FÜHRT KRAFTSPORT BEI ASYMPTOMATISCHEN SPORTLERN ZU UNERKANNTEN SCHULTERPATHOLOGIEN? EINE MRT-BEOBACHTUNGSSTUDIE - JKU ePUB
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Eingereicht von Alexander Azesberger Angefertigt am FÜHRT KRAFTSPORT BEI Ordensklinikum Linz/ Barmherzige Schwestern Abteilung für Orthopädie ASYMPTOMATISCHEN Beurteiler / Beurteilerin SPORTLERN ZU OA Priv.-Doz. DDr. Reinhold Ortmaier UNERKANNTEN August 2021 SCHULTERPATHOLOGIEN? (Zur Info: Monat der Abgabe im Prüfungs- und Anerkennungsservice) EINE MRT- BEOBACHTUNGSSTUDIE Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Dr. med. univ. im Masterstudium Humanmedizin JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, 22.08.2021 GENDER ERKLÄRUNG Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Masterarbeit die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll. 22. August 2021 2/80
Danksagung An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, welche mich bei meiner Masterarbeit unterstützt und begleitet haben. Mein größter Dank gilt meinem Masterarbeitsbetreuer OA Priv.-Doz. DDr. Reinhold Ortmaier sowie Ass. Dr. Amadeus Windischbauer, welcher mir bei der Rekrutierung eine große Hilfe war. Ein großer Dank gilt auch meinen Eltern, welche mir das Medizinstudium ermöglicht haben und mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. 22. August 2021 3/80
Inhaltsverzeichnis Danksagung ................................................................................................................................ 3 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 8 Abstract ..................................................................................................................................... 10 Einleitung ................................................................................................................................... 12 Anatomie des Schultergürtels .................................................................................................... 13 Knöcherne Anteile .............................................................................................................. 13 Clavicula ...................................................................................................................... 13 Scapula ....................................................................................................................... 14 Humerus...................................................................................................................... 15 Gelenke .............................................................................................................................. 16 Echte Gelenke ............................................................................................................. 16 Nebengelenke ............................................................................................................. 17 Gelenkskapsel, Bänder und Schleimbeutel ......................................................................... 18 Mechanik ..................................................................................................................... 21 Arterielle Versorgung .......................................................................................................... 22 Nervale Versorgung der Schulter ........................................................................................ 23 Muskeln .............................................................................................................................. 24 Pathologien der Schulter............................................................................................................ 32 Tendinopathie ..................................................................................................................... 32 Rotatorenmanschette ......................................................................................................... 33 Ruptur einer Sehne ..................................................................................................... 33 Trophik ........................................................................................................................ 34 AC-Gelenk .......................................................................................................................... 35 Arthrose....................................................................................................................... 35 Verletzung ................................................................................................................... 36 Lange Bizepssehne ............................................................................................................ 37 Labrumveränderungen ....................................................................................................... 38 Anteriore Labrumdefekte ............................................................................................. 38 Inferiore Läsionen ........................................................................................................ 39 Posteriore Läsionen..................................................................................................... 39 Glenohumerale Osteoarthritis ............................................................................................. 40 Klinische Untersuchung ............................................................................................................. 41 Schmerzanamnese ............................................................................................................. 41 Inspektion ........................................................................................................................... 41 22. August 2021 4/80
Palpation ............................................................................................................................ 41 Klinische Tests ................................................................................................................... 42 Rotatorenmanschette .................................................................................................. 42 AC-Gelenk ................................................................................................................... 43 Lange Bizepssehne ..................................................................................................... 43 Glenohumerale Osteoarthritis/Impingement ................................................................ 44 Radiologische Untersuchung ..................................................................................................... 45 Röntgen .............................................................................................................................. 45 Computertomografie ........................................................................................................... 45 Magnetresonanztomografie ................................................................................................ 45 Kraftsport und Bodybuilding ....................................................................................................... 46 Geschichte des Kraftsports und Bodybuildings ................................................................... 46 Fakten Österreich ............................................................................................................... 46 Material und Methodik................................................................................................................ 47 Projektplan.......................................................................................................................... 47 Einschlusskriterien....................................................................................................... 47 Ausschlusskriterien...................................................................................................... 47 Rekrutierung ................................................................................................................ 47 Population ................................................................................................................... 48 Klinische Untersuchung ............................................................................................... 48 Fragebogen ................................................................................................................. 49 Scores ......................................................................................................................... 52 Constant Murley Score ..................................................................................... 52 Simple Shoulder Test ....................................................................................... 55 Radiologische Begutachtung .............................................................................................. 56 Details der MRT-Untersuchung ................................................................................... 56 Checkliste .................................................................................................................... 56 Ergebnisse................................................................................................................................. 59 Fragebogen ........................................................................................................................ 59 Klinische Untersuchung (Scores) ........................................................................................ 63 Constant Murley Score ................................................................................................ 63 Simple Shoulder Test .................................................................................................. 65 UCLA Activity Test....................................................................................................... 66 MRT-Diagnostik .................................................................................................................. 67 Vergleich mit Kontrollgruppe ...................................................................................................... 69 22. August 2021 5/80
Limitationen ............................................................................................................................... 73 Diskussion ................................................................................................................................. 74 Stand der Wissenschaft zu Krafttraining und Pathologien ................................................... 74 Zufallsbefunde durch MRT Untersuchungen unserer Kontrollgruppe .................................. 74 Aussagekraft der Studie...................................................................................................... 75 Schlussfolgerung ....................................................................................................................... 76 Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 77 Tabellenverzeichnis ................................................................................................................... 80 Abbildungs- und Diagrammverzeichnis ...................................................................................... 80 22. August 2021 6/80
Abkürzungsverzeichnis A. Arteria Aa. Arteriae AC-Gelenk Acromioclaviculargelenk Art. Articulatio Lig. Ligamentum Ligg. Ligamenta M. Musculus MRI Magnetic Resonance Imaging MRT Magnetresonanztomografie N. Nervus Proc. Processus Procc. Processus VAS Visuelle Analogskala 22. August 2021 7/80
Zusammenfassung Hintergrund: Die Anzahl der österreichischen Bevölkerung, die in einem Fitnessstudio registriert ist, ist stets im Wachstum. 2018 betrug die Anzahl der Mitglieder 1073000, das entspricht 12,3% der Gesamtbevölkerung von Österreich (1). Welche Auswirkungen ein Training mit hohen Gewichten auf unsere Gelenke hat, ist zurzeit in der Literatur meist nur auf den Muskelaufbau beschränkt. Ob es negative Effekte auf die Gelenke und ihre umgebenden Komponenten gibt, wird häufig nicht beschrieben. Bei Leistungssportlern kommt es während der Karriere zu Anpassungsmechanismen in der Schulter. Hierzu gibt es Nachweise in der Literatur, dass vor allem bei Athleten mit wiederholenden Bewegungen wie Baseball-Pitcher oder Volleyballspieler Veränderungen im belasteten Gelenk vorhanden sind, obwohl diese Sportler keine subjektiven Verletzungen aufweisen. Erst im fortschreitenden Alter führen diese Pathologien zu Symptomen und Problemen im betroffenen Gelenk (2). Ziel der Masterarbeit: Das Ziel der Masterarbeit ist es herauszufinden, ob übermäßiges Krafttraining, welches bereits seit mehreren Jahren durchgeführt wird, zu unerkannten pathologischen Veränderungen in der Schulter führt. Methoden: In einer prospektiven Studie wurden beide Schultern von 11 Kraftsportlern mit jahrelanger Trainingserfahrung klinisch und bildgebend mittels MRT untersucht und ausgewertet. Es wurden nur Personen ausgewählt, die keine Schmerzen oder Funktionseinschränkungen in deren Schultergelenken verspüren und somit subjektiv verletzungsfrei sind. Für jeden Sportler wurde ein Termin im Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern Linz zur MRT-Untersuchung vereinbart. Kurz vor der radiologischen Untersuchung wurden sie klinisch mittels Constant Murley Score, Simple Shoulder Test, UCLA Activity Test und einem eigens erstellten Fragebogen untersucht. Anschließend wurden die MRT-Bilder mittels einer Checkliste auf Pathologien in der Schulter befundet. Diese Ergebnisse wurden mit den schmerzfreien Schultern der Patienten aus der Studie von Barreto et al. (3) verglichen und mittels „Chi- Quadrat-Test“ auf Signifikanz überprüft. 22. August 2021 8/80
Ergebnisse: In unserer MRT-Untersuchung wurden 2 Tendinopathien(9,1%) der Supraspinatussehne, 1 Labrumveränderung(4,5%) , 3 humerale Tuberositaszysten(13,6%) , 14 AC-Gelenk Hypertrophien(63,6%), 5 AC-Gelenk Osteophyten(22,7%) und 10 Entzündungszeichen des AC-Gelenkes(45,5%) von einem Oberarzt der Radiologie detektiert. Im Vergleich zur Kontrollgruppe stellten sich die Tendinopathien der Supraspinatussehne und Labrumveränderungen als signifikant seltener heraus. AC-Gelenks Osteophyten und AC- Gelenks Entzündungszeichen kamen signifikant häufiger vor. Die Anzahl der humeralen Tuberositaszysten und die AC-Gelenk Hypertrophien hingegen sind nicht signifikant in der Häufigkeit gegenüber der Kontrollgruppe. Schlussfolgerung: Es kommen bei langjährig trainierenden Kraftsportlern signifikant mehr AC- Gelenks Osteophyten und AC-Gelenks Entzündungszeichen vor als in unserer ausgewählten Kontrollgruppe. Die Labrumveränderungen und die Tendinopathie der Supraspinatussehne kommen signifikant weniger oft bei Kraftsportlern vor. Um eine stärkere Aussagekraft zu bekommen, müssten mehr Patienten eingeschlossen werden. Leider gab es keine Angabe über die Kontrollgruppe aus der Arbeit von Baretto et al. (3) in welchem körperlichen Zustand sich diese Personen befanden. Es ist nur anzunehmen, dass zumindest der Großteil der Gruppe keine extremen Kraftsportler waren. Um noch genauere Ergebnisse zu dieser Arbeit zu erhalten, müsste man eine Kontrollgruppe mit Personen erstellen, welche kein übermäßiges Krafttraining absolviert. An den Ergebnissen der Studie können wir ablesen, dass vor allem das AC-Gelenk unter der hohen Beanspruchung eines Krafttraining leidet und dies nach langjähriger Beanspruchung degenerative Veränderungen hervorrufen könnte. 22. August 2021 9/80
Abstract Background: The number of the Austrian population registered in a gym is always growing. In 2018, the number of members was 1073000, which represents 12.3% of the total population of Austria (1). What effects training with high weights has on our joints is currently mostly limited in the literature to muscle building. Whether there are negative effects on the joints and their surrounding components is often not described. Competitive athletes experience adaptation mechanisms in the shoulder during their career. There is evidence in the literature that especially athletes with repetitive movements such as baseball pitchers or volleyball players have changes in the loaded joint, although these athletes do not have any subjective injuries. Only with advancing age do these pathologies lead to symptoms and problems in the affected joint (2). Aim of the master's thesis: The aim of the master's thesis is to find out whether excessive strength training, which has been carried out for several years, leads to undetected pathological changes in the shoulder. Methods: In a prospective study, both shoulders of 11 strength athletes with years of training experience were clinically and imagingly examined and evaluated by MRI. Only individuals who did not experience pain in their shoulder joints and were therefore subjectively free of injury were selected. An appointment was made for each athlete at the Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern Linz for an MRI examination. Shortly before the radiological examination, they were clinically examined using the Constant Murley Score, Simple Shoulder Test, UCLA Activity Test and a specially created questionnaire. The MRI images were then assessed for pathology in the shoulder using a checklist. These results were compared with the pain-free shoulders of the patients from the study by Barreto et al. (3) and tested for significance using a "chi-square test". 22. August 2021 10/80
Results: In our MRI examination, 2 tendinopathies(9.1%) of the supraspinatus tendon, 1 labrum change(4.5%) , 3 humeral tuberosity cysts(13.6%) , 14 AC joint hypertrophies(63.6%), 5 AC joint osteophytes(22.7%) and 10 signs of inflammation of the AC joint(45.5%) were detected by a senior radiologist. Compared to the control group, tendinopathies of the supraspinatus tendon and labrum changes turned out to be significantly less frequent. AC joint osteophytes and AC joint inflammatory signs were significantly more frequent. The number of humeral tuberosity cysts and AC joint hypertrophies, on the other hand, were not significant in frequency compared to the control group. Conclusion: There are significantly more AC joint osteophytes and AC joint inflammatory signs in long-time exercising strength athletes than in our selected control group. Labrum changes and tendinopathy of the supraspinatus tendon occur significantly less often in strength athletes. To strengthen this significance, more shoulders of strength athletes would need to be viewed on MRI. Unfortunately, there was no indication of the physical condition of the control group from the work of Baretto et al. (3). It can only be assumed that at least the majority of the group are not extreme strength athletes. In order to be able to obtain even more precise results on this work, one would have to create a control group with people who do not do excessive strength training. From the results of the study we can see that especially the AC joint suffers from the high stress of strength training and that this could cause degenerative changes after many years of stress. 22. August 2021 11/80
Einleitung Die große Bewegungsfreiheit der Schulter sowie der komplexe anatomische Aufbau im Zusammenspiel von geringer knöcherner Führung und ausgeprägtem Weichteilmantel machen das Gelenk anfällig für akute und chronische Verletzungen. Nicht nur degenerative Erkrankungen wie Arthrose, sondern auch durch sportliche Aktivität ausgelöste Verletzungen spielen eine große Rolle in der orthopädischen und unfallchirurgischen Schulterchirurgie. Bei Sportarten, welche hauptsächlich von Wurfbewegungen und Überkopfbewegungen des Armes geprägt sind, hat sich gezeigt, dass sich diese repetitiven Bewegungen auf die Schulter auswirken und dort Veränderungen hervorrufen können. Interessant ist dabei, dass diese zu Beginn oft asymptomatisch verlaufen und erst später zu Problemen führen können (2). Immer mehr Menschen absolvieren Krafttraining und dieses oft auch mit hoher Intensität. Ob jedoch ein Krafttraining, welches schon jahrelang mehrmals pro Woche durchgeführt wurde, zu Schäden im Gelenk und den umliegenden Strukturen führt, ist nicht bekannt. Hierzu findet man in der Literatur nur wenige Studien. Diese Studien beziehen sich hauptsächlich auf subjektive Fragebögen. Ziel ist es herauszufinden, ob sich die Belastung des hochintensiven Krafttrainings strukturell auf die Schulter auswirkt. Unsere Kontrollgruppe bilden wir aus der Arbeit von Barreto et al. (3). Dort wurden Personen mit einem Schulterproblem auf einer Seite auf der kontralateralen nicht pathologischen Schulter im MRT auf Veränderungen untersucht. Befundet von einem Radiologen, bekommen wir dadurch eine Kontrollgruppe mit Veränderungen in einer asymptomatischen Schulter. 22. August 2021 12/80
Anatomie des Schultergürtels Knöcherne Anteile Der Schultergürtel, bestehend aus Clavicula, Scapula und Humerus, ist die Verbindung von Thorax und oberer Extremität und somit auch für die Beweglichkeit der Extremität zuständig. Clavicula Das Schlüsselbein, Clavicula, ist ein S-förmig geformter Knochen, der im Erwachsenenalter etwa 12-15 Zentimeter lang ist. Die Clavicula steht medial über die Extremitas sternalis mit dem Sternum und lateral über die Extremitas acromialis mit der Scapula in Verbindung (4, 5). Abbildung 1: Die Clavicula; Quelle: Prometheus LernAtlas der Anatomie S:244; 22. August 2021 13/80
Scapula Das Schulterblatt, Scapula, ist ein platter, dreieckiger Knochen mit den drei Rändern, Margo medialis, Margo lateralis und Margo superior. Die Scapula wird in zwei Flächen, die Facies costalis, welche die Fossa subscapularis beinhaltet und als Ursprungsort für den M. subscapularis dient und die Facies postalis, welche durch die Spina scapulae in Fossa supraspinata und Fossa infraspinata unterteilt wird. Namensgebend dafür sind die Ursprünge des M. supraspinatus und M.infraspinatus. Die Spina scapulae läuft im Acromion aus, welches die Verbindung zur Clavicula herstellt und eine gewisse Schutzfunktion für das Schultergelenk ausübt. Am lateralen Rand befindet sich die Cavitas glenoidalis, welche die Gelenkspfanne der Art. glenohumeralis bildet. Über der Cavitas glenoidalis befindet sich der Rabenschnabelfortsatz, Processus coracoideus, welcher als Ursprung und Ansatz für einige Muskeln dient (4, 5). Abbildung 2: Scapula; Quelle: Prometheus - LernAtlas der Anatomie; S:245 22. August 2021 14/80
Humerus Der Oberarmknochen, Humerus, ist ein schlanker Röhrenknochen. Er ist aufgeteilt in proximale und distale Epiphyse, die durch die Diaphyse verbunden sind. Für die Schulter spielt hauptsächlich die proximale Epiphyse eine Rolle. Hier befindet sich das Caput Humeri, das als Gelenkskopf der Art. glenohumerale dient. Abgegrenzt vom Schaft wird das Caput Humeri durch eine kleine Einschnürung, welches Collum anatomicum genannt wird. Nach ventral gerichtet findet man das Tuberculum minus und nach lateral gerichtet das Tuberculum majus. Beide dienen als Ansatzstelle für Muskeln und sind durch den Sulcus intertubercularis getrennt, welcher von der langen Bizepssehne durchlaufen wird. Etwas weiter distal am Schaft befindet sich das Collum chirurgicum, wo es bei Krafteinwirkungen und Verletzungen häufig zu Brüchen kommt (4). Abbildung 3: Humerus; Quelle: Prometheus LernAtlas der Anatomie; S:246 22. August 2021 15/80
Gelenke Um alltägliche Bewegungen mit den oberen Extremitäten, wie greifen oder tasten, durchführen zu können, braucht es eine hohe Beweglichkeit in der Schulter. Darum ist es das Gelenk mit dem höchsten Bewegungsumfang im menschlichen Körper. Um diese Beweglichkeit gewährleisten zu können, hat das Schultergelenk, also die Art. glenohumerale eine hohe Eigenbeweglichkeit, welche durch Mitwirken des gesamten Schultergürtels vergrößert wird. Man kann den gesamten Schultergürtel folgendermaßen unterteilen (6): • Echte Gelenke ◦ Art. sternoclavicularis ◦ Art. acromioclavicularis ◦ Art. glenohumeralis • Nebengelenke ◦ Subacromiales Nebengelenk ◦ Schulterblatt-Thorax-Gelenk Echte Gelenke Art. sternoclavicularis Das Besondere an diesem Gelenk ist, dass es die einzige gelenkige Befestigung der gesamten oberen Extremität am Rumpf ist. Funktionell ist dieses Gelenk ein Kugelgelenk, das von dem Kopf, der Extremitas sternalis claviculae, und der Pfanne, der Incisura clavicularis des Sternums gebildet wird. Da diese zwei Gelenkanteile sehr inkongruent sind, findet man dazwischen den Discus articularis. Die Kapsel ist sehr dick, jedoch schlaff und wird ventral und dorsal durch die beiden Ligg. sternoclaviculare anterius und posterius verstärkt. Zusätzlich limitieren noch zwei weitere Bänder die Bewegungen im Gelenk. Dies sind das Lig. costoclaviculare, welches alle Bewegungen hemmt und das Lig. interclaviculare, welches das Senken der Clavicula hemmt. (6, 4) 22. August 2021 16/80
Art. acromioclavicularis Das sogenannte Schultereckgelenk oder laterale Schlüsselbeingelenk besitzt zwei mit Faserknorpel überzogene plane Gelenksflächen. Darum wird es auch durch straffe Bänder zusammengehalten. Das Lig. acromioclaviculare verstärkt die Gelenkskapsel. Das Lig. coracoclaviculare wird wiederum in zwei verschiedene Teile eingeteilt. Zum einen in das Lig. conoideum welches dorsal liegt und die Auseinanderbewegung von Clavicula und Acromion hemmt und in den zweiten Teil, dem Lig. trapezoideum, welches ventral gestellt ist und die Zueinanderbewegung von Clavicula und Scapula hemmt. Das Lig. conoideum zieht vom Processus coracoideus zum Tuberculum conoideum der Clavicula und das Lig. trapezoideum vom Processus coracoideus zur Linea trapezoidea. Um Scherkräfte der beiden Bänder zu verhindern, befindet sich zwischen ihnen die Bursa lig. coracoclavicularis. (4) Art. glenohumeralis Das Art. glenohumeralis wird von zwei knöchernen Anteilen gebildet. Zum einen haben wir am lateralen Rand der Skapula die Cavitas glenoidalis scapulae als Pfanne. Den zweiten artikulierenden Teil bildet der Caput humeri. Zusammen sind sie das beweglichste, jedoch auch das für Verletzungen anfälligste Gelenk des Körpers. Aufgrund des Missverhältnisses der Flächen zwischen Kopf und Pfanne (4:1) fehlt die knöcherne Führung und somit die Stabilität im Gelenk. Zusätzlich ist auch noch der Bandapparat schwach ausgebildet. Um trotzdem die erforderliche Stabilität gewährleisten zu können wird das Gelenk von der kräftigen Schultermuskulatur fixiert. (6) Nebengelenke Subacromiales Nebengelenk Dieses sogenannte Gelenk besteht eigentlich aus zwei Schleimbeuteln, dem Schulterdach und der Rotatorenmanschette. Die Bursa subacromialis und die Bursa subdeltoidea fungieren als Gleitschicht und vermindern somit die Reibung bei Bewegungen im Schultergelenk, vor allem bei der Abduktion. (6) Schulterblatt-Thorax-Gelenk Es handelt sich hierbei um eine scapulothorakale Gleitschicht welche aus lockerem Bindegewebe besteht und zwischen dem M. subscapularis und M. serratus anterior zu finden ist. (6) 22. August 2021 17/80
Gelenkskapsel, Bänder und Schleimbeutel Gelenkskapsel An der Außenseite des Labrum glenoidale entspringt die Kapsel und schließt das Tuberculum supraglenoidale ein, um dann am Collum anatomicum des Caput humeri zu inserieren. Um den Bewegungsumfang nicht einzuschränken, ist die Kapsel schlaff und bildet als Reserve den Recessus axillaris (4). Bandapparat • Ligamentum coracohumerale Hat seinen Ursprung an der Basis des Processus coracoideus und zieht mit 2 Teilen zu den Tubercula majus und minus. Durch diese sich aufspaltenden zwei Zügel läuft die lange Bizepssehne und wird somit geführt (4). • Ligamentum coracoglenoidale Entspringt am Processus coracoideus und geht dann in den kranialen Teil der Gelenkskapsel über. Dieses Ligament ist nur noch der entwicklungsgeschichtliche Rest, der ursprünglich am Humerus inserierenden Sehne des Musculus pectoralis minor (4). • Ligamentum transversum humeri Es ziehen Fasern des Musculus subscapularis über den Sulcus intertubercularis und inserieren am Tuberculus majus. Dies dient dazu, die Sehne des Caput longum musculus bicipitis brachi im Sulcus intertubercularis zu fixieren (4). 22. August 2021 18/80
• Kapselverstärkende Bänder (nur von innen, also athroskopisch sichtbar) ◦ Ligamentum glenohumerale superius Verläuft vom Oberrand der Pfanne zum Sulcus intertubercularis und zum Tuberculum minus. ◦ Ligamentum glenohumerale medium Verläuft vom Oberrand der Pfanne zum Collum anatomicum des Humerus. ◦ Ligamentum glenohumerale inferius Bestehend aus anterioren, posterioren Faserzug und dem dazwischenliegenden Recessus axillaris. Alle Anteile laufen vom kaudalen Rand der Gelenkspfanne zum medialen Hals des Humerus, wobei der Recessus axillaris bis zum Collum chirurgicum hinunterzieht. (4) Eigenbänder der Scapula Es gibt drei Eigenbänder der Scapula, das bedeutet, dass diese an der Scapula entspringen und wieder an dieser inserieren. • Lig. coracoacromiale Das Band entspringt am Acromion und zieht gefächert an den Processus coracoideus. Gemeinsam mit den knöchernen Anteilen, an denen es entspringt und inseriert, bilden sie den Fornix Humeri, einen osteofibrösen Bogen, welcher ein Aufwärtsgleiten des Caput humeri bei ausgestrecktem Arm verhindert. (4) • Lig. transversum scapulae superius Durch dieses Band wird die Incisura Scapulae überbrückt und somit ein osteofibroser Kanal für den Nervus suprascapularis gebildet. In manchen Fällen kann dieses Band verknöchern und es entsteht das Foramen scapulae. (5) • Lig. transversum scapulae inferius Dieses Band ist nicht immer vorhanden. Es zieht von der Hinterfläche der Cavitas glenoidalis zur lateralen Basis der Spina scapulae und fixiert somit das Geflecht mit Nervus, Arteria und Vena suprascapularis. (4) 22. August 2021 19/80
Bursae synoviales Da es im Schultergelenk zu hohen Muskelbelastungen kommt und diese Muskeln auch das Gelenk stabilisieren müssen, gibt es zahlreiche Schleimbeutel. Diese haben bei Schulterschmerzen eine große Bedeutung, da sie sich entzünden oder auch verletzt werden können. Für die Praxis sind vier hauptsächlich von Bedeutung. Davon haben zwei eine Verbindung zur Gelenkshöhle und kommunizieren mit dieser. • Nicht mit der Gelenkshöhle kommunizierende Bursen ◦ Bursa subacromialis und Bursa subdeltoidea Diese zwei Bursae werden als Subacromiales Nebengelenk der Schulter zusammengefasst und stehen oft in direkter Verbindung zueinander. Ihre Funktion ist es, für ein reibungsloses Gleiten des Humeruskopfes und der Ansatzsehnen der Rotatorenmanschette, vor allem des Musculus supraspinatus, zu sorgen (4). • Mit der Gelenkshöhle kommunizierende Bursen ◦ Bursa subtendinea musculus subscapularis Diese Bursa liegt unter der Sehne des Musculus subscapularis und verringert die Reibung an der Vorderkante der Cavitas Glenoidalis. Die Bursa ist durch eine kleine Öffnung, dem sogenannten Foramen ovale Weitbrecht, mit der Gelenkshöhle verbunden (4). ◦ Bursa subcoracoidea Liegt unterhalb des Processus coracoideus und kann entweder direkt mit der Gelenkshöhle oder indirekt über die Bursa subtendinea musculus subscapularis mit der Gelenkshöhle in Verbindung stehen (4). 22. August 2021 20/80
Mechanik Art. sternoclavicularis Dieses Gelenk ist in zwei verschieden Achsen beweglich, welche gemeinsam zu einer kreisförmigen Bewegung verschwimmen können. Läuft eine sagittale Achse durch dieses Gelenk, kann die Schulter um 40° gehoben und um 10° gesenkt werden. Bei einer longitudinalen Achse kann die Schulter 30° nach ventral und 25° nach dorsal bewegt werden (7). Art. acromioclavicularis Die drei Freiheitsgrade dieses Gelenkes werden durch die straffen Bänder enorm eingeschränkt. Kombiniert mit dem Art. sternoclavicularis werden translatorische Bewegungen nach kranial, kaudal, ventral und dorsal ermöglicht. Zusätzlich ist eine leichte Rotation möglich (4). Art. glenohumeralis Als Kugelgelenk besitzt das Schultergelenk drei Freiheitsgrade und insgesamt sechs Hauptbewegungsrichtungen. • Anteversion und Retroversion um eine horizontale Achse Von der Neutral-Null-Stellung aus spricht man von der reinen Anteversion bis zur Horizontalen. Mit Hilfe des gesamten Schultergürtels spricht man bei Anheben über die Horizontale von einer Elevation, die bis zu 180° möglich ist. Die Retroversion ist hingegen nur bis zu 40-50° möglich (4, 7). • Adduktion und Abduktion um eine sagittale Achse Eine Adduktion ist nach leichter Anteversion bis zu 45°möglich. Eine reine Abduktion ist nur bis 80 -90° möglich. Mit Hilfe des Schultergürtels erreicht man 150°. Um eine 180° Abduktion zu erreichen, erfolgt eine Außenrotation, um den nötigen Platz unter dem Fornix humeri zu schaffen und das Daruntergleiten des Tuberculum majus zu ermöglichen (4, 7). • Innenrotation und Außenrotation um die Längsachse Die Innenrotation ist bis zu 95° und die Außenrotation bis zu 60° möglich (4, 7). 22. August 2021 21/80
Arterielle Versorgung Die gesamte arterielle Versorgung der oberen Extremität wird durch die A. subclavia gewährleistet, welche auf der rechten Seite aus dem Truncus brachiocephalicus und auf der linken Seite direkt aus dem Aortenbogen entspringt. Bevor sie unter der Clavicula weiterzieht, entspringen die A. thoracica interna, A. vertebralis, Truncus thyrocervicalis und der Truncus costocervicalis aus ihr. Weiter distal geht sie in die A. axillaris über, die einige Äste zur Versorgung der Schulterstrukturen abgibt. Die A. axillaris entsendet die A. thoracoacromialis mit ihren den Rami pectorales, Ramus acromialis und Ramus deltoideus welche das Acromion, die Clavicula, den M. deltoideus und den M. pectoralis major versorgen. Weiter distal entspringt die A. subscapularis, welche den gleichnamigen Muskel versorgt. Die letzten Äste der A. axillaris sind die beiden Arterien für die Versorgung des Humeruskopfes, die Aa. circumflexa humeri anterior und posterior. Auf Höhe des M. teres major und der Ansatzstelle des M. latissimus dorsi geht die A. axillaris als A. brachialis weiter, welche die restlichen Teile des Armes mit Blut versorgt. (5, 6, 4) 22. August 2021 22/80
Nervale Versorgung der Schulter Der Plexus brachialis ist verantwortlich für die nervale Versorgung der oberen Extremität. Er wird unterteilt in eine Pars supraclavicularis und eine Pars infraclavicularis. • Pars supraclavicularis Die pars supraclavicularis teilt sich in die ventralen und dorsalen Äste auf. Zu den ventralen Ästen zählt der N. subclavius, der den M. subclavius innerviert. Weitere Äste sind die Nn. Pectorales medialis und lateralis, die hinter der Clavicula zu den Mm. pectoralis major und minor verlaufen. Die dorsalen Äste innervieren die dorsalen und lateralen Muskeln des Thorax. Der N. dorsalis scapulae versorgt den M. levator scapulae und die Mm. rhomboidei. Der N. suprascapularis zieht durch die Incisura scapulae zum M. supraspinatus und M. infraspinatus. Vom N. thoracicus longus wird der M. serratus anterior innerviert. Weiters zieht der N. subscapularis zum gleichnamigen M. subscapularis und zum M. teres major. Der N. thoracodorsalis zieht entlang des M. latissimus dorsi nach unten und versorgt diesen (4). • Pars infraclavicularis Es werden hier nicht die kompletten Nerven der Pars infraclavicularis angegeben, sondern nur jene, welche Muskeln innervieren, die für die Funktion des Schultergürtels notwendig sind. Der N. muscolucutaneus läuft durch den M. coracobrachialis hindurch und innerviert ihn gleichzeitig. Zusätzlich versorgt er noch den M. bizeps brachii und den M. brachialis. Die Muskeläste des N. axillaris verlaufen mit der A. circumflexa humeri posterior und versorgen den M. deltoideus und den M. teres minor. Vor dem Eintritt in den Canalis n. radialis gib der N. radialis seine Muskeläste ab, die den M. triceps brachii versorgen (4). 22. August 2021 23/80
Muskeln Muskeln vom Schultergürtel bis zum Unterarm verlaufend Muskel Ursprung Ansatz Inervation Funktion M. biceps Abduktion; brachii Anteversion; • Caput longum Tuberculum Adduktion (nur supraglenoidale Gemeinsam an N. vom Caput der Tuberositas musculocutaneus breve) Proc. radii • Caput breve corcacoideus Ellbogengelenk: Felxion M. triceps brachii • Caput longum Tuberculum Olecranon N.radialis Adduktion; infraglenoidale Retroversion Ellbogengelenk: Extension Tabelle 1: Muskeln vom Schultergürtel bis zum Unterarm verlaufend (7) M. bizeps brachii Wie der Name schon verrät, handelt es sich um einen zweiköpfigen Muskel mit zwei verschiedenen Ursprüngen. Das Caput longum entspringt am Tuberculum supraglenoidale scapulae und das Caput breve am Processus coracoideus, wo es mit dem M. corcacobrachialis verwachsen ist. Den gemeinsamen Ansatz haben sie an der Tuberositas radii. Die zwei verschiedenen Köpfe haben auch verschiedene Funktionen im Schultergelenk. Das Caput longum abduziert und innenrotiert den Humerus. Das Caput breve hingegen adduziert und innenrotiert. Gemeinsam antevertieren sie im Schultergelenk bis zu 90°(4). M.trizeps brachii, caput longum Der lange Kopf des M. trizeps brachii entspringt am Tuberculum infraglenoidale, welches extraartikulär liegt, und zieht zum Olecranon, wo die Sehne ansetzt und in die Gelenkskapsel des Ellbogens einstrahlt. Die Funktion in der Schulter ist eine Retroversion, eine Adduktion und eine schwache Außenrotation (4). 22. August 2021 24/80
Muskeln vom Schultergürtel oder Rumpf zum Oberarm verlaufend Muskel Ursprung Ansatz Inervation Funktion M. deltoideus Pars clavicularis Laterales Alle 3 an der Alle 3 vom N. Anteversion; Drittel der Tuberositas axillaris Innenroatation; Clavicula deltoidea des Adduktion Humerus Pars acromialis Acromion Abduktion Pars spinalis Spina scapulae Retroversion; Außenroatation; Adduktion M. coracobrachialis Proc. Corpus humeri N. Adduktion; Coracoideus musculocutaneus Innenrotation; Anteversion M. pectoralis major Alle 3 an der Alle 3 von den Adduktion; Pars clavicularis Clavicula Crista tuberculi Nn. Pectorales Innenrotation; majoris humeri medialis und Anteversion; lateralis Inspiration Pars Sternum; 1.-6. sternocostalis Rippe Pars Vorderes Blatt abdominalis der Rektusscheide M. latissimus dorsi Angulus Crista tuberculi N. Adduktion; inferior minoris humeri thoracodorsalis Innenroatation; scapulae; Retroversion 10.-12. Rippe; Proc. Spinosi TH7 – L5; Crista iliaca M. teres major Angulus Crista tuberculi N. Adduktion; inferior minoris humeri thoracodorsalis Innenrotation; scapulae Retroversion Tabelle 2: Muskeln vom Schultergürtel oder Rumpf zum Oberarm verlaufend (7) 22. August 2021 25/80
Musculus deltoideus Dieser Muskel ist auf Grund seiner drei verschiedenen Ursprünge in drei Teile gegliedert. Die Pars clavicularis hat ihren Ursprung am lateralen Drittel der Clavicula und hilft bei der Anteversion in der Schulter. Die Pars spinalis hat ihren Ursprung an der Spina scapulae und retrovertiert in der Schulter. Die Pars acromialis ist der mittlere Teil und entspringt am Acromion. Sie fungiert als Synergist für die beiden anderen Teile, da sie mit einigen Fasern die Anteversion und einigen Fasern die Retroversion unterstützt. Das Besondere an diesem Muskel kommt bei Adduktion und Abduktion zum Vorschein. Bei herabhängendem Arm wirken die Pars clavicularis und die Pars spinalis als Adduktoren, die Pars acromialis als Abduktor. Ab circa 60° wird die Pars acromialis jedoch insuffizient. Da sich die Zugrichtung geändert hat, übernehmen jetzt Pars clavicularis und Pars acromialis die Abduktion und somit trägt der Muskel an der Horizontalen das gesamte Gewicht des Armes (4). Musculus coracobrachialis Der Ursprung dieses Muskels ist am Processus coracoideus und zieht nach distal, wo er an der Verlängerung der Crista tuberculi minoris ansetzt. Er unterstützt den Musculus pectoralis major bei Anteversion, Innenrotation und Adduktion (7). Musculus pectoralis major Der große Brustmuskel zieht von drei verschiedenen Ursprüngen, die pars clavicularis, pars sternocostalis und pars abdominalis zur Crista tuberculi majoris des Humerus. Die Adduktion und Innenrotation wird vom gesamten Muskel ausgeführt, wohingegen die Anteversion nur von Pars clavicularis und Pars sternocostalis unterstützt wird. Wird der Schultergürtel fixiert, also zum Beispiel beim Abstützen der Hände, kann der Brustmuskel als Atemhilfsmuskel eingesetzt werden (4). 22. August 2021 26/80
Musculus latissimus dorsi Dieser Muskel wird in 4 verschiedene Abschnitte unterteilt, die jeweils einen anderen Ursprung haben, jedoch alle zusammen an der Crista tuberculi minoris ansetzen. Die Abschnitte sind die Pars vertebralis mit Ursprung an den Processus spinosi der 7.-12. Brustwirbelkörper, die Pars iliaca, die am hinteren Drittel der Crista iliaca entspringt, die Pars costalis mit Ursprung an der 9.-12. Rippe und die Pars scapularis vom Angulus inferior scapulae entspringend. Auf Grund seiner Funktion wird der Musculus latissimus dorsi oft auch der Schürzenbindermuskel genannt, weil er für Innenrotation, Adduktion und Retroversion zuständig ist. Da er am Brustkorb entspringt, fungiert er auch als Atemhilfsmuskel (7). Musculus teres major Er zieht vom unteren lateralen Rand und Angulus inferior der Scapula zur Crista tuberculi minoris und fungiert als Innenrotator, Adduktor und Retrovertierer im Schultergelenk (7). 22. August 2021 27/80
Muskeln der Rotatorenmanschette Muskel Ursprung Ansatz Inervation Funktion M. teres minor Scapula – Tuberculum N. axillaris Adduktion; Margo lateralis majus humeri Außenrotation M. infraspinatus Fossa Tuberculum N. suprascapulris Adduktion; infraspinata majus humeri Außenroatation M. supraspinatus Fossa Tuberculum N.suprascapularis Abduktion supraspinata majus humeri M. subscapularis Facies costalis Tuberculum Nn. Innenroation; scapulae minus humeri Subscapularis Adduktion; Der kraniale Teil macht eine leichte Abduktion Tabelle 3: Muskeln der Rotatorenmanschette (7) Rotatorenmanschette Die Rotatorenmanschette ist für die Stabilität des Schultergelenkes verantwortlich. Sie zieht an allen Seiten des Humeruskopfes vorbei und drückt in somit an die Gelenksfläche der Scapula. Außerdem strahlen die Sehnen in die Gelenkskapsel ein und verstärken diese. Zu dieser Muskelgruppe zählen der M. supraspinatus, der M. infraspinatus, der M. subscapularis und der M. teres minor. Der M. supraspinatus hat seinen Ursprung an der Fossa supraspinatus, welche kranial an der Spina scapulae liegt. Er zieht an die obere Facette des Tuberculum majus und ist der Startermuskel für die Abduktion. Einige Fasern ziehen auch in die Kapsel ein und verhindern somit eine Einklemmung der Gelenkskapsel. Der M. infraspinator entspringt an der Fossa infraspinata und zieht zur mittleren Facette des Tuberculum majus. Er ist der stärkste Außenrotator im Schultergelenk. Als weiterer Außenrotator gilt der M. teres minor, welcher am Margo lateralis scapulae entspringt und zur unteren Facette des Tuberculum majus zieht. Seine zweite Funktion ist die Adduktion. Der M. subscapularis zieht von der Fossa subscapularis zum Tuberculum minus und der Gelenkkapsel. Er ist der stärkste Innenrotator im Schultergelenk (4). 22. August 2021 28/80
Rumpf-Schultergürtel Muskeln Muskel Ursprung Ansatz Inervation Funktion M. trapezius Pars descendens Protuberantia Laterales N. accesorius Pars descendens und occipitalis Drittel der ascendens rotieren externa; Procc. Clavicula die Scapula mit Spinosi C2-3 Angulus lateralis nach kranial. Pars transversa Procc. Spinosi Laterales N. accesorius Alle 3 Teile ziehen C7-TH3 Ende der Scapula nach medial Clavicula; Acromion Pars ascendens Procc. Spinosi Spina N. accesorius Th4-12 Scapulae M. levator scapulae Procc. Angulus N. dorsalis Zieht die Scapula Transversi C1- superior scapulae nach kranial C4 scapulae M. rhomboideus Procc. Spinosi Margo N. dorsalis Zieht scapula nach minor C6-7 medialis scapulae medial und kranial scapulae M. rhomboideus Procc. Spinosi Margo N. dorsalis Zieht scapula nach major Th1-4 medialis scapulae medial und kranial; scapulae roziert Angulus lateralis nach kaudal M. serratus anterior 1.-9. Rippe Margo N. thoracicus Zieht Scapula nach medialis longus lateral und ventral; scapulae rotiert Angulus lateralis nach kranial; Atemhilfsmuskel bei aufgestützten Armen M. pectoralis minor 3.-5. Rippe Procc. Nn. Pectorales Zieht die Scapula Coracoideus mediales und nach kaudal; rotiert laterales Angulus lateralis nach kaudal; Atemhilfsmuskel M. subclavius 1. Rippe Clavicula N. subclavius Drückt Clavicula ins Sternoclaviculargelenk Tabelle 4: Rumpf-Schultergürtel Muskeln (7) 22. August 2021 29/80
M. trapezius Der nach seiner Form benannte M. trapezius teilt sich seiner Faserverläufe nach in drei Teile. Die Pars descendens entspringt an der Linea nuche superior, der Protuberantia occipitalis externa, dem Lig. nuchae und am Dornfortsatz des siebten Halswirbels. Diese Fasern ziehen gemeinsam zum lateralen Drittel der Clavicula und zum Acromion und setzen dort an. Dieser Teil des Muskels zieht die Scapula zur Mittellinie und hebt sie an. Die Pars transversa zieht mit sehr starken Sehnen von den Dornfortsätzen des ersten bis fünften Brustwirbels und dem Lig. suprapinale zur Spina scapulae und zieht somit die Scapula zur Mittellinie. Die Pars ascendens hat ihren Ursprung an den Dornfortsätzen des fünften bis zwöften Brustwirbels und an dem Lig. supraspinale. Der Ansatz ist am medialen Rand der Spina scapulae, wo die Sehne ein kleines Dreieck, das Trigonum spinae bildet. Die Pars ascendens zieht die Scapula nach unten und zur Mittellinie hin. Alle Teile haben die Funktion, die Scapula nach medial zu ziehen. Durch den oberen und unteren Anteil kann die Scapula gedreht und somit die Pfanne nach oben außen gerichtet werden, um eine Elevation zu ermöglichen (4). M. levator scapulae Der Schulterblattheber entspringt an den Querfortsätzen des ersten bis vierten Halswirbels und setzt am Angulus superior scapulae und zu einem kleinen Teil an dem Margo medialis scapulae an. Er hebt das Schulterblatt und dreht gleichzeitig den Angulus inferior nach medial. (5) Mm. rhomboidei Diese Muskeln verschmelzen manchmal zu einem Muskel und haben auch die gleiche Funktion. Sie werden meist unterteilt in M. rhomboideus minor und M. rhomboideus major. Der M. rhomboideus minor entspringt an den Dornfortsätzen des sechsten und siebten Halswirbels und setzt am Margo medialis scapulae an. Der M. rhomboideus major entspringt direkt unterhalb, also von den Dornfortsätzen des ersten bis vierten Brustwirbels und zieht von dort auch zum Margo medialis scapulae, jedoch etwas weiter kaudal. Deren Funktion ist das Pressen der Scapula an den Brustkorb und das Ziehen der Scapula zur Wirbelsäule. (5) 22. August 2021 30/80
M. serratus anterior Der vordere Sägemuskel, der M. serratus anterior, teilt sich in drei Teile auf. Die Pars superior von der ersten und zweiten Rippe zum Angulus superior scapulae ziehend, verlagert den Angulus superior nach vorne und außen und hilft bei der Rückführung des Armes aus der Elevation. (4) Die Pars intermedia, welche mit horizontalen Fasern von der zweiten bis vierten Rippe zum Margo medialis scapulae zieht, verlagert die capula nach vorne und außen und fixiert den Margo medialis am Rumpf. (4) Die Pars inferior, von fünfter bis neunter Rippe zum Angulus inferior verlaufend, rotiert die Scapula durch Verlagerung des Angulus inferior nach außen und vorne und ermöglicht somit die Elevation. Alle drei Anteile fixieren den Margo medialis am Rumpf und dienen bei festgestellter Scapula, also bei Abstützen der Arme, als Heber der Rippen. Somit ist der M. serratus anterior auch ein Atemhilfsmuskel. (4) Ein wichtiges klinisches Merkmal ist bei Lähmung des M. serratus anterior zu beachten. Aufgrund der Funktionseinschränkung der Pars inferior kann keine Elevation des betroffenen Armes durchgeführt werden. (5) M. pectoralis minor Der kleine Brustmuskel hat seinen Ursprung an der dritten bis fünften Rippe und zieht zum Processus coracoideus, wo er ansetzt. Seine Funktion ist es die Scapula zu senken und zu drehen. Außerdem dient er bei festgestelltem Arm als Atemhilfsmuskel. (5) M. subclavius Er entspringt lateral des Lig. costoclaviculare an der ersten Rippe und setzt an der unteren Fläche der Clavicula an. Seine Funktion ist bei Depression und Anteversion des Schultergürtels zu helfen und die Clavicula im Sternoclaviculargelenk zu fixieren. (4) 22. August 2021 31/80
Pathologien der Schulter Tendinopathie Die Erkrankungen der Sehnen werden in drei verschiedenen Formen eingeteilt. Es gibt die primär nicht entzündlichen, degenerativen Erkrankungen der Sehne selbst und des Sehnenansatzes, also die Tendinose und die Insertionstendinose. Als entzündliche Erkrankung wird die sogenannte Tendinitis beschrieben. Die degenerativen Formen treten meistens an besonders beanspruchten Stellen des Körpers auf, an denen es auf Grund der Überbelastung zu Strukturzerstörung der kollagenen Fasern mit anschließenden Kalkablagerungen kommt. Ein häufiges Beispiel dafür ist die Sehne des M. Supraspinatus. Die entzündliche Form geht meist mit einer Entzündung eines Gelenkes einher. Bei den betroffenen Personen zeigt sich ein Ruhe- und Spontanschmerz, der bei der klinischen Untersuchung durch Druck und aktive Bewegung, durch Anspannen der Muskulatur ausgelöst werden kann (7). 22. August 2021 32/80
Rotatorenmanschette Ruptur einer Sehne Per Definition handelt es sich bei einer Rotatorenmanschettenruptur um einen Riss der Sehne von einer oder mehreren der zu dieser Gruppe gehörigen Muskeln. Es kann von einem kleinen oberflächlichen Riss bis zum Abriss der gesamten Sehne kommen. Ein akuter Riss wir meistens durch ein Trauma ausgelöst, wobei die Sehne häufig schon degenerativ verändert ist. Die viel häufigere Variante ist jedoch die degenerative Ruptur, bei der der Patient chronische Beschwerden entwickelt (7). Die Rupturen können folgendermaßen eingeteilt werden: Teilruptur • Arthroskopische Klassifikation nach Ellman (8) ◦ Grad 1: Teilruptur unter 3mm ◦ Grad 2: Teilruptur zwischen 3-6mm jedoch weniger als die Hälfte der Sehne ◦ Grad 3: Teilruptur über 6mm Zusätzlich wird unterschieden, ob der Defekt an der bursalen oder artikulären Oberfläche liegt. Vollruptur • Klassifikation nach Patte (in der Frontalebene) (9) ◦ Stadium 1: proximaler Stumpf nahe dem knöchernen Ansatz ◦ Stadium 2: proximaler Stumpf auf Höhe des Humeruskopfes ◦ Stadium 3: proximaler Stumpf auf Höhe des Glenoids. Topographische Klassifikation • Klassifikation nach Habermeyer (in der Sagittalebene) (10) ◦ Sektor A: anteriore Läsionen – Sehne des M. subscapularis und lange Bizepssehne ◦ Sektor B: zentrale superiore Läsionen – Sehne des M. supraspinatus ◦ Sektor C: posteriore Läsionen – Sehne des M. infraspinatus und M. teres minor 22. August 2021 33/80
Trophik Bei einer vollständigen Ruptur einer Sehne der Rotatorenmanschette kommt es bereits nach wenigen Monaten zur Hypotrophie und Atrophie des betroffenen Muskels. Die Muskelmasse wird abgebaut und Fett lagert sich in den Muskel ein. Mittels MRT wird beurteilt, wie stark der Muskel schon durch Fett ersetzt wurde. Die dafür verwendete Klassifikation nach Goutallier unterteilt in vier Grade (11). Grad I Vermehrte streifige Fetteinlagerung Grad II Deutlich vermehrte Fetteinlagerung, die jedoch noch geringer ist als die restliche Muskelmasse Grad III Die Fetteinlagerung hat etwa die gleiche Menge wie die restliche Muskelmasse Grad IV Der Muskel wurde überwiegend durch Fett infiltriert und ersetzt. Tabelle 5: Klassifikation nach Goutallier (11) Als weitere Möglichkeit der Einteilung kann die Klassifikation nach Thomazeau (12) verwendet werden. Dabei wird mit Hilfe der Computertomografie-Bilder die Muskelmasse des M. supraspinatus mit der Fläche der Fossa supraspinata verglichen. Grad I Normaler oder nur gering atrophierter Muskel; Verhältnis von Muskel zur Fossa zwischen 1,0 und 0,6 Grad II Mäßige Atrophie Verhältnis von Muskel zur Fossa zwischen 0,6 und 0,4 Grad III Schwere Atrophie Verhältnis von Muskel zur Fossa liegt unter 0,4 Tabelle 6: Klassifikation nach Thomazeau (12) 22. August 2021 34/80
AC-Gelenk Arthrose Sie gehört zu den häufigsten Arthrosen, die im menschlichen Körper vorkommt. Es handelt sich meist um eine idiopathische Arthrose, kann aber auch sekundär durch eine vorhergegangene Verletzung begünstigt sein. Bei über 50-jährigen wird die AC-Gelenksarthrose zu fast 100% gefunden (13). Die Entstehung wird durch die beiden ungleich großen Gelenkskörper und dem vertikal stehenden Gelenksspalt begünstigt (14). 22. August 2021 35/80
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