Aus LWV.Eingliederungshilfe wird Habila 4/2018 - Werkstattjubiläum: Wohnen ohne Hindernis
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4/2018 KVJS Aus LWV.Eingliederungshilfe wird Habila Seite 4 Soziales Jugend Fortbildung Werkstattjubiläum: Kita: Inklusion öffnet Kinder besser Wohnen ohne die Tür zur sozialen gegen sexuelle Hindernis Partizipation Gewalt schützen Seite 8 Seite 22 Seite 28
Impressum KVJS aktuell November 2018 Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Öffentlichkeitsarbeit Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart www.kvjs.de Verantwortlich: Kristina Reisinger Redaktion: Monika Kleusch Mit Beiträgen von: Gabriele Addow (add) Julia Holzwarth (hol) Monika Kleusch (mok) Titelfoto: Rampart Pictures/L.EH Layout: Waltraud Gross Bestellungen und Adressänderungen: Petra Wagner Telefon 0711 6375-208 Petra.Wagner@kvjs.de Druck: Texdat-Service gGmbH, Weinheim Redaktioneller Hinweis: Wir bitten um Verständnis, dass aus Gründen der Lesbarkeit auf eine durch- gängige Nennung der weiblichen und männlichen Bezeichnungen verzichtet wird. Selbstverständlich beziehen sich die Texte in gleicher Weise auf Frauen und Männer. 2 KVJS aktuell
KVJS Inhaltsverzeichnis KVJS 4 Aus LWV.Eingliederungshilfe wird Habila 6 Kunststipendium Rappertshofen: Offen sein und fühlen SOZIALES 8 Werkstattjubiläum: Wohnen ohne Hindernis 9 Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf 10 Austausch und Vernetzung auf Fachtag zur Quartiersentwicklung in Stuttgart 11 Ambulant betreute Wohngemeinschaften neu schaffen und weiterentwickeln INTEGRATION 12 Geschäftsbericht liefert Zahlen-Daten-Fakten zur Arbeit des Integrationsamtes 14 KVJS-Integrationsamt packt Informationspakete 15 Serie Ausgezeichnet! Ein eingespieltes Team 16 Solide Zahlen, verantwortungsvolles Wachstum bei Inklusionsunternehmen JUGEND 19 Landesjugendamt: Kindertagespflege weiter auf dem Vormarsch 20 KVJS fördert fünf Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe 22 Kita: Inklusion öffnet die Tür zur sozialen Partizipation 24 Jugend mit Chancen auf dem Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt FORSCHUNG 26 KVJS-Forschungsvorhaben zur Schulsozialarbeit ist abgeschlossen FORTBILDUNG 28 Kinder besser gegen sexuelle Gewalt schützen 30 Prävention als Kernaufgabe für Erziehungs- und Familienberatungsstellen 32 Bundesteilhabegesetz im Praxistest NEU ERSCHIENEN 34 Beim KVJS erschienen 4/2018 KVJS aktuell 3
KVJS Qualifizierte Arbeitsplätze für zufriedene Klienten. Foto: Rampart Pictures/L.EH Aus LWV.Eingliederungshilfe wird Habila Strukturentwicklungskonzept sieht weitere Standorte vor Ab Januar wird die LWV.Eingliederungshilfe unter dem neuen Namen Habila firmieren. Der Name kommt aus dem Lateinischen und steht für Befähigen. Genau das will Habila auch an neuen Standorten unter Beweis stellen. Planungsgespräche dazu gab es unter anderem Die LWV.Eingliederungshilfe GmbH war mit ihrem bereits mit dem Landkreis Heilbronn. „Eine Wei- Konzept der Dezentralisierung in den letzten zehn terentwicklung unseres Angebots kann nur in Jahren bereits Vorreiter. „Das zeigt sich in vielen enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit innovativen Ansätzen wie dem Kulturpark Reutlin- den einzelnen Stadt- und Landkreisen als Träger gen oder dem Wohnen im Ort “, so Schwarz. „Dies der Eingliederungshilfe stattfinden“, betont die gilt es nun, weiter auszubauen. Vor allem aber Verbandsdirektorin Kristin Schwarz. Vorüberlegun- wollen wir Menschen mit Behinderung mehr Mög- gen gibt es auch für die Landkreise Biberach und lichkeiten bieten, ihre individuellen Wünsche und Rems-Murr. Die Angebotserweiterung ist Teil des Bedürfnisse zu verwirklichen und sie zu befähi- Strukturentwicklungskonzepts bis 2025 für die gen, beim Wohnen und im Arbeitsleben entspre- (noch) LWV.Eingliederungshilfe GmbH (L.EH), das chende Lösungen zu finden.“ jetzt vom zuständigen Ausschuss beim KVJS ver- abschiedet wurde. 4 KVJS aktuell 4/2018
KVJS Quartiersentwicklung in Rappertshofen konzepts. Immerhin befindet sich ein Drittel der Arbeitsplätze in teilhabeorientierten dezentralen Eine einzigartige neue Herausforderung bildet die Betriebsstätten und Unternehmen des allgemei- geplante Konversion des gesamten Heimgeländes nen Arbeitsmarktes. Zum allgemeinen Arbeits- von Rappertshofen Reutlingen. Im Zusammenwir- markt gehört auch das Inklusionsunternehmen ken mit der Stadt Reutlingen soll nach und nach Insiva für Gemeinschaftsverpflegung. „Es gibt Qua- ein komplett neues Quartier für gelebte Inklu- lifizierungen zu allem, was mit Selbstständigkeit sion entstehen. „Der Reutlinger Gemeinderat hat und Arbeit zu tun hat“, so Steinmaier. Die L.EH ist bereits einen entsprechenden Grundsatzbeschluss darum auch als Bildungsanbieter anerkannt. gefasst“, erklärt Hans Steinmaier vom KVJS. „Dieses Projekt dürfte bundesweit einmalig sein.“ Die Landesheimbauverordnung verlangt, dass Einrichtungen nicht mehr als 100 Heimplätze an Doch auch an anderen Standorten tut sich was: einem Standort haben sollen. Bis zum Jahr 2017 „In Ellwangen sind wir ebenfalls in Gesprächen mit hat die L.EH in ihren vier Einrichtungen für Men- der Stadt, um eine weitere Öffnung des dortigen schen mit Behinderungen in Ulm, Reutlingen, Rabenhofs gemeinsam zu gestalten“ so Kristin Markgröningen und Ellwangen 320 stationäre Schwarz. „Herzlichen Dank an dieser Stelle an die Plätze aufgegeben. Im Gegenzug entstanden 279 beiden Städte für ihre Unterstützung und aktive ins Gemeinwesen integrierte stationäre Plätze und Mitwirkung an diesen zukunftsweisenden Vorha- ein ambulant betreutes Angebot für 188 Men- ben.“ schen. Auch dieser Trend wird sich fortsetzen. Ein positiver Nebeneffekt der Dezentralisierung Der neue Name ist Programm wurde in Laichingen, wo der Tannenhof Ulm eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) eröff- Der neue Name leitet sich von den lateinischen nete, spürbar: „Die Bürger vor Ort haben ein bei- Begriffen „habilitare“, „habitare“ und „laborare“ ab spielhaftes Engagement entwickelt“, so Referats- – also befähigen, wohnen und arbeiten. „Damit leiter Steinmaier. Das sei auch an anderen neuen beschreibt er genau die Kernfelder, auf denen Standorten spürbar: „Die Leute bieten Hilfe und unser Sozialunternehmen tätig ist“ erklärt Ver- Unterstützung an.“ bandsdirektorin Schwarz. „Zusammen mit vie- len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir Qualifizierung der Werkstattbeschäftigten überlegt, was die neue Marke ausmacht, welche Leitgedanken wir damit verfolgen, welche Hal- Die Gestaltung interessanter WfbM-Arbeitsplätze tung damit verbunden ist und wie dies transpor- und die Qualifizierung der Werkstattbeschäftig- tiert werden kann.“ ten ist ein weiterer wichtiger Teil des Struktur- mok 4/2018 KVJS aktuell 5
KVJS Offen sein und fühlen Kunststipendiatin Jenny Winter-Stojanovic kommuniziert über Material und Begegnungen Als zweite Kunststipendiatin im Reutlinger Kulturpark RT-Nord rückt Jenny Winter-Sto- janovic Zugänge und Ausdrucksmöglichkeiten in den Mittelpunkt, die sich über Gefühle entwickeln. Auch für sie selbst sei die Arbeit mit Menschen mit Behinderung in Rap- pertshofen eine große Bereicherung, sagt die Künstlerin. Die Reutlingerin hat bereits in zahlreichen Ausstel- lungen ihre Skulpturen, Installationen und Perfor- mances präsentiert. In Rappertshofen bietet sie ein „Offenes Atelier“ für Menschen mit und ohne Behinderung, in dem experimentell mit Materia- lien wie Stein, Seife, Kohle, Wachs, Salz, Gewebe und Honig gearbeitet werden kann. Unter dem Motto „Die Dinge entstehen aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf“ gehen die Teilnehmer der Frage nach, welches Phänomen in welcher Materialität steckt. Ihre Ergebnisse verarbeiten sie dann künst- lerisch weiter. Berührungsängste kennt Jenny Winter-Stojanovic nicht, auch wenn sie bislang in ihrem persönli- chen Umfeld keine unmittelbaren Kontakte zu Menschen mit Behinderung hatte. Sie hat mit Demenzkranken ebenso künstlerisch gearbeitet wie mit hochbegabten Jugendlichen. Ihr nächs- tes Projekt wird in einem Kinderhospiz stattfin- den. „Der Zugang ist immer derselbe: Den Kopf etwas zurückschrauben, wegkommen vom Leis- tungsdenken, offen sein für neue Erfahrungen. Was dabei herauskommt, ist erst einmal toll“, beschreibt sie ihren Ansatz. Den Blick weiten Das einzige Tabu, das sie anfangs aufstellt: Bäume, Häuser, Autos und ähnliche Motive sind nicht erlaubt. Das soll den Blick weiten und weglen- Materialien eine neue Bedeutung geben. Foto: Gokeler ken von dem, was man zur Genüge kennt. Dazu 6 KVJS aktuell 4/2018
KVJS passt auch, dass die Teilnehmer ihres letzten Pro- jekts ihren Werken erst zum Abschluss, gleichsam als letzten Schritt, einen Titel geben sollten. Ob Frischhaltefolie, Wolle, Draht oder irgendein ande- res Material: Die künstlerische Auseinanderset- zung damit soll aufgreifen, was das Medium selbst vorgibt. Ihr selbst mache die Arbeit in Rappertshofen „unendlich viel Freude“, sagt die Künstlerin. Anfangs habe sie lernen müssen, dass Begegnun- gen mit Menschen mit Behinderung ein eigenes, oft reduziertes Tempo erforderten: „Das tut mir auch persönlich sehr gut, bringt Ruhe und Mög- lichkeiten zum Auftanken.“ Verstehen ohne Worte Im Lauf der Monate, die sie nun schon in Rap- pertshofen arbeitet, seien die Beziehungen immer intensiver geworden. „Auch nonverbal verstehe ich inzwischen immer mehr, auch in Bezug auf die künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten“, erzählt Jenny Winter-Stojanovic. Sie mache zwar keine Keine Berührungsängste: Jenny Winter-Stojanovic mit Kursteilnehmer. therapeutische Arbeit, sagt sie, aber mit einigen Foto: Gokeler Klienten in Rappertshofen habe sie in Materialien und Formen deren eigene innere Themen erkun- den können. INFO Iara Peters ist neue Stipendiatin „Das Kunststipendium hat seinen eigenen Rhyth- Über die Vergabe des Kunststipen- mus. Nach dem Ankommen entstehen erste Arbei- diums Rappertshofen entscheidet ten, dann gibt es Workshops, Kurse und die eigene eine von der LWV.Eingliederungshilfe künstlerische Arbeit. Zum Abschluss zeigt eine bestellte Jury mit kunstsachverstän- Ausstellung die gemeinsam entstandenen Werke, digen Mitgliedern, darunter auch aber auch eigene Arbeiten des Künstlers“, berich- Christian Malycha, Geschäftsführer tet Norbert Peichl. Dem Bereichsmanager Wohnen des Kunstvereins Reutlingen. Die Jury und Soziale Dienste der LWV.Eingliederungshilfe entschied sich für Iara Peters als Nach- ist besonders wichtig: „Der Kulturpark ist ein inklu- folgerin von Jenny Winter-Stojanovic. sives Projekt, und das Kunststipendium ein wich- Die 25jährige hat in diesem Sommer tiger Schlüssel zur Öffnung. Die Angebote richten ihr Studium der Kunsttherapie in Nür- sich an alle Bürgerinnen und Bürger Reutlingens, tingen beendet. Am 1. Oktober ist sie ob mit oder ohne Behinderung.“ als Stipendiatin im Kulturpark einge- Stephan Gokeler zogen. 4/2018 KVJS aktuell 7
SOZIALES Wohnen ohne Hindernis Werkstatt Wohnen feiert 20-jähriges Jubiläum Wie Barrierefreiheit in den eigenen vier Wänden funktionieren kann, zeigt die Werkstatt Wohnen des KVJS eindrucksvoll. Seit nun 20 Jahren finden sich hinter jeder Tür innova- tive Lösungen für selbständiges Wohnen. und anschaulichen Informationen zu den barri- erefreien Lösungen, wird die Werkstatt Wohnen künftig auch für Interessierte vor dem Computer- bildschirm erlebbar sein. Ab Mitte November steht die neue Internetseite unter www.barrierefrei- wohnen.kvjs.de zur Verfügung. Zahlreiche Partner Die Musterwohnung ist damals in Zusammen- arbeit mit dem Fraunhofer Institut entstanden. Heute kooperiert sie mit der Deutschen Roten Kreuz (DRK)-Wohnberatung Stuttgart sowie zahl- reichen Partnern aus Sozial- und Wohnungswirt- schaft, Forschung, Ausbildung, Handwerk und Ver- waltung. „Die Werkstatt Wohnen erfreut sich auch Zum 20. Jubiläum wird sich die Werkstatt Wohnen mit einem neuen Internetauftritt nach 20 Jahren zunehmender Beliebtheit. 2017 präsentieren. Das Highlight: ein virtueller 360-Grad-Rundgang mit Infos zur barriere- freien Einrichtung und den Hilfsmitteln. Foto: Mees + Zacke konnten gemeinsam mit der DRK-Wohnberatungs- stelle über 70 fachkundige Führungen angeboten werden. Die offene Sprechstunde wurde dann in Immer mehr ältere Leute und Menschen mit diesem Jahr wegen der hohen Nachfrage ausge- Behinderung leben dauerhaft Zuhause. Um den baut“, berichtet Leiterin Barbara Steiner-Karatas. Alltag auch ohne Unterstützung durch Familie hol oder Fachkräfte möglichst selbständig bewäl- tigen zu können, bringen bauliche und technische Lösungen sowie praktische Hilfsmittel eine Entlas- tung. Seit 1998 zeigt die Werkstatt Wohnen, wie Wohnräume barrierefrei und sicher ausgestattet werden können. In den vergangenen Monaten sind einige Berei- INFO Ihre Ansprechpartnerin: che der Musterwohnung neu ausgestattet und Barbara Steiner-Karatas Räume modernisiert worden. Auch ein neuer Telefon 0711 6375-207 Internetauftritt geht pünktlich zum Jubiläum barbara.steiner-karatas@kvjs.de online: Mit einem virtuellen 360-Grad-Rundgang 8 KVJS aktuell 4/2018
SOZIALES Teilhabe am Arbeitsleben sichern „Werkstatt-Transfer“ für Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf Das 2017 geschaffene Angebot „Werkstatt-Transfer“ soll Menschen mit erhöhtem Hil- febedarf die Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung ermögli- chen. Seit Juli diesen Jahres gibt es ein Muster für künftige Vereinbarungen. In einem mehrjährigen Prozess hat sich der KVJS Im Juli 2018 wurde mit der Entwicklung auseinandergesetzt, dass die ergänzend ein Ver- Teilnehmerzahlen im Förder- und Betreuungsbe- einbarungsmuster als reich angestiegen sind: Nutzten in 2005 knapp Grundlage für zukünf- 20 Prozent der Leistungsberechtigten aus dem tige Vereinbarungen Segment der Arbeit und Beschäftigungsangebote abgestimmt, das an die eine Förder- und Betreuungsgruppe, so waren örtlichen Verhältnisse es in 2016 schon mehr als 25 Prozent. Über 9.000 angepasst werden Menschen in Baden-Württemberg waren somit kann. Das Vereinba- von einer aktiven Teilnahme am Arbeitsleben und rungsmuster steht im den Vorteilen der Sozialversicherung in der Werk- Mitgliederbereich auf statt für behinderte Menschen (WfbM) ausge- der Webseite des KVJS schlossen. zur Verfügung. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat der KVJS Mehr Informationen 2012 eine trägerübergreifende Arbeitsgruppe ins zum Thema und den Leben gerufen. Beteiligt waren neben Leistungs- Vorteilen des Werk- trägern und Leistungserbringern auch Menschen statt-Transfers, sowohl mit Behinderung als gewählte Werkstattvertreter für Leistungsträger als sowie deren Angehörige. Darüber hinaus begleite- auch für Leistungser- ten das Sozial- und Kultusministerium die Entwick- bringer, stehen in Kürze lung auf Ministerialebene sowie Stadt- und Land- auf kvjs.de bereit. kreisvertreter in der Erprobung auf Kreisebene. hol/Süßmilch Mit dem Angebot „Werkstatt-Transfer“ sollen Men- schen mit Behinderung und erhöhtem Unterstüt- zungsbedarf am Arbeitsleben teilhaben können. Im Juli 2017 wurde als Ergebnis der Werkstatt- Foto: © M.Dörr & M.Frommherz / Fotolia Transfer als ergänzendes Leistungsangebot beschlossen. Ziel ist es, Personen auch bei verän- dertem und erhöhtem Hilfebedarf weiterhin die Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Damit können Wechsel in eine Förder- und Betreuungs- gruppe vermieden werden. Gleichzeitig ermög- INFO Ihre Ansprechpartnerin: licht das Angebot Übergänge aus diesem Bereich Bettina Süßmilch in die WfbM und damit in eine sozialversiche- Telefon 0711 6375-397 rungspflichtige Beschäftigung. Bettina.Suessmilch@kvjs.de 4/2018 KVJS aktuell 9
SOZIALES Orte der Gemeinschaft gestalten Austausch und Vernetzung auf Fachtag zur Quartiersentwicklung in Stuttgart Mehr als 300 Fachleute widmeten sich auf dem Fachtag Quartiersentwicklung der Gestaltung zukunftsfähiger Gemeinschaften in den Kommunen. Auch die Fachstelle ambulant unterstützte Wohnformen, die beim KVJS angesiedelt ist, brachte ihre Expertise ein. Leistungen. Sie ist Teil des Informations- und Bera- tungsnetzwerkes der Strategie Quartier 2020. Die FaWo setzt Impulse zur Einführung innovativer Wohnformen. Ihr Angebot wird von Kommunen, Kreisen, Wohnbaugesellschaften, Trägern, Ver- bänden, Initiativen und interessierten Bürgern in Anspruch genommen. Dr. Alexandra Klein vom KVJS machte in einem Praxisforum die Entstehung bürgerschaftlicher Hilfenetzwerke und ambulant betreuter Wohn- gemeinschaften zum Thema. Die kommunalen Gesprächspartner waren der Vorsitzende des Sozi- alen Netzwerkes Ortenberg e. V. (SoNO), Wilhelm von Ascheraden, sowie Frederick Brütting, Bürger- Von links nach rechts: Wilhelm von Ascheraden (SoNO e.V.), Dr. Alexandra Klein (KVJS) meister der Stadt Heubach. und Frederick Brütting, Bürgermeister von Heubach. Foto: Holzwarth „Die Hilfe zu den Menschen bringen“ Der Fachtag fokussierte die Landesstrategie „Quar- tier 2020 – Gemeinsam.Gestalten“, die das aktive Der Verein SoNO ist ein Beispiel für Quartiersent- Zusammenleben aller Generationen in Quartie- wicklung durch bürgerschaftliche Initiative und ren fördert. Die Teilnehmer diskutierten darüber, freiwilliges Engagement. Ziel des Netzwerkes ist wie Netzwerke und Wohngemeinschaften für es, jedem Ortenberger das Wohnen im gewohn- ältere Menschen geschaffen werden können und ten Umfeld zu ermöglichen. Ganz nach dem Ver- ein gemeinsames Zusammenleben in Quartieren einsgrundsatz „Die Hilfe zu den Menschen brin- gelingt. gen, nicht umgekehrt“ sind zahlreiche Angebote entstanden, wie die Nachbarschaftshilfe, Schulkin- Markt der guten Ideen derbetreuung oder auch begleitende Fahrdienste. Der „Markt der guten Ideen“ mit Infoständen zu Der Verein unterstützte die Entwicklung einer Projekten und Partnern der Landesstrategie war ambulant betreuten Wohngemeinschaft (WG), Plattform für Organisationen und Kommunen, die ab Ende 2018 in Betrieb gehen wird. Zwölf die sich aktiv an der Entwicklung von Quartieren Bewohner können dort selbstbestimmt leben, beteiligen. Auch die Fachstelle ambulant unter- über die Organisation des Alltags mitbestimmen stützte Wohnformen (FaWo) informierte über ihre sowie über notwendige Betreuungsleistungen 10 KVJS aktuell 4/2018
SOZIALES entscheiden. Von Ascheraden beschrieb, welche tagsgestaltung und die Wahl der Pflegeleistungen Herausforderungen mit dem Projekt verbunden durch die Bewohner im Fokus. Sie liegt in einem waren. Auch die Frage, wie ältere Menschen und Neubaukomplex mit zahlreichen Eigentumswoh- Angehörige für diese Wohnform gewonnen wer- nungen. Bürgermeister Frederick Brütting hob den können, wurde diskutiert. hervor, wie wichtig die Einbindung einer Pflege- WG in das Wohnumfeld sei. Durch die direkte WG in Wohnviertel integrieren Nähe könne bürgerschaftliches Engagement in der Nachbarschaft erzeugt werden. Auch in der Gemeinde Heubach geht Ende 2018 eine neue ambulant betreute Wohngemeinschaft Ausgerichtet wurde die Veranstaltung vom Minis- mit elf Plätzen in Betrieb. Im Vorfeld wurden ver- terium für Soziales und Integration in Koope- schiedene Akteure an einen Tisch gebracht, mit ration mit der Familienforschung Baden-Württem- dem Ziel, sie als Bündnispartner für das Projekt zu berg. Mehr Informationen zum Fachtag und der gewinnen. Auch die Ergebnisse einer Befragung Landesstrategie Quartier 2020 finden Sie unter in Heubach waren Teil der Planung. Die WG wird www.quartier2020-bw.de von einem Anbieter verantwortet. Auch in dieser Mehr Informationen zur FaWo finden Sie unter Wohnform stehen die Mitbestimmung in der All- www.kvjs.de hol Ambulant betreute Wohngemeinschaften neu schaffen und weiterentwickeln Mit der Entwicklung ambulant betreuter Wohn- renten, Vertretern des Ministeriums, der kom- gemeinschaften in der Kommune beschäftigt sich munalen Landesverbände und der FaWo werden die diesjährige Herbsttagung der Stuttgarter Fach- diese Inhalte diskutiert und vertieft. Ergänzend stelle ambulant unterstützte Wohnformen (FaWo). stellen Akteure aus der Praxis erfolgreiche Wohn- Sie findet am 4. Dezember 2018 im Hospitalhof in gemeinschafts- und Quartiersprojekte vor. Darü- Stuttgart statt. ber hinaus bietet die gemeinsam vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg Ambulant betreute Wohngemeinschaften haben und der FaWo veranstaltete Tagung Gelegenheit sich in Baden-Württemberg in den letzten Jahren zum Austausch und zur Vernetzung. als Baustein der Wohn- und Versorgungslandschaft für Menschen mit Behinderungen oder Pflegebe- Weitere Informationen zu der ganztägigen Fachta- darf etabliert. Auch aus Sicht der Kommunen sind gung sind auf der Homepage der Fachstelle (www. sie eine interessante Bereicherung des Angebots- kvjs.de/soziales/fawo-fachstelle-fuer-ambulant- spektrums und der Quartiersentwicklung vor Ort. unterstuetzte-wohnformen.html) eingestellt. Experten aus Wissenschaft und Praxis zeigen Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist bei der Fachtagung Faktoren auf, die ambulant erforderlich. betreute Wohngemeinschaften begünstigen. In add/FaWo einer moderierten Expertenrunde mit den Refe- 4/2018 KVJS aktuell 11
6 INTEGRATION TEILHABE WESENTLICH BEHINDERTER MENSCHEN AM ARBEITSLEBEN Immer mehr Inklusionsunternehmen Werkstatt für behinderte Menschen auf den all- nisse werden laufend auf ihre Nachhaltigkeit gemeinen Arbeitsmarkt und noch weit erfolgrei- überprüft und zeigen eine erfreuliche Konstanz Geschäftsbericht liefert Zahlen-Daten-Fakten zurvon cher am Übergang aus der Schule, den Sonder- Arbeit des Integrationsamtes über 84 Prozent dauerhaftem Bestand, pädagogischen Bildungs- und Beratungszentren teilweise schon seit dem Jahr 2005. Alle Arbeits- Das Integrationsamt des KVJS hat seinen Geschäftsbericht (SBBZ), auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gear- 2017/18 vorgelegt: Zehn neue verhältnisse sind tariflich oder ortsüblich ent- Inklusionsunternehmen und fast 400 Neuvermittlungen beitet. Mit der vom KVJS Baden-Württemberg besonders lohnt und sind betroffener uneingeschränkt Personen sozialversiche- auf den2005 im Jahr allgemeinen Arbeitsmarkt initiierten „Aktion stehen 1000“ (Ziel war auf rungspflichtig. der Habenseite. Weiter schwierigistbleibt Baden-Württemberg auch die Arbeitssuche es damals, innerhalbfürvon die5 Jahren übrigen schwerbehinderten 1000 Arbeits- Arbeitssuchenden. das erste Bundesland, das einen Rückgang der plätze für die Zielgruppe zu schaffen) wurde im Aufnahmen in die WfbM verzeichnen konnte. Bundesvergleich weit Überdurchschnittliches er- Ermöglicht wurden diese Ergebnisse durch reicht. Die Bis zum 31.12.2017 wurden Inklusionsunternehmen 4.488 mit 30 bis schwer- 50 Prozent mehrereMaß gleichen Instrumente. wie nicht-behinderte von der guten behinderte Menschen, Beschäftigten die zugleich wesentlich mit Schwerbehinderung wuch- Situation auf dem Arbeitsmarkt profitieren. Mit behindert sen im Sinne 2017 deutlich: der Unternehmen Zehn Eingliederungshilfe sind, oder neue Durchgängiger 14.257 Einsatzschwerbehinderte Personen machen der Integrations-Men- Abteilungen bestehender auf den allgemeinen Unternehmen Arbeitsmarkt gingen vermittelt fachdienste schen 3,2 Prozent der Arbeitssuchenden in Baden- neu undan denEntwicklung diese Start oder bereiten geht imsich darauf Jahr 2018vor. konti- Württemberg aus. Immerhin eine Verbesserung Damit erhöht nuierlich sich ihre Zahl auf 90. weiter. von Die 0,4 Prozent im Vergleich Dienstleistungen zu 2016. der Integrationsfachdiens- te (IFD) stehen in Baden-Württemberg für dieses In den 80 bestehenden Wesentlicher Unternehmen Erfolgsfaktor dafür war wur- und ist Förderprogramm Arbeit Konzept durchgängig zurinklusiv weiter Verfügung, vonerfolg- der den 4.420sich es, dass Personen (Vorjahr 3.679) die Beteiligten beschäftigt, im Land gut ver- reich Schule bis zur Stabilisierung des vermittelten davon 1.958 (Vorjahr netzt haben und eng1.535) Menschen mit einer zusammenarbeiten. Dazu Arbeitsverhältnisses. Die Kosten hierfür trägt Schwerbehinderung. gehören die schulischeUnter den schwerbehinder- Seite, vom Kultus- Weiterhin erfolgreich hingegen verlief die Ver- das Integrationsamt. ten Beschäftigten minis terium bis zuwaren den1.570 (Vorjahr einzelnen 1.310) Schulen, mittlung von wesentlich behinderten Menschen, Menschen, die ohne Inklusionsbetriebe die Bundesagentur vermut- für Arbeit, die Träger der wie etwa geistig oder sinnesbehinderte Perso- Berufswegekonferenzen lich keine Beschäftigung auf dem allgemeinen Eingliederungshilfe, die Werkstätten für behin- nen, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt: Durch das Arbeitsmarkt gefunden derte Menschen, hätten. das Sozialministerium und KVJS-Förderprogramm Berufswegekonferenzen „Arbeit inklusiv“ werden fanden für die ein- der KVJS mit seinen Dezernaten Soziales und 391 Personen eine sozialversicherungspflichtige zelnen Schüler von der Schule in Kooperation Laut Geschäftsbericht Integrationsamt. Die konnten Menschen erreichten mit Arbeitsverhält- Arbeit. mit demInsgesamt konnten imIn IFD durchgeführt. Aktionszeitraum ihr werden alle einer Schwerbehinderung nach wie vor nicht im (01.01.2005 bis 31.12.2017) bisher 4.488 wesent- Erreichte Arbeitsverhältnisse für wesentlich behinderte Menschen 500 Summe: 4.488 Arbeitsverhältnisse 420 429 413 418 360 374 386 391 400 307 299 300 281 251 Allgemeiner Arbeitsmarkt davon Integrationsunternehmen 200 159 73 91 87 73 81 100 63 58 47 45 55 26 38 18 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: eigene Erhebung KVJS 12 KVJS aktuell 4/2018 30 Geschäftsbericht KVJS-Integrationsamt 2017/18
INTEGRATION lich behinderte Menschen vermittelt werden, die INFO überdurchschnittlich stabil in ihrem Job mit einer Personenkreis und Arbeitsmarkt Nachhaltigkeitsquote von 83,1 Prozent blieben. • Bundesweit waren nach der Statis- tik des Statistisches Bundesamt zum 31.12.2017 insgesamt 7.766.573 Men- schen schwerbehindert, in Baden- Württemberg (Quelle: Statistisches Landesamt) waren 943.183 schwerbe- hinderte Menschen gemeldet. • In Baden-Württemberg gab es im Jahr 2016 22.465 beschäftigungs- pflichtige Arbeitgeber mit 3.359.637 Arbeitsplätzen, davon erfüllten 9.808 Arbeitgeber die Beschäftigungs- Neues Inklusionsunternehmen: Die Bioservice Südbaden gGmbH wäscht unter anderem Gemüse und Gemüsekisten. pflicht nach dem SGB IX. Foto: Andrea Obzerove/Fotolia • Die Beschäftigungsquote in Baden- Württemberg betrug 2016 bei den Arbeitgebern der Privatwirtschaft Mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes 4,09 Prozent und bei den Arbeitge- (BTHG) entstand die Frage, ob die bisherigen Inst- bern des Öffentlichen Dienstes 5,41 rumente der Aktion Arbeit inklusiv durch eine För- Prozent. derung mit dem neuen Budget für Arbeit ersetzt Leistungen der begleitenden Hilfe werden können. Allerdings unterscheidet sich im Arbeitsleben das Budget für Arbeit in zwei wesentlichen Punk- • 0,75 Millionen Euro an Arbeitgeber ten von dem bisherigen Ansatz: Es führt wegen zur Schaffung von 61 Arbeitsplätzen des Ausschlusses der Arbeitslosenversicherung für schwerbehinderte Menschen. nicht zu vollwertigen sozialversicherungspflichti- • 1,81 Millionen Euro an Arbeitgeber gen Arbeitsverhältnissen und es steht für Schüler zur behinderungsgerechten Einrich- zum Übergang von der Schule in das Arbeitsleben tung von 585 Arbeitsplätzen. nicht zur Verfügung, sondern erst, wenn sie einen • 26,49 Millionen Euro an Arbeitgeber Werkstattanspruch erworben haben, also in der bei außergewöhnlichen Belastungen Regel erst nach Durchlaufen des Berufsbildungs- (ohne Inklusionsbetriebe) – Anzahl bereichs einer WfbM. der Leistungsempfänger: 8.717. • 4,36 Millionen Euro an schwerbehin- Es stehen künftig zwei Angebote zur Verfügung: derte Menschen – Anzahl der Leis- Wesentlich behinderte Menschen werden im bis- tungsempfänger: 876 herigen Rahmen und Umfang bei der Teilhabe Besonderer Kündigungsschutz für am Arbeitsleben des allgemeinen Arbeitsmark- schwerbehinderte Menschen tes gefördert. Die Förderung mit dem Budget für • 2.597 Neuanträge auf Zustimmung Arbeit soll als weitere Möglichkeit hinkommen. zur Kündigung. Dazu wurden die bisherigen Grundsätze „Arbeit • 2.598 Fälle (einschließlich nicht Inklusiv“ bis 2022 verlängert und in einem zwei- abgeschlossener Fälle aus dem ten Teil um Regelungen zum Budget für Arbeit Vorjahr) wurden entschieden. Der erweitert. Arbeitsplatz konnte in 558 Fällen mok erhalten werden. 4/2018 KVJS aktuell 13
INTEGRATION KVJS-Integrationsamt packt Informationspakete Neuwahl der Schwerbehindertenvertretungen im Herbst In diesem Herbst werden die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen in Unternehmen und Dienststellen neu gewählt. Das KVJS-Integrationsamt bietet ein umfangreiches Informationspaket zur Wahl an. Für frisch Gewählte gibt es ein Starter- Paket mit allen wichtigen Informationen. Bis Ende November können noch Wahlen zur Kurse besteht die Möglichkeit, sich zum Betriebli- Schwerbehindertenvertretung (SbV) abgehalten chen Eingliederungsberater zu qualifizieren. werden. Voraussetzung ist, dass mindestens fünf mok schwerbehinderte oder gleichgestellte Personen dauerhaft in einem Betrieb oder einer Dienststelle beschäftigt sind. Gewählt wird für einen Zeitraum von vier Jahren. Der KVJS hat ein Informationspa- INFO ket zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung Infopaket zur Wahl geschnürt, das kostenlos bestellt werden kann. Es enthält alle Informationen zur Der Inhalt: Infomaterial, Vordrucke für Aushänge, Durchführung der Wahl der SbV. Im Formulare und was man sonst noch so braucht, Internet finden Sie die Informationen um die Wahl durchzuführen. unter www.kvjs.de/KVJS-MDQ9 Die Schwerbehindertenvertretungen sind für Kol- Infopaket zur SbV leginnen und Kollegen mit Behinderungen wich- Über die Aufgaben der SbV, ihre tige Ansprechpartner. Sie sind Teil des Betriebli- Rechte und Pflichten informiert dieses chen Integrationsteams. Das KVJS-Integrationsamt Infopaket. unterstützt die Vertrauenspersonen der schwer- behinderten Menschen mit Informationsmaterial Das Fortbildungsprogramm und einem breit gefächerten Fortbildungsange- Das aktuelle Angebot mit Anmelde- bot. möglichkeit steht im Internet unter www.kvjs.de/fortbildung/startseite- Wichtig: Wahlergebnis melden! fortbildung-alt/behinderung-und- beruf/ Frisch gewählte Schwerbehindertenvertreter zur Verfügung. erhalten vom Integrationsamt ein kostenloses Bestellung unter integrationsamt@ Informationspaket zu Aufgaben, Rechten und kvjs.de, Telefon 0721 8107 942 Pflichten der SbV. Bitte denken Sie also daran, umgehend die Wahlergebnisse mitzuteilen! Mehr Infos Die Seite www.integrationsaemter. Schwerbehindertenvertrauensleute können beim de bietet ebenfalls zahlreiches Info- KVJS-Fortbildungsprogramm aus einem Angebot Material zur Wahl an, darunter eine von rund 100 Kursen wählen. Im kommenden Jahr Broschüre in leichter Sprache zum werden verstärkt Grundkurse zum Schwerbehin- herunter laden. dertenrecht angeboten. Mit der Belegung weiterer 14 KVJS aktuell 4/2018
INTEGRATION Serie Ausgezeichnet! Ein eingespieltes Team Passgenaue Perfektion bei Schaumaplast Die drei arbeiten Hand in Hand: Styroporbehälter anreichen, auf Palette stapeln, den Stapel gründlich mit Folie umwickeln. Fertig. Nächste Palette. Das eingespielte Team arbeitet bei Schaumaplast in Reilingen. Und es ist der Grund, warum das Unternehmen vom KVJS als beispielhaft behindertenfreundlich ausgezeichnet wurde. Mit passgenauer Perfektion kennt man sich aus Win-Situation“, freut sich der Geschäftsführer. Nur bei Schaumaplast: Das international aufgestellte an eines muss das tatkräftige Trio immer wieder Unternehmen produziert an die 1.000 Formteile erinnert werden: Doch auch mal Pause zu machen. und Verpackungen aus speziellen Schäumen. mok Auch bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung fand Schaumaplast passgenaue Lösungen. Sinnvolle Strukturen, klare Ziele und feste Ansprechpartner für die Beschäftigten mit Behinderung sind Grundlagen des Erfolgs. Bei Jochen Beck, Osman Sömcerik und Luis Müller stand jeweils ein Praktikum, vermittelt und beglei- tet durch den Integrationsfachdienst, am Beginn ihrer Tätigkeit bei Schaumaplast. Die wesentlich behinderten jungen Männer haben ihren Platz in der Verpackung gefunden. Sie machen meist die gleiche Arbeit, aber in unterschiedlichen Hallen, je nachdem wo sie gebraucht werden. Luis Müller, Osman Sömcerik und Jochen Beck sind aufeinander eingespielt. Luis Müller zum Beispiel wird auch beim Recyc- ling von Styropor eingesetzt, das Schaumaplast ebenfalls anbietet: „Das Material ist zu 100 Prozent recycelbar“, erklärt Geschäftsführer Ralph Wit- temann. Die beiden anderen verpacken vorwie- gend auf Paletten und das gerne: „Ich mache das nicht, weil ich muss“, erklärt Osman Sömcerik. „Mir gefällt die Arbeit hier.“ Ralph Wittemann kann das nur bestätigen: „Unsere schwerbehinderten Mitarbeiter arbeiten gerne bei uns.“ Was man auch daran sieht, dass sie praktisch keine Krankheitstage haben. „Eine klassische Win- Die Arbeit geht Hand in Hand. Fotos: Kleusch 4/2018 KVJS aktuell 15
INTEGRATION Solide Zahlen, verantwortungsvolles Wachstum Die inklusiven Unternehmen Baden-Württembergs trafen sich zum Fachtag Wo stehen die Inklusionsbetriebe in Baden-Württemberg und wo soll es hin gehen? Allein im vergangenen Jahr kamen zehn neue hinzu. Von den mittlerweile 92 Inklusions- betrieben, sind 90 Prozent eigenständige Unternehmen und zehn Prozent Inklusionsab- teilungen. Wachstum mit Augenmaß ist gefragt. tential zu gering.“ Weiteres Potential sieht Pflaum darin, dass sich bisher zwei Inklusionsfirmen Angebote zur Qualifizierung schwerbehinderter Menschen entwickelt haben. „Das möchten wir unterstützen.“ Thomas Weichert, Vorsitzender der Landesarbeits- gemeinschaft der Inklusionsunternehmen wies darauf hin, dass die übliche Förderhöhe von maxi- mal 15.000 Euro pro neuem Arbeitsplatz in eini- gen Bereichen knapp bemessen ist: Die Eröffnung eines Lebensmittelmarktes würde allein ein Finan- zierungsvolumen von 350.000 bis 400.000 Euro voraussetzen. „Sind dann von zwölf Mitarbeitern sechs besonders betroffene schwerbehinderte Wesentlichen Anteil daran hat das Bundespro- Menschen, steht dem eine Förderung von maxi- gramm „AlleImBetrieb“. Der KVJS fördert daraus mal 90.000 Euro gegenüber.“ Weichert weiter: „Die bis zu 35.000 Euro pro Arbeitsplatz für schwerbe- meisten von uns sind gemeinnützige Unterneh- hinderte Menschen mit besonderen Schwierigkei- men und haben keine großen Kapitalreserven.“ ten bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt. Aber: „Wir wollen kein Geld in einem Strohfeuer verbrennen“, Karl-Friedrich Ernst dazu: „Leider müssen mit unse- erklärte Karl-Friedrich Ernst, Leiter des KVJS-Inte- ren Ausgaben in der Ausgleichsabgabe auf Sicht grationsamtes in seinem Einführungsvortrag. fahren, unsere eigenen Mittel sind begrenzt. Die Gefördert wird deshalb nur, wenn davon auszu- Mittel des Bundesprogramms sind bereits ver- gehen ist, dass sich Geschäftskonzepte möglichst plant. Aber wir werden das nochmals prüfen.“ dauerhaft am Markt behaupten können. Zusammenarbeit auf Augenhöhe Zum Thema Zukunftsfähigkeit gehört auch die Forderung von Bernhard Pflaum, dem Verantwort- Weichert lobte indessen die gute und partner- lichen für Inklusionsunternehmen beim KVJS: „Die schaftliche Zusammenarbeit mit den Fachbera- Unternehmen müssen so viel erwirtschaften, dass tern des KVJS-Integrationsamtes: „Wir können auf es möglich ist, eine professionelle Geschäftsfüh- Augenhöhe reden.“ Auch das gemeinsam entwi- rung zu bezahlen, sonst ist das Entwicklungspo- ckelte spezielle Berichtswesen für die Inklusions- 16 KVJS aktuell 4/2018
INTEGRATION firmen sei gelungen: „Damit versucht man, die Situation der Beschäftigten und die Auswirkun- gen auf das Gemeinwohl abzubilden“, so Weichert. „Das ist notwendig.“ Einige Inklusionsunternehmen sind aus Selbst- hilfefirmen für psychisch Kranke hervorgegan- gen. Ein immer wiederkehrendes Problem ist die Beschäftigung von chronisch psychisch kranken Mitarbeitern ohne Schwerbehindertenstatus, denn ohne den Schwerbehindertenausweis kann das Integrationsamt keine Leistungen gewäh- ren. Karl-Friedrich Ernst dazu: „Durch eine richtige Beratung dieser Menschen, etwa durch den Inte- grationsfachdienst, lässt sich viel erreichen. Am Ende auch die Akzeptanz des Schwerbehinderten- Die Teilnehmer nutzten rege die Gelegenheit zum Austausch. status.“ Eine psychische Erkrankung würde heute längst nicht mehr so stigmatisierend wahrgenom- men, wie vor Jahrzehnten. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sagte Klaus Meyer zu Brickwedde, Vorsitzender der Bundesar- beitsgemeinschaft der Inklusionsfirmen: „Wir sehen die Inklusionsunternehmen als absolute Erfolgs- geschichte. Vor 40 Jahre wurden nach der Psychi- atrie-Enquete die ersten Selbsthilfeunternehmen gegründet. Heute sind es bundesweit mehr als 900 Unternehmen mit rund 26.000 Mitarbeitern, davon 12.000 Menschen mit Behinderungen.“ Land bevorzugt Inklusionsunternehmen bei Ausschreibungen Thomas Weichert, Geschäftsführer Markthaus Mannheim. Fotos: Kleusch Zum Schluss der Veranstaltung gab der Vertreter des baden-württembergischen Ministeriums für Soziales und Integration, Dr. Andreas Grünupp, bekannt, dass das Land seine Vergaberichtlinien geändert hat. Neben Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten gehören nun INFO Material zum Fachtag auch Inklusionsunternehmen zu den bevorzug- Eine Dokumentation zum Fachtag ten Betrieben. Die Landesverwaltung ist damit 2018 der Inklusionsbetriebe finden Sie gehalten, sie bei der Auftragsvergabe vorrangig auf der KVJS-Homepage unter www. zu berücksichtigen. kvjs.de/?id=620 mok 4/2018 KVJS aktuell 17
INTEGRATION Sozialunternehmen Wasni ausgezeichnet Wenn anders sein normal ist, oder kurz Wasni `Welten verbinden – Zusammenhalt stärken´ zeigt – der Firmenname ist Programm. Das Esslinger das Projekt, dass unterschiedlichste Handicaps Sozialunternehmen stellt individuelle Shirts und großartig zusammenarbeiten und so zukunftswei- Jacken her und beschäftigt vorwiegend Mitarbei- sende Innovationen im handwerklich produzie- terinnen mit Behinderung. Nun konnte sich das renden Textil-Bereich entstehen können.“ kleine Unternehmen über die Auszeichnung als einer von 100 innovativen Preisträgern des Wett- Es ist nicht die erste Auszeichnung für die erfolg- bewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ reiche kleine Firma. Im Mai 2017 hatte eine andere 2018 freuen. 1.500 Bewerbungen waren für die Jury Wasni zum besten Jung-Sozialunternehmen Auszeichnung eingegangen. 2017 in Baden-Württemberg gekürt. Als aktiver Unterstützer freut sich das KVJS-Integrationsamt Eine unabhängige Jury entschied sich mit fol- mit dem Preisträger. gender Begründung für Wasni: „Zum Jahresmotto mok Eine Druckerei, die jetzt auch mehr kann Das Inklusionsunternehmen ARBEG in Wernau hat übernimmt die Komplettabwicklung von der Kon- seine vor 22 Jahren gegründete kleine Druckerei zeption über die Gestaltung bis hin zum fertigen zu einem Medienteam ausgebaut. Entstanden ist Produkt und dessen Weiterverarbeitung oder Ver- eine moderne Werbeagentur mit angeschlossener sendung – sowohl im Print- als auch im Non-Print- vielfältiger Druckerei. Das KVJS-Integrationsamt Bereich. unterstützte die Betriebserweiterung mit einem Zuschuss für diese notwendigen Modernisierungs- Die ARBEG Inklusion gGmbH mit Sitz in Wernau kosten. besteht aus vier Abteilungen: der Metallabteilung, Elektromontageabteilung, allgemeinen Montage- Das Medienteam bietet alles, was für eine erfolg- abteilung und dem Medienteam. Hier bekommen reiche Präsentation benötigt wird: Drucksachen, vor allem psychisch behinderte Menschen eine Werbemittel, 3D-Druck, Fahrzeugbeschriftung, Chance auf einen Arbeitsplatz. Laserbeschriftung oder einen Webauftritt. Es mok 18 KVJS aktuell 4/2018
JUGEND In guten Händen Landesjugendamt: Kindertagespflege weiter auf dem Vormarsch Viele berufstätige Eltern wünschen sich gerade für ihre ganz kleinen Kinder möglichst familiennahe und flexible Betreuungsangebote, sie setzen auf die Tagespflege. Die neunte Erhebung des KVJS zur Weiterentwick- Das KVJS-Landesjugendamt begleitet die Entwick- lung der Kindertagespflege belegt, dass in Baden- lungen in der Kindertagespflege bereits seit 2010 Württemberg immer mehr Kinder von dieser durch jährliche Erhebungen. Betreuungsform profitieren. So betreuten am 1. add März 2018 6.347 Tagespflegepersonen insgesamt 21.467 Kinder. Davon waren 13.507 Mädchen und Jungen (63 Prozent) jünger als drei Jahre. Im Vor- jahr waren es 12.964 Kinder (58 Prozent). INFO Qualifizierungskonzept sichert Bei rund jedem fünften Kleinkind in Kindertages- Standards pflege findet die Erziehung, Bildung und Betreu- Tagespflegepersonen müssen auf ihre ung nicht bei den Tageseltern zuhause statt, son- verantwortungsvolle Aufgabe gut dern in anderen geeigneten Räumen, die diesen vorbereitet und von Fachkräften vor gehören, von ihnen angemietet wurden oder die Ort kontinuierlich beraten und beglei- ihnen beispielsweise die Kommune zur Verfügung tet werden. Der KVJS entwickelte gestellt hat. Mit 481 hat sich die Zahl dieser Kin- bereits 2007 gemeinsam mit dem dertagespflegestellen in anderen geeigneten Räu- Landesverband Kindertagespflege men im Vergleich zum Jahr davor um elf erhöht. Baden-Württemberg e. V. (damals noch Landesverband der Tagesmütter- Weitgehend konstant geblieben sind hingegen Vereine Baden-Württemberg e. V.) die Personalschlüssel für die fachliche Beratung und in Abstimmung mit dem damals und Begleitung: In 29 Jugendamtsbezirken wird zuständigen Ministerium für Arbeit der landesweit empfohlene Personalschlüssel von und Sozialordnung, Familie und 1:90 bis 1:130 bereits umgesetzt, vier Jugendäm- Senioren s Baden-Württemberg ein ter haben sogar eine bessere Personalausstattung. Qualifizierungskonzept. Das Konzept Der Personalschlüssel sagt aus, wie viele Betreu- wurde 2011 überarbeitet und stellt ungsverhältnisse von einer pädagogischen Fach- eine landesweit einheitliche Quali- kraft betreut werden. fizierung von Tagespflegepersonen sicher. Eine weitere inhaltliche Aktua- Nach wie vor sind weitere Anstrengungen nötig, lisierung vor allem unter dem Aspekt um das Ausbauziel an Betreuungsplätzen für Klein- des Kinderschutzes ist in Arbeit. Das kinder in der Kindertagespflege zu erreichen, so Qualifizierungskonzept und weitere das Ergebnis der diesjährigen Erhebung. Hierfür Informationen zur Kindertagespflege bieten nicht zuletzt die 1.522 qualifizierten Tages- finden Sie im Internet unter: www. mütter und Tagesväter, die zur Betreuung von kvjs.de/jugend/tagesbetreuung- Kindern zur Verfügung stehen, momentan jedoch von-kindern/kindertagespflege keine Kinder betreuen, ein großes Potential. 4/2018 KVJS aktuell 19
JUGEND In der Jugendhilfe sind innovative Ideen gefragt. Foto: oksix/Fotolia Schub für neue Ideen KVJS fördert fünf Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe Mit insgesamt 344.552 Euro unterstützt das KVJS-Landesjugendamt fünf neue Modell- projekte zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe. Das hat der Landesjugendhilfeaus- schuss beschlossen. Die Vorhaben starten im Herbst und haben eine Laufzeit von drei Jahren. Die Förderung betrifft zwei Vorhaben aus den the- GO!ES-Jugendbüros im Landkreis Esslingen matischen Schwerpunkten „Risiko- und Armuts- (Träger: Landratsamt Esslingen): lagen junger Heranwachsender“ und „Integra- tion von Kindern, Jugendlichen und Familien Ein neues Projekt an der Schnittstelle von Jugend- mit Fluchterfahrung“. Drei Projekte widmen sich hilfe zum Übergang in Arbeit oder Ausbildung weiteren sehr aktuellen und grundlegenden The- hilft jungen Menschen mit besonderem Unter- men der Jugendhilfe. Jedes Projekt wird von einer stützungsbedarf eine schulische oder berufliche Fachkraft des KVJS-Landesjugendamtes begleitet. Ausbildung abzuschließen. Das Konzept wurde im Die Modellvorhaben lassen Ergebnisse erwarten, Rahmen des Arbeitsbündnisses Jugend und Beruf die zum Beispiel in Form von Tagungen, Leitfäden von Vertreterinnen aus SGB VIII, II und III gemein- und Handreichungen auch anderen Regionen zur sam entwickelt und soll an fünf Standorten im Verfügung gestellt werden. Landkreis Esslingen passgenau umgesetzt wer- den. Die Steuerung und Koordination liegt beim Folgende Ansätze profitieren von diesem Förder- Jugendamt. programm: 20 KVJS aktuell 4/2018
JUGEND Förderung der Gleichstellung und der gesell- sondern die auch in die Beratungs- und Fortbil- schaftlichen Teilhabe geflüchteter Mädchen dungsarbeit des KVJS selbst übertragbar sind. durch geschlechterbezogene Angebote (Trä- ger: Lilith e. V. Pforzheim – Verein für ein selbstbe- Familie 2.0 – Praxisentwicklungsprojekt zur stimmtes Leben frei von sexueller Gewalt): Weiterentwicklung von Unterstützungsmög- lichkeiten für Familien in Patchwork- und Geflüchtete Mädchen und junge Frauen sind nach Stiefelternkonstellationen in den Erziehungs- der Flucht – aufgrund der patriarchalischen Fami- hilfen (Träger: Albert-Schweitzer Kinderdorf e. V., lienstrukturen – häufig in einer besonderen Situa- Waldenburg): tion. Lilith e. V. möchte deshalb deren Entwick- lungschancen erhöhen und plant Angebote zur Neben der klassischen Kernfamilie sind heute Teilhabe an Freizeitmöglichkeiten und damit an Familien mit einem Elternteil oder Patchwork- und außerschulischer Bildung. Stiefelternkonstellationen weit verbreitet. Diese Familien, aber auch die Kinder- und Jugendhilfe Praxismodellprojekt zum Einbezug von Eltern sehen sich Herausforderungen gegenüber, die mit in der Pflegekinderhilfe (Träger: Stadt Stuttgart): den bisherigen Angeboten nur unzureichend zu bewältigen sind. Das Vorhaben sieht vor, gemein- Die Projektteilnehmer wollen konkrete Angebote sam mit allen Beteiligten neue Ansätze im Rah- erproben und weiterentwickeln, die Herkunftsfa- men von Workshops, Zukunftswerkstätten und milien kontinuierlich in die Arbeit der Kinder- und Biografiearbeit zu entwickeln. Fachkräfte sollen Jugendhilfe und der zuständigen sozialen Dienste weiter sensibilisiert sowie die Familienarbeit und einbeziehen. Ziel ist es, Loyalitätskonflikte für Kin- pädagogische Arbeit mit den jungen Menschen der und Jugendliche zu reduzieren und die Akzep- intensiviert und weiter qualifiziert werden. tanz der Eltern gegenüber dem Pflegeverhältnis add zu verbessern. Diese sollen einen stabilen Platz im Leben ihrer Kinder behalten können. INFO Innovative Jugendhilfe Einführung des Ansatzes „Signs of Safety“ für Auf den ständigen Wandel der Kinderschutz und Gefährdungsabklärung (Trä- Lebenslagen junger Menschen und ger: Landratsamt Biberach, Kreisjugendamt): ihrer Familien muss die Jugendhilfe mit neuen Angeboten und Metho- „Signs of Safety“ ist ein fachlich fundiertes kom- den reagieren. Gefragt sind effektive plexes Verfahren, das vor allem für die Kinder- Angebotsformen und Hilfen, die Eltern, schutzarbeit im Jugendamt entwickelt und Schule und das Gemeinwesen einbe- erprobt worden ist. Es unterstützt professionel- ziehen. Das KVJS-Landesjugendamt le Helfer dabei, eine wertschätzende Haltung unterstützt deshalb Modellvorhaben gegenüber den Familien zu zeigen und gleichzei- zur Weiterentwicklung der Kinder- und tig dem Auftrag des Jugendamts – Überprüfung Jugendhilfe. Die Förderung ist auf und Sicherstellung des Kindeswohls – gerecht innovative Vorhaben mit überregio- zu werden. Bisher arbeitet noch kein Jugendamt naler Bedeutung beschränkt. Weitere in Baden-Württemberg mit diesem Ansatz. Die Informationen finden Sie im Internet bespielhafte Implementierung im Landkreis Bibe- unter www.kvjs.de/jugend/modell- rach lässt auf Ergebnisse hoffen, von denen nicht vorhaben/ nur Impulse auf andere Jugendämter ausgehen, 4/2018 KVJS aktuell 21
JUGEND Eine Kita für alle Inklusion öffnet die Tür zur sozialen Partizipation Integrative Kitas gibt es bereits viele im Land. Inklusion geht jedoch noch einen Schritt weiter. Inklusion bedeutet, dass alle Menschen ein Recht auf Förderung haben. Hierzu ein Gespräch mit Evelyn Samara vom KVJS-Landesjugendamt. Frau Samara, viele Kitas haben sich schon seit Jahren die gemeinsame Erziehung und Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung auf die Fahnen geschrieben. Ist der Inklusion damit nicht schon Genüge getan? Nein, denn trotz hohen Engagements der Einrich- tungen reichen die strukturellen Rahmenbedin- gungen für inklusive Kita-Arbeit leider noch lange nicht aus. Die Fachkräfte wissen: Wenn alle Kinder gemeinsam leben, spielen und lernen, lernen alle mehr. So wird im Bereich der frühkindlichen Bil- dung Inklusion zum Türöffner sozialer Partizipa- tion. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Zur Inklusion gehört auch eine passende Finanzie- rung, damit Teilhabe gelingt. Was zeichnet denn eine inklusive Kita aus? Durch die Umsetzung inklusiver Prozesse in Ein- richtungen werden Veränderungen deutlich, die den Wandel zu einer inklusiven sozialen Gesell- schaft untermauern. Der Weg dazu ist je nach Evelyn Samara leitet beim KVJS-Landesjugendamt das Referat Standort der Einrichtung sehr unterschiedlich. Tagesbetreuung für Kinder, Betriebserlaubnis, Beratung und Aufsicht. Foto: KVJS Schlüsselbegriffe, die in allen Kitas zu finden sind, die sich auf diese inklusive Pädagogik verständigt haben, sind Barrieren abbauen, viele Möglichkei- ten der Begegnung schaffen, Vielfalt stärken, Ver- netzung pflegen. INFO Ab der nächsten Ausgabe startet Ich gehe konform mit der Deutschen UNESCO, die der KVJS eine neue Serie. Wir stellen für alle Menschen weltweit den Zugang zu quali- beispielhaft Stadt- und Landkreise mit tativ hochwertiger Bildung einfordert. Jeder muss erfolgreichen Konzepten und Strate- in die Lage versetzt werden, seine Potenziale ent- gien für inklusive Kitas vor. falten zu können. Dieser Anspruch bedeutet, dass 22 KVJS aktuell 4/2018
JUGEND alle Kinder in der Kita – mit oder ohne Migrations- len Frühförderstelle, mit den kommunalen und hintergrund, mit oder ohne Sprachschwierigkei- den kirchlichen Verbänden, der Lebenshilfe und ten, mit oder ohne Entwicklungsauffälligkeiten dem Landesverband für Kindertagespflege. In alle und unabhängig vom Geschlecht – so betreut und Netzwerke bringen wir unsere fachlichen Stan- gebildet werden sollen, wie es ihrer Entwicklung dards stets mit Blick auf Inklusion ein. entspricht. Wie engagiert arbeiten die Stadt- und Land- Stichwort: „Inklusion leben“: Was bedeutet das kreise an der Umsetzung von Inklusion? ganz konkret für den Alltag, das Miteinander und die Haltung pädagogischer Fachkräfte in Das ist regional sehr unterschiedlich. Projekte wie einer Kindertageseinrichtung? etwa in Göppingen, Reutlingen und Ludwigsburg gehen strukturell die Thematik in Form von ver- Inklusion ist ein Prozess auf unterschiedlichen besserten Rahmenbedingungen in Verwaltungs- Ebenen. Da geht es zunächst um die eigene Hal- abläufen und in der Umsetzung der Hilfen und tung. Dem Anspruch, den Einrichtungen an die Unterstützungsangebote für die Einrichtungen an. praktische Umsetzung von Inklusion haben, also Wir hoffen, dass in Baden-Württemberg mit den gemeinsam leben, spielen und lernen, geht eine angedachten Maßnahmen von regionalen Modell- gemeinsame Auseinandersetzung der Fachkräfte standorten in den Stadt- und Landkreisen ein im Team voraus – über inklusive Werte und Kultu- bedarfsgerechtes Unterstützungssystem für die ren in der Einrichtung, über inklusive Strukturen Begleitung inklusiver Konzeptionen in der Pra- und über eine inklusive Praxis. Eine Einrichtung, xis aufgebaut werden kann. Denn alle jungen die sich eine inklusive Ausrichtung auf die Fahne Menschen, auch Kinder mit Behinderungen oder geschrieben hat, nimmt die Herausforderungen einem höherem Förderbedarf haben ein Recht auf einer zukunftsorientierten Qualitätsentwicklung eine bruchlose Bildungsbiographie. und Qualitätssicherung an. Das Interview führte Gabriele Addow Allerdings möchte ich an dieser Stelle nicht uner- wähnt lassen, dass zu einer nachhaltigen Bil- dungsoffensive auch die Weiterqualifizierung der Fachkräfte, eine Neuausrichtung der finanziellen Ressourcenverteilung sowie ein erweitertes Unter- stützungssystem gehören. Nur so kann dieser Prozess des gemeinsamen Lernens zur Normalität werden. INFO Beim KVJS-Landesjugendamt ist eine spezielle Arbeitsgruppe eingerichtet. Um Inklusion erfolgreich umzusetzen, ist die Das vierköpfige Team mit der langjäh- Kooperation verschiedenster Akteure erforder- rig erfahrenen Expertin Gabriele Ulrich lich. Wie ist der KVJS in ein solches Netzwerk befasst sich inhaltlich mit den unter- eingebunden? schiedlichen Fragestellungen rund um das Thema Inklusion. Weitere Informa- Wir sind intensiv in die Gremienarbeit mit dem tionen unter Kultusministerium eingebunden. Eine enge www.kvjs.de/jugend/tagesbetreu- Kooperation besteht auch mit der Arbeitsgemein- ung-von-kindern/inklusion schaft Frühkindliche Bildung, der Überregiona- 4/2018 KVJS aktuell 23
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