Austausch Hin und her - Stadt Zug

 
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Austausch Hin und her - Stadt Zug
Die Stadt Zug im Fokus   Nummer 22   Januar 2019   Fr. 4.50

Austausch Hin und her
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 2     Stadtmagazin Nr. 22              Januar 2019                       Editorial

                                  Start in den Austausch
EDITORIAL
                                                                               IMPRESSUM

                                                                    Herausgeberin
                                                                    Stadt Zug
                                  Die Welt aus einem anderen Blickwinkel    zu
                                                                    Stadthaus amsehen
                                                                                  Kolinplatzund
                                                                    6300 Zug
                                  neue Erfahrungen zu machen, das kommt        mir beim Begriff
                                                                    Periodizität
                                  «Austausch» spontan in den Sinn. Als
                                                                    dreimal pro Jahr17 in einen
                                                                        ich  mit
                                  Sprachaustausch nach Frankreich ging,   habe ich mir weniger
                                                                    Aufl age
                                                                    20 000
                                  Gedanken über den Austausch an und für sich gemacht
                                  als vielmehr, ob mein Französisch für    eine erste, halbwegs
                                                                      Redaktion
                                                                      Rolf Elsener (Redaktionsleitung),
                                  vernünftige Unterhaltung mit meiner      Gastfamilie        reichen
                                                                      Beat Aeberhard, Maria Aeberhard,
                                  würde. Erst im Nachhinein, als ich wieder zurück in der
                                                                      Jaana Bienz, Daniel Christen, Michaela
                                                                      Eicher, Regula Kaiser, Mercedes
                                  Schweiz war, haben sich die Erfahrungen       wieSaturnino
                                                                      Lämmler, Karin   ein Puzzle
                                  Stück für Stück zusammengesetzt. Dass ich beispielsweise
                                                                      Telefon
                                  zu Beginn kaum ein Wort rausgebracht       habe, mir dann
                                                                      041 728 21 82
                                  aber gesagt habe, wenn nicht jetzt, wann
                                                                      E-Mail dann, und ab
                                                                      kommunikation@stadtzug.ch
                                  diesem Moment frei von der Leber weg       und ohne weitere
                                  Gedanken an meine gestrenge Französischlehrerin
                                                                      Autoren
                                  drauflosparliert habe. Und siehe da, Ueli
                                                                      es ging     ganz ordentlich.
                                                                           Berger (Kolumnist), Jaana Bienz
                                                                              (Mitarbeiterin Kommunikation), Lucia
                                                                               Bolli (Journalistin), Rolf Elsener (Leiter
                                  Nicht viel anders geht es mir jetzt,        kurz     vor dem
                                                                               Kommunikation),        offi
                                                                                                  Lukas     -
                                                                                                         Niederberger
                                                                              (Geschäftsführer)
                                  ziellen Amtsantritt. Es ist Sonntag, der 6. Januar 2019. Die
                                  Koffer sind – bildlich gesprochen – gepackt:
                                                                        Fotografen Ich habe
                                                                        Michaela Eicher, Rolf Elsener, Daniela
                                  mich so weit wie möglich eingelesen,      mich mit Geschäften,
                                                                        Kienzler, Thomas Gretener, Alexandra
                                  Gesetzen, Abläufen und vielem mehr    Weyvertraut gemacht
                                  und da und dort erste Gespräche geführt.
                                                                        Korrektorat
                                                                                   Ich bin parat und
                                  kann am 7. Januar, meinem ersten offi     ziellen
                                                                        Mirjam  Weiss,Arbeitstag,
                                                                                       Zug
                                  starten. Wie vor einer Reise üblich, bin ich freudig gespannt,
                                                                        Kreation, Grafi k und Produktion
                                  spüre eine leichte Nervosität und hoffe,
                                                                        Christendass    alles
                                                                                 Visuelle       gutGmbH,
                                                                                          Gestaltung
                                  zum Klappen kommt. Dass ich viele Erfahrungen machen
                                                                        Zug: Daniel Christen, Andrea  Näpfl in,

                                  werde, ist klar, und als grundsätzlich    optimistisch ein-
                                                                        Druck
                                  gestellter Mensch gehe ich davon aus,      dass AG,
                                                                        Kalt Medien  dieZugmeisten
                                  positiv sein werden. Wie dieser Austausch
                                                                        Papier
                                                                                    dann tatsächlich
                                  ausfällt, welche neuen Welten sich auftun,
                                                                        PlanoSpeed,darauf       bin
                                                                                     Offset hochweiss
                                                                        Klimaneutral gedruckt auf FSC-zertifi-
                                  ich gespannt.                         ziertem Papier

                                  Vorerst danke ich Ihnen, liebe Zugerinnen und Zuger,
                                  dass Sie mir diesen Austausch mit der Wahl zur Stadträtin
                                  am 7. Oktober 2018 ermöglicht haben und ich die Chance
                                  erhalte, an der Zukunft unserer Stadt mitzuwirken. Ich
                                  werde mich anstrengen!

                                  Eliane Birchmeier, Vorsteherin Baudepartement
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 3                           Stadtmagazin Nr. 22                  Januar 2019                          Die Stadt Zug im Fokus

INHALT

                                                        Stadtpolitik
                                             7          Amtseinführung im 4/4-Takt
                                                        Stadtpräsidium Er ist promovierter Historiker, schwingt gerne das Tanzbein
                                                        und lässt sich nicht von dicken Portemonnaies blenden: Karl Kobelt, Zugs neuer
                                                        Stadtpräsident, ein Liberaler, der sich Inspirationen fürs politische Tages-
                                                        geschäft zuweilen auch mal im Kunsthaus holt.

                                                                    Wirtschaft
                                                          11        Kräfte bündeln für den Standort Zug
                                                                    Gemeinsam stark Unterschiedliche Organisationen mit verschiedenen
                                                                    Zielgruppen engagieren sich für die Zuger Wirtschaft. Wo es Sinn
                                                                    macht, spannt man zusammen – so für die Bildung oder den Ausbau des
                                                                    öffentlichen Verkehrs.

                                                                                Schule & Familie
                                                                       21       Im Ausland zu Hause
                                                                                Austauschjahr Ein Austauschjahr ist mit viel Umgewöhnung
                                                                                verbunden, nicht nur für den Austauschschüler selbst, sondern auch
                                                                                für Personen um ihn. Deshalb entscheidet sich die Mehrheit
                                                                                nicht dafür, eine andere Kultur zu besuchen, sondern gemütlich zu
                                                                                Hause zu bleiben. Einige haben sich doch getraut.

                                                                                             Kultur & Freizeit
                                                                                     25      Draussen ist die Welt –
                                                                                             und was ist dann drinnen?
                                                                                             Auslandateliers Was macht es mit einem Künstler,
                                                                                             wenn man ihn aus Zug rausnimmt und in eine
                                                                                             Millionenstadt steckt? Da passiert was, im Austausch.
                                                                                             Manchmal kann das auch eine Prüfung sein.

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die Stadtmagazin-Zug-App via
QR-Code oder Store auf Ihr                                                                                  28 Kolumne Till
Smartphone oder Tablet oder
                                                                                                            29 Kinderseite
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Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 4                   Stadtmagazin Nr. 22                      Januar 2019   Infografik

Hin und her
Text Janina Römer
Illustration Alice Kolb

                                           3310 Bäume
                                           So viele Bäume pflegt der städti-
                                           sche Werkhof. Davon müssen
                                           jährlich etwa 17 gefällt werden.
                                           Der Werkhof pflanzt wenn immer
                                           möglich neue Bäume.
                                           Quelle: Stadt Zug

                          5 Minuten
                          Die Stadt Zug hat ein Pilot-
                          projekt mit dem Free-Floating-
                          Veloverleih «AirBie» lanciert
                          (siehe S. 6). Eine Reise mit
                          diesen Crypto-Bikes dauert
                          durchschnittlich fünf Minuten.
                          Quelle: Airbie

                                                                                 14 Jahre
                                                                                 Es dauert im Mittel 14 Jahre, bis
                                                                                 sich das Wasser im Zugersee
                                                                                 vollständig ausgetauscht hat.
                                                                                 Quelle: Amt für Umweltschutz Kanton Zug
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 5                                         Stadtmagazin Nr. 22                    Januar 2019                          Infografik

                                                                                                          25 000
                                                                                                          Arbeitnehmer
                                                                                                          25 000 Arbeitnehmerinnen und
                                                                                                          Arbeitnehmer pendeln in die Stadt
                                                                                                          Zug zur Arbeit. 14 000 davon

          3008 her
                                                                                                          wohnen ausserhalb des Kantons
                                                                                                          Zug. Aus der Stadt Zug weg

          2706 weg                                                                                        pendeln 8900 Arbeitnehmende.
                                                                                                          Quelle: Fachstelle Statistik Kanton Zug

          2017 haben 3008 Personen
          ihren Wohnsitz in die Stadt Zug
          verlegt. Weggezogen sind
          2706 Personen.
          Quelle: Bevölkerungsstatistik 2017,
          BEVNAT, Statpop

                                                                      18 Megawatt
                                                                      Die Wärmetauscher in der See-
                                                                      wasserzentrale des Wärme- und
                                                                      Kältenetzes Circulago liefern
                                                                      eine Leistung von rund 18 Mega-
                                                                      watt. Mit dieser Leistung könnten
                                                                      rund 2250 Einfamilienhäuser
                                                                      beheizt werden.
                                                                      Quelle: WWZ AG
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 6                            Stadtmagazin Nr. 22   Januar 2019                           Stadtpolitik

Stadtpolitik
FREE-FLOATING-VELOVERLEIH                                GUT PARLIERT                          NEUGESTALTUNG

Bike-Sharing                                             In dieser Rubrik servieren wir
                                                         knackige Zitate aus den vergange-     Alpen- und
                                                         nen Sitzungen des Stadtparlaments,
                                                         des Grossen Gemeinderats.
                                                                                               Gotthardstrasse
                      Am Bahnhof ein E-Bike
                      über eine App lokalisie-           «Der Stadtrat ist kein
                      ren, über die gleiche App          Care-Team für verun-
                      das Veloschloss öffnen,            glückte Initiativtexte.»
                      mit dem Velo zu einer              Dolfi Müller in seinem letzten
                                                         Votum als Stadtpräsident zur SVP-
                      Konferenz im Theater               Interpellation «Hintertreibt der
                                                         Stadtrat aktiv den Volksentscheid     Im Hinblick auf die Sanierung und
                      Casino fahren und das              vom 10. Juni 2018 zum unteren         die Neugestaltung der Alpen-
                      Bike nachher dort stehen           Postplatz?»                           und der Gotthardstrasse sowie der
                                                                                               Pilatus- und der Erlenstrasse ver-
                      lassen, weil man lieber                                                  anstaltete die Stadt Zug einen Pro-
                                                         «Zieht den Kopf aus                   jektwettbewerb mit acht Teams.
                      zu Fuss durch die Alt-                                                   Diese bestanden je aus einem
                                                         dem Sand und sucht
                      stadt flanieren möchte.            nach Lösungen,
                                                                                               Landschaftsarchitekten und einem
                                                                                               Verkehrsplaner. Die Jury erachtet
                      Möglich ist all das mit            um dem Volkswillen                    das Siegerprojekt «Chriesi» als
                                                                                               rundum überzeugendes Konzept.
                      dem sogenannten Free-              gerecht zu werden!»                   Es wurde von den Berner Land-
                      Floating-Veloverleih-              Zur selben Interpellation SVP-        schaftsarchitekten bbz bern gmbh
                                                                                               und dem Bieler Büro Dudler (Raum-
                                                         Fraktionschef Gregor R. Bruhin in
system, das Fahrräder ohne feste Basisstation            seinem Votum an die Adresse           und Verkehrsplanung) entworfen.
                                                                                               Laut der Jury stärke das Konzept
verleiht. Das Ziel ist, dass bis im Sommer               des Stadtrates.
                                                                                               die Klarheit und Grosszügigkeit der
2019 in den Gemeinden Zug, Baar, Cham,                                                         ursprünglichen Strassenzüge.
                                                         «Die Welt geht vor                    Gleichzeitig erhöhe es die Sicher-
Steinhausen, Hünenberg und Risch insge-                                                        heit für die Fussgänger, ohne den
                                                         die Hunde und wir                     Verkehr zu behindern. Für alle
samt 500 free-floating Velos zur Verfügung               diskutieren über                      Verkehrsteilnehmer werde eine
stehen. Bisher haben die Anbieter smide und              Parkplätze.»
                                                                                               Verbesserung erreicht. Das Projekt
                                                                                               diene auch als Katalysator für die
nextbike Bewilligungen erhalten.                         Stadtrat Urs Raschle in der Diskus-   weitere Entwicklung des Quartiers
                                                         sion über die Bedeutung der Nach-     Neustadt und als Beitrag für eine
                                                         haltigkeitskommission.                mögliche Weiterentwicklung des
                                                                                               Bundesplatzes. Wenn der Grosse
Inhaberinnen und Inhaber einer digitalen ID                                                    Gemeinderat den Krediten zu-
der Stadt Zug können schon seit November                                                       stimmt, soll die Umsetzung ab
                                                                                               2020/2021 erfolgen.
2018 neun Elektrovelos via App gratis benut-
zen. Das Bike-Sharing-Pilotprojekt wurde                                                       Plakate über die acht Wettbewerbs-
                                                                                               projekte waren vom 14. November
von der Stadt Zug in Zusammenarbeit mit                                                        bis zum 2. Dezember 2018 auf dem
                                                                                               nördlichen Bundesplatz öffentlich
dem Zürcher Start-up-Unternehmen «AirBie»                                                      ausgestellt.
realisiert. Der Versuch dauert voraussichtlich                                                 Die Projektvisualisierung (siehe
bis im Sommer 2019 und ist ebenfalls im                                                        oben) lässt zwar darauf schliessen,
                                                                                               dass die neu gestaltete Alpenstrasse
Free-Floating-System angelegt.                                                                 mit japanischen Kirschbäumen be-
                                                                                               pflanzt werden soll. Welche Baum-
Infos:                                                                                         art schliesslich die Strasse zum See
smide.ch, nextbike.ch, airbie.io                                                               säumen wird, ist zum aktuellen Zeit-
                                                                                               punkt allerdings noch nicht definitiv.
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 7                            Stadtmagazin Nr. 22                   Januar 2019                     Stadtpolitik

Amtseinführung im 4/4-Takt
Stadtpräsidium Er ist promovierter Historiker, schwingt
gerne das Tanzbein und lässt sich nicht von dicken
Portemonnaies blenden: Karl Kobelt, Zugs neuer Stadt-
präsident, ein Liberaler, der sich Inspirationen fürs
politische Tagesgeschäft zuweilen auch mal im Kunst-
haus holt.             Interview Philipp Bucher, Fotos Philippe Hubler

Karl Kobelt: «Dass in unserer Stadt Einwohnerinnen und Einwohner aus über 130 Nationen leben, ist bereichernd.»
Austausch Hin und her - Stadt Zug
Seite 8                             Stadtmagazin Nr. 22                   Januar 2019                         Stadtpolitik

                                                                          «Ich habe Freude, wenn sich ein
                                                                           Gemeinwesen ent­wickelt, und das
                                                                           Wachstum darf durchaus sicht-
                                                                           bar werden.» Karl Kobelt

Nach zwölf Jahren hat sich die FDP das Zuger Stadtpräsidium von der       Was muss ein guter Stadtpräsident mitbringen?
Linken zurückerobert. Karl Kobelt heisst das frisch gewählte Ober-                Offenheit gegenüber Menschen und Meinungen, eine ge-
haupt, das gerade dabei ist, dem von Amtsvorgänger Dolfi Müller ge-               wisse Hartnäckigkeit und schliesslich die Konsequenz,
räumten Büro neues Leben einzuhauchen. Noch stehen einige Bilder                  den Worten Taten folgen zu lassen. Wenn man dann noch
auf dem Boden und sind nicht alle Unterlagen ausgepackt. Der 59-jäh-              ein gewisses Gespür für Entwicklungen sowie ein Stück
rige Kobelt hingegen fühlt sich bereits wohl an seinem neuen Arbeits-             Lebenserfahrung mitbringt, ist das umso besser.
ort – und lässt seinen Blick in die Zukunft schweifen.
                                                                          Und das bringen Sie alles mit?
Karl Kobelt, als Finanzchef waren Sie sechs Jahre lang zuständig für               Das wird sich zeigen (lacht). Ich denke, dass ich in den
die wirtschaftlichen Geschicke der Stadt Zug. Sind Sie froh, dieses Amt            zwölf Jahren, in denen ich nun bereits politisch aktiv bin,
nun zugunsten des Stadtpräsidiums abgeben zu können?                               durchaus das eine oder andere habe erwerben können.
          Das ist eine maliziöse Frage (lacht). Ich möchte mit umge-               Das ist auch meinem Alter geschuldet, immerhin werde ich
          kehrten Vorzeichen antworten. Ich bin froh um die Zeit im                in diesem Jahr 60, obwohl ich mich Gott sei Dank meistens
          Finanzdepartement. Die interdisziplinäre Zusammenar-                     jünger fühle, als ich bin.
          beit war für mich eine bereichernde Erfahrung, zumal ich
         von Haus aus nicht Finanzfachmann, sondern Historiker            In der Neuzusammensetzung des Zuger Stadtrates wird dieser nun
          bin. Ich habe viel gelernt und konnte im Team und mit an-       deutlich bürgerlicher. Was bedeutet bürgerliche Politik für Sie?
          deren einiges bewirken. In diesem Sinne ist es ein guter                  Bürgerliche Politik beinhaltet für mich – erstens mit den
          Moment, das Departement nun abzugeben.                                    finanziellen Mitteln haushälterisch umzugehen, zweitens
                                                                                    die Menschen nicht zu bevormunden, sondern auf ihre Ei-
Sie sind 1959 in St. Gallen geboren und wohnen seit 1998 in Zug. Wie                genverantwortung zu setzen, und drittens das nichtstaat-
hat sich die Stadt seither verändert?                                               liche Engagement von Einzelpersonen und Vereinen für
          Sie ist vor allem stark gewachsen. Als ich hierher zog,                   die Allgemeinheit wertzuschätzen und nach Möglichkeit
          zählte die Stadt Zug rund 22 000 Einwohnerinnen und                       zu fördern.
          Einwohner, heute sind es über 30 000. Das schlägt sich na-
          türlich im Stadtbild nieder, so existierten vor 20 Jahren       Zug ist eine wohlhabende Stadt und gerade für Wenigverdienende kein
          weder die Hochhäuser an der Baarerstrasse noch das              einfaches Pflaster. Finden auch einkommensschwache Schichten Ge-
          Uptown und der Parktower beim Bahnhof. Man sieht der            hör beim neuen Stadtpräsidenten?
          Stadt das Wachstum an.                                                    Ich habe für die ganze Bevölkerung ein offenes Ohr. Wert-
                                                                                    schätzung ist für mich keine Frage des Portemonnaies. Ich
Wie stehen Sie dieser Entwicklung emotional gegenüber?                              sehe primär den Menschen, nicht dessen soziale Stellung.
         Ich habe Freude, wenn sich ein Gemeinwesen entwickelt,                     Zudem verfügt die Stadt Zug über ein verlässliches sozia-
         und das Wachstum darf durchaus sichtbar werden. Gleich-                    les Netz und über zahlreiche attraktive Angebote für alle.
         zeitig nehme ich wahr, dass viele Menschen ihre Stadt
         kaum mehr wiedererkennen. Dem gilt es Rechnung zu tra-           Würden Sie sich eher als liberal oder als bürgerlich bezeichnen?
         gen. Identität und Heimatgefühle sind etwas, womit man                   Beides. Auf der Achse progressiv-konservativ würde ich
         achtsam umgehen muss.                                                    mich eher auf der progressiven Seite einordnen. Ich habe
                                                                                  nicht den Eindruck, dass früher alles besser war. Dennoch
Wann ist in Sachen Wachstum die Grenze erreicht?                                  kann ich mich auch für konservative Werte erwärmen, für
         Naherholungsgebiete dürfen nicht verschwinden. Auf dem                   die Heimatverbundenheit etwa.
         Stadtgebiet bestehen wunderbare öffentliche Grünzonen,
         die für alle rasch erreichbar sind. Diesem Angebot sollten       Sie politisieren für die FDP, bezeichnen sich aber zugleich als kultur-
         wir Sorge tragen.                                                affinen Menschen. Wie geht das zusammen?
                                                                                    Ich sehe da keinen Widerspruch. Der Liberalismus lässt
Was wird sich mit Karl Kobelt als Stadtpräsidenten in Zug ändern?                   sich nicht auf einen Bereich, etwa auf die Wirtschaft, re-
        Muss sich denn viel ändern? Die Stadt Zug verfügt über                      duzieren. Für mich bedeutet Liberalismus eine Grundhal-
        viele und grosse Qualitäten. Wenn es in Zukunft gelingt,                    tung, die alle politischen Themen und Lebensbereiche mit-
        die Lebensqualität zu halten und die Möglichkeiten für                      einbezieht.
        zwischenmenschliche Begegnungen aller Art noch zu
        erweitern, ist viel gewonnen. Dass in unserer Stadt Ein-          Welche Kultur konsumieren Sie?
        wohnerinnen und Einwohner aus über 130 Nationen leben,                    Ich lese gerne Bücher, gehe in Kunstausstellungen, besu-
        ist bereichernd.                                                          che Konzerte und ab und zu das Theater. Kultur inspiriert
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Seite 9                             Stadtmagazin Nr. 22                  Januar 2019                         Stadtpolitik

Karl Kobelt: «Auf der Achse progressiv-konservativ würde ich mich eher auf der progressiven Seite einordnen.»

«Immerhin werde ich in diesem                                            Zu Ihren Hobbys gehört das Tanzen. Was tanzen Sie und warum?
                                                                                  Verschiedene Tänze, Standard und Latein, Foxtrott, Rum-
 Jahr 60, obwohl ich mich Gott                                                    ba, Wiener Walzer, Tango, etc. Allerdings für den Haus-

 sei Dank meistens jünger fühle,                                                  gebrauch und ohne hohe Ansprüche (lacht). Tanzen ist
                                                                                  nonverbale Paar-Kommunikation und macht einfach Spass.
 als ich bin.» Karl Kobelt
                                                                         Sie waren viele Jahre im Journalismus und im Marketing tätig, zuletzt
                                                                         als Geschäftsführer der eigenen PR-Agentur. Vermissen Sie die Privat-
                                                                         wirtschaft nicht?
                                                                                  Nein. Ich gehe in meiner politischen Aufgabe auf. Ausser-
                                                                                  dem sehe ich durchaus Parallelen zur Privatwirtschaft.
                                                                                  Jedes Unternehmen stellt sich die Frage, was getan werden
                                                                                  muss, um das Produkt oder die Dienstleistung einzigartig
          mich. Es kam schon vor, dass ich bei gewissen beruflichen               und damit attraktiv auf dem Markt zu gestalten. Diese Fra-
          Fragestellungen ins Kunsthaus ging, um mich bewusst mit                 ge lässt sich auch auf die Standortpolitik übertragen.
          einer ganz anderen Materie zu befassen. Das kann einen
          neuen Blick auf eine Sache eröffnen und zu anderen Denk-       Was sind die drängendsten Herausforderungen, die in naher Zukunft
          ansätzen führen. Kultur ist für mich mehr als Freizeitbe-      auf die Stadt Zug zukommen?
          schäftigung oder Konsum schöner Dinge. Kultur ist eine                   Generell der Umgang im Spannungsfeld von Wachstum
          Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und mit sich                     und Wohn- und Lebensqualität. Konkrete Projekte in die-
          selbst.                                                                  sem Bereich sind die Postplatzgestaltung sowie die Neuge-
                                                                                   staltung der Alpen- und der Gotthardstrasse. Zudem steht
Gibt es eine Person, die Sie nachhaltig politisch sozialisiert hat?                die Revision der Bau- und Zonenordnung an. Wichtig
          Nein. Es gab aber grosse Figuren der Weltbühne nament-                   scheint mir, dass wir trotz der sehr guten Situation, in der
          lich im 20. Jahrhundert, die meinen Sinn für die Gestal-                 sich die Stadt Zug befindet, offen für mutige Entscheidun-
          tungskraft der Politik geschärft haben. Dazu gehören                     gen bleiben und uns nicht blockieren lassen.
          Winston Churchill, Konrad Adenauer und Charles de Gaul-
          le. Politische Vorbilder habe ich allerdings keine. Jeder      Was wird in 100 Jahren in den Geschichtsbüchern über die Stadt Zug
          muss sich in seiner politischen Rolle zurechtfinden, seine     der heutigen Zeit geschrieben stehen?
          Vorstellungen und seine Person einbringen.                              Dass die Stadt Zug nach einer klugen Standortpolitik im
                                                                                  20. Jahrhundert und einem darin begründeten Wachstum
Mit welcher Person würden Sie gerne für einen Tag tauschen?                       an Wohlstand mit der Digitalisierung an der Schwelle zum
         Mit einem Pianisten. Ich würde gerne sehr gut Klavier                    21. Jahrhundert einen weiteren Wachstumsschub erfahren
         spielen können und entdecken, wie es sich anfühlt, beispiels-            hat. Dass sie sich dadurch aber auch mit neuen Herausfor-
         weise ein Klavierkonzert Rachmaninovs perfekt zu spielen                 derungen, etwa dem sinnvollen Umgang mit der knappen
         und ganz in diese Klangwelt und das Lebensgefühl eines                   Ressource Land, aber auch mit einer gewissen Sättigung
         Werks einzutauchen.                                                      konfrontiert sah.
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Wirtschaft
SELBSTFAHRENDES FAHRZEUG                            PARKHAUS POSTPLATZ B360

MyShuttle nun unterwegs                             Erste Erfahrungen
                                                    positiv
                                                                                           Wissen austauschen

                                                                                           Während ein paar Wochen an Uni-
                                                    Im Sommer letzten Jahres wurde         versitäten in Afrika unterrichten? Afri-
                                                    das Parkhaus am oberen Postplatz       kanischen Studierenden ein Prakti-
                                                    eröffnet. Eigentümer sind die Pensi-   kum in Schweizer Firmen anbieten?
                                                    onskasse der Stadt Zug und die         Die 2009 von Sabina Balmer gegrün-
                                                    Wasserwerke Zug AG. Die Auslas-        dete Zuger Non-Profit-Organisation
                                                    tung der 100 öffentlichen Park-        B360 macht es möglich. Im Pro-
                                                    plätze hat sich seither gut entwi-     gramm «Südwärts» investieren euro-
                                                    ckelt. Matthias Häfelin, Geschäfts-    päische Fachexperten Zeit und
                                                    führer der Betreibergesellschaft       Know-how und unterrichten ehren-
                                                    Regimo AG, zeigt sich zufrieden:       amtlich an Hochschulen in Namibia,
                                                    «Seit der Eröffnung können wir lau-    Südafrika und Sambia. Umgekehrt
                                                    fend steigende Frequenzen fest-        erhalten Studierende im Programm
                                                                                           «Nordwärts» einen dreimonatigen
Seit dem 8. Januar 2019 ist das selbstfahrende      stellen. Teilweise ist das Parkhaus
                                                    sogar ausgebucht, so zum Beispiel      Praktikumsplatz bei Partnerfirmen in
Fahrzeug MyShuttle auf einer Teststrecke            wenn Anlässe am See oder in der        der Schweiz. Gastfamilien sorgen für
                                                                                           ein Zuhause und die Integration in
                                                    Altstadt stattfinden, wie die Jazz-
zwischen Metalli und Technologiecluster un-         night, das Seefest, das Zug Sports     den Schweizer Alltag. Spender, Do-
                                                                                           natoren, Friends von B360 und viele
terwegs. Das Fahrzeug lernte bereits im Früh-       Festival oder der Weihnachts-
                                                    markt.» Gemäss den Rückmeldun-         Pro-Bono-Leistungen ermöglichen
ling 2018 die Strassen von Zug kennen.              gen der Nutzerinnen und Nutzer         die Programme.
                                                                                           Mehr als 60 Studierende absolvier-
                                                    werden besonders die grossen
Nun wird es in den offenen Strassenverkehr          Parkfelder und die helle Atmos-        ten bisher ein Praktikum in einem
                                                                                           Schweizer Unternehmen. Über 200
eingebunden. Bewährt sich der MyShuttle             phäre geschätzt. Bemängelt wird
                                                    die erschwerte Zufahrt. Von der        freiwillige Fachexperten leisteten
in der Testphase, wird der Pilotbetrieb auf         Vorstadt her führt diese über die      mehrwöchige Einsätze an den Uni-
                                                                                           versitäten. Der ehemalige Regie-
                                                    Neugasse, die untere Ägeri-
eine geschlossene Kundengruppe ausge-               strasse und die Zeughausgasse.         rungsrat Matthias Michel ist einer
                                                                                           von ihnen. Im Rahmen seines Sabba-
weitet. Diese besteht aus Mitarbeitenden der                                               ticals hat er Ende Januar die Gele-
                                                    Freie Parkplätze online:
V-Zug AG. Wenn auch diese Testphase erfolg-         www.pls-zug.ch                         genheit packt. An der Namibia
                                                                                           University of Science and Technology
reich verläuft, kann der MyShuttle von                                                     in Windhoek leitet er zusammen
allen Zugerinnen und Zugern genutzt wer-                                                   mit drei anderen Experten aus der
                                                                                           Schweiz sogenannte «Career Starter
den. Am Pilotprojekt beteiligt sind SBB, Mo-                                               Workshops». Dabei bekommen die
                                                                                           Studierenden einen Einblick in die
bility, Zugerland Verkehrsbetriebe AG, Stadt                                               Berufspraxis und lernen selbst erste
Zug und Technologiecluster Zug. Aufgrund                                                   Schritte auf dem Arbeitsmarkt: durch
                                                                                           praktische Übungen, Fallbearbeitun-
der geltenden Bestimmungen des Strassen-                                                   gen, Erstellen von Bewerbungsdos-
                                                                                           siers oder Präsentationen. Matthias
verkehrsgesetzes muss jede Fahrt von einem                                                 Michel vor seiner Abreise: «Dieser
Sicherheitsfahrer begleitet werden.                                                        Transfer von Wissen und Erfahrung
                                                                                           ist eine sinnvolle Art der Entwick-
                                                                                           lungszusammenarbeit.»
Impressionen:
https://vimeo.com/310069217
                                                                                           Infos: www.b360-education-
                                                                                           partnerships.org
Seite 11                           Stadtmagazin Nr. 22                 Januar 2019                        Wirtschaft

Kräfte bündeln für den
Standort Zug
Gemeinsam stark Unterschiedliche Organisationen
mit verschiedenen Zielgruppen engagieren sich für
die Zuger Wirtschaft. Wo es Sinn macht, spannt man
zusammen – so für die Bildung oder den Ausbau
des öffentlichen Verkehrs.                                   Text Therese Marty, Fotos Thomas & Vreni Müller, Stephan Knecht

Die drei- bis viermal jährlich durchgeführten Berufswahlveranstaltungen stossen auf grosses Interesse.
Seite 12                             Stadtmagazin Nr. 22                 Januar 2019                         Wirtschaft

«Gemeinsam stark – für Zimmerberg-Basis-
tunnel 2 und Durchgangsbahnhof Luzern.»
                                                  «2018 haben rund 1000                           dung investiert wird und der Jugend
                                                                                                  attraktive, vielseitige Ausbildungsmöglich-
So lautet der Titel einer Medienmitteilung,        Schülerinnen und                               keiten geboten werden.
die der Zuger Gewerbeverband, der Verein
Wirtschaftsregion ZUGWEST und die Zuger
                                                   Schüler sowie gegen
                                                                                                  Engagement für die Bildung
Wirtschaftskammer Ende Oktober 2018 ge-            700 Väter und Mütter                           Beide Organisationen engagieren sich für Bil-
meinsam veröffentlicht haben. Ihre Anliegen
fassen die drei Organisationen in einem Posi-
                                                   die Berufswahlveran-                           dungsbelange. So sind sie unter anderem in
                                                                                                  der Schulkommission Berufsbildung vertre-
tionspapier zusammen, das sie im kommen-           staltungen besucht.»                           ten. Von der PH Zug sind sie eingeladen, im
den Januar im Rahmen eines öffentlichen
                                                   Yvonne Kraft                                   Rahmen der neuen Strategie ihre Meinung
Informationsanlasses der Bevölkerung prä-
                                                                                                  kundzutun. Sie machen sich bei vielen inter-
sentieren wollen. Zusammen mit den Zent-
                                                                                                  nationalen Unternehmen für die duale Be-
ralschweizer Kantonen will man sich dafür
                                                                                                  rufsbildung stark und engagieren sich ebenso
stark machen, dass der Zimmerberg-Basis-
                                                                                                  bei der Einführung neuer Berufe – zum Bei-
tunnel 2 bis 2035 projektiert und die Realisie-
                                                                                                  spiel für die Ausbildung ICT-Fachmann/Fach-
rung des Durchgangsbahnhofs Luzern zügig
                                                                                                  frau EFZ. Ein Thema ist auch die Förderung
vorangetrieben wird.                              Verkehr um ein überregionales Thema han-
                                                                                                  der MINT-Berufe, also die Ausbildung in den
                                                  delt, haben wir uns für den gemeinsamen
                                                                                                  Bereichen Mathematik, Informatik, Natur-
«Wir engagieren uns für optimale Rahmenbe-        Weg entschlossen», sagt die Geschäftsstellen-
                                                                                                  wissenschaft und Technik. Einfluss nehmen
dingungen für Unternehmen in der Region           leiterin Claudia Heger. Dies, «um dem Anlie-
                                                                                                  die beiden Organisationen insbesondere in
Zug, und eine gut ausgebaute Infrastruktur        gen mehr Kraft zu verleihen und die unter-
                                                                                                  der Vernehmlassung zum Lehrplan 21, wo sie
zählt mit zu den zentralen Standortfaktoren»,     schiedlichen Zugänge zu Mitgliedern und
                                                                                                  in der Arbeitsgruppe «Beurteilen & Fördern»
sagt Andreas Umbach, Präsident der Zuger          Entscheidungsträgern zu nutzen». ZUGWEST
                                                                                                  aktiv mitwirken.
Wirtschaftskammer. «Der Zimmerberg-Basis-         wird zum Teil durch öffentliche Gelder der
tunnel 2 verbessert zusammen mit dem              drei Mitgliedergemeinden finanziert und
Durchgangsbahnhof Luzern das Bahnange-            pflegt insbesondere mit den lokalen Gewerbe-
bot im Wirtschaftsraum Zentralschweiz mar-        vereinen sowie den Gemeinde- und Kantons-
kant», ist er überzeugt.                          räten aus dem Ennetsee regen Kontakt. Dies
                                                  mit dem Ziel, die gemeindeübergreifende
                                                  Standortentwicklung erfolgreich voranzu-
In einem gemeinsam mit dem kantonalen Ge-
werbeverband und dem Verein ZUGWEST er-           treiben. Aufgrund der lokalen Ausrichtung
                                                                                                  «Durch den gemeinsa-
arbeiteten Positionspapier nahmen die drei        bleibt für den Verein die Zusammenarbeit mit     men Auftritt erhalten wir
                                                  den kantonalen Organisationen auf einzelne
Wirtschaftsverbände im vergangenen Okto-
ber Stellung zur Botschaft des Bundesrats be-     Themen – wie die Bahninfrastruktur – be-
                                                                                                   im politischen Prozess
treffend den Bahn-Ausbauschritt 2035. Um          schränkt.                                        wie auch in der Öffent-
die Bevölkerung über die Wichtigkeit der bei-
den Projekte – Zimmerbergtunnel und Bahn-         Anders beim Gewerbeverband des Kantons
                                                                                                   lichkeit mehr Gehör.»
hof Luzern – zu informieren, ist am 30. Januar    Zug und der Zuger Wirtschaftskammer. Sie         Andreas Umbach
2019 ein öffentlicher Anlass geplant. «Darü-      wollen ihre schon länger dauernde Zusam-
ber hinaus suchen wir den Kontakt zu den          menarbeit künftig noch intensivieren. Dies
Zentralschweizer      Bundesparlamentariern,      gaben sie kürzlich über den Kurznachrichten-
und wir werden die Diskussionen genau be-         dienst Twitter bekannt. Ziel sei es, die Aktivi-
obachten und allenfalls mit weiteren Aktivi-      täten zu koordinieren und Synergien zu nut-
täten reagieren», so Umbach. «Eine gute Er-       zen, hauptsächlich in politischen Fragen, bei
reichbarkeit des Wirtschaftsstandorts Zug ist     Vernehmlassungen und vor Abstimmungen, «Für den neuen Lehrplan 21 haben wir unter
für alle drei Parteien gleichermassen von In-     und das besonders bei solchen, die den Stand- anderem erreicht, dass das Fach Berufswahl
teresse», sagt er weiter und ist überzeugt:       ort Zug betreffen. Denn die Interessen und in der 2. Oberstufe auch weiterhin als voll-
«Durch den gemeinsamen Auftritt erhalten          Meinungen sind bei der politisch neutralen wertige Lektion von der Klassenlehrperson
wir im politischen Prozess wie auch in der Öf-    Wirtschaftskammer und dem bürgerlich aus- unterrichtet wird – und das Thema nicht, wie
fentlichkeit mehr Gehör.»                         gerichteten Gewerbeverband in wirtschafts- vorgesehen, in andere Fächer integriert
                                                  politischen Themen weitgehend dieselben: wird», sagt Yvonne Kraft. Sie ist Vorstands-
ÖV – ein überregionales Anliegen                  Ob internationale Unternehmen oder Schwei- mitglied des Gewerbeverbandes und verant-
Dies ist auch die Überzeugung bei ZUGWEST,        zer KMU, ob Dienstleister oder Gewerbebe- wortlich für das Berufsbildungsmarketing.
einem 2009 gegründeten, politisch unabhän-        triebe – sie alle sollen von einem wirtschafts- Ausserdem sei es gelungen, das vom Aus be-
gigen, regionalen Verein, der sich als Netz-      freundlichen Umfeld profitieren können. Ein drohte Fach Technisches Zeichen als Wahl-
werkplattform versteht und sich auf die Ge-       Umfeld, das nicht nur moderne Infrastruktu- fach im Lehrplan beizubehalten: «Ein Fach,
meinden Cham, Hünenberg und Risch                 ren, wenig Bürokratie und attraktive Steuer- das in zahlreichen gewerblichen Lehrberu-
konzentriert. «Da es sich beim öffentlichen       sätze bietet, sondern in dem auch in die Bil- fen erforderlich ist.»
Seite 13                           Stadtmagazin Nr. 22                 Januar 2019                          Wirtschaft

                                                                                                ZUGER WIRTSCHAFTSKAMMER
                                                                                                Präsident    Andreas Umbach
                                                                                                Mitglieder   400 mit 20 000 Arbeitsplätzen
                                                                                                Ziel         Stärkung
                                                                                                             Wirtschaftsstandort Zug
                                                                                                Schwerpunkte Interessenvertretung,
                                                                                                             Förderung,
                                                                                                             Erfahrungsaustausch,
                                                                                                             Vernetzung,
                                                                                                  		Aus- und Weiterbildung,
                                                                                                             Öffentlichkeitsarbeit
                                                                                                Meilensteine 2011 Initiierung Faszination
                                                                                                             Technik, 2016 Übernahme
                                                                                                             Stützpunkt economiesuisse,
                                                                                                 		Bildung neuer Ausschüsse
                                                                                                Publikation  eNews
                                                                                                zwk.ch

                                                                                                GEWERBEVERBAND DES KANTONS ZUG
                                                                                                Präsident      Roland Staerkle
Andreas Umbach, Präsident der Zuger Wirtschaftskammer.
                                                                                                Mitglieder     9 Gewerbevereine und
                                                                                                               18 Berufsverbände mit
                                                                                                               2500 angeschlossenen
                                                                                                               Unternehmen
                                                                                                Ziel           Gute Rahmenbedingungen
                                                                                                               für Gewerbetreibende
                                                                                                Meilensteine   10 Jahre «Wirtschaft Zug»,
                                                                                                               Berufswahlveranstaltungen
                                                                                                Publikation    Magazin «Wirtschaft Zug»
Dem Gewerbe Nachwuchs sichern                   den alles Wissenswerte zum Bildungssystem.      zugergewerbe.ch
Beim Gewerbeverband des Kantons Zug – Die seit 12 Jahren organisierten Anlässe sind
dem grössten Wirtschaftsverband des Kan- sehr erfolgreich, wie Yvonne Kraft bestätigt:
tons – liegt gar der Hauptfokus auf der Berufs- «2018 haben rund 1000 Schülerinnen und          VEREIN WIRTSCHAFTSREGION ZUGWEST
bildung. Der Grund liegt nahe: «Wir brauchen Schüler sowie gegen 700 Väter und Mütter           Präsidentin   Regula Hürlimann
im KMU-Bereich genügend Lernende, und die Berufswahlveranstaltungen besucht – er-               Mitglieder    450 Firmen, 790 Personen
wir wollen gewährleisten, dass unsere Mit- freulicherweise sind auch immer mehr aus-            Ziel		Standortprofilierung und
glieder auch in Zukunft auf tüchtigen Nach- ländische Eltern dabei.»                                          aktive Wirtschaftspflege
wuchs zählen können», so Kraft.                                                                               in der Wirtschaftsregion
                                                Vernetzen, wo es Sinn macht                                   Zugwest
Kürzlich erst haben sie und drei Berufsbildner Es gibt also zahlreiche Themen und Projekte,     Meilensteine  2013 Nominierung SVSM
mehrere Rektoren, Schulleiterinnen und bei denen es Sinn macht, dass die verschiede-                          Award (Schweiz.
Schulleiter an die Swiss Skills in Bern einge- nen Organisationen ihre Kräfte bündeln.                        Vereinigung für
laden. Beim Besuch der Berufsmeisterschaf- Nach weiteren Beispielen einer erfolgreichen                       Standortmarketing),
ten sollten diese die unterschiedlichsten lokalen Zusammenarbeit bei der Zuger Wirt-                          2014 Petition ÖV
Lehrberufe kennenlernen. «Unser Ziel ist es, schaftskammer befragt, listet Andreas Um-                        Drehscheibe Zugwest
dass künftig möglichst viele Lehrpersonen bach zahlreiche Gruppierungen auf – vom Ad-           zugwest.com
die Swiss Skills mit ihren Klassen besuchen.» vokatenverein über verschiedene Ämter und
Mit «unser» meint Kraft den Gewerbeverband Bildungsinstitute zu mehreren Berufsverbän-
und ebenso die Zuger Wirtschaftskammer. den oder dem Technologie Forum Zug. Gibt es              WEITERE ZUGER
«Wir arbeiten im Bereich Berufsbildung eng denn unter den zahlreichen Organisationen             WIRTSCHAFTSORGANISATIONEN
zusammen», sagt sie und spricht damit auch auch Konkurrenz? Umbach bestätigt, dass              – Technologieforum Zug
die Berufswahlveranstaltungen an, die je- manche Gruppierungen ähnliche Ziele verfol-           – Advokatenverein des Kantons Zug
weils drei- bis viermal jährlich in verschiede- gen und dieselben potenziellen Mitglieder an-   – Verein HR Services Zug
nen Gemeinden des Kantons durchgeführt sprechen. Allerdings sieht er dies positiv: «Da          – Zuger Treuhändervereinigung ZTV
werden. Am Nachmittag werden Schülerin- die Ziele und Schwerpunkte und die Mitglie-             – Zug Commodity Association
nen und Schülern die unterschiedlichsten Be- der beziehungsweise die vertretenen Bran-          – Crypto Valley Association
rufe vorgestellt, abends erfahren Eltern und chen nicht deckungsgleich sind, resultiert         – Raiffeisen Unternehmerzentrum Baar
Lehrpersonen durch Referate und eine Podi- eine sich gegenseitig ergänzende Koexistenz,         – Diverse Gewerbevereine und
umsdiskussion mit Ausbildnern und Lernen- die wir aktiv suchen und fördern.»                       Berufsorganisationen
Hin und her
Pendlerinnen und Pendler am Bahnhof Zug
Eine Fotoreportage von Anina Lehmann
Seite 20                             Stadtmagazin Nr. 22   Januar 2019                              Schule & Familie

Schule & Familie
LUDOTHEK                                                   MUSIKSCHULE                              BIBLIOTHEK

Spielzeug-Tauschbörse                                      Ensemblekonzerte                         Generationen vereint

                                                           In der Musik ist Austausch ein wichti-   Die aktuelle Veranstaltungsreihe
                                                           ger Grundpfeiler für die musikali-       der Bibliothek Zug widmet sich den
                                                           sche und persönliche Entwicklung.        neuen Herausforderungen, vor die
                                                           Sie kann auf verschiedenen Ebenen        uns die digitale Welt stellt. Diese
                                                           stattfinden: im Einzelunterricht, aber   Herausforderungen betreffen nicht
                                                           vor allem auch beim gemeinsamen          nur Kinder und deren Eltern, son-
                                                           Musizieren im Ensemble, im Chor          dern die ganze Gesellschaft. Die
                                                           oder im Orchester.                       Veranstaltungsreihe greift offene
Jährlich landen nach Weihnachten unzählige                 Um möglichst vielen Schülerinnen
                                                                                                    Fragen, Ängste und Unsicherheiten
                                                                                                    auf und zeigt zugleich, welche Mög-
unbenutzte Spielzeuge im Abfall. Doch war-                 und Schülern die Möglichkeit zu bie-     lichkeiten sich durch die Nutzung
                                                           ten, sich musikalisch zu entwickeln      digitaler Medien ergeben. Ver-
um etwas wegwerfen, wenn man es gegen                      und mit anderen zu musizieren, hat       schiedene Workshops und Vorträge
etwas viel Cooleres eintauschen kann? Eine                 die Musikschule Zug ein neues For-
                                                           mat, das «Ensemblekonzert», ins Le-
                                                                                                    unterstützen Eltern, Kinder sowie di-
                                                                                                    gitale Einsteiger dabei, sich sicher
Spielzeug-Tauschbörse, an der «ungeliebte»                 ben gerufen. Die insgesamt fünf          und entspannt in der digitalen Welt
                                                           Konzerte finden jeweils am Samstag-      zu bewegen.
Weihnachtsgeschenke getauscht werden kön-                  morgen um 10.30 Uhr in der Aula
nen, gab es bisher in Zug noch nicht. Anfang               Loreto in Zug statt. Das Publikum er-    Beispielsweise findet am Samstag,
                                                           lebt an diesen Konzerten die grosse      23. Februar, ein kostenloser Mine-
2020 möchte die Ludothek erstmals einen                    Vielfalt der Musikschule. Zudem er-      craft-Workshop statt. Eltern und Kin-
solchen Anlass durchführen.                                fahren die Schülerinnen und Schüler,
                                                           wie bereichernd es ist, wenn sie
                                                                                                    der können zusammen in die Spiel-
                                                                                                    welt von Minecraft eintauchen und
                                                           neben dem Einzelunterricht auch          ihre Kreativität und Überlebensstra-
                                                           Ensembleunterricht erhalten.             tegie unter Beweis stellen.
Die Ludothek bietet nicht nur eine grosse Aus-
                                                           Ensemblekonzerte                         Weitere Infos:
wahl an Spielen, sondern beteiligt sich auch               der Musikschule Zug                      www.medienkompetenz.
regelmässig an Veranstaltungen. Dazu gehört                19. Januar 2019: Tasteninstrumente
                                                           26. Januar 2019: Streichinstrumente
                                                                                                    bibliothekzug.ch
                                                                                                    minecraftfebruar.eventbrite.de
beispielsweise der Malwettbewerb der IG                    23. Februar 2019: Zupfinstrumente
                                                           9. März 2019: Holz- und
Altstadt zu Ostern (8.–20. April). Auch beim               Blechblasinstrumente
Altstadtflohmarkt im Juni, beim Ferienpass                 23. März 2019: Gesang

in den Sommerferien und beim Märlisunntig                  Jeweils um 10.30 Uhr
                                                           in der Aula Loreto in Zug
am 8. Dezember macht die Ludothek mit.
Weitere Infos:                                             Weitere Infos:
www.ludo-zug.ch                                            www.musikschulezug.ch

In der Ludothek: Puzzle auf der Kinderseite 29.
Seite 21                           Stadtmagazin Nr. 22                  Januar 2019   Schule & Familie

 Im Ausland zu Hause
 Austauschjahr Ein Austauschjahr ist mit viel Umgewöhnung
 verbunden, nicht nur für den Austauschschüler selbst,
 sondern auch für Personen um ihn herum. Deshalb entscheidet
 sich die Mehrheit nicht dafür, eine andere Kultur zu
 besuchen, sondern gemütlich bei sich zu Hause zu bleiben.
 Aber einige haben sich doch getraut.
 Text und Handy-Fotos Alexandr Ebnöther, Schüler an der Kantonsschule Zug

 Sophie Steinle (Vierte von rechts) mit ihrer Klasse aus dem Austauschjahr.
Seite 22                               Stadtmagazin Nr. 22                 Januar 2019                        Schule & Familie

Wieso sollen Jugendliche ein Austausch-
semester machen? Die Vorstellung ist oft: um
                                                    «Es ist eine komplett                         Kauf, was manchmal auch ein bisschen mit
                                                                                                  Heimweh verbunden ist. Gleichzeitig sagen
Sprachen zu lernen. Zwei Austauschschüle-            andere Erfahrung,                            alle Austauschschüler, dass es das beste Jahr
rinnen, eine Gastfamilie und ein Vertreter ei-
ner Austauschorganisation sind da ganz an-
                                                     an einen Ort hinzu-                          war, das sie erleben durften.»

derer Meinung. Sophie Steinle (16), eine             gehen, um von null                           Mädchen und Jungs
Schülerin der Kantonsschule Zug, hat ein
Austauschjahr in Kanada gemacht. Ihrer Mei-
                                                     anzufangen.»                                 Hat es mehr Mädchen als Jungs unter den
                                                                                                  Austauschschülern? Evi Hirt, die Gastmutter
nung nach ist dies eine gute Gelegenheit, in             Sophie Steinle                           von Yee Lly, und ihre Tochter Jasmin sind der
eine fremde Kultur mit einer neuen Sprache                                                        Meinung, dass beide Geschlechter gleich ver-
einzutauchen. «Es ist eine komplett andere                                                        treten sind. Die Familie Hirt ist das zweite
Erfahrung, an einen Ort hinzugehen, um von                                                        Mal Gastfamilie der Organisation AFS. Vor-
null anzufangen. Es ist aber auch eine Mög-                                                       her lebte ein Junge aus Paraguay für ein Jahr
lichkeit, sich selbst neu zu erfinden und ken-                                                    bei ihnen.
nenzulernen. Dort gibt es niemanden, der
dich schon kennt; man kann sein, wie man                                                          «Mehr Mädchen», antwortet Sophie Steinle
wirklich ist, und nicht, wie man es von dir er-     einen dreimonatigen Sprachaufenthalt und ohne zu zögern, «und es ist auch so, dass
wartet», so Sophie.                                 lernt gleich viel Sprache wie in einem ganzen Mädchen schneller eine Gastfamilie finden
                                                    Austauschjahr. Der Sinn und Zweck vom Ju- als Jungs.» Auch sei es einfacher für Mäd-
Yee Lly Lim (18) ist eine Austauschschülerin        gendaustauschprogramm ist, dass man die chen, sich mit anderen Mädchen anzufreun-
aus Malaysia, die vor fast einem Jahr in die        Kultur kennenlernt, in ihr lebt, sich mit ihr den; es passiere viel natürlicher. Das heisse
Schweiz kam. «Es ist mega einfach, eine neue        auseinandersetzt, um nachher, wenn man aber nicht, dass Mädchen es einfacher haben,
Sprache zu lernen, wenn man wie die Leute           zurück in die Schweiz kommt, ein Botschaf- sich zu integrieren.
in diesem Land lebt und jeden Tag die Spra-         ter dieser Kultur zu werden», sagt Aufder-
che hört», sagt die Malaysierin, die zuvor          mauer. «Ein anderer wichtiger Aspekt ist die «Mädchen sind einfach offener. Sie sind ten-
noch gar kein Deutsch konnte.                       Entwicklung der Jugendlichen. Die Zeit zwi- denziell auch mehr interessiert, eine neue
                                                    schen 15 und 18 Jahren, in der man ein Aus- Sprache zu erlernen als Jungs. Deshalb las-
Auch Stefan Aufdermauer, Jugenddienstlei-           tauschjahr macht, ist ein Alter der starken sen sich Mädchen eher auf so ein Abenteuer
ter des Rotary Club Zug-Zugersee, ist der           Persönlichkeitsentwicklung. Ein Austausch- ein. Jungs dagegen sind strukturierter und
Meinung, dass bei einem Austauschjahr nicht         jahr wirkt wie zwei Jahre zu Hause. Der Ju- machen sich schon vorher Gedanken, was sie
die Sprache im Vordergrund steht. «Wenn             gendliche lernt in diesem Jahr, sich selbst- wo machen wollen», so Stefan Aufdermauer.
man nur die Sprache lernen will, macht man          ständig zu verhalten, und nimmt manches in «Aber konkret, ob es mehr Mädchen oder

Evi Hirt (links), Jasmin Hirt (Mitte) und Yee Lly Lim.
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mehr Jungs gibt, ist schwierig zu sagen. In
diesem Jahr sind es vielleicht mehr Jungs, im
nächsten dann wieder mehr Mädchen.»

Erwartungen und Erlebnisse
«Die meisten Austauschschüler wollen nach
Amerika oder Australien», sagt Stefan Auf-
dermauer, «aber oft macht man mehr und
bessere Erfahrungen, wenn man in ein Land
reist mit einer ganz anderen Kultur, zum Bei-
spiel Länder in Südamerika. Es bringt den Ju-
gendlichen viel mehr, in ein ärmeres Land zu
reisen, um zu erfahren, wie dort Familien le-
ben, und so mit einer fremden Kultur in Kon-
takt zu kommen.» Man solle offen bleiben,
denn sonst habe man Erwartungen an das
Austauschziel, welche dann nicht in Erfül-
lung gehen könnten. Sich einfach nicht zu
viel Gedanken machen, sondern die Momen-
te geniessen – dann komme das Jahr auch
meistens gut raus.

«Ich wollte nach Kanada wegen dem Franzö-
sisch», erzählt Sophie Steinle über ihren Ent-
scheid. «Ich finde es wichtig, Französisch zu                Sophie Steinle (links) mit einer Freundin aus dem Austauschjahr.
können, da es eine Landessprache der Schweiz
ist. Nach Frankreich wollte ich nicht, denn mir
war die Distanz zur Schweiz zu klein. Es war                                                    Fazit
gut, einen Ozean zwischen mir und meiner          «Mein Gastvater ist                           «Im Nachhinein überlegte ich mir, ob ich
Familie zu haben, denn so kann man nicht
einfach nach Hause zurück, wenn es plötzlich
                                                   Tourenleiter. Ich konnte                     nicht ein exotischeres Land hätte wählen sol-
                                                                                                len», meint Sophie Steinle, «aber für eine ers-
nicht passt.» Die grosse Distanz steht symbo-      mit ihm das Breithorn                        te Erfahrung war Kanada eigentlich gut. Ich
lisch dafür, dass man keine Hilfe von zu Hause
bekommt. Sie hat gelernt, auf sich selbst zu
                                                   besteigen, ich war                           empfehle es allen, die ein Abenteuer erleben
                                                                                                wollen. Es ist aber sehr wichtig, dass man
hören, «und auch dann einen Weg zu finden,         noch nie auf einem so                        nicht nur für die Sprache in das Land geht,
wenn es scheint, als gäbe es keine Lösung. Ich
probierte, mir so wenig Gedanken wie mög-
                                                   hohen Berg.»                                 sondern auch um die Kultur kennenzulernen,
                                                                                                sonst integriert man sich nicht.»
lich zu machen. Aber natürlich wollte ich dort     Yee Lly Lim
Französisch lernen und neue Freunde finden,                                                     «Ich finde die Schweiz war eine gute Wahl,
und beides ist eingetroffen.»                                                                   um in ein Austauschjahr zu gehen», sagt Yee
                                                                                                Lly. «Ich finde ich habe nicht ein Jahr verlo-
«Ich wollte wissen, was ich alles kann», meint                                                  ren, sondern gewonnen.»
Yee Lly, «denn wenn man ins Ausland geht,
muss man selbst neue Freunde finden, und                                                         Die Gastfamilie von Yee Lly ist total begeis-
man muss lernen, unabhängig zu sein.» Sie                                                        tert von den zwei Jahren mit Austauschschü-
findet es gut, dass sie jeden Tag vor der Her-                                                   lern: «Es bringt Leben ins Haus. Anstatt dass
ausforderung steht, mit Leuten aus einer an-                                                     ich selbst reisen muss, kommt die ganze Welt
deren Kultur in einer fremden Sprache zu                                                         zu mir», sagt Evi Hirt. «Es ist auch sehr span-
kommunizieren und in Kontakt zu treten. «Es                                                      nend zu sehen, wie ein Austauschschüler sich
wird mir später im Leben viel bringen, was                                                       entwickelt und verändert. Man muss keine
ich hier im Austauschjahr gelernt habe.» Yee                                                     Angst haben vor der Verantwortung. Als
Lly wollte am Anfang nach Deutschland. Das                                                       Gastfamilie bekommt man viel Unterstüt-
war leider nicht möglich, weil viele Leute        Stefan Aufdermauer sagt, es werde dafür ge-    zung von den Rotary-Organisationen. Wenn
ebenfalls dorthin wollten. «Der Grund ist:        sorgt, dass die Austauschschüler etwas er-     Schwierigkeiten auftreten, wird man unter-
wenn man in Asien ‹Europa› hört, denkt man        lebten: «Damit sie die Gegend besser ken-      stützt. Man ist nie allein.»
direkt an Deutschland.» Da es mit Deutsch-        nenlernen, organisieren wir fünf Zuger
land nicht geklappt hat, hat sich Yee Lly als     Rotary Clubs in den ersten vier Wochen Aus-    Könnte der Grund, wieso Austauschjahre noch
Alternative die Schweiz als deutschsprachi-       flüge. Zum Beispiel gehen wir auf den Wild-    nicht so populär sind, sein, dass Schüler oder
ges Land ausgesucht. Über ihre Erlebnisse im      spitz, wir erkunden die Zugerberg-Region,      Familien noch zu viel Angst haben? Das wäre
Austauschjahr erzählt Yee Lly: «Mein Gastva-      fahren mit dem Schiff auf dem Zugersee und     schade, denn diese Angst verhindert die Mög-
ter ist SAC-Tourenleiter. Ich konnte mit ihm      besuchen die Höllgrotten. Auch gibt es         lichkeit, das beste Jahr seines Lebens zu erle-
das Breithorn besteigen, ich war noch nie so      Weekends in anderen Teilen der Schweiz         ben. Traut euch, taucht ein in dieses einmalige
hoch auf einem Berg. Das fand ich cool!»          wie Zermatt, Fiesch und Tessin.»               Abenteuer, ihr werdet es nicht bereuen!
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Kultur & Freizeit
GEDENKVERANSTALTUNG                             SPORTANGEBOT                           BIBLIOTHEK-HITLISTE

Notlandung eines                                Multifunktions-                        Austausch
                                                anlage bald bereit
US-Air-Force-Bombers                                                                               Too Good To Go
                                                                                                   App

                                                                                       Too Good To Go ist eine Bewegung
                                                                                       zur Rettung von Lebensmitteln. Über
                                                                                       die App können sich Konsumenten
                                                                                       und Gastronomen miteinander ver-
                                                                                       binden. So erhalten Interessierte die
                                                                                       Möglichkeit, sich gegen Food Waste
                                                                                       einzusetzen.
                                                Im Sommer 2019 wird im Hertiquar-
                                                tier eine sogenannte Multifunktions-               Film und Fernsehen.
                                                anlage gebaut. Damit wird das öf-                  Geld: Vom Tausch
                                                fentliche Sportangebot um ein                      zum Kauf
                                                attraktives Angebot erweitert. Die                 WAS IST WAS
                                                Anlage entsteht auf dem Hartplatz
                                                zwischen der Trainings- und der        WAS IST WAS entführt dich in ein Wis-
                                                Sporthalle, unmittelbar neben der      sensabenteuer rund ums Geld. Früher
                                                Bossard-Arena. Es entstehen zwei       tauschte man Muscheln oder Salz ge-
                                                Mehrzweck-Spielanlagen: eine An-       gen Waren, später bezahlten die Men-
                                                                                       schen mit Münzen. Heute kann man
Am 16. März 1944 musste ein stark beschä-       lage mit Kunstrasen und eine mit
                                                                                       über das Internet bezahlen.
                                                Tartanbelag, wie bei einer Leicht-
digter B-17G-Bomber der US Air Force auf        athletikanlage. Beide Felder wer-
                                                                                                   Tausche Bruder gegen …
dem Zugersee notwassern. Die neun Crew-         den mit zwei Toren und einer Vor-
                                                richtung für die Befestigung eines                 Andrew Joyner und
mitglieder dieser «fliegenden Festung»          Volleyballnetzes ausgestattet. Sie                 Jan Ormerod
                                                erhalten je eine Fussball- und eine
sprangen vorher im Raum Baar mit dem Fall-      Volleyballfeld-Markierung, das         Nachwuchs bei Familie Kroko! Karlines
                                                                                       Mama findet das Baby zuckersüss und
schirm ab. Ein Crewmitglied starb bei der       Feld mit dem Tartanbelag zusätz-
                                                lich zwei Basketballkörbe und die      toll. Vielleicht sogar toller als Karline?
Landung. Der Pilot setzte mit einer fliegeri-   entsprechende Markierung.              Da hat Karline die Idee, den kleinen
                                                                                       Bruder umzutauschen wie Mama ihren
schen Bravourleistung auf dem See auf           Kanton und Stadt Zug teilen sich       neuen Hut.

und überlebte. Durch die Notwasserung ver-      die Kosten für die Multifunktionsan-
                                                lage. Bereits Anfang 2016 legte der                Bibi Blocksberg:
hinderte er eine Katastrophe. Am 15. und        Stadtrat ein Projekt vor, mit dem                  Die Austauschschülerin
                                                die Sportmöglichkeiten für die Zu-                 Klaus-P. Weigand
16. März, 75 Jahre nach dem Ereignis, findet    ger Bevölkerung erweitert werden
in Baar und Zug eine Gedenkveranstaltung        sollten. Die Baubewilligung wurde
                                                jedoch angefochten. Aufgrund neu-
                                                                                       Bibi freut sich sehr auf die Austausch-
                                                                                       schülerin Emily aus London. Doch lei-
statt. Im Rahmen eines kleinen Festakts mit     er Lärmschutzgrundlagen wurden         der entpuppt sich das Mädchen
                                                die Betriebszeiten angepasst. Des-     schnell als absolutes Gegenstück zu
dem ehemaligen Stadtarchivar Christian          halb verzögerte sich der Bau um        ihr selbst. Ob die beiden trotzdem
Raschle und mit Stadtpräsident Karl Kobelt      rund drei Jahre. Die Anlage wird
                                                voraussichtlich noch vor dem eid-
                                                                                       Freundinnen werden?

wird eine Gedenktafel enthüllt. Der Lokal-      genössischen Schwing- und Älpler-                  Tausche Chaos gegen
                                                fest fertiggestellt.
historiker Oskar Rickenbacher wird ausser-                                                         Leichtigkeit: So
                                                                                                   entrümpeln Sie Ihr Leben
dem zwei Vorträge halten. An verschiedenen                                                         Gabi Rimmele
Orten informieren Plakate zur Geschichte.                                              Warum ist es so verdammt schwer,
                                                                                       sich von überflüssigen Dingen zu tren-
                                                                                       nen? Die Diplom-Sozialarbeiterin Gabi
                                                                                       Rimmele regt dazu an, inneren und
                                                                                       äusseren Ballast loszulassen und neue
                                                                                       Leichtigkeit zu gewinnen.
Seite 25                           Stadtmagazin Nr. 22                 Januar 2019                            Kultur & Freizeit

Draussen ist die Welt –
und was ist dann drinnen?
Auslandateliers Was macht es mit einem Künstler, wenn
man ihn aus Zug rausnimmt und in eine Millionenstadt
steckt? Da passiert was, im Austausch. Manchmal kann
das auch eine Prüfung sein.                                        Text Falco Meyer, Fotos Daniela Kienzler

Lukas Meier (l.) und Martin Riesen nach ihrer Rückkehr aus Buenos Aires.
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                                                   eine Möglichkeit, die du sonst gar nicht hast:
Raus aus der Stadt. Beamer im Koffer. Kame-
ra dabei. Mit dem Zug nach Zürich. Mit dem         Dich den ganzen Tag, sieben Tage die Woche,
                                                                                                      «So ein Aufenthalt gibt
Flugzeug nach Buenos Aires. Die beiden Zu-         nur auf etwas einzulassen», sagt er. «In der        dir eine Möglichkeit,
ger Martin Riesen und Lukas Meier gehen als        Schweiz hast du vielleicht noch einen Job, so-
VJs (Visual Jockey), und kommen sechs Mo-          ziale Verpflichtungen. Kannst mal zwei Stun-
                                                                                                       die du sonst gar nicht
nate später als Künstler zurück.                   den arbeiten, dann musst du wieder los. Dort        hast: Dich den ganzen
                                                   hast du alle Zeit der Welt.»
Aussteigen am Flughafen Kairo, rein in die
                                                                                                       Tag, sieben Tage die
Bruthitze. Der Abholservice ist eine Stunde        Zeit ist etwas, das Twerenbold heute nicht          Woche, nur auf etwas
zu spät, oder er hat sie nicht erkannt, oder sie   mehr hat. Mit seiner Freundin und deren
hat das Schild nicht gesehen. Als die Zuger        Schwester baut er am Gemeinschaftsatelier,
                                                                                                       einzulassen.»
                                                                                                       Denis Twerenbold
Musikerin Patricia Draeger ihren Weg zum           bald ist Eröffnung, ein Jahr hat das nun ge-
Atelier der Stadt Zug endlich findet, führt der    dauert. Der Aufenthalt in Kairo ist zwei Jahre
sie direkt an den Nil. Ein Fährmann ohne           her. Er hat seine Arbeitsweise geprägt. «Da-       klassische Künstlerförderung», sagt Falk. «Es
Zähne setzt sie ans andere Ufer. Dort nehmen       durch, dass ich viel Zeit hatte, ist alles viel    geht darum, dass sie sich persönlich weiter-
Frauen und Männer Fische aus, und blicken          schärfer profiliert, besser durchdacht.» Seine     entwickeln können. Ein Netzwerk aufbauen,
auf, als Draeger vorbeigeht. Katzen und Hun-       Serie aus Kairo heisst «all the satellite dishes   Neues lernen.»
de und noch mehr Katzen. Der Weg führt sie         on the roofs face southwest». Das ist auch
durch ein Dorf mitten in der 20-Millionen-         eine Überlebensstrategie. «Wenn du in Kairo        Das neuste Atelier in Buenos Aires hat Falk
Stadt. Menschen mit Gesichtern, die es in der      aus der Metro steigst und keine Ahnung hast,       selbst initiiert und der Städtekonferenz
Schweiz gar nicht gibt. Draeger braucht erst       wo du bist, weisst du wenigstens, wo Südwes-       schmackhaft gemacht, auf einer Ferienreise
mal einen Moment, um hier anzukommen.              ten ist», sagt Twerenbold und lacht.               im Land. «Ich habe überall nach möglichen
Den Moment bekommt sie nicht: Die Stadt                                                               Ateliers Ausschau gehalten», sagt sie und
verschluckt sie sofort. Heute noch, zwei Jah-      Persönliche Entwicklung ist gefragt                lacht. Es hat geklappt.
re später, ist sie nicht fertig damit. So dicht    Was passiert, wenn man Künstler aus der
zusammengeknetet wird ihre Zeit in Kairo,          Kleinstadt Zug in eine Metropole verfrachtet?      Zum ersten Mal als Künstler
dass sie für ein halbes Leben Stoff zum Nach-      Jacqueline Falk sitzt in ihrem Büro im Haus        wahrgenommen
denken bietet.                                     Zentrum, hinter ihr stapeln sich Kunstwerke,       Lukas Meier fühlt sich einigermassen wohl
                                                   darunter auch das Bild von Twerenbold mit          an der Strassenecke in La Boca, Buenos Aires.
Denis Twerenbold steht auf der Dachterrasse        der aufgeblasenen Autohülle. Falk sorgt da-        Das Atelier ist Teil des armen Quartiers.
und schwitzt. Seine Idee immerhin funktio-         für, dass so oft wie möglich Zuger Künstler        Gleichzeitig ist es auch Teil der Gentrifizie-
niert. Die Autohülle ist aufgeblasen und           den Weg ins Ausland finden. Das geht am            rung. «Wir wussten eigentlich gar nicht, wo
schwebt über der Dachhitze. Sieht aus wie          besten über die Künstler-Ateliers der Städte-      wir da mitmachen», sagt Meier: «Die Stadt
die abgeworfene Reptilien-Haut. Twerenbold         konferenz, bei der Zug mitmacht. An drei           will mit solchen Ateliers das Quartier auf-
ist gekommen, um zu arbeiten. Das Künstler-        Ateliers kann die Stadt sich beteiligen: Bue-      werten – das bedeutet auch, dass es für die
atelier der Stadt Zug ist für ihn ein weiterer     nos Aires, Kairo und Genua. «Aber Genua,           Bewohner dort viel teurer werden wird.» Die
Sprung ins Ungewisse. Er hat in China foto-        das ist noch nicht genug weit weg», sagt Falk      politische Vereinnahmung ist unangenehm,
grafisch nach Geistern gejagt, in Tokyo, in        und lacht. «Ich finde, Zuger Künstler müssen       trotzdem wird es für Meier und Riesen eine
Taiwan und in Berlin gearbeitet. Hier in Kai-      mal weg von Europa, raus in die Welt.» Und         aussergewöhnliche Zeit. Es ist vier Jahre her,
ro ist er zum ersten Mal allein – und hat Zeit     wenn sie zurückkommen, bringen sie viel-           dass Meier mit Riesen in Argentinien war.
zum Nachdenken. «So ein Aufenthalt gibt dir        leicht ein Stück Welt nach Zug. «Es ist eine       Meier war in der Zwischenzeit schon drei Mal
                                                                                                      wieder dort. «Für mich ist das nicht abge-
                                                                                                      schlossen», sagt er. «Ich habe dort etwas an-
                                                                                                      gefangen, das weitergeht.» Er hat sich mit lo-
Souvenir aus Buenos Aires: Ein Konzertplakat.
                                                                                                      kalen     Künstlern     vernetzt,   projiziert
                                                                                                      Kunstwerke auf Hochhäuser, wird ein aus-
                                                                                                      ländischer Satellit der dortigen Kunstszene.

                                                                                                      Meier und Riesen sind Videokünstler, haben
                                                                                                      erst mit VJ-Sachen angefangen, an Parties in
                                                                                                      Zug und Umgebung. In Buenos Aires ist daraus
                                                                                                      etwas ganz anderes geworden. «Dort haben
                                                                                                      wir uns zum ersten Mal als Künstler wahrge-
                                                                                                      nommen», sagt Meier, «in einer Szene von
                                                                                                      Künstlern, die etwas Ähnliches machen wie
                                                                                                      wir.» Martin Riesen nickt und sagt: «Bei mir
                                                                                                      hat der Aufenthalt vor allem einen Schub in
                                                                                                      technischer Hinsicht ausgelöst: Die Program-
                                                                                                      me und Techniken, die die Künstler dort brau-
                                                                                                      chen, haben mich weitergebracht. Ich bin nach
                                                                                                      Hause gekommen mit einer Idee davon, was
                                                                                                      ich eigentlich machen will», sagt er. Und er hat
                                                                                                      gemerkt: Kunst braucht auch Organisation.
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