliche Struktur und bisweilen sogar das Erscheinungsbild des APO-Pilot aufgreifen. Im Rahmen der „Content-Ausschreibung“ des BMBF zeigte sich ein Bedürfnis der Weiterbildner nach einem speziellen Konformitäts- und Qualitätssiegel zur Qualitätssicherung der Lernmaterialien. Die mit einer derartigen Signatur verbundenen technischen Probleme wurden im Rahmen des APO-IT-Projekts gelöst: Die APO-Signatur verwendet ein asymme- trisches Verschlüsselungsverfahren, mit dem die Integrität von Metadaten garantiert wird. Gleichzeitig ermöglicht dieses Verfahren, einen fälschungs- sicheren Kommentar in die Metadaten einzufügen. Zur Unterstützung des 22
zukünftigen Signaturanbieters wurden Werkzeuge zum Erstellen, Entschlüsseln und Verifizieren von Signaturen implementiert. In dem ersten Prototyp des Portals zur Vermarktung der entstehenden Lernmaterialien ist die technologische Basis für ein weitgehend geschäfts- modellunabhängiges Konzept umgesetzt worden. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen Screenshot des Portalausschnitts zum Profil des Multimedia-Entwicklers. Abbildung 2: APO-Content-Portal Im Einzelnen wurden im Themenfeld E-Learning die folgenden konkreten Ergebnisse erzielt: • APO-Piloten für alle Spezialistenprofile • Technische Lösungen wie 23
• Methodik und Werkzeuge zur Signierung APO-konformer Lernmedien • Taxonomien zur inhaltlichen Klassifizierung von Lernmedien • Werkzeuge zur Unterstützung der Prozessdokumentation • XSL-Skripte zur Extraktion von einzelnen Informationsblöcken aus den Referenzprojekten der jeweiligen Profile und aus dem so genannten Level-2-Dokument • Anpassung des LOM-Standards auf die Besonderheiten von Lernmedien für eine arbeitsprozessorientierte Weiterbildung • Prototyp eines Portals zur Sammlung und Verwertung von APO- konformen Lernmedien Daneben wurden vom Fraunhofer ISST diverse Workshops mit unterschied- lichen Themenstellungen zur Unterstützung der Projekte aus der „Content- Ausschreibung“ des BMBF organisiert und moderiert. Zusätzlich wurde die Ausarbeitung eines konsensfähigen Geschäftsmodells durch Fragebögen, zusammenfassende Berichte und die Einbringung eigener Konzeptpapiere unterstützt. Veröffentlichte Projektergebnisse Zu E-Learning-Aspekten einer arbeitsprozessorientierten Weiterbildung wurden folgende Publikationen veröffentlicht: • Mattauch, W., Caumanns, J. (in Vorbereitung, 2005): E-Learning in der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung. Heft 4 der APO-IT-Heftreihe. • Mattauch, W., Schmidt, M. (2005) : E-Learning in der Arbeitsprozess- orientierten Weiterbildung. In: Breitner, H. (Hrsg.): Einsatzkonzepte und Geschäftsmodelle für E-Learning (in Vorbereitung). • Wendt, A., Caumanns, J. (Hrsg.) (2003): E-Learning in der Arbeits- prozessorientierten Weiterbildung. Münster u. a.: Waxmann. • Fuchs-Kittowski, F., Walter, R. (2002): Prozessorientierte Technik- unterstützung für arbeitsprozessorientierte Weiterbildungen. In: Herczeg, M., Oberquelle, H., Prinz, W. (Hrsg.): Mensch und Computer 2002 – Vom interaktiven Werkzeug zu kooperativen Arbeits- und Lernwelten. S. 275-284. Stuttgart: Teubner. • Caumanns, J. (2002): E-Learning im Kontext arbeitsprozessorientierter Weiterbildung. In: Mattauch, W., Caumanns, J. (Hrsg.): Innovationen in der IT-Weiterbildung. S. 141 – 147. Bielefeld: Bertelsmann. 24
Offene Fragen Die E-Learning-Aktivitäten des APO-IT-Projekts sind in weiten Teilen eine Umsetzung und Anwendung der im ebenfalls BMBF-geförderten Projekt „Teachware on Demand“ entwickelten Technologien und Konzepte. Ebenso wie die Ergebnisse des Teachware-Projekts deuten auch die im APO-IT- Projekt mit dem Einsatz von E-Learning gesammelten Erfahrungen darauf hin, dass der Einsatzkontext der beruflichen Bildung andere Methoden und Ansatzpunkte des E-Learning erfordert als das „klassische“ Virtualisieren existierender Lehrmaterialien. Insbesondere durch die Erfahrungen mit E-Learning in den Pilotumset- zungen (vgl. Kapitel 4 „Umsetzungen als Pilotprojekte“) und die Analyse der ersten Ergebnisse der Projekte aus der „Content-Ausschreibung“ des BMBF wurde innerhalb des Projektteams die vor 20 Jahren entwickelte Idee des „Computers als kognitives Werkzeug“ als viel versprechender Ansatz diskutiert: • Fördert der Computer als kognitives Werkzeug die Akzeptanz des selbst gesteuerten E-Learnings? • Trägt die so verstärkte und veränderte Nutzung des PCs zur Netzwerk- bildung und zum wirklichen Austausch unter Lernenden bei? • Lassen sich mit Hilfe dieses Werkzeugansatzes prozessorientierte Lern- medien in einer „neuen“ Art, die das Instruktionsparadigma endgültig hinter sich lässt, gestalten? • Mit IMS Learning Design existiert seit Kurzem eine Spezifikation, mit der sich nicht nur Lernziele und -inhalte, sondern vor allem Lernprozesse formal beschreiben lassen. Kann eine Modellierung von typischen APO- Lernprozessen die bislang fehlende Brücke zwischen informellen Lern- prozessen und formal beschriebenen E-Learning-Einheiten schaffen? 25
6 Personalzertifizierung Die Einführung der Personalzertifizierung in die berufliche Bildung ist eine der wesentlichen Neuerungen des IT-Weiterbildungssystems. Inhaltliche Beschreibung des Arbeitsbereichs Die Verzahnung von Personalzertifizierung mit öffentlich-rechtlichen Abschlüssen ist in der deutschen Bildungslandschaft bisher einmalig: • Eingangsvoraussetzung für die Zertifizierung im Spezialistenbereich des IT-Weiterbildungssystems ist entweder ein Berufsabschluss im IT- Bereich oder ein sonstiger Berufsabschluss verbunden mit mindestens einjähriger Berufserfahrung im IT-Bereich oder eine mindestens vierjährige, einschlägige Berufserfahrung. • Die Profile der Spezialistenebene und ihre privatwirtschaftliche Zertifizierung sind in der „Vereinbarung über die Spezialistenprofile im Rahmen des Verfahrens zur Ordnung der IT-Weiterbildung“ der Sozialpartner festgelegt. IT-Spezialisten unterliegen dem Verfahren der Personalzertifizierung gemäß der international gültigen Norm DIN EN ISO/IEC 17024. • Die Spezialistenzertifizierung ist ihrerseits in der Regel Voraussetzung für eine Qualifizierung im Bereich der IT-Professionals, die mit einer öffentlich-rechtlichen Prüfung vor einer Industrie- und Handelskammer abgeschlossen wird. Inhaltliche Flexibilität und schnellere Umsetzung sind wesentliche Vorteile der privatwirtschaftlichen Zertifizierung: Die Sozialpartner haben sich darauf verständigt, die Aktualität der IT-Spezialistenprofile jährlich zu überprüfen. Einigen sich die Experten des IT-Sektorkomitees auf Änderungen der Spezialistenprofile, so müssen diese Änderungen von den Zertifizierungs- stellen umgesetzt werden. Auf diese Weise werden die durch fachliche Tiefe geprägten Spezialistenprofile den sich ändernden Anforderungen des dynamischen IT-Bereichs gerecht. Im APO-IT-Projekt wurden die Grundlagen für prozessorientierte Prüfverfahren der IT-Spezialisten entwickelt und die notwendigen organisatorischen Strukturen geschaffen bzw. mit Leben gefüllt: • Personalzertifizierung ist eine anerkannte Methode zur Beurteilung von Fachkräften. Die internationale Norm DIN EN ISO/IEC 17024 gibt den Rahmen für die Qualitätssicherung der Akkreditierung, Zertifizierung und Prüfung der Fachkräfte vor. Für die Spezialisten im IT-Weiterbildungs- system wurde im APO-IT-Projekt ein Prüfungsverfahren entwickelt, das 26
sowohl dieser Norm als auch den Anforderungen und Spezifika arbeitsprozessorientierter Weiterbildung gerecht wird. Im Wesentlichen beruht dieses Verfahren darauf, dass ein zukünftiger IT-Spezialist ein reales Projekt, das den Anforderungen der Referenzprojekte bzw. dem daraus abgeleiteten Level-2-Dokument entspricht, durchführt und dokumentiert. Die vom zukünftigen IT-Spezialisten erstellte Dokumentation wird von einem erfahrenen Experten begutachtet. Bei einem positiven Ergebnis findet das Zertifizierungsverfahren mit einer Präsentation und einem Fachgespräch seinen Abschluss. • Die Ausgabe von Zertifikaten und damit die Kompetenzbestätigung der IT-Spezialisten kann nur in privatwirtschaftlich organisierten Zertifizierungsverfahren erfolgen. In Deutschland gibt es solche Verfahren bereits seit über zehn Jahren in einigen speziellen Bereichen, z. B. für den „Schweißerschein“. Für den IT-Bereich mussten neue Zertifizierungsstellen und entsprechende Akkreditierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Seit 1991 gibt es in Deutschland etablierte Akkreditierungsstrukturen mit einem dahinter stehenden Akkreditierungssystem, in dem eine Akkredi- tierungsstelle die Kompetenz einer Zertifizierungsstelle formell anerkennt. Die Trägergemeinschaft für Akkreditierung (TGA), ist eine in Eigen- verantwortung der Wirtschaft für die Wirtschaft gegründete Gesellschaft. Die TGA beherbergt mehrere fachspezifisch agierende Sektorkomitees, die wiederum die speziellen Akkreditierungsstellen unter sich bündeln. Zertifizierungsstellen für die IT-Spezialisten müssen demnach von der TGA für die Zertifizierung der IT-Spezialisten zugelassen sein. Im September 2001 wurde von der TGA beschlossen, ein Sektorkomitee für den IT-Bereich einzusetzen. Es wurde mit IT-Experten aus der Wirtschaft besetzt. Das Sektorkomitee hat im März 2002 seine Arbeit aufgenommen. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Eckpunkte für die Personalzertifizierung der IT-Spezialisten wurde es aus dem APO-IT- Projekt heraus unterstützt. So sind insbesondere große Teile des für die Zertifizierung grundlegenden, so genannten Normativen Dokuments sowie das Level-2-Dokument mit den Referenzprozessen der 29 IT- Spezialisten im Rahmen des APO-IT-Projekts erarbeitet worden. • Aus dem APO-IT-Projekt heraus konnte im September 2003 die erste Zertifizierungsstelle für die IT-Spezialisten erfolgreich den Betrieb aufnehmen: Cert-IT – Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung der IT Weiterbildung mbH wurde von der Fraunhofer-Gesellschaft in Kooperation mit den Sozialpartnern BITKOM, ZVEI, ver.di und IG Metall sowie der Gesellschaft für Informatik (GI) gegründet. Cert-IT führt Personalzertifizierungen für alle 29 IT-Spezialisten durch und beteiligt sich aktiv an der Weiterentwicklung des IT-Weiterbildungssystems. 27
Veröffentlichte Projektergebnisse Im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Prüfungsverfahren und dem Aufbau sowohl der Zertifizierungsstrukturen als auch von Cert-IT sind u. a. folgende Veröffentlichungen entstanden: • Grunwald, S. (2003): Zertifizierung prozessorientierter Kompetenzent- wicklung. In: Wendt, A., Caumanns, J. (Hrsg.): Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung und E-Learning. S. 127-138. Münster u.a.: Waxmann. • Grunwald, S. (2002): Zertifizierung arbeitsprozessorientierter Weiterbildung. In: Rohs, M. (Hrsg.): Arbeitsprozessorientiertes Lernen. S. 165-179. Münster u. a.: Waxmann. • Die Spezialisten im IT-Weiterbildungssystem – Profile und Prozesse (so genanntes Level-2-Dokument), verfügbar auf der beiliegenden CD-ROM sowie im Internet unter http://www.apo-it.de/html/materialien/referenzprojekte.html: • Version 2, Stand: Juli 2004 • Version 1, Stand: Oktober 2002 Auf den Projektergebnissen baut u. a. folgendes Buch auf: • Grunwald, S., Freitag, Th., Witt-Schleuer, D. (2004): Zertifizierung im IT-Weiterbildungssystem. Das Prüfungshandbuch. Hannover: Heise. Offene Fragen Die Personalzertifizierung und alle damit inhaltlich, formal und organisa- torisch in Verbindung stehenden Aspekte spielen für das IT-Weiterbildungs- system eine entscheidende Rolle. In diesem Bereich mussten durch die Akkreditierung und ihre Restriktionen viele Aspekte der ursprünglichen Projektplanung geändert werden. Insgesamt stellen der Aufbau und die Etablierung von Cert-IT als der ersten Personalzertifizierungsstelle der IT- Spezialisten und die Verzahnung öffentlich-rechtlicher mit privatwirt- schaftlichen Strukturen einen unbestreitbaren Erfolg dar. Eine wesentliche Frage muss jedoch als derzeit noch nicht hinreichend geklärt gelten: Wie wird das Update der IT-Spezialistenprofile gesichert? Im Auftrag von KIBNET wurde ein Feedback-Modul konzipiert und realisiert, das die Darstellung der Referenzprozesse der IT-Spezialisten im Internet und die Eingabe von gezieltem Feedback zu Aktualisierungs- und Änderungsbedarfen für eine breite Öffentlichkeit ermöglicht. Die regelmäßige Überprüfung der Referenzprozesse der IT-Spezialisten ist ein wesentliches Merkmal des IT-Weiterbildungssystems. Nur so kann auf die Anforderungen des dynamischen IT-Bereichs angemessen reagiert werden. Die jährliche Überprüfung durch die Sozialpartner und die regelmäßige 28
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