AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT KOLUMBIEN

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AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT KOLUMBIEN
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WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSBERICHT
KOLUMBIEN

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER BOGOTÁ
OKTOBER 2021
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT KOLUMBIEN
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                                       Eine Information des
                                  AußenwirtschaftsCenters Bogotá

                                       Wirtschaftsdelegierter
                                        Dr. Andreas Schmid
                                        T +57 (601) 3175414
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AUSSENWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT Kolumbien (1. HJ 2021)

•      Wirtschaft von COVID-19 Krise schwer getroffen – BIP-Einbruch von 6,8 % 2020; kräftige Erholung ab
        dem zweiten Quartal 2021 (+17,6%); insgesamt +8,8% im ersten Halbjahr; für 2021 werden bereits 8-
        9% Wachstum prognostiziert.
•      2020: FDI-Einbruch von 45,4 %; Exportminus von 21,4 % (Erdöl -45,2 %!); Arbeitslosigkeit bei 16,1 %;
        Im ersten HJ 2021 kehren die FDI zurück, die Exporte legen um 22.5 % zu und die Arbeitslosigkeit sinkt
        im August auf 12,3 %.
•      Reaktivierung fast aller Wirtschaftsbereiche ab dem zweiten Quartal; Handel, Bau, Bergbau,
       Dienstleistungen und Industrieproduktion sind die Wachstumstreiber
•      Maßnahmenpaket der Regierung in Höhe von 2,8 % des BIP hält noch an
•      Österreichische Exporte 2020 um 30,5 % eingebrochen; kräftige Erholung um 20% im 1.HJ 2021

Wirtschaftskennzahlen
                                                                         2018                2019       2020

    Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. USD                           334,1               323,4      271,5
    Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in USD; KKP                           15.084              16.003     14.925
    Bevölkerung in Mio.                                                   49,7               50,3       50,9
    Wirtschaftswachstum in %                                              2,6                 3,3       - 6,8
    Inflationsrate in %                                                   3,2                 3,8        1,6
    Arbeitslosenrate in %                                                 9,7                10,5       16,1
    Warenexporte des Landes in Mrd. USD                                   41,9               39,5       31,1
    Warenimporte des Landes in Mrd. USD                                   51,2               52,7       43,5

    Wirtschaftsleistung des Landes, IWF-Ranking 2020:                                       Rang 31

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich
                                                                        2019                2020      Variation%
                                                                                                      1.HJ 2021

    Österreichische Warenexporte in Mio. Euro                           129,4               89,9        +20,1
    Österreichische Warenimporte in Mio. Euro                           46,8                 38,2       - 8,5
    Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro                  17                  13         -28,6
    Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro                  22                  15         -50,0

    Österreichische Direktinvestitionen, Stand 2020:                    118 Mio. EUR
    Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen, Stand 2017:           1.178
    Direktinvestitionen aus CO in Ö:                                    k. A.
    Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus CO:           k. A.
    Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich:                        67. Stelle (2020)

Quellen: IMF, Weltbank, Statistik Austria, ÖNB

                                      Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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1. Wirtschaftslage

 Wirtschaftseinbruch       Vor Ausbruch der COVID-19 Krise wurde für 2020 ein Wachstum von über 3 %
 von 6,8 % aufgrund der    des BIP prognostiziert – letztendlich musste ein Wirtschaftseinbruch von 6,8 %
 COVID-19 Krise;           hingenommen werden. Nachfrageseitig sanken der Haushaltskonsum um 5,8
 kräftige Erholung ab Q2   % und die Investitionen um 21,2 %. Die öffentlichen Ausgaben hingegen
 2021                      wurden im Zuge eines COVID 19 Hilfsprogrammes um 3,7 % gesteigert. Für
                           das laufende Wirtschaftsjahr 2021 wird aufgrund der kräftigen Erholung ab
                           dem 2. Quartal wieder ein starkes Wachstum zwischen 7,7 und 9 %
                           prognostiziert.
 Nach starken
 Rückgängen im             Massiven Einbrüchen bei Handel, verarbeitender Industrie, Dienstleistungen,
 Krisenjahr drehen die     Bauwirtschaft und Bergbau im Krisenjahr stehen ebensolche Steigerungen im
 meisten Sektoren          ersten Halbjahr 2021 gegenüber. Die Wachstumsdynamik geht dabei nach
 kräftig nach oben         einem zögerlichen Plus von 1,1% im ersten Quartal nahezu zur Gänze auf das
                           Konto des zweiten Quartals mit einem sensationellen Plus von +17,6%.
                           Demzufolge wurden auch die Erwartungen für das laufende Jahr mit 7,7 bis 9%
                           kräftig nach oben korrigiert.
 Kaffeeproduktion
 konstant; Exporte um      Die für Kolumbien sehr wichtige Kaffeewirtschaft (drittgrößter
 1,8 % höher               Kaffeeproduzent der Welt) kämpfte lange mit Strukturproblemen und
                           niedrigen Weltmarktpreisen. In den über 600 Kaffeeanbau-Gemeinden wurde
                           darauf mit Produktivitätssteigerungen und Spezialisierung auf hochwertige
                           Kaffeesorten reagiert. Die Kaffeeproduktion blieb mit 14,3 Mio. Säcken (60 kg)
                           im Zeitraum April 2020 – März 2021 konstant. Im selben Zeitraum ist der
                           Kaffeeexport um 2 % auf 12,9 Mio. Säcke zurückgegangen, allerdings konnte
                           im Vorjahr auf Grund höherer Weltmarktpreise und eines Premium-
                           Aufschlages für kolumbianischen Kaffee der Exportumsatz um 1,8 % auf
                           USD 2,7 Mrd. gesteigert werden. 2021 starteten die Kaffeeexporte ab Juli
 Strukturkrise des         durch.
 Industriesektors
                           Die industrielle Entwicklung bereitet ebenfalls Kopfzerbrechen. Kolumbien
                           weist grundsätzlich eine beachtliche industrielle Diversifikation auf, die sich
                           allerdings in einem sehr geschützten Umfeld entwickelt hat. Die zunehmende
                           Öffnung des Landes in den letzten Jahren, gekennzeichnet durch zahlreiche
                           Freihandelsabkommen, unter anderem mit der EU (seit August 2013 in Kraft)
                           sowie den USA, Kanada, Mexiko, der EFTA und Südkorea haben die lokale
                           Industrie unvorbereitet getroffen. Die verarbeitende Industrie ist stark vom
 Hohe Produktions-         Ölsektor abhängig und die F&E Quote ist relativ niedrig.
 kosten
                           Die Produktionskosten liegen weit über dem regionalen Durchschnitt,
                           teilweise sogar höher als in den USA und begünstigen dadurch Importe - vor
                           allem aus Asien - und erschweren die Exporte. Zusätzlicher Druck durch
                           Schmuggelware, hohe Energiekosten sowie einer mangelnden
 Einbruch bei              Verkehrsinfrastruktur mit hohen Transportkosten belasten die Industrie sehr.
 Auslandsinvestitionen
 von 45,4% im Vorjahr;     Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) sind im Zuge der COVID Krise 2020
 Erholung im 1.HJ 2021     um 45,4 % auf USD 7,64 Mrd. eingebrochen. FDI-Hauptsektoren: Finanz und
                           Versicherung (28 %-Anteil), Kommunaldienstleistungen (13 %), Erdöl
                           (12 %), Bergbau (12 %), Handel, Hotel- und Gastgewerbe (11 %), Elektrizität,
                           Wasser, Gas (10 %), verarbeitende Industrie (8 %) sowie Bauwirtschaft (4 %).
                           Haupt-Investorenländer: USA (27 %-Anteil), Spanien (24 %), Niederlande
                           (15 %), British Virgin Islands (10 %), Schweiz (9 %), Kanada (8 %), GB (5 %) und
                           Chile (4 %). Im ersten Halbjahr 2021 flossen gegenüber 2020 wieder um 12,1%

                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Arbeitslosigkeit auf       mehr Direktinvestitionen nach Kolumbien, wenn man den Erdöl- und
hohem Niveau,              Bergbausektor (USD 949 Mio.) ausklammert.
wirtschaftliche
Erholung bringt            Trotz der wirtschaftlichen Erholung hielt sich die Arbeitslosigkeit schon vor
Beschäftigungsschub        der COVID Pandemie auf einem knapp zweistelligen Niveau; zur Jahresmitte
                           schoss sie dann kurzzeitig in die Höhe und betrug im August des Vorjahres
                           16,8%. Von den 20,7 Mio. Beschäftigten sind 20 % im Bereich Handel, 16 % im
                           Bereich Agrar- und Fischwirtschaft, 11 % in der Industrie, 10 % im Bereich
                           kommunale und soziale Dienstleistungen, 8 % im Kunst- und Sportbereich, 8
                           % im Hotel- und Gastgewerbe und jeweils 7 % im Transportsektor sowie in der
                           Bauwirtschaft tätig. 48 % der Beschäftigten sind im informellen Sektor tätig.
Inflation mehr als         Die wirtschaftliche Erholung im ersten Halbjahr 2021 brachte einen
verdoppelt; Leitzinssatz   Beschäftigungsschub und drückte die Arbeitslosenziffer im August auf 12,3 %.
bei 2 %; Währungs-
schwankungen               Die kolumbianische Notenbank hatte es seit Anfang 2018 geschafft, die
                           Inflation unter Kontrolle und innerhalb der Zielbandbreite von 2 % - 4 % zu
                           halten. Auf Grund des Wirtschaftseinbruchs lag der Konsumentenpreisindex
                           Ende 2020 bei 1,6 %. Die Zentralbank hatte den Leitzinssatz zur Stimulierung
                           der Wirtschaft seit März 2020 von 4,25 % in mehreren Schritten bis Ende
                           September auf 1,75 % reduziert. Per Oktober 2021 wurde dieser wieder auf 2 %
                           angehoben. Damit soll dem starken Inflationsdruck (4,33%) im laufenden Jahr
                           entgegengewirkt werden. Die Teuerung kommt insbesondere von
                           Nahrungsmitteln und Getränken, sowie Gastronomie und Hotellerie. Die
                           Währung unterliegt trotz eines gestiegenen Ölpreises (Korrelation) starken
                           Schwankungen. Ursache dafür sind ein gestärkter US-Dollar sowie das
                           grundsätzliche Misstrauen gegenüber Emerging Markets in Krisensituationen.
                           Zu Jahresende wies der Peso gegenüber dem USD eine Abwertung von 4,7 %
                           auf. Allein im ersten Quartal 2021 erfolgte ein weiterer Wertverlust in Höhe
Export-Einbruch von        von 7,2 %. Das Anziehen der Zinsschraube und der Zufluss von FDI haben aber
21,4 % im Vorjahr;         seit Oktober den Peso wieder gestärkt.
kräftige Erholung im
laufenden Jahr             Die Gesamtexporte sind durch die COVID-19 bedingte, geringere
                           Auslandsnachfrage sowie gesunkene Rohstoffpreise im Vorjahr um 21,4 % auf
                           USD 31,1 Mrd. eingebrochen. Der Export von Öl und Ölderivaten (28%
                           Exportanteil) ist durch die geringere Nachfrage sowie den niedrigeren Ölpreis
                           um Besorgnis erregende 45,2 % eingebrochen; Die Exporte der verarbeitenden
                           Industrie (22 % Exportanteil): -16,2 %; Der Ausfuhrwert von Steinkohle (13 %
                           Exportanteil): -26,5 %; Lediglich der Agrarsektor (25 % Exportanteil – v.a.
                           Kaffee, Blumen, Bananen, Palmöl) konnte um 6,9 % zulegen. Haupt-
                           exportländer: USA (29 %), EU (12 %), China (9 %), Andengemeinschaft (8 %),
                           MERCOSUR (6 %), Ecuador (5 %). In den ersten 8 Monaten des laufenden
                           Jahres stiegen die Exporte um 22,5% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das
                           Plus stammt in erster Linie von den gestiegenen Exporten von Öl und
                           Ölderivaten, die knapp die Hälfte der Gesamtexporte ausmachten. Aber auch
                           die Exporte der verarbeitenden Industrie, Steinkohle sowie der Agrarsektor
Import-Rückgang von        (insbesondere Kaffee) tragen zur Erholung bei. Das Ergebnis liegt aber immer
17,5 % 2020; Plus von      noch -7,2% unter den Zahlen von 2019.
28,9% in den ersten 7
Monaten 2021               Die Importe Kolumbiens sind im Vorjahr 2020 als Konsequenz der COVID Krise
                           um 17,5 % auf USD 43,5 Mrd. gesunken. Hauptlieferanten mit Importanteilen:
                           USA (24 %), China (24 %), EU (14 %), MERCOSUR (8 %), Mexiko (7 %), Brasilien
                           (6 %), Andengemeinschaft (4%). Importstruktur: 44 % Rohstoffe/ Vormaterial,
                           31 % Industriemaschinen/Transportanlagen und 25 % Konsumgüter. Die
Leistungsbilanzdefizit     kräftige Erholung der Importe im laufenden Jahr stammt in erster Linie von
bei 3,4 %; Auslands-       Maschinen und Fahrzeugen (+30,9%) sowie chemischen Produkten (+35,7%).

                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6

kolumbianer steuern
USD 6,9 Mrd. bei         Das Leistungsbilanzdefizit hat sich von 4,4 % des BIP (2019) auf 3,4 % für 2020
                         deutlich reduziert und wird für heuer wahrscheinlich gleichbleiben. Einen
                         positiven Beitrag zur Leistungsbilanz leisten die im Ausland lebenden
                         Kolumbianer (4,7 Mio.), welche im Vorjahr USD 6,9 Mrd. (+ 1,8 %) ihres
                         Arbeitseinkommens in ihre Heimat überwiesen haben (48 % aus den USA,
                         22 % aus Lateinamerika und 16 % aus Spanien). Auf Grund eines IWF-Kredits
Auslandsverschuldung     von USD 5,4 Mrd. sind die Devisenreserven im Vorjahr um USD 5,8 Mrd. auf
bei USD 155,0 Mrd.       USD 59,0 Mrd. angestiegen.

                         Die Auslandverschuldung Kolumbiens ist von 42,7 % des BIP (Ende 2019) auf
                         55,4 % per Ende 2020 gestiegen und erreichte USD 155,0 Mrd. 58 % der
                         Auslandsschulden entfallen auf den öffentlichen Sektor und lediglich 14 %
                         weisen eine Tilgungsfrist bis zu einem Jahr auf. Die Regierungen hielten sich
                         seit Jahren an die sogenannte Fiskalregel mit Obergrenzen für das
Wirtschaftsregionen      Budgetdefizit. In Folge der COVID-19 Krise wurde diese für die Jahre 2020-21
Kolumbiens               suspendiert; im Vorjahr erreichte das Budgetdefizit 7,6 %.

                         Wichtigste Wirtschaftsregionen Kolumbiens mit jeweiligem Anteil am
                         nationalen BIP: Hauptstadtregion Bogota 32 %, Antioquia mit Medellín 14%,
                         Valle del Cauca mit Cali 10%, Santander mit Bucaramanga 6 %, sowie die
                         Bundesstaaten Atlantico, Bolivar und Meta mit jeweils 4 %. In diesen Regionen
                         sowie Risaralda liegt der Anteil der Armen unter dem nationalen Durchschnitt
                         von 34,1%, während in Regionen wie Córdoba, Cauca und Chocó (an der
                         Pazifikküste) die Armut bei über 60% liegt.

2. Besondere Entwicklungen

COVID-19 Krise: rasche   COVID-19 Krise: Die Regierung unter Präsident Duque hat relativ früh und
Reaktion der Regierung   energisch auf diese Gesundheitskrise reagiert. Am 17.3.2020 wurde der
                         Notstand ausgerufen und in Folge wurden sehr strenge
                         Quarantänemaßnahmen mit Ausgeh- und Verkehrssperren, ein Lock-Down
                         der Wirtschaft sowie ein totaler Einreisestopp (Landeverbot für internationale
                         Flüge) verhängt. Unter Einbindung der John-Hopkins-Universität wurden in
                         Folge laufend diverse Parameter analysiert und Maßnahmen, wie
                         Lockerungen für die Wirtschaft laufend adaptiert. Bis Ende September 2021
                         waren 126.178 COVID-Tote zu beklagen. Ein Drittel der Bevölkerung über 12
                         Jahre ist inzwischen vollimmunisiert, 42% haben die erste Teilimpfung
                         erhalten.
…und seit Sept. 2020
wieder neue Realität     Ende August 2020 wurde die landesweite Quarantäne aufgehoben und am 1.
mit schrittweisen        September begann „die neue Realität“. Diese brachte eine Reaktivierung
Lockerungen              sämtlicher Wirtschaftsbereiche (Ausnahme Nachtgastronomie), aber mit
                         entsprechenden Biosicherheitsmaßnahmen, Schutzmaskenpflicht außerhalb
                         der eigenen Wohnräumlichkeiten und Empfehlung zum Home-Office-Betrieb,
                         sofern die Distanzempfehlungen nicht eingehalten werden können. Der
                         sanitäre Notstand wurde etappenweise bis 30.11.2021 verlängert. Der
                         Flugverkehr wurde ab Anfang Sept. 2020 schrittweise reaktiviert. Kolumbien
                         verlangt bei der Einreise derzeit nur eine online-Registrierung, allerdings
                         keinen PCR-Test.
COVID-19
Hilfsmaßnahmenpaket      Das COVID-19 Hilfsmaßnahmenpaket zur Eindämmung der Pandemie sowie
                         zur Unterstützung und Reaktivierung der Wirtschaft umfasste u.a. zusätzliche
                         Ausgaben für den Gesundheitssektor in Höhe von USD 1,5 Mrd.,

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                          Direktzahlungen an die ärmsten Bevölkerungsschichten, erweiterte
                          Kreditlinien für KMU´s und Übernahme von 40 % des Mindestlohns pro
                          Arbeiter/Angestellten bei Umsatzeinbrüchen von über 20 %. Die Regierung
                          hat Mitte Februar mit dem COVID Impfprogramm begonnen und bis Ende 2021
                          sollen 65 % der Bevölkerung geimpft sein.

Demonstrationen           Die Amtszeit Präsident Duques war vor der COVID-19 Krise von
prägen die Amtszeit von   Demonstrationen diverser Gesellschaftsgruppen infolge geplanter
Präsident Duque           Einsparungen/Reformen geprägt. Die Wirtschaftskrise mit hoher
                          Arbeitslosigkeit und geplanter Steuerreform haben von April bis August zu
                          landesweiten Protesten mit gewaltsamen Ausschreitungen und einer
                          Lähmung der Wirtschaft geführt. Auch die Vorausscheidung für die
                          Präsidentschaftswahlen Ende Mai 2022 ist schon in vollem Gange.

Regierung plant           Die Regierung musste die ursprünglich geplante Steuerreform zur Entlastung
Steuerreform; ISA wird    des Staatshaushaltes aufgrund der Proteste im April zurücknehmen. Dabei
teilprivatisiert          sollten diverse Steuererleichterungen bzw. –ausnahmen gestrichen werden.
                          Im August des Jahres wurde dann eine modifizierte Steuerreform
                          beschlossen, die mit 2022 in Kraft treten wird. Das Elektrizitätsunternehmen
                          ISA wurde durch den Verkauf an ECOPETROL teilprivatisiert, wodurch USD 3,7
                          Mrd. in die Staatskasse flossen.

Angespannte               Sicherheitspolitisch ist die Lage Kolumbiens weiterhin angespannt. Die
Sicherheitslage           Umsetzung des Friedensabkommens mit der früheren Guerilla-Gruppe FARC
                          (nunmehr politische Partei mit für eine Legislaturperiode garantierten
                          Parlamentssitzen) scheint zwar nicht gefährdet, allerdings gibt es immer
                          wieder Rückschläge. Ein Friedensabkommen mit der zweiten Guerilla-Gruppe
                          ELN ist in der derzeitigen Legislaturperiode unwahrscheinlich und die
                          staatliche Ölfirma ECOPETROL ist immer wieder Anschlagsziel. In
                          bestimmten ländlichen Gegenden ist die Sicherheitssituation durch die
                          Aktivitäten von FARC-Dissidenten, ELN, Drogenkartellen und Paramilitärs mit
                          Machtkämpfen um Drogenhandel und illegalen Goldabbau sehr angespannt
                          und von Morden an Gewerkschaftsführern und Sozialaktivisten gezeichnet.

Schwierige Situation      Die Beziehungen zum Nachbarn Venezuela sind angespannt durch Sanktionen
mit Nachbarland           der USA, Anerkennung des Interimspräsidenten JUAN GUAIDO und nicht
Venezuela                 zuletzt durch Operationen von Guerilla-Gruppen im Grenzgebiet. Kolumbien
                          hat seit 2015 über 1,8 Mio. Venezolaner aufgenommen, was nicht nur das
                          Budget belastet, sondern auch Druck auf den Arbeitsmarkt bedeutet. Die
                          Regierung kündigte kürzlich eine Regulierung des Status der Immigranten an.

Infrastruktur             Der Masterplan 2015-2035 soll mit einem Projektvolumen von USD 61,3 Mrd.
Masterplan 2015 – 2035    die gesamte Verkehrsinfrastruktur des Landes integrieren. Es umfasst 29
                          Autobahnprojekte (Gesamtlänge über 7.000 km) mit Investitionen von rund
                          USD 12,0 Mrd. Ziel ist es, die Konsum- und Produktionszentren Bogotá,
                          Medellín und Cali besser mit den Häfen an der Pazifik- und Atlantikküste zu
                          verbinden. Die Einweihung des problembehafteten Tunnelbauprojektes „La
                          Línea“ (Verbindung durch die Zentral-Kordilleren) erfolgte Anfang September.

Metro Bogota              Das wohl älteste Projekt im öffentlichen Verkehrswesen in Kolumbien ist die
                          Metro von Bogota, wobei man sich nach mehreren Anläufen für eine
                          Hochbahn entschied. Das Projektvolumen der ersten Metro-Linie liegt bei
                          EUR 3,8 Mrd., 70 % werden vom Staat und 30% von der Stadt Bogota
                          übernommen und Ende Oktober 2019 erhielt ein chinesisches Konsortium den
                          Zuschlag. Die geplante Fertigstellung wurde von 2025 auf 2028 verschoben.

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 Ausbau des                Die staatlichen Verkehrssysteme sind in Kolumbien generell veraltet und
 Eisenbahnnetzes           ineffizient, wobei sich dies ändern soll. Die Ausschreibung für den
                           „REGIOTRAM DE OCCIDENTE“ – einen Regionalzug zwischen Facatativá
                           (Bundesstaat Cundinamarca) und Bogotá mit einem Projektvolumen in Höhe
                           von USD 455 Mio., 17 Stationen und einer Länge von 40 km wurde Ende
                           Dezember 2019 an die China Civil Engineering Construction Corporation
                           vergeben. Die Fertigstellung ist für Ende 2023 vorgesehen. Weiter sollen 524
                           Km der Eisenbahnlinie La Dorada – Chiquinquira (entlang des Magdalena
                           Flusses) erneuert werden. Die staatliche
                           Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft FDN stellte USD 3 Mio. für
                           Machbarkeitsstudien zur Verfügung.
 Verbesserung der
 urbanen Mobilität         In Bogota-Soacha werden die Phasen II und III des Transportsystems
                           Transmilenio (Bussystem) geplant. Durch die Phase I werden täglich 100.000
                           Passagiere befördert; durch die Erweiterung sollen die Tageskapazität auf
                           über 400.000 Personen erweitert werden. Weiter sind neue Verkehrs-
                           Ampelsysteme in den Städten wie Popayan, Ibagué, Valledupar und Armenia
                           geplant. Die Systeme von Bogota und Cali werden gerade modernisiert,
                           teilweise mit österreichischer Technologie.
 Energiesektor mit
 neuen Chancen             Das größte geplante Wasserkraftwerk Kolumbiens Hidroituango mit einer
                           Stromerzeugungs-Kapazität von 2,4 GW hat enorme technische Probleme
                           (Unglück durch Einsturz eines Umgehungstunnels) und es kommt zu
                           beträchtlichen und langfristigen Verzögerungen. Durch dieses Energiedefizit
                           ergeben sich eine ganze Reihe von neuen Chancen im Energiesektor
                           Kolumbiens. Kleinwasserkraftwerke, Windparks, Solar- und thermische
                           Anlagen sollen das Defizit ausgleichen. Für 2022 wird eine Stromerzeugungs-
                           Kapazität von 2.200 MW an erneuerbarer Energie angestrebt.
 Freihandelsabkommen
 mit EU bietet             Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kolumbien bietet
 einfacheren               österreichischen Exporteuren einen verbesserten Marktzugang. Beim Export
 Marktzugang für österr.   von Maschinen und Anlagen bestehen praktisch keine Zölle mehr, EU-
 Produkte                  Unternehmen sind bei öffentlichen Ausschreibungen gleichgestellt und im
                           phyto-sanitären Bereich haben die kolumbianischen Sanitätsbehörden das
                           österreichische Inspektionssystem anerkannt, womit heimische
                           Unternehmen relativ problemlos Milch, Milchprodukte sowie bestimmte
                           Fleischwaren nach Kolumbien exportieren können.

3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

 Stark diversifizierte     Österreichs Exporte nach Kolumbien sind stark diversifiziert und haben sich in
 Exportstruktur,           den letzten Jahren gut entwickelt, was auf das Freihandelsabkommen EU-
 Exporteinbruch durch      Kolumbien sowie auf die gestiegene Marktbearbeitung durch ö. Unternehmen
 COVID-Krise, aber         zurückzuführen ist. Allerdings ist es, COVID-19 bedingt, 2020 zu einem
 signifikante Erholung     Exporteinbruch in Höhe von 30,5 % auf EUR 89,9 Mio. gekommen. Die
 vor dem Sommer            wirtschaftliche Erholung und schrittweise Normalisierung im ersten Halbjahr
 (+20,1%)                  2021 haben jedoch ein Plus von 20,1% gegenüber dem Vorjahr gebracht.

                           Die Produktgruppe Chemische Erzeugnisse (Medizin und pharmazeutische
                           Erzeugnisse, Insektizide und Kunststoffe) mit einem Exportanteil von 37 %
                           musste 2020 einen Rückgang in Höhe von 6,0 % hinnehmen, konnte aber bis Juni
                           2021 mit +16,4 % zur Erholung beitragen; der dominierende Sektor
                           Maschinenbau-erzeugnisse und Fahrzeuge (Beförderungsanlagen, Maschinen

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                           für die Kunststoffindustrie, für die Landwirtschaft sowie für die Textil- und
                           Lederindustrie, Heiz/Kühlgeräte, Büro/EDV-Maschinen, Stromrichter,
                           Elektroschalter, PKWs und Motorräder) mit einem Exportanteil von 34 %
                           verzeichneten im Vorjahr ebenfalls einen starken Einbruch von 37,5 %, erholte
                           sich aber zum Teil mit +10,3 % im ersten Halbjahr; der Export Bearbeiteter
                           Waren (Papier und Pappe, Metallwaren und Magnesiumabfälle,
                           Feuerfestmaterial und Glaswaren, Aluminium, Faserplatten und Furniere, Eisen
                           und Stahl) mit einem Exportanteil von 18 % brach mit 43,1 % noch stärker ein,
                           drehte aber im 1.HJ 2021 mit +21,9 % stärker ins Plus ; nennenswert ist noch der
                           Export von Mess-, Prüf- und Analysegeräten, Spielautomaten, orthopädischen
                           Apparaten, alkoholfreien Getränken sowie Tierfutter.

Importe: Einbruch 2020     Die Importe aus Kolumbien sind sehr ausbaufähig, wenig diversifiziert und es
von 16,9 % und wenig       zeigt sich auch, dass Kolumbien den verbesserten Marktzugang durch das EU-
diversifiziert; Weiteres   Freihandelsabkommen nicht in vollem Umfang nützen konnte; COVID-19 bedingt
Minus von -8,5 % im        sind die Importe im Vorjahr um 16,9 % auf EUR 38,2 Mio. gesunken; auf Bananen
1.HJ. 2021                 entfielen 68 % der Importe, auf sonstiges Gemüse und Früchte 13 % und auf
                           Kaffee 5 %. Nennenswert ist noch der Import von Düngemitteln und sonstigen
                           Fertigwaren. Im ersten Halbjahr 2021 konnten die kolumbianischen Lieferungen
                           nach Österreich das Minus des Vorjahres nicht wettmachen, sondern gingen um
                           weitere -8,5 % zurück. Das Minus von -21 % bei Bananen konnten die
                           gestiegenen Düngemittelimporte nicht ausgleichen.

Kolumbien als Hub für      Die Zahl der österreichischen Niederlassungen in Kolumbien belief sich per Ende
Südamerika                 2020 auf 35. Immer mehr Firmen wählen Kolumbien als Standort und Hub für
                           Ihre Aktivitäten in Lateinamerika, vor allem für die Andenregion.

Marktchancen in vielen     Obwohl es derzeit COVID-19 bedingt zu Exporteinbrüchen gekommen ist,
Bereichen                  bestehen mittel- und langfristig Marktchancen für österreichisches Know-how,
                           Dienstleistungen sowie Maschinen und Anlagen in erster Linie in den Bereichen
                           Energiewirtschaft, Bergbau und Medizin.

Ausbau der                 Umfassende Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sowie im Bereich Urban
Infrastruktur              Technologies versprechen ebenfalls gute Geschäftschancen in Kolumbien; aber
                           auch bei Beratung und Engineering, Umwelttechnologie und Erneuerbare
                           Energien gibt es Nachholbedarf und ist zukünftig ebenfalls mit einer stärkeren
                           Nachfrage zu rechnen.

Neue Geschäftschancen      Im Zuge des Friedensprozesses wird es aber mittelfristig vor allem bei
für österr. Firmen         Tourismus-Know & Infrastruktur sowie in der Agrarwirtschaft enorme
                           Marktchancen geben - österreichische Unternehmen sollten sich daher schon
                           jetzt entsprechend positionieren.

Arbeits-Schwerpunkte       Für 2021 liegt der Arbeitsschwerpunkt des AußenwirtschaftsCenters Bogota in
                           den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Schiene, Urban Technologies sowie
                           Umwelttechnologie.

                           Nähere Details zu den geplanten Veranstaltungen in Kolumbien finden Sie unter
                           wko.at/aussenwirtschaft/co

                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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