AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT GRIECHENLAND - WKO
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2 Eine Information des AußenwirtschaftsCenters Athen Wirtschaftsdelegierter Dr. Gerd Dückelmann Dublany T +30 210 8843711 E athen@wko.at W wko.at/aussenwirtschaft/gr HEAD OFFICE T 05 90 900/4442 E aussenwirtschaft.suedosteuropa@wko.at fb.com/aussenwirtschaft twitter.com/wko_aw linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria youtube.com/aussenwirtschaft flickr.com/aussenwirtschaftaustria www.austria-ist-ueberall.at Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfälti- gung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen gestattet. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA DER WKÖ Offenlegung nach § 25 Mediengesetz i.d.g.F. Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH / AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Redaktion: AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER ATHEN, T +30 2108843711, F +30 2108827913 E athen@wko.at, W wko.at/aussenwirtschaft/gr Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3 WIRTSCHAFTSBERICHT Griechenland (1. Halbjahr 2021) • Wirtschaftswachstum übertrifft alle Erwartungen • PMI auf Höchststand seit 21 Jahren • Tourismuszahlen steigen markant • Flut an EU Mitteln befeuern Wirtschaft • Großinvestitionen boomen • Privatisierungen nehmen Fahrt auf • Österreichische Warenlieferungen könnten das 10-Jahres-Hoch aus 2019 übertreffen Wirtschaftskennzahlen 2019 2020 2021* 2022* Nominales Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Euro1 182,5 166,3 173,0 184,2 Bruttoinlandsprodukt/Kopf in USD2 31.443 29.346* 31.782 34.049 Bevölkerung in Millionen3 10,5 10,4* 10,4 10,3 Reales Wirtschaftswachstum in %4 1,7 -7,8 5,4 4,3 Inflationsrate in %5 0,5 -1,3 0,1 2,1 Arbeitslosenrate in %6 17,3 16,4 16,5 17,3 Wechselkurs der Landeswährung zu Euro7 Griechenland ist Mitglied der Eurozone Warenexporte des Landes in Milliarden US-Dollar 36,3 33,0 45,1 49,2 Warenimporte des Landes in Milliarden US-Dollar 61,9 54,1 67,4 71,1 Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung:8 Rang 51 Rang 51 Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich 2020 Veränderung Jänner-Juni in % 2021* Österreichische Warenexporte in Millionen Euro 491,6 -8,0 274,6 Österreichische Warenimporte in Millionen Euro 337,5 +23,4 198,9 Österreichische Dienstleistungsexporte in Millionen Euro9 146,0 -28,8 Österreichische Dienstleistungsimporte in Millionen Euro10 276,0 -47,0 Österreichische Direktinvestitionen11 157,0 +24,6 Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12: Stand 2018 1.803 Direktinvestitionen aus GR in Ö13 k.A. Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus GR14 k.A. Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich: 35. Rang 36. Rang *Prognosen und vorläufige Werte 1-6 Quelle: Economist Intelligence Unit 7 Quelle: Bank Of Greece http://www.bankofgreece.gr/Pages/en/Markets/isotimies/... 8 Quelle: Weltbank http://data.worldbank.org/data-catalog/GDP-ranking-table 9-14 Quelle: Österreichische Nationalbank https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.01, https://www.oenb.at/isa- web/report.do?lang=DE&report=9.3.05, https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.31, https://www.oenb.at/isaweb/re- port.do?lang=DE&report=9.3.35 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4 • 1. Wirtschaftslage BIP Wachstum vor Die griechische Wirtschaft vermochte trotz Pandemie im 1. Halbjahr eine beacht- 40-jährigem Rekord liche Performance aufzuweisen. Laut Angaben der nationalen statistischen Be- hörde ELSTAT stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 2. Quartal gegenüber den ersten 3 Monaten um +3,4% und gegenüber der Vergleichsperiode 2020 um +16,2 %. Dies bedeutete für das 1. Halbjahr eine Wachstumsrate von +7%. Das Gesamt- jahr 2020 verzeichnete einen – verhältnismäßig geringen - Einbruch von 8,2%. Analysten führten das Wachstum im zweiten Quartal vor allem auf die Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen, den Nachholbedarf und die staatlichen Corona-Stüt- zungen zurück und weniger auf den Tourismus. Dessen zusätzlich positive Aus- wirkungen sollten sich im dritten Quartal zeigen. Die Regierung ging ursprünglich für 2021 noch von einem Plus von 3,6% aus. Sie bauten dabei auf die Umsetzung einer Wirtschaftspolitik, die auf sieben Säulen beruht. Dazu zählt die Fortsetzung von Steuersenkungen, die Aufrechterhaltung eines hohen Liquiditätsniveaus und die rasche und effiziente Verwendung der eu- ropäischen Mittel aus dem Corona-Aufbaufonds „Next Generation EU“ sowie den Strukturfonds. Anlässlich seiner jährlichen Rede anlässlich der Thessaloniki In- ternational Fair erklärte der griechische Premierminister Mitsotakis, dass die griechische Wirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um +5,9% wachsen werde. Die EU-Kommission rechnet für dieses Jahr mit einem Anstieg der Wirtschafts- leistung um +4,3%. 2022 könnte das BIP um +6% steigen. Der Gouverneur der griechischen Nationalbank, Yannis Stournaras, äußerte sich kürzlich über die weitere Entwicklung noch optimistischer als die Regierung. Er prognostizierte für 2021 ein Wachstum von +6% sowie durchschnittliche Wachs- tumsraten von +3,5% für die nächsten 10 Jahre. Er geht davon aus, dass als Folge 2022 die Staatsverschuldung von derzeit 200% des BIP auf 187% sinken werde. Überaus positiv sieht auch Moody's Analytics das Wirtschaftsszenarium für 2021. Das Unternehmen hält ein BIP-Wachstum von +8,2% für möglich. Basierend auf den Erfolgen des griechischen Tourismussektors erwarte man ein 2-stelliges Wachstum im dritten Quartal. Nach der Einschätzung von Fitch Solutions ist 2021 mit einem 40-Jahres-Rekord zu rechnen. Die Analysten kalkulieren mit einer Steigerung der Wirtschaft von +6,3%. Auch im Jahr 2022 soll sich die Expansion mit einem Plus von 4,3 % in ei- nem beachtlichen Tempo fortsetzen. Abgesehen von der deutlichen Erholung des Tourismus sieht man auch einen Anstieg der Investitionen. Diese könnten 1% zum Wachstum des griechischen BIP beitragen. Wirtschaftsindikato- Gestützt werden diese überaus optimistischen Prognosen auf eine extrem starke ren auf „All Systems Entwicklung der wichtigsten Wirtschaftsindikatoren, die teilweise seit Jahren un- Go“ erreichte Niveaus zeigten. PMI auf höchstem Der IHS Markit Purchasing Managers‘ Index (PMI) für den Produktionssektor in Stand seit 21 Jahren Griechenland sprang im August 2021 von 57,4 im Vormonat auf 59,3. Damit wurde die stärkste Verbesserung der Betriebsbedingungen seit über 21 Jahren (April 2000) erzielt. Ausschlaggebend war eine starke Zunahme der Produktion sowie der Auftragseingänge, ausgelöst durch eine Erholung der Wirtschaft, aber auch wichtiger Überseemärkte. Gleichzeitig nahm die Beschäftigung rascher zu. Die Produzenten stellten mehr Mitarbeiter ein, um den Druck auf die Kapazitäten zu Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5 verringern. Gleichzeitig blieben sowohl die Inputkosten als auch die Produktions- kosten in Anbetracht beachtlicher Lieferengpässe und der weltweit gestiegenen Nachfrage nach Vormaterialien hoch. Industrieproduktion Verglichen mit Juni 2020 sah der Gesamtindex der Industrieproduktion im Juni steigt 2-stellig 2021 eine Zunahme von +8,8%. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 wurde ein Anstieg von +59,6% gegenüber dem korrespondierenden Zeitraum 2020 verzeich- net. Die Produktion des verarbeitenden Gewerbes stieg im ersten Halbjahr 2021 um +9,6% gegenüber dem Vorjahr. Es war ein Zuwachs in praktisch allen Bereichen zu sehen – insbesondere bei Nahrungsmitteln (+5,3%), sonstige Erzeugnisse aus nichtmetallischen Mineralien (+18,2%) und Metallerzeugnisse, außer Maschinen und Ausrüstungen (+15,2%) und elektrischen Ausrüstungen (+33,7%). ESI auf 18-Monats- Der Economic Sentiment Indicator (ESI) stieg im August mit 113,0 auf ein 18-Mo- Hoch nats-Hoch (111,2 im Juli). Zum Vergleich - der Tiefststand betrug im Sommer 2015 79,4 und der Höchststand 120,8 im Juli 2000. Ausschlaggebend war eine deutliche Verbesserung der Geschäftserwartungen in zwei Sektoren, dem verar- beitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor. Einzelhandel stark Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Juni 2021 den dritten Monat in Folge deut- lich an, konkret um +10,8 % gegenüber dem Vorjahr (-3,8% im Juni 2020). Auslö- ser war in einem Nachholbedarf infolge der Wiederbelebung der Wirtschaft zu sehen. Sämtliche Teilindizes verzeichneten hohe Wachstumsraten: Umsätze ohne Treibstoffe +10,1%, Nahrungsmittel +6,7%, Bekleidung und Schuhe +13,4%, Mö- bel, Elektrogeräte und Haushaltsgeräte +15,3% und Bücher, Schreibwaren und andere Waren +11,4%. Damit belief sich im 2. Quartal der Umsatz aller Einzelhandelsunternehmen auf 13,5 Milliarden Euro. Dies bedeutete ein Plus von +22,9% im Vergleich zum zwei- ten Quartal des Vorjahrs (10,99 Milliarden Euro) und ein Anstieg von +23,8% ge- genüber der Periode Jänner – März. Baugewerbe ver- Nach Angaben von ELSTAT stieg der Produktionsindex im Baugewerbe im 2. zeichnet kräftigen Quartal 2021 um +16,2% gegenüber dem Vorjahr (2. Quartal 2020: - 27,9% gegen- Zuwachs über dem Vorjahr) und um +29,6% gegenüber dem Vorquartal, während der sai- sonbereinigte Index um +5,5% gegenüber dem Vorquartal stieg. Dies ist die erste Zunahme der Bautätigkeit seit acht Quartalen und das stärkste Wachstum seit 2017. Die Bautätigkeit im Hochbau stieg um +25,4% (-15,1% im 1. Quartal 2021), während die Bauarbeiten im Tiefbau um +9,8% (+1,6% im 1. Quartal 2021) zunah- men. Geschäftsumsätze Laut der griechischen Statistikbehörde trug die Entscheidung, Covid-Beschrän- mit zweistelligem kungen zu lockern sowie den Tourismus zu öffnen zu einer Erholung des griechi- Plus schen Geschäftsumsatzes im 2. Quartal des Jahres bei. Er stieg um +29,4% (vgl. zu -25,2% 2020); den stärksten Anstieg verzeichnete dabei das Beherbergungs- und Gaststättengewerbe mit +118,5%. Verbraucherpreisin- Der griechische Verbraucherpreisindex zog im August den vierten Monat in Folge dex auf höchstem an und erreichte mit +1,9% den höchsten Stand seit April 2012. Eine deutliche Stand seit 2012 Verteuerung erfuhren Energierohstoffe, von Erdgas - dessen Preis sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt hat - über Ölprodukte bis hin zu Lebensmitteln. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6 Im Augenblick deuten viele Anzeichen auf weitere Preissteigerungen hin. Erhö- hungen bei den Verbrauchsgütern dürften bereits absorbiert sein - was nicht an- halten kann. Bei den Gebrauchsgütern dürften die zu niedrigen Preisen gekauften Bestände bald erschöpft sein. Auch die Strompreise werden voraussichtlich um bis zu 50% steigen, während die Lieferanten der Einzelhändler bevorstehende Preiserhöhungen bei einer Reihe von Lebensmitteln in den nächsten Monaten ankündigten. So dürfte Kaffee um 1 bis 3 Euro pro Kilo teurer werden. Weitere Erhöhungen sind für Sonnenblumenöl und Käse zu erwarten, wobei der Preis für Weißkäse um bis zu +15% steigen dürfte. Im August kletterten die Preise in den meisten Lebensmittelkategorien, so bei Lamm- und Ziegenfleisch (um +12,2%), frischem Fisch (+8%), Olivenöl (+7,1%) und vor allem bei frischem Gemüse (+21,5 %). Kraft- und Schmierstoffe verteuer- ten sich um +17,4%, Flugtickets um +9% und Hotels um +11,4%. Der bei weitem stärkste Anstieg war bei Erdgas zu verzeichnen, das im Jahresvergleich um +91% teurer wurde. Dagegen sanken im vergangenen Monat die Preise für Wein (-4,7%), Frühstücks- flocken (-4,1%), Bekleidung (-2,6%), Telefondienste (-2,5%) und dauerhafte Frei- zeitartikel (-2,4 %). Auf Monatsbasis stiegen die Preise für Nahrungsmittel um +1,1% und die Preise für Erdgas um +10,2%. Frisches Gemüse war im August um +10,7% teurer als im Vormonat. Arbeitslosenrate Die Beschäftigung stieg im Juni 2021 um +6,2%, während die Arbeitslosenquote sinkt auf 15,0% sank. Die Zahl der Arbeitslosen betrug im Juni 700.990 - um 14,9% we- niger als im Juni 2020 und 4,4% weniger als im Mai 2021. Die Anzahl der Beschäftigten kam bei 3.981.468 zu liegen – um 4,8% höher als im Juni 2020 und 1,6% höher als im Mai 2021. Die Arbeitslosenquote der Frauen lag im Juni bei 18,9% gegenüber 20,6% im Juni letzten Jahres, während sie bei den Männern im Juni 2021 bei 11,8% gegenüber 15,6% im Juni 2020 lag. Die Alters- gruppe der 15- bis 24-Jährigen verzeichnete die höchste Arbeitslosenquote (28,3% gegenüber 38,5% im Juni 2020), gefolgt von der Altersgruppe der 25- bis 74-Jährigen (14,3% gegenüber 16,9% im Juni letzten Jahres). Die Nettoströme der abhängigen Beschäftigung im privaten Sektor waren in den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 mit 275.005 neuen Arbeitsplätzen positiv. Sie lagen damit deutlich höher als im korrespondierenden Zeitraum 2020 (111.305 Arbeitsplätze). Neueinstellungen stiegen um +10,8%. Als führend ent- puppten sich die Sektoren Tourismus und Einzelhandel. Der Anteil der Teilzeit- und befristeten Arbeitsverhältnisse belief sich auf 42,5% der Neueinstellungen und war damit im Vergleich zu 2020 (49,4%) deutlich gerin- ger. Die Regierung hatte in den Jahren 2020 und 2021 eine Reihe von Maßnahmen, wie die Aussetzung von Arbeitsverträgen, zweckgebundene Entschädigungen, Verlän- gerung des Arbeitslosengeldes, Telearbeit sowie das Kurzarbeit-Programm "SYN-ERGASIA" – ergriffen, um von der Pandemie betroffene Unternehmen, Ar- beitnehmer und Arbeitslose zu unterstützen. Mit einer schrittweisen Rückkehr der Wirtschaft zu normalen Bedingungen ist die Zahl der Aussetzungen von Ar- beitsverträgen auf wenige Sektoren beschränkt worden. Das "SYN-ERGASIA" Programm bleibt noch bis Dezember bestehen. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7 Erholung der Binnen- Nach Angaben von ELSTAT verzeichneten die Einfuhren im Zeitraum Januar bis nachfrage erhöht De- Juli 2021 gegenüber der Vergleichsperiode 2020 einen Anstieg von +21,9% (ohne fizit der Handelsbi- Öl: +17,1%) und kamen bei 34,5 Milliarden Euro zu liegen. Dieser Umstand ist ein lanz deutliches Zeichen für eine Erholung der Binnennachfrage, insbesondere der In- vestitionen. Die Ausfuhren erreichten ein Volumen von 22,1 Milliarden Euro (+24,7%, ohne Öl: +18,1%) und spiegelten eine kräftige Erstarkung der Auslands- nachfrage wider. Das Handelsbilanzdefizit belief sich im Zeitraum Januar – Juli 2021 auf 12,4 Milli- arden Euro, was einem Anstieg um +17,1% gegenüber dem Vorjahr entspricht (ohne Öl: +15,5%). Leistungsbilanzdefi- Die Leistungsbilanz wies im ersten Halbjahr ein Defizit von 7,5 Milliarden Euro auf zit steigt - ein Anstieg um 446 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Das Defizit in der Warenverkehrsbilanz erhöhte sich trotz des anhaltenden Anstiegs der Exporte, da die Importe anzogen und in absoluten Zahlen stärker wuchsen. Der Überschuss in der Dienstleistungsbilanz stieg leicht an, was vor allem auf die erhebliche Ver- besserung der Reiseverkehrsbilanz zurückzuführen war. Flaggschiff Touris- Das auf Reiseanalysen spezialisierte Unternehmen ForwardKeys stellte in einer mus setzt erfolgreich Studie fest, dass internationale Flüge zu europäischen Zielen im Juli und August Segel lediglich 39,9% des Niveaus vor der Pandemie erreichten. Dem gegenüber er- zielte Griechenland mit 86% der Ankünfte einen Spitzenrang. Es folgten Zypern mit 64% und die Türkei mit 62%. Den Grund für diesen Erfolg sehen die Experten in der erfolgreichen Kommunikation, dass man Besucher akzeptiere, vorausge- setzt sie sind vollständig geimpft oder über einen negativen PCR-Test oder Nach- weis, dass sie sich von Covid-19 erholt haben, verfügen. Nach Angaben von Fraport erreichte das Passagieraufkommen auf den 14 grie- chischen Regionalflughäfen, die das deutsche Unternehmen betreibt, im August 2021 4,468 Millionen Passagiere. Dies entspricht einem Anstieg von +82,9% im Jahresvergleich. Das Aufkommen von Januar bis August 2021 sah 10,48 Millionen Passagiere – ein Plus von 89,5%. In einer Stellungnahme am 21. September schätzte der griechische Tourismus- minister die möglichen Einnahmen für 2021 auf bis zu 12 Milliarden Euro. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Besucher seien um +20% gestiegen. Laut der griechischen Nationalbank beliefen sich die Erlöse für das Jahr 2020 auf 4,28 Mil- liarden Euro - verglichen mit 18,17 Milliarden Euro im Jahr 2019 (-76,5%). Nach Angaben der Bank von Griechenland stiegen die Reiseeinnahmen im Juli 2021 um 235,6% auf 2,23 Milliarden Euro (61% von Juli 2019) und von Januar bis Juli 2021 um 139,7% auf 3,38 Milliarden Euro (37% von Januar bis Juli 2019), wäh- rend die Zahl der Einreisenden im Juli 2021 um 240,2% auf 2,8 Millionen (50% von Juli 2019) und von Januar bis Juli 2021 um 51,4% auf 4,55 Millionen (30% von Ja- nuar bis Juli 2019) stieg. Herausforderungen Gemäß der griechischen Nationalbank steht das Land mittel- bis langfristig vor den folgenden wirtschaftspolitischen Herausforderungen: Weitere Reduzierung der notleidenden Kredite (Juni 2021 21,3%). Sie beeinträch- tigen die Kreditvergabekapazität der Banken und damit der Wirtschaftstätigkeit. Verringerung der großen Investitionslücke des Landes. Diese könnte u.a. durch die Mobilisierung von Mitteln aus dem Europäischen Konjunkturfonds erfolgen. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8 Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, vor allem nach Einstellung der Unterstützungs- maßnahmen. Beschleunigung des Privatisierungs- und Reformprogramms und weitere Ver- besserung der Verwaltung des Staats – nicht zuletzt, um ausländische Direktin- vestitionen anzuziehen. Förderung von Innovation, Bildung und wissensbasiertem Kapital. Sicherung der Tragfähigkeit der Staatsverschuldung durch rasche Wiederherstel- lung einer soliden Haushaltsgebarung nach Covid sowie Erhalt der überaus güns- tigen Merkmale der Staatsverschuldung - großer Liquiditätspuffer, lange durch- schnittliche Laufzeit, niedrige Kreditkosten. Finanzminister Christos Staikouras teilte im September mit, dass sich die Covid bedingten Unterstützungsmaßnah- men für 2021 auf 16,6 Milliarden Euro und für 2022 auf 2,4 Milliarden Euro belie- fen. Laut ihm betragen die Barreserven des Landes derzeit 40 Milliarden Euro. Man überlege daher die vorzeitige Rückzahlung der IWF-Darlehen sowie eines Teils der bilateralen Darlehen aus EU Ländern. 2. Besondere Entwicklungen Enorme Summe an EU Griechenland hat in den nächsten sieben Jahren Anspruch auf mehr als 70 Milli- Mitteln arden Euro an EU-Mitteln. Etwa die Hälfte dieser Mittel (30,9 Milliarden Euro) steht im Zusammenhang mit dem EU-Konjunkturprogramm (NGEU). Der Rest sind Strukturfondsmittel aus dem EU-Haushalt 2021-2027. „Greece 2.0“ heißt das Reform- und Investitionsprogramm, das die griechische Regierung mit den Geldern aus Brüssel umsetzen will. Am 13. Juli billigten die Euro-Finanzminister den griechischen Plan. Die EU-Mittel belaufen sich in den nächsten sieben Jahren auf 10 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entsprich 5,5% des BIP pro Jahr. Eine erste Tranche in Höhe von 4 Milliarden Euro wurde im August an Griechenland ausgezahlt. Dies entspricht 13% der Zuschuss- und Darlehensmittel, die dem Land im Rahmen der Fazilität für Konjunkturbelebung und Widerstandsfähigkeit (RRF) zugewiesen werden. Griechenland war eines der ersten Länder, das eine Vorfinanzierung im Rahmen der RRF erhielt. Nach aktuellen Informationen werden die 30,9 Milliarden Euro an NGEU-Mitteln zu etwa 60% als Zuschüsse und zu 40% als Darlehen vergeben. Die NGEU-Mittel sind entscheidend für die Steigerung der Investitionen und die nachhaltige Erho- lung der Wirtschaft. Die Regierung will den Aufbauplan nutzen, um die bisher in hohem Maß vom Tourismus abhängige griechische Wirtschaft breiter aufzustel- len. Die Diversifizierung soll in Sektoren gehen, die man bisher nicht unbedingt mit Griechenland in Verbindung brachte: Informationstechnologie, Pharma, Lo- gistik und Energie. Mit ihrer Hilfe möchte man wachstumsfördernde Projekte mit hohem Mehrwert in den Bereichen Energieeinsparung, Umstellung auf grüne Energie, digitale Transformation des öffentlichen und privaten Sektors, Beschäf- tigung, sozialer Zusammenhalt und private Investitionen ermöglichen. Die Ver- wendung der NGEU-Mittel wird entscheidend von einer effektiven Maßnahmen- planung und -koordinierung sowie von der Effizienz der öffentlichen Verwaltung abhängen. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
9 Nach Schätzungen der Nationalbank wird die vollständige Umsetzung des EU- Konjunkturprogramms zu einem Anstieg des realen BIP um +6,9% bis 2026 bei- tragen, vor allem infolge einer Zunahme der Gesamtinvestitionen und der ge- samten Faktorproduktivität. Gleichzeitig wird es zu einem Anstieg der Beschäfti- gung, der privaten Investitionen, der Exporte und der Steuereinnahmen beitra- gen. Positiver Enhanced Griechenland verpflichtete sich, die wichtigsten Strukturreformen abzuschließen, Surveillance Report die im Rahmen des ESM-Programms eingeleitet wurden, und zwar nicht nur in der EU Bezug auf die Haushaltsergebnisse, sondern auch in den Bereichen Soziales, Fi- nanzstabilität, Arbeits- und Produktmärkte, Privatisierungen und öffentliche Ver- waltung. Laut dem zehnten erweiterten Überwachungsbericht vom 2. Juni 2021 hat Griechenland die notwendigen Maßnahmen ergriffen um, trotz der durch die Pandemie verursachten schwierigen Umstände, seine Verpflichtungen zu erfül- len. Auf der Grundlage dieses Berichts erhielt Griechenland ein entsprechendes Paket politikabhängiger Schuldenmaßnahmen in Höhe von 748 Millionen Euro. Privatisierungen neh- Die Umsetzung des überarbeiteten Vermögensentwicklungsplans des Hellenic men Fahrt auf Republic Asset Development Fund (HRADF), zuletzt überarbeitet am 10. April 2021, ist der Eckpfeiler der Privatisierungsstrategie. Er umfasst 23 laufende Pro- jekte, von denen sich einige in einem fortgeschrittenen Stadium befinden (DEPA Infrastructure, DEPA Commercial, Hellinikon, Egnatia Odos und die Häfen von Alexandroupolis, Igoumenitsa und Kavala). Aufgrund der Covid-19-Pandemie sind die meisten Projekte allerdings in Verzug geraten. Der Prozess soll jedoch 2021 beschleunigt werden. Fitch lobt Staatsfüh- Die Ratingagentur Fitch Ratings bestätigte Mitte Juli ihr Rating für Griechenland rung mit "BB" und einem stabilen Ausblick. Sie erklärte dabei: "Griechenlands Ratings spiegeln ein schwaches mittelfristiges Wachstumspotenzial, ein immer noch sehr hohes Niveau an notleidenden Krediten (NPL) im Bankensektor und sehr hohe Bestände an Staats- und Nettoauslandsschulden wider. Diese Schwächen werden durch ein hohes Pro-Kopf-Einkommen ausgeglichen, das weit über den Medianwerten von 'BB' und 'BBB' liegt, sowie durch eine Staatsführung, die über derjenigen der meisten anderen Länder im Sub-Investment-Grade-Bereich liegt". Weiters kommentierte man: „Der stabile Ausblick spiegelt gemäß unserer Ansicht die Tragfähigkeit der griechischen Staatsfinanzen wider, selbst nach dem schweren Pandemie-Schock für die Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen. Wir gehen davon aus, dass sich die Wirtschaft im Jahr 2022 weiter erholen und um +5,3% wachsen wird, wobei die Verwendung der EU-Mittel der nächsten Ge- neration an Fahrt gewinnen wird und die realen Ausgaben im Laufe des Jahres ansteigen werden“. Für 2023 erwartet die Agentur ein über dem Trend liegendes BIP-Wachstum von 3,5 %". Großinvestitionen Im Juli gab die griechische Regierung ihre Zustimmung zu einem als strategischer boomen Investition angesehenen Immobilienprojekt im Wert von 135,9 Millionen Euro. Es umfasst den Bau von 250 bis 350 luxuriösen Wohneinheiten mit Gemeinschaftsein- richtungen, privaten Gärten, Pools, Tiefgaragenplätzen und Sicherheitsvorkehrun- gen auf einem 71.000 Quadratmeter großen Grundstück im südlichen Athener Vor- ort Voula. Das Vorhaben war eines der vier Projekte, die vor Kurzem vom intermi- nisteriellen Ausschuss für strategische Investitionen (DESE) genehmigt wurden. Der Gesamtwert belief sich auf 717,9 Millionen Euro. Es handelte sich dabei konk- ret um die Entwicklung eines 700-MW-Photovoltaikparks in den Gebieten von Sko- pia und Kallithea in Farsala mit einem Budget von 350 Millionen Euro; der Entwick- lung, den Bau und die Verwaltung von 56 Photovoltaikanlagen in Kilkis und Larissa Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
10 (180 Millionen Euro) sowie eine strategische Tourismusinvestition der Elivi Hotels in Höhe von 52 Mio. Euro auf der Insel Skiathos. • 3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich Österreichische Aus- Im Zeitraum Jänner-Juni 2021 stiegen die österreichischen Warenausfuhren fuhren + 16,7% nach Griechenland gemäß vorläufiger Daten der Statistik Austria um +16,7% und erzielten damit ein Wertvolumen von 274,6 Millionen Euro. Sollte dieser Trend anhalten, könnte im Gesamtjahr das 10-Jahreshoch von 2019 (534,5 Millionen Euro) sogar noch übertroffen werden. Auf Platz eins der Warenlieferungen konnte sich (zur besseren Übersicht auf Basis HS/KN 2-Steller) die Position elektrische Apparate und elektrotechnische Waren (35,6 Millionen Euro, +24,1%) platzieren. Auf Platz 2 befanden sich Maschinen und mechanische Geräte (29,6 Millionen Euro, +1,5%). Pharmazeutische Erzeugnisse (23,7 Millionen Euro, +66,4%) belegten den dritten Platz. Auf den weiteren Top-Rängen waren die Ausfuhren von Milch und Molkereierzeugnissen (20,2 Millionen Euro, +17,1%), Papier und Pappe (17,8 Millionen Euro, +14,8%) und Kunststoffwaren (15,5 Milli- onen Euro, +38,3%) zu finden. Einfuhren aus Grie- Die österreichischen Einfuhren griechischer Waren stiegen im 1. Halbjahr 2021 chenland weiterhin weiter an, konkret um +22,0%. Das Wertvolumen belief sich auf 198,9 Millionen stark im Aufwärts- Euro. Aus heutiger Sicht könnte damit das Rekordergebnis aus 2019 übertroffen trend werden. Als wichtigste Importpositionen figurierten dabei pharmazeutische Er- zeugnisse (39,4 Millionen Euro, +4,4%), Aluminium und Aluminiumwaren (17,4 Millionen Euro, +23,6%), Milch- und Molkereierzeugnisse (15,8 Millionen Euro, - 8,6%) sowie elektrotechnische Waren (15,6 Millionen Euro, +51,1%). Der österreichische Handelsbilanzüberschuss mit Griechenland nahm somit im Zeitraum Jänner-Juni 2021 um +4,7% zu und belief sich auf 75,7 Millionen Euro. Im entsprechenden (vorläufigen) Ranking liegt Griechenland bei den Ausfuhren an 36. Stelle vor Malaysia und nach Norwegen sowie bei den Einfuhren an 43. Stelle vor Mexiko und nach Liechtenstein. Dienstleistungsex- Nach den zuletzt veröffentlichten Daten für das 1. Quartal 2021 zeichnete sich porte entwickeln sich bei den Dienstleistungen beiderseits eine negative Tendenz ab. Die österreichi- beiderseits negativ schen Dienstleistungsexporte nach Griechenland kamen bei 37,0 Millionen Euro (-27,5% gegenüber dem 1. Quartal 2020), die Dienstleistungsimporte aus Grie- chenland bei lediglich 29,0 Millionen (-37,0%) zu liegen. Im entsprechenden Ranking nimmt Griechenland bei den österreichischen Dienstleistungsexporten Rang 35 vor Zypern und nach Norwegen ein; bei den Dienstleistungsimporten Rang 40 – vor Hongkong und nach der EIB. Österreichische Busi- Aktuell gibt es in Griechenland 53 registrierte Tochterunternehmen bzw. Nie- ness Community derlassungen österreichischer Unternehmen. Vier davon sind aktive Produkti- onsniederlassungen: ELSA - SILGAN METAL PACKAGING S.A. (Silgan Holdings Austria GmbH), SCHUR FLEXIBLES ABR S.A. (Schur Flexibles Holding GesmbH), DUNAPACK PACKAGING S.A. (Prinzhorn Gruppe) und ARGO S.A. (Alpla Holding GmbH). Wichtige Niederlassungen haben u.a. auch Red Bull, Swarovski, KTM, TÜV Austria, Schenker, Baumit, Berglandmilch, MAM Babyartikel, Doka, Fro- nius, Voestalpine, Blum und SICK. Weiters sind - gemäß der griechischen Unter- nehmensdatenbank von ICAP - 423 Vertretungsunternehmen österreichischer Firmen, 1.848 Importunternehmen (aus Österreich) und 937 Exportunternehmen (nach Österreich) registriert. Österreichische Di- Nach zuletzt veröffentlichten, provisorischen Daten der OeNB beliefen sich die rektinvestitionen aktiven Bestände österreichischer Direktinvestitionen in Griechenland Ende Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
11 steigen 2020 auf 157 Millionen Euro (+24,6% zu den revidierten Daten von 2019). Umge- kehrt waren in Österreich weniger als vier griechische Beteiligungen niederge- lassen, weshalb die entsprechenden Daten als vertraulich gelten. Touristenströme bre- Hauptverbindungselement zwischen beiden Ländern ist der traditionell starke chen COVID-bedingt Touristenstrom von Österreich nach Griechenland. 2019 wurde mit 582.964 Ös- ein terreicherinnen und Österreicher in Griechenland (+11,9%) im zweiten Jahr hin- tereinander ein neuer Rekord aufgestellt. Im Gesamtjahr 2020 rechnet die Bank of Greece mit 160.862 Einreisenden aus Österreich (-72,4% gegenüber 2019). Für das 2. Quartal 2020 wurden allerdings aufgrund der COVID-19 bedingten sehr geringen Repräsentativität der Stichpro- ben keine Zahlen veröffentlicht. Im zuletzt veröffentlichtem 1. Quartal 2021 kalkuliert die Bank of Greece mit 3.125 Einreisenden aus Österreich (-84,3% gegenüber dem 1. Quartal 2020). Umgekehrt erfasste die Statistik Austria zuletzt im Zeitraum Jänner-Juli 2021 2.274 griechische Touristinnen und Touristen in Österreich (-90,8%). Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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