Polis aktuell 4/2021 partizipation von kindern und jugendlichen
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polis aktuell 4/2021 partizipation von kindern und jugendlichen teilhaben mitentscheiden mitwirken mitbestimmen beteiligen Partizipationsbegriff Stufen und Qualität von Beteiligung Partizipation als Kinderrecht Partizipationsfelder: Schule, Gemeinden, E-Partizipation, europäische Ebene, gemeinnützige Organisationen
Liebe Leserin, lieber Leser! Von Partizipation ist oft die Rede und vielfach wird recht gung – etwa Schul-Gemeinde-Kooperationen, e-Partizipa- Unterschiedliches darunter verstanden. Zwischen „die tion oder das Engagement in Non-Profit-Organisationen. eigene Meinung sagen dürfen“ und „mitentscheiden“ Linktipps und Vorschläge für Aktivitäten im Unter- mit entsprechender Verantwortlichkeit liegt allerdings richt runden wie immer das Thema ab. ein weiter Weg. Kinder und Jugendliche werden von Er- wachsenen häufig im Rahmen von Projekten motiviert, Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Umsetzung sich aktiv einzubringen. Wesentlich seltener ist die tat- des Themas und freuen uns über Feedback zum Heft. sächliche Mit-Entscheidung oder Mit-Beteiligung. Einigkeit gibt es darüber, dass eine lebendige De- Ihr Team von Zentrum polis mokratie die soziale und politische Partizipation der > service@politik-lernen.at Bevölkerung braucht. Häufig wird aber gerade jungen Menschen wenig Beteiligungsfreudigkeit attestiert. Sind Initiativen, die Kinder und Jugendliche darin bestär- ken, aktiv an der Gesellschaft teilzunehmen und sie Beitrag zur Leseförderung mitzugestalten somit sowieso „verlorene Liebesmüh‘“? Die Antwort ist klar: Junge Menschen sind keine homo- Das Städtchen Drumherum gene Gruppe und zweitens ist Partizipation kein punk- Mira Lobe, Susi Weigel. tuelles Ereignis, sondern ein Lernprozess. Empirische Wien: Jungbrunnen Verlag. Studien zeigen, dass erfolgreiche und vielfältige Erfah- Ab 6 Jahren. rungen in Sachen Beteiligung die Bereitschaft stärken, Der Bürgermeister will sich erneut einzubringen. Ernst gemeinte Angebote in einen Wald fällen, um die Schulen, Gemeinden und Freizeiteinrichtungen sind da- Stadt zu vergrößern. Die her umso maßgeblicher für die Entwicklung aktiver Bür- Kinder und Tiere sind un- gerInnenschaft und das viel zitierte „Einmischen in die glücklich und werden aktiv. eigenen Angelegenheiten“. Der Kinderbuchklassiker Das Heft lotet verschiedene Facetten des Themas aus, eignet sich auch, um ihn von älteren SchülerInnen u.a. die Stufen der Beteiligung, Qualitätskriterien oder analysieren zu lassen. Was macht das Buch so er- Partizipation als Kinderrecht. Darüber hinaus finden Sie folgreich? Würde man die Geschichte heute ähnlich einen Überblick zu politischen Gremien und Interessen- schreiben? Etc. vertretungen. Über den Tellerrand der Schule hinaus folgt www.jungbrunnen.co.at/das-staedtchen-drumherum ein Streifzug durch verschiedene Bereiche von Beteili- freiwilligeneinsätze Kinderrechte die gemeinde als polis aktuell 2/2020 polis aktuell 7/2019 politische akteurin polis aktuell 1/2021 • Beweggründe für Freiwilli- • Die Rechte von Kindern geneinsätze und Jugendlichen • Die Gemeinde: Definition, • Seriöse Angebote • Die UN-Kinderrechts Aufgaben, Finanzierung • Das Geschäft mit den konvention • Fallstudie Purkersdorf Waisenhäusern • Die Umsetzung der Kinder- • Service-Learning – Lernen • Rassismus und Freiwilligen- rechte in Österreich und durch Engagement einsätze weltweit • Unterrichts- und Projekt- • Unterrichtsbeispiele: • Kinder und Jugendliche, ideen Faires Reisen | Entstehung die für ihre Rechte • Links und Materialien von Klischees kämpfen > www.politik-lernen.at/ > www.politik-lernen.at/ • Unterrichtsideen, pa_gemeinde pa_freiwilligeneinsaetze Materialien, Linktipps > www.politik-lernen.at/ pa_kinderrechte 2 polis aktuell 4/2021
1 Partizipationsbegriff, Stufen und Qualität von Beteiligung g „Ich habe m einun ich zum Klas e n i hre M rin- aufstellen la ssen, weil ic sensprecher könn ein b Kindergemei h beim „Alle und Ideen ann nderat bin. Da habe ich „Weil e n e n d in- gesehen, w m sag erd en dergeme ie toll das is Geme an seine Die w erInn eim Kin umzusetzen t, so Projek inde e gen. on Politik „Wir s ind b itbesti m m en und sich fü te M inbrin einung zu v t eil wir m einzusetzen. r die Kinder gen k r auch und erns de ra t, w w a s fü r “ ann!“ rt gehö men.“ n u n d weil wir ö n n en.“ dürf e tun k geno m emeinde unsere G in- dergeme h b in beim Kin le Ideen „Ic o vie ch Ki n- eil ich s Ge- „Es ist super, it au derat, w ir in unserer gehört zu werden w „Dam te in die ha b e, w a s ö n nte n.“ ch .“ rb essern k und gemeinsame „Damit derre kommen mein d e v e ALLE i t i k Entscheidungen Pol zu treffen.“ entscheiden dürfen.“ 1.1. Partizipation: ein schillernder Neues und wird vielleicht mit einem Gähnen abgenickt. Begriff mit Fragezeichen Ja, schon, denken viele, aber davon ist immer weniger Der Partizipationsbegriff ist in diesem Heft weit gefasst. zu merken und das politische Geschehen lässt sie daran Er bezieht sich sowohl auf die politische als auch auf zweifeln, ob ihre Beteiligung auch wirklich etwas verän- die zivilgesellschaftliche und soziale Beteiligungspra- dern kann. Sie argumentieren, dass Demokratien durch xis von Kindern und Jugendlichen in schulischen und den globalen Finanzkapitalismus, die Wirtschaftskrise außerschulischen Bereichen. und den Vertrauensverlust in politische Institutionen Partizipation klingt positiv. Es geht um Mitreden (Stichwort Korruption) ausgehöhlt werden oder wurden und Mitentscheiden – im eigenen Lebensumfeld, in der (vgl. Colin Crouch, Postdemokratie, siehe Weiterlesen, Gemeinde, im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, in Seite 4). Wie viel Spielraum gibt es für „Mitentschei- der Schule oder bei wichtigen gesellschaftspolitischen dung“, wenn Entscheidungen in globalen Zusammen- Angelegenheiten. Der Begriff Partizipation hat seine hängen zusehends undurchschaubar werden und sich Wurzeln im Lateinischen und leitet sich von pars (der erfahrbaren Mitwirkungsmöglichkeiten entziehen? Teil) und capere (ergreifen, sich aneignen, nehmen) ab. Es gibt zahlreiche Gründe für (berechtigte) Skep- Gemeint ist also Beteiligung, Teilhabe, Mitwirkung, Mit- sis angesichts der Krisen repräsentativer Demokratien. bestimmung und auch Mitentscheidung. Die zentralen Fragen, die bleiben, sind: Was sind die Wie das in der Praxis umgesetzt wird, ist recht un- Alternativen? Welche Modelle und Ideen eröffnen Per- terschiedlich. Für die einen bedeutet Beteiligung, sich spektiven für eine „Demokratie von unten“, für eine freiwillig für eine Sache zu engagieren (im Gemeinwe- partizipative, inklusive Demokratie und eine starke Zi- sen, in BürgerInnenbeteiligungsverfahren, bei Interes- vilgesellschaft? senvertretungen, Parteien oder in Initiativen der Zivil- Eine wachsende Zahl von AutorInnen und Initiativen gesellschaft), für andere, alle paar Jahre zu wählen und versucht, darauf Antworten zu finden. Der Historiker in der Zwischenzeit der Demokratie „zuzuschauen“. Paul Ginsborg sieht z.B. gerade die kontinuierliche Parti- Dass funktionierende Demokratien von der Betei- zipation der BürgerInnen als unbedingte Voraussetzung ligung der Bevölkerung leben und auf ihre politische dafür an, die Qualität der Repräsentation sicherzustellen und soziale Partizipation angewiesen sind, ist nichts und zu kontrollieren, aber auch, diese zu stimulieren. Alle „Sprechblasen“-Zitate: beteiligung.st, die Fachstelle für Kinder-, Jugend- und BürgerInnenbeteiligung, hat junge Menschen gefragt, warum für sie Mitsprache und Mitbestimmung wichtig sind und warum sie selbst mitmachen. (Zitate von Kindern und Jugendlichen aus Kindergemeinderäten, Jugend räten und Beteiligungswerkstätten) polis aktuell 4/2021 3
Partizipation braucht einerseits das Engagement – als Weg zu mehr Gerechtigkeit in Institutionen, Ar- von Menschen, auf der anderen Seite das Teilen beitswelt und Verwaltung. Emanzipatorische Lernpro- von Verantwortung und Macht. zesse der „Ermächtigung“ und „Selbstermächtigung“ („Empowerment“) jener sozialen Gruppen, die bislang von Mitbestimmung und Teilhabe an Gesellschaft und Grundprinzip von Partizipation Politik ausgeschlossen waren, sollten den Weg dorthin bereiten. In diesem Zusammenhang hinterließen vor al- lem die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA, die partnerschaftliches Frauenrechtsbewegung und die politische Bildungs- und Verhältnis; Bereitschaft, Bereitschaft, Macht sich zu engagieren Gemeinwesenarbeit von Paolo Freire nachhaltige Spuren. abzugeben Chancengleichheit und Inklusion sind nach wie vor die markantesten Ziel- und Wegmarkierungen für Partizipa- tion. Die Herausforderung liegt für InitiatorInnen von Genau in diesem Spannungsfeld findet Partizipation Partizipationsprozessen daher vor allem darin, Men- statt – egal ob es sich um Familie, Schule oder Betrieb schen mit ganz verschiedenen gesellschaftlichen Orien- handelt. Das Potenzial einer aktiven Praxis von Demo- tierungen zu erreichen, vielfältige Bedürfnisse (z.B. von kratie endet nicht bei Wahlen, Volksabstimmungen oder Mädchen und Burschen, rhetorisch mehr oder weniger Volksbefragungen. Es betrifft alle Bereiche des gesell- Begabten usw.) zu berücksichtigen und sehr genau da- schaftlichen und politischen Lebens. Im Kern geht es rauf zu achten, dass sich auch wirklich ALLE beteiligen darum, was aktive BürgerInnenschaft ausmacht: die können. Erfahrung und Einstellung des Individuums, dass es selbstwirksam ist und durch verantwortliche Beteiligung Veränderungen erreichen kann, die Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft haben. Oder einfacher gesagt: > weiterlesen das Vertrauen auf das persönliche und gesellschaftspoli- Colin Crouch: Postdemokratie. Frankfurt am tische Veränderungspotenzial. Main: Suhrkamp, 2008 Partizipation ist ein Erfahrungsprozess, in dem für Paul Ginsborg: Wie Demokratie leben. alle Beteiligten viel zu lernen ist. Unter anderem auch Berlin: Wagenbach, 2008 deswegen, weil man vielleicht etwas riskiert, indem man die eigenen Ideen und Einstellungen zu erkennen gibt. David Van Reybrouck: Gegen Wahlen. Und zweitens, weil es um das Aushandeln unterschiedli- Warum Abstimmen nicht demokratisch ist. cher Interessen, Sichtweisen und Bedürfnisse geht – was Göttingen: Wallstein, 2016 manchmal anstrengend ist. Hier gilt bekanntlich: Parti- zipieren lernt man durch Partizipation. Die Kompe- tenzen, die sich dabei langfristig entwickeln (können) – kommunizieren, Meinungen vertreten und argumentie- 1.2. Im Fokus: Kinder und Jugendliche ren, Eigeninitiative und kreatives Potenzial entwickeln Wenn es um junge Menschen im Zusammenhang mit Par- – spielen in der Politischen Bildung ebenso wie in der tizipation geht, fallen vor allem drei Dinge auf: Bildung für nachhaltige Entwicklung und im Rahmen der Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (siehe Meistens ist von einem (außerschulischen) Projekt www.kompetenzrahmen.de/files/europaeischekommis- die Rede – einer Sache, die „besonders“ ist und sich sion2007de.pdf) eine zentrale Rolle. vom Alltag abhebt. Langfristige, in den Alltag inte- Das Verständnis von Partizipation hat sich im Lauf grierte Formen ziehen schulisch oder außerschulisch der Jahrzehnte gewandelt. War sie bis in die 1970er- wesentlich seltener Aufmerksamkeit auf sich. Jahre hinein in erster Linie auf formelle politische Ins- Zweitens: Jüngeren Generationen werden (über Pro- trumente und Handlungen bezogen, durch die BürgerIn- jekte hinaus) nur wenige Möglichkeiten eingeräumt, nen Einfluss auf politische Entscheidungen und Macht sich bemerkbar zu machen oder gar mitzuentschei- nehmen konnten (z.B. durch das Wahlrecht), weitete den – gerade dann nicht, wenn es um zukunftswei- sich die Bedeutung allmählich auf ganz unterschiedliche sende Angelegenheiten für die nächsten Generatio- Lebenszusammenhänge aus. Es ging immer mehr um die nen geht. Frage, wie das Gestaltungsprinzip Demokratie auf allen gesellschaftlichen Ebenen verwirklicht werden könnte 4 polis aktuell 4/2021
ir unsere erat, damit w be im Ki ndergemeind e ei nbrin- „Wir si nd ngen in die Gem ei nd Partei übereinstimmen würden. Allgemein herrscht eher es se ru es auch eigenen Verb d Spaß gibt nnen . Zw is chen Spiel un ge.“ mäßiges Interesse an klassischer Politik, nur bei Wahlen gen kö Vorschlä n über unsere steigt es kurzfristig, um wenig später wieder abzufallen. Abstimmunge Viele junge Menschen haben den Wunsch, ihre Zukunft mitzugestalten, finden aber oftmals keinen Raum für ihre Anliegen. Abseits von Demonstrationen ist die Mo- Eine dritte Erkenntnis: Es ist wichtig, genauer hin- tivation für politisches Engagement weiterhin niedrig. zuschauen, was „Partizipation“ jeweils bedeutet. Was Längerfristige Beteiligungen wie etwa die Mitglied- steckt hinter einem Projektnamen und stimmt die schaft in einer Partei oder einer Bürgerinitiative stoßen Ankündigung mit dem Inhalt überein? Sind Kinder auf wenig Interesse. Auch die Teilhabe in Vereinen und und Jugendliche Objekte oder werden sie als Subjek- Verbänden ist nach wie vor gering. Traditionelles poli- te ernst genommen? Geht es um Mitsprache, um Mit- tisches und soziales Engagegement dürfte einem neu- wirkungsrechte oder um das Recht mitzuentschei- en Anspruch entsprechen, nämlich sich nicht binden den? Wird Partizipation als eine Zielvorstellung, als zu wollen. Beteiligungsformen, die das einfache und eine Methode oder als eine Mode verstanden? kurzfristige Äußern von Wünschen ermöglichen, oder projektbezogene Möglichkeiten wie Workshops und Partizipation hat in den letzten Jahrzehnten eine starke Diskussionen (auch online) wecken größeres Interesse. Aufwertung erfahren, gerade im Kinder- und Jugendbe- Online-Partizipation eröffnet ein neues Feld für Kinder reich ist sie sozial sehr erwünscht. Mittlerweile kommt und Jugendliche, aktiv zu werden. Sie bietet die Chance, es nur selten vor, dass in Projektausschreibungen oder selbst Inhalte zu produzieren, Themenschwerpunkte zu bei Wettbewerben nicht das Kriterium Partizipation setzen, Aufmerksamkeit zu erregen, zu mobilisieren und nachgefragt wird. zu organisieren. In sozialen Netzwerken können sich Jugendliche positionieren, in Diskussionen einbringen Auch Studien belegen, dass die soziale und politische oder auch Links zu Online-Petitionen und Spendenak- Partizipation von Jugendlichen in den letzten zehn bis tionen weiterleiten und Protestmails verschicken („Mail fünfzehn Jahren deutlich angestiegen ist. Bombing“). Die Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2019, die das Zu diesen Aspekten siehe auch die Ergebnisse des Leben der 12- bis 25-Jährigen in Deutschland unter- Österreichischen Demokratie Monitor auf den folgenden suchte, legt nahe, dass die stärker angestiegene Begeis- Seiten. terung für politisches Engagement stark mit Umwelt- themen verknüpft ist. Diese beiden Bereiche haben laut Studienergebnissen am stärksten an Relevanz gewon- nen: Fast drei Viertel (71 %) der Jugendlichen gaben > weiterlesen an, dass ihnen der Schutz der Umwelt besonders wich- Deutsche Shell Holding GmbH (Hrsg.): 18. Shell tig sei, und mehr als ein Drittel (34 %) bewertete das Jugendstudie – Jugend 2019. Eine Generation eigene politische Engagement hoch. Die von Schülern meldet sich zu Wort. Weinheim: Beltz Verlag, und Schülerinnen initiierte Fridays-for-Future-Bewe- 2019. gung zeugt von diesem gesteigerten Bewusstsein, ihre www.shell.de/ueber-uns/shell-jugendstudie starke mediale Repräsentation von jungen Frauen (Gre- Antje Daniel, Anna Deutschmann: Umweltbe- ta Thunberg, Vanessa Nakate, Luisa Neubauer) scheint wegung revisited? Fridays for Future in Wien: Mädchen besonders zu inspirieren. Auch die Black-Lives- Profil und Einstellungen einer neuen Protest- Matter-Proteste, die in Österreich zu den größten De- bewegung. Wien: Institut für Internationale monstrationen der vergangenen 20 Jahre zählen, ver- Entwicklung, ieWorkingPaper No. 9, 2020. zeichneten eine hohe Zahl an jugendlichen Beteiligten. https://bit.ly/3ecK5we Hauptantrieb für politische Partizipation dürfte sein, dass Politik die Jugend häufig übergeht. So scheinen es zu- Deutsches Jugendinstitut/TU Dortmund mindest die Jugendlichen zu empfinden, denn der Öster- (Hrsg.): Politische Partizipation Jugendlicher reichischen Jugendwertestudie4 aus 2019 zufolge meinen im Web 2.0. Dortmund: Eigenverlag For- 80 % der jungen Menschen in Österreich, dass Politike- schungsverbund DJI/TU, 2015. rInnen keine Ahnung hätten, wie es den meisten Men- https://bit.ly/3kOtSyr schen geht. Fast 70 % geben an, dass sie bei Wahlen nur „das geringste Übel“ wählen und eigentlich mit keiner 4 Zusammenfassung der Studie unter https://jugendkultur.at/wp-content/ uploads/Jugendwertestudie_2019_ab_sofort_erhaeltlich-1.pdf polis aktuell 4/2021 5
Junge Menschen und Politik in Österreich2 schen. Die Bedeutung der sozialen Medien als poli- Der Demokratie Monitor befragt seit 2018 einmal pro tische Informationsquelle hat über die Jahre hinweg Jahr die Menschen in Österreich, wie es ihnen mit un- also deutlich zugenommen. Ganz besonders gilt dies für serem politischen System geht und in welcher Form sie die Bilder- und Videoplattform Instagram, denn sie hat sich an politischen Diskussionen und Entscheidungen inzwischen alle anderen sozialen Medien überholt und beteiligen. Ein besonderer Fokus liegt auf den jungen ist erstmals das am meisten genutzte soziale Medium für Menschen: Wo informieren sie sich über Politik und den Bezug von politischen Informationen. welche politischen Themen bewegen sie? Mit wem Ebenfalls rund die Hälfte der jungen Menschen infor- sprechen sie über Politik? Wie beteiligen sie sich? miert sich zumindest einmal wöchentlich in Druck- oder Insgesamt 360 junge Menschen zwischen 16 und 26 Jah- Online-Ausgaben von Zeitungen über Politik. Ein wich- ren aus ganz Österreich haben dazu Auskunft gegeben. tiger Unterschied zwischen den politischen Inhalten in Sie wurden so ausgewählt, dass ihre Antworten reprä- Zeitungen und sozialen Medien ist, dass erstere von Jour sentativ für die Altersgruppe sind.3 nalistInnen überprüft werden. Dieser Faktencheck obliegt Das von der Corona-Pandemie geprägte Jahr 2020 bei Beiträgen in sozialen Medien den LeserInnen selbst. hat auch für junge Menschen gravierende Veränderun- In diesem Zusammenhang äußern die jungen Menschen gen mit sich gebracht. Rund 40 % berichten davon, dass ein beträchtliches Bedürfnis danach, zu lernen, wie sich im Zuge der Pandemie ihre psychische Gesundheit die Qualität von politischen Informationen in Medien verschlechtert hat. Bei ebenso vielen jungen Menschen beurteilt werden kann: 51 % von ihnen denken, dass hat sich zu Hause die finanzielle Lage verschlech- diese Form von Medienkompetenz in der Schule zu kurz tert. Besonders weit verbreitet ist daran anschließend kommt. auch die Sorge, dass die soziale Ungleichheit in Öster- Das erhöhte Informationsbedürfnis spiegelt sich reich aufgrund der Pandemie größer wird – zwei Drittel auch in einem gestiegenen Austausch über Politik wider: der jungen Menschen sind diesbezüglich besorgt. Auch Die jungen Menschen sprechen mit ihrem Umfeld häu- Schule, Ausbildung oder Arbeit bereiten etwas mehr als figer über politische Themen als in den Jahren zuvor. der Hälfte Sorgen. Die nach wie vor wichtigsten GesprächspartnerInnen Die Corona-Pandemie hat zu einem gestiegenen finden sich dabei im Freundeskreis und in den Famili- Informationsbedürfnis unter den jungen Menschen en: Etwas mehr als die Hälfte der jungen Menschen dis- geführt: 2020 haben sie sich wesentlich häufiger über kutiert zumindest einmal wöchentlich mit FreundInnen politische Themen informiert als in den Jahren zuvor. (54 %) oder Familienmitgliedern (52 %) über politische Stark gestiegen ist dabei die Nutzung von Social Media – Themen. Auch mit KollegInnen aus Schule, Ausbildung rund die Hälfte der jungen Menschen informiert sich oder Arbeit tauschen sich 47 % der jungen Menschen aktuell zumindest einmal wöchentlich in den sozialen zumindest einmal pro Woche über Politik aus. Im Ge- Medien über Politik. Im Jahr 2019 galt selbiges für ein gensatz dazu ist der Anteil an jungen Menschen, die Viertel, im Jahr 2018 für ein Fünftel der jungen Men- sich weder mit FreundInnen, noch mit Familie oder Kol- Zeitungen Druck/Online soziale Medien Radio Fernsehen 2020 2019 YouTube 2018 0% 20% 40% 60% 80% 100% Frage im Wortlaut: „Wie oft informieren Sie sich über politische Themen auf/in …? Täglich, mehrmals pro Woche, einmal pro Woche, seltener oder nie? Anmerkung: In der Abbildung zusammengefasst sind die Antworten „täglich“, „mehrmals pro Woche“ und „einmal pro Woche“. 6 polis aktuell 4/2021
legInnen über politische Themen unterhalten, über die gerade auch in schwierigen Zeiten einen wichtigen Bei- Jahre hinweg gesunken. Lag dieser Anteil 2018 noch trag geleistet. bei fast 20 %, sank er im Jahr 2019 bereits auf 7 %. Auch in einem Verein oder einer BürgerInneninitia- Grund hierfür war das „Ibiza-Video“ und die darauffol- tive hat sich fast ein Drittel der jungen Menschen en- gende Staatskrise, die auch das Interesse jener jungen gagiert. Auf die Demonstrationsfreudigkeit der jungen Menschen geweckt hat, die sich bislang wenig mit poli- Menschen hatte wiederum die Fridays-for-Future-Be- tischen Themen auseinandergesetzt haben. Auf das „Ibi- wegung Auswirkungen: Während 2018 rund ein Viertel za-Jahr“ 2019 folgte das „Corona-Jahr“ 2020 und nun davon berichtet hat, in den letzten fünf Jahren an einer sind es nur noch 2 %, die nie mit FreundInnen, Fami- Demonstration teilgenommen zu haben, gilt dies 2020 lienmitgliedern oder KollegInnen über Politik diskutie- für ein Drittel. Für die Mitarbeit in der Politik kann sich ren. Wenig überraschend ist die Corona-Pandemie auch wiederum nicht ganz ein Fünftel der jungen Menschen jenes Thema, das die jungen Menschen in den vergange- begeistern. nen Monaten besonders beschäftigt hat (für 37 % war Das politische Engagement der jungen Menschen ist Corona das Thema Nummer 1). Darauf folgt der 2019 dabei insgesamt stärker in informellen Gruppen als dominierende Umwelt- und Klimaschutz – rund einem in klassischen Vereinen, Parteien oder Interessenvertre- Viertel der jungen Menschen liegt dieser nach wie vor tungen zu finden: Ein Fünftel engagiert sich in Gruppen besonders am Herzen. Für jeweils rund 10 % der jungen von jungen Menschen, die sich für eine bestimmte Sache Menschen stehen Rassismus, allen voran die Black Lives einsetzen, 18 % in einem Sozial- oder Hilfsverein. In ei- Matter-Bewegung, sowie soziale Themen (die finanzi- ner Interessenvertretung, z.B. in der Gewerkschaft oder elle Situation der eigenen Familie oder Arbeitslosigkeit) einer NGO, sind wiederum 14 % der jungen Menschen ak- an erster Stelle. tiv. Mit 10 % fällt die Beteiligung in politischen Parteien Nicht nur das Interesse an und der Austausch über bzw. in deren Jugendorganisationen am geringsten aus. politische Themen sind unter den jungen Menschen im Nach wie vor aufrecht ist die soziale Schere im Hin- letzten Jahr angestiegen, auch ihre politische Beteili- blick auf politische Beteiligung: Junge Menschen mit gung hat etwas zugenommen. Nach wie vor nehmen geringeren finanziellen Mitteln beteiligen sich seltener die jungen Menschen dabei – wie auch der Rest der Be- am politischen Geschehen, obwohl auch ihnen zahlrei- völkerung – am häufigsten an Wahlen teil: Drei Viertel che politische Themen am Herzen liegen. Entlang ihrer von ihnen haben in den letzten fünf Jahren von ihrem sozialen Lage, die sich im Zuge der Corona-Pandemie Wahlrecht Gebrauch gemacht. Außerdem haben sich weiter verschlechtert hat, fühlen sie sich weniger in die zwei Drittel der jungen Menschen in der Nachbarschaft, Gesellschaft und ihre demokratischen Strukturen einge- der Schule oder der Arbeit für einen anderen Menschen bunden. oder für ein bestimmtes Thema eingesetzt – 2019 lag dieser Anteil noch bei 57 %. Zum sozialen Zusammen- Mehr Informationen unter: www.demokratiemonitor.at halt in ihrem Umfeld haben die jungen Menschen also 2 Zusammengestellt von Martina Zandonella an Wahlen (www.sora.at) teilgenommen 3 Eine Befragung ist dann repräsentativ, wenn ihre Ergebnisse nicht nur für die sich in Schule/Arbeit Stichprobe (die 360 Befragten), sondern / Nachbarschaft für für die Grundgesamtheit (das sind alle Thema eingesetzt jungen Menschen in Österreich von 16 bis 26 Jahren – aktuell sind das etwas mehr im Verein/in einer Bürgerinitiative als 1,1 Millionen) gelten. Dazu müssen mitgemacht die Befragten so zusammengesetzt sein, dass sie die Grundgesamtheit in wichtigen Merkmalen widerspiegeln. Zu diesen Merk- an Demonstration 2020 malen zählen z.B. das Geschlecht, Stadt/ teilgenommen Land oder auch SchülerInnen/Lehrlinge/ 2019 Studierende/Berufstätige. in der Politik mitgearbeitet 2018 0% 20% 40% 60% 80% 100% Frage im Wortlaut: „Haben Sie in den letzten fünf Jahren …?“ polis aktuell 4/2021 7
> tipp methode: beteiligungserfahrung von schülerinnen (ab der 7. Schulstufe, Dauer: ca. 20 Minuten) Die SchülerInnen führen Kurzinterviews mit KlassenkollegInnen zum Thema Beteiligung durch und machen Notizen (Was war der genaue Hintergrund? Aus welchen Gründen hat sich jemand beteiligt oder nicht beteiligt?). Danach Diskussion. Ziele: Erfahrungen der KlassenkollegInnen zum Thema Partizipation/Beteiligung kennenlernen und miteinander ins Gespräch kommen. Reflexion zur Frage der Motivation für Beteiligung. Vorbereitung: Die Lehrkraft bereitet Kärtchen auf festerem A4-Papier vor (am einfachsten mehrere auf einer Seite ausdrucken und dann als Papierstreifen zuschneiden). Abhängig von der Gruppengröße können die Inhalte mehr- fach verwendet werden. Kärtchen: Suche jemanden in deiner Klasse, die/der ... ... schon einmal an einer Demonstration teilgenommen hat. ... schon einmal einen LeserInnenbrief zu einem politischen Thema geschrieben hat. ... schon einmal bei einer Wahl (in und außerhalb der Schule) beteiligt war. n ... schon einmal auf Bezirks- oder Gemeindeebene bei einem cho ... smal - ein Inter partizipativen Projekt (= Beteiligungsprojekt) mitgemacht im ... net hat. ... r/die en, ... sich irgendwo nicht beteiligen konnte, weil nur Mädchen/ de and jem che Su Burschen zugelassen waren. ... sich an einer Abstimmung im Internet beteiligt hat. ... sich im Internet an politischen Diskussionen (Foren, Blogs etc.) beteiligt hat. ... überlegt, sich für eine politische Partei zu engagieren oder dies bereits tut. ... überlegt, sich freiwillig in einer gemeinnützigen (Non-Profit) Organisation zu engagieren. ... als InteressenvertreterIn für andere tätig ist oder war (z.B. als KlassensprecherIn, SchülervertreterIn etc.) oder gerne wäre. ... unbezahlte Freiwilligenarbeit geleistet hat (außerhalb der Familie). ... in einer Jugendorganisation tätig ist/war. ... sich für eine religiöse Einrichtung engagiert (hat). Durchführung (ca. 20 Minuten): Schritt 1: Die SchülerInnen ziehen eine Karte und suchen jemanden, der/die die beschriebene Erfahrung entweder selbst gemacht hat oder jemanden kennt, auf die oder den das zutrifft. Anschließend Austausch im Klassenplenum. Dabei steht nicht so sehr im Vordergrund, wer welche Erfahrung gemacht hat, sondern z.B. Fragen wie: • Was habt ihr Neues erfahren (über eure KlassenkollegInnen, über Beteiligung)? • War es leicht/schwer, jemanden mit der entsprechenden Erfahrung zu finden? Schritt 2: Diskussionspunkte und Klassenbild • Was sind die Gründe für Beteiligung? In welchen Bereichen gibt es die stärkste Beteiligung, in welchen die geringste? Welche Gründe gibt es, sich nicht zu beteiligen? • Was bringt Partizipation für Kinder/Jugendliche? • Wo sollten Kinder und Jugendliche mehr mitreden und mitentscheiden dürfen? • Was wäre für euch besonders wichtig, wofür würdet ihr euch gern engagieren (Thema, Bereich, Organisation usw.)? Quelle (adaptiert): www.reininsparlament.at > Unterrichtsmaterialien zur Vorbereitung auf das Jugendparlament 8 polis aktuell 4/2021
1.3. Intensität, Stufen und Qualität von Beteiligung: Wie weit geht Partizipation? Intensität und Stufen der Beteiligung Das Spektrum der Intensität von Partizipation reicht sein oder werden ist zwar eine Voraussetzung, zählt aber von Mitsprache über Mitwirkung und Mitbestimmung bis noch nicht zur eigentlichen Partizipation. Das Modell hin zu mitverantwortlicher Selbstbestimmung. Andere der Partizipationspyramide eignet sich, um den Grad der Gradmesser, die für Beteiligung herangezogen werden, Mitentscheidung der Beteiligten einzuschätzen (im au- sind etwa „Information“, „Konsultation“ und „Koopera- ßerschulischen und schulischen Bereich) und zu bestim- tion“. Jugendliche sehen „informiert sein“ und „Wissen“ men, was mit Partizipation jeweils gemeint ist. als wesentlich für spätere Beteiligung an. Informiert Stufen der Partizipation 5) Selbstverwaltung Es gibt unterschiedliche Modelle, wie die Stufen und Qualität von Partizipation dargestellt wer- 4) Mit-Beteiligung den. Das bekannteste ist das Stufenleitermodell der Partizipation nach Hart (1992, 1997). Eine 3) Mit-Entscheidung sehr anschauliche und einfache Version wurde im funtasy projects.ch entwickelt, eine ausgefeiltere 2) Mit-Sprache Variante gibt es von Straßburger & Rieger 2019. Links: Partizipationspyramide aus dem funtasy projects.ch 1) Information (inzwischen offline) Die Pyramide wird anhand des Beispiels eines fiktiven Jugendzentrums, das in einer Gemeinde gebaut werden soll, verständlich. 1) Information: Die Jugendlichen werden vom Vorhaben in Kenntnis gesetzt bzw. informieren sich selbst. 2) Mit-Sprache: Jugendliche werden befragt und eingeladen, ihre Meinungen und Bedürfnisse zum Jugendzent- rum vor den EntscheidungsträgerInnen auszusprechen. Eventuell beeinflusst dieser Schritt das Vorhaben, jedoch bleibt die Letztentscheidung bei den politischen und/oder finanziell Verantwortlichen. Die Mehrzahl von Partizi- pationsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche gehört dieser Stufe an. 3) Mit-Entscheidung: Die Beteiligten können mitentscheiden, ob etwas zustande kommt oder nicht. Im Fall des Jugendzentrums haben sie bei der Planung ein Stimmrecht und sind auch in das Konzept und die Realisierung des Jugendzentrums eingebunden. 4) Mit-Beteiligung: Die Beteiligten sind sowohl in die Entscheidungen zur Planung als auch in die Gestaltung und Umsetzung des Projekts eingebunden – selbst wenn die finanziellen Mittel von den EntscheidungsträgerIn- nen kommen. Im Fall des Jugendzentrums übernehmen sie langfristig im laufenden Betrieb Verantwortung. 5) Selbstverwaltung: Die Jugendlichen initiieren das Jugendzentrum entweder in Eigenregie oder es werden Ressourcen von Erwachsenen zur Verfügung gestellt, über welche die Jugendlichen entscheiden und die sie ver- walten. polis aktuell 4/2021 9
Partizipationspyramide nach StraSSburger & Rieger 2019: www.partizipationspyramide.de Partizipation aus Partizipation aus der Perspektive institutionell-professioneller Perspektive der Bürgerinnen und Bürger stufen der P artizipation 7 Zivilgesellschaftliche Eigenaktivitäten 6 Entscheidungsmacht übertragen 6 Bürgerschaftliche Entscheidungsfreiheit ausüben 5 Entscheidungskompetenz teilweise abgeben 5 Freiräume der Selbstverantwortung nutzen 4 Mitbestimmung zulassen 4 An Entscheidungen mitwirken 3 Verfahrenstechnisch vorgesehene 3 Lebensweltexpertise einholen Beiträge einbringen 2 Im Vorfeld von Entscheidungen 2 Meinung erfragen Stellung nehmen 1 Informieren 1 Sich informieren V orstufen der P artizipation Quelle: Gabi Straßburger, Judith Rieger (Hrsg.): Partizipation kompakt – Für Studium, Lehre und Praxis sozialer Berufe, 2. Auflage, 2019. Qualitätskriterien für Kinder- und Jugendbeteiligung Was macht die Qualität von gelungener Partizipation von Kindern und Jugendlichen aus? Zugespitzt könnte man sagen, die Qualität ergibt sich aus den Aspekten: „gut zu Entscheidungen kommen“ (Prozess) und „gute Entscheidun- gen treffen“ (Ergebnis). Die Arbeitsgemeinschaft Partizipation (www.jugendbeteiligung.at), in der u.a. alle österrei- chischen Landesjugendreferate und das Amt für Jugendarbeit Bozen vertreten sind, hat folgende Qualitätskriterien erarbeitet (gekürzt aus https://jugendbeteiligung.at/grundlagen/#qualitaetskriterien): Freiwilligkeit, Selbstbestimmtheit und Wertschät- Überparteilichkeit: Kinder und Jugendliche werden zung von Kindern und Jugendlichen (als gleichwerti- im selbstbestimmten politischen Denken gefördert ge PartnerInnen und ExpertInnen ihrer Lebenswelten) und nicht für politische Richtungen vereinnahmt. Kompetente Begleitpersonen stehen beratend und Soziale Gerechtigkeit: Die Beteiligungsangebote sind unterstützend mit kinder- und jugendgerechtem me- gender- und diversitätsgerecht gestaltet. thodischen, sozialen und pädagogischen Repertoire Intergenerativer Dialog: Im Laufe des Mitbestim- zur Seite. mungsprozesses findet ein Austausch zwischen jun- Aktivität und Selbstwirksamkeit: Kinder und Ju- gen Menschen und Erwachsenen verschiedenen Alters gendliche überlegen selbst, welchen Themen sie sich statt. widmen wollen und welche Schwerpunkte sie sich set- Öffentlichkeitsarbeit: Informationen sicherstellen, zen. Sie sind in möglichst allen Phasen der Projekte Resonanz für die Anliegen von Kindern und Jugendli- aktiv beteiligt. chen stärken. Gemeinsame Zielformulierung: Alle am Vorhaben Transparenz und Dokumentation: Die Projektschritte Beteiligten definieren gemeinsam die Ziele und ste- und Prozesse werden dokumentiert und in verständli- cken den Rahmen ab (Zeit, Ressourcen, Verbindlich- cher Form allen Beteiligten zugänglich gemacht. keiten). Evaluierung: Der Projektverlauf wird gemeinsam mit Verbindlichkeit: Gemeinsame Vereinbarungen wer- allen Beteiligten nachbesprochen. den verbindlich umgesetzt. Die dafür notwendigen Einbindung des Umfelds: Im Prozess wird das gesam- Ressourcen (finanziell, zeitlich, personell, räumlich te Umfeld mitgedacht und einbezogen. etc.) sind vor der Miteinbeziehung von Kindern und Jugendlichen vorzusehen. Inhalte der Qualitätskriterien für Kinder- und Jugendbeteiligung finden sich auch in internationalen Dokumenten wie der Agenda 21, in der UN-Kinderrechtskonvention, der (revidierten) Europäischen Charta der Beteiligung der Jugend am Leben der Gemeinde und der Region (Europarat, 2003) und in der EU-Jugendstrategie 2019-2027 „Beteiligung, Begeg- nung und Befähigung“. 10 polis aktuell 4/2021
2 Partizipation von Kindern und Jugendlichen Die Jugend von heute liebt den Luxus und verachtet Anleitung zum Misslingen die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die partizipativer Vorhaben Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. Erwachsene machen Dinge zum Thema, die Sokrates, 469 bis 399 v. Chr. für Kinder und Jugendliche belanglos sind. Kinder- und Jugendliche werden nicht ernst genommen. 2.1. Balanceakt Alibihandlungen für die Bedürfnisse der Beteiligung ist im Zusammenhang mit Kindern und Ju- Erwachsenen. gendlichen ein Balanceakt. Die Sozialpädagogin Rain- Instrumentalisierung von Kindern/Jugendli- chen in Vorzeigeprojekten. gard Knauer meint damit eine Haltung von Erwachsenen gegenüber jungen Menschen: Unterstützung ohne Be- vormundung, Begleiten und Ermöglichen, ohne schon vorwegzunehmen, was herauskommen soll, die Sicht der In der Sekundarstufe I erweitert sich das Potenzial Kinder wahrnehmen und sie in Planungen einbeziehen für Abstraktionsvermögen und für das Erkennen von ge- oder altersadäquate Beteiligungsangebote entwickeln sellschaftlichen und politischen Strukturen. und Grenzen transparent halten. Es geht darum, zwi- schen Autonomie und Abhängigkeit Räume für Betei- ligung zu schaffen oder zu erweitern. Räume, in denen > weiterlesen Kinder und Jugendliche auch andere Rollen als jene ei- Philipp Mittnik (Hrsg.): Politische Bildung in ner vorwiegend aufnehmenden und geführten auspro- der Volksschule. Wien, 2017. bieren können. https://zpb.phwien.ac.at/files/2017/09/Poli- Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Balance- tische_Bildung.pdf akt: Gemeinsames Handeln, Planen und Mitentscheiden bei Themen, die den Beteiligten am Herzen liegen, ist et- was anderes als das Übertragen von „Erwachsenenpolitik“ 2.3. Partizipation als Kinderrecht auf Kinder. Dennoch braucht es auch wirksame Kinder- Während soziale und politische Partizipation von Kin- und Jugendpolitik als Querschnittsmaterie – politische dern und Jugendlichen in aller Munde ist, bleibt oft ein Strukturen für und mit jungen Menschen. Schließlich Aspekt unterbelichtet: Partizipation ist nicht etwas, geht es um Mitreden und Mitentscheiden in ALLEN Le- das von Erwachsenen gewährt wird, sondern ein Kin- bensbereichen und bei ALLEN Entscheidungen, die junge derrecht. Eines der vier Grundprinzipien, von denen die Menschen betreffen (nicht nur den Skaterpark!). Kinderrechtskonvention (KRK) getragen wird, ist das Kinderrecht auf Partizipation. Die 1989 verabschiede- 2.2. Entwicklung von Fähigkeiten te UN-Kinderrechtskonvention setzt neben der Schaf- Der Rahmen von Partizipation ändert sich klarerweise fung gesicherter Lebensgrundlagen für die persönliche mit dem Alter und der Entwicklung kognitiver und sozi- Entwicklung (provision) und dem Schutz vor Gewalt aler Fähigkeiten junger Menschen. Kinder zwischen vier (protection) Beteiligungsrechte als Schwerpunkt (parti- und sechs Jahren können laut Entwicklungspsychologie cipation). Diese Beteiligungsrechte sind der jüngste The- ihre Meinung vertreten, wenn es um die eigene Wohn- menkomplex in der Kinderrechtsdebatte. umgebung oder um Spiel- und Aufenthaltsorte geht. Zwei Artikel sind in diesem Zusammenhang maßgeb- Zwischen sechs und zehn Jahren überblicken Kinder den lich: Artikel 12 bezieht sich auf die Achtung vor der Mei- unmittelbaren Lebensbereich (Wohnumfeld, Schule). nung des Kindes sowie das Recht auf Partizipation. Die Zahl der Klassenräte und Schulparlamente – auch in Auch Artikel 3 spielt eine herausragende Rolle (bei po- der Volksschule – ist im Ansteigen begriffen und es ist litischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Ent- klar: Kinder können mit entsprechender kompetenter scheidungen sollen die Interessen und Belange der Begleitung bereits in jungen Jahren soziale Verantwor- Kinder vorrangig berücksichtigt werden). tung übernehmen und sind sowohl zu Mitgestaltung als Der Kinderrechtsansatz versteht Kinder (definiert auch Mitentscheidung fähig. als alle jungen Menschen unter 18 Jahren) als eigen- polis aktuell 4/2021 11
ständige und selbstberechtigte Persönlichkeiten und Artikel 12 der KRK stärkt sie darin, sich für ihre Rechte einzusetzen und sie auch einzufordern. Im Schulkontext zählen zu den „Die Vertragsstaaten sichern dem Kinderrechten etwa Schutz vor Gewalt/Bullying, Recht Kind, das fähig ist, sich eine eige- auf Freizeit/Sport (z.B. Einhaltung von Pausen, Ausmaß ne Meinung zu bilden, das Recht von Turnstunden), adäquates Nahrungsangebot, ad- äquate Lernumgebung (z.B. Klassengestaltung) bis hin zu, diese Meinung in allen das Kind zum Verbot der Diskriminierung, z.B. nach Herkunft, berührenden Angelegenheiten frei Geschlecht oder Behinderung. zu äußern, und berücksichtigen die Mit dem Grundprinzip, Kinder in allen sie betref- Meinung des Kindes angemessen fenden Angelegenheiten zu beteiligen, werden sie als AkteurInnen bestärkt, aktiv ihr Umfeld einzuschätzen, und entsprechend seinem Alter und Dinge nicht kritiklos hinzunehmen und Verantwortung seiner Reife. zu übernehmen. Zu diesem Zweck wird dem Kind ins- Österreich hat im Jahr 2011 das „Bundesverfassungs- gesetz über die Rechte von Kindern“ beschlossen. Arti- besondere Gelegenheit gegeben, in kel 4 legt dabei folgendes fest: allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder „Jedes Kind hat das Recht auf angemessene unmittelbar oder durch einen Ver- Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffen- treter oder eine geeignete Stelle im den Angelegenheiten, in einer seinem Alter Einklang mit den innerstaatlichen und seiner Entwicklung entsprechenden Verfahrensvorschriften gehört zu Weise.“ werden.“ Kinderrechtskonvention, Wer bestimmt? Alltag, Schule, Freizeit > tipp methode: (Volksschule, Sekundarstufe I): Wo sollten Kinder/Jugendliche eurer Meinung nach mehr zu sagen haben? Und was sagt ihr dazu? In der Gruppenübung geht es um Fragen, die sich Impuls (ab der 7. Schulstufe) darum drehen, wer in der Familie in welcher Situation Schritt 1: Die SchülerInnen überlegen in Kleingrup- entscheiden soll (Kinder, Eltern, beide gemeinsam). pen eine kurze Geschichte (Szene) zum Thema Mitre- Die Kinder halten wie im Ampelspiel nach jeder Frage den/Beteiligung oder Nicht-Beteiligung von Kindern dafür eine Farbkarte hoch und signalisieren ihre Ant- und Jugendlichen. Dafür bietet sich die Schule an, wort. Ältere Kinder können in der Kinderrechtskon- aber auch Plätze, wo sich Jugendliche gerne aufhal- vention nachschauen, auf welche Rechte der Konven- ten (z.B. Parks, Jugendzentrum etc.). tion sich die Fragen beziehen. Schritt 2: Zur Idee der Geschichte passend, machen Download der Übung aus dem COMPASITO – Handbuch sie fünf bis zehn Fotos, die zu einer Bildgeschichte zur Menschenrechtsbildung mit Kindern (2009) unter zusammengefügt werden können. www.compasito-zmrb.ch/uebungen => Schritt 3: Die SchülerInnen gestalten eine Collage Übung 33: Wer bestimmt? mit zu den Bildern passenden Sprech- bzw. Gedanken- blasen, Erzähltexten, Kreativelementen usw. Download der vereinfachten Fassung der Dazu werden die Fotos entweder ausgedruckt oder Kinderrechtskonvention: am PC bearbeitet. polis aktuell 7/2019: Kinder- Schritt 4: Präsentation in der Klasse. rechte. www.politik-lernen. Schritt 5: Nachbesprechung. at/pa_kinderrechte Clustern und besprechen, was mit den Ergebnissen passieren soll (z.B. Ausstellung in der Schule oder auf der Schulwebsite). 12 polis aktuell 4/2021
2.4. Wo und Wie können sich Kinder und Jugendliche beteiligen? } Interessen- Kinder- Vereine vertre- Stadt garten Gemein- tungen nützige Organi- sationen Jugend- zentren Gemeinde Alltags- Arbeits- welt partizipation Internet Schule Jugend- organi- Religiöse sationen Institutio- Politische Familie nen Parteien Die oben dargestellte Grafik zeigt: Kinder und Jugend- litische Partizipation im weiteren Sinn. Je vielfältiger liche sind in vielfältige Lebens- und Alltagswelten und und positiver die Möglichkeiten und Erfahrungen, des- somit potenziell in zahlreiche Beteiligungssphären ein- to stärker die Bereitschaft, sich erneut einzubringen. gebunden – von der Schule bis zu Freizeitbereichen und Jugendliche nutzen Beteiligungsangebote und -projekte virtuellen Communities. Ab 16 Jahren ist durch das am Wohnort besonders intensiv, wenn sie Wahlrecht auch die Möglichkeit der formellen politi- 1. darüber gut informiert werden, schen Partizipation gegeben. 2. einen großen Erfahrungsschatz verbunden mit einem hohen Qualifikationsempfinden in puncto 2.4.1. Partizipationsspirale Partizipation haben, 3. viele Mitwirkungsmöglichkeiten in der Schule haben. Erleben Kinder und Jugendliche Beteiligung in einem Bereich erfolgreich, hat das auch günstige Auswirkun- gen auf andere Bereiche. Besonders unter diesem Blick- winkel sind erfolgreiche Kooperationen zwischen Schu- len und Gemeinden bzw. Schulen und außerschulischen Einrichtungen zukunftsweisend für alle Beteiligten. 2.4.2. Alltagspartizipation Der Stellenwert jener Beteiligung, die dort passiert, wo der Alltag gelebt wird, sollte nicht unterschätzt werden. Denn Alltag ist das, was nicht auffällt, und Alltag gibt Sicherheit. Alltagspartizipation bedeutet, dass Beteili- gung selbst zum Alltag wird – etwa durch Beteiligungs- rituale (z.B. Klassenrat) und Feedback oder generell durch Mitsprache als Teil des Alltags. Die selbstverständ- liche, in den Alltag integrierte Beteiligung ist meistens unspektakulär, aber wirksamer als so manches Vorzei- geprojekt. Ihre wichtigsten Ressourcen sind der Dialog und die Zeit. Zeit, um zuzuhören, zu beobachten, Ideen Quelle: Thomas Olk, Roland Roth: Mehr Partizipation wagen. Argu- zu besprechen, Vereinbarungen auszuhandeln, Informa- mente für eine verstärkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), 2007 tionen weiterzugeben und zu planen. Besonders diese Art der Beteiligung will gelernt sein – Die groß angelegte empirische Studie mitWirkung! der nicht nur von Kindern und Jugendlichen. Für die Schule Bertelsmann Stiftung (Deutschland) belegt: Positive Er- heißt das: Partizipation bleibt nicht alleine auf fahrungen von partizipativen Prozessen in der Schule die Arbeit mit SchülerInnen eingegrenzt, sondern haben günstige Auswirkungen auf die Beteiligung in sie wird von Lehrkräften selbst gelebt und von der der Freizeit und in der Gemeinde, letztlich auch auf po- Schulleitung ermöglicht bzw. gefördert. polis aktuell 4/2021 13
> weiterlesen Offene Formen In unregelmäßigen Abständen artikulieren Kinder und ULTIMO Spezial. Das Fachmagazin zu Themen Jugendliche ihre Meinung und Bedürfnisse (im Gespräch, der Jugendarbeit von Akzente Salzburg behan- in Diskussionsrunden, in Umfragen) oder sie bringen sich delt in mehreren Ausgaben das Thema Partizipa- in Organisationen ein. tion. Informationen und kostenlose Bestellung Beispiele sind: Kinder- und Jugendforen in der Ge- www.akzente.net/rein-schauen/ultimo-spezial meinde, Schul- und Klassenforum (z.B. zu Hausordnung, Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg Lehrplan, Leitbild etc.), Kinder- und Jugendbefragun- (Hrsg.): Meine Meinung zählt (2019). Down- gen, Internetabstimmungen (E-Partizipation), Open- load unter www.kija-sbg.at/fileadmin/user_up- Space-Konferenzen, Sprechstunden von Bürgermeiste- load/Meine_Meinung_zaehlt.pdf rInnen für Jugendliche, Freiwilligenarbeit in NPOs. Feedback und Alltagspartizipation im Schul- bereich: polis aktuell 7/2011 (aktual. 2013) Parlamentarische Formen, verfasste Formen, Klassengemeinschaft repräsentative Formen www.politik-lernen.at/pa_klassengemeinschaft Modelle direkter Beteiligung, die durch Kontinuität und formale Strukturen gekennzeichnet sind, z.B. Kin- der- und Jugendgemeinderäte bzw. Jugendlandtag oder 2.4.3. Formen der Beteiligung von Möglichkeiten politischer Partizipation (Wahlen, euro- Kindern und Jugendlichen päische BürgerInnenintiative), Wahl der Klassen- und SchulsprecherInnen, SchülerInnenparlamente. Projektbezogene Formen Jugendliche nehmen formal durch gesetzliche Maß- Sie haben einen zeitlich begrenzten Planungs- und nahmen an Entscheidungsprozessen teil, etwa durch die Durchführungshorizont, sind von den Aufgaben her Einführung des Wahlrechts ab 16 Jahren oder die Be- überschaubar und zeigen sichtbare Ergebnisse. Ihre In- stellung eines Kinder- und Jugendbeauftragten. Die Ins- tegration in den Alltag ist allerdings nicht in allen Fäl- trumente/Elemente direkter Demokratie und politischer len möglich. Beispiele: Partizipation, an denen sich Jugendliche ab 16 Jahren Schule: Projektunterricht, Schulprojekte, Schulräu- in Österreich beteiligen können, sind Volksabstimmung, me oder Schulfreiräume Volksbegehren, Volksbefragung, BürgerInneninitiative, Kommunalpolitische Projekte zu Spielplatz-, Sport– Petitionen und Wahlen (EU-Ebene siehe Seite 21). und Freizeitanlagengestaltung, Verkehrsplanungen, Kulturveranstaltungen usw. > weiterlesen Jugendseite des Vereins beteiligung.st: www. beteiligung.st/jugend Grundbegriffe und Verständnis ARGE Partizipation: Formen und Methoden der für Beteiligung Jugendpartizipation: https://jugendbeteili- > Methodentipp für die Sekundarstufe I Das Demokratiezentrum Wien hat Unterrichtseinheiten gung.at/formen-und-methoden zu zentralen politischen Partizipationsmöglichkeiten > zusammengestellt. • Was kann, darf, soll ich tun? Recherche-Impuls (ab der 4. Schulstufe) • Was hat das alles mit mir zu tun? Die SchülerInnen recherchieren gemeinsam mit den • Partizipation in der eigenen Lebenswelt Eltern und/oder Lehrkräften: • Wie treffe ich politische Urteile und wie kann ich • Welche speziellen Einrichtungen für Kinder und sie durchsetzen? Jugendliche gibt es in meiner Gemeinde? • Angebote politischer Organisationen nutzen • Wer ist dort die Ansprechperson für kinder- und • Zeitlich begrenzte Fahrverbote vor Schulen? jugendspezifische Anliegen? www.demokratiezentrum.org/bildung/unterrichtsbei- • Gibt es Jugendbeauftragte oder Sprechstunden des spiele/partizipation Bürgermeisters/der Bürgermeisterin für Kinder und Arbeitsblatt: www.demokratiezentrum.org/fileadmin/ Jugendliche? media/pdf/ab_partizipation_zit.pdf 14 polis aktuell 4/2021
Who is who? Politische Institutionen und Modelle für Kinder- und Jugendpartizipation BUND Jugendrat Bundesjugendvertretung (BJV) Ein einfaches Modell der Jugendbeteiligung für Ge- Gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder meinden, um junge Menschen dafür zu gewinnen, sich und Jugendlichen in Österreich mit lokalen Themen intensiv auseinanderzusetzen. 10 www.bjv.at bis 18 Jugendliche werden per Zufall ausgewählt. Sie entwickeln Lösungs- und Verbesserungsvorschläge zu LÄNDER Themen, die sie interessieren, und fassen die Ergeb- Jugendlandtag nisse in einem gemeinsamen Statement zusammen. Jugendliche Abgeordnete aus verschiedenen Regionen http://jugend-rat.at eines Bundeslands nehmen selbst Platz im Landes- Jugendparlament parlament und übermitteln in Form von Anträgen ihre Unter dem Begriff Jugendparlament werden sehr Wünsche und Forderungen an die zuständigen Mitglie- unterschiedliche Strukturen verstanden – von außer- der der Landesregierung. Die Zahl der Abgeordneten- schulischen Beteiligungsinitiativen (z.B. im Jugend- Plätze ist klar geregelt. zentrum) bis zu Interessenvertretungen für Kinder • Burgenland: www.bgld-landtag.at/veranstaltungen/ und Jugendliche in Gemeinden, wo Jugendparlamente jugendlandtag Anträge ausarbeiten, die den PolitikerInnen vorgelegt • Salzburg: www.salzburg.gv.at/pol/landtag/jugend- werden. Im österreichischen Parlament findet halb- landtag jährlich ein Jugendparlament mit Jugendlichen der • Steiermark: https://mitmischen.steiermark.at 9. Schulstufe statt (aus dem Bundesland, das gerade dem Bundesrat vorsitzt). Einen Tag lang übernehmen GEMEINDEN die SchülerInnen die Aufgaben von PolitikerInnen. Zu- Kinder- und Jugendbeauftragte sind Sprachrohre sätzlich gibt es für Lehrlinge das Lehrlingsparlament. der Kinder und Jugendlichen in einer Gemeinde. Sie www.reininsparlament.at beraten die Gemeinde in Jugendfragen und kümmern sich darum, dass diese Zielgruppen bei jugendrelevan- ARBEITSBEREICH ten Projekten eingebunden werden (z.B. durch Abhal- Jugendvertrauensräte/-rätinnen tung von Jugendgemeinderäten, Jugendsprechtagen). Ab fünf Arbeitskräften unter 18 Jahren in einem Be- trieb kann einE Jugendvertrauensrat/-rätin als Anlauf- Kinder- und Jugendgemeinderäte beraten Entschei- stelle für Lehrlinge und jugendliche ArbeitnehmerIn- dungsträgerInnen in Kinder- und Jugendfragen. Die nen und als VermittlerIn zwischen den Anliegen der Kinder/Jugendlichen können entweder gewählt und jungen Belegschaft und der Betriebsleitung gewählt von den anderen Jugendlichen entsandt werden oder werden (für zwei Jahre). der Zugang zum Kinder- und Jugendgemeinderat ist www.gpa.at/die-gpa/jugend/jugenvertrauensraetinnen generell offen für alle Interessierten. EUROPA Jugendforen als niederschwellige partizipatorische European Youth Parliament (EYP) Form können auf verschiedene Arten gebildet wer- Das Europäische Jugendparlament bietet dreimal den – als lose Zusammenkunft von Jugendlichen und jährlich 250 SchülerInnen zwischen 16 und 19 Jahren Erwachsenen, über eine Wahl von VertreterInnen aus ganz Europa die Möglichkeit, die Arbeit des Euro- des Jugendforums oder nach dem Delegationsprinzip päischen Parlaments kennenzulernen. Jeweils zehn (Jugendorganisationen, -vereine und freie Jugendini- TeilnehmerInnen aus Österreich können dabei in der tiativen entsenden VertreterInnen zu regelmäßigen Diskussion mit Gleichaltrigen aus verschiedenen Staa- Treffen). Einem Jugendforum kann die Aufgabe über- ten ihre eigene Meinung zu aktuellen europäischen tragen werden, Mitgestaltungsmodelle und -projekte Themen vertreten. Sie erstellen eine Resolution, die zu initiieren und zu betreiben. dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kom- mission und dem Europäischen Rat übergeben wird. https://eyp.at polis aktuell 4/2021 15
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