Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.

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Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
                                                  Landwirtschaft und Verbraucherschutz

                                                  Biologische Vielfalt.
                                                  Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
                                                                                                    Hessischer Biodiversitäts-
                                                                                                    bericht 2020
                                                                                                    Bericht der Landesregierung über ergriffene
                                                                                                    und geplante Maßnahmen zur Erhaltung der
                                                                                                    Biologischen Vielfalt in Hessen
                                                                                                    Berichtszeitraum 01.01. bis 31.12.2020

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

E-Mail: biologischevielfalt@umwelt.hessen.de

www.biologischevielfalt.hessen.de
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
2                                                                                                                  Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020          73

                                                   Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie —
                                                   Überblick
                                                           Kenn-                          Beschreibung                           aktuelle       Zuordnung
                                                            zahl                                                                 Tendenz

      Lesenswertes kurz gefasst.                            1      Erhaltungszustände der Natura 2000-Schutzgüter in Hessen                 Ziel I, II

      Hintergrundinfos auf Abruf.                           2      Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vogelarten in
                                                                   Hessen
                                                                                                                                            Ziel I, II, III, IV,
                                                                                                                                            V, VI

      Der Hessische Biodiversitätsbericht                   3      Naturschutzfinanzierung in Hessen                                        Ziel I, II, III, VII,
                                                                                                                                            IX, X
      informiert über persönliches
      und amtliches Engagement auf allen Ebenen.            4      Gesamtzahl der erstellten Artenhilfskonzepte in Hessen                   Ziel I, II, VIII

                                                            5      Prozentualer Anteil der hessischen Vogelschutzgebiete, für               Ziel I, II, VII, VIII
                                                                   die Maßnahmenpläne vorliegen

                                                            6      Umgesetzte Maßnahmen pro Jahr in hessischen Natura                       Ziel I, II
                                                                   2000- und Naturschutzgebieten

                                                            7      Landwirtschaftsfläche mit hohem Naturwert in Hessen                      Ziel IV, VIII
                                                                   (keine Angaben für 2019)

                                                            8      Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche in Hessen                  Ziel IV

                                                            9      Förderung artenreicher Agrarökosysteme in Hessen                         Ziel III, IV

                                                            10     Förderung artenreicher Grünland-Ökosysteme in Hessen                     Ziel III, IV

                                                            11     Dauerhaft ungenutzter Staatswald in Hessen                               Ziel III, V

                                                            12     FSC-zertifizierte Waldflächen in Hessen                                  Ziel V

                                                            13     Ökologischer Zustand der hessischen Gewässer                             Ziel VI

                                                            14     Höhe der in Hessen bewilligten Fördermittel für                          Ziel VI
                                                                   Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zum naturnahen
                                                                   Gewässerausbau

                                                            15     Anzahl der umgesetzten Maßnahmen pro Jahr zur                            Ziel I, VII
                                                                   Bekämpfung von invasiven Neobiota in hessischen Natura
                                                                   2000- und Naturschutzgebieten

                                                            16     Anzahl der ehrenamtlichen sachkundigen Helfer für                        Ziel II, VIII, IX
                                                                   „geschützte Konfliktarten“ in Hessen

                                                            17     Gesamtmitgliederzahl der anerkannten                                     Ziel IX, X
                                                                   Naturschutzvereinigungen in Hessen

                                                            18     Besucherzahl ausgewählter hessischer Naturschutzzentren                  Ziel X

                                                            19     Teilnehmertage in den hessischen Jugendwaldheimen                        Ziel X
                                                                   (zeitweise pandemiebedingt geschlossen)

    biologischevielfalt.hessen.de
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018   3

   Inhalt
    Vorwort                                                                            4, 9

    Wirksamkeit und Sensibilisierung                                                   5—8
    Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie

    Die Hessische Biodiversitätsstrategie – Wo stehen wir?                              10
    Erläuterungen zur ersten Phase bis 2020

		 Ziel I: Natura 2000
		 Ausgewählte Maßnahmen zur Erfassung und Verbesserung 16

         Ziel II: Arten und Lebensräume der Hessen-Liste
         Ausgewählte Maßnahmen zur Förderung und Entwicklung                            22

         Ziel III: Ökosystemleistungen
         Ausgewählte Maßnahmen zur Sicherung gesunder Lebensverhältnisse                28
         Ziel IV: Offenland und Landwirtschaft
         Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Vielfalt                            32
         Ziel V: Wald und Forstwirtschaft
         Ausgewählte Maßnahmen zur Kartierung und Revitalisierung                       36
         Ziel VI: Gewässer
         Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands               40
         Ziel VII: Invasive Arten
         Ausgewählte Maßnahmen zur Vermeidung möglicher Ausbreitungen                   44
         Ziel VIII: Monitoring
         Ausgewählte Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Naturschutz-Monitorings        46

         Ziel IX: Ehrenamt und Wissenschaft
         Ausgewählte Maßnahmen zu deren verstärkter Einbindung                          50
         Ziel X: Bürgerwertschätzung und -beteiligung
         Ausgewählte Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung                           54
         Ziel XI: Maßnahmen anderer Ressorts zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt
         Ausgewählte Maßnahmen der Hessischen Landesregierung                           58

    Abkürzungen und Begriffserklärungen                                                 69

    Impressum und Bildnachweise                                                         71

    Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie — Überblick                       73
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
4    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

    Vorwort

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    liebe Leserinnen und Leser,

    wir tragen Verantwortung dafür die Biologische Viel-     Das Bewusstsein für die vorhandenen Naturschätze
    falt zu erhalten, das ist wichtig für uns und die kom-   ist immens gewachsen. Akzeptanz, Unterstützung
    menden Generationen. Denn Biodiversität sichert          und Wertschätzung aller Beteiligten sprechen heute
    für uns Menschen lebensnotwendige Ökosystem-             für den Erfolg der Hessischen Biodiversitätsstrategie.
    dienstleistungen: Frische Luft, sauberes Wasser und      Die politische Verstetigung ist in den Regierungs-
    fruchtbare Böden. Gleichzeitig ist eine artenreiche      programmen dokumentiert und kommt auch im
    Natur Voraussetzung für die Anpassungsfähigkeit          regelmäßigen Austausch mit dem Landesnatur-
    möglichst vieler Ökosysteme an den Klimawandel.          schutzbeirat zum Ausdruck. 2016 haben wir eine
    Die Biologische Vielfalt prägt auch Hessens Natur-       Nachschärfung der Strategie umgesetzt. Eine um-
    räume, Landschaften, Gärten und Grünanlagen in           fassende Neuausrichtung steht nun an.
    unseren Städten und bietet uns damit wichtige Er-
    holungsräume.                                            Gemeinsam für mehr Biodiversität

    Über den Rückgang der Biodiversität und das Insek-       Die Ziele der Hessischen Biodiversitätsstrategie kön-
    tensterben wird heute viel diskutiert. Ich erinnere      nen wir nur unter Mitwirkung vieler Partnerinnen und
    mich, das war bei der Auftaktveranstaltung zur Bio-      Partner erreichen. Die Renaturierung von Flüssen
    diversitätsstrategie im Jahr 2014 noch anders. Mit       und Bächen, der Umstieg auf erneuerbare Energie,
    einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit, vielen Kreis-    das nachhaltige und möglichst naturnahe Bewirt-
    konferenzen, und einem webbasierten Informations-        schaften von Agrar- und Waldflächen, die zusätzliche
    angebot haben wir in den vergangenen Jahren im           Ausweisung von Schutz- und Wildnisgebieten – das
    Rahmen der Biodiversitätsstrategie dazu beigetra-        alles ist nur zu schaffen, wenn Kommunen, Verbände,
    gen für dieses Thema zu sensibilisieren.                 Landwirtinnen und Landwirte, Waldbesitzende und
                                                             Bürgerinnen und Bürger gemeinsam an einem
                                                             Strang ziehen.

                                                                                                Fortsetzung Seite 9
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
5

 Wirksamkeit und Sensibilisierung –
 Kennzahlen der
 Hessischen Biodiversitätsstrategie

1         Günstige Erhaltungszustände der Natura 2000-Schutzgüter in Hessen                                                                                         Ziel
                                                                                                                                                                    I, II

     a) Erhaltungszustand der relevanten                 b) Erhaltungszustand der relevanten                         c) Erhaltungszustand der relevanten
      Arten der Vogelschutz-Richtlinie                         Arten der FFH-Richtlinie                             Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie

                                                                                                     ?
      Angabe in Prozent
                                                                                                                           26,19                     2025       ?
                                                                                         2025
      29,03                                                       45,68                                                                       15,22 15,56
                                                                                      30,49 29,89
                            25,64               ?

                   2008        2014          2020*                  2007          2013           2019                           2007          2013          2019

Art. 12 – Bericht (HE); nur 6-jährlich (2014, 2020, …)     Art. 17 – Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …)     Art. 17 – Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …)
* Datenauswertung verschoben

                                                                                                                                                  Ziel
2    Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vogelarten in Hessen                                                                                 I, II, III, IV, V, VI

      gemäß Nachhaltigkeitsindex                                                                      Gesamt­landschaft                       Zielwert HBS 2020

                                                                                                                                             100 %
      „Artenvielfalt und                                  1994

                                                          82,3 %
      Landschaftsqualität“                                                                            2018

                                                                                                      79,3 %
      Angabe in Prozent

  2018                                51                             106                                  89                                 67

  2017                                55                             122                                  90                                 64

                                                                      90                                  83                                 73
  2010                                59

                                      74                              76                                  79                                 65
  2004

  1994                               101                                                                 102                                 59
                                                                      56

  Teil-                           Agrarland                         Wälder                          Siedlungen                     Binnengewässer
  indikatoren:

gemäß Nachhaltigkeitsindex „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ Bestandsentwicklung repräsentativer Arten [%]
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
6
               3    Naturschutzfinan-                Ziel                                     4     Gesamtzahl der er­­stell­ten                  Ziel
                    zierung in Hessen                I, II, III, VII, IX, X                         Arten­hilfs­konzepte in Hessen                I, II, VIII

                                                     21,7                                        Gesamtzahl (aufsummiert)
                                                                                                                              2020*
                                                               24,4
                 in Millionen Euro
                                                                                                                              2019
                                                                                                  2018
                         9,1
                                 11,1     20,2                                                                          2016
                                                                                                                                              2015
                               10,3     9,9                                                         2017
                   8,8
                                                                                                                                    2014
                                                                                                 2012             2013
                2013 2015 2017 2018 2019 2020

               Naturschutzmittel in den Landeshaushaltsplänen des Um-                         alle im Auftrag der Naturschutzfachbehörden (HLNUG,
               weltministeriums; naturschutzrelevante Haushaltsmittel des                     VSW) erstellt; * 3 Artenhilfskonzepte aktualisiert
               Förderkapitels 09 22

               5    Prozentualer Anteil der
                                                                Ziel
                                                                                              6     Umgesetzte Maß­nahmen
                    hes­si­schen Vogelschutz-                                                       pro Jahr in hessischen
                                                                I, II,                                                                             Ziel
                    gebiete, für die Maß-                                                           Natura 2000- und
                                                                VII, VIII                                                                          I, II
                    nahmenpläne vorliegen                                                           Naturschutzgebieten

                                                                                                                          7.492
                                                                                                                          2020
                                                              48%                                                                                    2019
                           2019
                           43%                                     2020
                                                                                                 7.053
                                                                                                 2018
                                                                                                                                      7.483
                                                                                                 2016                                2017

                               41%                                                               5.779                                2015 5.234
                                 2018                                                            2013 3.084                           2014 4.772
                                                                                                 2012 2.948
               Im letzten Berichtszeitraum Ende 2016 lagen für alle FFH-                      Maßnahmen aus den jeweiligen Maßnahmen- bzw. Pflege-
               Gebiete Maßnahmenpläne vor, deshalb beziehen sich die                          plänen gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG
               Angaben jetzt auf die Vogelschutzgebiete.

               7    Landwirtschaftsflächen mit                     Ziel                       8    Anteil der ökologisch bewirt-                   Ziel
                    hohem Naturwert in Hessen                      IV, VIII                        schafteten Fläche in Hessen                     IV

                18,9                          15,8
                                                                                                 2020
                                                                                                 2019                                         16,0
                               18,5                       17,5
                                                                                                 2018
                                                                                                 2017       13,7
                                                                                                                         14,9
                                                                                                                                    15,6
                                                     16,9                                        2016
                                                                                                                             12,7
                                                                                                 2015                 11,5
                                                                                                 2014                               11,3
                                       2011          2015                                                                                  11,0
                                                                                                 2013
                    2009                      2013              2017                             2012                                         10,7

               High Nature Value Farmland: Anteil der „Landwirtschafts-                       Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen an der lan-
               flächen mit hohem Naturwert“ an der gesamten Landwirt-                         desweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche [%]
               schaftsfläche [%]

9      Förderung artenreicher Agrarökosysteme                                                        10      Förderung artenreicher Grün­
       in Hessen                                                                  Ziel III, IV               land-Ökosysteme in Hessen                          Ziel III, IV

    Hektar     14.772          14.019     14.626        14.795 15.600 16.700                              Tausend Hektar pro Jahr
    pro Jahr
               13.230          12.272     12.326         12.095        12.300       12.800
                1.542          1.747      2.300          2.700         3.300        3.900
                                                                                                                                                                      60,0
    2.346
                                                                                                                                                           59,0       2019
                                                                                                                                                  57,0     2018
                                                                                                                                    55,0                              2020
                                                                                                                                                  2017
                                                                                                                               52,0 2016
                                                                                                       42,0                    2015
                                                                                                      2012 40,0
    2014        2015            2016          2017        2018          2019          2020                  2013 37,5
                                                                                                                 2014

    HIAP                          HALM                 HIAP/HALM       Greening      gesamt

Förderung 2012 bis 2014 gem. HIAP (Blüh- und Schonstreifen), ab 2015 gem. HALM (ein- und             Agrarumweltmaßnahme „Grünlandextensivierung“, Förderung 2012
mehrjährige Blühstreifen/-flächen, Ackerrandstreifen, Ackerwildkrautflächen) sowie GREENING          bis 2014 gem. HIAP B5, ab 2015 gem. HALM D1
(Ökologische Vorrangflächen Brache und Feldrandstreifen)
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
7

11        Dauerhaft ungenutzter           Ziel           12      FSC-zertifizierte Waldfläche in Hessen (Flächenanteile für                                         Ziel
          Staatswald in Hessen            III, V                 Staatswald, Privatwald und Kommunalwald)                                                           V

                                                           in Prozent, Anteil von hessi-   37,0                         40,0                      40,0
                                       10 %                scher Gesamtwaldfläche           0,1
                                                                                            4,5
                                                                                                                         0,1
                                                                                                                         4,4
                                                                                                                                                   0,1
                                                                                                                                                   3,5
                                           2020
                                           2019
                                                           14,46
                                                            0,1
                                                                        17,0
                                                                         0,1                        41,6                        44,5                     43,6
 7,5 %
                                                            3,82         4,5                                                         %
                                           2018                                  21,6                      %                                                  %
 2014
                                           2017                 18,4               %
                                                                   %
                                           2016
    2013                                   2015
    2012                                                       2016              2017               2018                          2019                     2020
       3%                                    %                 Staatswald          Privatwald       Kommunalwald               Gesamtfläche

Flächenanteil ungenutzter Staatswaldflächen [%]          zertifizierte Flächenanteile für Staatswald, Privatwald und Kommunalwald [% der jeweiligen hessischen Gesamt-
                                                         waldfläche]

13        Ökologischer Zustand der                                     Ziel             14       Höhe der in Hessen bewilligten Fördermittel                       Ziel
          hessischen Gewässer                                          VI                        für Maßnahmen zur Gewässerentwicklung                             VI
                                                                                                 und zum naturnahen Gewässerausbau
    Anteile mit „gutem“ oder „sehr gutem“ Zustand
                                                                                           in Millionen Euro jährlich
                         Fließgewässer                          Seen
                  Gesamt­            Teil­kompo­nente
                 bewertung            Fischnährtiere
                                                                                                                                                   2020
                                                                                                                                                 13.246.290
    2020
                                                                                                                                         2018
                     11,1        %
                                        33,3 %                  27,3*%                                                    2019       11.416.950                2012
                                                                                                2011                    10.295.940                          11.020.180
                                                                                             9.680.670
    2015                                                                                                     2013
                        4,7%                                                                               8.068.990                 2015
                                          18,2 %                        %                                                          7.618.770
                                                                                             2010                                                                 2017
                                                                                           6.965.170
                                                                                                                                                    2016       6.463.520
                        5,7%
    2009
                                                                                                                                      2014        6.417.650
                                          21,9 %                       %                                                             5.050.380

Die Gesamtbewertung setzt sich aus 3 Teilkomponenten zusammen und richtet               Mittel aus dem „Landesprogramm für Gewässerentwicklung und Hochwasser-
sich nach der schlechtesten Teilkomponente; Erhebung nur 6-jährlich (2009, 2015,        schutz“
2021 …). ** Die Bewertungsmethodik wurde gegenüber 2015 geändert.

15     Anzahl der umgesetzten Maßnahmen pro                                             16       Anzahl der ehrenamtlichen sach-
       Jahr zur Bekämpfung von invasiven Neobiota                       Ziel                     kundigen Helfer für „geschützte                              Ziel
       in hessischen Natura 2000- und Naturschutz-                      I, VII                   Konfliktarten“ in Hessen (zum Beispiel                       II, VIII, IX
       gebieten                                                                                  Biber, Luchs, Wolf)
                                                      2019
      jährlich                                        167              2020
                                      2018
                                       148
                                                                    165                                                                         115
                          2017
                          145
                                                                                                          2016                                   2018
                 2016                                                                           60
          2015
           80
                   93
                                                                                                                        111                                       100
 2014                                                                                                                                                              2019
     77
                                                                                                                                                                   2020
                                                                                             2015
                                                                                                                          2017
gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG                                              vom Land geschulte Personen, die vor Ort ehrenamtlich Unterstützung leisten
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
8

17     Gesamtmitgliederzahl der anerkannten Naturschutz­vereinigungen                                        Ziel
       in Hessen                                                                                             IX, X

                                                                                            205.243
                                                                                 199.902
                                                                                                           196.132
                                                               194.930
                 176.821         181.227 187.886
 168.303 171.853

    2012     2013       2014        2015          2016           2017              2018           2019       2020

gem. Angaben der Landesgeschäftsstellen (acht Institutionen)

18     Besucherzahlen ausgewählter hessischer Naturschutzzentren                                                               Ziel
                                                                                                                               X
 Nationalparkzentrum Kellerwald Edersee
 Umweltbildungszentrum Schatz­insel Kühkopf (Eröffnung 2014)

                                                               41.000              45.855
    40.000      36.000                     38.000                  27.869                                 38.780
                                                 27.392                                                     31.134 32.504
         33.000   25.115
                                                                                                 29.953             28.954
                                                                                                                              24.022
                                                                                                                               11.044

     2012      2013            2014             2015               2016                   2017             2018      2019      2020

Personen, die Eintritt gezahlt oder dort an Veranstaltungen teilgenommen haben

19     Teilnehmertage in den hessischen Jugendwaldheimen                                                                       Ziel
                                                                                                                               XI

                                                       21.380           22.836              20.704        21.685     20.371
     18.418           17.218           17.275

                                                                                                                               4.347

       2012             2013             2014              2015                  2016            2017       2018      2019     2020

Personen, die an Veranstaltungen teilgenommen haben
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020        9

      Das weltweite Artensterben und der Klimawandel sind
      globale Krisen, die wir nur gemeinsam bewältigen
      können. Wir müssen den Rückgang der Biologischen
      Vielfalt stoppen. Dabei geht es nicht nur um das
      Überleben von Tier- und Pflanzenarten und den Schutz
      von Lebensräumen, sondern letztlich auch um die
      Lebensgrundlagen von uns allen.
      Umweltministerin Priska Hinz

Neben der Naturschutzverwaltung sind seit fünf         Weiterentwicklung des Biotopverbunds in Hessen
Jahren auch die anderen Ressorts in die Hessische      steht auf der Agenda, um vielen wandernden Tieren
Biodiversitätsstrategie integriert. So werden zum      freie Wege zu ermöglichen. Im Bereich der Agrar-
Beispiel Dach- und Fassadenbegrünung beim Hoch-        förderung können wir Landwirtinnen und Landwirte
schulbau berücksichtigt, Forschungsvorhaben be-        noch gezielter bei ihren Umweltmaßnahmen unter-
schäftigen sich mit Insekten, bei der Denkmalpflege    stützen.
werden Sanierungen durchgeführt bei denen auch
Refugien von Vögeln und Pflanzen erhalten bleiben,     Für die Mitarbeit aller Beteiligten danke ich auf die-
beim Straßenbau werden blütenreiche Verkehrs-          sem Weg ganz herzlich.
inseln geschaffen und bei der Siedlungsentwicklung
Grünflächen mitgedacht und entwickelt.

Der Biodiversitätsbericht 2020 dokumentiert gegen­     Ihre
über dem Landtag die in Hessen ergriffenen Maß-
nahmen und zeigt Bürgerinnen und Bürgern Mög-
lichkeiten der Mitwirkung auf: Zum Beispiel mit
einer nektarreichen Begrünung im eigenen Garten
und auf dem Balkon. Zugleich weist der Bericht die
Perspektiven für eine Fortschreibung der Hessischen
Biodiversitätsstrategie bis 2030 aus, um gemeinsam
unser lebenswertes, vielfältiges Hessen zu erhalten.
So wollen wir die Feldflurprojekte weiter ausbauen     Priska Hinz
und damit besonders gefährdete Tier- und Pflanzen-     Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz,
arten auf Äckern noch besser schützen. Auch die        Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Biologische Vielfalt. Gemeinsam für mehr Artenvielfalt.
10    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

     Die Hessische Biodiversitätsstrategie:
     Wo stehen wir?

     Die Hessische Biodiversitätsstrategie (HSB) startete im
     Juni 2013, drei Jahre später wurde sie umfangreich
     überarbeitet und erweitert. Sie richtete sich, wie viele
     andere Biodiversitätsstrategien auch, an das Jahr
     2020 und orientierte sich dabei an europäischen und
     internationalen Strategien.

     Ziele wurden gesteckt, Maßnahmen engagiert umge-
     setzt. Nun erscheint der Biodiversitätsbericht für das
     Jahr 2020 und es ist Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

     Was hat Hessen erreicht in den letzten Jahren? Wel-
     che Strukturen wurden aufgebaut und wie haben sich
     die Erhaltungszustände von Arten und Lebensräumen
     entwickelt? Wurden die Ziele erreicht?

     Die Berichte zu den einzelnen Maßnahmen der elf
     Ziele folgen nach diesem Kapitel. Im Vergleich zu den
     Berichten der Vorjahre sind sie ausführlicher. Denn
     die Berichte sollen, wo es möglich war, eine Bilanz
     ziehen und die Entwicklung im hessischen Natur-
     schutz über die letzten Jahre aufzeigen. Wie wurden
     die Maßnahmen umgesetzt, was wurde erreicht und
     welche Überlegungen stehen hinter Maßnahmen und
     Projekten? Die HBS hat über einhundert Einzelmaß-
     nahmen. Über alle ausführlich zu berichten, ist auch in
     einem längeren Bericht nicht möglich. Daher wurden
     pro Ziel Maßnahmen ausgesucht, die auf die Entwick-
     lung des Ziels hinweisen bzw. die exemplarisch für
     das Ziel stehen.

     Was nach der Lektüre der Berichte, nach der Bilanz
     von sieben Jahren HBS deutlich ist:

     Das Thema Biodiversität hat stark an Bedeutung
     gewonnen. Biodiversität wird vermehrt als „Gemein-
     schaftswerk“ von allen – Naturschutz, Landwirtschaft,
     Forst, Gewässer- und Bodenschutz – gesehen. Es ist         ländlichen Raum geschaffen worden und werden
     in der Landesentwicklung und nicht zuletzt im Klima-       weiterhin geschaffen.
     schutz- und der Klimaanpassung angekommen.
                                                                Gleichwohl bleiben die Erhaltungstrends von
     Das Gebietsmanagement und die Artenschutz-                 Arten und Lebensräumen in der Summe besorgnis-
     programme wurden deutlich verstärkt, mit den               erregend.
     Landschaftspflegeverbänden sind neue Akteure im
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020        11

                                                       Nicht nachzulassen und perspektivisch die Arten
                                                       wieder in einen besseren Erhaltungszustand zu be-
                                                       kommen, ist ein Ansporn für die Weiterentwicklung
                                                       der HBS.

                                                       In den letzten Jahren wurden viele Strukturen ge-
                                                       schaffen, zum Beispiel eine gute Entwicklung der
                                                       Naturschutzhaushalte, die die Basis legten für Maß-
                                                       nahmen und Strukturen oder die Etablierung von
                                                       Landschaftspflegeverbänden, der Ausbau des
                                                       Öko-Landbaus uvm. In den nächsten Jahren heißt es,
                                                       hierauf aufzubauen.

                                                       Der Bedeutungsgewinn wird nicht zuletzt durch eine
                                                       erhebliche Steigerung der Naturschutzmittel deutlich:
                                                       Im Naturschutzhaushalt 2013 standen rund 8,8 Millio-
                                                       nen Euro zur Verfügung, 2020 waren es 24,3 Millionen
                                                       Euro. Auch die Anzahl der Erhaltungsmaßnahmen in
                                                       den Schutzgebieten hat sich in dem Zeitraum deutlich
                                                       gesteigert. 2013 waren es rund 3.100, sieben Jahre
                                                       später hat sich die Anzahl mit 7.492 mehr als
                                                       verdoppelt.

                                                       Deutlich gesteigert haben sich auch die Mittel zur
                                                       Umsetzung des Hessischen Programms für Agrar-
                                                       umwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM).
                                                       2020 erhielten rund 9.000 landwirtschaftliche Be-
                                                       triebe erstmals eine Summe von über 42 Millionen
                                                       Euro und setzen auf über 250.000 Hektar – rund 1/3
                                                       der hessischen Agrarfläche – besonders umweltscho-
                                                       nende Maßnahmen um.

                                                       Auch der Ökologische Landbau hat sich seit Bestehen
                                                       der HBS gut entwickelt: Ende 2020 bewirtschafteten
                                                       2.329 Betriebe eine Fläche von121.740 Hektar. Im
                                                       Vergleich zum Jahr 2013 ist dies eine Steigerung um
Auch die Rheinauen sind Rückzugsort und potentieller   rund 37.430 Hektar, um gut 44 Prozent.
Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten
                                                       Mit dem Ausbau der Ökomodellregionen in Hessen
                                                       zum Ökomodelland-Hessen ist die Struktur gelegt,
                                                       um eine weitere Steigerung des Öko-Landbaus auch
                                                       in den kommenden Jahren zu erreichen.
12    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

     Neben der Ausweitung von HALM und der Steige-              zehn Prozent der ackerbaulich genutzten landwirt-
     rung des Anteils der Öko-Landwirtschaft ist an dieser      schaftlichen Fläche Hessens.
     Stelle die Etablierung der so genannten „Feldflur-
     Projekte“ zu nennen, bilden sie doch einen weiteren        Erste Erfolge der Projekte zeigen sich zum Beispiel
     wichtigen Baustein zur Erhaltung der Biologischen          in Bad Zwesten. Durch die gezielte Beratung von
     Vielfalt in landwirtschaftlichen Räumen. In dem Pro-       Landwirtinnen und Landwirten hat sich die Fläche der
     gramm arbeiten modellhaft Akteurinnen und Akteure          umgesetzten Maßnahmen seit Beginn des Projek-
     aus dem Naturschutz, der Landwirtschaft, Jagd und          tes zwischenzeitlich verdoppelt. Auch die Bestände
     Forst kooperativ zusammen, um gemeinsam den                entwickeln sich gut. Bei der ersten Erhebung im Jahr
     Bestand gefährdeter Arten im Offenland wiederaufzu-        2018 wurden acht Rebhuhn Brutpaare gezählt, Ende
     bauen.                                                     2019 waren es 25 Paare.

     Im Jahr 2019 starteten die ersten Projekte in den          Parallel zu den Projekten vor Ort startet in diesem Jahr
     Schwerpunkträumen im Landkreis Gießen und im               begleitend verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, um alle
     Hochtaunuskreis. Im Opel Zoo Kronberg wurde eine           Hessinnen und Hessen für die Bedeutung einstmals
     Aufzuchtstation für Feldhamster eröffnet, im Feld-         weit verbreiteter Arten wie Rebhuhn und Feldhamster
     flurprojekt Bad Zwesten wurde die Betreuung der            zu sensibilisieren. Denn hier greift, wie so oft im Natur-
     Projektteilnehmer intensiviert.                            schutz der Leitsatz: Nur was man kennt, kann man
                                                                schützen.
     Ziel der Projekte ist es, Rebhuhn, Feldhamster, Acker-
     wildkräuter und andere Leitarten wieder fest in den        Dass all diese Anstrengungen nötig sind, zeigt ein
     großflächigen Projektgebieten zu beheimaten.               Blick auf die Erhaltungszustände insbesondere von
                                                                Arten des Offenlandes, zum Beispiel Wiesen- und
     In den Feldflurprojekten sollen durch die Anlage von       Ackervögel. Die Arten dieser Gruppe zählen zu den
     Blühflächen, Aussparungen auf den Äckern für Ler-          derzeit in Hessen am stärksten betroffenen Vogel-
     chen oder Feldhamster und weiteren Agrarumwelt-            arten. Der Teilindikator „Agrar-/Offenland“, so zeigen
     maßnahmen die betreffenden Arten vor Ort gezielt           es auch die Kennzahlen der HBS, weist in den letzten
     gestützt werden, um letztlich eine Wiederausbreitung       zwanzig Jahren eine deutlich negative Entwicklung
     anzubahnen. Aktuell beträgt die gesamte Kulisse der        auf. Zahlreiche Arten der Agrarlandschaft, wie zum
     Feldflurprojekte rund 50.000 Hektar, das sind knapp        Beispiel Braunkehlchen, Wiesenpieper, Bekassine,

        Die Flächenbewirtschaftung im Offenland sollte ausreichend viele und möglichst unterschiedliche Saum- und
        Vernetzungsstrukturen bereitstellen
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020         13

  Moorauge im Schwarzen Moor, Rhön

Kiebitz, Großer Brachvogel, Rebhuhn und Grauam-         Lebensräume „ausweichen“ zu können. Für Arten, die
mer sind in Hessen nach wie vor vom Aussterben          wandern können, sind diese Biotopverbundstrukturen
bedroht. Den umgesetzten Artenhilfsmaßnahmen            ein wichtiges Element, um auch mit veränderten
ist es zu verdanken, dass die genannten Arten bis-      Lebensräumen klar zu kommen.
her als Brutvögel in Hessen noch nicht ausgestorben
sind. Hier gilt es in Zukunft den Fokus verstärkt auf   Ein weiterer wichtiger Bestandteil der HBS ist die so
die besonders bedrohten Arten (nicht nur der Vö-        genannte „Hessen-Liste“, die den Fokus definierte:
gel) auszurichten und gezielte Artenhilfsprogramme      Welche Artenverluste wären für Hessen besonders
zu etablieren. Die Feldflurprojekte zeigen den Weg      schmerzlich? Welche Lebensräume sind unbedingt
hierzu bereits auf.                                     besser zu schützen? Hier wurden Schwerpunkte
                                                        gelegt und Verbände, Vereine sowie Regierungs-
Klimawandel und Biodiversitätsverlust stärker zusam­    präsidien haben mit der Hessen-Liste wirkungsvolle
mendenken ist schon jetzt, aber vor allem in der        Maßnahmen umgesetzt. Das Instrument hat sich be-
Zu­kunft besonders wichtig, denn gut funktionierende    währt, gleichwohl gilt es die Liste weiterzuentwickeln,
Ökosysteme sind widerstandsfähiger gegen Störun-        gerade im Hinblick auf den Insektenschutz.
gen, so auch zunehmende klimawandelbedingte Wet-
terextreme wie Trockenheiten oder veränderte Nieder-    Die Bevölkerung zu sensibilisieren, zu motivieren und
schlagsverhältnisse, aber auch Überschwemmungen.        an Maßnahmen teilhaben zu lassen, war ein weiterer
                                                        wichtiger Baustein der Biodiversitätsstrategie in den
Daher zielt die Maßnahme „Erhaltung und Weiter-         vergangenen Jahren. So konnte die zwischen 2005
entwicklung von Biotopverbundsystemen und Ver-          und 2014 als Schwerpunkt etablierte Konzeption
meidung weiterer Landschaftszerschneidung“ des          Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung der
Integrierten Klimaschutzplans Hessen 2025 auf die       Vereinten Nationen zur dauerhaften Verankerung von
(Wieder-)Herstellung von Biotopverbundstrukturen        Bildung für nachhaltige Entwicklung im deutschen
für Arten ab, welche vom Klimawandel potentiell         Bildungssystem genutzt werden, die sogar von der
besonders betroffen sind. Denn Arten benötigen          Deutschen UNESCO-Kommission als offizielle Maß-
mit zunehmendem Klimawandel verstärkt Korridore         nahme der Weltdekade ausgezeichnet wurde. Seit
zum Wandern, um angesichts der Veränderung ihrer        2012 ist Biodiversität ein bleibender Schwerpunkt im
                                                        Jahresprogramm der Naturschutz-Akademie Hessen.
14    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

     Wie geht es weiter?

     Ziel des diesjährigen Berichtes ist es auch zu schauen:
     Wo stehen wir, was haben wir erreicht? Jetzt heißt es,
     das Erreichte weiterzuführen und gleichzeitig zu über-
     legen, wie sich die Biodiversitätsstrategie weiterent-
     wickeln kann und muss. Wichtige Themen der letzten
     Jahre, wie das Insektensterben, müssen und werden
     einen stärkeren Raum in der nächsten Strategie ein-
     nehmen.

     Mit dem Abschluss der Arbeit an diesem Bericht
     starten wir die Weiterentwicklung der Hessischen Bio-
     diversitätsstrategie, wie es auch der Koalitionsvertrag
     vorsieht.

     Auf internationaler Ebene sind die Prozesse pande-
     miebedingt ins Stoppen geraten. Derzeit ist die Welt-
     biodiversitätskonferenz für November 2021 geplant.
     Die Europäische Union (EU) hat vorgelegt und im
     letzten Jahr mit der EU-Biodiversitätsstrategie 2030
     einen Rahmen gesetzt: Bis 2030 sollen auf 30 Prozent
     der Landgebiete und 30 Prozent der Meeresgebiete
     Europas Schutzzonen geschaffen werden. Die Wie-
     derherstellung geschädigter Landökosysteme in ganz
     Europa sollen unter anderem durch die Stärkung der
     Ökolandwirtschaft und biodiversitätsreicher Land-
     schaftselemente, das Aufhalten und Umkehren des
     Verlusts an Bestäubern, die Rückführung von Fließ-
     gewässern in einen freien Flusslauf auf mindestens
     25.000 Kilometer und durch die Reduzierung des
     Einsatzes und der Schadenswirkung von Pestiziden
     um 50 Prozent bis 2030 erreicht werden.

     In diesem und in den nächsten Jahren werden die
     strategischen Vorhaben in konkrete Handlungen um-
     gesetzt.

                                                               Blick vom Urwaldsteig auf den Edersee
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020        15

Die EU-Biodiversitätsstrategie braucht aber auch eine
Umsetzung konkret vor Ort, auf regionaler Ebene.
Wie auch bei der Aufstellung der Biodiversitätsstra-
tegie 2013 und der Weiterentwicklung wenige Jahre
später, wird sich auch die Weiterentwicklung ab 2020
an übergeordneten Strategien orientieren, aber auch
den Spezifika in unserem Land Rechnung tragen.

Die Weiterentwicklung der Biodiversitätsstrategie ist
dabei ein Puzzleteil von mehreren. Der oben bereits
angesprochene Bedeutungsgewinn zeigt sich in den
Jahren 2020 und 2021 besonders: Die Arbeiten an
einem Hessischen Naturschutzgesetz sind weit fort-
geschritten. Es wird neue Akzente setzen und den
Naturschutz weiter stärken. Institutionell bilden die
hessenweiten Gründungen von Landschaftspflege-
verbänden ein kooperatives Netz in der Fläche. Das
„Zentrum für Artenvielfalt“, welches aus der Natur-
schutzakademie Hessen, der Vogelschutzwarte (VSW)
sowie der Abteilung Naturschutz des Hessischen
Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie
besteht, wird derzeit mit Hochdruck aufgebaut und
soll zu Beginn des kommenden Jahres seine Arbeit
aufnehmen.

Für die in Hessen besonders charakteristischen Streu-
obstwiesen ist eine Strategie in Erarbeitung, um sie
weiterhin zu erhalten und ihrer Bedeutung gerecht
zu werden. Nicht zuletzt ist ein Hilfsprogramm für
windenergiesensible Arten im Entstehen.

All das zusammen schafft den Rahmen für die nächs-
ten Jahre.

■ Autorin: Rebecca Stecker, Referatsleiterin
Biodiversitätsstrategie und Artenschultz, Hessi-
sches Umweltministerium
16     Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

               Ziel I: Natura 2000
                                                                                   Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 15

               Stopp der Verschlechterung der relevanten Natura 2000-Lebensräume und
               -Arten und Verbesserung des Erhaltungszustandes

     „Stopp der Verschlechterung der relevanten NA-
     TURA 2000-Lebensräume und -Arten und Verbesse-
     rung des Erhaltungszustandes“ – so lautet das erste
     Ziel der Hessischen Biodiversitätsstrategie.

     Landesweite Maßnahmen bilden das Grundgerüst,
     um diese Ziele zu erreichen. Die Maßnahmen rei-
     chen von der Vervollständigung der mittelfristigen
     Maßnahmenpläne für alle Gebiete nach Fauna-Flora-
     Habitat Richtlinie (FFH-RL) und alle Vogelschutzge-
     biete (VSG), über die flächendeckende Einrichtung
     von Landschaftspflegeverbänden und den Aus-
     bau eines landesweiten Netzes zur Betreuung der
     Schutzgebiete und Arten bis hin zur Erstellung von
     Artenhilfskonzepten für Arten, deren Erhaltungszu-
     stand ungünstig ist oder sich verschlechtert.               Ziegenbeweidung Amöneburg

     Die folgenden Textbeiträge zeigen, wie die Maß-           Ziegenbeweidung im FFH- und
     nahmen umgesetzt wurden und sie zeigen vor allem
     auch: Naturschutz braucht Ressourcen, ein gutes           Naturschutzgebiet Amöneburg
     Gesamtsystem von engagierten Akteurinnen und
     Akteuren und vor allem Zeit und Strukturen. Ziegen-       Zum Erhalt der Magerrasen am Hang des FFH- und
     projekte zur Offenhaltung von Lebensräumen, damit         Naturschutzgebiets Amöneburg – das zweitälteste
     diese nicht verbuschen, oder die Wiederherstellung        Naturschutzgebiet in Hessen – wurde ein Ziegen-
     von Magerrasen sind zwei von zahlreichen Beispie-         beweidungsprojekt ins Leben gerufen. Die am
     len, die verdeutlichen, wie die Biodiversitätsstrategie   Basaltkegel vorkommenden Trespen-Schwingel-
     in der Praxis umgesetzt wird. Schon im Hessischen         Kalk-Trockenrasen (submediterraner Halbtrocken-
     Biodiversitätsbericht 2019 konnten naturschutzfach-       rasen) waren zu Zeiten der Grunddatenerhebung
     liche Beweidungsprojekte wie „Schaf schafft Land-         im Erhaltungszustand gut bis durchschnittlich (B-C).
     schaft“ näher erläutert werden.                           Ein Teil der Trockenrasen am Unterhang war bereits
                                                               stark verbuscht und nur noch fragmentarisch vor-
     Gerade in den letzten Jahren ist mit dem Aufbau           handen. Doch auch umfangreiche motormanuelle
     eines Netzes an Artberatern, den fachlichen Grund-        Entbuschung konnten das Gehölzwachstum nicht
     lagen in Form von Artenhilfskonzepten, EU-                dauerhaft eindämmen. Daher wurde mit einer ge-
     finanzierten Großprojekten und der Gründung von           mischten Herde aus Ziegen, Schafen und zeitweise
     Landschaftspflegeverbänden viel erreicht worden.          Eseln gearbeitet, um die Magerrasen dauerhaft in
                                                               gutem Zustand zu erhalten und die Ausbreitung der
                                                               Gehölze zu verhindern.

                                                               Die Magerrasen und Felsfluren der Amöneburg sind
                                                               eng miteinander verzahnt. Um das Weidemanage-
                                                               ment besser steuern zu können, wurde ein fester
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020        17

elektrischer Zaun installiert, der nochmals unterteilt     und Begutachtung wird das Weidemanagement
ist. Dieser ermöglicht es Besuchern, das Gebiet zu         jährlich gesteuert. Im Jahr 2018 war es bedingt
passieren, aber auch die Tiere zu lenken und ge-           durch Erosion, dem extrem trockenen Sommer
zielt zu verteilen. Auf Informationstafeln erfahren die    (Witterungsstress) und dem Einfluss der Weidetiere
Besucherinnen und Besucher Wissenswertes über              zu negativen Veränderungen des LRT gekommen. Die
das Ziegenprojekt. Das Ziegenbeweidungsprojekt             beeinträchtigten Bereiche wurden von der Winterbe-
begann im Frühjahr 2008. Seitdem erfolgten Vegeta-         weidung komplett ausgespart und die Beweidungs-
tionsuntersuchungen zur Wirkungs- und Erfolgskon-          intensität deutlich verringert. In den letzten beiden
trolle in den Jahren 2009, 2010, 2014, 2016, 2018          Jahren konnte sich die Vegetation nur in Teilen durch
und 2019. Mithilfe dieser Berichte und der engen           die Weideruhe mit Erfolg regenerieren.
Abstimmung zwischen RP Gießen und den Ver-
antwortlichen für Maßnahmenplanung, Tierhaltung            ■ Autorin: Bianka Lauer, RP Gießen

   Neu entstandene Silbergrasfluren sind Bestandteil des
   LRT 2330. Im Vordergrund: Sandstrohblume (Helichry-     Erhalt und Entwicklung von
   sum arenarium) und Berg­sandglöcken (Jasione mon-
   tana) als charakteristische Arten                       Sandmagerrasen (LRT 2330)
                                                           Das Vorkommen des FFH-Lebensraumtyps 2330
                                                           Sandmagerrasen (Dünen mit offenen Grasflächen
                                                           mit Corynephorus und Agrostis) zeichnet mehrere
                                                           Natura 2000-Gebiete in Südhessen aus. Wichtig für
                                                           die Erhaltung sind eine angepasste Bewirtschaftung
                                                           der sehr mageren Standorte und die Bewahrung des
                                                           Offenlandcharakters. Eine besondere zusätzliche
                                                           Maßnahme, das sog. Abplaggen, hat das zuständige
                                                           Amt für den ländlichen Raum des Hochtaunuskreises
                                                           in verschiedenen FFH-Gebieten im Kreis Offenbach
                                                           umgesetzt. Dabei wird in Teilbereichen die oberste
                                                           Bodenschicht samt Vegetation flach abgetragen. Auf
                                                           diese Weise entstehen mosaikartig neue Pionierflä-
                                                           chen mit Rohsanden, die eine Neuentwicklung von
                                                           Sandmagerrasen fördern. Das Beispiel des FFH-Ge-
                                                           biets „Sandrasen bei Urberach“ zeigt, dass auf diese
                                                           Weise gute Erfolge erzielt werden können. Auf früher
                                                           abgeplaggten Flächen haben sich typische Vegeta-
                                                           tionsstrukturen gebildet. Ende 2020 wurden weitere
   Freilegen von Rohsandboden für die Neubesiedelung       Flächen im Gebiet bearbeitet.
   von Sandmagerrasenbeständen im FFH-Gebiet „Sand-
   rasen bei Urberach“                                     ■ Autorin: Jutta Schmitz, RP Darmstadt
18    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

                                                               Mausohren (Myotis) im Winterschlaf

     Öffnung und Sicherung von                               Auch außerhalb des Richelsdorfer Gebirges erfol-
     Fledermaus-Winterquartieren im                          gen solche Maßnahmen auf Initiative der Oberen
                                                             Naturschutzbehörde. So konnten im Landkreis Fulda
     Richelsdorfer Gebirge                                   ebenfalls zwei Bergwerksstollen gesichert werden
                                                             und bei Heringen, in Zusammenarbeit mit K+S,
     Im Rahmen der Hessischen Biodiversitätsstrategie        zwei große Luftschutzstollenanlagen mit speziellen
     hat das Regierungspräsidium Kassel 2020, in enger       Fledermaus-Lochsteinen zu Winterquartieren um-
     Zusammenarbeit mit dem Forstamt Rotenburg an            gebaut werden. Für 2021 sind weitere Maßnahmen
     der Fulda und dem Landesverband für Höhlen- und         in diesem Projekt geplant.
     Karstforschung Hessen e.V., ein langfristiges Projekt
     zum Schutz der einheimischen Fledermäuse gestar-        ■ Autor: Stefan Zaenker, RP Kassel
     tet. Von diesem Projekt profitieren insbesondere die
     Bechsteinfledermaus, das Große Mausohr, die Fran-
     senfledermaus, das Graue Langohr und das Braune
     Langohr, die alle in der Hessen-Liste aufgeführt
     sind, aber auch andere Fledermausarten sowie eine
     Vielzahl weiterer Arten (zum Beispiel überwinternde
     Amphibien, wie der in der Hessen-Liste geführte
     Feuersalamander).

     Im Rahmen des Projektes werden gezielt alte Berg-
     werksstollen im Richelsdorfer Gebirge geöffnet
     und die Eingänge mit fledermaus- und amphibien-
     gerechten Gittern gesichert. Hierdurch wird eine
     Biotopvernetzung geschaffen, die den Fledermäu-
     sen eine vielfältige Auswahl an Überwinterungs- und
     Tagesquartieren bietet. So konnten im letzten Jahr
     der Kurprinz-Friedrich-Wilhelm-Stollen bei Bebra-
     Braunhausen sowie der Ölbergstollen und der
     Torwaldwieser Stollen bei Nentershausen dauerhaft         Zur Sicherung des Ölbergstollens war der Einsatz eines
     gesichert werden.                                         Baggers notwendig
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020           19

Landschaftspflegeverbände –                               umweltprogramm HALM, der Biodiversitätsstrategie,
Einsatz für mehr Naturschutz in                           dem Klimaschutzplan, aus Bund-Länder-Mitteln und
                                                          der Umweltlotterie GENAU bereitgestellt.
Hessen
                                                          Mit dem LPV im Kreis Groß-Gerau, der im November
Landschaftspflegeverbände leisten einen wichtigen         2020 gegründet wurde, gibt es in Hessen nun in
Beitrag für den Erhalt und Schutz der Natur und Kul-      zehn von 21 Landkreisen LPV als aktive Motoren für
turlandschaft in Hessen. Um die wichtige Arbeit der       den Naturschutz. Alle zehn LPV haben Anträge vor-
Verbände langfristig finanzieren zu können, hat das       gelegt und werden in 2021 die Landesförderung in
Hessische Umweltministerium eine neue Förderricht-        Anspruch nehmen.
linie erarbeitet, die seit September 2020 in Kraft ist.
Die Förderrichtlinie ermöglicht es den kreisweit täti-    Je nach Region und Landkreis setzen die LPV unter-
gen, gemeinnützigen Landschaftspflegeverbänden            schiedliche Schwerpunkte und gehen verschiedene
(LPV), die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen             Wege – je nach regionalen Besonderheiten vor Ort.
zu verstärken und langfristig zu planen. Grundlage        Alle Maßnahmen eint dabei das Ziel, die Arten und
für die Förderung ist ein jährliches Arbeits- und Maß-    Lebensräume im Schutzgebietsnetz Natura 2000
nahmenprogramm, das die LPV mit den Fachbehör-            zu fördern und zu erhalten sowie insbesondere im
den der Landkreise abstimmen. Gefördert werden            Offenland dem Rückgang der Biologischen Vielfalt
Personalmittel für die Vorbereitung, Begleitung und       entgegen zu wirken.
Evaluation von Maßnahmen insbesondere zur Um-
setzung des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 und           ■ Autorin: Jutta Katz, Hessisches
der Hessischen Biodiversitätsstrategie. Dafür stellt      Umweltministerium
das Land pro Landkreis Mittel in Höhe von bis zu
200.000 Euro jährlich zur Verfügung. Finanzmittel für     Weiterlesen: Neues Förderprogramm
die Umsetzung der Maßnahmen werden zusätzlich             https://t1p.de/h1zb
aus dem Naturschutz-
haushalt des                                              Weiterlesen: Koordinierungsstelle Hessen
Landes, dem                                               https://t1p.de/i1vs
Hessischen
Agrar-

                                                            Gehölzarme Aue mit arten- und blütenreichem Grün-
                                                            land im FFH-Gebiet „Helfholzwiesen und Brühl bei
                                                            Erda“: Lebensraum für das Braunkehlchen (Saxicola
                                                            rubetra), ein vom Aussterben bedrohter Wiesenbrüter -
                                                            hier gibt es Brutbereiche, Beratung der Landwirtschaft
                                                            und schonende Reduzierung der Gehölze
20    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

       Auch 2020 waren wieder Artberater der VSW u. a. im Rahmen verschiedener Feldflurprojekte aktiv, um die Bestände
       des in Hessen stark gefährdetet Rebhuhns (Perdix perdix) wieder auf ein sicheres Niveau zu bringen

     Beratung der Vogelschutzwarte                             Wachtelkönig, Wendehals, Wiedehopf und Wiesen-
                                                               pieper.
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                                                               Für die aufgeführten Arten waren landesweit, u. a. im
     In Hessen befinden sich knapp 50 Prozent der Brutvö-      Rahmen von Feldflur- und Wiesenbrüterprojekten
     gel in einem ungünstig-schlechten Erhaltungszustand.      sowie zur Umsetzung von Maßnahmen in Streuobst-
     In der Regel sind die betroffen Arten in ihren Bestän-    beständen, zehn Artberaterinnen und Artberater
     den gefährdet, stark gefährdet oder sogar vom Aus-        sehr erfolgreich im Einsatz.
     sterben bedroht. Für einige dieser Arten hat die VSW
     Artenhilfskonzepte und Maßnahmenblätter entwi-            ■ Autor: Lars Wichmann, VSW
     ckelt. In diesen werden Schutz- und Entwicklungsmaß-
     nahmen präsentiert, mit denen die betroffenen Arten
     wieder in einen günstigen Erhaltungszustand ge-
     bracht werden können. Um eine effektive Umsetzung         Weiterlesen: https://t1p.de/8mtw
     der Maßnahmen zu gewährleisten, ist ein fundiertes
     Fachwissen zur Biologie der Zielart essentiell. Hier
     kommen die Artberaterinnen und Artberater der VSW
     ins Spiel. Um sicherzustellen, dass geplante Maß-
     nahmen optimal in die Fläche gebracht werden und
     langfristig eine möglichst große Wirksamkeit entfal-
     ten, können hessische Behörden, Vereine und Privat-
     personen bei der VSW kostenlos Beratung anfordern.
     Die Artberaterinnen und Artberater der VSW nehmen
     mit ihnen Kontakt auf und besuchen sie gerne auch
     vor Ort. So erhalten sie eine kompetente Beratung
     und erfahren, ob sich Flächen für die Umsetzung von
     Maßnahmen für eine bestimmte Zielart eignen und
     welche Maßnahmen wo, in welchem Umfang und zu
     welchem Zeitpunkt realisiert werden können.

     2020 umfasste das Beratungsangebot der VSW
     folgende 16 Vogelarten: Bekassine, Braunkehl-
     chen, Flussregenpfeifer, Gartenrotschwanz, Grau-             Wachtelkönig (Crex crex) mit nicht flüggen Jungen –
     ammer, Großer Brachvogel, Haubenlerche, Kiebitz,             die Artberatung der VSW leistet einen wesentlichen
     Raubwürger, Rebhuhn, Steinkauz, Uferschwalbe,                Beitrag, um das Aussterben in Hessen zu verhindern
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020   21

    ■ Praxisnahe Beratung in
    Kooperation mit dem Ehrenamt

    Hessen baut das Netz zur Betreuung der
    Schutzgebiete und Arten in enger Zusammen-
    arbeit mit den Verbänden aus

    Das HLNUG hat in 2020 dreißig Expertinnen
    und Experten als Artberaterinnen und Artbera-           Gelbbauchunke (Bombina variegata)
    ter beauftragt, die den Behörden des Landes,
    der Kommunen, Gemeinden und Städte kosten-            Mopsfledermaus), Schmetterlinge (Blauschil-
    los zur Verfügung stehen. Sie sollen bei Natur-       lernder Feuerfalter, Schwarzer Apollo, Skabio-
    schutzfragen helfend zur Seite stehen und beim        sen-Scheckenfalter), Mollusken (Bachmuschel)
    Maßnahmenmanagement zum Schutz der Arten              und Krebse (Steinkrebs). Außerdem sind weitere
    unterstützen. Es werden zahlreiche Artgruppen         Expertinnen und Experten zur Bekämpfung von
    bedient, wie die Amphiben (Geburtshelferkröte,        invasiven gebietsfremden Arten im Auftrag des
    Gelbbauchunke, Knoblauchkröte, Kreuzkröte,            HLNUG aktiv. Ab 2021 werden zusätzlich Be-
    Moorfrosch, Wechselkröte), Reptilien (Äskulap-        raterinnen und Berater den Insektenschutz auf
    natter, Kreuzotter), Fische (Schlammpeitzger),        Flächen und die invasive asiatische Hornisse
    Libellen (Helm-Azurjungfer, Große Moosjung-           betreuen.
    fer), Käfer (Eremit), Pflanzen (Frauenschuh,
    Sand-Silberscharte, Verantwortungsarten),
                                                          ■ Autor: Dr. Andreas Opitz, HLNUG
    Moose (Grünes Besenmoos, Kugelhornmoos),
    Bärlappe, Säugetiere (Feldhamster, Luchs,             Weiterlesen: https://t1p.de/v9yf

Artenhilfskonzepte                                        Artenhilfskonzepte für Wendehals, Bachmuschel,
                                                          Kreuzkröte und Co. können auf der Homepage des
Seit 2007 werden im Auftrag der Abteilung N des           HLNUG und der VSW abgerufen werden.
HLNUG und seit 2008 im Auftrag der VSW landes-
weite Artenhilfskonzepte (AHK) für besonders              ■ Autor: Lars Wichmann, VSW
bedrohte Pflanzen- und Tierarten der Anhänge II
und IV der FFH-Richtlinie erstellt. Priorität haben die   Weiterlesen: HLNUG-Downloads https://t1p.de/uffz
Arten, deren Erhaltungszustand in Hessen gemäß            und VSW-Downloads https://t1p.de/8mtw
FFH-Richtlinie mit „rot“ (ungünstig – schlecht) be-
wertet wurde. Die mittlerweile 55 Artenhilfskonzepte
liefern wertvolle Hintergrundinformationen über
Verbreitung, Bestandssituation und Gefährdung der
jeweiligen Art und definieren geeignete, flächen-
bezogene Erhaltungsmaßnahmen an den der-
zeitigen Habitaten. Zusätzlich werden kurze, leicht
lesbare Maßnahmenblätter erstellt, in denen das
Wichtigste zusammengefasst ist. Für Vögel gibt es
zudem die sog. Gebietsstammblätter, die sich mit
Empfehlungen für konkrete Maßnahmen speziell an
Dritte richten. Durch diese Zusatzangebote sind die
Artenhilfskonzepte auch für viele Naturschützerin-
nen und –schützer in der Praxis gut umsetzbar. Die          Wendehals (Jynx torquilla)
22    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

               Ziel II: Hessen-Liste
                                                                                 Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 16

               Sicherung und Entwicklung von Arten und Lebensräumen, für die Hessen
               eine besondere Verantwortung hat

     Die „Hessen-Liste“ ist den Akteurinnen und Akteuren      Zu weiteren Maßnahmen des Ziels II gehört auch die
     des Naturschutzes in Behörden und vor allem aber         Förderung der Akzeptanz konfliktträchtiger Arten
     auch im ehrenamtlichen Naturschutz inzwischen ein        durch bürgernahe Öffentlichkeitsarbeit und gutes
     fester Begriff: In ihr sind 259 Arten und 38 Lebens-     fachliches Management. Denn insbesondere in
     räume auch nach räumlichen Schwerpunkte aufge-           Ballungsräumen oder in der Interaktion zwischen Na-
     listet, für die Hessen eine besondere Verantwortung      turschutz und Landwirtschaft können Konflikte auf-
     trägt. Mit den Mitteln zur Umsetzung der Biodiversi-     treten. Am Beispiel des Bibers zeigt sich dies gut: Er
     tätsstrategie führen Verbände, Vereine und Behörden      ist ein Landschaftsarchitekt, sorgt mit seinen Umge-
     naturschutzfachliche Maßnahmen zur Verbesserung          staltungen für neue Lebensräume seltener Tierarten.
     Erhaltungszustände dieser Arten und Lebensräume          Gleichzeitig verursacht er aber auch Schäden. Daher
     vor Ort durch.                                           bedarf es hier neben Öffentlichkeits- und Aufklä-
                                                              rungsarbeit auch eines umsichtigen Managements
     Ein Schwerpunkt der Förderung liegt hierbei auf den      der beteiligten Akteurinnen und Akteure. Auch dies
     für Hessen besonders charakteristischen Streuobst-       gehört zu den wichtigen Aufgaben zur Umsetzung
     wiesen, daher erarbeitet das Umweltministerium in        der Biodiversitätsstrategie.
     diesem Jahr auch eine Streuobststrategie.

     Bestandssicherung und
     Wiederansiedlung des Efeu-
     Moorglöckchens
     Das Efeu-Moorglöckchen (Wahlenbergia hedera-
     cea) besiedelt in Hessen nur noch kleine vereinzelte
     Flächen. Auch im restlichen Deutschland kommt die
     stark gefährdete Rote Liste-Art nur sehr spärlich vor.
     2018 konnte im Rahmen eines vom RP Darmstadt
     geförderten Biodiversitätsprojekts der letzte Bestand
     im Odenwald durch Flächenankauf und gezielte
     Pflegemaßnahmen gesichert werden. Noch im Bo-
     den vorhandene Samen keimten und blühten wieder
     auf. Da sich die Pflanzen seither gut entwickeln,
     wurden aus den neu entstandenen Samen erfolg-              Reaktiviertes Vorkommen am natürlichen Standort
     reich Jungpflanzen zur Wiederansiedlung aufgezo-
     gen. Die Auspflanzung der ersten Exemplare fand im
     Oktober 2020 im Naturschutzgebiet Eutergrund bei         der Kreisverwaltung des Odenwaldkreises, in enger
     Bullau statt, gefolgt von weiteren im ehemaligen Ver-    Zusammenarbeit mit dem Botaniker Dr. Markus
     breitungsgebiet. Getragen wird das Projekt gemein-       Sonnberger.
     sam vom Naturschutzzentrum Odenwald (NZO) und
     der Abteilung Landschaftspflege und Naturschutz          ■ Autorin: Jutta Schmitz, RP Darmstadt
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020        23

„Rhön-Quellschnecke im 		                                Biodiversitätsstrategie durch das RP Gießen wurde
                                                         die Maßnahmendurchführung vor Ort gemeinschaft-
Vogelsberg“                                              lich von Naturschutzbehörde und dem Forstsamt
                                                         Schotten gesteuert und durch die grundbesitzenden
Die Rhön-Quellschnecke – eine Art der „Hessen-           Kommunen unterstützt.
Liste“ – für die Hessen eine besondere Verantwor-        Die Maßnahmen wurden durch die Aufstellung einer
tung hat – kommt in Mittelhessen ausschließlich          Hinweistafel mit Durchführung eines Pressetermins
im Vogelsberg und vorrangig in Höhenlagen über           öffentlichkeitswirksam präsentiert.
500 Meter vor. Sie lebt direkt im Quellaustritt und
wenige Meter abwärts von Quellen mit gleichmäßig         ■ Autor: Gerrit Oberheidt, RP Gießen
kaltem Wasser; dies oft im Wald.
                                                         Weiterlesen: https://t1p.de/r31n
Auf Grundlage zahlreicher Erkenntnisse und des
landesweit gültigen Artgutachtens hat die untere
Naturschutzbehörde des Vogelsbergkreises mit
Unterstützung des Landesverband Höhlen- und
Karstforschung im Jahre 2016 die Initiative zur Rena-
turierung zuvor kartierter Quellen ergriffen. Ziel war
jeweils die Entfernung der Quellenverbauungen und
Verrohrungen zur Wiederherstellung eines geeigne-
ten Lebensraums der Rhön-Quellschnecke.

Nach erfolgreicher Antragstellung und Finan-               In Höhenlagen meist über 500 Metern kommt die Rhön-
zierungszusage aus Mitteln der Hessischen                  Quellschnecke (Bythinella compressa) noch vor

  ■ Förderung der Biodiversität im                       hat sie ein Maßnahmenprogramm zur langfristi-
                                                         gen Erhaltung und Förderung der Biodiversität
  Streuobstgebiet Witzenhausen-                          im Streuobstgebiet rund um Wendershausen
  Wendershausen                                          erarbeitet. Neben der Erhaltung der wertvollen
                                                         Baumbestände gilt es ein umfassendes
  Rund um den Ort Wendershausen befinden sich            Nutzungskonzept in Kooperation mit
  besonders wertvolle Streuobstwiesen mit zahlrei-       den ortsansässigen Bewirtschaf-
  chen hoch- und halbstämmigen Kirschbäumen.             terinnen und Bewirtschaftern zu
  Vor allem die Bestände mit einem hohen Anteil          entwickeln.
  an alten Bäumen, viel Totholz und Baumhöhlen
  in Waldrandnähe sind regelrechte „Hotspots der         Im Frühjahr 2020 wurde mit
  Biologischen Artenvielfalt“.                           Revitalisierungs- und Stabi-
                                                         lisierungsschnitten an er-
  Sie bieten Rückzugsräume für zahlreiche be-            haltenswerten, bestehenden
  drohte Arten - darunter auch viele, die besonders      Bäumen begonnen. Zudem
  sensibel auf Veränderungen ihres Lebensraumes          wurden 140 hochstämmige
  in Folge des Klimawandels reagieren. Zu diesen         Obstbäume, insbesondere
  gehören zum Beispiel Mittelspecht, Wendehals,          Kirschen, gepflanzt. Die Förderung
  Steinkauz, Haselmaus, Eremit oder die Mopsfle-         dieser Maßnahmen erfolgt aus Bio-
  dermaus.                                               diversitätsmitteln des Landes Hessen. Die
                                                         Maßnahmen schließen die Erhaltung des unter
  Innerhalb des Geo-Naturparks Frau-Holle-Land           den Bäumen befindlichen Grünlands mit ein.
  nimmt die Abteilung Naturschutz und Land-
  schaftspflege seit Juli 2020 die Aufgaben eines        ■ Autorin: Susanne Pfingst, Geo-Naturpark
  Landschaftspflegeverbandes im Werra-Meißner-           Frau-Holle-Land
  Kreis wahr. Im Rahmen eines Projekts während
  der Pilotphase zum Landschaftspflegeverband            Weiterlesen: https://t1p.de/hhz0
24     Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020

       Nur extensiv genutzte Streuobstwiesen können
       sich zu sehr artenreichen Lebensräume entwickeln

     Streuobst
     Streuobst ist ein hessisches Kulturgut mit herausra-                                     im Rahmen der Umset-
     gender Bedeutung für die Biologische Vielfalt. Viele                                 zung der Hessischen Biodi-
     Streuobstbestände befinden sich jedoch in keinem          versitätsstrategie bereits jetzt schon verschiedenste
     guten Pflegezustand oder wurden im Laufe der              Aktivitäten und stellt finanzielle Mittel bereit, um die
     Jahre in eine intensive Nutzung überführt. Mit der in     hessischen Streuobstbestände zu schützen und zu
     Arbeit befindlichen Streuobstwiesenstrategie wird         erhalten. Streuobstwiesen stehen auf der Hessen-
     das Ziel verfolgt, die für die Artenvielfalt wertvollen   Liste der Arten und Lebensräume, für deren Erhalt
     Streuobstwiesen zu schützen und zu erhalten. Aber         Hessen eine besondere Verantwortung trägt. Neuan-
     auch abseits dieser Strategie unternimmt das Land         lagen von Streuobstwiesen, Nachpflanzungen sowie
                                                               die Instandsetzungspflege überalterter Bestände
                                                               wurden beispielsweise in den letzten Jahren über
                                                               Landesmittel gefördert. Von den Maßnahmen sowie
                                                               der Überführung in eine extensive Landnutzung
                                                               (Beweidung oder Mahd) profitieren Streuobst-Cha-
                                                               rakterarten wie beispielsweise Gartenrotschwanz,
                                                               Steinkauz oder Wendehals. Die VSW stellt neben
                                                               Artenhilfskonzepten und Maßnahmenblättern auch
                                                               einen Berater für diese Streuobst-Charakterarten zur
                                                               Verfügung. Die Beratung hinsichtlich der langfristi-
                                                               gen Habitatgestaltung für diese Vogelarten kann von
                                                               Vereinen, Behörden und Privatpersonen auf Anfrage
                                                               bei der VSW in Anspruch genommen werden (info@
                                                               vswffm.de).
       Wanderbeweidung sorgt für eine typische Artenaus-
       wahl und deren genetischen Austausch mit anderen        ■ Autorin: Amelie Hübner, Hessisches
       Vorkommen                                               Umweltministerium
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2020    25

Artenhilfsmaßnahmen
für windenergiesensible
Arten gestärkt
Das Land Hessen intensiviert Artenhilfs-
maßnahmen für windenergiesensible
Arten, insbesondere für Fledermausarten
in FFH-Gebieten und für Vogelarten in
Vogelschutzgebieten: Hessen betont bei
der Umsetzung der Bewirtschaftungspläne
für Natura-2000-Gebiete Maßnahmen zur
Erhaltung und Verbesserung des Erhal-
tungszustands dieser Arten. Darüber hinaus
werden auch außerhalb solcher Gebiete
Artenhilfsmaßnahmen besonders für diese
Arten durchgeführt. Hierzu hat das Land
Hessen ein landesweites Hilfsprogramm
für windenergiesensible Arten gestartet. Im
Rahmen des Programms sollen Maßnahmen
für die windenergiesensiblen Vogelarten
Schwarzstorch, Rotmilan, Wespenbussard
und Waldschnepfe sowie die windenergie-
sensiblen Fledermausarten Großer und
Kleiner Abendsegler, Mopsfledermaus,
Bechsteinfledermaus und Rauhautfledermaus umge-       Artenhilfsmaßnahmen für Rotmilan, Schwarzstorch
setzt werden. Als erste Maßnahmen wurden Schutz-      und Wespenbussard ausgegeben. Hinzu kommen
zonen im Umkreis von bis zu 200 Meter um Schwarz-     Grünlandmaßnahmen im HALM, Maßnahmen nach
storchhorste im hessischen Staatswald eingerichtet.   IKSP oder Maßnahmen zur Umsetzung der Was-
Im Körperschafts- und Privatwald werden solche        serrahmenrichtlinie (WRRL), die ebenfalls positive
Maßnahmen durch Vertragsnaturschutz angestrebt.       Wirkungen entfalten. Schließlich sollen die Aus-
In allen Waldbesitzarten sollen zudem Horstschutz-    gleichsmaßnahmen der Projektträger künftig stärker
maßnahmen gegen den Waschbären erfolgen. Für          in Populationsschwerpunkte gelenkt werden.
die genannten Maßnahmen wurden für das Jahr
2021 zusätzlich 80.000 Euro eingeplant. 2017 bis      ■ Autor: Klaus-Ulrich Battefeld, Hessisches
2019 hat das Land bereits mehr als 300.000 Euro für   Umweltministerium

                                                        Sechs Schwarzstörche (Ciconia nigra) am Edersee
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