AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG - Umfrageergebnisse Österreich im EU-Vergleich 10 Tipps: Wie Sie den Wandel steuern
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AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG • Umfrageergebnisse • Österreich im EU-Vergleich • 10 Tipps: Wie Sie den Wandel steuern AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 1
Wissen schaffen. Werte sichern. 1Inhalt 01 Einleitung 02 Umfrageergebnisse: Digitalisierung in Österreich 03 O-Töne der befragten Unternehmen 04 Die Alpenrepublik im EU-Vergleich 05 „Wir entwickeln Innovationen in Ökosystemen.“ Ein Kommentar von KSV1870 Geschäftsführer Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA 06 Zehn Tipps für den Change 07 Checkliste Fragen zur Selbsteinschätzung AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 2
Wissen schaffen. Werte sichern. 01 Einleitung A utomatisierung, digitale Produkte, Es folgt ein persönlicher Kommentar innovative Servicelösungen, neue Ge- des KSV1870 Geschäftsführers Mag. Ricardo- schäftsfelder und eine völlig andere José Vybiral, MBA, über die Auswirkungen der Welt der Arbeit – die Digitalisierungswelle digitalen Transformation auf komplexe Orga- trägt die Energie in sich, Organisationen kom- nisationen. Am Beispiel des KSV1870 – Ös- plett zu transformieren. Während einzelne terreichs führendem Gläubigerschutzverband Unternehmen bereits mittendrin sind, stehen und digitalen Dienstleister im Risikomanage- andere – die Mehrzahl in Österreich – noch ment – erläutert der Geschäftsführer, wie neue ganz am Anfang. digitale Services auch in sehr prozessorien- tierten Unternehmen aus der Taufe gehoben Um die Chancen und Ansatzpunkte der werden können. Digitalisierung für beide Gruppen aus ver- schiedenen Blickwinkeln beleuchten zu kön- Besonders ans Herz legen dürfen wir nen, wurden in diesem Whitepaper theore- Ihnen das Kapitel „Zehn Tipps für den Change“. tische und praxis-orientierte Informationen Eine Reihe von Experten gibt Anregungen für gleichermaßen zusammengetragen. Inhaltli- die Praxis. Zum Abschluss finden Sie noch cher Ausgangspunkt sind die Ergebnisse der eine Checkliste in Form einer Fragensamm- Austrian Business Check-Umfrage, die der lung, die Anlass für Reflexion bieten soll. KSV1870 heuer erstmals mit Blick auf dieses Möglicherweise ergibt sich daraus der eine Thema durchgeführt hat. oder andere Ansatzpunkt für Optimierung im eigenen Unternehmen. Mehr als 1.000 Unternehmen haben Auskunft darüber gegeben, wie sie die Digi- In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel talisierung bewerten, wie fortgeschritten ihr Erfolg auf dem Weg in die digitale Zukunft. Unternehmen ist, in welchen Organisations- bereichen Maßnahmen gesetzt werden und welche Pläne sie haben. Dabei war es uns wich- tig, dass die Befragten Probleme und Wünsche in eigenen Worten formulieren konnten. Aus- Bleiben Sie informiert auf blog.ksv.at. gewählte Meinungen finden Sie nach den Um- frageergebnissen zusammengefasst im Kapitel „O-Töne“. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 3
Wissen schaffen. Werte sichern. 02 Umfrageergebnisse: Digitalisierung in Österreich Zweimal jährlich befragt der KSV1870 seine Mitglieder, Kunden und Geschäftspartner zu aktuellen Themen. 2018 wurden die Digitalprojekte näher beleuchtet. K ein Unternehmen in Österreich kann Oberste Priorität haben Projekte im Bereich es sich im Jahr 2018 noch leisten, die elektronischer Zahlungsverkehr/Bankge- Augen vor der Digitalisierung gänz- schäft (79 %), elektronische Rechnung (53 %), lich zu verschließen. Der Wandel hat bereits elektronischer Amtsweg/E-Government begonnen, das Thema ist populär und weist (52 %) und elektronisches Rechnungswesen wie eine enorme Flächenwirkung auf. Umso Online-Finanzbuchhaltung, automatische überraschender ist es, dass sich noch immer Bankauszugsverbuchung usw. (46 %). Es folgt 22 % der Befragten in puncto Digitalisierung die Nutzung von externen sozialen Netz schlecht informiert fühlen. Am kompeten- werken. Damit tanzt nur eines von fünf der testen sind Teilnehmer aus den Bereichen wichtigsten Digitalprojekte thematisch aus der Dienstleistung und Industrie. Der Handel liegt Reihe der digitalen Verwaltungsprojekte. im Durchschnitt, und spürbar abgeschlagen folgt das Gewerbe. Auch Groß- und Mittelbe- triebe halten sich stärker auf dem Laufenden als Kleinst- und Kleinunternehmen. Und das, Jeder Fünfte fühlt obwohl die Medien laufend über die Digita- sich in puncto Digitalisierung lisierung berichten, Experten entsprechende schlecht informiert. Artikel publizieren und ein Buch nach dem anderen erscheint. Ein schlechter Zugang zu Informationen dürfte demnach eher nicht die Ursache sein. Investitionen: IT und Ausbildung. Verwaltungsprozesse werden Dieser Trend wird auch durch Antworten auf digitalisiert. Investitionsfragen bestätigt, die ebenso Teil des Projekte, die kürzlich umgesetzt oder noch im Austrian Business Check waren, jedoch in dieser Laufen sind, adressieren am häufigsten die Publikation nicht detailliert behandelt werden. Verwaltungseinheiten innerhalb der Organi- Die Kurzfassung: 2018 wird verstärkt inves- sationen. Ziel ist es, die Effizienz zu steigern. tiert, und zwar stark in den IT-Bereich (31 %). AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 4
Wissen schaffen. Werte sichern. Zudem planen 24 %, Mitarbeiter weiterzu- weise nie einen Webshop brauchen wird – mit bilden, wobei 17 % auf die Stärkung digitaler einem Wert von 84 % stemmen sich viele Kompetenzen setzen. Diese Maßnahme dürfte Untern ehmen gegen diese Vertriebsform. eine Reaktion auf Selbst im Bereich den Facharbeiter- Handel verzichten mangel sein, der fast zwei Drittel gerade in der IT der Befragten da- besonders aus- Für 80 % hat die rauf. Vergleichbar geprägt ist. 21 % Modernisierung geht es weiter: möchten mehr des Produkt- und 94 % haben keine Personal einstel- Untern ehmens- Serviceportfolios len, um zusätzli- App. 66 % be- che Kompetenzen aktuell keine schäftigen sich ak- ins Unternehmen Relevanz. tuell nicht mit Ge- zu holen. Worauf schäftsanwendun- leider verzichtet gen auf mobilen wird, ist die Ent- Geräten. Auch die wicklung von neu- Bereitstellung von en Geschäftsfeldern und Produktlinien – nur IT-Infrastruktur (Server, Speicher, Datenbanken, 15 % der Befragten stellen dafür aktuell Budget Software etc.) über das Internet ist kein großes zur Verfügung. Thema: 73 % arbeiten nicht mit Cloud Com- puting. Zu guter Letzt: Die Mehrheit (59 %) Produkt und Service nicht im Fokus. verzichtet auf die Nutzung von Social Media. Bei der Digitalisierung von Produkten und Ser- vices sind die Betriebe in Österreich verhalten Projekte für die Zukunft. – sowohl was die Erzeugung als auch ihren Ver- Nach erfolgter Bewältigung der Digitalisie- trieb betrifft. Für sieben von zehn Betrieben ist rung im administrativen Bereich planen 22 die Anpassung von Arbeitsabläufen und Produk- % die Modernisierung ihrer Produkte und tionsprozessen an digitale Standards aktuell kein Serviceangebote. Das Thema elektronische Thema (70 %). Der Kunde steht momentan kaum Rechnung rangiert mit 13 % auf Platz zwei, es im Fokus: Für 80 % hat die Modernisierung des folgt die Entwicklung von Geschäftsanwen- Produkt- und Serviceportfolios keine Relevanz. dungen auf mobilen Geräten (13 %), Dadurch bleiben auch vertriebliche Chancen, die elektronisches Rechnungswesen sich durch digitale Lösungen ergeben, aktuell fast (13 %), Mitarbeiterschulun- ungenutzt. Das überrascht, denn befragt nach je- gen zur Förderung digitaler nen Faktoren, die am massivsten in die Stärkung Kompetenzen (12 %) und der Wettbewerbsfähigkeit einzahlen, nennen die Digitalisierung von immerhin 69 % die Modernisierung von Services Produktionsprozessen/ und Produkten. Theorie und Praxis gleiten dem- Arbeitsabläufen (10 %). nach aktuell noch auseinander – zumal der Erhalt Die Höhe der Werte ver- der Wettbewerbsfähigkeit das stärkste Motiv für rät, dass diese Projekte Investitionen ist. insgesamt weniger stark verfolgt werden als die ak- An der Schnittstelle zum Kunden. tuellen. Eine Erklärung: 29 % Auch wenn das eine oder andere Unternehmen haben keine Zukunftsprojekte im aufgrund seines Geschäftsmodells möglicher- Digitalbereich geplant. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 5
Wissen schaffen. Werte sichern. Kernaussagen im Überblick 22 % aller Unternehmen fühlen sich in Bezug auf die Digitalisierung schlecht informiert. • S chlusslicht unter den Branchen ist die Holz-/Möbelbranche (38 % sind mangelhaft bzw. gar nicht informiert). • Unter den Bundesländern hat Kärnten (36 %) am meisten Nachholbedarf, die Vorarlberger sind Vorreiter. • Klein- und Kleinstbetriebe sind relativ schlecht informiert. • Handel und insbesondere das Gewerbe hinken stärker hinterher als Industrie und Dienstleistungssektor. 59 % aller Unternehmen haben noch keinen eigenen Social-Media-Auftritt. • K einer der Befragten aus der Branche Glas/Keramik hat einen eigenen Auftritt bei Facebook, Twitter, Xing etc., einige davon nutzen aber zumindest diese firmenex- ternen sozialen Netzwerke, auch wenn sie keinen eigenen Firmenauftritt dort haben. Allerdings gab es aus dieser Branche deutlich weniger Teilnehmer als aus anderen Branchen. Spitzenreiter in Sachen eigener Auftritt ist mit 68 % die Uhren-/Schmuckbranche. • Erst 33 % der Steirer haben einen eigenen Social-Media-Auftritt, Vorreiter sind die Salzburger mit 59 %. • Großbetriebe haben deutlich öfter einen eigenen Auftritt (78 %), Klein- (42 %) und Kleinst betriebe (40 %) hinken deutlich hinterher. 84 % aller österreichischen Unternehmen verfügen über keinen eigenen Webshop. • S chlusslicht ist die Branche Verkehr/Nachrichtenübermittlung, nur 1 % dieser Betriebe hat einen Webshop. Vorbildwirkung hat der Lebens- und Genussmittelsektor (45 %), wobei diese Frage natürlich besonders stark branchenab- hängig ist, weil sich gewisse Produkte und Dienstleistungen einfacher über einen Web- shop vertreiben lassen als andere. • Im Bundesländervergleich schneiden die 84 % stemmen sich gegen Burgenländer extrem schlecht ab, nur 8 % einen Webshop. Nur geringfügig vertreiben ihre Produkte bzw. Dienstleis- besser ist der Handel. tungen über einen eigenen Webshop, gefolgt von den Wienern (13 %). Spitzenreiter sind die Tiroler (24 %) und Salzburger (25 %). • 48 % aller Großkonzerne haben einen Web- shop, bei Klein- und Kleinstunternehmen sind es nur 15 %. • Der Handel liegt naturgemäß in dieser Disziplin in Führung und kommt auf 36 %. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 6
Wissen schaffen. Werte sichern. 94 % aller Betriebe haben noch keine Unternehmens-App. • I n der Industrie haben immerhin 9 % eine App, Schlusslicht im Sektorvergleich ist das Gewerbe (3 %). • Im Bundesländervergleich liegen die Tiroler klar in Führung, 14 % haben eine App, gefolgt von den Wienern mit 7 %. Schlusslicht sind die Burgenländer (1 % der Befragten). Befragungsdesign: 73 % aller Betriebe nutzen noch kein Cloud Computing. • E rst 27 % aller Unternehmen setzen auf die Bereitstellung von IT-Infrastruktur (Server, Speicher, An der für die österrei- chische Unternehmer- Datenbanken, Software etc.) über das Internet. landschaft repräsenta- • Vorreiter beim Cloud Computing sind die Vorarlberger (40 %), Schlusslichter die Kärntner (14 %). tiven Online-Umfrage haben mehr als 1.000 Betriebe teilgenommen. Von der Befragung aus- 48 % aller Unternehmen erledigen die Amtswege noch nicht genommen waren Ban- ken, da auch Fragen zur über das Internet. Kreditvergabe enthalten • N ur für 33 % der Kärntner ist E-Government derzeit ein Thema, Spitzenreiter sind die waren. Vorarlberger (71 %). • Die Dienstleister liegen bei der Nutzung klar in Führung (60 %), während die Industrie (36 %) hinterherhinkt. Für 80 % ist die Modernisierung des Serviceangebots im Digitalbereich derzeit kein Thema. • D er Bundesländervergleich zeigt: Nur 15 % der Kärntner modernisieren derzeit ihr digitales Serviceangebot, bei den Salzburgern sind es hingegen 35 %. 70 % verzichten auf die Digitalisierung von Arbeitsabläufen und Produktionsprozessen. • A m meisten Nachholbedarf haben die Burgenländer, die erst zu 21 % auf diese Form der Optimierung vertrauen, während es bei den Salzburgern schon 46 % sind. 29 % haben aktuell keine konkreten Zukunftsprojekte 29 % haben für im Bereich Digitalisierung geplant. die Zukunft • 2 2 % aller Teilnehmer wollen in Zukunft ihr digitales Serviceangebot keine konkreten modernisieren. Digitalprojekte • 13 % wollen künftig auf elektronische Rechnung umstellen. • 13 % wollen im Bereich Mobile Business aktiv werden. geplant. • 13 % wollen in Zukunft auf elektronisches Rechnungswesen umstellen. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 7
Wissen schaffen. Werte sichern. 03 O-Töne der Unternehmen Im Rahmen der Umfrage gab es auch freie Antwortmöglichkeiten, die Einzelmeinungen der Befragten darstellen. Hier eine kleine Auswahl der anonymen Rückmeldungen. ? Welche digitalen Projekte wurden schon umgesetzt oder laufen gerade? Buchhaltung, die via Cloud mit Steuerberater ausgetauscht wird.“ Automatisiertes Buchungssystem.“ Wir haben vom Papierakt auf Digitalisierung umge- Videokonferenzen als stellt. Jetzt gibt es jedes wesentlicher Bestandteil Dokument bei uns digital.“ der Kommunikation.“ Vollständige Terminverwaltung Digitalisierung der der Mitarbeiter Umsatzgenerierung.“ über gemeinsamen Serverzugriff.“ AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 8
Wissen schaffen. Werte sichern. ? Welche Pläne haben Sie darüber hinaus? Eigene Projekt Website, Datensicherheit.“ eigener Webshop.“ Warenwirtschafts Digitalisierung programm erweitern und Vernetzung und digitalisieren.“ der Fertigung.“ Keine, weil die MaSSnahmen sehr viel kosten.“ Wir überlegen noch.“ AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 9
Wissen schaffen. Werte sichern. 04 Die Alpenrepublik im EU-Vergleich Die Digitalisierung in Europa schreitet voran – allerdings nur langsam. Vor allem beim Ausbau der Breitband-Infrastruktur und der Ausbildung besteht Nachholbedarf. Im Ländervergleich steht Österreich im unauffälligen Mittelfeld. Text: Raimund Lang D ie Digitalisierung ist dem frühkind Ergebnissen“ – ebenso wie lichen Stadium längst entwachsen. Es Spanien, Malta, Litauen, gibt digitale Geschäftsmodelle und Deutschland, Slowenien, Insgesamt macht Strategien auf allen Ebenen – vom Unterneh- Por tugal, Tschechien, die EU Fortschritte, men bis zur Europäischen Union. Die digitale Frankreich und Lettland. aber nicht schnell Transformation ist als Schlüsseltrend in ihrer An der Spitze stehen Dä- Bedeutung grundsätzlich erkannt, auch wenn nemark, Schweden und genug. Andere bei der Umsetzung – euphemistisch ausge- Finnland. Das Schlusslicht Länder und drückt – noch Optimierungspotenzial besteht. bilden Bulgarien, Griechen- Regionen weltweit land und Rumänien. verbessern sich Mittlere Ergebnisse rascher. Deshalb Ein generationsübergreifendes Großprojekt wie Weniger die digitale Transformation benötigt Instrumen- MINT-Absolventen sollten wir so te zur Messung des Erfolgs. Einerseits absolut, Im Detail zeigt sich, wo schnell wie möglich andererseits in Relation zum Mitbewerb. Auf Österreich Nachholbedarf mehr in den digitalen europäischer Ebene ist dafür der Index für die hat. Etwa bei schnellen Binnenmarkt digitale Wirtschaft und Gesellschaft (Digital Eco- (>30 Mbit/s) und ultra- nomy and Society Index, DESI) eine der maßgeb- schnellen (>100 Mbit/s) investieren. lichen Informationsquellen. Der DESI betrach- Breitbandanschlüssen. Andrus Ansip, Vizepräsident der Europäischen tet fünf Bereiche: Konnektivität, Humankapital, Hier hinkt die Alpen Kommission und Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Internetnutzung, Integration der Digitaltechnik republik klar hinter dem und E-Government (jeweils zusammengesetzt EU-Durchschnitt her. Ein aus einer Vielzahl von Subkategorien). Daraus Sorgenkind bleibt auch die ergibt sich ein Gesamtwert, der den Platz jedes Versorgung des ländlichen EU-Mitglieds im Ranking festlegt. Österreich Bereichs mit schnellem Internet, die nur bei 45 % rangiert im aktuellen DESI (2018) wie auch im liegt (EU-Schnitt: 47 %). Pluspunkte gibt es da- Jahr zuvor auf Platz elf. Damit gehört es zur so- gegen für die günstigen Preise von Festnetz- und genannten Gruppe der „Länder mit mittleren Mobilfunkdiensten: Beim Breitbandpreisindex AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 10
Wissen schaffen. Werte sichern. rangiert Österreich an guter fünfter Stelle in auf Unternehmensebene bewertet. Dieser Index Europa. Neben der Infrastruktur ist das Human reicht von null bis zwölf. Doch während etwa in kapital ein wichtiger Faktor für Fortschritt bei der Dänemark die Hälfte aller Firmen hoch digitali- digitalen Transformation. Hier liegt Österreich siert ist, trifft das in Bulgarien und Rumänien im DESI auf Platz sieben und damit klar über nur auf ein Zehntel zu. dem EU-Schnitt. Der Anteil an IKT-Fachkräften konnte innerhalb eines Jahres um 0,2 Prozent- Digital economy and society index punkte auf 4,2 % erhöht werden. Allerdings sank der Anteil der 20- bis 29-jährigen MINT-Absol- 70 venten im gleichen Zeitraum geringfügig. Euro- 60 päische Spitzenreiter bei der Digitalausbildung 50 sind Finnland, Großbritannien und Schweden. 40 Laut DESI wird Österreich in den kommenden 30 Jahren in digitale Aus- und Weiterbildung inves- 20 tieren müssen, um seine gute Position zu halten. 10 gal ark eden nd de burg land nien n d n reich alta n nd itt nien n reich nd kei n ien n olen alien rien nd nien stlan elgie panie itaue chie yper ngar schn rlan innla chla ettla enla lowa roat ortu nem 12. M ulga ritan love umä 6. Ir 24. P uxen 25. It chw rank ster sche 21. Z 23. U 8. B 13. L 9. E iede 10. S urch euts Online-Umsatz steigt riech 22. K 19. L 16. P 3. F 1. Dä 20. S 26. B 15. S 28. R oßb 11. Ö 2. S 18. F 5. L 17. T 4. N 14. D EU D 27. G 7. Gr In der Kategorie „Integration der Digitaltechnik“ konnte sich Österreich im Vergleich zu 2017 vom zwölften auf den zehnten Rang verbes- Zu langsame Erfolge sern. Das ist insofern ein positives Signal, als Vergleichsweise gut steht Österreich beim diese Kategorie die digitale Entwicklung von E-Government da. Fast alle (98 %) der am häu- Unternehmen reflektiert. Einen Rückgang gab figsten genutzten öffentlichen Dienstleistungen es lediglich beim Anteil des elektronischen sind mittlerweile online verfügbar. Die Anzahl der Datenaustausches in und zwischen Unterneh- Nutzer dieser Dienste stieg von 2017 auf 2018 Digital Economy men (von 41 % auf 40 %). Unverändert blieb um fünf Prozentpunkte. Dennoch fiel Österreich and Society Index: der Anteil der Funktechnologie RFID (Radio im Ranking in dieser Kategorie vom siebten auf Österreich befindet Frequency Identification). Ansonsten weisen den achten Rang. Der Grund dafür ist auch hier, sich mit Platz elf die Zahlen nach oben: 2 % mehr Firmen haben dass sich die übrigen Länder rascher entwickeln. nur im Mittelfeld. begonnen, ihre Produkte und Dienstleistungen Insgesamt bewegt sich die EU in die richtige auch online zu verkaufen. 3,5 % mehr Firmen Richtung. Die Anzahl an Haushalten mit ultra wickeln grenzüberschreitende Online-Geschäfte schnellem Breitbandanschluss hat sich seit ab. Und der Umsatzanteil des Internethandels 2013 verfünffacht. 91 % der EU-Bürger haben am Gesamtumsatz stieg gegenüber 2017 um fast Zugang zur aktuellen Mobilfunkgeneration 4G. einen Prozentpunkt auf 6,5 % (liegt aber immer Der Anteil an elektronischen Rechnungen bei noch klar unter dem EU-Schnitt von 10,3 %). den Unternehmen steigt, die Nutzung sozialer Die Nutzung von Clouddiensten stieg um 0,7 Medien für den Kundenkontakt ebenfalls. Alles Prozentpunkte an. Dennoch fiel Österreich in in allem geht es dennoch zu langsam voran, be- dieser Subkategorie vom 19. auf den 23. Rang. mängeln die Autoren von DESI. Der Anteil an Das zeigt, dass die Dynamik in anderen Ländern 20- bis 29-jährigen MINT-Absolventen stieg größer ist. Allerdings bietet sich hier ein hetero- zwischen 2013 und 2018 nur um 0,7 Prozent- genes Bild: Nur ein Fünftel aller Unternehmen in punkte. Und die Anzahl an KMU, die Online-Ver- der EU ist „hoch digitalisiert“. Darunter versteht kauf nutzen, stagniert seit einigen Jahren. Im der DESI einen Wert zwischen sieben und neun Vergleich mit den großen Volkswirtschaften liegt im Digital Intensity Index [DII], der die Verfüg- die EU zwar noch vor China, aber klar hinter barkeit von zwölf verschiedenen Technologien Japan, den USA und auch Korea. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 11
Wissen schaffen. Werte sichern. 05 „Wir entwickeln Innovationen in Ökosystemen.“ Geschäftsführer Ricardo-José Vybiral über sein Verständnis von Digitalisierung und deren Stellenwert im KSV1870. Fotos: Petra Spiola W irft man einen Blick quer durch können, der irrt. Denn um eine derartige Trans- Österreichs Wirtschaft, könnte man formation erfolgreich zu gestalten, bedarf es meinen, die Digitalisierung ist mitt- nicht nur erheblicher technischer Vorkehrungen. lerweile überall – zumindest dort, wo es sinnvoll Die Überzeugungskraft aller Führungskräfte und ist – angekommen. Und ja, Österreichs Unter- ganz besonders die Bereitschaft bzw. Offenheit nehmen befinden sich tatsächlich inmitten einer der Mitarbeiter, sich einem solchen Wandel zu Transformation und werden zunehmend digitaler. stellen, sind dafür unabdingbar. Firmen, denen Jedoch nicht unbedingt dort, wo Kunden unmit- es gelingt, ihre digitale Philosophie zu verankern, telbar einen Nutzen daraus ziehen können. dürfen sich im Regelfall über motivierte und kre- ative Mitarbeiter freuen. Und diese sind trotz „Ab heute sind wir digital“ aller technischen Hilfsmittel das Nonplusultra So einfach geht es nicht. Ein Unternehmen kann für erfolgreiche Betriebe – auch in Zukunft. nicht von heute auf morgen digitalisiert werden. Auch, weil die Modernisierung eines Betriebes bei weitem nicht nur ein reines Technikthema ist. Eine digitale Roadmap, die in den Business plan integriert ist und das gesamte Team mit- Die Entwicklung innovativer einschließt, ist die Grundlage für einen erfolg- Lösungen und Tools steht für reichen Wandel – aber nicht mehr. Die Digitali- uns ganz klar im Fokus. sierung eines Unternehmens passiert eigentlich woanders: und zwar in den Köpfen der Mitarbei- ter. Denn sie ist vor allem auch ein Kulturthema. Kulturwandel über Nacht? Veränderung als Top-down-Modell Geht nicht! Veränderung muss immer von oben nach unten Wer glaubt, so nebenbei eine neue Unter erfolgen. Dieser Prozess gehört vom Manage nehmenskultur nachhaltig installieren zu ment initiiert, organisiert und im Alltag AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 12
Wissen schaffen. Werte sichern. vorgelebt, um jeden mit ins Boot zu holen. Die der ist auf dem richtigen Weg. Mit der richtigen Digitalisierung muss sich gewissermaßen von Mischung aus Mensch und Maschine sind innen heraus entwickeln. Und das dauert. Dabei Unternehmen auf einem guten Weg in die ist vor allem eines gefragt: Geduld. Nicht jeder digitale Zukunft. kann Veränderungen mit der gleichen Intensität und Geschwindigkeit umsetzen. Dabei benötigt Digitalisierung: Kunde steht noch es Fingerspitzengefühl, um tatsächlich jeden nicht im Fokus Mitarbeiter für seine Idee zu gewinnen. Das Ohne Digitalisierung funktioniert es heutzutage kann auf unterschiedliche Art und Weise gelin- nicht mehr. Im Zeitalter der Echtzeit-Ökonomie gen. Zum Beispiel, indem kleine Teams geformt wollen Kunden Informationen rasch werden, die wie Zellen arbeiten und sich ständig abrufen und Entscheidungen untereinander austauschen. Jede Zelle arbeitet immer schneller treffen. Im an unterschiedlichen Digitalisierungsprojekten, Rahmen des Austrian die miteinander verknüpft werden. So fügt sich Business Check hat der aus vielen einzelnen Projekten das große Ganze KSV1870 im Früh- zusammen. Wichtig ist, vom Inseldenken weg- jahr 2018 insgesamt zukommen und ganzheitliche Strukturen auf- 1.000 Unternehmen zusetzen, die das Unternehmen nachhaltig auf in Österreich zur sichere und profitable Beine stellen. Digitalisierung be- fragt. Dabei hat sich Externes Expertenwissen gezeigt, dass es nach unterstützt in der Umsetzung wie vor Potenzial gibt, Als Unternehmen sollte man auch nicht davor digitale Veränderungen zurückschrecken, auf Know-how von außen zu voranzutreiben. Es hat sich setzen. Natürlich kennt niemand den eigenen etwas bewegt, aber bislang findet Betrieb und die Strukturen besser als man selbst, die Digitalisierung leider nur in bestimmten trotzdem hilft ein Blick von außen sehr wohl, Unternehmensbereichen statt. Die Betriebe ver- um neue Ideen zu kreieren. Doch aufgepasst: Als suchen, ihre internen Prozesse effizienter zu ge- Unternehmen sollte man immer die Oberhand stalten, und digitalisieren momentan vor allem über die digitale Transformation der eigenen Verwaltungsprozesse. Es genügt aber nicht, Firma behalten. Denn welche Geschäftsmodelle einzelne Prozesse zu digitalisieren. Die Digita- entwickelt werden und welche Schnittstellen es lisierung nimmt hierzulande ihren Anfang im dafür beispielsweise zu Kunden benötigt, muss BackOffice und nicht beim Kunden. Das wird immer das Management entscheiden. schon mittelfristig nicht ausreichen, um am Markt zu bestehen. Der Kunde als König Neben den Mitarbeitern gilt es, auch die Kunden Der KSV1870 und seine im Blick zu haben. Die Digitalisierung schafft Ausrichtung eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle – das ist Der Megatrend der Digitalisierung trifft uns in zugleich ihr größter Benefit. Gleichzeitig darf allen Geschäftsfeldern. Der KSV1870 ist eine dabei aber nicht das Kerngeschäft aus den Au- digitale Plattform, die durch innovative Lö- gen verloren werden und auf laufende Projekte sungen die ökonomischen Risiken seiner Mit- bzw. Prozesse vergessen werden. Wer sich die glieder und Kunden minimiert. Neues Wachs- Frage nach dem Wohl der Kunden stellt und tum ermöglicht der KSV1870 durch moderne auch hinterfragt, was seine Mitarbeiter benöti- Informationsdienstleistungen im Business- gen, um diesen Kulturwandel zu bewerkstelligen, Analytics-Bereich und auch Portfolioanalysen. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 13
Wissen schaffen. Werte sichern. Die Entwicklung innovativer Lösungen und steht ein komplettes Verarbeitungsverzeichnis, Tools steht bei uns ganz klar im Fokus. Da- das eine Kernanforderung der EU-Datenschutz- runter verstehen wir Online-Services mit Grundverordnung ist. Zudem prüft die Anwen- geringer Komplexität, die für den dung die Unternehmenswebsite entscheidenden Mehrwert auf personenbezogene Daten sorgen. Wir wollen un- und weist diese den do- sere Mitglieder und kumentierten Prozes- Kunden durch unse- sen zu. Sind alle Ein- re Innovationskraft gaben korrekt und überraschen, wobei vollständig, erhält sich diese auch auf der User ein Ver- eine herausragende zeichnis, das einer Customer Experi- D S G VO - P r ü f u n g ence, etwa beim Pro- standhält, jederzeit duktabruf, bezieht. aktualisiert und im erforderlichen Format Innovation in Zellen: exportiert werden kann. So machen wir es Jedoch ist der KSV1870 weder Google Finanzierung digital rasch noch Facebook oder Amazon, die als verhält- abschließen nismäßig junge Unternehmen Innovationen in Ein anderes Beispiel ist die digitale Antrag rasender Geschwindigkeit auf den Markt brin- strecke für Finanzierungen, die ebenfalls in gen. Als Unternehmen mit sehr traditionellem einem solchen Ökosystem entwickelt wurde. Background sowie gewachsenen Strukturen Bis zum Launch war der Prozess der Kreditver- und Prozessen organisieren wir daher Innova- gabe nicht durchgängig digital. Sie ermöglicht tion in Zellen, also kleinen Ökosystemen. Das einen ortsunabhängigen Finanzierungs- und bedeutet, dass wir temporäre Teams außerhalb Kreditabschluss komplett online und innerhalb der Linienorganisation zusammenstellen, be- kürzester Zeit. Zusammen mit Kapsch hat der stehend aus internen und externen Personen. Sie übernehmen ein Digitalprojekt und führen es zu Ende. Die Zusammenstellung erfolgt auf- grund von Qualifikation, digitaler Kompetenz Die Digitalisierung eines und persönlicher Motivation. Darüber hinaus Unternehmens passiert in den muss eine Führungskraft dabei sein, die dafür Köpfen der Mitarbeiter. sorgt, dass das Team organisatorische Hürden überwindet. Ist ein Thema strategisch wichtig, wird der Geschäftsführung – also Hannes Frech und mir – berichtet. KSV1870 eine Technologie für verschiedenste Sicher mit dem DSGVO-Assistenten Anbieter wie etwa Banken und andere finan- Auf diese Weise haben wir im vergangenen Jahr zierende Branchen entwickelt. Nach Erhebung gemeinsam mit einem externen Partner nach der Personen- und Produktdaten erfolgt die nur wenigen Monaten Entwicklungsarbeit den Authentifizierung des Käufers in Echtzeit per DSGVO-Assistenten gelauncht. Ein digitaler Ser- Videotelefonat. Und nach erfolgreichem Boni- vice, der kleine und mittlere Unternehmen durch täts- und Compliance-Check kann der Vertrag alle Unternehmensprozesse leitet. Am Ende per Fingertipp finalisiert werden. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 14
Wissen schaffen. Werte sichern. 06 Zehn Tipps 2 Das Thema im Management verankern für den Change Zwar belegen zahlreiche Studien, dass die Relevanz der Digitalisierung von den Unternehmenslenkern bereits erkannt wurde, allerdings wird ihre Brisanz noch unterschätzt. Gerald Dipplinger, Digital Leader Nur wer sein Unternehmen jetzt fit für das digitale Zeitalter macht, bei PricewaterhouseCoopers Österreich (PwC): wird im harten globalen Wettbewerb bestehen. Zehn Expertentipps „Viele Firmen gehen das Thema noch zu zögerlich zeigen, worauf es bei einer digitalen Transformation wirklich ankommt. an. Zu sehr fürchten sie sich vor Investitionen, oft fehlen auch die Ressourcen, und nicht Text: Stephan Scoppetta selten geht es den Unternehmen derzeit noch zu gut, als dass sie sich mit Zukunftsthemen 1 auseinandersetzen. Das Thema Digitalisierung ist weniger ein Thema der Mitarbeiter, sondern der Geschäftsführung.“ Das bestätigt auch die Eine digitale Agenda erstellen DXC-Studie: 55 % der in Österreich befragten Führungskräfte haben keine Vision für digitale Es ist eigentlich erstaunlich: Laut einer Studie von DXC Technology aus dem Geschäftsmodelle. 57 % der Befragten geben Jahr 2017 haben 59 % der österreichischen Unternehmen noch keine digitale an, dass traditionelle Geschäftsbereiche digitale Agenda. Zwar erkennen bereits 33 % der heimischen Unternehmenslenker Projekte bereits im Ansatz ausbremsen. Wichtig eine Wettbewerbsveränderung durch die Digitalisierung, aber darauf wird ist also, dass die digitale Transformation in nicht reagiert. „Jeder fünfte Betrieb in Österreich plant nicht mal eine der Unternehmensleitung verankert wird. Sie digitale Agenda“, so DXC-Technology-Chef Dietmar Kotras. Zudem hat ist ein strategisches Thema, für das es klare weltweit das Wettrüsten bereits begonnen: Laut dem international Verantwortlichkeiten braucht, und sie betrifft anerkannten Marktforschungsunternehmen IDC werden bis Ende das gesamte Unternehmen. PwC-Experte 2019 die globalen Ausgaben für die digitale Transformation um Dipplinger: „Wenn Fach- oder IT-Abteilungen 42 % auf 1,7 Billionen US-Dollar anwachsen. Zudem werden bis die digitale Transformation vorantreiben sollen, 2019 digital transformierte Unternehmen mindestens 45 % ihres darf die Unternehmensführung das nicht Umsatzes mit „Future of Commerce“-Geschäftsmodellen machen. ausbremsen. Im Gegenteil, die Geschäftsführung IDC geht auch davon aus, dass bis Ende 2018 beachtliche 40 % aller muss diese einfordern und sich hinter die Fach- Unternehmen über ein Digital Leadership Team verfügen werden und einen und IT-Abteilung stellen und mit gutem Beispiel Leiter für die digitale Transformation im Management haben. vorangehen.“ 3 Die Komfortzone verlassen Kleinere und mittelgroße Unternehmen denken oft, sie könnten das Thema Digitalisierung aussitzen, denn so müssten sie sich keiner internationalen Konkurrenz stellen. Aus dieser vermeintlichen Sicherheit entsteht jedoch Inflexibilität. „Doch dabei unterschätzen die Unternehmen, wie schnell man auch in einem stabilen Wirtschaftsraum Terrain verlieren kann“, so Kotras. Ein warnendes Beispiel, wie eine Business-Transformation verschlafen werden kann, liefert die deutsche Automobilbranche. Trotz aller Erfolge der Digitalisierung in Deutschland hat diese Industrie das Thema Elektromobilität sehenden Auges vernachlässigt. Man hat sich auf Bestehendem ausgeruht, an Konzeptstudien gearbeitet und beispielsweise den chinesischen und amerikanischen Firmen wie etwa Tesla das Feld überlassen. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 15
Wissen schaffen. Werte sichern. 4 Mit kleinen Schritten beginnen, aber groSS denken 5 Obwohl Unternehmen sehr individuell aufgestellt sind, bleibt das grundsätzliche Vorgehen bei der digitalen Transformation gleich. Zuerst gilt es immer, sich zu verorten: Wo steht das Unternehmen gerade, und wohin soll die Reise gehen? Bevor man loslegt, sollte Eine Fehlerkultur auch eine Strategie entwickelt werden, wie man den digitalen Wandel durchziehen möchte. Wichtig ist dabei, das große Ganze im Blick zu entwickeln behalten. Die Digitalisierung betrifft das ganze Unternehmen, und Ein wesentlicher Bestandteil einer digitalen daher sollte eine Digitalisierungsstrategie auch fachlich übergreifend Transformation ist eine funktionierende Fehlerkultur. implementiert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich Gerald Dipplinger: „Bei der digitalen Transformation zunächst nicht punktuell auf bestimmte Bereiche konzentrieren kann. müssen Firmen lernen, dass es keine perfekten Im Gegenteil: Sich zu fokussieren ist sinnvoller, als in allen Abteilungen Lösungen gibt, sondern es eine Trial-and- einfach irgendwie anzufangen. Andreas Hladky, Gründer und Error-Mentalität braucht.“ Speziell im Geschäftsführer von dem auf Digitalisierungsberatung spezialisierten deutschsprachigen Raum ist es noch Unternehmen point of origin: „Ich kann aber nur empfehlen, bei der weit verbreitet, dass Firmen lieber lange Strategie groß zu denken! Der Markt hört nicht mehr an den Grenzen planen, lange vorbereiten und dann nach von Ländern oder Kontinenten auf. Die Digitalisierung ermöglicht der fehlerfreien Lösung suchen. Doch in es Unternehmen, mit vergleichsweise geringem Aufwand an einer sich schnell wandelnden digitalen Welt Ressourcen, Kapital und lokaler Präsenz am Weltmarkt aktiv zu sein.“ kommt man mit diesem Ansatz zu langsam voran. „Es geht vielmehr um einen agilen Ansatz im Austausch mit dem Kunden. Es werden Produkte entwickelt und 6 direkt mit dem Kunden ausprobiert. Was gut ankommt, wird weiterentwickelt, was beim Kunden durchfällt, wird wieder verworfen“, so PwC-Experte Dipplinger. Bestehende Prozesse Das braucht Mut zur Veränderung und auch Freiraum für Fehler – gerade damit tun sich Unternehmen im überdenken deutschsprachigen Raum aber oft schwer. Bei Tech- Giganten wie Microsoft, Google oder auch Amazon Zwar belegen zahlreiche Studien, dass die Relevanz der ist eine Fehlerkultur Teil der Firmenphilosophie. Sie Digitalisierung von den Unternehmenslenkern bereits erkannt setzt voraus, dass Mitarbeiter die Freiheit haben, Dinge wurde, allerdings wird ihre Brisanz noch unterschätzt. Gerald einfach mal auszuprobieren. Dipplinger: „Viele Banken Dipplinger, Digital Leader bei PricewaterhouseCoopers haben das in Österreich zum Beispiel dadurch gelöst, Österreich (PwC): „Viele Firmen gehen das Thema noch zu dass sie eigene Freiräume in Hubs geschaffen haben, zögerlich an. Zu sehr fürchten sie sich vor Investitionen, oft in denen oft in Zusammenarbeit mit jungen externen fehlen auch die Ressourcen, und nicht selten geht Unternehmen neue Lösungen entwickelt wurden.“ es den Unternehmen derzeit noch zu gut, als dass sie sich mit Zukunftsthemen auseinandersetzen. Das Thema Digitalisierung ist weniger ein Thema der Mitarbeiter, sondern der Geschäftsführung.“ Das bestätigt auch die DXC-Studie: 55 % der in Österreich befragten Führungskräfte haben keine Vision für digitale Geschäftsmodelle. 57 % der Befragten geben an, dass traditionelle Geschäftsbereiche digitale Projekte bereits im Ansatz ausbremsen. Wichtig ist also, dass die digitale Transformation in der Unternehmensleitung verankert wird. Sie ist ein strategisches Thema, für das es klare Verantwortlichkeiten braucht, und sie betrifft das gesamte Unternehmen. PwC-Experte Dipplinger: „Wenn Fach- oder IT- Abteilungen die digitale Transformation vorantreiben sollen, darf die Unternehmensführung das nicht ausbremsen. Im Gegenteil, die Geschäftsführung muss diese einfordern und sich hinter die Fach- und IT-Abteilung stellen und mit gutem Beispiel vorangehen.“ AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 16
Wissen schaffen. Werte sichern. 7 Mitarbeiter auf die Reise mitnehmen Um eine Organisation erfolgreich in die digitale Zukunft zu führen, sollten Führung, 8 Keine Lösungen von der Stange Unternehmenskultur und Technologie optimal aufeinander abgestimmt werden. Laut einer Die heimischen Unternehmen zeichnen Anfang 2018 präsentierten Studie des Softwareriesen Microsoft wird die Bereitstellung sich durch eine große Vielfalt aus. PwC- effizienter Rahmenbedingungen für heimische Mitarbeiter im EU-Vergleich allerdings Experte Dipplinger: „Daher gibt es keine eher als Luxusgut gehandelt. Dabei wurden mehr als 20.000 Dienstnehmer, Digitalisierungslösungen von der Stange. darunter 1.000 österreichische Teilnehmer, aus 21 EU-Ländern befragt, wie Jedes Unternehmen muss mit seinen produktiv, kreativ und innovativ sie in ihrem Arbeitsumfeld agieren können. Geschäftsmodellen und -prozessen in Gerade jeder Achte habe heute die Möglichkeit, seine Innovationskraft in seiner Branche seinen individuellen Weg das Unternehmen einzubringen. „Österreichische Unternehmen, die bereits gehen.“ Aber die digitale Transformation birgt eine gut funktionierende digitale Unternehmenskultur etabliert haben – wie viele Herausforderungen, vor denen alle Flexibilität, Support vom Vorgesetzten, Weiterbildung, fortschrittliche IT-Nutzung, Unternehmen gleichermaßen stehen. Zum entsprechende Trainings etc. –, punkten in den Bereichen Mitarbeiterproduktivität, Beispiel: Wie entwickelt man eine geeignete Innovation sowie ihr Bestes geben zu können mit rund doppelt so hohen Werten“, so das Strategie, wie schult man die Mitarbeiter, Ergebnis der Studie des US-Softwarekonzerns. Nur wer also seine Mitarbeiter auch auf die und welche Fehler gilt es zu vermeiden? neuen Herausforderungen vorbereitet, wird bei der digitalen Transformation Erfolg haben. „Bei der digitalen Transformation gibt es viele Prozessschritte, die einzuhalten sind, und hier lässt sich auch von anderen Unternehmen viel lernen“, so DXC- Generalmanager Kotras. Daher 9 macht es für viele Unternehmen Sinn, den Austausch mit anderen Firmen zu suchen Das Start-up-Gen und voneinander zu lernen. implementieren und Kooperationen eingehen 10 Vielen mittelständischen und großen Unternehmen fehlt das Start-up-Gen. Anders als etablierte Unternehmen können sich Start-ups keine langfristige Perspektive erlauben, sondern es müssen die getroffenen Annahmen ständig hinterfragt Die Technik und angepasst werden. So entsteht eine Lernkultur statt einer Unternehmenskultur, die nur darauf beruht, dass man richtig wählen die gesteckten Ziele abarbeitet. Darüber hinaus entstehen neue Ideen nicht immer aus den eigenen Reihen heraus. Erst wenn alle grundsätzlichen Entscheidungen über die Strategie Deshalb sollten sich Unternehmen auch für Innovationen gefällt wurden, sollte das Thema Technik eine Rolle spielen. Hladky, von außen öffnen und Partner, Dienstleister und Kunden in Geschäftsführer von point of origin: „Erst wenn man das Ziel der langen eine Problemstellung miteinbeziehen. Indem man Leute ins Reise kennt, kann man das sinnvollste Transportmittel dafür wählen. Haus holt, die diese Start-up-Kultur vorleben – etwa über Technische Lösungen gibt es viele, aber nicht jede Lösung passt zu jedem einen Inkubator, also ein internes Gründerzentrum, das vom Unternehmen.“ Dabei muss man abteilungsübergreifend denken, denn Tagesgeschäft losgelöst ist. Aber auch Kooperationen mit eine digitale Transformation betrifft sämtliche Unternehmensbereiche. Start-ups und Forschungsinstitutionen sind zu empfehlen. Wie Wichtig dabei ist, auch bei der Technik den Kunden nicht aus dem das funktioniert, zeigte sich bei Google Earth, das ursprünglich Fokus zu verlieren. „Die Customer Experience, die das Produkt einer von einem Start-up entwickelt wurde. Google hatte dessen Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden, bezogen auf eine CEO an Bord geholt, und dieser hat nicht nur Google Earth gewisse Dauer wie zum Beispiel einen Einkauf, ist, muss stimmen. Nur weiterentwickelt, sondern war im Konzern für die gesamte dann wird sich auch ein gewisser Unternehmenserfolg einstellen“, so Kartografierung zuständig. Auch bei der Bankingplattform Hladky. Doch die Hausaufgaben müssen gründlich gemacht werden. George der Erste Bank und Sparkassen wurden Start-ups, Hladky: „User wünschen sich zwar häufig unterschiedlichste Features, aber auch Kunden eingeladen, sich bei der Entwicklung zu vom Preisvergleich bis zum One-Click Checkout, all diese Dinge sind beteiligen. Noch 2018 soll die 3-Millionen-Kundenmarke bei aber sekundär, solange die Basisfunktionalitäten nicht mit perfekter George übersprungen werden, und das gelang in nur drei Usability abgebildet und erfüllt werden. Prominente Platzhirsche wie Jahren. Amazon oder Zalando sind stetig am Optimieren, was ihre Abläufe, Darstellungen, Platzierungen von Buttons und Informationen anbelangt. Deshalb sind sie auch so erfolgreich.“ AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 17
Wissen schaffen. Werte sichern. 07 Checkliste: Fragen zur Selbsteinschätzung Die Digitalisierung von Unternehmen ist Maßarbeit und muss individuell angepasst werden. Nachfolgender Fragenkatalog liefert Hinweise, wo Ihr Unternehmen steht, und zeigt auf, in welchen Bereichen möglicherweise Handlungsbedarf besteht. m Unterstützt das Management die Digitalisie- m Gibt es Analysen, welche Geschäftsfelder sich rung des Unternehmens aktiv? neu entwickeln könnten? m Gibt es eine Strategie, eine digitale Agenda und m Sind die Mitarbeiter in die Digitalisierungs definierte Ziele? projekte eingebunden, und stehen sie dahinter? m Hat Ihr Unternehmen eine Vision, wie es in drei, m Werden betriebliche Weiterbildungsmaß fünf und zehn Jahren digital positioniert sein nahmen angeboten und angenommen? will? m Gibt es eine Fehlerkultur, die Freiräume für die m Gibt es definierte Steuerungsinstrumente zur Entwicklung von Innovationen vorsieht und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten? Fehler nicht abstraft? m Gibt es interne Kennzahlen zur Messung des m Ist das Unternehmen offen für Kooperationen? Fortschritts? m Wurde analysiert, auf welche Unternehmens- m Wurden bestehende Produkte und/oder Dienst- bereiche die Digitalisierung durchschlägt? leistungen in die digitale Welt transformiert? m S ind die betrieblichen Arbeitsprozesse m Ist die Customer Experience laut Ihrer Kunden digitalisiert? gut? m Sind die Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten m Gibt es neue digitale Lösungen rund um die digitalisiert? bestehenden Produkte zur Optimierung des Kundennutzens? m Werden digitale Anwendungen und soziale Medien als Vertriebskanal genutzt? m Gibt es neue Produkte und/oder Dienst leistungen in der Pipeline? m Werden soziale Medien als Kommunikations- medium mit Kunden genutzt? m Gibt es Analysen, wie sich die bestehenden Geschäftsfelder im Zeichen der Digitalisierung entwickeln werden? AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 18
Wissen schaffen. Werte sichern. Der KSV1870 wünscht Ihnen viel Erfolg auf Ihrer digitalen Reise. Wir hoffen, dass wir Sie auf diesem Weg mit dem Whitepaper unterstützen können. Rückfragenhinweis Mag. Sandra Kienesberger KSV1870 Holding AG 1-816-1809 Whitepaper AB-Check zur Digitalisierung Wagenseilgasse 7, 1120 Wien T: +43 (0) 50 1870-8213 E-Mail: kienesberger.sandra@ksv.at www.ksv.at Bleiben Sie informiert auf blog.ksv.at. AUSTRIAN BUSINESS CHECK ZUR DIGITALISIERUNG 19
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