AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT LETTLAND

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AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT LETTLAND
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AUSSEN
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSBERICHT
LETTLAND

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER RIGA
OKTOBER 2021
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT LETTLAND
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                                          Eine Information des
                                      AußenwirtschaftsCenters Riga

                                          Wirtschaftsdelegierte
                                        Dr. Ingrid Valentini-Wanka
                                             T +371 67 35 81 00
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WIRTSCHAFTSBERICHT Lettland (1. Halbjahr 2021)

•      Nach BIP-Rückgang 2020 (-3,6%) Rückkehr auf Vorkrisenniveau schon im 2. Quartal 2021
•      Wachstumsmotoren Privatkonsum und Auslandsnachfrage springen wieder an
•      Investitionsschub wird nach Anlaufen der EU-geförderten Wiederaufbauprojekte erwartet
•      Bevölkerungsrückgang und Wettbewerbsfähigkeit bleiben Herausforderungen
•      Österreichische Waren- und Dienstleistungsexporte von Covid-Auswirkungen betroffen

Wirtschaftskennzahlen
                                                                           2019           2020        2021            Prognose
                                                                                                                      für 2022

    Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. Euro1                           30,408         29,337      32,489          34,341
    Bruttoinlandsprodukt/Kopf zu Kaufkraftparität in US-Dollar2            22.927         22.604      23.685          25.412
    Bevölkerung in Mio.3                                                   1,9            1,9         1,9             1,9
    Reales Wirtschaftswachstum in % 4                                      2,8            -3,6        2,8             4,5
    Inflationsrate in %5                                                   2,8            0,2         1,7             1,9
    Arbeitslosenrate in %6                                                 6,2            8,1         8,0             7,2
    Warenexporte des Landes in Mrd. US-Dollar7                             14,9           15,2        16,8            16,9
    Warenimporte des Landes in Mrd. US-Dollar7                             17,9           16,9        19,2            19,8

    Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung:8                 Rang 100 (Stand 2019)

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich
                                                                   2020                     Veränderung      1. Halbjahr 2021
                                                                                            zum Vorjahr
                                                                                            (2019)
                                                                                            in %
    Österreichische Warenexporte in Mio. Euro                      142,5                    -6,7                 71,4 (- 2,9%)
    Österreichische Warenimporte in Mio. Euro                       60,6                    +4,7                33,7 (+ 18,8%)
    Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro9            49                      -33,8                10,0 (-44,4%)
                                                                                                               (1.Quartal 2021)
    Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro10           80                      -20,0                17,0 (-15,0%)
                                                                                                               (1.Quartal 2021)

    Österreichische Direktinvestitionen11, Stand 2020                               120 Mio. EUR
    Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12: Stand 2018:                     1.707
    Direktinvestitionen aus LV in Ö13, Stand 2020:                                  k.A.
    Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus LV14 Stand 2018:          k.A.

    Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich:                  57. Rang (Stand 2020)

1-7  Quelle: Economist Intelligence Unit (Stand: Juli 2021)
8    Quelle: Weltbank
9-14 Quelle: Österreichische Nationalbank

                                           Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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•   1. Wirtschaftslage

Rückkehr auf Wachs- Vor der Covid-Krise verzeichnete Lettland Jahre der Hochkonjunktur mit hohen
tumspfad nach Krisen- Wachstumsraten. Bereits 2019 kühlte die Wirtschaft jedoch ab und wuchs um
jahr 2020             2,5%. Im Jahr 2020 ging das Bruttoinlandsprodukt aufgrund der wirtschaftlichen
                      Einschränkungen im Zuge der Covid-Pandemie um -3,6% zurück: Das war weni-
                      ger als befürchtet und besser als der europäische Durchschnitt von -6,4%, aber
                      schlechter als in den beiden baltischen Nachbarländern. Im 1. Halbjahr 2021
                      wuchs Lettlands Wirtschaft um 5,1%, für das Gesamtjahr 2021 hat die Lettische
                      Staatsbank die Wachstumsprognose auf 5,3% nach oben revidiert. Aufgrund der
                      rascher als erwarteten Erholung konnte das Vorkrisenniveau bereits mit dem 2.
                      Quartal 2021 erreicht werden.

Positive langfristige    Längerfristig betrachtet ist der Wachstumskurs der lettischen Wirtschaft beein-
Entwicklung              druckend: seit 1996 liegt die durchschnittliche Steigerungsrate laut lettischen
                         Statistiken bei 4,22%. Dabei waren vor allem die Jahre vor der Finanzkrise von ho-
                         hen Wachstumsraten über 10% jährlich geprägt. In den Jahren 2008-2009 spürte
                         Lettland die Auswirkungen der Krise besonders stark, was die Wirtschaft um
                         14,2% (2009) schrumpfen ließ. Aufgrund von Hilfskrediten der EU und des IWF,
                         sowie eines harten Austeritätskurses der Regierung konnte die Krise überwunden
                         und bereits 2014 der Euro als Landeswährung eingeführt werden. Die damit ver-
                         bundenen Erleichterungen und der Wegfall des Kursrisikos trugen zu einer weite-
                         ren Belebung der lettischen Wirtschaft bei.

Investitionen in den     Im Covid-Jahr 2020 stagnierten die Investitionen. Für 2021 erwartet die Lettische
Startlöchern             Staatsbank derzeit ein Plus von 3,9%. Das tatsächliche Ausmaß wird vor allem da-
                         von abhängen, wie rasch die ersten Projekte anspringen, die aus EU-Fördergel-
                         dern der Kohäsionsfonds sowie aus den Sondermitteln des Aufbau- und Resilienz-
                         planes mitfinanziert werden.

Stabile Lage der In-     Die meisten Sektoren der Industrieproduktion haben die schwierige Phase der
dustrieproduktion        Pandemie-Lockdowns stabil durchgestanden. Allerdings konnte das industriepoli-
                         tische Ziel nicht erreicht werden, den Anteil der erzeugenden Industrie am BIP
                         von ca. 14% auf 20% bis 2020 zu erhöhen. Viele Betriebe sind in den letzten Jah-
                         ren zwar international konkurrenzfähiger geworden. Trotzdem bleibt noch einiges
                         Potential bei Produktivitätssteigerung und Entwicklung neuer Produkte. Dieser
                         strukturelle Modernisierungsbedarf bietet gute Lieferchancen für Investitionsgü-
                         ter aus Österreich.

Langsame Erholung     Vor der Covid-Pandemie entwickelte sich der Bausektor besonders dynamisch
des Bausektors - mög- und verzeichnete oft zweistellige Wachstumsraten. Nachdem 2019 das Wachstum
liche Überhitzung?    bereits auf 5% zurückging, ging die Bautätigkeit 2020 aufgrund der Beschränkun-
                      gen zur Bekämpfung der Pandemie um -4,7% zurück. Im 2. Quartal 2021 erholte
                      sie sich mit einem vorerst leichten Anstieg um 1,1%, da hohe Baumaterialpreise
                      bremsend wirkten. Trotzdem warnen manche Experten bereits vor einer kom-
                      menden Überhitzung, da mit den EU-Förder- und Wiederaufbaugeldern ein weite-
                      rer Bauboom ausgelöst werden soll.

Anhaltendes starkes      Seit etlichen Jahren weist Lettland ein ausgeprägtes Lohnwachstum auf: Nach ei-
Lohnwachstum …           nem leichten Wachstumsrückgang im Jahr 2020 stiegen die durchschnittlichen
                         Bruttoeinkommen im 2. Quartal 2021 um 10,2% auf 1.237 Euro. Laut Experten
                         wird sich dieses Wachstum in den kommenden Jahren fortsetzen, wenn auch
                         nicht in dieser Größenordnung. Auffallend sind jedoch die Unterschiede zwischen
                         den einzelnen Branchen. So verdienen Finanz- und IT-Spezialisten (2.000-2.200
                         Euro) fast das Dreifache von Tourismusdienstleistern (700-900 Euro). Große Di-

                               Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5

                         vergenzen gibt es auch zwischen den einzelnen Regionen Lettlands. In der Haupt-
                         stadt Riga ist das Lohnniveau deutlich höher als im ländlichen Gebieten.

…beeinflusst die     Die Steigerung der Reallöhne übertrifft weiterhin das Produktivitätswachstum,
Wettbewerbsfähigkeit woraus eine Herausforderung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit resul-
                     tiert. In der Standort- und Ansiedlungspolitik sind günstigere Lohnkosten ohnehin
                     immer weniger ein Argument.

Privatkonsum kehrt       Die hohen Lohnsteigerungen führen aber auch zu steigender Kaufkraft in der Be-
als Wachstumsmotor       völkerung. Nach einem Einbruch des Privatkonsums im Pandemiejahr 2020 um
zurück                   fast -10% rechnet die Lettische Staatsbank 2021 bereits wieder mit einem Plus
                         von 5,9%, da das wegen der Restriktionen angesparte Vermögen nun wieder aus-
                         gegeben wird.

Inflation zieht wieder   Die lettische Inflationsrate lag in den Jahren vor der Covid-Pandemie bei rund 3%
kräftig an               und damit über dem EU-Durchschnitt. 2020 stagnierten die Preise bei einer Teue-
                         rungsrate von nur 0,1%. Für das Jahr 2021 erwartet die Lettische Staatsbank wie-
                         der einen Anstieg der Inflationsrate auf 2,8%, mit Spitzenwerten bis zu 5% um die
                         Jahreswende. Dies hat vor allem mit Aufholeffekten im privaten Konsum und der
                         starken Nachfrage nach Baustoffen zu tun. Besonders kräftig stiegen die Preise
                         von Energie, Wohnraum, Transportdienstleistungen, Kleidung, sowie Lebensmittel
                         und nicht-alkoholischen Getränken.

Arbeitslosigkeit seit    Seit dem Jahr 2009, als die Arbeitslosenrate aufgrund der Finanz- und Eurokrise
Finanzkrise deutlich     19,5% erreichte, ist diese bis 2019 jährlich gesunken und betrug nur mehr 6,2%.
gesunken                 Durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Jahr 2020 erhöhte sie sich auf
                         8,1%, wobei ein stärkerer Anstieg aufgrund staatlicher Unterstützungspro-
                         gramme verhindert werden konnte. Getragen von der wirtschaftlichen Erholung
                         seit dem Frühjahr 2021 gingen auch die Arbeitslosenzahlen leicht zurück. Für die
                         kommenden Jahre wird ein Rückgang auf das Vorkrisenniveau prognostiziert.

Starker Außenhandel      Die gesamten Warenexporte Lettlands betrugen im Jahr 2020 13,2 Mrd. Euro und
in Pandemiezeiten        damit trotz Pandemie um 1,7% mehr als 2019. Die importierten Güter machten
                         2019 15,1 Mrd. Euro aus und lagen damit um -5,3% unter dem Niveau von 2019,
                         wodurch Lettland sein Handelsbilanzdefizit verringern konnte. Die wichtigsten Ex-
                         portgüter im Jahr 2020 waren Maschinen und sonstiges mechanisches
                         Equipment, sowie Holz- und Holzartikel mit jeweils circa 2 Mrd. Euro.
                         Im 1. Halbjahr 2021 entwickelte sich der Außenhandel mit +20,3% bei den Expor-
                         ten und +24,5% bei den Importen sehr dynamisch.

Außenhandelsstruktur Lettlands Außenhandel hat unter der Entwicklung in Russland – zunächst die Re-
im Wandel            zession, dann die EU-Sanktionen – seit 2014 deutlich gelitten. Die hohen Ausfälle
                     bei den Russlandexporten konnten aber – auch durch Qualitätsverbesserung der
                     eigenen Produktion – zum Gutteil in Westeuropa und Übersee gutgemacht wer-
                     den. Dennoch war Russland 2020 mit einem Anteil von 8,5% noch immer der
                     wichtigste Nicht-EU-Partner im Güterverkehr, auch wenn an das Handelsvolumen
                     wie vor den Sanktionen nicht mehr angeknüpft werden konnte. Zwar haben sich
                     die Exporte von Lettland nach Russland wieder auf rund 1,3 Mrd. Euro (2020) er-
                     höht, jedoch liegen sie damit immer noch unter dem Wert von fast 1,6 Mrd. Euro
                     im Jahr 2013.

Staatsverschuldung       Vor der Covid-Pandemie war die Staatsschuldenquote mit rund 37% im Jahr
steigt, bleibt aber      2019 so niedrig wie in wenigen anderen Ländern der EU. Durch die sinkenden
moderat                  Steuereinnahmen aufgrund des Wirtschaftseinbruchs und den gestiegenen Aus-
                         gaben wegen der Unterstützungsmaßnahmen stieg die Staatsverschuldung 2020
                         auf ca. 44% des BIP. Für 2021 wird eine weitere Zunahme auf 48% prognostiziert.

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                           Die Verlängerung der Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen tragen dazu
                           bei, dass für 2021 mit einem Defizit von -6,7% des BIP gerechnet wird.

    Positive Bewertungen   Die Bewertungen der wichtigsten Ratingagenturen blieben auch während der
    der Ratingagenturen    wirtschaftlichen Turbulenzen der Covid-Pandemie gut. Sowohl Standard & Poor’s
                           (A+) und Fitch (A-), als auch Moody’s (A3) bewerten die lettische Kreditwürdigkeit
                           als sehr gut und mit positivem oder stabilem Ausblick. Als Gründe dafür werden
                           die Resilienz der lettischen Wirtschaft gegenüber Schocks wie der Pandemie und
                           die Fiskaldisziplin genannt.

•     2. Besondere Entwicklungen

    Bankensektor im Um- Diese guten Rating-Ergebnisse aufgrund der soliden Haushaltspolitik Lettlands
    bruch               wurden ab Feber 2018 auf eine harte Probe gestellt. Ein Bankenskandal wegen
                        Geldwäschevorwürfen führte zu starkem Druck auf lokale Banken, ihren hohen Aus-
                        landsanteil am Depotvolumen von über 40% radikal zu senken. Gemäß der letti-
                        schen Bankenaufsichtsbehörde FCMC konnte bis 2020 ein Rückgang der Auslands-
                        einlagen in den lettischen Banken auf 18% verzeichnet werden. Das Image des Fi-
                        nanzplatzes Riga hat jedoch gelitten, wozu auch Geldwäschevorwürfe gegen balti-
                        sche Filialen skandinavischer Banken seit Mitte 2018 beitrugen.

    Moneyval-Empfehlun- Aufgrund eines sehr kritischen Lettland-Reports von Moneyval, dem Expertenaus-
    gen umgesetzt       schuss des Europarats, hat Lettland die Moneyval-Empfehlungen bis Anfang 2020
                        systematisch umgesetzt. Damit konnte verhindert werden, dass Lettland auf die so-
                        genannte “graue Liste” jener Staaten gesetzt wurde, die unter besonderer Beobach-
                        tung stehen.

    Land in Transition:    Diese Ereignisse sind charakteristisch für Lettland, das starke Veränderungspro-
    Digitalisierung vs.    zesse durchläuft. Im Global Innovation Index 2021 konnte sich Lettland unter 129 be-
    Intransparenz          werteten Staaten auf dem 38. Platz positionieren, nachdem es im Jahr 2020 auf
                           Rang 36 gelegen ist. Dem hohen Entwicklungsgrad bei der Digitalisierung stehen al-
                           lerdings nach wie vor eine gewisse Intransparenz z.B. bei Auftragsvergaben, Kor-
                           ruptionsvorfälle sowie eine weiterhin verbreitete Schattenwirtschaft entgegen, die
                           laut aktuellster Studie der Stockholm School of Economics Riga im Jahr 2019 23,9%
                           des BIP betrug.

    Bewertung durch        Ein wichtiger Ausdruck des Erfolges Lettlands in wirtschaftspolitischer und wirt-
    OECD und IWF           schaftlicher Hinsicht war die Aufnahme in die OECD im Jahr 2016. Das Land erntete
                           Zustimmung seitens der OECD-Experten für seine umfassende Steuerreform, die
                           u.a. zur Abschaffung der Körperschaftssteuer auf reinvestierten Gewinn führte.
                           Im OECD-Report 2021 wird der lettischen Regierung allerdings empfohlen, die An-
                           strengungen zum Aufbau eines soliden Sozialsystems und zur Verringerung der ho-
                           hen Einkommensunterschiede zu intensivieren. Das niedrige Zinsniveau und die
                           Fördergelder aus diversen EU-Fonds würden eine gute Gelegenheit bieten, um die
                           sozialen Folgen der Covid-Pandemie abzufedern und das Ausbildungsniveau der
                           Menschen sowie die Kapitalausstattung der Unternehmen zu verbessern.
                           Auch der IWF fordert eine konsequente Fortsetzung des Reformkurses, um das Pro-
                           duktivitätswachstum wieder zu erhöhen, sowie Reformen im Bildungs- und Gesund-
                           heitssystem.

    Internationale Wett-   Im IMD World Competitiveness Ranking 2021 hat sich Lettland auf Rang 38 verbes-
    bewerbsfähigkeit auf   sert, befindet sich aber weiterhin deutlich hinter seinen beiden baltischen Nachbarn
    dem Prüfstand          Estland (26.) und Litauen (30.). Der Global Competitiveness Index des World Econo-
                           mic Forum zeigt ein ähnliches Bild: Hier befand sich Lettland im Jahr 2020 auf dem
                           41. Platz.

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                       Dieser Nachholbedarf hat mit dem verhaltenen Produktivitätswachstum Lettlands
                       zu tun. Im Jahr 2019 betrug das Produktivitätsniveau nur 49,8% des EU-Durch-
                       schnitts (68,8% nach Kaufkraftparität). Vor allem nach der Finanzkrise zeigte sich
                       ein sinkender Trend beim Produktivitätswachstum. Dies hat laut dem Produktivitäts-
                       bericht 2020 der EU-Kommission vor allem mit strengeren Kriterien bei der Kredit-
                       vergabe durch die Banken und härteren Auflagen im Finanzbereich zu tun.

Lohndruck durch Ab- Aber auch die Abwanderung von Fachkräften ins Ausland und der daraus resultie-
wanderung und Fach- rende Mangel an gut ausgebildetem Personal führt zu einem höheren Lohndruck,
kräftemangel        der die Produktivität zusätzlich unter Druck bringt. Das Lohnwachstum in Lettland
                    betrug in den Jahren vor der Covid-Krise durchschnittlich 7% pro Jahr und war da-
                    mit im EU-Spitzenfeld.

Demografische          Ein spezifisch baltisches Problem seit der Unabhängigkeit war der starke Bevölke-
Herausforderungen      rungsrückgang, der in Lettland noch nicht völlig gestoppt werden konnte. Seit Be-
                       ginn des Jahrtausends verließen jährlich je 15.000 bis 20.000 Letten das Land. Die
                       Bevölkerungszahl ist daher inzwischen um ein Viertel gesunken. Diesen Emigran-
                       tenströmen steht eine geringere Zahl von Immigranten und Rückwanderern entge-
                       gen. Die Abwanderung vor allem junger Einwohner sowie geringe Geburtenraten
                       verstärken auch das Problem der alternden Bevölkerung.

Fachkräftemangel als Diese rückläufige Bevölkerungszahl und damit zusammenhängend die Verknappung
Herausforderung      der erforderlichen Fachkräfte zählen zu den wichtigsten Risikofaktoren für die letti-
                     sche Wirtschaft. Dies wird seitens der Auslandsinvestoren vor Ort als größtes
                     Standortproblem gesehen. Kritischer Erfolgsfaktor ist auch, dass die Chancen, sich
                     am Weltmarkt zu behaupten, angesichts des stark gestiegenen Lohnniveaus nicht
                     mehr auf billigen Arbeitskräften basieren können; sie müssen nun vorwiegend auf
                     Qualität, verbesserter Produktivität und innovativer Produktentwicklung beruhen.

Vier-Parteien-Min-     Die letzten Parlamentswahlen im Oktober 2018 brachten nach langem Tauziehen die
derheitsregierung      Einigung auf eine Fünf-Parteien-Koalition ethnisch-lettischer Parteien unter der
                       Leitung von Premierminister Krisjanis Karins. Wie schon bisher bleibt die stimmen-
                       stärkste, linksgerichtete Partei „Eintracht“, die das russischsprachige Wählerpoten-
                       tial anspricht, von der Koalition ausgeschlossen. Daher wird die traditionell liberal-
                       konservative Wirtschaftspolitik und der pro-europäische Kurs weitergeführt. Im
                       Frühjahr 2021 trat die rechtspopulistische Partei KPVLV aus der Regierung aus. Pre-
                       mierminister Karins regiert seitdem mit einer Vier-Parteien-Koalition als Minder-
                       heitsregierung. Die nächste Parlamentswahl ist für Herbst 2022 vorgesehen.

EU-Förderungen         Entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung Lettlands bleiben die Mittel aus
wichtig für Wirtschaft den verschiedenen EU-Fördertöpfen. Laut lettischem Finanzministerium betragen
                       sie jährlich 1 – 1,5% des BIP. Während für die Förderperiode 2014-2020 rund 5,6
                       Mrd. Euro vorgesehen waren, sind es für die Jahre 2021-2027 ca. 7,87 Mrd. Euro.
                       Dazu kommen noch die Gelder aus den „Next Generation EU“- Fonds. Hier sind in
                       den Jahren 2021-2023 rund 2,5 Mrd. Euro an Zuschüssen für Lettland vorgesehen.
                       Zusätzlich werden Kredite von ca. 2 Mrd. Euro im Rahmen des Aufbau- und
                       Resilienzplanes erwartet.

Veränderung bei För- Bereits in der letzten Förderperiode von 2014-2020 verlagerte sich die Finanzierung
derschwerpunkten     von reinen Infrastrukturprojekten hin zur Förderung von Privatinvestitionen und der
                     Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit, sowie der Unterstützung von kleinen und
                     mittleren Unternehmen, des Gesundheits- und Bildungssektors. Mit dem neuen
                     Mehrjährigen Finanzrahmen und dem NextGenEU-Fonds soll in Abstimmung mit

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                             den Plänen der EU-Kommission vor allem ein Fokus auf Klimaschutz und Digitali-
                             sierung gelegt werden.

    2. Platz in EU bei er-   Lettland liegt EU-weit nach Schweden am 2. Platz beim Anteil der erneuerbaren
    neuerbarer Energie       Energien am gesamten Bruttoenergieverbrauch: Nach den aktuellsten verfügbaren
                             Eurostat-Zahlen waren es 2019 rund 41%, womit das nationale Ziel von 40% bis 2020
                             bereits übertroffen wurde. Der überwiegende Teil davon stammt aus Bio-
                             masse/Holz und Wasserkraft. Dem lettischen Wirtschaftsministerium zufolge soll
                             bis 2030 ein Anteil von 50% erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch und
                             67% Anteil am Stromverbrauch in Lettland erreicht werden, weshalb weiterhin Ge-
                             schäftschancen in diesem Bereich bestehen. Dabei soll der größte Zubau laut Regie-
                             rungsplänen im Windenergiebereich stattfinden.

    Ausbau der Eisen-        In den nächsten Jahren sind umfangreiche Investitionen in das Eisenbahnnetz Lett-
    bahninfrastruktur        lands notwendig. Einige Großprojekte sind derzeit in Planung bzw. Durchführung, al-
                             len voran „Rail Baltica“, eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung auf euro-
                             päischer Normalspurbreite, die von Warschau über Kaunas und Riga nach Tallinn
                             führen soll. Die EU-Mitfinanzierung des 5,8 Mrd. Euro teuren Projektes soll bis zu
                             85% betragen. Trotz einiger Projektverzögerungen ist die Eröffnung der Linie Kau-
                             nas – Riga – Tallinn für 2026 vorgesehen.

    Logistikknotenpunkt      Ebenso im Fokus der Investitionstätigkeit steht die Logistikbranche im Allgemeinen.
    aufgrund geographi-      Lettland liegt geographisch am Kreuzpunkt von Handelswegen zwischen Norden
    scher Lage               und Süden sowie Westen und Osten.
                             Für die Nord-Süd-Richtung beginnt mit dem „Rail Baltica“ Bahnprojekt eine neue
                             Entwicklung. Daneben bleibt die Ost-West-Achse weiterhin aktuell: Rohstoffe wie Öl,
                             Kohle, Rund- und Schnittholz und Düngemittel aus Russland, Kasachstan oder
                             China kommen per Bahn zu den Häfen in Lettland und dann weiter per Schiff nach
                             Westeuropa. Die politisch angespannte Lage mit Weißrussland stellt dabei eine Her-
                             ausforderung dar. Um wettbewerbsfähig gegenüber dem neuen russischen Großha-
                             fen Ust-Luga bei St. Petersburg zu bleiben, dessen Umschlagsvolumen jenes aller
                             lettischen Häfen bereits übertrifft, sind laufende Investitionen in die Modernisierung
                             der Hafenterminals sowie in Logistikparks notwendig.

    Verstärkte Investitio-   Während die Handelsbeziehungen Lettlands - mit seiner bedeutenden russischspra-
    nen in Verteidigung      chigen Minderheit – zu Russland stark bleiben, hat sich das politische Verhältnis seit
                             der Krim-Annexion 2014 deutlich verschlechtert. Aufgrund steigender Spannungen
                             investiert die Regierung mehr in ihre Landesverteidigung und erreicht mit ihrem
                             Budget seit 2018 das NATO-Ziel von 2% des BIP. Im Vergleich dazu lagen die Ausga-
                             ben bis 2014 unter 1%. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Thema „cyber
                             security“ geschenkt: Lettland als Sitzland des NATO Strategic Communications
                             Centre of Excellence zählt dabei zu den führenden Staaten.
                             Seit dem Ankauf von Panzerhaubitzen M 109 aus Österreich 2017 - 2021 haben sich
                             die Beziehungen in der Verteidigungs- und Sicherheitsbranche intensiviert.

•      3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

    Trends beim Waren-        Durch den Beginn der Covid-Pandemie ging der Wert der nach Lettland exportier-
    austausch während         ten Waren 2020 um -6,7% auf 142,5 Mio. Euro zurück. Die Importe aus Lettland
    Covid-Pandemie            trotzten der Krise und stiegen um 4,7%. Aufgrund der Lockdowns im Frühjahr
                              2021 sanken die österreichischen Exporte nach Lettland auch im 1. Halbjahr 2021
                              um rund 3%. Die Importe stiegen im 1. Halbjahr stattdessen um fast 19% an.
                              Nichtsdestotrotz bleibt die Handelsbilanz Österreichs hochaktiv.

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Langfristig dynamische Längerfristig betrachtet entwickelte sich das Handelsvolumen äußerst positiv. In
Entwicklung der Wa-    manchen Jahren konnten sogar zweistellige Zuwachsraten verzeichnet werden.
renexporte…            Selbst nach dem massiven Einbruch in den Krisenjahren 2008/09 zogen die öster-
                       reichischen Warenlieferungen dank der Markterholung bereits ab 2010 wieder
                       stark an.

… bei kurzfristigen       Da für die österreichischen Warenexporte bisher projektbezogene Lieferungen so-
Schwankungen              wie Investitionsgüter dominant sind, ergeben sich immer wieder Schwankungen.
                          Es ist klar, dass sich das An- und Auslaufen einzelner größerer Projekte bei einem
                          überschaubaren Handelsvolumen statistisch deutlich auswirkt.

Wichtigste Warengrup- Die wichtigsten österreichischen Exportprodukte im Jahr 2020 waren Maschinen,
pen 2020…             Kessel und sonstige mechanische Geräte im Wert von 32,5 Mio. Euro, gefolgt von
                      pharmazeutischen Erzeugnissen (24,0 Mio. Euro) und elektrischen Maschinen
                      (23,5 Mio. Euro). Österreich importierte im Gegenzug vor allem Holz und Holzwa-
                      ren (7,3 Mio. Euro), Maschinen, Kessel und sonstige mechanische Geräte (9,6 Mio.
                      Euro), elektrische Maschinen (7,9 Mio. Euro) und mineralische Brennstoffe und
                      Mineralöle (6,4 Mio. Euro).

…und im 1. Halbjahr       Im 1. Halbjahr 2021 änderte sich an der Zusammensetzung der wichtigsten Han-
2021                      delsgüter wenig. Österreich importierte aus Lettland zwischen Jänner und Juni
                          2021 vor allem Maschinen, Kessel und sonstige mechanische Geräte (7,1 Mio.
                          Euro) und Holz und Holzwaren (5,5 Mio. Euro). Die wichtigsten Exportprodukte Ös-
                          terreichs waren schon wie 2020 pharmazeutische Produkte (13,3 Mio. Euro), Ma-
                          schinen, Kessel und sonstige mechanische Geräte (12,7 Mio. Euro) und elektrische
                          Maschinen (7,6 Mio. Euro).

Einbruch bei Dienst-  Im Gegensatz zum Warenhandel hat Lettland traditionell ein Aktivum im Dienst-
leistungshandel wegen leistungsverkehr. Im Jahr 2020 ging der österreichische Dienstleistungshandel
Covid-19-Pandemie     mit Lettland im Vergleich zu 2019 in beiden Richtungen aufgrund der Einschrän-
                      kungen im Zuge der Covid-Pandemie stark zurück: um -33,8% auf 49 Mio. Euro bei
                      den Exporten und um -20,0% auf 80 Mio. Euro bei den Importen. Im 1. Quartal 2021
                      setzte sich der Rückgang fort: Die österreichischen Dienstleistungsexporte nach
                      Lettland fielen um -44,4%, die Importe um -15%.

Österreichische Direk-    Die tatsächliche Höhe der österreichischen Investitionen ist kaum feststellbar, da
tinvestitionen in Lett-   einerseits eine Reihe ausländischer Mutterhäuser ihre Investitionen in Lettland
land                      über österreichische Tochterfirmen abwickeln, andererseits aber etwa die größte
                          Investition eines österreichischen Unternehmens über ein Drittland getätigt wird.
                          Laut offiziellen Statistiken der österreichischen Nationalbank beläuft sich der Stand
                          der österreichischen Investitionen 2020 auf EUR 120 Mio.; die lettischen Statistiken
                          gehen dagegen vom mehr als doppelten Wert aus. Entsprechend den örtlichen Ge-
                          gebenheiten sind Investoren überwiegend im Infrastruktur- und Baubereich tätig.

Interessante Sektoren     Lettland ist nach wie vor ein guter Standort für Investitionen, auch mit Blickrich-
                          tung auf den angrenzenden russischen und skandinavischen Markt. Der Bestand
                          an ausländischen Direktinvestitionen belief sich laut lettischem Wirtschaftsminis-
                          terium im Jahr 2020 auf 16,7 Mrd Euro. Der österreichische Anteil daran wird mit
                          2% angegeben. Investitionen wurden insbesondere in den Telekommunikations-
                          sektor, Öl-Pipelines, Immobilien sowie in den Einzelhandel und Bankensektor ge-
                          tätigt.

EU-geförderte Projekte Besondere Geschäftsmöglichkeiten gibt es in den von EU-Projekten geförderten
als interessante Ge-   Bereichen: Infrastrukturausbau mit den Schwerpunkten auf nachhaltigem Verkehr
schäftsmöglichkeit     und erneuerbarer Energie, Digitalisierung, Umweltschutz, Gesundheitswesen.

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                          Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten für österreichische Unternehmen im Be-
                          reich Logistik und Engineering. Lettland als Drehscheibe des internationalen Wa-
                          renverkehrs auf den Achsen Nord-Süd und Ost-West bietet einen interessanten
                          Markt für Logistiklösungen.

Chancen mit Konsum-       Aufgrund der steigenden Kaufkraft eröffnen sich auch gute Liefermöglichkeiten
gütern und IT             für Konsumgüter. Nicht zuletzt erschließen der hohe Stellenwert der Digitalisie-
                          rung in der Gesellschaft und die rasch wachsende Start-up-Szene interessante
                          Geschäfts- und Kooperationsfelder für IT und neue Technologien.

Lettische Betriebe als    Umgekehrt bietet sich die zunehmende Zahl modern ausgerüsteter lettischer Un-
Zulieferer                ternehmen vor allem in der Metallverarbeitungs– und Holzindustrie auch als Zu-
                          lieferer insbesondere von Spezialprodukten mit kleiner Losgröße an.

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Center Riga ist für Sie   Center Riga (T +371 67358100, E riga@wko.at) im Bereich von Marktanalyse/-infor-
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Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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