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Audit Committee Quarterly ex t ra das magazin für corporate governance Gefördert durch Audit Committee Institute e.V. In Kooperation mit: Aktienrückkäufe Mythen und Fakten
EDITORIAL Vor- und Nachteile von Aktienrückkäufen werden in Wissenschaft, Presse und Praxis häufig kontrovers diskutiert. Unzweifelhaft ist, dass der Erwerb eigener Aktien sowohl mit Chancen als auch mit Risiken für das Unternehmen und seine Stake holder verbunden ist. Aktienrückkäufe sind eigentlich ein Widerspruch in sich. Die Aktie ist ein Instrument der Kapitalaufnahme. Sie trägt zur Finanzierung eines Unternehmens bei. Die opti- male Bilanzstruktur eines Unternehmens liegt jedoch bei einer Kombination von Eigen- und Fremdkapital. Diese Kombination erfordert eine nach Branche oder nach Situation an den Kapitalmarkt angepasste Strategie, um die Bilanzstruktur zu optimieren und Liquiditäts- oder Überschuldungsrisiken erst gar nicht entstehen zu lassen. Aktienrückkäufe sind ein wichtiges Instrument in der Umsetzung dieser Eigenkapitalstrategie. Während in den USA Aktienrückkäufe schon Mitte der 1970er-Jahre verstärkt an Bedeutung gewannen und sich als ergänzende Ausschüttungsform zur Dividende etablierten, war der Erwerb von Aktien in Deutschland den Unternehmen bis weit in die 1990er-Jahre hinein nur eingeschränkt möglich. Im Jahr 1998 liberalisierte das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) schließ- lich die Voraussetzungen, unter denen Unternehmen eigene Aktien erwerben dürfen: Eines besonderen Erwerbsgrunds bedarf es bei einem Beschluss der Hauptversammlung seitdem nicht mehr. Aktienrückkäufe sind seitdem ein anerkanntes Mittel der Kapitalmarktsteuerung. Gerade die Entwicklungen der Aktienmärkte in den letzten Jahren – getrieben durch geringe Zinsen und hohe Liquidität – bringen umfangreiche neue Anwendungs fragen auf die Agenda. Zusammen mit dem Deutschen Aktieninstitut e.V. ist dieses Audit Committee Quarterly entstanden. Die Zusammenarbeit hat uns nicht nur viel Freude gemacht, sondern auch die Möglichkeit gegeben, alle Aspekte und Möglichkeiten von Aktien- rückkäufen zu beleuchten. Somit liegt für den Anwender nicht nur eine dezidierte rechtliche Betrachtung vor, sondern auch eine Argumentationsbasis für geplante oder mögliche Kapitalmarktmaßnahmen. Ich hoffe, dass Ihnen die Vielzahl der Beiträge neue Blickwinkel eröffnet und Sie hierdurch Anregungen für Ihre Praxis erhalten. Ein großer Dank geht an das Deutsche Aktieninstitut e.V. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Mattias Schmelzer CMO und Regionalvorstand Nord Hamburg KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft © 2021©Audit 2021 Committee Audit Committee Institute Institute e.V., assoziiert e.V., assoziiert mit dermit KPMG der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- einer Aktiengesell- schaft schaft nach deutschem nach deutschem Recht Recht und einund Mitglied ein Mitglied der globalen der globalen KPMG-Organisation KPMG-Organisation unabhängiger unabhängiger Mitgliedsfirmen, Mitgliedsfirmen, die KPMG die KPMG International International Limited, Limited, einer Private einer Private EnglishEnglish CompanyCompany LimitedLimited by Guarantee, by Guarantee, angeschlossen angeschlossen sind. Alle sind. Rechte Alle Rechte vorbehalten. vorbehalten.
i n h alt A k t i e n r ü c k k ä u f e – M y t h e n u n d Fa k t e n 2 E ditorial Mattias Schmelzer g r u n dla g e n 4 Aktienrückkäufe – die ökonomische Sicht Dr. Franz-Josef Leven 8 Aktienrückkäufe – Gründe, Risiken und rechtliche Grenzen Dr. Astrid Gundel a n aly s e n 18 Aktienrückkäufe im DAX – Dividende dominiert Renata Paul 24 Umfrage zu Aktienrückkäufen im DAX30 – Stakeholder beurteilen Erwerb eigener Aktien differenziert Svenja Balonier, Dr. Gerrit Fey, Dr. Astrid Gundel und Christian Tobias Pfaff P er s pe k ti v e n 30 Aktienrückkäufe: Schimäre oder Heilsbringer? Marc Tüngler 32 Aktienrückkäufe – eine Investorenperspektive Hendrik Schmidt 35 Aktienrückkäufe – Fluch oder Segen? Ein Blick auf die Entwicklung der Richtlinien Anke Sänger-Zschorn 38 Aktienrückkauf – Beweggründe und Aspekte der Durchführung Oliver Stratmann 40 Auswirkungen von Aktionärsausschüttungen auf Unternehmen Martin Fujerik 42 Aktienrückkaufprogramme und Vorstandsvergütung Dr. Sebastian Pacher und Andreas Meier 44 Überwachung von Aktienrückkäufen durch die BaFin Dr. jur. Ulrich Keunecke und Sigrid Aguilar 46 Impressum 47 Bestellformular © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
g r u n dlag e n Aktienrückkäufe – die ökonomische Sicht Autor: Dr. Franz-Josef Leven Aktienfinanzierung – Eigenkapital – keine Einbahnstraße! zu viel ist auch nicht gut Aktienrückkäufe sind kontraintuitiv. Die Aktie ist ein Die wesentliche ökonomische Funktion des Eigen Instrument der Kapitalaufnahme, und sie müsste zu kapitals ist es, Verluste zu tragen. Würde ein Unter- diesem Zweck erfunden werden, wenn es sie nicht nehmen ohne jegliches Eigenkapital finanziert, würde schon lange gäbe. Das »Prinzip Aktie« ist genial ein- der erste kleine Verlust die Zahlung fester Verbindlich- fach: Viele Anleger tragen jeweils einen Teil zur Finan- keiten – Löhne und Gehälter, Steuern und Abgaben, zierung eines Unternehmens bei. Sie teilen sich die Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern, Zin- Last der Finanzierung, das Risiko des Scheiterns und sen und Kapitalrückzahlung – gefährden. Die Inhaber im Erfolgsfall den Gewinn des Unternehmens. Zugleich dieser festen Ansprüche sind aber bewusst keine ermöglicht die kleine Stückelung der Aktie es jedem Eigentümer-, sondern eine Gläubigerstellung gegen- Anleger, in verschiedene Unternehmen gleichzeitig über dem Unternehmen eingegangen. Sie wollen kein zu investieren und damit sein Risiko durch Streuung unternehmerisches Risiko tragen, sondern ihre Forde- zu vermindern. rungen sollen möglichst unabhängig vom wirtschaftli- chen Erfolg des Unternehmens beglichen werden. Im Dieses Prinzip ermöglichte die industrielle Revolution Gegensatz hierzu ist die Entlohnung der Eigenkapital- im 19. ebenso wie die Finanzierung von Start-ups im geber nicht fest, sondern schwankt mit dem Erfolg 21. Jahrhundert. Ohne Aktie hätten viele Unternehmer des Unternehmens. Schlimmstenfalls droht den Eigen- nie das für eine erfolgreiche Umsetzung ihrer Idee kapitalgebern ein Totalverlust der investierten Mittel, erforderliche Wagniskapital gefunden. bestenfalls ihre Vervielfachung. Im Durchschnitt wer- den Eigenkapitalgeber für das Tragen des Risikos mit Nach der üblichen Vorstellung geht ein Unternehmen einer höheren Rendite belohnt, als ein Fremdkapital- in einem bestimmten Stadium seiner Entwicklung im geber sie erhält. Rahmen einer Neuemission an die Börse und nimmt anschließend bei Bedarf über Kapitalerhöhungen zu- Ein Unternehmen ohne Eigenkapital ist daher nicht sätzliches Kapital auf. Die Idee eines Aktienrückkaufs, denkbar, ein ausschließlich über Eigenkapital finan- also der Rückgabe von Eigenkapital an die Aktionäre, ziertes Unternehmen aber aus Sicht der Eigenkapital- kommt in diesem Weltbild nicht vor; Unternehmens- geber meist nicht wirtschaftlich: Wenn die Gesamtren- entwicklung wird als stetiges Wachstum auch des dite des Unternehmens über den Fremdkapitalkosten Eigenkapitalbedarfs verstanden. Das erklärt, warum liegt, kann die Eigenkapitalrendite durch Aufnahme von Aktienrückkäufe oftmals mit großem Misstrauen Fremdkapital gesteigert werden. Das ist der bekannte betrachtet werden. Es erklärt aber nicht, warum es Leverage-Effekt. Ein zu hoher Anteil an Fremdkapital offensichtlich ein Bedürfnis für Aktienrückkäufe gibt ist allerdings auch nicht optimal. Je niedriger die und welche ökonomische Ratio hinter Aktienrückkäu- Eigenkapitalquote, desto eher tritt im Verlustfall eine fen stehen kann. Wohlgemerkt: Kann, nicht muss … Überschuldung des Unternehmens ein. Fremdkapital- geber wollen dieses höhere Risiko einer schlechteren Eigenkapitalausstattung im geforderten Zinssatz kom- pensiert sehen. Die optimale Bilanzstruktur eines Unternehmens liegt also bei einer Kombination von Eigen- und Fremdkapital. 4 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Dr. Franz-Josef Leven ist stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts, für das er seit 1989 arbeitet. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln (1980 –1985) war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Verkehrswissenschaft sowie am Staatswissen- schaftlichen Seminar der Universität zu Köln (1985 – 1989). 1994 absolvierte er die Ausbildung zum Investmentanalysten (DVFA). Von 2009 bis 2019 war Dr. Leven Lehrbeauftragter für Kapitalmärkte am Institut für Publizistik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit 2012 ist er Lehrbeauftragter für Corporate Governance von Finanzunternehmen an der Universität Liechtenstein und seit 2020 Lehr- beauftragter für Volkswirtschaftslehre sowie Kapitalmärkte an der U3L der Goethe-Universität Frankfurt. Diese optimale Kombination variiert von Branche zu Verfälschen Aktienrückkäufe die Kursbildung? Branche und ist auch im Zeitablauf nicht stabil. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmens Nach diesem Argument werden Aktienrückkäufe nur eingesetzt, um führung, besonders des Finanzvorstands, die Bilanz Bewertungskennzahlen optisch zu verbessern, ohne dass dem eine struktur zu optimieren, ohne ein unverantwortliches fundamentale Verbesserung gegenübersteht. Die Kurse steigen Überschuldungs- oder Liquiditätsrisiko einerseits ein- zwar, aber angeblich zu Unrecht. Der Erwerb eigener Aktien verzerre zugehen und ohne auf den Rentabilitätseffekt durch vielmehr durch künstlich geschaffene Nachfrage ohne fundamen- Leverage andererseits zu verzichten, und Aktienrück- tale Rechtfertigung das Kursniveau. Hier sind zwei Effekte zu unter- käufe sind, kurz gesagt, eines der wesentlichen Instru- scheiden. mente zur Erfüllung dieser Aufgabe – gleichsam als Pendant zu Kapitalerhöhungen durch Ausgabe neuer Die direkten Kurswirkungen des Erwerbs eigener Aktien sind gering. Aktien. Die zusätzliche Nachfrage nach einer Aktie im Rahmen des Rück- kaufs ist immer nur temporär. Diese Nachfrage allein kann daher höchstens eine vorübergehende Wirkung entfalten. Da der Markt Aktienrückkäufe sind vieles – aber über Aktienrückkäufe informiert ist (HV-Beschluss; Ankündi- aber nicht unreguliert gung durch Unternehmen) und die Marktmissbrauchsregelungen keine übermäßige Nachfrage innerhalb kurzer Zeiträume zulassen Natürlich ist die Rückführung von Eigenkapital nicht (die BaFin überwacht die Durchführung von Rückkaufsprogrammen), beliebig möglich. Um elementare Risiken auszuschlie- ist durch den Kauf der Aktien selbst auch kurzfristig keine große ßen, gibt es in Deutschland die differenzierten gesetzli- Kursverzerrung zu befürchten. chen Regulierungen des § 71 AktG (siehe auch S. 13 ff.). So dürfen im Rahmen des Eigenkapitalmanagements Indirekt ist jedoch eine Kurssteigerung zu erwarten, weil der Gewinn nur Mittel für Aktienrückkäufe verwendet werden, die je Aktie steigt, und zwar aus zwei Gründen. Der bisherige Gewinn nicht dem Verbot der Einlagenrückgewähr unterliegen, verteilt sich zunächst auf eine geringere Zahl von Aktien, sodass bei also auch für eine Dividendenzahlung zur Verwendung gleichbleibendem Kurs-Gewinn-Verhältnis der Kurs steigt. Dies kann stünden. Das Unternehmen darf höchstens 10 Prozent man als den »technischen Rückkaufseffekt« bezeichnen. Der Gewinn der Aktien zurückkaufen, und der Aktienrückkauf muss je Aktie kann – nach Bereinigung um diesen technischen Rückkaufs- von den Aktionären im Rahmen der Hauptversamm- effekt – aber noch stärker steigen, wenn sich nämlich die Finanzie- lung vorab genehmigt werden. Damit einzelne Aktio- rungsstruktur verbessert und der Leverage-Effekt wirkt (»finanzwirt- näre nicht bevorzugt oder benachteiligt werden, muss schaftlicher Rückkaufseffekt«). Wenn dies geschieht, steigt der die Hauptversammlung den Mindest- und Höchstkurs Marktwert des Eigenkapitals. für den Aktienrückkauf festlegen, und bei Erwerb und eventueller späterer Wiederveräußerung der Aktien Verbessert sich die Finanzierungsstruktur jedoch nicht, sondern ver- sind die Aktionäre gleichzubehandeln. Über den er- schlechtert sich wegen eines überzogenen Leverage, wird der finanz- folgten Erwerb eigener Aktien muss der Vorstand wirtschaftliche Rückkaufseffekt negativ sein. Dies geschieht, wenn die Hauptversammlung ausführlich informieren. Kurz sich durch ein zu hohes Maß an Rückkäufen die Fremdfinanzierung gesagt: Aktienrückkäufe liegen nicht völlig willkürlich stark verteuert. Es gibt daher ein natürliches Gegengewicht zu über- in der Hand des Vorstands, sondern unterliegen gesetz- triebenen Aktienrückkäufen. lichen Grenzen und werden von den Aktionären geneh- migt und überwacht – und oft genug auch angestoßen. Trotzdem halten sich hartnäckig verschiedene Mythen über Nachteile und Risiken des Aktienrückkaufs, die sich in vier Gruppen einteilen lassen. Sports Aktienrückkäufe Governance 5 © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
grundl agen Bevorzugen Aktienrückkäufe Sind Aktienrückkäufe fantasielos? einseitig die Aktionäre? Nach diesem Argument wäre es besser, die Mittel im Unternehmen Aktienrückkäufe liegen angeblich einseitig im Inte zu belassen und rentabel zu investieren, z. B. in Forschung und Ent- resse der Eigenkapitalgeber und schädigen die Gläubi- wicklung oder in die Übernahme anderer Unternehmen. Finde sich ger. Die Kurse steigen zwar gewissermaßen zu Recht, keine hinreichend rentable Investitionsmöglichkeit, sei dies nur ein weil die Bewertungskennzahlen aus Sicht der Eigen- Beleg für die Fantasielosigkeit des Managements. Bei der Diskussion kapitalgeber tatsächlich besser werden (weil z. B. dieses Arguments sind zwei Fälle zu unterscheiden. unproduktive liquide Mittel abgebaut werden). Gleich- zeitig werden aber die Fremdkapitalgeber geschädigt, Im ersten Fall existiert tatsächlich keine Investitionsmöglichkeit im da eine niedrigere Eigenkapitalquote das Insolvenz Unternehmen, die eine risikoangemessene Rendite verspricht. Dann risiko erhöht. ist es einzel- wie gesamtwirtschaftlich sinnvoll, überschüssige Liqui- dität an die Eigenkapitalgeber zurückzuführen, die dann selbst über Auch dieses Argument ist im europäischen Rechts- eine rentablere Investition entscheiden können. Das ist dem Halten rahmen nicht überzeugend. Mit gutem Grund wird das unrentabler Liquidität und auch dem erzwungenen Einstieg in bisher durch Aktienrückkäufe an die Aktionäre ausschüttungs- nicht bearbeitete, dem Unternehmen unbekannte und daher riskante fähige Kapital im Aktiengesetz begrenzt. Geschäftsfelder eindeutig vorzuziehen. Der Aktienrückkauf ist hier- für besser geeignet als die Ausschüttung einer Sonderdividende, Selbst ein gemessen am gesamten Eigenkapital ver- denn beim Aktienrückkauf kann jeder Anleger selbst entscheiden, ob gleichsweise geringer Aktienrückkauf ist natürlich für er im Unternehmen investiert bleiben oder sein Vermögen umschich- die Gläubiger eines Unternehmens relevant. Dank der ten möchte. Transparenz rund um den Erwerb eigener Aktien – neben dem grundsätzlichen Beschluss zur Ermäch Im zweiten Fall gibt es zwar eine risikoangemessen rentable Investi- tigung des Vorstands muss auch der tatsächliche tionsmöglichkeit für freie Liquidität, aber das Management erkennt Beginn eines Rückkaufsprogramms öffentlich gemacht oder ergreift sie nicht. Auch dies spricht aber nicht gegen den Aktien- werden – sind die Gläubiger aber über die Entwicklung rückkauf, weil das Problem ja dann nicht der Rückkauf ist, sondern des Eigenkapitals informiert. Eine überzogene Reduk- die Besetzung des Managements, die in einem Aktienrückkauf den tion der Eigenkapitalquote drückt die Bonität des Ausdruck findet, aber auch andere Formen haben könnte. Das ist Unternehmens und verschlechtert sein Kreditrating dem Instrument Rückkauf aber nicht anzulasten. (sofern man nicht glaubt, Ratinganalysten ignorierten die Bilanzstruktur und seien unfähig, Aktienrückkäufe zu beurteilen). Damit steigen die Fremdkapitalkosten, und die Nutzung des Leverage-Effekts stößt automa- tisch an Grenzen der ökonomischen Sinnhaftigkeit. Jeder Finanzvorstand wird deshalb im eigenen Inte resse vor einem Aktienrückkauf dessen Auswirkungen auf das Rating und auf die Kosten der Fremdkapital finanzierung analysieren und bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Eine einseitige Bevorzugung der Aktio- näre zum Schaden der Gläubiger ist nicht erkennbar. 6 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Stören Aktienrückkäufe die Funk Ebenfalls der Gruppe der Kapitalmarktverzerrungs tionsfähigkeit des Kapitalmarkts? argumente zuzuordnen, ist die Behauptung, das Management würde durch gezielte Aktienrückkäufe Diese Argumente treten in verschiedenen Ausprägun- seine kursabhängige Vergütung in die Höhe treiben. gen auf. Zu den angeblichen Störungen des Kapital- Das setzt voraus, dass die performanceabhängige markts zählt z. B. die behauptete Möglichkeit, über Vergütung sich einfach nur am Aktienkurs oder am Aktienrückkäufe den Aktionärskreis gezielt zu steuern Gewinn je Aktie orientiert, ohne dass die Effekte von und damit z. B. Übernehmer zu behindern. Es ist aber Kapitalmaßnahmen berücksichtigt werden. Da Ver nicht ersichtlich, wie dies mit dem Gleichbehand- gütungsmodelle öffentlich zugänglich sind, kann dies lungsgebot für alle Aktionäre vereinbar sein soll. Das jedoch nicht »hinter dem Rücken der Aktionäre« erfol- Angebot zum Erwerb eigener Aktien muss sich an alle gen. Wie auch Vergütungsberater bestätigen, werden Aktionäre richten, und das Unternehmen hat keinen Effekte von Kapitalmaßnahmen in den inzwischen Einfluss darauf, welche Aktionäre das Angebot anneh- sehr elaborierten Vergütungssystemen regelmäßig men und welche nicht. Mehr noch: Da der Erwerb eige- berücksichtigt. ner Aktien nur einen Teil des Gesamtumsatzes der Aktie an der Börse ausmacht, ist dem verkaufenden Aktionär gar nicht bekannt, ob genau seine Aktien an Fazit: Aktienrückkäufe sind ein einen anderen Aktionär gehen oder zurück zum Unter- Instrument, das richtig angewandt nehmen. werden muss Als Verkäufer einer Aktie tritt auf, wer den aktuellen Viele der Argumente gegen den Erwerb eigener Aktien Kurs für so hoch hält, dass ein Verkauf attraktiv er- beruhen auf der unausgesprochenen Annahme, Markt- scheint. Auf einen potenziellen Übernehmer wird dies teilnehmer, Dienstleister und Regulatoren – d. h. Aktio- kaum zutreffen, denn er will seinen Aktienbestand ja näre, Gläubiger, Analysten, Ratingspezialisten und gerade ausbauen, weil er ein Wertsteigerungspoten Aufsichtsbehörden – würden durch Aktienrückkäufe zial sieht. Und dass das aktuelle Management seine getäuscht; sie seien schlicht unfähig, deren ökonomi- Mittel nutzt, den Unternehmenswert zu steigern, ist sche Wirkungen zu erkennen und zu beurteilen. Andere legitim und liegt auch bei einer Übernahmesituation im Argumente sprechen Risiken an, die in einem unregu- Interesse der Aktionäre. lierten Umfeld durchaus auftreten können, die aber in Deutschland dank der differenzierten Regelungen des Aktiengesetzes und der detaillierten Meldepflichten der BaFin bei Aktienrückkäufen nicht relevant sind. Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass diese Argumente nicht überzeugen. Aktienrückkäufe sind nicht per se schlecht und daher abzulehnen. Sie sind vielmehr ein wichtiges Werkzeug der Unternehmens- führung, die Bilanzstruktur im Interesse des Unterneh- mens zu optimieren und gleichzeitig im Unternehmen nicht benötigte Mittel dem Kapitalmarkt zuzuführen. Wie jedes Werkzeug können aber auch Aktienrück- käufe falsch eingesetzt werden. Das Management kann sich in seiner Prognose des Liquiditätsbedarfs irren, es kann die Bonitätswirkungen eines Rückkaufs unterschätzen, es können sich nach dem Rückkauf doch noch rentable Investitionsmöglichkeiten erge- ben usw. All dies spricht nicht gegen den Aktienrückkauf an sich. Es spricht aber dafür, ihn nur bewusst, nach sorgfälti- ger Analyse des absehbaren Investitions- und Liquidi- tätsbedarfs und selbstverständlich unter Beachtung aller gesetzlichen Regelungen einzusetzen. Sports Aktienrückkäufe Governance 7 © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
grundl agen Dr. Astrid Gundel ist Senior Managerin im Audit Committee Institute e.V. Aktienrückkäufe – Gründe, Risiken und rechtliche Grenzen Autorin: Dr. Astrid Gundel Der Rückkauf eigener Aktien verschafft den Gesell- Die Gründe, aus denen Unternehmen Aktienrückkäufe schaften zwar Flexibilität, er steht aber in einem Span- durchführen, sind vielfältig (I.). Der Erwerb kann aber nungsverhältnis zum traditionellen Kapitalschutz des nicht nur vorteilhaft, sondern auch mit Risiken verbun- deutschen Aktienrechts. Bis Ende der 1990er-Jahre den sein (II.). Diese Risiken sollen durch strenge recht- war der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft liche Vorgaben an Aktienrückkäufe minimiert werden daher nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen (III.). erlaubt.1 Infolge der Entwicklung des Shareholder- Value-Ansatzes, der zunehmenden Eigenkapitalauf- nahme am Kapitalmarkt sowie der steigenden Bedeu- tung des Investmentbankings rückten in Deutschland die positiven Aspekte des Aktienrückkaufs stärker in I. Gründe für Aktienrückkäufe den Fokus; der Gedanke der Gläubigergefährdung trat Die Gründe für Aktienrückkäufe sind vielfältig und kön- in den Hintergrund.2 Durch das Gesetz zur Kontrolle nen in finanzpolitische (1.) und aktionärspolitische (2.) und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) Gründe untergliedert werden.5 von 1998 wurde daher die Verbotsstrategie gelockert: Unter Ausnutzung der Spielräume der EU-Kapitalricht- Zu neueren empirischen Befunden zu den Gründen linie erfordert der Aktienrückkauf seitdem bei einem von Aktienrückkäufen in Deutschland vgl. Tabelle 1 auf Beschluss der Hauptversammlung keinen besonde- Seite 10. ren Erwerbsgrund mehr.3 Während in der Praxis das Volumen der Aktienrückkäufe in den Jahren vor der Finanzkrise zunahm, sank es in den darauffolgenden Jahren deutlich.4 1 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 13; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 92 2 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 29 3 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 13; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 31 4 Vgl. für die Jahre von 1999 bis 2013 (DAX30, MDAX, SDAX und TecDAX): Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 32 ff.; für die Jahre 2006 bis 2016 (DAX, MDAX und SDAX): Köstlmeier / Röder, CF 2019, S. 10 (14); für die Jahre 2006 bis 2014 (DAX, MDAX und SDAX): Pickel / Röder, CF 2015, S. 421 (424); für die Jahre 2005 bis 2020 (DAX30 und MDAX): Statista, Volumina der Aktienrückkäufe der DAX- und MDAX-Unternehmen von 2005 bis 2020, online abrufbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1114068/umfrage/ 5 So auch: Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, volumina-der-aktienrueckkaeufe-der-dax-und-mdax-unternehmen/ S. 12 8 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Gründe für Aktienrückkäufe Finanzpolitische Gründe Aktionärspolitische Gründe Ausschüttung überschüssiger Verhinderung feindlicher Übernahmen Finanzmittel an Anleger (Free Cashflow-Hypothese) Beeinflussung des Aktionärskreises Substitut bzw. zusätzliche Alternative Einsatz als Akquisitionswährung zur Dividende Signalisierung einer Unterbewertung Kurspflege Optimierung der Kapitalstruktur Sports Aktienrückkäufe Governance 9 © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Tabelle 1: Ergebnisse neuerer Studien zu den Gründen / Auswirkungen von Aktienrückkäufen in Deutschland Ausgewählte Gründe für Studien Köstlmeier / Röder (2019) 6 Pickel / Röder (2015)7 Bösch / Ude (2014)8 Aktienrückkäufe Ausschüttung überschüssiger Ergebnisse der Studie deuten Ausschüttung überschüssiger Finanzmittel an Investoren auf Gültigkeit der FCF-Hypo- Liquidität stellt laut Studie (Free Cashflow-Hypothese) these hin wichtigsten Grund dar (für die Hälfte der Unternehmen von sehr hoher oder eher hoher Relevanz; Reduzierung von Agency Costs dagegen nur für rund 6 Prozent von einer eher hohen Relevanz) Substitut bzw. Ergänzung zur Studie zeigt, dass Unterneh- Dividende men Aktienrückkäufe seit der Finanzkrise als komple- mentäre Ausschüttungsform statt als Substitut ansehen Signalisieren einer Unterbe- Laut Studie zweitwichtigster wertung an den Kapitalmarkt Grund (für rund 48 Prozent (Signalling-Hypothese) von einer sehr hohen oder eher hohen Relevanz) Kurspflege bzw. Auswirkung Studie zeigt positive kurz- und Studie zeigt kurz- und lang Laut Studie für rund 41 Pro- auf Aktienkurs langfristige Kursentwicklung fristige signifikant positive zent von sehr hoher oder eher der Ankündigung von Aktien- Überrendite durch Ankündi- hoher Relevanz rückkäufen, die ausgeprägter gung von Aktienrückkäufen; bei Unternehmen mit höhe- positive Kursentwicklung rem Buch-Marktwert-Verhält- auch nach tatsächlichem nis, höherem Bestand an Beginn des Rückkaufs Finanzmitteln oder geringerer Marktkapitalisierung sind Optimierung der Kapital- Optimierung der Kapitalstruk- struktur tur laut Studie für rund 37 Pro- zent von sehr hoher bzw. eher hoher Relevanz; Verbesserung von Unternehmenskennzah- len für rund 24 Prozent von sehr hoher oder eher hoher Relevanz Verhinderung feindlicher Laut Studie für rund 22 Pro- Übernahmen zent von sehr hoher oder eher hoher Relevanz Beeinflussung des Aktionärs- Reduzierung von Shareholder kreises Servicing Costs laut Studie für rund 7 Prozent von sehr hoher oder eher hoher Relevanz; Notierung an einer ausländi- schen Börse für keines der Unternehmen von sehr hoher oder eher hoher Relevanz Akquisitionswährung Laut Studie drittwichtigster Grund (für 44 Prozent von sehr hoher oder eher hoher Rele- vanz) 6 Köstlmeier / Röder, CF 2019, S. 10; Untersuchungszeitraum: Januar 2006 bis Dezember 2016; Untersuchungsgegenstand: Unternehmen im DAX, MDAX und SDAX 7 Pickel / Röder, CF 2015, S. 421; Untersuchungszeitraum: Januar 2006 bis Dezember 2014; Untersuchungsgegenstand: Unternehmen im DAX, MDAX und SDAX 8 Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 38 f.; Untersuchungszeitraum: Januar 2009 bis Dezember 2013; Untersuchungsgegenstand: Unternehmen im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX 10 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
1. Finanzpolitische Gründe stitut denn als Ergänzung zu Dividendenzahlungen ge- Zu den finanzpolitischen Gründen gehören die Aus- nutzt werden.17 schüttung überschüssiger Finanzmittel an Investoren [a)], die Nutzung als Substitut bzw. zusätzliche Alterna- c) Signalisieren einer Unterbewertung an den tive zur Dividende [b)], die Signalisierung einer Unter- Kapitalmarkt (Signalling-Hypothese) bewertung [c)], die Kurspflege [d)] sowie die Optimie- Ein Aktienrückkauf der Gesellschaft kann auch ein rung der Kapitalstruktur [e)]. Signal des Managements darstellen, dass es die Aktien für unterbewertet hält und auf eine positive a) Ausschüttung überschüssiger Finanzmittel an weitere Entwicklung vertraut.18 Der Rückkauf leistet Anleger (Free Cashflow-Hypothese) somit einen Beitrag zur Minderung der Informations Durch Aktienrückkäufe können Gesellschaften über- asymmetrie zwischen Management und Aktionären.19 schüssige Liquidität an Aktionäre ausschütten und so ihre Gesamtkapitalrentabilität erhöhen (sog. Free d) Kurspflege Cashflow-Hypothese).9 Ein solches Vorgehen emp- Der Rückkauf kann schließlich auch der Pflege des fiehlt sich dann, wenn die Rendite für eine Investition Aktienkurses dienen.20 So können Aktienrückkäufe niedriger ist als die durchschnittlichen Kapitalkosten.10 einem Kursverfall entgegenwirken; die Stabilisierung Aktienrückkäufe können in diesem Fall Agency Costs des Aktienkurses reduziert die Risikoprämie und kann reduzieren.11 so Aktien als Anlageform attraktiver machen.21 b) Substitut bzw. Ergänzung zur Dividende e) Optimierung der Kapitalstruktur, Verbesserung Der Aktienrückkauf kann auch als Substitut oder als des Ertrags pro Aktie zusätzliche Alternative zur Dividendenzahlung genutzt Ein Grund für den Aktienrückkauf kann der Wunsch werden.12 Dies bietet sich etwa an, wenn die Gesell- nach Optimierung der Kapitalstruktur sein.22 Der Rück- schaft bspw. durch Veräußerung von Tochtergesell- kauf führt zur Reduzierung des Eigenkapitals und so- schaften über hohe Barreserven verfügt und diese den mit zu einer Steigerung bestimmter finanzieller Kenn- Aktionären durch eine Sonderausschüttung zugute- ziffern, wie der Eigenkapitalrendite und des Ertrags kommen lassen will.13 Ein solches Vorgehen ermög- pro Aktie sowie des Verschuldungsgrads.23 Die Eigen- licht eine einmalige Erhöhung der Ausschüttung unter kapitalrendite kann zusätzlich gesteigert werden, gleichzeitiger Dividendenkontinuität und vermeidet so wenn der Aktienrückkauf mit Krediten finanziert wird Kursabschläge infolge von Dividendenherabsetzun- (Leverage Effekt).24 Steuerrechtlich ergeben sich hie gen.14 Gegenüber etwaigen Sonderdividenden haben raus Vorteile, da die Fremdkapitalzinsen anders als die Ausschüttungen über Aktienrückkäufe den Vorteil, Dividendenzahlungen steuerlich abzugsfähig sind.25 dass sie zeitlich flexibel gehandhabt werden können.15 Steuerrechtlich kann sich für Aktionäre daraus ein Vor- 2. Aktionärspolitische Gründe teil ergeben, dass der Aktionär – anders als bei der Zu den aktionärspolitischen Gründen zählen die Ver- Dividendenzahlung – den Zeitpunkt der steuerlichen hinderung feindlicher Übernahmen [a)], die Beeinflus- Relevanz bestimmen kann.16 (Zur Auswirkung des sung des Aktionärskreises [b)] sowie der Einsatz als Aktienrückkaufs auf die Kursentwicklung siehe S. 10.) Akquisitionswährung [c)]. Eine jüngere Studie von Köstlmeier / Röder kommt zu dem Ergebnis, dass Aktienrückkäufe weniger als Sub- 17 Vgl. Köstlmeier / Röder, CF 2019, S. 10 (17); vgl. auch die Studie von Grullon / Michaely, Dividends, Share Repurchases, and the Substitution Hypothe- sis, 2000, für den US-amerikanischen Markt, die Hinweise für eine Substi- tution liefert 9 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S.12 f.; 18 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 16; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 7; Grullon / Michaely, Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 6; Köstlmeier / The Information Content of Share Repurchase Programs, 2002, S. 3; Röder, CF 2019, S. 10 Köstlmeier / Röder, CF 2019, S. 10; der Free Cashflow ergibt sich aus dem 19 Vgl. Dittmar, The Journal of Business, Vol. 73, S. 331 (337 f.); Kühnberger / operativen Cashflow zuzüglich des Cashflows aus Investitionstätigkeit. Richter, KOR 2017, S. 173 (174) 10 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 12 20 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 17 ff.; 11 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 13 Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 6 f. 12 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 13 f.; 21 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 6 Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 5; Grullon / 22 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 15 f.; Michaely, Dividends, Share Repurchases, and the Substitution Hypothe- Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 3; Dittmar, The sis, 2000 Journal of Business, Vol. 73, S. 331 (335); Kühnberger / Richter, KOR 2017, 13 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 5 S. 173 (174); Pertlwieser, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 2006, S. 112 ff.; Pickel / Röder, CF 2015, S. 421 14 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 13 f.; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 5 23 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 3; Köstlmeier / Röder, CF 2019, S. 10 15 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 14; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 5 24 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 3 16 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 14 25 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 3 Sports Aktienrückkäufe Governance 11 © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
grundl agen a) Erschwerung feindlicher Übernahmen Die Verhinderung oder Erschwerung feindlicher Über- nahmen stellt ebenfalls einen Grund für Aktienrück- II. Risiken durch Aktienrückkäufe käufe dar.26 Einschränkungen ergeben sich hier aus Aktienrückkäufe können mit einer Reihe von Risiken der Neutralitätspflicht des Vorstands in Übernahme für das Unternehmen verbunden sein: Neben einer situationen gemäß § 33 WpÜG.27 möglichen Gefährdung der Interessen der Gläubiger (1.) und der Gesellschaft (2.) steht auch eine Gefährdung Diejenigen Aktionäre, die ihrer Aktie den niedrigsten der aktienrechtlichen Kompetenzordnung (3.) sowie Wert zusprechen, werden zunächst an die Gesellschaft der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (4.) im Raum. veräußern; die verbleibenden Aktionäre werden ihre Die im darauffolgenden Abschnitt erläuterten gesetzli- Aktien beim Übernahmeversuch nur zu einem höhe- chen Voraussetzungen für Aktienrückkäufe sollen der ren Preis oder gar nicht veräußern. Der Preis für den Realisierung dieser Risiken entgegenwirken.35 Kontrollerwerb wird somit in die Höhe getrieben.28 Der steigende Kurs infolge des Rückkaufs und die 1. Gefährdung der Gläubiger möglicherweise an einer feindlichen Übernahme nicht Da Verschuldungsgrad, die Risikoneigung der Eigen- interessierten verbliebenen Aktionäre erschweren kapitalgeber und somit auch die Insolvenzanfälligkeit zusätzlich die feindliche Übernahme.29 Darüber hinaus der Gesellschaft durch Aktienrückkäufe erhöht wer- kann der Erwerb eigener Aktien auch dafür genutzt den, können sie Gläubigerinteressen nachteilig berüh- werden, eine Reserve aufzubauen, aus der bei einem ren.36 Zudem droht die Gefahr eines Doppelschadens feindlichen Übernahmeversuch verkauft wird, um die in Krisensituationen, wenn zusätzlich zu den Verlusten Quote des Bieters zu verwässern.30 aus dem laufenden Geschäft die erworbenen Aktien neu bewertet werden müssen; diese Gefahr soll durch b) Beeinflussung des Aktionärskreises entsprechende Bilanzierungsregelungen und die Er- Auch der Wille, den Aktionärskreis zu beeinflussen, werbsbeschränkung auf 10 Prozent des Grundkapitals kann – insbesondere in nicht börsennotierten Unter- ausgeräumt werden [siehe unter III.3.b) und III.5.].37 nehmen – Grund für einen Aktienrückkauf sein.31 Hier- durch können u. a. Konflikte zwischen Mehrheits- und 2. Gefährdung der Gesellschaft Minderheitsgesellschaftern aufgelöst oder Verwal- Aktienrückkäufe reduzieren das für die Finanzierung tungskosten (Shareholder Servicing Costs) gesenkt der Geschäftstätigkeit erforderliche Eigenkapital, erfor- werden.32 Aktien können zudem für eine Notierung an derliche Investitionen werden unter Umständen unter- einer ausländischen Börse gekauft werden; die zurück- lassen.38 Die Gefahr besteht insbesondere bei einem erworbenen Aktien werden dann dort emittiert, mit unterdurchschnittlichen Cashflow und überdurch- dem Ziel, sich neue Aktionärskreise zu erschließen.33 schnittlichen Wachstumserwartungen.39 Werden er- forderliche Investitionen unterlassen, kann dies auch zu c) Akquisitionswährung einem Verlust des Vertrauens in das Management der Ein Grund für den Erwerb eigener Aktien kann schließ- Gesellschaft führen.40 Zudem kann sich die Bonität ver- lich auch ihr Einsatz als Akquisitionswährung bei schlechtern, was zusätzlich die Insolvenzanfälligkeit M & A-Tätigkeiten sein.34 erhöht.41 Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Börsenindex nicht mehr gehalten werden kann, wenn durch den Aktien- rückkauf der Unternehmenswert und damit die Markt- kapitalisierung sinkt. Investoren könnten sich dann 26 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 20 f.; gezwungen sehen, zusätzlich Aktien zu verkaufen.42 Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 11; Kühnberger / Richter, KOR 2017, S. 173 (175) 35 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 14 ff. 27 Vgl. näher hierzu Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, 36 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 14; vgl. außer- § 71 AktG, Rn. 25 dem Bayer / Hoffmann / Weinmann, ZGR 2007, S. 457 (461) 28 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 11 37 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 14, 217 29 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 11 38 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 23; 30 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 11 Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 17; Pertlwieser, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 2006, S. 164 ff. 31 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 22 f.; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 12 f. 39 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 23 32 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 22 f.; 40 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 23; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 12 f. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 17; Pertlwieser, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 2006, S. 168 ff. 33 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 23; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 4 41 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 23; Pertlwieser, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 2006, S. 171 ff. 34 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 21 f.; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 4; Köstlmeier / 42 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 24; Röder, CF 2019, S. 10 Pertlwieser, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 2006, S. 176 ff. 12 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
3. Gefährdung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Ohne eine entsprechende Regulierung von Aktien- III. Rechtliche Voraussetzungen für Aktienrückkäufe rückkäufen bestünde die Gefahr, dass das Manage- Wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung ment Aktionäre auskaufen und sich so unbequemer sind Aktienrückkäufe zwar weiterhin gesetzestech- Opposition entledigen könnte, die aber unter Umstän- nisch grundsätzlich unzulässig.48 Das Gesetz nennt den im Interesse der Gesellschaft ist.43 Es bestünde jedoch Fälle, in denen ein Erwerb zulässig ist (1. und die Gefahr der Emanzipation des Managements von 2.). Gleichzeitig stellt es Schranken für den Erwerb auf den Eigenkapitalgebern.44 (3.) und bestimmt Pflichten für die Zeit nach dem Er- werb (5.). Für die Durchführung des Erwerbs stehen 4. Gefährdung der Funktionsfähigkeit des der Gesellschaft drei Möglichkeiten zur Verfügung (4.). Kapitalmarkts Schließlich besteht auch die Gefahr, dass die Funk 1. Fälle, in denen der Erwerb zulässig ist tionsfähigkeit des Kapitalmarkts beeinträchtigt wird.45 Der Erwerb eigener Aktien ist nach dem Gesetz nur Neben Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot dann zulässig, wenn oder das Verbot der Marktmanipulation kann es zu einer Verfälschung des Aktienkurses kommen.46 Die • er zur Abwehr eines schweren, unmittelbar bevor- gesetzlichen Regelungen, die dies verhindern sollen, stehenden Schadens notwendig ist (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 werden in einem separaten Beitrag auf Seite 44 f. dar- AktG), gestellt. Indem durch Aktienrückkäufe feindliche Über- nahmen erschwert werden können, kann dies zudem • die Gesellschaft oder ein mit ihr verbundenes Unter- die Kontrollfunktion des Markts beeinträchtigen.47 nehmen Belegschaftsaktien ausgeben will (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG), • er der konzernrechtlichen Abfindung von Aktionären dient (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG), • er unentgeltlich oder durch Kreditinstitute in Aus- führung einer Einkaufskommission erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG), • er im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, z. B. bei Verschmelzungen, erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG), • er aufgrund eines Beschlusses der Hauptversamm- lung zur Einziehung erfolgt und die Hauptversamm- lung vor Erwerb bereits über die Kapitalherabsetzung beschlossen hat (§ 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG), • er bei Kreditinstituten u. a. aufgrund eines Beschlus- ses der Hauptversammlung zum Zwecke des Wert- papierhandels erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG) oder • er aufgrund einer Ermächtigung der Hauptversamm- lung erfolgt, die höchstens fünf Jahre gelten darf und die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der höchstens 10 Prozent betragen darf, festlegt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). 43 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 15 44 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 15 45 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 26; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 18 46 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 26; Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 18 f. 47 Vgl. Bösch / Ude, Aktienrückkaufprogramme in Deutschland, 2014, S. 26 f.; 48 Vgl. Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 1; Schäfer / Gätsch, in: Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 19 Hdb. börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 50, Rn. 3 Sports Aktienrückkäufe Governance 13 © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
grundl agen 2. Insbesondere: Erwerb aufgrund einer manipulative Geschäfte der Gesellschaft verhindert Ermächtigung der Hauptversammlung gemäß werden.61 Auch das Ziel, Aktienoptionen für Aufsichts- § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ratsmitglieder auszugeben, stellt keinen zulässigen Wegen seiner stärkeren Bedeutung in der Praxis soll Erwerbszweck dar.62 Hat die Hauptversammlung der Fokus dieser Veröffentlichung auf dem Erwerb einen Beschluss gefasst, dass die Aktien nach dem aufgrund eines Ermächtigungsbeschlusses der Haupt- Erwerb ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluss versammlung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG liegen. eingezogen werden dürfen, steht dem Vorstand nach Der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung einer Ansicht ein Ermessen zu, ob er die Aktien ein- muss vor dem Erwerb gefasst werden.49 Für den zieht, »in den Händen der Gesellschaft bestehen lässt« Gegenwert, d. h. den Preis der einzelnen zurückzuer- oder veräußert.63 Nach anderer, wohl herrschender werbenden Aktien,50 muss der Beschluss eine Unter- Auffassung ist er in diesem Fall allerdings zur Einzie- und Obergrenze festlegen; Aktionäre und Gläubiger hung verpflichtet, wenn die Hauptversammlung ihn zu sollen hierdurch die Gefahren des Erwerbs für die Kapi- einer anderen Verwendung ermächtigt hat; entschei- talerhaltung einschätzen können.51 det er sich gegen die Einziehung, soll er verpflichtet sein, die Aktien den Aktionären wieder anzubieten.64 Die Hauptversammlung kann – muss aber nicht – auch den Erwerbszweck näher bestimmen, Vorgaben für 3. Rechtliche Schranken für den Erwerb die Art und Weise des Aktienrückkaufs machen oder Für den Erwerb bestehen auch dann, wenn er dem auch den Erwerb von der Zustimmung des Aufsichts- Grunde nach zulässig ist, gesetzliche Schranken. So rats abhängig machen.52 Sie kann den Vorstand zudem müssen die kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen ermächtigen, die erworbenen Aktien ohne weiteren und der Gleichbehandlungsgrundsatz [a)], die Erwerbs- Hauptversammlungsbeschluss einzuziehen.53 In der beschränkung auf 10 Prozent des Grundkapitals [b)] Einziehungsermächtigung können auch alternative sowie die Kapitalgrenze [c)] beachtet werden. Zudem Verwendungszwecke vorgesehen werden.54 Die ein- muss der Ausgabebetrag auf die Aktien voll geleistet gezogenen Aktien erlöschen und reduzieren somit die worden sein [d)]. Für eine Übersicht über die rechtli- Anzahl der Aktien.55 chen Schranken des Erwerbs vgl. Tabelle 2. Der Vorstand entscheidet auf der Grundlage der Er- a) Kapitalmarktrechtliche Bestimmungen und mächtigung eigenverantwortlich über Umfang und Art Gleichbehandlungsgrundsatz und Weise des Aktienrückerwerbs.56 Hat die Hauptver- Beim Erwerb sind die kapitalmarktrechtlichen Bestim- sammlung den Zweck des Erwerbs nicht vorgegeben, mungen, wie z. B. das Insiderhandelsverbot, einzuhal- obliegt ihm auch die Zweckbestimmung, wobei die ten (siehe näher S. 44 f.).65 Zudem muss die Gesell- Aktien grundsätzlich zu jedem Zweck erworben wer- schaft den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber den können.57 Zulässige Erwerbsgründe sind bspw. den Aktionären beachten.66 Ausdrücklich im Gesetz die Bedienung von Aktienoptionen,58 die Verminde- klargestellt wird, dass bei einem Erwerb über die rung des Eigenkapitals durch Reduzierung freier Rück- Börse das Gleichbehandlungsgebot erfüllt wird.67 Die lagen oder auch die Vorbereitung der Einziehung.59 genannten rechtlichen Anforderungen sind auch bei Unzulässig ist dagegen der Erwerb für den Handel mit einer späteren Veräußerung der Aktien zu beachten. eigenen Aktien.60 Hierdurch sollen spekulative oder 49 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 17; Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19d 61 Vgl. RegE KonTraG, BT-Drucks. 13 / 9712, S. 13; Hüffer / Koch, 14. Auflage 50 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 22 2020, § 71 AktG, Rn. 19i; Schäfer / Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 50, Rn. 21 51 Vgl. Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19d 62 Vgl. BGH, Urteil vom 16.2.2004 – II ZR 316 / 02, abgedruckt in: NJW 2004, 52 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 23; S. 1109 Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19f 63 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 26a 53 Vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 6 AktG 64 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 145, 148; 54 Vgl. Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, Rn. 145 Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19n 55 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 27 65 Vgl. hierzu näher Cahn, in: Spindler / Stilz, 4. Auflage 2019, § 71 AktG, 56 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt / Lutter, 4. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 24 Rn. 160 ff.; Schäfer / Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 50, Rn. 63 ff.; zur Anwendung der WpÜG vgl. Schäfer / Gätsch, in: Hdb. 57 Vgl. Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19f f. börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 50, Rn. 69 f. 58 Voraussetzung hierfür ist allerdings ein entsprechender Beschluss der 66 Für den Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird dies aus- Hauptversammlung, vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG drücklich im Gesetz erwähnt, § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3, 4 AktG; vgl. auch 59 Vgl. Hüffer / Koch, 14. Auflage 2020, § 71 AktG, Rn. 19g Schäfer / Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 50, Rn. 40 60 Vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG 67 Vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG 14 Audit Committee Quarterly extra © 2021 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesell- schaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
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