AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT LIBANON
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2 Eine Information des AußenwirtschaftsCenters Amman Wirtschaftsdelegierter Mag. Herwig Neuper T +962 6 59 38 400 E amman@wko.at W wko.at/aussenwirtschaft/lb Head Office Mag. Martin Woller T 05 90 900-4389 E aussenwirtschaft.afrikanahost@wko.at fb.com/aussenwirtschaft twitter.com/wko_aw linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria youtube.com/aussenwirtschaft flickr.com/aussenwirtschaftaustria www.austria-ist-ueberall.at Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikro- film oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich - AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen gestattet. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Wirtschaftskammer Österreich - AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA DER WKÖ Offenlegung nach § 25 Mediengesetz i.d.g.F.: Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH / AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Redaktion: AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER AMMAN, T +962 6 5938 400 E amman@wko.at, W wko.at/aussenwirtschaft/jo Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3 AUSSENWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT Libanon (1. Halbjahr 2021) • Entwicklung des Bruttoinlandsprodukt 2020: -20,3%; Prognose für 2021: -11,9% • Politische Instabilität, COVID-19 und Explosion in Beirut wirken sich negativ auf das Wirt- schaftswachstum aus • Weiterhin bis zu 1 Mio. syrische und palästinensische Flüchtlinge im Land • Nach einem Einbruch österreichischer Exporte um 63,6% im 1.Halbjahr 2020, erholten sich die Ausfuhren im 1. Halbjahr 2021 wieder um +40,7% im Vergleich zur Vorjahresperiode. Wirtschaftskennzahlen 2018 2019 2020 Prognose Für 2021 Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. USD1 55,0 49,7 21,4 17,2 Bruttoinlandsprodukt/Kopf in US-Dollar2 15,961 15,157 12,281 11,277 Bevölkerung in Mio.3 6,9 6,9 6,8 6,7 Reales Wirtschaftswachstum in % 4 -1,9 -6,7 -20,3 -11,9 Inflationsrate in %5 6,1 2,9 84,9 130,1 Arbeitslosenrate in %6 k.A. 11.4 k.A. k.A. Wechselkurs Libanesische Pfund (LBP) zu USD; 1 USD = in LBP7 1.508 1.508 5,549 14,325 Warenexporte des Landes in Mrd. US-Dollar 3,5 4,5 4,3 4,4 Warenimporte des Landes in Mrd. US-Dollar 18,5 17,8 10,6 9,8 Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung:8 Rang 99 Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich 1. Halbjahr 2020 Veränderung 1. Halbjahr 2021 zum Vorjahr in % Österreichische Warenexporte in Mio. Euro 8,4 +40,7 11,8 Österreichische Warenimporte in Mio. Euro 1,6 +25,8 2,1 Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro9 11 -72,2 3 Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro10 3 -33,3 2 Österreichische Direktinvestitionen11, Stand: k.A. Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12: Stand: k.A. Direktinvestitionen aus LB in Ö13, Stand: k.A. Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus LB14: k.A. Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich: 89. Rang 1-5 Quelle: Economist Intelligence Unit – Country Report Lebanon August 2020 6 Quelle: Statistikamt Libanon 7 Quelle: lokale Nationalbank 8 Quelle: Weltbank 9-10 Quelle: Statistik Austria Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4 • 1. Wirtschaftslage Wirtschaftswachstum Im Jahr 2020 betrug das negative Wirtschaftswachstum des Libanon laut Econo- mist Intelligence Unit (EIU) geschätzte -20,3% und für das Jahr 2021 wird mit ei- nem Sinken des BIP um weitere 11,9% gerechnet. Das derzeitige negative Wachstum geht zurück auf die Unruhen, die im Oktober 2019 ausgebrochen sind und die darauffolgende politische Instabilität. Das Land befindet sich seitdem in einer Staatskrise. Es bleibt zu hoffen, dass das im September 2021 neu angetre- tene Regierungskabinett unter Premierminister Najib Mikati das Land aus der Krise führen kann. Mikati hat angekündigt, die Gespräche mit dem IWF wieder- aufnehmen zu wollen. Bevor die Verhandlungen mit dem IWF beginnen können müssen sich die Zentralbank, Geschäftsbanken und andere wichtige Player des Finanzsystems auf die genaue Verteilung der finanziellen Verluste einigen. Das Haushaltsdefizit belief sich im Jahre 2020 auf 3,4% des Bruttoinlandspro- duktes und für 2021 wird dies auf 4,5% geschätzt. Die Staatsverschuldung des Libanon ist laut Schätzungen des Economist Intelli- Staatsverschuldung gence Unit (EIU) zufolge 2020 auf ein Rekordhoch von 226 % des Bruttoinland- produktes gestiegen. Die Auswirkungen der weltweiten Verbreitung der COVID-19 Pandemie trifft auch die Wirtschaft des Libanons hart. Im Moment ist noch nicht abzusehen, wie Auswirkungen von groß der wirtschaftliche Schaden sein wird. COVID-19 und Explo- Besonders betroffen wird jedoch unter anderem der Tourismus sein, der eine sion in Beirut tragende Einnahmequelle des Landes war. Die heftige Explosion im Hafen von Beirut am 4.August 2020, durch die weite Teile Beiruts stark beschädigt wurden und mehr als 300.000 Menschen obdach- los machten, verschlimmern die wirtschaftliche Situation noch weiter. Der durch die Explosion entstandene Schaden wird auf über 8 Mrd. USD geschätzt. Die libanesische Zentralbank (Banque du Liban, BDL) ist eine der Schlüsselin- stitutionen des Landes. Riad Salameh leitet die BDL seit über 20 Jahren und ist Zentralbank behält damit einer der Stabilitätsanker. Kritische Stimmen meinen, dass die libanesi- Schlüsselposition sche Wirtschaft zu abhängig von der BDL sei. Die meisten Beobachter sehen je- doch einen positiven Einfluss in der beständigen Führung der Zentralbank. Sie hat sich als eine Konstante in dem volatilen Umfeld der libanesischen Innenpoli- tik erwiesen. Die Inflation lag in 2020 etwa bei 84,9% , was hauptsächlich auf die Wirtschafts-, Inflation auf Rekordni- Finanz- und Schuldenkrise zurückzuführen ist. Sie wird auch im Jahr 2021 mit veau einem prognostizierten Durchschnitt von 130,1 % extrem hoch bleiben. Schwer- wiegende Unterbrechungen der nationalen Stromversorgung in diesem Jahr wird voraussichtlich den Preis für die Stromerzeugung auf dem Schwarzmarkt bis ins Jahr 2022 hinein in die Höhe treiben und die Verschärfung der politischen Krise im Libanon dürfte die Spekulation auf den Devisenmärkten erhöhen. Die Bindung des Libanesischen Pfund an den US-Dollar und die Dollar-Einlagen bei Banken bleiben bis auf Weiteres aufrecht. Es ist aber zu erwarten, dass die Koppelung an den US- Regierung gezwungen sein wird diese Bindung abzuwerten, im Einklang der Dollar Konditionalität des IWF. Die Koppelung des libanesischen Pfunds an den US- Dollar bedeutet, dass die lokalen Zinssätze die US-Zinssätze verfolgen. Trotz der Ankündigung der US-Notenbank den Leitzins in einem 25-Punkte Pro- gramm zu senken, sind die Ausleihen- und Einlagensätze weiterhin erhöht. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5 Aufgrund der Krisensituation sind die Devisenreserven der libanesischen Zent- Währungsreserven ralbank stetig gefallen. Während diese im März 2020 noch bei 36,1 Mrd. USD la- gen, waren im Mai 2021 nur noch 22,1 Mrd. USD davon vorhanden. Die ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment) in den Liba- non stiegen im Jahr 2018 um 14% auf 2,88 Mrd. USD, im Jahr 2017 waren es FDI noch 2,52 Mrd. USD. Mehr als 70% der Auslandsinvestitionen wurden in Form von Immobilienanlagen getätigt. Laut UNCTAD sind die Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen im Jahr 2019 um 20% auf 2,1 Mrd. USD gesunken. Der Rück- gang war hauptsächlich auf politische Instabilität, makroökonomische Ungleich- gewichte und die Währungskrise zurückzuführen. 2020 ist der Wert der auslän- dischen Direktinvestitionen nach Angaben von UNCTAD etwa auf 3,1 Mrd. USD gestiegen. Die Anzahl der Libanesen im Ausland wird je nach Quelle auf 8-14 Millionen ge- Auslands- schätzt, wobei sich der größte Anteil davon in Brasilien aufhält. Schätzungen zu- Überweisungen folge tragen Überweisungen der Auslandslibanesen mit bis zu 14% zum BIP bei. schrumpfen Die Zuflüsse von Einlagen begannen im August 2019 jedoch deutlich auszu- trocknen. Das Vertrauen in das einst vertrauenswürdige und belastbare Bank- und Finanzsystem des Landes nahm bereits vor den beginnenden Unruhen im Oktober 2019 ab. Der Tourismus war bis vor der Krise einer der wichtigsten Wirtschaftszweige im Tourismussektor Libanon. Bis zum Oktober 2019 erlebte der Tourismus einen Aufschwung, vor leidet unter der Krise allem aufgrund von der im Februar 2019 aufgehobenen saudi-arabischen Reise- warnung. Die Zahl der saudischen Besucher stieg um 45%. Mit dem Ausbruch der Krise gingen die Zahlen aber schlagartig zurück. Durch die COVID-19 Pan- demie ist der Sektor komplett zum Erliegen gekommen. Eine Erholung des Tou- rismus wird stark mit der zukünftigen Situation des Landes zusammenhängen. Die libanesische Elektrizitätsversorgung beruht zu großen Teilen auf Importen, da das Land über eingeschränkte Kapazitäten verfügt Strom selbst zu generie- Elektrizitätsversor- ren. Nach erfolglosen Anläufen in den letzten Jahren das Elektrizitätswesen im gung weiterhin Libanon zu sanieren, sollen nun neue Kapazitäten geschaffen werden. unzureichend Die fehlenden Erzeugungskapazitäten werden auf rund 1,5 Gigawatt geschätzt. Die Kraftwerke haben derzeit nur etwas mehr als 2 Gigawatt an verfügbarer Ka- pazität während die nachgefragte aber nicht bediente Spitzenlast 2018 auf 3,45 Gigawatt taxiert war. Verluste des staatlichen Monopolversorgers Electricité du Liban (EDL) aufgrund nicht kostendeckender Strompreise beliefen sich 2018 auf 1,8 Mrd USD und mussten durch den Staatshaushalt ausgeglichen werden. Sie stellten mit 31% den größten Faktor des staatlichen Haushaltsdefizits dar. Die alten, ineffizienten Kraftwerke des Landes tragen zu den hohen Betriebskosten bei. Fast 34% des Stroms geht durch „technische Verluste“ wie Netzausfälle und „nichttechnische Verluste“, einschließlich Diebstahl, verloren. Der Zustrom syrischer Flüchtlinge seit 2012 hat laut Energieministerium eben- falls zu einem Mehrverbrauch von rund 500 MW beigetragen. Die erwartete Lö- sung des Problems wurde von wirtschaftlichen Akteuren blockiert, die ein Inte- resse am Status quo haben. Teil von diesem Problem sind private Betreiber, die bei Ausfall des Netzes mit Generatoren als Ersatzversorgung einspringen. Sol- che Ausfälle dauern in der Regel 3 bis 17 Stunden. Etwa 85% der libanesischen Haushalte sollen Strom von privaten Generatorbetreibern beziehen. Seit der Explosion am Beiruter Hafen hat sich im ganzen Land die Stromversor- gung, allem voran durch die immer schwieriger werdende finanzielle Situation, extrem verschlechtert. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6 Die türkische Firma Orhan Bey hat, aufgrund von Zahlungsverzug, die Elektrizi- tätsversorgung innerhalb von 7 Monaten zweimal unterbrochen. Zuletzt führte der Mangel an Treibstoff in den wichtigsten Kraftwerken des Lan- des zu einem flächendeckenden Zusammenbruch des Stromnetzes. Nachbarländer wollen Im August diesen Jahres haben sich Ägypten, Jordanien und Syrien darauf geei- Libanon mit Gas ver- nigt dem Libanon unter die Arme zu greifen: Innerhalb der nächsten Monate soll sorgen ägyptisches Gas durch Jordanien und Syrien in den Libanon geliefert werden. Der Libanon hat auch eine Vereinbarung mit dem Irak getroffen um Treibstoff für die Erzeugung mehrerer Stunden Strom pro Tag zu sichern. Jordanien will den Li- Darüber hinaus erklärte sich Jordanien Anfang Oktober 2021 bereit, den Liba- banon mit Strom ver- non über Syrien mit Strom zu versorgen. Jordanien und Syrien haben vereinbart sorgen in einem ersten Schritt die Stromleitung zwischen den beiden Ländern wieder in Betrieb zu nehmen um zumindest einen Teil des Strombedarfs zu decken. Jor- danien hofft dabei den Libanon bis Ende des Jahres mit Strom versorgen zu können. Seit der Schließung von Libanons größter Mülldeponie im Jahr 2015, kam es im- Herausforderung Müll mer wieder zu Protesten aufgrund der sich angesammelten Müllmengen. Nach wie vor wird Müll nicht nur in den verbleibenden Mülldeponien und Lager- stätten entsorgt, sondern auch in Brand gesetzt, in Gewässer entladen oder provisorisch deponiert bzw. vergraben. Die Regierung hat im August 2019 erste Schritte gegen das Müllproblem einge- leitet. Es wurde ein Dekret über eine obligatorische Mülltrennung verabschie- det. In diesem Dekret wird die Verantwortung den Gemeinden übertragen, de- nen jedoch finanzielle Mittel fehlen. Zurzeit wird nur 6% des Mülls des gesam- ten Landes sortiert, in den nächsten 10 Jahren sollen es bis zu 22% sein. Das Außenhandelsdefizit ist enorm und belastet die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erheblich, nach Schätzungen wird es sich in nächster Zeit nur wenig Außenhandelsdefizit verringern. Die weitere Eindämmung des Konflikts in Syrien würde zu einer Verbesserung der Exportleistung des Libanon beitragen. Eine stärkere Binnennachfrage zu- sammen mit höheren Ölpreisen in den Jahren 2021- 2024 werden die Import- kosten weiterhin hochhalten. Das Defizit im Warenhandel wird auch weiterhin hoch bleiben, da die Importaus- gaben die Exporterlöse auch zukünftig in den Schatten stellen werden. Der Libanon importiert den Großteil seiner Konsum- und Kapitalgüter aus China (10,9%), Italien (8%), Griechenland (7%), Deutschland (6,2%) und den USA (5%). Ungefähr 70% der libanesischen Importe kommen durch den Hafen Beirut ins Land, knapp 21% durch den Flughafen Beirut, 7% durch den Hafen in Tripoli und die restlichen 1% durch den Hafen in Saida. In den Export gehen u. a. Nahrungsmittel, chemische Erzeugnisse, Schmuckwa- ren, Textilien, Maschinen und Elektrogeräte sowie Erzeugnisse der metallverar- beitenden Industrie. Nach der Explosion am Hafen Beiruts mussten die kleineren Häfen des Landes, wie jener von Tripoli sowie Tyros für die Ankunft der ankommenden Schiffe als Ausweichmöglichkeit dienen. Nicht nur dies, auch die geringere Kapazität die- ser Häfen führte zu einer Verspätung der importierten Waren. Flüchtlinge belasten Nach Schätzungen entstehen für den Libanon jährlich Mehrkosten von ca. 1-2 Staatshaushalt schwer Mrd. USD als direkte Folge der Aufnahme syrischer Flüchtlinge. Der Libanon braucht für die kommenden drei Jahre umgerechnet knapp 1,9 Mrd. EUR um die Folgen des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien zu bewältigen. Millionen Flüchtlinge müssen mit Nahrungsmitteln, Strom und Schulbildung versorgt Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7 werden. Dazu kommt, dass durch das Übergreifen der Kämpfe auf den Libanon und der Beteiligung von Libanesen im syrischen Bürgerkrieg ein schmerzhafter Rückgang der Einnahmen aus dem Tourismus zu verzeichnen ist. Jeder dritte Libanese zwischen 15 und 34 ist arbeitslos, was das Gesundheitswesen, die Bil- dung und das Sozialsystem massiv beeinträchtigt. Schon jetzt lebt eine Million Libanesen in Armut. Die Weltbank erwartet, dass durch die schlechten wirt- schaftlichen Perspektiven 170. 000 weitere Personen unter die Armutsgrenze rutschen könnten. Laut Statistik von UNHCR (Flüchtlingswerk der VN) waren mit 16. März 2020 910, 256 registrierte Flüchtlinge in Folge des Syrienkonflikts im Libanon, aller- dings ist von einer deutlich höheren Zahl auszugehen, da keine Registrierungs- pflicht beim UNHCR oder anderen Stellen besteht. Von libanesischer Seite wird die Zahl auf 1,5 Millionen Menschen geschätzt, bei einer geschätzten Gesamtbe- völkerung von ca. 6 Millionen Menschen – damit nimmt der Libanon im Verhält- nis zu seiner Einwohnerzahl weltweit am meisten Flüchtlinge auf. Die libanesische Regierung will die Rückführung syrischer Flüchtlinge schnellstmöglich vorantreiben und hofft dabei auf Unterstützung von Seiten Sy- riens, die es der vertriebenen Bevölkerung ermöglichen soll sich wieder einzu- gliedern. Auf der Syrien Konferenz Mitte März 2019 in Brüssel versicherte die internatio- nale Gemeinschaft, dass 7 Mrd. USD an Hilfsgeldern in die Region fließen wer- den. • 2. Besondere Entwicklungen Mit der Regierungsbildung Ende Jänner 2019 wollte man den Grundstein für ein Ausbruch von Antire- politisch stabileres Umfeld schaffen. Der damit verbundene, erhoffte wirtschaft- gierungsprotesten im liche Aufschwung blieb bis zum Oktober 2019 aus. Von der Regierung beschlos- Oktober 2019 sene Steuererhöhungen und u.a. die nach wie vor desolate Infrastruktur und Mängel in der Stromversorgung führten Mitte Oktober 2019 zum Beginn von landesweiten Massenprotesten gegen die Sparpolitik der Regierung. Aus der Sicht der Protestierenden wurde die Führung des Landes als korrupt empfun- den und der Ruf nach einem Rücktritt der Regierung und Neuwahlen wurden Hariri tritt zurück laut. Ende Oktober trat der damalige Ministerpräsident Saad Hariri zurück. Die Proteste hielten an. Die Demonstranten forderten eine neue Regierung losge- löst von Religionszugehörigkeit und Ethnie. Nach anhaltenden landesweiten Massenprotesten und einer monatelangen Verzögerung kam es im Libanon am Auch Hassan Diab tritt 21. Jänner 2020 schließlich zu einer Regierungsbildung mit Hassan Diab als nach 7 Monaten ab neuen Ministerpräsidenten. Nach nicht einmal sieben Monaten trat am 10. Au- gust 2020, sechs Tage nach der folgeschweren Explosion in Beirut auch Diab’s Regierung wieder zurück. Explosion am Hafen Die tragische Explosion am 4. August 2020 im Hafen der libanesischen Haupt- Beiruts im August stadt war ein schwerer Schlag für das kleine Land, das vorher schon von einer 2020 verursacht Schä- politischen und finanziellen Krise, einer abwertenden Währung und der Covid- den in Milliardenhöhe 19-Pandemie heimgesucht worden war. Die Weltbank schätzt, dass die Explosion Schäden an Gebäuden und Infrastruk- tur in Höhe von 4,6 Mrd. USD verursachte. Andere Verluste, einschließlich der Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung des Landes, werden mit weiteren 3,5 Mrd. USD beziffert. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8 Neue Regierung seit Am 31. August 2020 ist Mustapha Adib zum neuen Premierminister ernannt September 2021 worden. Eine Regierungsbildung hätte bis 15. September 2020 stattfinden sol- len, ist aufgrund des Portfolios des Finanzministeriums gescheitert, woraufhin auch Adib dem Amt des Ministerpräsidenten den Rücken kehrte. Schlussendlich wurde nach 13 Monaten ohne Regierung im Juli 2021 der ehemalige Premiermi- nister Najib Mikati von Präsident Aoun wieder ernannt. Nach langen Diskussio- nen hat es dieser geschafft im September diesen Jahres ein 24-köpfiges Kabi- nett auf die Beine zu stellen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Regierung unter massiven, internationalen Druck geraten wird um Wirtschaftsreformen einzuleiten, sicherzustellen, dass die Parlamentswahlen 2022 wie geplant stattfinden und um die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds wieder aufzunehmen. • 3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich Exporte steigen im Im ersten Halbjahr 2021 beliefen sich die Exporte in den Libanon auf 11,83 Mio. ersten Halbjahr um EUR und verzeichneten ein Plus von 40,7% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. 40,7% Hauptexportprodukte Österreichs in der ersten Jahreshälfte 2021 waren pharma- Österreichische zeutische Erzeugnisse in Höhe 2,95 Mio. EUR, die um 27,9% verglichen mit der Exportwaren Vorjahresperiode gestiegen sind. Gefolgt von Getränken, die sich auf etwa 2 Mio. EUR beliefen. An dritter Stelle liegen diverse mechanische Geräte im Wert von rund 1,4 Mio. EUR, welche einen Anstieg von 127 % verzeichneten. Auch Importe aus dem Verglichen mit dem Vorjahr sind die Importe aus dem Libanon im ersten Halb- Libanon steigen im jahr 2021 um 25,8% gestiegen. Österreich importierte in den ersten sechs Mo- ersten Halbjahr wie- naten Waren im Wert von 2,1 Mio. EUR. Ein Großteil der Importe gehen auf den der Import von Mägen und Därmen von Tieren in der Höhe von 1,6 Mio. EUR zurück. an Der Rest teilt sich auf eine Vielzahl an Waren auf, zu denen Kaffee, Zuckerwaren sowie Textilien gehören. Geschäftschancen Für österreichische Unternehmen bieten sich Geschäftschancen vor allem im Bereich Umwelttechnik und Erneuerbare Energie. Insbesondere im öffentlichen Sektor haben die Branchen Elektrizitätswirtschaft, Wasserwirtschaft und die Abfall- und Abwasserbehandlung Potential für österreichische Unternehmen. Service-Angebot des Das AußenwirtschaftsCenter Amman organisiert jedes Jahr Wirtschaftsmissio- AußenwirtschaftsCen- nenen, Austria Showcases und Ausstellungen auf Messen. Auskünfte zu den ter Amman nutzen Veranstaltungen erhalten Sie gerne von uns. Für Fragen zu Marktgrundlagen, zum Markteintritt, rechtliche oder steuerliche Fragen und zur Vertriebspartnersuche steht unser Team jederzeit gerne zur Verfügung. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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