Auswirkung anhaltender Dysfunktionen auf die Maximalkraft und die Kraftausdauerfähigkeit
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JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Auswirkung anhaltender Dysfunktionen auf die Maximalkraft und die Kraftausdauerfähigkeit V ON KAT J A O R LO WSK I, ENRICO A LTENK IRCH, ANNETT L’ OR TEYE, K AI-UWE MRKOR, L AU RA T E T Z- L A FF UND THO M AS SCHRADER Zusammenfassung Einleitung Methodik Die Methoden der Applied Kinesiology (AK) können gewinn- Der Manuelle Muskeltest (MMT) wurde als Maximalkrafttest bringend die Schulmedizin ergänzen und vor allem auch am M. rectus femoris bei 22 Probanden (12 m, 10 w, 28,6 (± Sportlern helfen, Verletzungen in Phasen mit einer hohen Be- 6,5) Jahre, 175,5 (± 10,1) cm, 72,7 (± 15,6) kg) durchgeführt. lastungsintensität zu vermeiden. Dies ist unter AK-Therapeuten Die Auswirkung von Stressoren (Smartphone und Keillagerung) bekannt und konnte von den Autoren auf Basis der Betreuung auf die Maximalkraft wurde messtechnisch mit einem Kraft- einer Jugend-Fußballmannschaft festgestellt werden. Diese messgerät erfasst. Neben der Erfassung der Kraft wurde zudem Feststellungen und Erfahrungen sollen mittels objektiver Mess- der Winkel (Hüftwinkel) mit dem Messgerät aufgezeichnet methoden untersucht werden. Im Fokus der Untersuchungen und zur Analyse herangezogen. Vor der Messung hat der stehen die Auswirkungen einer anhaltenden Dysfunktion auf Untersucher den MMT mehrfach durchgeführt, um einerseits die Kraftfähigkeit (Maximalkraft und vor allem Kraftausdauer), die Probanden mit dem Testsetting vertraut zu machen und dies vor dem Hintergrund, dass im Alltag (und natürlich auch im sich andererseits einen Eindruck von der Reaktionsfähigkeit Sport) vor allem Tätigkeiten mit wiederholenden Bewegungen (in diesem Fall des M. rectus femoris) zu verschaffen. Ver- durchgeführt werden. Bisher wurde nicht untersucht, welche gleichend gegenübergestellt wurden die Kraftwerte der drei Auswirkungen Stressoren in einem Kraftausdauersetting haben. Versuche des Maximalkraftsettings: T1 mit beiden Stressoren Eine muskuläre Hyporeaktion (funktionelle Inhibition) wirkt (aktives Smartphone im Briefumschlag), T2 mit Keillagerung sich negativ auf die Belastbarkeit der Strukturen des Bewe- und Smartphone ohne Akku im verblindeten Setup sowie gungsapparats aus. Bei einer gleichbleibenden Belastung, wie T3 ohne Stressoren, die nacheinander links und rechts mit sie häufig im Alltag aber auch vermehrt im Sport in intensiven einer Minute Pause durchgeführt wurden. Die Studie wurde Trainingsphasen gegeben ist, kann es so zu einer stärkeren einfach-verblindet durchgeführt, sodass die Probanden we- Beanspruchung und zur Schädigung dieser Strukturen kommen. der wussten, dass die Auswirkung eines Smartphones, noch in welcher Reihenfolge (Smartphone mit und ohne Akku Basierend auf einer Pilotstudie (vgl. [1]) wurde die Auswirkung und EMF-Strahlung) untersucht wurde. Hierbei kamen die einer anhaltenden Hyporeaktion eines Muskels in einem Varianzanalyse (ANOVA mit Messwertwiederholung) sowie Ausdauersetting untersucht. Als Stressoren, die die musku- deskriptive Verfahren (Boxplots, Bland-Altmann-Plots) zum läre Hyporeaktion verursachen, kommen strukturelle (das Einsatz. Bewegungssystem betreffende), metabolische (unter anderem Folgen einer Darm-Dysbiose, d. h. einer toxischen Belastung), In dem Ausdauersetting wurde mit einem definierten Gewicht emotionale oder elektromagnetische Stressoren (z. B. Störein- wiederholend eine Hüftflexion von 0 bis 90 ° bis zur maximal fluss von EMF (Electro Magnetic Frequency, Verwendung eines möglichen Wiederholungszahl untersucht und analysiert, Smartphones) in Frage [2]. Ziel der Untersuchung war es, die welche Auswirkung der Stressor Smartphone auf ausgewählte Auswirkung von Störungen auf die Maximalkraft (Reaktivkraft) Parameter hat. Das zu überwindende Gewicht wurde mit 15 % und vor allem auf die Kraftausdauer quantifizieren zu können. des Körpergewichts festgelegt. Im Ausdauersetting wurde In der Untersuchung wurde dabei die Lagerung auf Keilen im ersten Versuch auf der linken und rechten Seite mit dem in Torsionsposition und die Exposition eines Smartphones als Stressor Smartphone (und Keillagerung) die maximal mögliche Stressoren benutzt. Wiederholungszahl erfasst und dabei die Muskelaktivität, 16
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T der Winkel sowie die Kraft gemessen, um daraus Parameter Schlussfolgerungen ableiten zu können. Im zweiten Versuch, nach einer Rege- Eine experimentell provozierte Hyporeaktion (funktionel- nerationszeit von 40 Minuten, wurde erneut gemessen mit le Inhibition) mittels Smartphone (und Keillagerung) hat dem Unterschied, dass der Stressor Smartphone in Form ein messbare Veränderungen (reduzierte Kraftwerte, geringere ausgeschaltetes Smartphone ohne Akku verwendet wurde. Wiederholungszahl bei höherer maximaler und mittlerer Mus- Die Keillagerung wurde beibehalten. Auch dieses Messsetting kelaktivität) in beiden Settings gezeigt. Die Vermutung, dass wurde einfach-verblindet durchgeführt. Zudem wurde den eine funktionelle Störung bei gleichbleibender Belastung zu Probanden die im ersten Versuch erreichte Wiederholungszahl einem Strukturschaden führen kann, liegt bei den vorliegenden nicht mitgeteilt, um zu vermeiden, dass im zweiten Versuch Ergebnissen nahe. Schlussfolgernd sollte das Tragen eines eine höhere Wiederholungszahl auf den Motivationsaspekt Smartphones bei körperlicher Aktivität vermieden werden, zurückzuführen ist. Die Wiederholungszahl, die mittlere sowie da dies zu muskulären Einschränkungen führen kann. Wie die maximale Muskelaktivität wurde vergleichend gegen- die Ergebnisse der beiden Untersuchungen zeigen, bietet die übergestellt und sowohl deskriptiv als auch mit Methoden Applied Kinesiology und hierbei insbesondere der MMT die der inferentiellen Statistik (Test auf Normalverteilung, T-Test Möglichkeit, Menschen (z. B. Sportler) präventiv oder rehabi- für abhängige Stichproben bzw. Wilcoxon-Test, jeweils mit litativ zu diagnostizieren und zielgerichtet zu behandeln, um einem Signifikanzniveau von 0.05) analysiert. Verletzungen zu minimieren. Weitere Untersuchungen sollen eine Kontrollgruppe einschließen, bei der im Ausdauerset- Ergebnisse ting ein ausgeschaltetes Smartphone (ohne Akku) in beiden Sowohl die Ergebnisse des Maximalkrafttests (in Anlehnung Versuchen (T1 und T2) verwendet wird, um die bisherigen an den klassischen MMT der AK) als auch des Kraftausdauer- Ergebnisse noch besser beurteilen zu können. settings zeigen die Auswirkung einer im manuellen Muskeltest definierbaren Hyporeaktion, die durch das Smartphone als Schlüsselwörter Stressor provoziert wurde. Im Mittel wurden die Kraftwerte Manueller Muskeltest, propriozeptive Reaktionsfähigkeit, jeweils bei Wegnahme des Stressors Smartphone (T2) um 12,9 Maximalkraft, anhaltende Dysreaktion, Ausdauerfähigkeit, (± 20,4) % links und 9,3 (± 12,9) % rechts signifikant (p < 0.01) Applied Kinesiology, EMG im Vergleich zu T1 gesteigert. Eine signifikante Steigerung (p < 0.01) der Kraftwerte nach Wegnahme beider Stressoren Effects of Persistent Dysfunctions on (T3 ohne Smartphone, Keil) um 17,5 (± 19,7) % links und Maximum Muscle Strength as well as on 21,0 (± 17,3) % wurde verzeichnet. Eine Steigerung des Strength Endurance Kraftwerts um mindestens 5 % wiesen auf der linken Seite 60,9 % (Diff. T1-T2) bzw. 69,6 % (Diff. T1-T3) auf. Auf der Abstract rechten Seite war dies bei 65,2 %(Diff. T1-T2) bzw. 73,9 % Background (Diff. T1-T3) der Stichprobe der Fall. The methods of Applied Kinesiology (AK) can profitably com- plement conventional medicine and, above all, help athletes to Im Kraftausdauersetting konnte die Wiederholungszahl sig- avoid injuries in phases of high stress intensity. This is known nifikant um 2,0 Wiederholungen beim zweiten Versuch (24,6 among AK therapists and could also be determined on the (± 9,0) Wiederholungen) im Vergleich zum ersten Versuch basis of the care of a youth football team. These findings and (22,6 (± 8,8) Wiederholungen) gesteigert werden. Dabei experiences were examined using objective measurement me- haben 77,3 % der Probanden im zweiten Versuch die gleiche thods. The focus of the investigations is the effects of persistent oder eine höhere Wiederholungszahl erreicht. Bezüglich der dysfunction on strength endurance, against the background Parameter des EMGs kann eine signifikant (p < 0,04; p < 0,01) that in everyday life (and of course also in sports) activities höhere maximale (links: 0,50 zu 0,48 mV; rechts: 0,54 zu with repetitive movements are carried out. So far it has not 0,50 mV) und mittlere (links: 0,38 zu 0,34 mV; rechts: 0,39 been investigated what effects stressors have in a strength zu 0,36 mV) Amplitude im ersten Versuch im Vergleich zum endurance setting. Muscular hyporeaction has a negative zweiten Versuch festgestellt werden. Es zeigen 65,9 % bzw. impact on the resilience of the musculoskeletal structures. 81,8 % der Probanden ein geringeres Potenzial (mV) bezüglich With a constant load, as is often the case in everyday life der maximalen bzw. mittleren Amplitude in T2. but more so in sports during intensive training phases, this can lead to increased stress and damage to these structures. 17
JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Based on a pilot study (see [1]), the effect of sustained hypo- tions, maximum and mean muscle activity, were determined reaction of a muscle in an endurance setting was examined. from the data and compared for the two trials of each leg The causes of the hyporeaction can be structural (any dys- by using descriptive and inferential methods (testing normal function of the locomotor system), biochemical (the result of distribution, T-test for dependent samples or Wilcoxon tests, intestinal dysbiosis, a toxic load as an example), emotional or significance level of 0.05 in all tests). caused by electromagnetic stress (use of a smartphone) [2]. The aim of the study was to quantify the effect of muscular Results dysfunction caused by structural and electromagnetic stressors The maximum force as well as the force endurance is effected on maximum force (reactive force) and above all on strength by the mobile phone, which can be seen by the different endurance. In the experimental setup a torque positioning on parameters captured in both settings. By removing the mo- wedges was used as a structural stressor and a smartphone bile phone in T2 the force values increased significantly (p < as electromagnetic stressor. 0.01) compared to T1 by 12.9 (± 20.4) % on the left and 9.3 (± 12.9) % on the right side. A significant increase (p < 0.01) Methods of the force was also registered after removing both stressors For analysing the effect of stressors (mobile phone, torque (T3 without mobile phone and wedge) compared to T1 by 17.5 positioning using a wedge) on the maximum force, the MMT (± 19.7) % on the left and 21.0 (± 17.3) % on the right side. (M. rectus femoris) was conducted in a group of 22 young An increase of the force values by at least 5 % is registered subjects (12 m, 10 f, 28.6 (± 6.5) years, 175.5 (± 10.1) cm, 72.7 on the left side in 60.9 % (Diff. T1 - T2) and 69.6 % (Diff. (± 15.6) kg). The maximum force and the angle of the used T - T3) of the subjects. On the right side 65.2 % (Diff. T1 - T2) testing position was measured with a force-measuring device. and 73.9 % (Diff. T1 - T3) of the subjects showed an increase Before the measurement, the examiner performed the MMT of the force by removing the mobile phone and the wedge. several times in order to familiarize the test subjects with the test setting and, on the other hand, to get an impression of the The number of repetitions was significantly higher (p < 0.01) reactivity of the muscle (M. rectus femoris). The force values with 24.6 (± 9.0) repetitions in the second trial compared to of the three tests were compared: T1 with both stressors, T2 the first trial (22.6 (± 8.8) repetitions). 77.3 % of the subjects with wedge bearing without a smartphone, and T3 without reached the same or a higher number of repetitions in the stressors, which were carried out one after the other on the second trial. Regarding the two parameters representing left and right with a one-minute break. The analysis of variance the muscle activity a significant (p < 0.04; p < 0.01) higher (ANOVA with repetition of measured values) and descriptive maximum amplitude (left: 0.5 vs. 0.48 mV; right: 0.54 vs. procedures (boxplots, Bland-Altmann plots) were used. 0.5 mV) and mean amplitude (left: 0.38 vs. 0.34 mV; right: 0.39 vs. 0.36 mV) in the first trial compared to the second trial In a second setting, the force endurance was additionally exa- was found. The majority of subjects (65.9 / 81.8 %) showed mined in order to find out, which effect the mobile phone has a lower muscle activity (mV) in terms of the maximum and on muscle activity during repeated measurements simulating mean amplitude of the EMG in the second trial. the daily life activities. For each subject a defined weight was determined based on the body mass. The subject lying on Conclusions his/her back were asked to do as many repeated hip flexions An experimental hyporeaction using a smartphone (and (0 - 90 °) as possible. To analyse the impact of the mobile wedge positioning) has shown measurable changes (reduced phone, two trials with a regeneration time of 40 minutes strength values, lower number of repetitions with a higher in between were conducted. In the first trial (T1) an active maximum and mean amplitude of the muscle activity) in mobile phone, packed in an envelope, was used, while an both settings. The assumption that a functional disruption inactive one (without battery pack in a blind setting) in the can lead to structural damage if the load remains the same is second trial (T2) was located under the shirt of the subject. obvious given by the presented results. In conclusion, wearing In both trials the wedge was placed under the left shoulder a smartphone during physical activity should be avoided, as to reinforce the provocation by the electromagnetic stressor this can lead to muscular restrictions. (mobile phone). The muscle activity, the hip angle as well as the lifting force was measured during each trial (T1 and T2, As the results of the two studies show, Applied Kinesiology, left and right leg). Parameters, such as number of repeti- and in particular the MMT, offers the opportunity to diagnose 18
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T people (e. g. athletes) preventively or for rehabilitation purposes hyperreaktiv erfolgt [2]. Es handelt sich um einen hyperreaktiven and to coach and treat them in a targeted manner to mini- Muskel, wenn dieser beim definierten Testprocedere der vom mize injuries. Further investigations should include a control Untersucher angewendeten Kraft standhält, sich aber durch group in which a switched-off smartphone (without battery) die definierten Inhibitions-Maßnahmen [3, 4] nicht inhibieren is used in both tests (T1 and T2) in the endurance setting in lässt, wie es bei einem normoreaktiven Muskel der Fall ist. order to be able to assess the previous results even better. Im Gegensatz dazu liegt ein hyporeaktiver Muskel vor, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Testposition gegen die vom Keywords Untersucher angewendeten Kraft (Testdruck) zu halten [3, 4]. Manual muscle testing, proprioceptive reactive force, strength endurance, persistent dysreaction, applied kinesiology, EMG; Es kann vermutet werden, dass eine muskuläre Hyporeakti- on die Belastbarkeit der Strukturen (z. B. Sehnen und Mus- Einleitung keln) des Bewegungsapparats herabsetzt. Eine persistierende Die Jugend-Fußballmannschaft des FC Energie Cottbus wird Hyporeaktion führt zu einer Fehlbelastung/ und einseitiger seit 2017 mit den Methoden der Applied Kinesiology (funk- Beanspruchung von Gelenken. Dies kann bei einer gleichblei- tionelle Myodiagnostik) betreut. Spieler des Trainings- oder benden Belastung, wie sie häufig im Alltag, aber vermehrt Wettkampfbetriebs mit Schmerzen an der unteren Extremität im Leistungs- oder Breitensport in intensiven Trainingsphasen wurden mit Hilfe des manuellen Muskeltests untersucht und gegeben ist, zu einer stärkeren Beanspruchung, Belastung oder behandelt, um die Spielfähigkeit schnellstmöglich wieder- sogar zur Schädigung dieser Strukturen führen. Abhängig von herzustellen. Dadurch konnte eine deutliche Reduktion von der Belastungsart und Intensität des Sports oder der Alltags- schwerwiegenden Verletzungen erreicht und somit auch aktivität (z. B. bei einer körperlichen Arbeit) sind es zunächst Operationen vermieden werden. In Zukunft ist es geplant, die Schmerzen in Gelenken, wie z. B. im Knie, in der Hüfte, in der Sportler präventiv zu untersuchen, um Dysfunktionen und da- Schulter, oder in der Wirbelsäule. Im weiteren Verlauf kann raus resultierende Verletzungen vermeiden zu können und zur aus der funktionellen Störung eine strukturelle Störung, etwa Gesunderhaltung in der Vorbereitung sowie über die gesamte in Form eines vorzeitigen Verschleißes oder einer Verletzung Saison beizutragen. Da die Methoden der Applied Kinesiology (Meniskusschaden, Kreuzbandruptur, o. ä.) entstehen, wenn erfolgreich eingesetzt werden konnten, empfiehlt es sich, diese die Ursache der funktionellen Störung nicht beseitigt wird. als präventive Maßnahme im Sport (neben Leistungssport, auch im Breiten- oder Freizeitsport) flächendeckend zu integrieren. Mit dem diagnostischen Vorgehen in der Applied Kinesiology, Dadurch können Verletzungswahrscheinlichkeiten minimiert bei dem der Manuelle Muskeltest (MMT) als Instrument der und die Leistungsfähigkeit langfristig gewährleistet werden. funktionellen Prüfung benutzt wird, können solche muskulären Dysfunktionen frühzeitig, oft noch vor dem Auftreten erster Nach Garten (2000) ist die Applied Kinesiology „ein System Symptome, erkannt und mit entsprechenden Maßnahmen funktioneller neuromuskulärer Diagnostik, mit welchem durch behandelt werden. manuelle Testung einzelner Muskeln und deren Reaktionsän- derung durch diagnostische Provokationen und therapeutische Anhaltende Dysreaktion von Muskeln Maßnahmen funktionelle Zusammenhänge von Störungen Beschwerden, wie sie oben exemplarisch genannt wurden und aufgeklärt und diese beseitigt werden“ [3]. häufig bei Sportlern auftreten, entstehen demnach nicht plötzlich (Ausnahme traumatische Ereignisse). Sie sind vielmehr ein Prozess Muskuläre Dysfunktionen, die mit muskulären Dysbalancen in Folge einer muskulären Dysbalance, der im Strukturschaden assoziiert sind, können zum Beispiel in Folge einer strukturellen enden kann, wenn der Körper nicht mehr in der Lage ist, Störun- Störung wie einer Störung des Kiefergelenks, einer Beckenlä- gen bis zu einer individuellen Toleranzschwelle zu kompensieren, sion, von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder durch einen die abhängig von der Gesamtbelastung des Körpers ist [2]. Auch Knick-Senkfuß entstehen, aber auch durch elektromagnetische Rudolf Virchow hat vor mehr als 100 Jahren dieses Phänomen Stressoren (EMF), chron. Infekte u. a. [3]. Hierbei ist die Reakti- bereits erkannt und schrieb: „Die Krankheit beginnt in dem Au- on des untersuchten Muskels auf einen definierten Testdruck, genblicke, wo die regulatorische Einrichtung des Körpers nicht welcher die neuromuskuläre Adaptationsfähigkeit prüft, nicht ausreicht, die Störung zu beseitigen. […] nicht die Störung als normoreaktiv („nicht normal“). Es wird dann von dysreaktiven solche erzeugt die Krankheit, sondern die Krankheit beginnt mit Muskeln gesprochen, wobei eine Unterscheidung in hypo- bzw. der Insuffizienz der regulatorischen Apparate.“ [5] 19
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Contraction, Maß der Maximalkraft) 21,1 Minuten sowie bei 25 % der MVC 9,0 Minuten in der Lage ist, die Kontraktion Der Effekt von EMF (Smartphone) und die in diesem Zusam- aufrechtzuhalten. Hingegen können im manuellen Test der AK menhang beobachteten Dysreaktionen von Muskeln wurde als „schwach“ eingeschätzte Muskeln lediglich 16,0 bzw. 8,0 bereits eingangs in [1] dargestellt. Die Ausgangsbeobachtung Minuten bei 10 bzw. 25 % des MVC den Widerstand halten war ein Sportler, der sein Smartphone in der rechten Hosen- [11]. Dies ist ein Indiz dafür, dass ein funktionell „schwacher“ tasche trug. Bei ihm konnten rechts die Muskelinhibition Muskel eine geringere Leistungsfähigkeit im Vergleich zu einem (hyporeaktive Muskeln, Hüft-Ab- / Adduktoren) mittels MMT starken Muskel besitzt. Jedoch repräsentiert die konstante nachgewiesen werden. Die Dysfunktionen waren ursächlich für isometrische Haltekraft nicht das, was ein Muskel im Alltag den beschriebenen Schmerz des Sportlers. Bereits nach zwei bei wiederholenden Aktivitäten leisten muss und welche Aus- Wochen, in denen der Sportler das Smartphone nicht mehr wirkung dort die geringere Leistungsfähigkeit hat. Aus diesem am Körper trug, waren die Muskeln bei einem weiteren Test Grund wird mit dieser Pilotstudie ein erster Schritt gemacht, wieder normoreaktiv. Zudem hatten sich die Schmerzen eben- um sich diesem Forschungsdefizit zu nähern. Hierbei ist den falls binnen weniger Tagen deutlich reduziert und waren nach Autoren bewusst, dass ein Kraftausdauertest im Labor mit einigen Wochen nicht mehr vorhanden. In dieser Zeit hat der einer vergleichsweise geringen Wiederholungszahl von unter Sportler sein normales Training fortgeführt und die Belastung 50 Wiederholungen nicht das widerspiegelt, was im Alltag von nicht reduziert. Das gab Anlass, diesen alltäglichen Stressor, der Muskulatur gefordert ist. Dennoch ermöglicht eine solche dem ein Großteil der Bevölkerung jeden Tag ausgesetzt ist, zu Untersuchung eine Einschätzung der Auswirkung. untersuchen. Es geht somit um die Wirkung des Elektrosmogs (elektromagnetisches Feld, WLAN, Bluetooth, EMF-Strahlung) Untersuchungsziel auf die muskuläre Leistungsfähigkeit (Maximalkraft, Kraftaus- Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden zwei Untersu- dauer). Negative Effekte von EMF auf die Gesundheit sind in chungssettings vorgestellt. Im ersten Setting geht es um den Studien gesichert [6, 7, 8, 9, 10]. klassischen MMT, wie er in der Praxis der AK täglich angewendet wird. Bei diesem Setting soll der Einfluss von Stressoren auf Die AK wird von den Autor*innen wissenschaftlich untersucht. die Maximalkraft untersucht werden. Eine Gegenüberstel- In Form von Studien wird versucht, die Evidenz der Behandlung lung mit der Einschätzung des Untersuchers hinsichtlich der objektiv darzustellen. Mit einem Messsystem können während Qualität der Kraft (normo- oder dysreaktiv) steht dabei nicht des MMT die Kraftwerte, der Winkel sowie bei Bedarf die Mus- im Fokus dieser Untersuchung. Im zweiten Setting wird der kelaktivität im Untersuchungssetting gemessen, visualisiert und Einfluss der Stressoren (gleiche wie beim Setting 1) bei einer im Anschluss analysiert und vergleichend gegenübergestellt Ausdauerbelastung untersucht, da wie bereits erwähnt im werden. Um objektiv die Auswirkung von Störungen über der Alltag wiederholende Bewegungen dazu führen, dass es bei Toleranzschwelle des Körpers (Kompensationsfähigkeit) messen einer reduzierten Belastbarkeit des Muskels zu einer Schädi- zu können, wird der MMT als Maximalkrafttest durchgeführt. gung kommen kann. Bislang wurde nach Kenntnisstand der Autoren nicht umfassend Ziel dieser Pilotstudie ist es, die Auswirkung von Störungsquel- untersucht, wie sich eine funktionelle Störung eines Muskels len (in der AK „Stressoren“ genannt) auf die Maximalkraft bei einer gleichbleibenden Belastung (im Alltag bis zu 10.000 (Reaktivkraft) und die Kraftausdauer untersuchen zu können. Schritte / Tag oder diverse sportliche Aktivitäten) auswirkt und Es wurden folgende Hypothesen untersucht: wie aus einer funktionellen eine strukturelle Störung entsteht. • H1Max: Der Stressor Smartphone führt im Maximalkrafttest In einer eigenen Studie wurde lediglich die Auswirkung einer zu einer veränderten Reaktionsfähigkeit des Muskels, die Sedierung des Muskels (M. gluteus medius) mittels zugehörigem sich in geringeren Kraftwerten und damit einer reduzierten Sedationspunkt (Pe7) bei wiederholten Hüft-Abduktionsbewe- Leistungsfähigkeit widerspiegelt. 20
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T Abb. 1: Links: Prototyp des Messgeräts zur objektiven Erfassung der Kraft während der Durchführung des MMT, welcher das kommerzielle PLUX 8-Kanal-Messge- rät (PLUX-Wireless Biosignals S.A, Lissabon, Portugal) im 3D-gedruckten Gehäuse beinhaltet, an das der Kraftsensor (HBM U9C) und PLUX Beschleunigungssensor mit entsprechender Vorrichtung zum Anwenden während des MMT angeschlossen sind. Rechts: MMT-Software entwickelt an der THB (Technische Hochschule Brandenburg) • H2Ausdauer: Der Stressor Smartphone führt im Kraftaus- Winkels verwendet. Dazu kam die entwickelte Inhouse-Software dauertest zu einer veränderten Reaktionsfähigkeit, die eine zum Einsatz (siehe Abb. 1 rechts). Leistungsminderung zur Folge hat, sodass im ersten Versuch weniger Wiederholungen als im zweiten Versuch absolviert Messablauf werden. Bei der ersten Messung wurden als Stressoren ein eingeschal- tetes Smartphone (für den Probanden nicht sichtbar in einem Diese beiden Hypothesen werden mithilfe den nachfolgend Briefumschlag verborgen auf dem Bauch liegend) sowie eine dargestellten Untersuchungssettings überprüft. Unterlagerung mit einem Keil (ca. 5 cm) an der linken Schulter verwendet (T1). Der Keil wurde auf Basis von experimentellen Material und Methoden Voruntersuchungen ergänzend zum Smartphone als physika- Die Untersuchung wurde an 22 jungen, gesunden Erwachsenen lischer, struktureller Stressor hinzugefügt, um die Gesamtbe- (12 m, 10 w, 28,6 (± 6,5) Jahre, 175,5 (± 10,1) cm, 72,7 (± 15,6) lastung auf das regulatorische System zu erhöhen (vgl. Zitat kg) durchgeführt. Alle Probanden nahmen freiwillig teil und von Virchow) und die Auswirkung des Stressors Smartphone wurden vorab nicht über das Untersuchungsziel instruiert. zeigen zu können. Das Smartphone lag dabei nicht auf NL- Zudem nahmen alle Probanden an den nachfolgend darge- Reflexpunkten oder dem Alarmpunkt des Dünndarms. Es wurde stellten beiden Messsettings teil. In der untersuchten Gruppe das Ziel verfolgt, eine Dekompensation des muskulären Systems befanden sich sieben Personen mit einer bekannten Allergie zu provozieren und somit eine Hyporeaktion auszulösen, den (aus AK-Sicht ein möglicher Stressor). Von den untersuchten Muskel also im manuellen Test wahrnehmbar zu inhibieren. Probanden gaben 14 an, regelmäßig mehr als einmal in der Nach einer 1-minütigen Pause wurde das Smartphone gegen Woche Sport zu treiben. Bezüglich der Frage nach dem do- ein ausgeschaltetes Smartphone (Akku wurde zusätzlich minanten Bein gaben 14 Probanden an, dass ihr dominantes entfernt) getauscht und die Keillagerung beibehalten (T2). Bein das rechte ist, acht Probanden das linke Bein. In der dritten und letzten Messung wurde ohne Stressoren gemessen (T3). Vor der eigentlichen Messung hat sich der Setting 1: Maximalkrafttest Untersucher (AK-Erfahrung > 5 Jahre) einen Eindruck von dem Die Untersuchung wurde am M. rectus femoris in Rückenlage Probanden verschafft und diesen durch mehrmaliges Testen und mit 90 ° Hüftflexion nacheinander links und rechts durch- (ohne Messgerät) mit dem Testsetting vertraut gemacht. Ziel geführt (vgl. [12]). Der MMT erfolgte Patienten-gestartet. Der war es, mit diesem Setting zu zeigen, dass durch Wegnahme oben genannte Prototyp des MMT-Messgeräts (siehe Abb. 1 der Stressoren die Leistungsfähigkeit des Muskels und somit links) wurde zur Messung der Kraft sowie zur Erfassung des die gemessene Kraft steigt. Hierzu war es notwendig, dass der 21
JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Abb. 2: Links Software MMT-Power, die das gemessenes Kraftpotential (gelb, 184 N) und Verlauf des Hüftwinkels (blau, Maximum bei 81°) bei der Maximalkraft- messung. Rechts Ergebnis der automatischen Analyse des Signals und Bestimmung des realen Maximums (hier Korrektur von 185 N auf 171 N). untersuchte Muskel nicht bereits hyporeaktiv im Test reagierte. dieses real ist und somit dem korrekten Kraftwert entspricht. Bei Probanden mit einem hyporeaktiven Muskel wurde dem Dies ist notwendig, da das erreichte Maximum das Resultat üblichen Vorgehen der AK mittels diagnostischer Stimulation einer veränderten Ausgangssituation für den Muskel ist, der (dies kann z. B. ein mechanischer, chemischer oder emotionaler bei 70 - 80 ° Hüftflexion durch seinen Synergisten, dem M. Reiz sein), die Maßnahme gefunden, die zu einer Normore- iliopsoas, eine höhere Kraft erzeugen kann. Es wurde bei aktion führte und entsprechend behandelt (etwa Lösen einer Voruntersuchungen beobachtet, das beim Erzeugen des Wirbelblockierung, ISG-Blockierung, usw.). Die Hyporeaktion Gegendrucks durch den Untersucher (Untersucher-gestartet) durch die experimentellen Stressoren war danach spezifisch. So der Proband seine Ausgangsposition (Hüftwinkel von ca. 90 °) wurde bei einem Probanden ein positiver Challenge aufgrund verlässt und somit der Muskel in eine bessere Lage gebracht eines Bauchnabel-Piercings gefunden, der vorab eliminiert wird. Der Algorithmus, der dazu in der Programmier- und wurde. Bei einem weiteren Probanden lag ein positiver Chal- Entwicklungsumgebung MATLAB® 2018b (TheMathWorks, lenge aufgrund einer allergischen Reaktion vor, die mittels Natick, USA) implementiert wurde, geht dabei in Anlehnung an chemischen Reizes (Cetirizin) zu einer Normoreaktion führte. die Darstellung von Bittmann und Schaefer [13] wie folgt vor: Cetirizin wurde in beiden Messungen (Maximalkraft- und 1. Identifikation des Bereichs, in dem die Kraft während des Ausdauersetting) zum Ausgleich der muskulären Dysfunktion Tests aufgebaut, gehalten und abgebaut wird (siehe in verwendet. Bei Vorliegen einer Hyperreaktion erfolgte keine Abb. 2 rechts farbige Markierungen [Cyan]). weitere Diagnostik, da sich diese nicht auf die Kraft auswirkt, 2. Betrachtung des Winkelverlaufs im Bereich des Kraftauf- wie von Garten [3] in einer Abbildung gezeigt wurde und zu- baus und Berechnung des Medians, der durch die obere dem in verschiedenen eigenen Voruntersuchungen zu sehen schwarze Linie visualisiert wird (siehe Abb. 2 rechts). Die war bzw. messtechnisch erfasst wurde. untere schwarze Linie entspricht 90 % des Medians. Bis zu dieser Grenze ist eine Abweichung des Winkelverlaufs Datenanalyse zulässig. Von der Aufnahme mit dem Messgerät wurde der Kraftwert 3. Wird im weiteren Kraftverlauf ein Winkelwert unterhalb (als Maximum des gemessenen Kraftpotentials, siehe Abb. 2) dieser Grenze detektiert, wird an dieser Stelle der Wert für jede Messung betrachtet. Bevor die Differenz zwischen den des Kraftsignals als „echtes“ Maximum gespeichert (grü- drei Versuchen (T2 - T1 und T3 - T1) analysiert wurde, erfolgte ne Markierung in Abb. 2 rechts). eine automatische Überprüfung des jeweiligen Kraftwerts mit einem dafür implementierten Algorithmus. Hierbei wird Nach dieser automatischen Analyse wurden alle Ergebnisse geprüft, ob der zuvor erfasste Kraftwert (Maximum) auch dem visuell begutachtet und ggfs. das erfasste Maximum durch korrekten Testergebnis entspricht. D. h. die Datensätze aller das der nachgelagerten automatischen Analyse ersetzt, sofern Probanden wurden hinsichtlich des Maximums untersucht, ob das Ergebnis plausibel war und nicht Ausreißer im Winkel- 22
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T verlauf einen negativen Einfluss hatten. Im Fall der Analyse 15 % des Körpergewichts zu verwenden, basiert auf eigenen der Daten, die exemplarisch in Abb. 2 (links in der Software experimentellen Voruntersuchungen. MMT-Power, rechts Ergebnis der Überprüfung) dargestellt sind, wurde die Korrektur lediglich in insgesamt 8,7 % der Um die Auswirkung des Stressors Smartphone zu untersu- Fälle (Datensätze) vorgenommen. chen, wurde die Kraftausdauermessung zum Messpunkt T1 nacheinander am linken und rechten Bein mit einem Die statistische Analyse dieser Werte wurde in Microsoft eingeschalteten Smartphone (WLAN, Bluetooth) und einer Excel (Microsoft Corporation, Redmond, Washington, USA) Keillagerung an der linken Schulter durchgeführt (siehe Abb. 3 sowie in MATLAB® 2018b und SPSS (IBM SPSS Statistics 19) rechts grüne Markierung Nr. 6). Nach einer Regenerationszeit durchgeführt. Die Parameter der betrachteten Messzeitpunkte von 40 Minuten wurde die Kraftausdauermessung auf beiden (T1 und T2 bzw. T1 und T3) wurden mittels Varianzanalyse Seiten (erst links dann rechts) wiederholt (T2). Dabei wurde (ANOVA mit Messwertwiederholung) statistisch untersucht. im Gegensatz zu T1 ein ausgeschaltetes Smartphone (Akku Die ANOVA untersucht eine Zielvariable (hier die Kraft) in entfernt) verwendet und die Keillagerung der linken Schulter Abhängigkeit verschiedener Faktoren (unabhängige Vari- blieb bestehen, da der Einfluss des Smartphones untersucht ablen, hier drei Faktoren durch die Wahl der Stressoren in werden sollte. Diese Reihenfolge wurde bewusst festgelegt, den Messzeitpunkten T1 - T3). Es wird getestet, ob die Mit- sodass auf eine Randomisierung verzichtet wurde. Der Versuch telwerte der Messungen der verschiedenen Faktoren einen mit dem Stressor wurde immer als Erstes durchgeführt mit Unterschied aufweisen [14]. Kommt es bei der ANOVA zu dem Ziel, das Argument der Muskelermüdung als Ursache für einem signifikanten Unterschied, so wird bestätigt, dass ein eine geringere Wiederholungsanzahl auszuschließen. Hierbei Unterschied zwischen mindestens zwei Faktoren besteht. wird betont, dass die Probanden weder wussten, dass sich Um herauszufinden, welche der geprüften Bedingungen sich beim Test ein Smartphone im Umschlag befand, noch in wel- signifikant unterscheiden, wurden anschließend Bonferroni cher Reihenfolge (mit oder ohne Akku) der Test durchgeführt Post-Hoc-Tests berechnet. Für alle statistischen Tests wurde wurde, da zwei Briefumschläge zur Verblindung verwendet ein Signifikanzniveau von Alpha = 0.05 festgelegt. Auch wurden. Es handelt sich um eine einfach verblindete Studie. wurden Bland-Altman-Plots sowie Boxplots erzeugt, um einen Überblick über die verglichenen Daten zu erhalten. Messtechnisch wurde die Muskelaktivität (mittel Oberflächen- EMG-Sensor) des M. rectus femoris, die Kraft (mittels Kraft- Setting 2: Kraftausdauertest sensor) sowie der Winkel (mittels Beschleunigungssensor) mit In Anlehnung an den Maximalkrafttest wurde ein Kraftaus- einem PLUX 8-Kanal-Messgerät (PLUX-Wireless Biosignals S.A., dauertest der Hüftbeuger (M. rectus femoris, M. iliopsoas) Lissabon, Portugal) erfasst. Dazu erfolgte die Elektrodenanlage durchgeführt, um herauszufinden, ob die Kraftminderung, am M. rectus femoris nach den Empfehlungen von SENIAM die im Rahmen des Maximalkrafttests messtechnisch erfasst (www.seniam.org). werden kann, auch auf die Ausdauerfähigkeit einen mess- baren Einfluss hat. Der Proband wurde gebeten, dass für ihn individuell einge- stellte Gewicht am Gewichtsturm so oft wie maximal möglich Messablauf zu ziehen und dabei in der Position mit gestrecktem Bein zu Zur Standardisierung des Kraftausdauertests gab es die folgen- starten (Full Range of Motion), dann Hüfte (und Knie) bei der den Festlegungen. Die Ausgangsposition des Probanden ist Bewegung zu beugen, bis das Knie die Hand des Untersuchers ebenfalls die Rückenlage (siehe Abb. 3). Das zu überwindende berührt, welche sich auf Höhe des vorderen Darmbeinstachels Gewicht wurde für beide durchgeführten Messungen (T1, T2) befand und somit einem Winkel von ca. 90 ° entspricht (siehe für jeden Probanden individuell auf Basis des Körpergewichts Abb. 3 links Markierung Nr. 7). Beim Ausdauertest waren (15 %) festgelegt. Der Grund für die Wahl des Gewichts auf Basis vollständige Wiederholungen bis zu einer Hüftflexion von des Körpergewichts anstelle von 30 bis 50 % der Maximalkraft ca. 90 ° gefordert. Um zu vermeiden, dass die Probanden (gängig für Training im Bereich der aeroben Kraftausdauer [15]) die Wiederholungszahl mitzählen, wurde nach der dritten liegt in der Überlegung, dass dieses Vorgehen alltagsnaher Wiederholung ein Zettel mit verschiedenen Zungenbrechern ist, da jeder Mensch jeden Tag sein eigenes Körpergewicht gezeigt und der Proband wurde gebeten, einen vorzulesen trägt. Im Gegensatz dazu spielt die Maximalkraft im Alltag bei (siehe Abb. 3 links Markierung Nr. 4). Potenziell ist die kognitive verschiedenen Aktivitäten eine geringere Rolle. Die Festlegung Aufgabe als ein weiterer Stressor wirksam. 23
JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Abb. 3: Messsetting des Ausdauertests mit Messung des EMGs am M. rectus femoris (3.), Erfassung des Winkels mittels Beschleunigungssensors (2.) und der Kraft mit einem Zugkraftsensor (1.). (Weitere Nummerierung: 4. Zettel mit Zungenbrechern; 5. Manschette am Fuß und distalen Unterschenkel; 6. Stressor Keil unter der linken Schulter; 7. Markierung der Zielposition durch den Untersucher; nicht sichtbar: Gewichtsturm und Stressor Smartphone (im Umschlag auf dem Bauch des Probanden, unter dem T-Shirt liegend)). Datenanalyse Aus dem dauerhaft, mittels Beschleunigungssensors ge- messenen Hüftwinkel (aus Nullstellung bis ca. 90 ° Hüft- flexion, siehe Abb. 3 links und rechts), wurde die An- zahl der Wiederholungen für die Versuche bestimmt (Peaks des Winkelsignals), die vergleichend gegen- übergestellt wurde. Aus den EMG-Daten wurde die Hüllkurve (RMS-Signal) ab- geleitet (vgl. dazu [1]) und die einzelnen Wiederholun- gen betrachtet. Es wurde die maximale und die mittlere Amplitude für jeden Versuch extrahiert sowie aus den de- tektierten Peaks die Regres- sionsgerade berechnet, um Abb. 4: Charakteristisches aufgerichtetes EMG-Signal (RMS-Signal, Hüllkurve) der Ausdaueruntersuchung am M. rec- tus femoris mit automatisch detektierten Peaks jeder Wiederholung. In Grün eingezeichnet ist die Regressionsgerade, die Ermüdung beurteilen zu die auf Basis der detektierten Peaks berechnet wurde. In Rot repräsentiert die obere gestrichelte Linie die im EMG detektierte maximale Amplitude, während die untere Linie die mittlere Amplitude darstellt, berechnet als Mittelwert können (siehe Abb. 4). aller detektierten Peaks. Die statistische Analyse wurde wie im Messsetting 1 in Microsoft Als Signifikanztests (Signifikanzniveau Alpha = 0.05) kamen Excel sowie in MATLAB® 2018b durchgeführt. Die Parame- entsprechend der Prüfung auf Normalverteilung der T-Test für ter der beiden Messzeitpunkte wurden zunächst bezüglich abhängige Stichproben (normalverteilt) bzw. der Wilcoxon-Test Normalverteilung untersucht (Shapiro-Wilk-Test, da N < 50). (nicht normalverteilt) zum Einsatz. 24
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T Ergebnisse Reaktionsfähigkeit am M. rectus femoris in der Eingangsuntersuchung auf. Zwölf bzw. elf Probanden In der Eingangsuntersuchung wurde die Reaktionsfähigkeit zeigten eine Dysreaktion am M. rectus femoris. Dabei wurde des Muskels M. rectus femoris bei allen Probanden untersucht bei acht Probanden ein hyperreaktiver Muskel (36,4 %) und bei (siehe Abb. 5). Elf Probanden (einer davon nur einseitig, 50 drei (links, 13,6 %) bzw. vier (rechts, 18,2 %) ein hyporeaktiver bzw. 45,5 %) wiesen am M. rectus femoris eine Normoreaktion Muskel durch den Untersucher registriert. Setting 1: Maximal- krafttest Wie die Abb. 6 zeigt, nimmt die Kraft sowohl auf der lin- ken als auf der rechten Seite bei Wegnahme der Stresso- ren (von T1 zu T3) zu. Die Kraftsteigerung ist dabei von T1 zu T2 (links: 59 N, rechts 34 N) größer als von T2 zu T3 (links: 16 N, rechts 12 N). Auffällig ist auch, dass ohne Stressoren die Kraftwerte links und rechts sehr nah beieinan- derliegen (347 zu 352 N) und Abb. 5: Verteilung der Reaktionsfähigkeit des linken bzw. rechten M. rectus femoris ermittelt mit dem MMT. nur einen Unterschied von 5 N aufweisen, während unter der Provokation (T1) die Auswir- kung auf der linken Seite mit 272 N deutlicher ist als auf der rechten Seite mit 306 N. Für jeden Probanden wurde für beide Seiten (links, rechts) die relative Differenz zwischen T1 und T2 sowie zwischen T1 und T3 berechnet. Im Mit- tel wurden die Kraftwerte jeweils bei Wegnahme des Stressors Smartphone um 12,9 (± 20,4) % links und 9,3 (± 12,9) % rechts sowie nach Wegnahme beider Stressoren (Smartphone, Keil) um 17,5 (± 19,7) % links und 21,0 (± 17,3) % rechts gesteigert. Eine Steigerung des Kraft- werts um mindestens 5 % wiesen auf der linken Seite 14 Abb. 6: Änderung der gemessenen Kraftwerte (als Mittelwert der Stichprobe) beim Maximalkrafttest bei schrittweise (Diff. T1 und T2) bzw. 16 (Diff. Wegnahme der Stressoren (T1: Keil und aktives Smartphone (SP), T2: Keil und inaktives Smartphone, T3: ohne Stresso- ren) für die linke und rechte Seite. T1 und T3) der 22 Probanden 25
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BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T Abb. 9: Links Anzahl der Wiederholungen im ersten (T1) und zweiten (T2) Versuch als Mittelwert für die untersuchte Stichprobe mit angegebener Standardabwei- chung. Rechts Prozentualer Anteil an der Differenz der Wiederholungszahl zwischen T1 und T2 für die beiden möglichen Fälle (gleiche/höhere Wiederholungszahl (Diff >=0)) in T2 oder geringere Wiederholungszahl (Diff < 0). Abb. 10: Balkendiagramme für die Parameter maximale Amplitude (links) sowie mittlere Amplitude (rechts) der aufgezeichneten EMG-Signale. Dargestellt sind jeweils der Mittelwert und die Standardabweichung der beiden Versuche (T1, T2) des linken und des rechten Beins gemessen am M. rectus femoris. Einfluss des EMF-Stressors, 24,6 (± 9,0) Wiederholungen im höhere Wiederholungszahl erreicht, wie der Abb. 9 (rechts) Mittel (keine Unterscheidung zwischen links und rechts) er- entnommen werden kann. reicht wurden. Im Gegensatz dazu, wurden im ersten Versuch 22,6 (± 8,8) Wiederholungen von den Probanden absolviert Bezüglich des Maximums des EMG-RMS-Signals kann sowohl (siehe Abb. 9 links). Dieser identifizierte Unterschied von 2,0 für die linke als auch die rechte Seite festgestellt werden, dass Wiederholungen ist signifikant (p < 0,01). Dabei haben 77,3 % die Amplitude im ersten Versuch signifikant höher ist (p < 0,05, der Probanden im zweiten Versuch die gleiche oder eine keine Unterscheidung zwischen links und rechts) als im zweiten 27
JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Versuch (links: 0,5 zu 0,48 mV; rechts: 0,54 zu 0,5 mV), wie es die Abb. 10 (links) zeigt. Gleiches zeigt sich bezüglich der mittleren Amplitude (links: 0,38 zu 0,34 mV; rechts: 0,39 zu 0,36 mV) (siehe Abb. 10 rechts). Der dort registrier- te Unterschied ist ebenfalls signifikant (p < 0,01). Dabei zeigen 65,9 % der Probanden ein geringeres Potenzial (mV) bezüglich der maximalen Am- plitude in T2 (siehe Abb. 11 links). Bezogen auf die mittlere Amplitude sind es sogar 81,8 % der Probanden, deren EMG im zweiten Versuch (T2) ein Abb. 11: Prozentualer Anteil der positiven bzw. negativen Differenz zwischen den beiden Messungen T1 und T2 für die maximale Amplitude (links) und der mittleren Amplitude (rechts). Positive Differenz heißt gleiche/höhere Amplitude geringeres Potenzial aufweist (AmplitudenDiff >=0) und negative Differenz eine geringere Amplitude (AmplitudenDiff < 0) in T2 im Vergleich zu T1. Diskussion (siehe Abb. 11 rechts). lität hat [6, 7, 8, 9, 10]. Hecht [8, 9] stellt sehr ausführlich Diskussion dar, welche Auswirkungen Elektrosmog haben kann. Setting 1: Maximalkrafttest Die in dieser Pilotstudie gewählten Stressoren stehen Mehr als die Hälfte der Probanden zeigen eine Reaktion stellvertretend für alle oben genannten Störungen (z. B. auf die gewählten Stressoren, die sich in einer redu- Darmstörungen, Allergien, Narben, Gelenkstörungen, zierten Maximalkraft widerspiegelt. Dieses Ergebnis usw.), die eine Kraftminderung zur Folge haben können. (links: 60,9 (T2 - T1) bzw. 69,6 % (T3 - T1); rechts: 65,2 Bei Beseitigung dieser Ursache kann die Leistungsfä- (T2 - T1) bzw. 73,9 % (T3 - T1)) bestätigt auch die in der higkeit des Muskels wiederhergestellt und damit das vorhergehenden Pilotstudie dargestellte Kraftreduktion Verletzungsrisiko minimiert werden. bei 73,3 % Probanden mittels einer gezielten Inhibition des Muskels, die über den Sedierungspunkt des Muskels Bei dem Stressor Smartphone besteht zumindest beim erfolgte [13]. Aus den hier vorliegenden Ergebnissen und Maximalkrafttest ein Unsicherheitsfaktor, da das ein- der vorhandenen Streuung lässt sich ableiten, dass jeder geschaltete Gerät sich in gewissen Abständen mit der Mensch auf diese Stressoren individuell reagiert, weil es Basisstation verbindet. Das jeweilige Verfahren (GSM, eine Abhängigkeit von der Gesamtbelastung des Kör- UMTS, LTE, 5G, …) legt dabei fest, in welchem Intervall pers gibt und die Toleranzschwelle bei jedem Menschen und auf welcher Frequenz mit welcher Sendeleistung individuell ist [2]. Jedoch zeigt ein größerer Teil (> 69 %) die Basisstation angesprochen wird. Auch muss beim der Gruppe eine Dysreaktion auf das Smartphone und Smartphone – im Gegensatz zum Handy – mit einer sehr die Keillagerung als verwendeter Gesamtstressor. Dabei individuellen Gesamtlast gerechnet werden, je nachdem, erzeugt der Stressor Smartphone allein eine beachtliche wie stark das individuelle Kommunikationsaufkommen Störung bei 60 bis 65 % der untersuchten Probanden. der installierten Apps ist. Zusätzlich kommen noch WLAN, Dass das Smartphone bzw. ganz allgemein elektroma- Bluetooth und NFC dazu (sofern zugeschaltet). Diese gnetische Feldstrahlung („Elektrosmog“) eine negative suchen ebenfalls in einem vorbestimmten Intervall ihr Wirkung auf Menschen haben kann, wurde in der Umfeld ab und erzeugen damit zyklisch eine zusätzliche Literatur kontrovers diskutiert. Einige Untersuchungen elektromagnetische Last. Der Effekt des verwendeten konnten zeigen, dass EMF einen negativen Einfluss auf Keils als Unterlagerung der linken Schulter ist erkennbar, die Gesundheit, beispielsweise auf die Herzratenvariabi- da beim Vergleich T3-zu-T1 immer ein größerer Teil der 28
BAND 8 · AUSGABE 3 · JAHRGANG 2020 F T A U S DA U E R FÄ H I G K E I T Probanden (8,7 % links sowie rechts), d. h. ohne den eine höhere maximale sowie mittlere Amplitude (65,9 %, strukturellen Stressor, mit einer höheren Kraft reagiert 81,8 %) des EMG-Signals im ersten Versuch bei einer als es im Vergleich T2 zu T1 der Fall ist. Dies erfolgte vor geringeren Anzahl an Wiederholungen vorgefunden allem vor dem Hintergrund der Ausdaueruntersuchung, wurde. Dies deutet darauf hin, dass im ersten Versuch da dort in beiden Versuchen der Keil verwendet wurde mehr motorische Einheiten rekrutiert werden mussten und er somit bei beiden den gleichen Einfluss hat. (vgl. [16]), um unter dem Einfluss der Stressoren die Bewegungsaufgabe erfüllen zu können. Dies spiegelt Auf Basis der dargestellten Ergebnisse kann die Hypo- sich im Vergleich zum zweiten Versuch in einem höhe- these H1Max (der Stressor Smartphone führt im Maxi- ren Potenzial (gemessen in mV) wider. Dies weist auch malkrafttest zu einer veränderten Reaktionsfähigkeit des auf eine schnellere und größere Ermüdung im ersten Muskels, die sich in geringeren Kraftwerten und damit Versuch im Vergleich zum zweiten Versuch hin, da sich in einer reduzierten Leistungsfähigkeit widerspiegelt.) eine Ermüdung u. a. in einem Anstieg im EMG-Signal als bestätigt angesehen werden. (RMS-Signal, Hüllkurve) zeigt [16]. Setting 2: Kraftausdauertest Der Keil spielt bei diesem Ergebnis keine Rolle, da bei Auch die Ergebnisse des Kraftausdauertests zeigen einen beiden Versuchen die Keillagerung der linken Schulter in Einfluss des gewählten Stressors (Smartphone) auf die gleicher Weise verwendet wurde und lediglich der Stressor Leistungsfähigkeit des Muskels. Die Vermutung, dass Smartphone die veränderliche Komponente in diesem durch den Einfluss des Smartphones eine geringere Ausdauersetting war, auch wenn dieser bei einigen Pro- Wiederholungszahl im ersten Versuch erreicht wird, banden eine begünstigende Wirkung haben kann. Die wurde mit dem gewählten Setting bestätigt. Ohne den Verwendung des Zungenbrechers könnte sich negativ Einfluss des Stressors Smartphone ist der Muskel in der im zweiten Versuch bei einigen Probanden ausgewirkt Lage, im zweiten Versuch die gleiche oder eine höhere haben, wodurch nicht die volle Leistungsfähigkeit und Wiederholungszahl zu erreichen. Der Faktor Motivati- damit die maximal mögliche Wiederholungszahl nicht on ist nicht vollständig kontrollierbar. Die Probanden erreicht wurde. Vor allem vor dem Hintergrund der He- wurden bezüglich der Wiederholungszahl in Versuch terogenität der untersuchten Probanden hinsichtlich der 1 in Unkenntnis gelassen, um zu verhindern, dass im vorab ermittelte Regulationsfähigkeit (50 bzw. 45,5 % Versuch 2 ihr „Kampfeswille“ geweckt werden könnte normo-, 36,4 % hyper- und 13,6 bzw. 18,2 % hypore- und dadurch eine höhere Wiederholungszahl erreicht aktiv) und korrigierten Regulationsfähigkeit des Muskels würde. Höhere Wiederholungszahlen traten bei 77,3 % durch die AK-Diagnostik (63,6 % normo- und 36,4 % der Probanden auf, was das frühere Ergebnis von 66,7 % hyperreaktiv) ist das vorliegende Ergebnis beachtlich. bestätigt [1]. Die Probanden kannten auch die Anzahl Natürlich spiegelt die hier im Ausdauertest ermittelte der Wiederholungen des zweiten Versuchs nicht. Sub- Wiederholungszahl nicht die Belastung eines Menschen jektiv berichteten einige Probanden nach Abschluss der im Alltag (z. B. bei 6.000 - 10.000 Schritte / Tag) wider. Untersuchungen, dass ihnen der zweite Versuch leichter Dennoch sind die hier identifizierten signifikanten Unter- gefallen ist. Der Grund wird vermutlich die stressorbe- schiede zwischen den beiden Versuchen ein Indiz dafür, dingte Dysfunktion im ersten Versuch und die damit dass bei einer noch länger andauernden Belastung, wie einhergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des sie im Alltag gegeben ist, aus einer funktionellen eine Muskels sein. Dieses Ergebnis der gleichen bzw. höhere strukturelle Störung werden kann. Wiederholungszahl im zweiten Versuch bestätigt auch die Vermutung, die auf Basis der Untersuchung von Auf Basis der dargestellten Ergebnisse kann die Hypo- Leisman et al. [11] vorlag, da in den Untersuchungen these H2Ausdauer (der Stressor Smartphone führt im mit konstanter isometrischer Kraft von 10 bzw. 25 % Kraftausdauertest zu einer veränderten Reaktionsfähig- des MVC jeweils eine geringere Haltezeit (16,0 zu 21,1 keit, die eine Leistungsminderung zur Folge hat, sodass Minuten bzw. 8,0 zu 9,0 Minuten) erzielt wurde, wenn im ersten Versuch weniger Wiederholungen von den der Muskel zuvor als „schwach“ charakterisiert wurde. Probanden geschafft werden als im zweiten Versuch.) Ferner ist auffällig, dass bei einem Großteil der Probanden vorläufig als bestätigt angesehen werden. 29
JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOGY W I S S E N S C H A F T · A U SW I R KU N G A N H A LT E N D E R DYS F U N K T I O N E N A U F D I E M A X I M A L K R A F T U N D D I E K R A F T A U Schlussfolgerungen höheren Belastung ausgesetzt sind, präventiv mittels AK Die Ergebnisse der beiden Untersuchungen zeigen, dass Diagnose hinsichtlich hyporeaktiver Muskeln untersucht der Stressor bei einem Großteil der Probanden einen ne- werden und durch entsprechende Challenges die Ursache gativen Effekt hat und zu einer Dysfunktion des Muskels für die Hyporeaktion gefunden und behandelt wird. Durch führt, wodurch eine verminderte Kraft bzw. eine geringere eine wiederhergestellte Normoreaktion (entsprechend Wiederholungszahl (bei einem gleichzeitig höherem maxi- Normfunktion) betroffener Muskeln kann eine Schädigung malen und mittlerem Potenzial) festgestellt werden konnte. von Strukturen in der Folge vermieden werden. Weitere Somit können beide untersuchten Hypothesen (H1Max Untersuchungen (Maximalkraft-, Kraftausdauertest) sollen und H2Ausdauer) als bestätigt angesehen werden. Hieraus durchgeführt werden, um dieses vorliegende Ergebnis ergibt sich die Empfehlung, dass ein Smartphone während untermauern zu können. Zudem ist es geplant, weitere einer Belastungssituation (im Sport oder im Alltag beim Parameter der EMGs zu betrachten, um weitere Aussagen Gehen längerer Strecken) nicht direkt am Körper getragen treffen zu können. Ergänzend soll vor allem hinsichtlich werden sollte, da aufgrund der vorliegenden Ergebnisse des Kraftausdauertests eine Kontrollgruppe untersucht nicht ausgeschlossen werden kann, dass es eine negative werden, bei der die Messung ohne Stressoren durchgeführt Auswirkung auf die Muskulatur hat. Insgesamt steht der ge- wird, mit dem Ziel das vorliegende Ergebnis der Hypothese wählte Stressor stellvertretend für jeden möglichen Stressor, H2Ausdauer verifizieren zu können. Auch können die oben der die Reaktionsfähigkeit der Muskulatur verändern kann genannten anthropometrischen und Gesundheits-Daten und es somit bei einer länger anhaltenden Hyporeaktion in der Probanden noch für eine detailliertere Analyse heran- Folge der vorliegenden funktionellen Störung des Muskels gezogen werden, um beispielsweise die Auswirkung der zu einem Strukturschaden kommen kann. Mit anderen Seitigkeit (Dominanz eines Beines) oder einer Allergie auf gängigen Stressoren, wie SIG-Dysfunktionen, Wirbelblockie- das vorliegende Ergebnis besser einschätzen zu können. rungen u. a. sollten ähnliche Untersuchungen durchgeführt werden, um einen Nachweis erbringen zu können. Von besonderer Bedeutung ist bei der Untersuchung, dass die Danksagung im Manuellen Muskeltest der Applied Kinesiology durch Die Autoren danken den Probanden, die es uns ermöglicht die experimentellen Stressoren festgestellte Hyporeaktion haben, unsere Untersuchung durchzuführen und somit die mit den Untersuchungsergebnissen für Maximalkraft und Forschung auf dem Gebiet der Applied Kinesiology mit objekti- Ausdauerleistung korreliert. Das bedeutet, dass der MMT ven Messungen voranzubringen. Ferner danken wir Dr. Gerald der Applied Kinesiology eine klinisch relevante Möglichkeit Weiss und Dr. Hans Garten für die konstruktiven Hinweise im darstellt, Menschen (z. B. Sportler) präventiv oder rehabilitativ Reviewprozess unseres Artikels. zu untersuchen und zu behandeln. Durch den MMT kann eine funktionelle Störung (Hyporeaktion) der Muskulatur Literatur sowie deren Ursache erkannt werden. 1. K. Orlowski, E. Altenkirch, L. Tettzlaff, A. l‘Orteye und T. Schrader, „Untersuchung der Wirkung einer temporären Im Ausdauersetting wurde zudem gezeigt, welche Auswir- Inhibition von Muskeln auf die propriozeptive Kraftfähig- kung die muskuläre Dysfunktion hat (geringere Wieder- keit - eine Pilotstudie.,“ Journal of Applied Kinesiology, Nr. holungszahl bei höherem EMG-Potenzial). Dieses Ergebnis 17-25, 2019. kann auf den Alltag übertragen werden, bei dem bei 2. H. Garten, Lehrbuch Applied Kinesiology: Muskelfunktion- alltäglichen Aktivitäten oder im Sportbereich eine weitaus Dysfunkion-Therapie, München: Elsevier, 2012. höhere Wiederholungszahl als im vorliegenden Ausdauer- 3. H. Garten, „Applied Kinesiology als funktionelle Neurolo- test einen noch deutlicheren Einfluss einer andauernden gie,“ Manuelle Medizin. Springer-Verlag, Nr. 120-164, 2000. Hyporeaktion der Muskulatur zur Folge haben sollte. So- 4. P. Ridder, Craniomandibuläre Dysfunktion: Interdisziplinäre mit ist auch nachvollziehbar, dass die Hyporeaktion (eine Diagnose- und Behandlungsstrategien., Urban & Fischer funktionelle Störung) die Belastbarkeit von Strukturen Verlag/Elsevier GmbH, 2019. herabsetzt und sie bei einer gleichbleibenden Belastung zu 5. R. Virchow, „Über die Stellung der Pathologie,“ in Rudolf einem strukturellen Schaden führen kann. Umso wichtiger Virchow und die deutschen Naturforscherversammlungen- ist es, dass vor allem Sportler, die im Trainingsalltag einer Leipzig, 1922. 30
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