AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK - WKO
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2 Eine Information des AußenwirtschaftsCenters Amman Wirtschaftsdelegierter Mag. Herwig Neuper T + 962 6 5938 400 E amman@wko.at W wko.at/aussenwirtschaft/jo HEAD OFFICE Mag. Martin Woller T + 43 5 90 900 4389 E aussenwirtschaft.afrikanahost@wko.at fb.com/aussenwirtschaft twitter.com/wko_aw linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria youtube.com/aussenwirtschaft flickr.com/aussenwirtschaftaustria www.austria-ist-ueberall.at Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfälti- gung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen gestattet. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA DER WKÖ Offenlegung nach § 25 Mediengesetz i.d.g.F. Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH / AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Redaktion: AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER AMMAN, T + 962 6 5938 400 E amman@wko.at, W wko.at/aussenwirtschaft/jo Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3 AUSSENWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK (1. Halbjahr 2021) • BIP geht 2020 um 10,5% zurück; 2021 wieder Wirtschaftswachstum prognostiziert • Sicherheitslage weiter unbeständig • Wiederaufbau geht langsam voran • Irak nach wie vor im Spannungsfeld zwischen USA und Iran • Parlamentswahlen im Oktober 2021 • Österreichische Exporte stiegen im ersten Halbjahr 2021 um 7,7%. Wirtschaftskennzahlen 2019 2020 Prognose Prognose 2021 2022 Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. USD1 222,4 167,2 170,9 182,2 Bruttoinlandsprodukt/Kopf in US-Dollar2 11.012 9.764 9.982 10.188 Bevölkerung in Mio.3 39,3 40,2 40,0 40,6 Reales Wirtschaftswachstum in % 4 4,4 -10,4 1,7 3,6 Inflationsrate in %5 -0,2 0,6 5,3 5,4 Arbeitslosenrate in %6 12,8 13,7. k.A. k.A. Wechselkurs der Landeswährung Irakische Dinar (IQD) zu USD; 1.182 1.192 1.450 1.418 1 USD =in IQD7 Warenexporte des Landes in Mrd. US-Dollar8 81,6 46,8 81,7 98,7 Warenimporte des Landes in Mrd. US-Dollar9 49,4 40,9 48,3 54,1 Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung:10 Rang 49 Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich 1 Halbjahr Veränderung 1 Halbjahr 2020 zum Vorjahr in 2021 % Österreichische Warenexporte in Mio. Euro11 28,9 7,67 31,1 Österreichische Warenimporte in Mio. Euro12 25,4 923,83 259,9 Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro13 4 -25 3 Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro14 4 225 13 Österreichische Direktinvestitionen11, k.A. Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12: k.A. Direktinvestitionen aus IQ in Ö13, k.A. Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus IQ14 k.A. Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich (2020):15 76. Rang 1-9 Quelle: Economist Intelligence Unit – Country Report Iraq September 2021 10 Quelle: Weltbank: 11-12 Quelle: Statistik Austria 13-15 Quelle: Österreichische Nationalbank Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4 • 1. Wirtschaftslage Derzeitige Lage und Bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie war die irakische Wirtschaft am Weg Ausblick sich nach den wirtschaftlichen Herausforderungen und innenpolitischen Spannun- gen der Jahre zuvor allmählich zu erholen. Während das BIP 2016 noch um 11% wuchs, verzeichnete der Irak 2017 ein Minus von 2,1% und 2018 ein Minus von 0,6%. 2019 gab es wiederum ein Wachstum von 3,3%. Der niedrige Ölpreis und die von der OPEC+ geforderte Reduzierung der Öl- förderung führten im Irak im Jahr 2020 zu einem Rückgang des BIP von 10,5%. Für die nächsten drei Jahre werden BIP-Wachstumsraten von 1-3% prognostiziert. Der Irak ist ein von der COVID-19-Pandemie am schwersten betroffenes Land in der Region. Die Regierung regierte, wie die Nachbarländer, mit Grenzschließun- gen und Lockdowns. Das überlastete Gesundheitssystem hatte von Anfang an große Mühe die Situation zu bewältigen. Die instabile politische Lage und die im- COVID-19 mer wiederkehrenden Demonstrationen haben die Situation zusätzlich erschwert. Das nationale Impfprogramm startete im März 2021. Der Irak bekommt mit Hilfe von COVAX regelmäßig Impfstoffe zugesendet. Die Region Kurdistan erhält bei jeder Lieferung einen nennenswerten Teil der Do- sen. Der Sieg von Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen bringt Hoffnung in die Region, vor allem was die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran betrifft. Es bleibt abzuwarten, ob die Biden-Administration ihre Beziehungen zum Iran ver- bessern wird und die Gespräche des Atomabkommens von 2015, die kürzlich wie- deraufgenommen wurden, zu einem positiven Abschluss führen. Die USA beabsichtigen ihre wirtschaftliche Rolle im Irak auszuweiten und den Irak Politisches Span- finanziell mit Mitteln des IWF zu unterstützen. nungsfeld Iran-USA Beide Länder haben beschlossen, dass die Sicherheitsbeziehungen vollständig in eine Ausbildungs-, Beratungs-, Unterstützungs- und Aufklärungsrolle übergehen und dass es bis zum 31. Dezember 2021 keine US-Truppen mit einer Kampffunktion im Irak geben wird. Budget 2021 Ende März dieses Jahres hat das irakische Parlament einen Haushaltsplan für 2021 in Höhe von 89,65 Mrd. USD verabschiedet. Das Land ringt nach der im vorigen Jahr stark gesunkenen Rohölpreise noch immer mit einer Wirtschafts- und Finanz- krise. Das Haushaltsdefizit wird auf 19,79 Mrd. USD geschätzt. Das Budget für 2021 legte einen Ölpreis von 45 USD pro Barrel fest und erwartete Ölexporte von 3,25 Mio. Barrel pro Tag (bpd), einschließlich 250.000 bpd aus der kurdischen Region. Das Parlament scheiterte bei der Verabschiedung eines Haushaltsentwurfs für 2020 und musste später ein Notausgabengesetz verabschieden, um der Regie- rung zu ermöglichen, im Ausland Kredite aufzunehmen. Problem Korruption Die im Irak tief verwurzelte Korruption ist ein enormes Problem und Mitschuld an fehlenden Staatseinnahmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Schätzungen zum Ausmaß der durch Korruption verursachten Schadenshöhe kaum zu über- prüfen sind. Allerdings geht man davon aus, dass dem irakischen Staat aufgrund von Korruption seit 2003 Einnahmen in Höhe von mindestens 350 Mrd. USD ent- gangen sind. Der Irak wurde 2020 von Transparency International als eines der korruptesten Länder der Welt eingestuft und belegt Platz 160 von 180 Ländern. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5 Das Generalsekretariat der irakischen Regierung verabschiedete vor kurzem die Nationale Integritäts- und Anti-Korruptions-Strategie für 2021-2024, die von der Bundesintegritätskommission vorbereitet wurde und zur Bekämpfung und Redu- Anti-Korruptions- zierung der Korruption beitragen soll. Strategie Die Strategie beinhaltet den Einsatz von erfahrenen und kompetenten internatio- nalen Unternehmen im Bereich der Wiederbeschaffung von geschmuggelten Gel- dern und Maßnahmen zur Kontrolle von Inflation und finanzieller Korruption. Im August 2020 bildete Premierminister Mustafa Al-Kadhimi ein Sonderkomitee zur Untersuchung größerer Korruptionsfälle und übertrug einer Sondereinheit im Büro des Premierministers die Aufgabe Haftbefehle umzusetzen. Seit dem Jahr 2013 verzeichnete der Irak relativ moderate Inflationsraten, insbe- sondere im Vergleich zu den Jahren von 2008 bis 2010. Diese Entwicklung wurde hauptsächlich durch die sinkenden Kosten für Erdöl- und Erdgasprodukte bewirkt. Inflation 2020 lag die Inflation bei 0,6%. Für das Jahr 2021 wird ein Anstieg bis zu 4.3% er- wartet. Dies geht auf die Abwertung des irakischen Dinars Ende 2020 zurück und dessen Auswirkung auf den Preis importierter Waren, von denen der Irak stark ab- hängig ist. Höhere Ölpreise und pandemiebedingte Engpässe bei Lieferungen wer- den auch Teil des Inflationsdrucks im Jahr 2021 sein. Wichtigster Wirtschaftsfaktor im Irak ist und bleibt der Erdölsektor. Dieser macht ca. 95% der Staatseinnahmen und 98% der Exporte des Landes aus. Trotz der volatilen Sicherheitslage hat sich die Ölförderung seit 2003 verdreifacht. Die meisten Öl- und Gasvorkommen liegen ungleich verteilt im schiitisch besiedelten Energiesektor Süden des Landes und entlang ethnischer Trennlinien im kurdischen Norden. Mit 153 Milliarden Barrel, wovon sich ein Drittel in Kurdistan befindet, verfügt der Irak über die fünftgrößten nachgewiesenen Rohölreserven der Welt, und der ra- sante Anstieg der Produktion in den Jahren 2015 -2017 macht ihn zum drittgröß- ten Ölexporteur weltweit nach Venezuela und Saudi-Arabien und zum zweitgröß- ten unter den OPEC-Staaten. 2020 war ein schwieriges Jahr für die Öl- und Gasindustrie. Die COVID-19-Pande- Erdöl mie dämpfte die Ölnachfrage, die Preise und die Produktion. Ölabhängige Länder haben daher negative Auswirkungen auf ihre Einnahmen und Staatshaushalte er- lebt. Schrittweise hat der Irak (inkl. der Autonomen Region Kurdistan) die seitens der OPEC auferlegten Drosselungen der Fördermenge umgesetzt und förderte daher von Jänner bis August 2019 ca. 4,88 Mio. bpd. Der Irak könnte bis zu 5,9 Mio. bpd fördern und laut der Internationalen Energieagentur (IEA) bis 2030 der drittgrößte Ölproduzent weltweit sein. OPEC+ Produktions- Anfang des Jahres 2020 einigte sich die OPEC+ Gruppe auf monatliche Erdöl-Pro- kürzungen duktionskürzungen. Mit der Kürzung wollte die OPEC+ den in der COVID-Krise ra- sant gefallenen Ölpreis wieder stabilisieren. In den letzten Monaten hat der Irak allerdings seine Erdölförderung weiter gestei- gert, obwohl der zweitgrößte Produzent der OPEC immer wieder versprochen hatte, die Produktionskürzungen einzuhalten. Bestehende Risiken sind nach wie vor die Gefahr von Terroranschlägen, die auf Ölförderanlagen abzielen, der vor- herrschende Mangel an Wasser, welches für die Pumpen der Ölbohrungen benötigt Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6 wird und die damit zusammenhängende Abhängigkeit von den Nachbarstaaten so- wie die Abhängigkeit von Auslandsinvestitionen zur Modernisierung der Anlagen. Laut Angaben des irakischen Ölministeriums sollen 2019 67% der Erdölexporte nach Asien, 20% nach Europa und 13% nach Nord- und Südamerika gegangen sein. Irak - Jordanien: Die Planung zum Bau einer Pipeline von der ölreichen südirakischen Provinz Pipeline Basra zur jordanischen Hafenstadt Akaba und weiter nach Ägypten wurden wie- deraufgenommen, nachdem das Projekt 2014 durch die Konflikte mit dem IS ins Stocken geriet. 2019 wurde für qualifizierte Unternehmen eine Frist bis Mai 2020 gesetzt um ihre Angebote für das Projekt abzugeben. Nach Angaben eines Spre- chers des irakischen Ölministeriums wurde diese Frist jedoch wegen der COVID- 19 Pandemie verschoben. Die jordanische Energieministerin Hala Zawati betonte vor kurzem, dass das Projekt erst dann wiederaufgenommen wird, wenn der Irak und Jordanien die Pandemie überwunden haben. Bagdad Summit Im Juli 2021 hatten sich der irakische Präsident Barham Salih gemeinsam mit Premierminister Mustafa al-Kadhimi mit Jordaniens König Abdullah II. und Ägyp- tens Präsident Abdel Fattah el-Sisi zum Bagdad Summit getroffen. Dabei wurden unter anderem die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit, industrielle Großprojekte sowie der Handel mit Medikamenten und landwirt- schaftlichen Pestiziden besprochen. Auch die Zusammenarbeit im Energiesektor wurde erörtert, darunter die Möglich- keit, die Gasübertragungsnetze zwischen Irak und Ägypten über Jordanien zu ver- binden. Bislang ist der Irak in hohem Maße von iranischen Gas- und Stromimporten abhängig um die Binnennachfrage decken zu können. Angesichts der durch die Coronavirus-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise be- tonten sie auch die Bedeutung der Wiederöffnung der Grenzen zur Förderung des Handels. Laut IEA hat der Irak Gasvorkommen in Höhe von 3,5 Bio. m³ und liegt damit welt- weit an 13. Stelle. Ferner ist der Irak auch das viertgrößte Gasabfackelungsland der Welt: 2019 wurden ca. 19 Mrd. m³ abgefackelt, etwas mehr als 50 Prozent der Gas produzierten Gasmenge. Im Jahr 2013 verpflichtete sich der Ministerrat, die routi- nemäßige Erdgasabfackelung bis 2030 zu beenden. Im November 2016 unter- zeichnete der Irak die Initiative der Weltbank "Zero Routine Flaring by 2030". Bei der Reduzierung der Abfackelung wurden jedoch bisher nur begrenzte Fort- schritte erzielt, da die Mengen an Erdölbegleitgas seit 2014 parallel zur steigen- den Ölproduktion zugenommen haben. Gemeinsam mit dem französischen Unternehmen Total will der Irak noch im Laufe des Jahres 2021 einen Vertrag zur Umsetzung mehrerer Dual-Energie-Me- gaprojekte abschließen um die Gasproduktion zu steigern, das Abfackeln zu be- enden und Strom aus Solarenergie zu erzeugen. Des Weiteren plant der Irak bis Ende 2023 zusätzliche 1,2 Bio. m³/Tag abgefackel- tes Gas abzufangen, da das Land versucht, die steigende Nachfrage nach Gas zur Stromerzeugung zu decken und seine Kohlenstoffemissionen zu senken. Mit über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr würde sich der Irak als idealer Kandidat für Solarenergie anbieten. Da das Land jedoch einer der führenden Energieliefe- Erneuerbare Energien ranten fossiler Brennstoffe ist, hält sich das Interesse der irakischen Behörden noch immer in Grenzen. Aufgrund unzureichender Erzeugungskapazitäten und steigendem Energiebedarf leidet der Irak jedoch mittlerweile unter ernsthafter Stromknappheit. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP und die irakische Re- gierung unterzeichneten im Februar 2020 ein Abkommen für den Bau des ersten Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7 Solarparks in Duhok mit einer Kapazität von 2 Megawatt. Die Europäische Union hat im Rahmen des UNDP-Programms “Supporting Recovery and Stability in Iraq through Local Development” 2 Mio. USD für dieses Projekt bereitgestellt. Bis 2030 sollen weitere Solarparks mit einer Gesamtkapazität von 40 MW folgen. Der Irak war Ende der 70er Jahre als Kornkammer der Region bekannt und ex- portierte hauptsächlich Reis sowie über 500.000 t Datteln. Der Agrarsektor ist in den letzten Jahrzehnten aufgrund fehlender Investitionen, kontraproduktiver Ag- rarpolitik und der Präsenz des IS stark zurückgegangen. Nun ist der Irak zu ei- nem beträchtlichen Teil auf Lebensmittelimporte v.a. aus der Türkei, Saudi-Ara- bien und dem Iran angewiesen. Derzeit versuchen die Behörden die lokalen Agr- arbetriebe zu modernisieren, um mit den Importen konkurrieren zu können und letztlich die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren. Eine weitere Herausforderung stellt die Wasserversorgung dar: In den letzten Jahrzehnten ist der Wasserpegel aufgrund von Dürren infolge des Klimawandels, Landwirtschaft Dammprojekten an Euphrat und Tigris seitens der Türkei sowie einem Missma- nagement in der Landwirtschaft um 40% zurückgegangen. Weitere Herausforde- rungen sind Überweidung, kein Zugang zu und Schädigung von Land aufgrund von Gewalt, Vertreibung der lokalen Bevölkerung, geringere Verfügbarkeit und hö- here Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Futtermittelquellen sowie geringere Veterinärversorgung. Verstärktes Einige internationale Banken, wie etwa Standard Chartered, Citibank, JP Morgan Engagement sowie türkische und libanesische Banken sind bereits im Irak aktiv, doch ist der ausländischer irakische Bankensektor weiterhin unterentwickelt. Türkische Banken sind ver- Banken mehrt in der Region Kurdistan zu finden, während jene des Libanon den Zentra- lirak abdecken. Die libanesische Institute Fransa Bank, Blom Bank und Audi Bank öffneten Filialen. Schätzungsweise 1,5 Mio. Iraker sind in Nachbarstaaten geflüchtet. Die Anzahl an Flüchtlinge syrischen Flüchtlingen im Irak machte Ende 2019 eine Viertel Million aus, wobei knapp über die Hälfte in der Autonomen Region Kurdistan angesiedelt ist. Die An- zahl an irakischen Binnenflüchtlingen (Internally Displaced People - IDPs) belief sich Ende 2019 auf knapp 1,4 Millionen Menschen. Diese Binnenvertreibung ge- paart mit den regionalen Krisen, die Präsenz des IS, der politischen Instabilität und Korruption haben zu einem Anstieg der Armut im Land geführt. Laut Studien des European Asylum Support Office leben 7 Mio. Iraker unterhalb der Armuts- grenze, das entspricht ca. 23% der Bevölkerung. Autonome Region Trotz einiger Zwischenfälle im Mai 2019 und der aktuellen Auseinandersetzungen Kurdistan: mit der PKK ist die Sicherheitssituation in der Autonomen Region Kurdistan nach Überblick wie vor besser als in den meisten übrigen Provinzen des Landes. Erbil-Stadt wie auch Sulaymaniyah, Kirkuk oder Duhok können bereist werden. Austrian Airlines fliegt direkt von Wien nach Erbil. Sicherheitslage Wir empfehlen in jedem Fall die Sicherheitslage, v.a. bei Überlandfahrten, vor An- tritt einer Reise neu zu bewerten, da sich die Lage schnell ändern kann. Gerne stehen wir Ihnen für Fragen rund um Geschäftsreisen in die Region oder das rest- liche Staatsgebiet zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an das Außenwirtschaft- sCenter Amman: amman@wko.at. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8 • 2. Besondere Entwicklungen Aktuelle politische Die Schwankungen des Ölpreises und COVID-19 haben auch Anfang dieses Jah- und wirtschaftliche res die wirtschaftlichen Probleme des Irak verschärft und die bestehenden wirt- Entwicklungen schaftlichen und sozialen Schwächen vertieft. In einer Nation, in der Erdöl 90% der Staatseinnahmen ausmacht, erweisen sich solche Entwicklungen als katastrophal. Infolgedessen sah sich die irakische Re- gierung mit einer Liquiditätskrise konfrontiert, die zu einem schweren Haus- haltsdefizit führte. Dies spiegelte sich in der Wut der Bevölkerung wieder, was zu einer immer wiederkehrenden Flut an Demonstrationen führte. Die Regierung steht, wirtschaftlich wie politisch, bis zu den geplanten Parla- mentswahlen im Oktober unter enormen Druck. Parlamentswahlen 3 Jahre nach den letzten Wahlen fanden am 10. Oktober 2021 Parlamentswahlen Oktober 2021 statt. Diese waren vorgezogen worden, nachdem Massenproteste 2019 die dama- lige Regierung gestürzt hatten und jene bis Juni 2020 andauerten. Zudem kam es Anfang dieses Jahres zu tödlichen Angriffen auf Journalisten, pro-demokrati- schen Aktivisten und anderen, was zu Aufrufen zum Boykott der Wahlen führte, solange die Verantwortlichen ungestraft bleiben. Die Wahlbeteiligung lag bei 41% und sank somit auf ein Rekordtief. Den vorläufigen Ergebnissen nach hat die Partei des schiitischen Klerikers Mok- tada al-Sadr die Parlamentswahl mit klarem Vorsprung gewonnen. Die Sunniten haben den zweiten Platz errungen, gefolgt von der kurdischen KDP. Im Vergleich zur letzten Parlamentswahl 2018 mussten diesmal Parteien mit Ver- bindungen zum Iran und zu Milizen Verluste hinnehmen. Dagegen konnten aus dem Stand Reformparteien, die nach den Protesten entstanden waren, einige Sitze erringen. Weißbuch Die irakische Regierung hatte Ende 2020 ein von der Krisenzelle für Finanz- und Steuerreformen ausgearbeitetes Weißbuch („White Paper“) für tiefgreifende Wirtschaftsreformen offiziell verabschiedet. Dies ist ein umfassendes Programm, welches einen klaren Fahrplan zur Reform der irakischen Wirtschaft und zur Bewältigung der über jahrzehntelang ange- sammelten ernsthaften Herausforderungen des Landes enthält. Iraks stellver- tretender Premier- und Finanzminister Dr. Ali Allawi betonte, dass das White Pa- per die irakische Wirtschaft auf einen Weg bringen wird, der es dem Staat ermög- licht, in Zukunft geeignete Schritte zu unternehmen, um sich zu einer diversifi- zierten und dynamischen Wirtschaft zu entwickeln. Obwohl die aktuelle schwere Finanzkrise im Irak mit dem jüngsten starken Rück- gang des Ölpreises und den Auswirkungen der COVID19-Pandemie zusammen- hängt, macht das White Paper deutlich, dass die Ursachen für die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme des Irak mehrere Jahrzehnte zurückreichen Anfang dieses Jahres hat die irakische Regierung angefangen, die erste Phase Reformbestrebungen des Reformprogrammes zu implementieren. Eine der größten Herausforderungen, die es in dieser Krise zu bewältigen gilt, ist die Reform des öffentlichen Sektors. Das Kabinett stimmte im Februar die- ses Jahres der Einrichtung der Reformverwaltungszelle unter der Leitung des Grenzöffnungen Exekutivdirektors des Höheren Komitees für die Reform zu. Die COVID-19 Situation hat den Güterverkehr mit den Nachbarländern 2020 auf ein Minimum zurückgedreht. Seit April 2021 ist es irakischen Studenten erlaubt über die Al Karamah Grenze nach Jordanien einzureisen. Die Grenze mit der Türkei ist die einzige Grenze, die offiziell geöffnet ist. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
9 Anfang Juni kam es mit dem Iran zu ersten Gesprächen bezüglich einer Wieder- eröffnung der Grenze. • 3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich Österreichs In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 beliefen sich die österreichischen Exporte steigen im Ausfuhren in den Irak auf 31,1 Mio. EUR und stiegen damit im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 Vorjahr um 7,7%. um 7,7% Die wichtigste Warengruppe bei den österr. Exportwaren in den Irak in den ers- Wichtigste Österr. ten sechs Monaten 2021 waren im medizinischen Bereich verwendete optische, Ausfuhrwaren in den photographische Geräte, im Wert von 7,1 Mio. EUR, was eine Veränderung von Irak 398,4 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zeigt. Die zweitwichtigste Exportgruppe waren pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von knapp 7 Mio. EUR und einer Steigerung von 377,3 %. Bedeutend war auch der Export von Milchprodukten im Wert von 4 Mio. EUR, obwohl dieser im Ver- gleich zum Vorjahreszeitraum um etwa 37,1 % zurückgegangen ist. Wichtigste Import- Die Importe aus dem Irak, in erster Linie Rohöl, erreichten im ersten Halbjahr ware aus dem Irak 2021 einen Wert von 260 Mio. EUR und sind somit im Vergleich zum Vorjahr um bleibt Rohöl 928% gestiegen. Chancen für Chancen für österreichische Firmen bestehen unter Berücksichtigung der Si- österreichische cherheitslage vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Energiewirtschaft, Firmen Landwirtschaft (Bewässerung), Bauwirtschaft (insb. Wohnungsbau) sowie im Gesundheitssektor. Möglichkeiten für heimische Firmen bieten sich auch in den Sparten Konsumgüter (Lebensmittel und Getränke) und pharmazeutische Wa- ren. Kein einfacher Markt, Der Irak ist im regionalen Vergleich ein sehr herausfordernder Exportmarkt, da- aber mit viel Potential her sollte man für einen Markteinstieg über internationale und regionale Erfah- rung verfügen. Langfristig ist das Potential des Landes aber immens. Service-Angebot des In all den genannten Bereichen möchten wir Ihnen in den kommenden Monaten AußenwirtschaftsCen- und Jahren maßgeschneiderte Angebote bieten, sei es in Form von individuellen ter Amman nutzen Wirtschaftsmissionen oder anderen passenden Veranstaltungsformen um Sie zielgerecht beim Markteinstieg in Jordanien zu unterstützen, Geschäftschancen aufzuzeigen und sie mit potentiellen Partnern, Abnehmern und Behörden zu ver- netzen. Veranstaltungen Im September 2021 fand in Erbil und Duhok eine von der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA organisierte Wirtschaftsmission österreichischer Unternehmerinnen und Unternehmer erfolgreich statt. Für nähere Informationen steht Ihnen das AußenwirtschaftsCenter Amman je- derzeit gerne zur Verfügung. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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