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Ausgabe Nr. 7 / 2019

  Liebe Leserinnen und Leser,
  der neue Leader of the House of Commons im Kabinett von Boris Johnson, Jacob Rees-
  Mogg, hat als eine seiner ersten Amtshandlungen in einem Brief an seine Mitarbeiter
  darum gebeten, dass diese künftig auf Worte im Schriftverkehr wie „inakzeptabel“ oder
  „hoffentlich“ verzichten sollen. Zudem sollen männliche Mitarbeiter ohne Adelstitel in
  Briefen mit „Esquire“ angeredet werden, was wohl im Deutschen am ehesten mit
  „Hochwohlgeboren“ übersetzt werden kann. Auch sollen nur noch imperiale Maßeinheiten
  verwendet werden wie z. B. Yards statt Meter.

  Alles weitere zum Brexit erfahren Sie in unserem aktuellen Newsletter.

  Viel Spaß beim Lesen,
  Mathias Dubbert

   Inhalt

   Thema des Monats                                  Südwesten Deutschlands kämpft mit den
     Auswirkungen des Brexit auf den                 Folgen des Brexit
     Luftverkehr                                     Britische Einkommen sinken
   Wichtige Entwicklungen                         No-Deal-Vorkehrungen
     DIHK: Deutsch-Britisches                       Zoll wappnet sich für Brexit
     Handelsvolumen sinkt kontinuierlich
     DIHK: Brexit bedroht deutsche                   Stresstest der britischen Bankhäuser
     Unternehmen                                     Notfallsituation nach Brexit
     Neuer britischer Premierminister
     verspricht Brexit zum 31. Oktober               Britische Lagerhäuser voll

     Von der Leyen offen für erneute                Britische Bevölkerung legt Vorräte in
     Verschiebung des Brexit                        Vorbereitung auf den Brexit an
     Index der britischen Wirtschaft sinkt so     Hintergrundmaterial
     stark wie seit 35 Monaten nicht                Auswirkungen des Brexit auf die
     Dienstleistungssektor                          Bundesländer
                                                    Irland rechnet mit Verschuldung
      Produzierendes Gewerbe
Liebe Leserinnen und Leser
Baugewerbe                                 Kein Handel mit EU-Aktien an Londoner
                                               Börse nach No-Deal-Brexit
    Brexit Geschäftsrisiko Nummer Eins
                                               Briten ziehen Verbleib in der EU und
    Investitionsrückgang                       zweites Referendum einem No-Deal-
                                               Brexit vor
    Arbeitskräftemangel nach dem Brexit
                                              Volkswirtschaftliche Kennzahlen
    Pfund Sterling auf tiefstem Stand seit 27 Großbritannien
    Monaten

Thema des Monats

Auswirkungen des Brexit auf den Luftverkehr
Das Vereinigte Königreich hat eine neue Regierung. Der Premierminister Boris Johnson
hat mehrfach angekündigt, er werde Großbritannien mit oder ohne Deal am 31. Oktober
aus der EU führen. Die EU-27 haben erklärt, das Austrittsabkommen könne nicht
nachverhandelt werden. Lediglich bei der Erklärung zu den zukünftigen Beziehungen gibt
es Möglichkeiten zum Nachverhandeln, bisher jedoch fehlt es an ernstzunehmenden
Vorschlägen aus London. Ein ungeregelter Brexit scheint wahrscheinlicher zu werden.
Eine der unzähligen negativen Folgen eines ungeregelten Brexit wäre, dass sämtliche
rechtliche Grundlagen des Flugverkehrs von der EU in das UK und vice versa entfallen
würden.

Wöchentlich starten von deutschen Flughäfen 1368 Flüge nach Großbritannien. Zudem ist
das Vereinigte Königreich das Hauptziel deutscher Geschäftsreisender im Ausland. Nach
einem ungeordneten EU-Austritt Großbritanniens würde eine Reihe von Problemen im
Bereich der Zertifizierung und bei den Verkehrsrechten auf die Airlines und
Flughafenbetreiber zukommen.

Damit eine Airline Verkehrsrechte im Luftraum der EU wahrnehmen darf, benötigt sie eine
Betriebsgenehmigung eines Mitgliedsstaats. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der
Hauptsitz sowie der Mehrheitsanteil eines Flugbetreibers innerhalb der EU
beziehungsweise bei einem Angehörigen eines Mitgliedsstaates liegen.
Dementsprechend würden britische Fluglinien ihre Start- und Landerechte in der EU
verlieren. Mehrere Airlines bemühen sich daher bereits ihre Aktionärsmehrheiten in die
EU zu verschieben. Easyjet hatte dafür zuletzt sogar erwogen britischen Anteilseignern
das Stimmrecht zu entziehen.
Alternativ zu einer EU-Genehmigung können ausländische Fluggesellschaften eine
Genehmigung als Drittlandbetreiber beantragen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein
bilaterales Abkommen zwischen der EU und einem Drittstaat, das aktuell nicht vorliegt.
Gleichermaßen müssen sich auch europäische Airlines auf veränderte Zugangsrechte
Liebe Leserinnen und Leser
zum britischen Luftraum nach dem Brexit einstellen. Weitere Herausforderungen kommen
auf die Luftfahrtunternehmen auf beiden Seiten des Kanals im Bereich der Zertifizierung
zu. Innerhalb der EU müssen alle Produzenten und Instandhaltungsunternehmen von
Luftfahrzeugen durch die „Europäische Agentur für Flugsicherheit“ (EASA) geprüft und
zugelassen werden. Infolge eines harten Brexit würden die durch die EASA ausgegeben
Zertifikate für im UK ansässige Personen und Unternehmen ihre Gültigkeit verlieren. Die
entsprechenden Produkte wären damit nicht mehr in der EU zugelassen. Das gleiche trifft
auf Zeugnisse, die von britischen Behörden ausgestellt wurden, zum Beispiel
Pilotenlizenzen und Flugzeugeintragungen zu. In diesen Fällen sind die betroffenen
Personen und Unternehmen aufgefordert im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung eine
Drittlandgenehmigung bei der EASA zu beantragen.

Um die weitgehende Beeinträchtigung des europäisch-britischen Luftverkehrs nach dem
Brexit am 1. November zu vermeiden, hat die EU-Kommission No-Deal-Maßnahmen
getroffen. Demnach soll für einen Übergangszeitraum bis März 2020 gewährleistet
werden, dass der Luftverkehr für britische Airlines in die EU aufrechterhalten bleibt. Der
kommerzielle Luftverkehr britischer Luftfahrtunternehmen innerhalb der EU-27 wäre von
den No-Deal-Maßnahmen allerdings ausgeschlossen. Darüber hinaus sollen die EASA-
Zertifikate bis neun Monate nach dem EU-Austritt ihre Gültigkeit behalten und den Airlines
ein Zeitraum von sieben Monaten eingeräumt werden, um Besitzverhältnisse in die EU zu
verlagern. Diese Maßnahmen der EU-Kommission werden jedoch nur greifen, wenn die
britische Seite Gleiches ermöglicht (Reziprozität).

Der DIHK rät Unternehmen, die in Geschäftsbeziehungen mit dem UK stehen, sich
mithilfe der Brexit-Checkliste des DIHK und der Prepardeness-Website der EU-
Kommission sowie der Brexit-Informationen der EASA frühzeitig auf einen harten Brexit
vorzubereiten.

Wichtige Entwicklungen

DIHK: Deutsch-Britisches Handelsvolumen sinkt kontinuierlich
Der DIHK hat Ende Juli Zahlen veröffentlicht, wonach die Exporte der deutschen
Wirtschaft in das Vereinigte Königreich von Januar bis Mai diesen Jahres 35 Mrd. EURO
betrugen. Dies entspricht einem Rückgang von 2,3% im Vergleich zum Vorjahr. Die
Importe aus Großbritannien lagen im gleichen Zeitraum bei 15 Mrd. EURO und damit
sogar 6,1% unter dem Vorjahreswert. Während das UK 2017 noch Deutschlands
fünftwichtigster Handelspartner war, sanken die Im- und Exporte in den letzten zwei
Jahren ab, wodurch UK heute nur noch auf Platz 7 hinter Polen liegt. Zusammen mit
anderen deutschen Wirtschaftsverbänden hat der DIHK daher an die neue Regierung in
London appelliert einen No-Deal-Brexit zu verhindern.

DIHK: Brexit bedroht deutsche Unternehmen
Der DIHK sieht den Brexit als entscheidende Ursache für die sich abschwächende
deutsche Konjunktur. Zuletzt hatte der DIHK seine Prognose zum Wirtschaftswachstum
Deutschlands von 0,9% zu Jahresbeginn auf 0,6% gesenkt. Zudem rechnet man für
dieses Jahr mit einem Exportwachstum von lediglich 1%. Bei 2500 Niederlassungen
deutscher Firmen im UK und 750 000 Arbeitsplätzen in Deutschland, die vom Export nach
Großbritannien abhängen, sei der Brexit ein wesentliches Geschäftsrisiko für die deutsche
Wirtschaft. Dies zeigt sich unter anderem in den gesunkenen Exporten in das UK von 89
Mrd. EURO 2015, vor dem Referendum zu 82 Mrd. EURO im vergangenen Jahr. Der
DIHK verweist dabei auch auf seine jüngsten Umfragen unter deutschen Unternehmen mit
Geschäftsbeziehungen in das UK. Demnach erwarten 70% eine Verschlechterung ihrer
Geschäfte in diesem Jahr und drei Viertel sorgen sich um mögliche zusätzliche
Zollbürokratie und -zahlungen. Die ungewisse politische Lage steht dabei insbesondere
Investitionen auf britischer und deutscher Seite im Weg.
Liebe Leserinnen und Leser
Neuer britischer Premierminister verspricht Brexit zum 31.
Oktober
Der frühere Außenminister Boris Johnson ist am 24. Juli durch die Queen zum neuen
britischen Premierminister ernannt worden. Mit einer deutlichen Zwei-Drittel-Mehrheit
setzte er sich in der Wahl innerhalb der konservativen Partei gegen seinen Konkurrenten,
den bis dahin amtierenden Außenminister Jeremy Hunt durch. Johnson gilt als Brexit-
Hardliner und hat mehrfach versprochen Großbritannien am 31. Oktober mit oder ohne
Deal aus der EU führen zu wollen. Sein Kabinett bestückte er größtenteils mit Verfechtern
eines harten Brexit. Im Vorhinein waren der frühere Finanzminister Hammond und
Justizminister Gauke aus Protest gegen Johnsons Brexit-Politik zurückgetreten.

Von der Leyen offen für erneute Verschiebung des Brexit
Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht einer Verschiebung des
Brexit, über das aktuelle Datum am 31. Oktober hinaus, offen gegenüber. In einem Brief
an liberale und sozialdemokratische Abgeordnete erklärte sie vor ihrer Wahl im
Europäischen Parlament Mitte Juli, sie würde einen weiteren Aufschub befürworten „[…]
sollten gute Gründe vorgebracht werden […]“. Gleichzeitig schloss sie eine
Neuverhandlung des zwischen der EU und Großbritannien ausgehandelten
Austrittsvertrags aus.

Index der britischen Wirtschaft sinkt so stark wie seit 35 Monaten
nicht
Der monatlich angepasste IHS Markit's PMI Business Activity Index verzeichnet einen
Rückgang der britischen Wirtschaft von 50,7 Punkten in Mai auf 49,2 Punkten im Juni. Der
Index bezieht die Geschäftszahlen der Produktions-, Dienstleistungs- und Baubranche in
Großbritannien ein. Zum ersten Mal seit 35 Monaten seien die Aktivitäten in allen drei
Bereichen zurückgegangen.

Der Index setzt sich unter anderem aus dem aktuellen Auftragsvolumen, dem Bestand an
produzierten Gütern sowie der Produktionsleistung einer Volkswirtschaft zusammen.
Werte über 50 Punkte deuten auf Wachstum hin.

Dienstleistungssektor            Produzierendes
Die Geschäftsaktivitäten         Gewerbe                       Baugewerbe
des Dienstleistungssektors       Als Folge der immensen        Die Geschäftsaktivität im
sind im Juni nahezu              Vorratskäufe im Vorfeld des   Bausektor sank innerhalb
stagniert. Während der           ursprünglichen Brexit-        der letzten Monate so
Index im Vormonat Mai            Termins am 29. März, leidet   schnell wie seit zehn
noch 51 Punkte                   das produzierende             Jahren nicht mehr.
verzeichnete, lag er im Juni     Gewerbe ebenfalls unter       Nachdem der Index im Mai
nur noch bei 50,2 Punkten        einer sinkenden Nachfrage.    bereits lediglich 48,6
und damit nahe der               Der Index lag im Juni bei     Punkte anzeigte und damit
Stagnationsschwelle von          48 Punkten und damit den      unterhalb der
50 Punkten. Das Volumen          zweiten Monat in Folge        Wachstumsgrenze lag,
an neuen Aufträgen sinkt         (Mai 49,4) unterhalb der      sank er im Juni weiter auf
seit fünf Monaten stetig ab.     Wachstumsgrenze von 50        43,1 Punkte. Die
Ein derart langfristiger         Punkten. Es ist der tiefste   Auftragslage im privaten
Rückgang gab es zuletzt          Stand seit dem Jahr 2013.     Hausbau war aufgrund
2011/2012. Trotzdem              Betroffen seien vor allem     einer geringen Nachfrage
verzeichnet die Branche          die Produktion von            und Unsicherheit am
aktuell so viele                 Zwischengütern. Als           Häusermarkt so schlecht
Neueinstellungen wie             Ursache gelten neben den      wie seit drei Jahren nicht
zuletzt im August 2017.          hohen Lagerbeständen,         mehr.
Neben der Auftragslage           dem allgemeinen               Die Situation im Bereich
belasten steigende               wirtschaftlichen Abschwung   der kommerziellen
Inputpreise die Anbieter,        und dem steigenden           Bauprojekte
während das allgemeine           Wettbewerbsdruck vor         verschlechterte sich im Juni
Preisniveau für                  allem die Unsicherheit in    den sechsten Monat in
Dienstleistung aufgrund der      Verbindung mit Brexit. Im    Folge. Auch das Volumen
steigenden Konkurrenz um         Gegensatz zur                an öffentlichen
Aufträge sinkt.                  Dienstleistungsbranche       Bauvorhaben ist rückläufig.
                                 spiegelt sich der            Der Brexit führt offenbar zu
                                 Abschwung auch in            Verspätungen bei Start und
                                 sinkenden                    Vergabe von Bauprojekten.
                                 Beschäftigungszahlen
                                 wider.

Brexit Geschäftsrisiko Nummer Eins
83% der britischen CFOs (Chief Financial Officer) sind der Meinung, der EU-Austritt
Großbritanniens werde der britischen Wirtschaft langfristig schaden. Das ist das Ergebnis
einer am achten Juli veröffentlichten Umfrage der Beratungsfirma Deloitte. Demnach liegt
die Bereitschaft der Unternehmen, geschäftliche Risiken einzugehen mit 4% auf dem
tiefsten Stand seit dem Zusammenbruch von Lehman-Brothers im Jahr 2008.
Infolgedessen rechnen 62% der Befragten mit keinen Neueinstellungen innerhalb der
nächsten drei Jahre und 47% beabsichtigen die Investitionsausgaben zu reduzieren.
Bereits 2018 sind die Investitionen im UK deutlich zurückgegangen. Im Umfrage-Ranking
der größten Geschäftsrisiken lag der Brexit auf Platz eins.

Investitionsrückgang
Prognosen der „Confederation of British Industry” (CBI) und des “EY Item Club” vom 8.
Juli zufolge, verzeichnet Großbritannien den schnellsten Rückgang an
Unternehmensinvestitionen seit der Finanzkrise. Während der Industrieverband von
einem Rückgang von 1,3% in diesem Jahr prognostiziert, geht EY sogar von 1,9% aus.
Grund sei die anhaltende Unsicherheit in Verbindung mit dem Brexit sowie die sich
abschwächende Weltwirtschaft.
Beide Institutionen warnen in diesem Zusammenhang davor, dass das UK den Anschluss
im internationalen Wettbewerb gegenüber anderen führenden Industrienationen verlieren
könnte. Zwar gehe man von einer Erholung der Investitionen im Jahr 2020 von 0,9% (CBI)
beziehungsweise 1,8% (EY) aus, diese könne aber nicht den entstehenden Rückstand
wettmachen. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres sei die britische Wirtschaft um 0,2%
gesunken. Die Prognosen gehen dabei von einem geordneten EU-Austritt
Großbritanniens aus. Ein harter Brexit würde die britische Wirtschaft wesentlich stärker
belasten.

Arbeitskräftemangel nach dem Brexit
Der Wirtschaftsverband „London First“ warnt in einer am 11. Juli veröffentlichten
Untersuchung vor einem Fachkräftemangel in Großbritannien nach dem Brexit.
Insbesondere das Baugewerbe, der Einzelhandel und Kliniken wären davon betroffen. Der
neue britische Premierminister Boris Johnson hatte im Wahlkampf damit geworben, die
Hürden für die Einwanderung deutlich zu erhöhen und ein Punktesystem nach
australischem Vorbild etablieren zu wollen. Geplant sei ein Mindestgehalt von 30 000
Pfund pro Jahr (33 000 EURO). Darüber hinaus sollen Englischkenntnisse sowie der
Nachweis eines Arbeitsvertrages Voraussetzung für die Einbürgerung sein.

Pfund Sterling auf tiefstem Stand seit 27 Monaten
Das britische Pfund Sterling ist zur Monatshälfte am 16. Juli um 0,8% gefallen und lag
damit bei nur noch 1,24 US-Dollar beziehungsweise 1,10 EURO. Damit erreichte die
Währung den tiefsten Stand seit 27 Monaten. Ausschlaggebender Faktor war die
verschärfte Wahlkampfrhetorik der Kandidaten für das Amt des Premierministers Jeremy
Hunt und Boris Johnson. Beide verlangten die Backstop-Regelung aus dem EU-
Austrittsabkommen zu streichen. Indes wiederholte der EU-Chefunterhändler für den
Brexit, Michel Barnier, in der Vorwoche noch einmal, dass dies für die EU ausgeschlossen
sei. Ein No-Deal-Brexit wird damit immer wahrscheinlicher und die Anleger an den Börsen
sind dementsprechend verunsichert.

Südwesten Deutschlands kämpft mit den Folgen des Brexit
Zahlen der Baden-Württembergischen IHKs (BWIHK) und des Maschinenbauverbandes
VDMA vom 25. Juli belegen, dass ein harter Brexit insbesondere den Südwesten
Deutschlands hart treffen würde. Demnach seien die Folgen des Referendums bereits seit
drei Jahren deutlich spürbar. Exportierten Firmen aus der Region 2015, vor dem
Referendum noch Waren im Wert von 12,3 Mrd. EURO nach Großbritannien, betrug der
Exportumsatz 2018 nur noch 9,8 Mrd. EURO. Dabei sei insbesondere der Maschinenbau-
Sektor betroffen; Branchenvertreter rechnen lediglich mit einem Wachstum von 1%. 78%
der Maschinenbauunternehmen schätzen die Perspektive am britischen Markt schlecht
ein. Der Anteil der Region der BWIHK am bundesweiten Exportwert von
Pharmazieprodukten, elektrischer Ausrüstung und Maschinen in das UK beträgt ein
Fünftel. Die BWIHK schätzt, dass allein die Zollregistrierungen im Zuge eines No-Deal-
Brexit jährlich 200 Mio. EURO kosten würden

Britische Einkommen sinken
Eine Studie des Think Tank „Resolution Foundation” hat herausgefunden, dass die
britischen Haushaltseinkommen seit dem Brexit-Referendum 2016 zweimal hintereinander
gesunken sind. Demnach lag das durchschnittliche verfügbare Haushaltseinkommen
damals bei 32 250 EURO. In den letzten zwei Jahren sei es jeweils um 0,3%
zurückgegangen. Dabei sind in erster Linie schwächere Einkommen betroffen, während
die Einkommen der reichsten 5% in Großbritannien nach wie vor ansteigen. Die
Ergebnisse der Studie widersprechen anderen Aussagen, wonach die Löhne gestiegen
wären. „Resolution Foundation“ verwies darauf, dass sie in ihre Berechnungen Steuern
und Abgaben sowie Inflationseffekte miteinbezogen hätten.

No-Deal-Vorkehrungen

Zoll wappnet sich für Brexit
Die 150 Zöllner am Flughafen Leipzig-Halle sollen ab August mit 76 weiteren Mitarbeitern
verstärkt werden, um sich auf einen Anstieg der Zollanmeldungen im Zuge des Brexit
vorzubereiten. Sollte das UK die EU am 31. Oktober ohne Vertrag verlassen, würden
sämtliche britische Waren automatisch zollpflichtig. Das Hauptzollamt in Dresden geht
dabei von 18 000 zusätzlichen Anmeldungen auf Waren pro Woche aus. Auch im Falle
eines geordneten EU-Austritts sei mit erheblichem Mehraufwand zu rechnen. Bundesweit
sind 900 zusätzliche Stellen geplant.

Stresstest der britischen Bankhäuser
„The Bank of England“ kommt in ihrem regelmäßigen Banken-Stresstest zu dem
Ergebnis, dass die Geldinstitute im UK auch für den Fall eines ungeordneten Brexit gut
gewappnet sind. Seit letztem Jahr sind die Banken verpflichtet mehr Eigenkapital und
Zugang zu liquiden Mitteln in Höhe von 1 Mrd. Pfund nachweisen zu können. Diese
Maßnahmen würden laut der „Bank of England“ gewährleisten, dass auch falls das UK im
Anschluss an einen harten Brexit drei Monate lang von internationalen Märkten
ausgeschlossen wäre, die Banken die britische Wirtschaft stützen könnten. Neben dem
Ausschluss von internationalen Märkten, berücksichtigte der Test auch einen Rückgang
der Wirtschaft von 4,7%, eine Verdopplung der Arbeitslosigkeit und einen Sturz der
Eigentumspreise von 33%. Die Prüfer verwiesen allerdings auch auf die bereits spürbaren
Folgen der Brexit-Entscheidung. So entsprechen die Investitionen in kommerzielles
Eigentum im ersten Quartal 2019 lediglich zwei Fünfteln von denen des Vorjahres. Die
Investitionen in Risikoanleihen sanken sogar um vier Fünftel. Trotz des guten Testresultats
stelle ein ungeordneter Brexit, laut der „Bank of England“ nach wie vor ein enormes Risiko
für die britische Wirtschaft dar.

Notfallsituation nach Brexit
Das Institute of Government prognostiziert in ihrer am 29. Juli veröffentlichten Analyse zu
den Auswirkungen eines ungeordneten Brexit, eine Notfallsituation in Großbritannien.
Demnach gehe man davon aus, dass die Regierung mit ihren Kapazitäten an
Wachstumsgrenzen stoßen werde und andere Bereiche zwangsläufig vernachlässigt
werden würden. Laut der Analyse wäre Nordirland am stärksten von den Auswirkungen
eines No-Deal-Brexit betroffen.

Britische Lagerhäuser voll
Die „UK Warehousing Association“ weist daraufhin, dass lediglich noch 6,8 % der
landesweiten Lagerhauskapazitäten frei wären. Dies sei besonders in Hinblick auf die
Hauptverkaufssaison des Einzel- und Onlinehandels im Oktober/November rund um den
Black Friday problematisch. Das Sozial- und Gesundheitsministerium empfiehlt außerdem
Arzneimittelfirmen, ihre Vorräte sechs Wochen länger als üblich zu kalkulieren.
In Vorbereitung auf Lieferengpässe nach einem harten Brexit haben Firmen im UK
enorme Lagerbestände aufgebaut.

Britische Bevölkerung legt Vorräte in Vorbereitung auf den Brexit
an
Einer Untersuchung vom 7. Juli zum Konsumentenverhalten im UK durch das britische
Forschungsinstitut „Blis“ zufolge, legen 40% der britischen Bevölkerung Lebensmittel-,
Medikamenten- und Kleidungsvorräte an, um sich auf mögliche Engpässe im Zuge des
Brexit vorzubereiten. Die Untersuchung ergab außerdem, dass 55% der Befragten davon
ausgehen als Folge des Brexit weniger Einkommen zur Verfügung zu haben.
Der britische Nahrungsmittel- und Getränkeverband warnt vor einem möglichen Mangel
von Produkten nach einem harten Brexit.

Hintergrundmaterial

Auswirkungen des Brexit auf die Bundesländer
Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die am 23. Juli
publiziert wurde,
wirkt sich der Brexit in Abhängigkeit der Handelsbeziehungen zum UK unterschiedlich
stark, zum Teil aber deutlich auf die einzelnen Bundesländer aus. In Relation zu der
Größe der Bundesländer ist laut dem IW das Saarland mit einem Außenhandelsanteil von
9% mit dem UK am stärksten von den Folgen des Brexit betroffen. 2018 gingen die
saarländischen Exporte und Importe um 30% und 50% zurück. 80% beziehungsweise
40% der Ein- und Ausfuhren stützen sich dort auf die Autoindustrie. Ebenfalls deutlich
sind die Brexit-Folgen in Thüringen mit seinem Gemeinschaftsunternehmen aus
Lufthansa und Rolls Royce (Außenhandelsanteil mit UK von 6,7%) sowie in Bremen
(7,4%) und Hamburg (6%) wo die Hafenindustrie betroffen ist, zu spüren.

Irland rechnet mit Verschuldung
Das nationale Schuldenbüro Irlands geht davon aus, im Falle eines No-Deal-Brexit
innerhalb der nächsten vier Jahre neue Kredite in Höhe von 27 Mio. EURO aufnehmen zu
müssen. Erwartet werden Zinskosten in Höhe von 4,5 Mrd. EURO im Jahr 2020. Darüber
hinaus warnte der irische Finanzminister, dass durch einen harten Brexit bis zu 85.000
Arbeitsplätze in Irland verloren gehen könnten. Aufgrund der besonders engen
Handelsbeziehungen mit dem UK, wäre Irland überdurchschnittlich von einem No-Deal-
Brexit betroffen.

Kein Handel mit EU-Aktien an Londoner Börse nach No-Deal-
Brexit
Wie die Europäische Finanzaufsicht (ESMA) im Mai bereits mitteilte, könnte die EU im
Zuge eines No-Deal-Brexit der britischen Börse die Gleichberechtigung absprechen.
Damit wären rund 6200 aus der EU stammende Wertpapiere nicht mehr in London
handelbar. Dieses Verbot würde alle Aktien deren Wertpapierkennnummer (ISIN) mit
Kürzeln eines EU-Mitgliedsstaats sowie Islands, Norwegens und Liechtensteins betreffen.
Im Gegenzug könnte das UK ähnliche Maßnahmen ergreifen.

Briten ziehen Verbleib in der EU und zweites Referendum einem
No-Deal-Brexit vor
Laut einer im Auftrag von „The Independent“ durchgeführten und am 6. Juli
veröffentlichten Umfrage befürwortet eine Mehrheit der britischen Bevölkerung einen
Verbleib in der EU mit 38% oder ein zweites Referendum mit 43% gegenüber einem No-
Deal-Brexit. Auch unabhängig vom weiteren Verlauf der Brexit-Verhandlungen würden
demnach 41% der Befragten ein abschließendes Referendum zum Brexit unterstützen,
um die gegenwärtige politische Blockade zu lösen. Ebenfalls 41% gehen davon aus, dass
die verbleibende Zeit bis zum Brexit-Datum am 31. Oktober nicht ausreiche, um ein neues
Abkommen mit der EU zu verhandeln. Falls kein Deal vermittelt werden könne, würden
sich 43% für einen Widerruf der Brexit-Entscheidung, 41% für ein zweites Referendum
und 38% für einen ungeordneten EU-Austritt aussprechen.

Volkswirtschaftliche Kennzahlen
Großbritannien

Deutsche Ausfuhren nach Großbritannien
(01/15=100, Monatswerte; Quelle: DeStatis, eigene Berechnungen)
DIHK-Kommentar: Von Januar bis Mai 2019 exportierten deutsche Unternehmen Waren
im Wert von rund 35 Mrd. EUR nach Großbritannien (-2,3% ggü. dem Vorjahreszeitraum).
Die Importe aus UK sanken um 6,1% auf nur noch 15 Mrd. EUR. Mit einem
Handelsvolumen von 50 Mrd. EUR in den ersten 5 Monaten 2019 liegt UK aktuell nur
noch auf Rang 7 der wichtigsten deutschen Handelspartner (2017 Rang 5; 2018 Rang 6).

Wechselkurs Pfund-Euro                                        Inflation
Quelle: finanzen.net                                          Quelle: ONS
(Stand: 24.07.19)

DIHK-Kommentar: Die Unsicherheiten um den weiteren Verlauf der Brexit-
Verhandlungen belasten den Pfundkurs seit dem Brexit-Referendum weiterhin. Dies
verteuert Importprodukte und führt zu höheren Einkaufspreisen für Unternehmen in
Großbritannien sowie zu geringeren Konsumspielräumen für Verbraucher. Die Inflation lag
in den letzten beiden Jahren deutlich über dem Zielwert von 2%. Gleichzeitig werden
allerdings britische Exportprodukte günstiger und damit preislich wettbewerbsfähiger. Für
das laufende Jahr rechnet der IWF mit einer Inflationsrate von 1,8%; für 2020 mit 2,0%.

Bruttoinlandsprodukt Großbritannien
(Veränderung ggü. Vorjahr bzw. Vorquartal in %; saison- und preisbereinigt;
Quelle: Office for National Statistics UK; *IMF-Prognose)
DIHK-Kommentar: Der konjunkturelle Jahreseinstieg ist mit +0,5% besser als erwartet.
Grund dafür ist eine Sonderkonjunktur beim Bau angesichts des milden Winters sowie
Vorzieheffekte wegen des für den 29.03. geplanten Brexit. Für das laufende Jahr rechnet
der IMF mit einem BIP-Zuwachs von 1,3 %, für 2020 mit +1,4%.

Gewerbliche Investitionen Großbritannien
(Veränderung ggü. Vorjahr bzw. Vorquartal in %, saison- und preisbereinigt;
Quelle: Office for National Statistics UK, *IMF-Prognose)

DIHK-Kommentar: Im Jahr 2018 sind die gewerblichen Investitionen um 0,4% gesunken.
Die Unsicherheit über das unternehmerische Umfeld nach dem Brexit führt dazu, dass
Unternehmen Investitionen unterlassen oder aufschieben.

Deutsch-Britischer Handel in den Jahren 2015 bis 2018

Zahlen des IWF für das Vereinigte Königreich
(Quelle: World Economic Outlook April 2019)
Zahlen des IWF für das Vereinigte Königreich
(Quelle: World Economic Outlook April 2019 )

Informationen direkt aus London erhalten Sie auch auf der Homepage der Deutsch-
Britischen AHK.

Weitere Informationen finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:
Brexit-Hotline: 030-340 6065 61, E-Mail: brexit@buergerservice.bund.de

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https://www.dihk.de/themenfelder/international/info/trade-news

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Mathias Dubbert                                      DIHK | Deutscher Industrie- und
                                                     Handelskammertag e.V.
Eintrag ins Vereinsregister:                         Breite Straße 29
Registernummer 19943B                                D-10178 Berlin
Vereinsregister Berlin                               Telefon +32 2 286 - 1638
Amtsgericht Charlottenburg                           Fax +32 2 286 - 1605
                                                     E-Mail dubbert.mathias@dihk.de

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