Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten

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Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

Arnika, Pfingstnelke &
    Bärentraube:
Grenzen und Möglichkeiten der
 ex situ-Erhaltung gefährdeter
             Arten
  Aus Sicht des Botanischen Gartens
              Tübingen
                                        30. Januar 2021
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube
• Was sind ex situ-Erhaltungskulturen und wie funktionieren
  sie idealerweise?
• Botanische Gärten als Akteure
• Erhaltungskulturen am BG Tübingen: Geschichte und Fazit
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Was meint ex situ-Erhaltung?
Erhaltung gefährdeter Wildarten:
  1. In situ: am Standort; durch Pflegemaßnahmen
  2. Ex situ:
     • Entnahme am Naturstandort (Dokumentation),
     • Kultivierung und Vermehrung an anderer Stelle,
     • Wiederausbringung an den Naturstandort

                                                        Ziel: Aussterben verhindern
                                                        Das heißt: lebensfähige
                                                        Population erhalten!
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

       Lebensfähige Populationen erhalten:
                                                            in situ-Erhaltung hat Vorrang!
       • Sammeln: so viel wie möglich, willkürlich auswählen, ganzer Bestand
          repräsentative Sammlung
       • Erhalten: 500-5000 Individuen ex situ, Kulturbedingungen möglichst
         ähnlich den natürlichen Bedingungen
       • Wiederansiedeln: 50-500 Individuen, ökologische Bedingungen
         müssen passen

Saxifraga rosacea
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

        Lebensfähige Populationen erhalten:

IUCN Guidelines
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

   Verschiedene „Kulturen“
     Schaukultur                                          Vermehrungskultur                                                       Erhaltungskultur

                                                                                                                               Ziel: Erhaltung
  Ziel: Öffentlichkeits-                              Ziel: Wiederausbringung
  arbeit                                                                                                                       Längerfristige, oft über mehrere
                                                      Kurzzeitige Vermehrung aus Saatgut                                       Generationen angelegte Kultur
  Kultur zu Schauzwecken                              oder Pflanzenmaterial einer                                              einer dokumentierten
  mit wenigen Individuen                              dokumentierten Wildherkunft                                              Wildherkunft

                                                        Zunehmender Aufwand für den Garten

Lauterbach, D., Borgmann, P., Daumann, J., Kuppinger A.-L., Listl, D., Martens, A., Nick, P., Oevermann, S., Poschlod, P., Radkowitsch, A., Reisch, C., Stevens, A.-D., Straubinger,
C., Zachgo, S., Zippel, E., Burkart, M. (2015) Allgemeine Qualitätsstandards für Erhaltungskulturen gefährdeter Wildpflanzen. Gärtnerisch-Botanischer Brief 200: 16-39.
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  Verschiedene „Kulturen“
   Schaukultur                   Vermehrungskultur                   Erhaltungskultur
Dianthus gratianopolitanus
                                                                    Ziel: Erhaltung
                               Ziel: Wiederausbringung
                                                                    Längerfristige, oft über mehrere
                               Kurzzeitige Vermehrung aus Saatgut   Generationen angelegte Kultur
                               oder Pflanzenmaterial einer          einer dokumentierten
                               dokumentierten Wildherkunft          Wildherkunft

                             D: Verantwortungsart!
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

  Verschiedene „Kulturen“
   Schaukultur                 Vermehrungskultur                  Erhaltungskultur
Dianthus gratianopolitanus

                             Ziel: Wiederausbringung

                             Kurzzeitige Vermehrung aus Saatgut
                             oder Pflanzenmaterial einer
                             dokumentierten Wildherkunft

                                                                    Saxifraga rosacea
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

  Verschiedene „Kulturen“
   Schaukultur               Vermehrungskultur     Erhaltungskultur
Dianthus gratianopolitanus     Minuartia stricta

                                                    Saxifraga rosacea
Arnika, Pfingstnelke & Bärentraube: Grenzen und Möglichkeiten der ex situ-Erhaltung gefährdeter Arten
Dr. Alexandra Kehl

      Botanische Gärten als Akteure
        Vorteil:          Kompetenz und Infrastruktur vorhanden
                          Interesse und Motivation
        Nachteil:         Lebendkultur birgt viele Gefahren für Wiederansiedlung

Erhaltungskulturen im BG Potsdam
Dr. Alexandra Kehl

      Botanische Gärten als Akteure
        Vorteil:          Kompetenz und Infrastruktur vorhanden
                          Interesse und Motivation
        Nachteil:         Lebendkultur birgt viele Gefahren für Wiederansiedlung

Erhaltungskulturen im BG Potsdam
Dr. Alexandra Kehl

Samenbanken
Geringe Kosten, hohe Individuenzahlen, keine Veränderung,
Langzeitaufbewahrung.
Aber „freezing of evolution“
                                                            Dahlemer Saatgutbank
                      Quelle: Global Crop Diversity
Dr. Alexandra Kehl

Samenbanken
Geringe Kosten, hohe Individuenzahlen, keine Veränderung,
Langzeitaufbewahrung.
Aber „freezing of evolution“
                                                            Dahlemer Saatgutbank
                      Quelle: Global Crop Diversity
Dr. Alexandra Kehl

Probleme bei der ex situ Kultur in BGs
• Genetische Drift: genetische Zusammensetzung der ex
  situ Population unterscheidet sich von der natürlichen
  Population                                                   Empfehlungen
• Inzucht: genetische Vielfalt verringert sich, Fitness kann
  abnehmen
• Auszucht: Kreuzen verschiedener Populationen führt zum        Qualitäts-
  Verlust von Anpassungen                                       standards
• Gärtnerische Selektion
• Verlust von Anpassungen an Stress und Akkumulierung
  von Mutationen
• Hybridisierung
Dr. Alexandra Kehl

 Ex situ-Erhaltung am BG Tübingen, weil:
                                                                       Carlina acaulis
• Lage in Tübingen, Teil der        Geranium sanguineum

  Universität, „Spitzberg“
• Schwerpunkt: Vegetation der                                                               Genista sagittalis

  Schwäbische Alb                                                                        Lilium martagon

• Guter Kontakt zu Akteuren
  des Naturschutzes
Aufgaben des BG:
• Forschung                                               Sesleria albicans

• Lehre
• Öffentliche Bildung
• Arten- und Naturschutz    Bromus erectus                                                                 Ophyrs apifera
Dr. Alexandra Kehl

• Forschung
• Lehre
• Öffentliche Bildung
• Arten- und Naturschutz
                           • Biodiversität und Verbreitung von
                             Arten
                           • Ökologische Ansprüche
                           • Gründe für Gefährdung
                           • Schutzmaßnahmen
Dr. Alexandra Kehl
Dr. Alexandra Kehl
Dr. Alexandra Kehl

Geschichte der ex situ-Erhaltung am BG Tübingen
                          Problem: oft nicht dokumentiert, nicht
                          immer dauerhaft. Genehmigung???
Schaukulturen             Positiv: kein Aufwand, gute
                          Schauwirkung, Bildungsfunktion

                             Vorteil: wenig aufwändig, wenig
                             Beeinflussung der genetischen
  Vermehrungskulturen        Vielfalt durch Kultur
                                                                        Enge
                                                                    Kooperation
    Erhaltungskulturen                                              mit Behörden
                                  Problem: aufwändig               und Umsetzern
    i.e.S.
Dr. Alexandra Kehl

Zottiger Spitzkiel (Oxytropis pilosa)
• Aktuell Rote Liste 2 (BW),
  „Verantwortungsart“ für BW
• Vermehrungskultur schon in
  den 1980er Jahren
• Wiederansiedlung nicht
  erfolgreich
• Samengewinnung im BG
  findet statt
• evtl. Wiederausbringung
  von Saatgut?
                                        Aktuell: 5 Einzelvorkommen, jeweils
                                        1-5 Exemplare
Dr. Alexandra Kehl

                     Lathyrus pannonicus subsp. collinus

Zottiger Spitzkiel (Oxytropis pilosa)
• Aktuell Rote Liste 2 (BW),
  „Verantwortungsart“ für BW
• Vermehrungskultur schon in
  den 1980er Jahren
• Wiederansiedlung nicht
  erfolgreich
• Samengewinnung im BG
  findet statt
• evtl. Wiederausbringung
  von Saatgut?
                                                           Aktuell: 5 Einzelvorkommen, jeweils
                                                           1-5 Exemplare
Dr. Alexandra Kehl

Knotiges Mastkraut
(Sagina nodosa)

• Langenauer Ried
• Wiederansiedlung
  1998 erfolgreich
Dr. Alexandra Kehl

   Danach im Botanischen Garten…
• V.a. Schaukulturen
• Tübinger Umgebung,
  Schwäbische Alb (Glazialrelikte)

Hossingen       Im Revier Schwäbische Alb   Salix starkeana, NSG Irndorfer Hardt, 2015
Dr. Alexandra Kehl
                                                          Pedicularis sceptrum-
                                                          carolinum

Aktuell im Botanischen Garten:                                                    Bromus grossus

• Intensivierung der
  Zusammenarbeit mit Behörden
  und Artenschutz-Akteuren
• Verbesserung der Qualität                                Chenopodium vulvaria

• Identifizierung von „Kandidaten“
  für weitere Schau- und ggf.
  Erhaltungskultur
• Mehr Vermehrungskulturen
• Spontane und kurzfristige
                                     Pulmonaria collina
  Erhaltung und Vermehrung
Dr. Alexandra Kehl

   Botanische Gärten als Vermittler?

        Universitäten                       Botanische              Naturschutz-
                                              Gärten                 behörden
     Hochschulen
                                             Pedicularis
                                             sceptrum-
                                                               Anwender +
+ Studien, wissenschaftliche Versuche und
neue Erkenntnisse
                                             carolinum
                                                                Umsetzer
– Verständliche Handlungsempfehlungen
werden oft nicht entwickelt/weitergegeben                  + Erfahrungen und konkrete
                                                           Erkenntnisse vor Ort
                                                           – Verlässliche Handlungsempfehlungen
                                                           fehlen oft
Dr. Alexandra Kehl

Fazit
• sehenswerte botanische Schätze für Studierende
  und Gäste
• Konkreter Beitrag für den Artenschutz (jedenfalls
  teilweise)
                  Anthriscus sylvestris subsp. stenophylla
• Motivation
• Problem:
  Aufwand

                                                             Pinguicula alpina
Dr. Alexandra Kehl

               Trifolium spadiceum

Vielen Dank!
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