AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK - WKO

Die Seite wird erstellt Luca Scherer
 
WEITER LESEN
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK - WKO
AUSSEN
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSBERICHT
IRAK

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER AMMAN
OKTOBER 2021
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK - WKO
2

                                        Eine Information des
                                   AußenwirtschaftsCenters Amman

                                        Wirtschaftsdelegierter
                                         Mag. Herwig Neuper
                                         T + 962 6 5938 400
                                           E amman@wko.at
                                      W wko.at/aussenwirtschaft/jo

                                            HEAD OFFICE
                                         Mag. Martin Woller
                                         T + 43 5 90 900 4389
                                E aussenwirtschaft.afrikanahost@wko.at

                                        fb.com/aussenwirtschaft
                                           twitter.com/wko_aw
                           linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria
                                     youtube.com/aussenwirtschaft
                                   flickr.com/aussenwirtschaftaustria
                                       www.austria-ist-ueberall.at

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfälti-
gung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch
Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen
 bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT
  AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen
                                                  gestattet.
 Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine
       Haftung der Wirtschaftskammer Österreich – AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist.
       Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der Wirtschaftskammer Österreich –
                                 AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten.

                                  © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA DER WKÖ
                                  Offenlegung nach § 25 Mediengesetz i.d.g.F.

                           Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller:
                    WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH / AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
                                    Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
                    Redaktion: AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER AMMAN, T + 962 6 5938 400
                               E amman@wko.at, W wko.at/aussenwirtschaft/jo

                               Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3

AUSSENWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT IRAK (1. Halbjahr 2021)

•       BIP geht 2020 um 10,5% zurück; 2021 wieder Wirtschaftswachstum prognostiziert
•       Sicherheitslage weiter unbeständig
•       Wiederaufbau geht langsam voran
•       Irak nach wie vor im Spannungsfeld zwischen USA und Iran
•       Parlamentswahlen im Oktober 2021
•       Österreichische Exporte stiegen im ersten Halbjahr 2021 um 7,7%.

Wirtschaftskennzahlen
                                                                               2019            2020        Prognose       Prognose
                                                                                                           2021           2022
     Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. USD1                               222,4           167,2       170,9          182,2
     Bruttoinlandsprodukt/Kopf in US-Dollar2                                   11.012          9.764       9.982          10.188
     Bevölkerung in Mio.3                                                      39,3            40,2        40,0           40,6
     Reales Wirtschaftswachstum in % 4                                         4,4             -10,4       1,7            3,6
     Inflationsrate in %5                                                      -0,2            0,6         5,3            5,4
     Arbeitslosenrate in %6                                                    12,8            13,7.       k.A.           k.A.
     Wechselkurs der Landeswährung Irakische Dinar (IQD) zu USD;               1.182           1.192       1.450          1.418
     1 USD =in IQD7
     Warenexporte des Landes in Mrd. US-Dollar8                                81,6            46,8        81,7           98,7
     Warenimporte des Landes in Mrd. US-Dollar9                                49,4            40,9        48,3           54,1

     Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung:10                   Rang 49

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich
                                                                       1 Halbjahr               Veränderung       1 Halbjahr
                                                                       2020                     zum Vorjahr in    2021
                                                                                                %
     Österreichische Warenexporte in Mio. Euro11                       28,9                     7,67              31,1
     Österreichische Warenimporte in Mio. Euro12                       25,4                     923,83            259,9
     Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro13             4                        -25               3
     Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro14             4                        225               13

     Österreichische Direktinvestitionen11,                                             k.A.
     Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12:                                    k.A.
     Direktinvestitionen aus IQ in Ö13,                                                 k.A.
     Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus IQ14                         k.A.

     Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich (2020):15            76. Rang

1-9 Quelle: Economist Intelligence Unit – Country Report Iraq September 2021
10  Quelle: Weltbank:
11-12 Quelle: Statistik Austria

13-15 Quelle: Österreichische Nationalbank

                                         Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4

• 1. Wirtschaftslage

Derzeitige Lage und    Bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie war die irakische Wirtschaft am Weg
Ausblick               sich nach den wirtschaftlichen Herausforderungen und innenpolitischen Spannun-
                       gen der Jahre zuvor allmählich zu erholen.

                       Während das BIP 2016 noch um 11% wuchs, verzeichnete der Irak 2017 ein Minus
                       von 2,1% und 2018 ein Minus von 0,6%. 2019 gab es wiederum ein Wachstum von
                       3,3%. Der niedrige Ölpreis und die von der OPEC+ geforderte Reduzierung der Öl-
                       förderung führten im Irak im Jahr 2020 zu einem Rückgang des BIP von 10,5%.

                       Für die nächsten drei Jahre werden BIP-Wachstumsraten von 1-3% prognostiziert.

                       Der Irak ist ein von der COVID-19-Pandemie am schwersten betroffenes Land in
                       der Region. Die Regierung regierte, wie die Nachbarländer, mit Grenzschließun-
                       gen und Lockdowns. Das überlastete Gesundheitssystem hatte von Anfang an
                       große Mühe die Situation zu bewältigen. Die instabile politische Lage und die im-
COVID-19               mer wiederkehrenden Demonstrationen haben die Situation zusätzlich erschwert.
                       Das nationale Impfprogramm startete im März 2021. Der Irak bekommt mit Hilfe
                       von COVAX regelmäßig Impfstoffe zugesendet.
                       Die Region Kurdistan erhält bei jeder Lieferung einen nennenswerten Teil der Do-
                       sen.

                       Der Sieg von Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen bringt Hoffnung in die
                       Region, vor allem was die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran betrifft.
                       Es bleibt abzuwarten, ob die Biden-Administration ihre Beziehungen zum Iran ver-
                       bessern wird und die Gespräche des Atomabkommens von 2015, die kürzlich wie-
                       deraufgenommen wurden, zu einem positiven Abschluss führen.
                       Die USA beabsichtigen ihre wirtschaftliche Rolle im Irak auszuweiten und den Irak
Politisches Span-      finanziell mit Mitteln des IWF zu unterstützen.
nungsfeld Iran-USA     Beide Länder haben beschlossen, dass die Sicherheitsbeziehungen vollständig in
                       eine Ausbildungs-, Beratungs-, Unterstützungs- und Aufklärungsrolle übergehen
                       und dass es bis zum 31. Dezember 2021 keine US-Truppen mit einer Kampffunktion
                       im Irak geben wird.

Budget 2021            Ende März dieses Jahres hat das irakische Parlament einen Haushaltsplan für
                       2021 in Höhe von 89,65 Mrd. USD verabschiedet. Das Land ringt nach der im vorigen
                       Jahr stark gesunkenen Rohölpreise noch immer mit einer Wirtschafts- und Finanz-
                       krise. Das Haushaltsdefizit wird auf 19,79 Mrd. USD geschätzt.
                       Das Budget für 2021 legte einen Ölpreis von 45 USD pro Barrel fest und erwartete
                       Ölexporte von 3,25 Mio. Barrel pro Tag (bpd), einschließlich 250.000 bpd aus der
                       kurdischen Region.
                       Das Parlament scheiterte bei der Verabschiedung eines Haushaltsentwurfs für
                       2020 und musste später ein Notausgabengesetz verabschieden, um der Regie-
                       rung zu ermöglichen, im Ausland Kredite aufzunehmen.

Problem Korruption     Die im Irak tief verwurzelte Korruption ist ein enormes Problem und Mitschuld an
                       fehlenden Staatseinnahmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Schätzungen
                       zum Ausmaß der durch Korruption verursachten Schadenshöhe kaum zu über-
                       prüfen sind. Allerdings geht man davon aus, dass dem irakischen Staat aufgrund
                       von Korruption seit 2003 Einnahmen in Höhe von mindestens 350 Mrd. USD ent-
                       gangen sind. Der Irak wurde 2020 von Transparency International als eines der
                       korruptesten Länder der Welt eingestuft und belegt Platz 160 von 180 Ländern.

                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5

                     Das Generalsekretariat der irakischen Regierung verabschiedete vor kurzem die
                     Nationale Integritäts- und Anti-Korruptions-Strategie für 2021-2024, die von der
                     Bundesintegritätskommission vorbereitet wurde und zur Bekämpfung und Redu-
Anti-Korruptions-    zierung der Korruption beitragen soll.
Strategie            Die Strategie beinhaltet den Einsatz von erfahrenen und kompetenten internatio-
                     nalen Unternehmen im Bereich der Wiederbeschaffung von geschmuggelten Gel-
                     dern und Maßnahmen zur Kontrolle von Inflation und finanzieller Korruption.
                     Im August 2020 bildete Premierminister Mustafa Al-Kadhimi ein Sonderkomitee
                     zur Untersuchung größerer Korruptionsfälle und übertrug einer Sondereinheit im
                     Büro des Premierministers die Aufgabe Haftbefehle umzusetzen.

                     Seit dem Jahr 2013 verzeichnete der Irak relativ moderate Inflationsraten, insbe-
                     sondere im Vergleich zu den Jahren von 2008 bis 2010. Diese Entwicklung wurde
                     hauptsächlich durch die sinkenden Kosten für Erdöl- und Erdgasprodukte bewirkt.
Inflation            2020 lag die Inflation bei 0,6%. Für das Jahr 2021 wird ein Anstieg bis zu 4.3% er-
                     wartet. Dies geht auf die Abwertung des irakischen Dinars Ende 2020 zurück und
                     dessen Auswirkung auf den Preis importierter Waren, von denen der Irak stark ab-
                     hängig ist. Höhere Ölpreise und pandemiebedingte Engpässe bei Lieferungen wer-
                     den auch Teil des Inflationsdrucks im Jahr 2021 sein.

                     Wichtigster Wirtschaftsfaktor im Irak ist und bleibt der Erdölsektor. Dieser macht
                     ca. 95% der Staatseinnahmen und 98% der Exporte des Landes aus. Trotz der
                     volatilen Sicherheitslage hat sich die Ölförderung seit 2003 verdreifacht. Die
                     meisten Öl- und Gasvorkommen liegen ungleich verteilt im schiitisch besiedelten
Energiesektor        Süden des Landes und entlang ethnischer Trennlinien im kurdischen Norden. Mit
                     153 Milliarden Barrel, wovon sich ein Drittel in Kurdistan befindet, verfügt der
                     Irak über die fünftgrößten nachgewiesenen Rohölreserven der Welt, und der ra-
                     sante Anstieg der Produktion in den Jahren 2015 -2017 macht ihn zum drittgröß-
                     ten Ölexporteur weltweit nach Venezuela und Saudi-Arabien und zum zweitgröß-
                     ten unter den OPEC-Staaten.

                     2020 war ein schwieriges Jahr für die Öl- und Gasindustrie. Die COVID-19-Pande-
Erdöl                mie dämpfte die Ölnachfrage, die Preise und die Produktion. Ölabhängige Länder
                     haben daher negative Auswirkungen auf ihre Einnahmen und Staatshaushalte er-
                     lebt.

                     Schrittweise hat der Irak (inkl. der Autonomen Region Kurdistan) die seitens der
                     OPEC auferlegten Drosselungen der Fördermenge umgesetzt und förderte daher
                     von Jänner bis August 2019 ca. 4,88 Mio. bpd. Der Irak könnte bis zu 5,9 Mio. bpd
                     fördern und laut der Internationalen Energieagentur (IEA) bis 2030 der drittgrößte
                     Ölproduzent weltweit sein.

OPEC+ Produktions-   Anfang des Jahres 2020 einigte sich die OPEC+ Gruppe auf monatliche Erdöl-Pro-
kürzungen            duktionskürzungen. Mit der Kürzung wollte die OPEC+ den in der COVID-Krise ra-
                     sant gefallenen Ölpreis wieder stabilisieren.

                     In den letzten Monaten hat der Irak allerdings seine Erdölförderung weiter gestei-
                     gert, obwohl der zweitgrößte Produzent der OPEC immer wieder versprochen
                     hatte, die Produktionskürzungen einzuhalten. Bestehende Risiken sind nach wie
                     vor die Gefahr von Terroranschlägen, die auf Ölförderanlagen abzielen, der vor-
                     herrschende Mangel an Wasser, welches für die Pumpen der Ölbohrungen benötigt

                           Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6

                       wird und die damit zusammenhängende Abhängigkeit von den Nachbarstaaten so-
                       wie die Abhängigkeit von Auslandsinvestitionen zur Modernisierung der Anlagen.
                       Laut Angaben des irakischen Ölministeriums sollen 2019 67% der Erdölexporte
                       nach Asien, 20% nach Europa und 13% nach Nord- und Südamerika gegangen sein.

Irak - Jordanien:      Die Planung zum Bau einer Pipeline von der ölreichen südirakischen Provinz
Pipeline               Basra zur jordanischen Hafenstadt Akaba und weiter nach Ägypten wurden wie-
                       deraufgenommen, nachdem das Projekt 2014 durch die Konflikte mit dem IS ins
                       Stocken geriet. 2019 wurde für qualifizierte Unternehmen eine Frist bis Mai 2020
                       gesetzt um ihre Angebote für das Projekt abzugeben. Nach Angaben eines Spre-
                       chers des irakischen Ölministeriums wurde diese Frist jedoch wegen der COVID-
                       19 Pandemie verschoben. Die jordanische Energieministerin Hala Zawati betonte
                       vor kurzem, dass das Projekt erst dann wiederaufgenommen wird, wenn der Irak
                       und Jordanien die Pandemie überwunden haben.

Bagdad Summit          Im Juli 2021 hatten sich der irakische Präsident Barham Salih gemeinsam mit
                       Premierminister Mustafa al-Kadhimi mit Jordaniens König Abdullah II. und Ägyp-
                       tens Präsident Abdel Fattah el-Sisi zum Bagdad Summit getroffen.
                       Dabei wurden unter anderem die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit,
                       industrielle Großprojekte sowie der Handel mit Medikamenten und landwirt-
                       schaftlichen Pestiziden besprochen.
                       Auch die Zusammenarbeit im Energiesektor wurde erörtert, darunter die Möglich-
                       keit, die Gasübertragungsnetze zwischen Irak und Ägypten über Jordanien zu ver-
                       binden. Bislang ist der Irak in hohem Maße von iranischen Gas- und Stromimporten
                       abhängig um die Binnennachfrage decken zu können.
                       Angesichts der durch die Coronavirus-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise be-
                       tonten sie auch die Bedeutung der Wiederöffnung der Grenzen zur Förderung des
                       Handels.

                       Laut IEA hat der Irak Gasvorkommen in Höhe von 3,5 Bio. m³ und liegt damit welt-
                       weit an 13. Stelle. Ferner ist der Irak auch das viertgrößte Gasabfackelungsland
                       der Welt: 2019 wurden ca. 19 Mrd. m³ abgefackelt, etwas mehr als 50 Prozent der
Gas                    produzierten Gasmenge. Im Jahr 2013 verpflichtete sich der Ministerrat, die routi-
                       nemäßige Erdgasabfackelung bis 2030 zu beenden. Im November 2016 unter-
                       zeichnete der Irak die Initiative der Weltbank "Zero Routine Flaring by 2030". Bei
                       der Reduzierung der Abfackelung wurden jedoch bisher nur begrenzte Fort-
                       schritte erzielt, da die Mengen an Erdölbegleitgas seit 2014 parallel zur steigen-
                       den Ölproduktion zugenommen haben.

                       Gemeinsam mit dem französischen Unternehmen Total will der Irak noch im
                       Laufe des Jahres 2021 einen Vertrag zur Umsetzung mehrerer Dual-Energie-Me-
                       gaprojekte abschließen um die Gasproduktion zu steigern, das Abfackeln zu be-
                       enden und Strom aus Solarenergie zu erzeugen.

                       Des Weiteren plant der Irak bis Ende 2023 zusätzliche 1,2 Bio. m³/Tag abgefackel-
                       tes Gas abzufangen, da das Land versucht, die steigende Nachfrage nach Gas zur
                       Stromerzeugung zu decken und seine Kohlenstoffemissionen zu senken.

                       Mit über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr würde sich der Irak als idealer Kandidat
                       für Solarenergie anbieten. Da das Land jedoch einer der führenden Energieliefe-
Erneuerbare Energien   ranten fossiler Brennstoffe ist, hält sich das Interesse der irakischen Behörden
                       noch immer in Grenzen. Aufgrund unzureichender Erzeugungskapazitäten und
                       steigendem Energiebedarf leidet der Irak jedoch mittlerweile unter ernsthafter
                       Stromknappheit.
                       Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP und die irakische Re-
                       gierung unterzeichneten im Februar 2020 ein Abkommen für den Bau des ersten

                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7

                  Solarparks in Duhok mit einer Kapazität von 2 Megawatt. Die Europäische Union
                  hat im Rahmen des UNDP-Programms “Supporting Recovery and Stability in Iraq
                  through Local Development” 2 Mio. USD für dieses Projekt bereitgestellt. Bis
                  2030 sollen weitere Solarparks mit einer Gesamtkapazität von 40 MW folgen.

                  Der Irak war Ende der 70er Jahre als Kornkammer der Region bekannt und ex-
                  portierte hauptsächlich Reis sowie über 500.000 t Datteln. Der Agrarsektor ist in
                  den letzten Jahrzehnten aufgrund fehlender Investitionen, kontraproduktiver Ag-
                  rarpolitik und der Präsenz des IS stark zurückgegangen. Nun ist der Irak zu ei-
                  nem beträchtlichen Teil auf Lebensmittelimporte v.a. aus der Türkei, Saudi-Ara-
                  bien und dem Iran angewiesen. Derzeit versuchen die Behörden die lokalen Agr-
                  arbetriebe zu modernisieren, um mit den Importen konkurrieren zu können und
                  letztlich die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren.
                  Eine weitere Herausforderung stellt die Wasserversorgung dar: In den letzten
                  Jahrzehnten ist der Wasserpegel aufgrund von Dürren infolge des Klimawandels,
Landwirtschaft    Dammprojekten an Euphrat und Tigris seitens der Türkei sowie einem Missma-
                  nagement in der Landwirtschaft um 40% zurückgegangen. Weitere Herausforde-
                  rungen sind Überweidung, kein Zugang zu und Schädigung von Land aufgrund von
                  Gewalt, Vertreibung der lokalen Bevölkerung, geringere Verfügbarkeit und hö-
                  here Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Futtermittelquellen sowie
                  geringere Veterinärversorgung.

Verstärktes       Einige internationale Banken, wie etwa Standard Chartered, Citibank, JP Morgan
Engagement        sowie türkische und libanesische Banken sind bereits im Irak aktiv, doch ist der
ausländischer     irakische Bankensektor weiterhin unterentwickelt. Türkische Banken sind ver-
Banken            mehrt in der Region Kurdistan zu finden, während jene des Libanon den Zentra-
                  lirak abdecken. Die libanesische Institute Fransa Bank, Blom Bank und Audi Bank
                  öffneten Filialen.

                  Schätzungsweise 1,5 Mio. Iraker sind in Nachbarstaaten geflüchtet. Die Anzahl an
Flüchtlinge       syrischen Flüchtlingen im Irak machte Ende 2019 eine Viertel Million aus, wobei
                  knapp über die Hälfte in der Autonomen Region Kurdistan angesiedelt ist. Die An-
                  zahl an irakischen Binnenflüchtlingen (Internally Displaced People - IDPs) belief
                  sich Ende 2019 auf knapp 1,4 Millionen Menschen. Diese Binnenvertreibung ge-
                  paart mit den regionalen Krisen, die Präsenz des IS, der politischen Instabilität
                  und Korruption haben zu einem Anstieg der Armut im Land geführt. Laut Studien
                  des European Asylum Support Office leben 7 Mio. Iraker unterhalb der Armuts-
                  grenze, das entspricht ca. 23% der Bevölkerung.

Autonome Region   Trotz einiger Zwischenfälle im Mai 2019 und der aktuellen Auseinandersetzungen
Kurdistan:        mit der PKK ist die Sicherheitssituation in der Autonomen Region Kurdistan nach
Überblick         wie vor besser als in den meisten übrigen Provinzen des Landes. Erbil-Stadt wie
                  auch Sulaymaniyah, Kirkuk oder Duhok können bereist werden. Austrian Airlines
                  fliegt direkt von Wien nach Erbil.

Sicherheitslage   Wir empfehlen in jedem Fall die Sicherheitslage, v.a. bei Überlandfahrten, vor An-
                  tritt einer Reise neu zu bewerten, da sich die Lage schnell ändern kann. Gerne
                  stehen wir Ihnen für Fragen rund um Geschäftsreisen in die Region oder das rest-
                  liche Staatsgebiet zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an das Außenwirtschaft-
                  sCenter Amman: amman@wko.at.

                        Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8

• 2. Besondere Entwicklungen

Aktuelle politische   Die Schwankungen des Ölpreises und COVID-19 haben auch Anfang dieses Jah-
und wirtschaftliche   res die wirtschaftlichen Probleme des Irak verschärft und die bestehenden wirt-
Entwicklungen         schaftlichen und sozialen Schwächen vertieft.
                      In einer Nation, in der Erdöl 90% der Staatseinnahmen ausmacht, erweisen sich
                      solche Entwicklungen als katastrophal. Infolgedessen sah sich die irakische Re-
                      gierung mit einer Liquiditätskrise konfrontiert, die zu einem schweren Haus-
                      haltsdefizit führte. Dies spiegelte sich in der Wut der Bevölkerung wieder, was zu
                      einer immer wiederkehrenden Flut an Demonstrationen führte.
                      Die Regierung steht, wirtschaftlich wie politisch, bis zu den geplanten Parla-
                      mentswahlen im Oktober unter enormen Druck.

Parlamentswahlen      3 Jahre nach den letzten Wahlen fanden am 10. Oktober 2021 Parlamentswahlen
Oktober 2021          statt. Diese waren vorgezogen worden, nachdem Massenproteste 2019 die dama-
                      lige Regierung gestürzt hatten und jene bis Juni 2020 andauerten. Zudem kam es
                      Anfang dieses Jahres zu tödlichen Angriffen auf Journalisten, pro-demokrati-
                      schen Aktivisten und anderen, was zu Aufrufen zum Boykott der Wahlen führte,
                      solange die Verantwortlichen ungestraft bleiben.
                      Die Wahlbeteiligung lag bei 41% und sank somit auf ein Rekordtief.
                      Den vorläufigen Ergebnissen nach hat die Partei des schiitischen Klerikers Mok-
                      tada al-Sadr die Parlamentswahl mit klarem Vorsprung gewonnen.
                      Die Sunniten haben den zweiten Platz errungen, gefolgt von der kurdischen KDP.
                      Im Vergleich zur letzten Parlamentswahl 2018 mussten diesmal Parteien mit Ver-
                      bindungen zum Iran und zu Milizen Verluste hinnehmen. Dagegen konnten aus
                      dem Stand Reformparteien, die nach den Protesten entstanden waren, einige
                      Sitze erringen.

Weißbuch              Die irakische Regierung hatte Ende 2020 ein von der Krisenzelle für Finanz- und
                      Steuerreformen ausgearbeitetes Weißbuch („White Paper“) für tiefgreifende
                      Wirtschaftsreformen offiziell verabschiedet.
                      Dies ist ein umfassendes Programm, welches einen klaren Fahrplan zur Reform
                      der irakischen Wirtschaft und zur Bewältigung der über jahrzehntelang ange-
                      sammelten ernsthaften Herausforderungen des Landes enthält. Iraks stellver-
                      tretender Premier- und Finanzminister Dr. Ali Allawi betonte, dass das White Pa-
                      per die irakische Wirtschaft auf einen Weg bringen wird, der es dem Staat ermög-
                      licht, in Zukunft geeignete Schritte zu unternehmen, um sich zu einer diversifi-
                      zierten und dynamischen Wirtschaft zu entwickeln.
                      Obwohl die aktuelle schwere Finanzkrise im Irak mit dem jüngsten starken Rück-
                      gang des Ölpreises und den Auswirkungen der COVID19-Pandemie zusammen-
                      hängt, macht das White Paper deutlich, dass die Ursachen für die wirtschaftlichen
                      und finanziellen Probleme des Irak mehrere Jahrzehnte zurückreichen
                      Anfang dieses Jahres hat die irakische Regierung angefangen, die erste Phase
Reformbestrebungen    des Reformprogrammes zu implementieren.

                      Eine der größten Herausforderungen, die es in dieser Krise zu bewältigen gilt,
                      ist die Reform des öffentlichen Sektors. Das Kabinett stimmte im Februar die-
                      ses Jahres der Einrichtung der Reformverwaltungszelle unter der Leitung des
Grenzöffnungen        Exekutivdirektors des Höheren Komitees für die Reform zu.

                      Die COVID-19 Situation hat den Güterverkehr mit den Nachbarländern 2020 auf
                      ein Minimum zurückgedreht.
                      Seit April 2021 ist es irakischen Studenten erlaubt über die Al Karamah Grenze
                      nach Jordanien einzureisen.
                      Die Grenze mit der Türkei ist die einzige Grenze, die offiziell geöffnet ist.

                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
9

                          Anfang Juni kam es mit dem Iran zu ersten Gesprächen bezüglich einer Wieder-
                          eröffnung der Grenze.

• 3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Österreichs               In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 beliefen sich die österreichischen
Exporte steigen im        Ausfuhren in den Irak auf 31,1 Mio. EUR und stiegen damit im Vergleich zum
ersten Halbjahr 2021      Vorjahr um 7,7%.
um 7,7%

                          Die wichtigste Warengruppe bei den österr. Exportwaren in den Irak in den ers-
Wichtigste Österr.        ten sechs Monaten 2021 waren im medizinischen Bereich verwendete optische,
Ausfuhrwaren in den       photographische Geräte, im Wert von 7,1 Mio. EUR, was eine Veränderung von
Irak                      398,4 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zeigt.

                          Die zweitwichtigste Exportgruppe waren pharmazeutische Erzeugnisse im Wert
                          von knapp 7 Mio. EUR und einer Steigerung von 377,3 %. Bedeutend war auch
                          der Export von Milchprodukten im Wert von 4 Mio. EUR, obwohl dieser im Ver-
                          gleich zum Vorjahreszeitraum um etwa 37,1 % zurückgegangen ist.

Wichtigste Import-        Die Importe aus dem Irak, in erster Linie Rohöl, erreichten im ersten Halbjahr
ware aus dem Irak         2021 einen Wert von 260 Mio. EUR und sind somit im Vergleich zum Vorjahr um
bleibt Rohöl              928% gestiegen.

Chancen für               Chancen für österreichische Firmen bestehen unter Berücksichtigung der Si-
österreichische           cherheitslage vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Energiewirtschaft,
Firmen                    Landwirtschaft (Bewässerung), Bauwirtschaft (insb. Wohnungsbau) sowie im
                          Gesundheitssektor. Möglichkeiten für heimische Firmen bieten sich auch in den
                          Sparten Konsumgüter (Lebensmittel und Getränke) und pharmazeutische Wa-
                          ren.

Kein einfacher Markt,     Der Irak ist im regionalen Vergleich ein sehr herausfordernder Exportmarkt, da-
aber mit viel Potential   her sollte man für einen Markteinstieg über internationale und regionale Erfah-
                          rung verfügen. Langfristig ist das Potential des Landes aber immens.

Service-Angebot des       In all den genannten Bereichen möchten wir Ihnen in den kommenden Monaten
AußenwirtschaftsCen-      und Jahren maßgeschneiderte Angebote bieten, sei es in Form von individuellen
ter Amman nutzen          Wirtschaftsmissionen oder anderen passenden Veranstaltungsformen um Sie
                          zielgerecht beim Markteinstieg in Jordanien zu unterstützen, Geschäftschancen
                          aufzuzeigen und sie mit potentiellen Partnern, Abnehmern und Behörden zu ver-
                          netzen.

Veranstaltungen           Im September 2021 fand in Erbil und Duhok eine von der AUSSENWIRTSCHAFT
                          AUSTRIA organisierte Wirtschaftsmission österreichischer Unternehmerinnen
                          und Unternehmer erfolgreich statt.

                          Für nähere Informationen steht Ihnen das AußenwirtschaftsCenter Amman je-
                          derzeit gerne zur Verfügung.

                               Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER AMMAN
Princess Basma Street 194, 6. Stock
Wadi Abdoun
Abdoun
P.O.Box 5287
Amman
Jordanien
T +962 6 5938 400
E amman@wko.at
W wko.at/aussenwirtschaft/jo
Sie können auch lesen