Shiatsu im Spitzensport - Einzelfallstudie: Auswirkungen von Shi- atsu auf Körpergefühl und Wohlbefinden jugendlicher Nachwuchssportler
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Diplomarbeit Shiatsu Reto Covini Ausbildung am TAO CHI Schulungszentrum Zürich Shiatsu im Spitzensport Einzelfallstudie: Auswirkungen von Shi- atsu auf Körpergefühl und Wohlbefinden jugendlicher Nachwuchssportler Verfasser: Reto Covini Referentin: Barbara Ettler Mannenbach, den 25. Mai 2013
Ich bestätige, die Arbeit selbständig geschrieben und sämtliche Quellen ausgewiesen zu haben. Mannenbach, den 25. Mai 2013 Reto Covini
Shiatsu im Spitzensport Einzelfallstudie: Auswirkungen von Shiatsu auf Körpergefühl und Wohlbefinden jugendlicher Nachwuchssportler 1. Zusammenfassung Die Veränderungen bezüglich Körper- und Eigenwahrnehmung war bei den an der Studie teilnehmenden sechs Jugendlichen Nachwuchssport- lern unabhängig ihrer Sportart markant. Über den Zeitraum von drei Mo- naten, bei einer Behandlungsdichte von einer Behandlung pro Woche, wurden insbesondere muskuläre und emotionale Spannungszustände und deren Ausgleich am Schluss differenziert rückgemeldet. Die Verbindung der Empfindung auf diesen beiden Ebenen wurden schliesslich bewusst wahr- und ernst genommen. Bild Reto Covini
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Vorwort Ich widme meine Arbeit all jenen Jugendlichen, welche sich auf den Weg machen, den Körper kennenzulernen, sich in ihrem eige- nen Körper erkennen und dessen Signale ernst nehmen - und sich letztlich als Einheit von Körper, Seele und Geist erleben. Ich bedanke mich bei folgenden Personen, welche mir ermöglicht haben, diese Arbeit in vorliegender Art zu vollenden: Mirko Spada, dem Schulleiter der Nationalen Elitesportschule Thurgau (NET) für dessen Vertrauen und Unterstützung meiner Ar- beit zu dieser Studie. Den an der Studie teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler für ihre aktive Mitarbeit und ihre Offenheit, sowie deren Eltern für ihr Vertrauen. Katti Soehlke für deren Inputs und Diskussionen bezüglich der Shiatsu-Arbeit mit Jugendlichen. Peter Steidinger und Kathrin Keller von der Pädagogischen Hochschule Thurgau für deren Beratung bezüglich Methodenauswahl und Auswertung. Jolanda Fries, meine Partnerin und langjährige Shiatsu-Therapeutin, für die Unterstützung auf meinem Shiatsu- und Lebensweg und die vielfältigen Hinweise und Anregungen aus fachlicher und menschlicher Sicht. Zur teilweisen oder ganzheitlichen Veröffentlichung dieser Arbeit bedarf es der Zustimmung des Autors. Mannenbach, im Mai 2013 Reto Covini Shiatsu im Spitzensport
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 2. Inhaltsverzeichnis Shiatsu im Spitzensport ..................................................................................................... 1 Einzelfallstudie: Auswirkungen von Shiatsu auf Körpergefühl und Wohlbefinden jugendlicher Nachwuchssportler ............................................... 1 1. Zusammenfassung ............................................................................................................................................................................................... 1 2. Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................................................................................. 2 3. Einleitung.............................................................................................................................................................................................................. 1 3.1. Motivation zur Themenwahl .......................................................................................................................................................................... 1 3.2. Zielsetzung/Absicht ....................................................................................................................................................................................... 1 3.3. Fragestellung ................................................................................................................................................................................................. 2 3.4. Eingrenzung/Abgrenzung .............................................................................................................................................................................. 2 3.5. Themenrelevanz und mögliche Adressatinnen und Adressaten ................................................................................................................... 2 3.6. Vorgehensweise ............................................................................................................................................................................................ 2 4. Hauptteil ............................................................................................................................................................................................................... 6 4.1. Theoretischer Rahmen .................................................................................................................................................................................. 6 4.2. Vorgehen ....................................................................................................................................................................................................... 9 4.3. Ergebnisse .................................................................................................................................................................................................. 15 5. Schlussteil .......................................................................................................................................................................................................... 25 5.1. Beantwortung der Fragestellung ................................................................................................................................................................. 25 6. Literaturverzeichnis ................................................................................................................................................................................................ Shiatsu im Spitzensport
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 3. Einleitung 3.1. Motivation zur Themenwahl Mein Interesse und meine Ausrichtung sind im Wesentlichen durch meine berufliche Herkunft geprägt. Die Erfahrungen vorerst als Lehrperson und später als Sportlehrer im Kontakt mit verschiedensten Altersklassen zeigt die Wichtigkeit der Entwicklungsphase im Pubertätsalter. Ist es möglich, in dieser Phase im Bereich der Körperwahrnehmung durch Shiatsu Impulse zu setzen, welche - trotz des körperlichen Entwicklungsschubes und der damit verbundenen Unsicherheiten - frühzeitig bezüglich des Ernstnehmens des eigenen Körpers und dessen Signale einen Grundstein für die Selbststeuerung bezüglich Training und Wohlbefinden legen? 3.2. Zielsetzung/Absicht Ziel der Arbeit ist zu ermitteln, ob und allenfalls wie sich die Körperwahrnehmung jugendlicher Leistungssportler durch regelmässi- ge Shiatsu-Behandlungen über den Zeitraum von ca. 3 Monaten verändert. Es handelt sich dabei um eine Einzelfallstudie, mit wel- cher keine allgemeingültigen Resultate ermittelt werden können. Hingegen kann damit durchaus ein Grundstein für eine umfassen- dere Studie gelegt werden, indem sich Tendenzen abzeichnen, deren nähere Verfolgung in der Folge spannend sein könnten. Shiatsu im Spitzensport 1
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 3.3. Fragestellung Das Interesse liegt in der Veränderung der Körperwahrnehmung jugendlicher Leistungssportler: • Verändert sich durch regelmässiges Shiatsu die Körperwahrnehmung oder Eigenwahrnehmung der an der Studie beteiligten jugendlichen Nachwuchssportler, indem sie Körpersignale neu wahrnehmen oder interpretieren lernen? 3.4. Eingrenzung/Abgrenzung Die Studie ist als Einzelfallstudie angelegt und kann keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Sie befasst sich ausschliess- lich mit dem Thema der Körperwahrnehmung und der Eigenwahrnehmung, welche durchaus auch die Aspekte psychischer Pro- zesse beinhalten kann. 3.5. Themenrelevanz und mögliche Adressatinnen und Adressaten Die Studie verfolgt eine Relevanz bezüglich Informationen z.H. interessierter Shiatsu-Practitioner, aber auch für die zahlreichen Sportschulen, welche Jugendliche in diesem Alter betreuen und fördern. Ausserdem können daraus Anregungen für die Sportlerin- nen und Sportler und deren Eltern resultieren. 3.6. Vorgehensweise Jugendliche Spitzensportler mit täglichem Trainingsrhythmus erhalten – wenn immer möglich – wöchentlich je eine Shiatsu- Behandlung und absolvieren vor- oder nachher die Meridiandehnungen sog. Makko Ho’s (Anhang S. 3ff). Die Wirkung dieser Inter- Shiatsu im Spitzensport 2
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini vention wird im Vergleich des Gruppeninterviews I – vorher - und des Gruppeninterviews II - nachher - beschrieben. Die Teilnahme an dieser Studie ist freiwillig, wobei die Behandlungen während der Schulzeit anstelle des Lernateliers stattfinden. 3.6.1. Methodik Die Studie orientiert sich an mehreren Einzelfallstudien, welche miteinander verglichen werden. Flick&Kardorff, (2005, S. 255) schreiben dazu: Die Dimension Einzelfall – Vergleichsstudie stellt eine Achse dar, anhand deren sich die Basisdesigns qualitati- ver Forschung ordnen lassen. Eine Zwischenstufe stellt die Verbindung mehrerer Fallstudien dar, die zunächst als solche durchgeführt werden und dann komparativ oder kontrastierend gegenübergestellt werden. Die Datenerhebung erfolgt qualitativ. Flick&Kardorff (2005, S. 25) argumentieren dazu: Qualitative Forschung ist immer dort zu empfehlen, wo es um die Erschliessung eines bislang wenig erforschten Wirklichkeitsbereich („Felderkundung“) {...} geht. Qualitative Interviews sind {hier} flexibler und passen sich stärker dem Verlauf im Einzelfall an. Als Mischform mit Anteilen aus dem Fokussierten Interview als auch dem Halbstandardisierten Interview sind gemäss Flick (2007) die Vorteile einerseits die Nichtbeeinflussung der Meinungen durch unstrukturierte Fragen, aber auch die Möglichkeit der Struktu- rierung des Gegenstandes durch Vertiefungsfragen oder die Fokussierung auf Gefühle (Anteil des Fokussierten Interviews). Trotz- dem ist die Einhaltung einer Grundstruktur gegeben, und es sind neben offenen Fragen auch hypothesengerichtete oder gar Kon- Shiatsu im Spitzensport 3
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini frontationsfragen möglich (Anteil Halbstandisiertes Interview). Aufgrund der Altersgruppe werden die Einzelinterviews durch Gruppeninterviews ersetzt. Halbmeier&Salat (2011) dazu: Gegen eine streng individualisierende Befragung spricht jedoch, dass der natürliche lebensweltliche soziale Kontext, der selbst eine reichhaltige Informationsquelle darstellt, verloren geht. Bei Gruppenbefragungen werden immer auch die soziale Dynamik und die sozialen Beziehungen innerhalb der Gruppe unabhängig vom spezifischen Thema sichtbar. Es ist auch zu beachten, dass sich Meinungen, Einstellungen und Orientierungen oft erst situativ innerhalb des vom dem/der ForscherIn ini- tiierten Gruppenkontextes herausbilden. Laut Reinders (2006 zit. nach Schages 2007), eignen sich für Jugendliche Gruppeninterviews besser, da Hemmungen in der Mei- nungsäusserung weniger häufig auftreten, und im Gegenteil die Jugendlichen sich gegenseitig durch Meinungsbekundungen moti- vieren oder zur individuellen Meinungsbildung beitragen, indem sich die Möglichkeit ergibt, vergleichend zu argumentieren. 3.6.2. Vorgehensweise zur Auswertung und Reflexion der Erfahrungen und Ergebnisse Die Gruppeninterviews werden elektronisch aufgezeichnet und transkribiert. Anschliessend werden die Daten des Erst- und Zweit- interviews miteinander verglichen. Gespräche vor, während oder kurz nach den Behandlungen, welche mittels Protokoll erfasst wurden, fliessen in die Auswertung mit ein. 3.6.3. Darstellungsziel Vergleichende Beschreibung der Interviews unter Einbezug der Behandlungsgespräche und -protokolle anhand bestimmter Krite- rien im Fokus der Fragestellung. Interpretation der Ergebnisse und Ausblick. Shiatsu im Spitzensport 4
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 3.6.4. Ablauf • Erarbeiten einer detaillierten Fragestellung • Bestimmen der Erhebungsmethode aufgrund Literaturrecherche bezüglich der Auswertungsmöglichkeiten • Einführung ins Shiatsu und erleben einer Erstbehandlung • Interview I: Erfassen des Zustandes vorher • Intervention in Form von Shiatsu-Behandlungen und Meridiandehnungen • Interview II: Erfassen des Zustandes nachher • Auswertung: Anhand der Gruppeninterviews sowie der Behandlungsprotokolle und -gerspräche Shiatsu im Spitzensport 5
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 4. Hauptteil 4.1. Theoretischer Rahmen Die Wirkung von Shiatsu-Behandlungen oder Körperübungen basiert darauf, dass sich gemäss W. Rappenecker (Vorwort in Masunaga, 1999) im Körper emotionale und geistig erzeugte Hindernisse und Widerstände wiederspiegeln, und somit die eigentli- chen Ursachen von Krankheiten und Unglücklichsein sind. So ist der Körper in der Körperarbeit als Instrument einerseits des Ver- stehens, andererseits des Behandelns zu sehen. S. Masunaga schreibt denn auch (1999, S. 17): ...dass im Fernen Osten die Einheit von Wissen und Handeln traditionell hoch bewertet wurde. ... „lerne mit dem Körper, nicht mit dem Kopf“. Ich betone die Bedeutung des Lernens mit dem Körper statt dem Kopf, weil es bezogen auf die Kör- perübungen der wichtigste Aspekt ist. Zum Verständnis des Begriffes Gesundheit schreibt er weiter (Masunaga,1999 S. 19): Im Chinesischen wie im Japanischen besteht das Wort Gesundheit aus zwei Schriftzeichen. Das erste, Ken, bezeichnet ein menschliches Wesen und etwas, was gerade und aufrecht steht. Das zweite, Ko, bedeutet, entspannt und voller Leichtigkeit zu sein, nachdem man alles, was zu tun war, erledigt hat. Shiatsu im Spitzensport 6
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini (S.22): Der wichtigste Aspekt des Lebens ist nicht die äussere Form, sondern die innere Dynamik, welche die äussere Form erschafft und bewahrt. (S.35): Manchmal fällt es schwer, sich zu entspannen und Abstand zu gewinnen, auch wenn es dringend erforderlich ist. Wir sind daran gewöhnt, eine aggressive Haltung einzunehmen, um uns einen Weg durch das Drunter und Drüber der heutigen Leistungsgesellschaft zu bahnen. Aus diesem Grunde finden traditionelle Praktiken des Ostens wie Yoga und Zen als Wege der Entspannung und geistiger Ruhe zunehmend Anklang. Inzwischen hat man erkannt, dass die Fähigkeit, sich zu ent- spannen und rhythmisch zu bewegen, eine wichtige Rolle im Sport einnimmt und erhöhte Leistungsfähigkeit über längere Zeiträume ermöglicht. Als entscheidend für Gesundheit und Entspannung beschreibt S. Masunaga (1999 S. 39) eine tiefe Atmung, da es sich dabei nicht nur um ein Hinein- und Hinauslassen der Luft handelt, sondern um die deutlichste Manifestation des Austausches der Lebensener- gie - des „Ki“ - zwischen dem Körper und der Atmosphäre handelt. Für S. Masunaga ist also zusammenfassend die Körperwahrnehmung als Wissen des Körpers in der Einheit mit dem Wissen des Geistes untrennbar verbunden. Unterschieden hat er nach C. Beresford-Cook (2003 S. 32) zwischen zwei Arten der Wahrneh- mung: • Die tiefe, instinktive Verbindung zwischen dem Klienten und dem Therapeuten (einsinken und nicht Drücken führt zur Wahr- nehmung des ganzen Körpers, sodass Ki durch den Gebenden und Empfänger fliessen kann. • Die von uns gebräuchliche, für ihn eher oberflächlichen Wahrnehmung, welche uns dazu befähigt, unsere Empfindungen zu interpretieren. Shiatsu im Spitzensport 7
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini B. Oßenbrüggen (vgl. 2012, S. 162) beschreibt die nonverbale Kommunikation des Shiatsu-Gebers mit dem -Empfänger als Gele- genheit, in Kontakt zu kommen und gegenseitig voneinander zu lernen, was zu einem tiefen und heilsamen Ausgleich führen kann und die Präsenz im Augenblick – im Moment der Berührung - bedingt. Sie schreibt weiter über die Wirkung des Shiatsu’s auf das Gehirn (2012 S. 165): Die Erkenntnisse der Forschung haben eindeutige physiologische Vorgänge im Zustand der Entspannung nachgewiesen. Das Gehirnwellenmuster verändert sich durch Tiefenentspannung und Meditation augenblicklich, es wird langsamer. Diese langsamere Wellenform in der Grosshirnrinde nennt man Alphawellen. Der Alphawellenzustand geht einher mit einem wa- chen, entspannten, intuitiv kreativen Bewusstseinszustand. {...} Es hat sich herausgestellt, dass die Alphawellen aufgrund ih- rer entspannenden Wirkung auf Körper, Geist und Seele einen sehr heilsamen Einfluss haben. Gleichzeitig findet im ent- spannten und meditativen Zustand eins Synchronisierung der beiden Gehirnhälften statt. Das befähigt zu einer ganzheitli- chen Wahrnehmung und Aufnahmefähigkeit und führt durch das bessere Erkennen von Zusammenhängen zu leichterem Lernen {...} und ganzheitlich zu leben. 4.1.1. Wirkung von Shiatsu auf die Körper- und Eigenwahrnehmung Gemäss der schweizerischen Organisation der Arbeitswelt KomplementärTherapie (o.J.) gelten auch für die Shiatsu-Therapeuten die folgenden Zielsetzungen: • Stärkung der Selbstregulation Im Shiatsu ist dies als Reaktion auf Behandlungsimpulse zu sehen. Die Impulse können auf unterschiedliche Weise gege- ben werden: In Form einer manuellen oder energetischen Behandlung der Meridiane, bei der Unterstützung gymnastischer Shiatsu im Spitzensport 8
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Bewegungen, aber auch durch Gespräche u.a. Es kann sich dabei um einen Ausgleich zwischen Jitsu- und Kyo-Stellen innerhalb eines Meridians, aber auch ganz generell zwischen Mutter- und Kindhand, zwischen Sympathicus und Parasympathicus im Vegetativen Nervensystem handeln. • Förderung der Selbstwahrnehmung Im Shiatsu wird die Selbstwahrnehmung auf den Ebenen Körper, Seele und Geist gefördert. Auf all diesen Ebenen können Veränderungen und Prozesse ausgelöst und erlebt, aber auch erkannt werden. Besonders ist das Wahrnehmen der Ver- knüpfung zweier oder aller drei Ebenen, indem z.B. körperliche Schmerzstellen mit einem früheren Erlebnis auf der seeli- schen Ebene in Beziehung gebracht werden können und mit Hilfe der Kognition auch verarbeitet und im besten Fall zum Verschwinden gebracht werden können. • Stärkung der Gesamtkompetenz Es geht hauptsächlich ums Erkennen der eigenen Möglichkeiten, die Gesundheit zu beeinflussen und ganz persönlich dafür die Verantwortung zu übernehmen, im Optimalfall für die Prävention und also die Erhaltung der Gesundheit, oder im Krank- heitsfall zur Genesung oder zum positiven Umgang mit derselben. 4.2. Vorgehen Jugendliche Sportlerinnen und Sportler der Nationalen Elitesportschule Thurgau (NET) erhalten über einen Zeitraum von rund 3 Monaten mindestens acht Shiatsu-Behandlungen. In einer vorgängigen Einführung werden ihnen die Arbeitsweise bei Shiatsu- Behandlungen, sowie die sechs Makko-Ho-Übungen vorgestellt. Diese Meridianübungen werden vor oder nach der Shiatsu- Behandlung von den Sportlerinnen und Sportlern selbständig durchgeführt. Die Auswirkungen dieser Behandlungen und Übungen werden vor und nach der Intervention durch Gruppeninterviews erfasst und ausgewertet. Eine zusätzliche Erfahrungsquelle soll auf Shiatsu im Spitzensport 9
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Wunsch die Möglichkeit sein, selber unter Anleitung der Kollegin oder dem Kollegen eine kurze Shiatsubehandlung zu geben. Die Teilnahme an diese Studie ist freiwillig und basiert auf dem persönlichen Interesse der Sportlerinnen und Sportler (Anhang S. 1). Die Durchführung erstreckte sich von Anfang Juni bis Mitte November 2012. Begonnen wurde mit der Einführungsveranstaltung mit allen Interessierten gemeinsam, welche das Ausfüllen des Fragebogens (Anhang S. 2), das Bekanntmachen der Meridiandehnun- gen und eine exemplarische Kurzbehandlung beinhaltete. Die Intervention fand anschliessend an die Sommerferien der Jugendli- chen i.d.R. wöchentlich statt. Die Gespräche vor und während der Behandlung oder Übungseinheit, sowie die Behandlung als solche wurden protokolliert (An- hang S. 8ff). 4.2.1. Gruppeninterviews Die Gruppeninterviews I und II sind auf die Fragestellung im Sinne der theoretischen Erläuterungen ausgerichtet. Insbesondere sind die ersten Fragen sehr offen formuliert werden. Für den Interviewer werden die Ausrichtungen der Fragen im nachfolgenden Interview-Leitfaden explizit ausgeführt, damit die Zielrichtung und entsprechendes Nachfragen diesbezüglich möglich werden. Shiatsu im Spitzensport 10
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 4.2.1. Interview-Leitfaden Gruppeninterview I Inhaltliche Aspekte Einstiegsfrage Konkrete Nachfrage Kennenlernen von Umfeld und Alltagssituation bezüglich Wie gsieht din Trainingsalltag us? Training, Wettkampf und Schule (Total Trainingszeit, Arbeit (=Schule), Freizeit) Belastung Belastungszunahme durch Shiatsu? Isch schwierig, s’Shiatsu in de Plan inezbringe? Was nehme ich als Belastung wahr? Was machts us, ob e Trainingswuche streng oder locker findsch? Wie gut kann ich die Planungsarbeit erledigen, ergibt Uf wa muesch di bsunders achte, wa möchtsch vermie- sich Stress. de, gits Sache, wo schwierig zum Löse sind? Einschätzung des Umfeldes bezüglich Zielerreichung Hesch du sgfühl, du chasch alles optimal mache, oder Glaube ich, optimal unterstützt zu sein? gits Gründ, dass muesch Kompromiss iigoh (Ziit, zmüed, schlechti Erholig, zwenig Ziit mit em Trainer, zwenig Trainingsmöglichkeite...) Mache ich es richtig? Selbstvertrauen. Denksch du, du müesstisch chönne meh trainiere? Körperwahrnehmung A wa merksch, dass du uuspoweret bisch? Wie nehme ich Überlastungsprobleme wahr? Wie reagiere ich auf Über -oder Belastung? Wa machsch denn? Wie nehme ich Wohlbefinden wahr A wa mersch, dass du guet druf bisch Wie erhole ich mich? Wa tuet dir nach eme Wettkampf oder eme strenge Training bsunders guet? (Massage, warmes Bad, Trai- ning, schloofe....)? Verfolge ich ein bestimmtes Vorgehen? Gits e bstimmti Reihenfolg, wo sich für di bewährt het? Verhalten in Trainingsgruppe Wie merksch du, dass dini Trainingskolleginne oder – Nehme ich Belastung der Kollegen wahr? Empfinde ich kollege echli uf em Hund sind? Verantwortung ggü ihnen? Mentale Aspekte Wie gosch demit um, wennd emol en schlechte Wett- Wie gehe ich mit negativen Erlebnissen um? kampf hesch? Ist mir die Verknüpfung von Training zu Wettkampf be- Wenn chömed dir Tipps us em Training meistens in wusst? Sinn? 4.2.2. Interview-Leitfaden Gruppeninterview II Aufgrund der regelmässigen Behandlungsgespräche und –protokolle schien mir sinnvoller, die Fragen für das Gruppeninterview II Shiatsu im Spitzensport 11
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini den Gegebenheiten anzupassen, um so besser die Gewähr zu haben, auf spannende Entwicklungen und Denkweisen der Jugend- lichen zu stossen. Die Fragen wurden also nicht wortwörtlich vom Gruppeninterview I übernommen. Inhaltliche Aspekte Einstiegsfrage Konkrete Nachfrage Kennenlernen von Umfeld und Alltagssituation bezüglich Wennd so zruggdenksch a üses erschti Treffe am 26. Juni. Het sich i dere Zit für di öppis veränderet? Training, Wettkampf und Schule Isch für di Zit sither schnell vergange? Wenn ja : Wa? Belastung Körperwahrnehmung Vom Shiatsu hesch dir Entspannig erwartet. Isch da iitrete? Ist meine Erwartung erfüllt? Motivation Wie nehme ich Entspannung wahr? Wie merksch Entspannig, wie fühlt sich da aa? Allgemein Wahrnehmung (Körper, Seele, Geist) Hesch du vor oder noch em Shiatsu noch anders bemerkt Persönliche Haltung zu Shiatsu Wie erklärsch öpperem, wa Shiatsu isch gegen aussen gegen innen Gits für di en Underschied zunere klassische Sportmassage? Persönliche Wertschätzung von Shiatsu Wenn da Shiatsu-Aagebot nö länger bestaht, würdsch denn fremdbestimmt wiitermache? fremd-& selbstbestimmt Die Shiatsu-Gymnastik, d’Meridiandehnige hesch immer ade Hesch die susch au emol gmacht? Behandlig emol duregmacht. ....wenn ja: wa isch de Effekt gsi? selbstbestimmt Chönntsch der vorstelle, die astell vonere Shiatsu-Behandlig regelmässig zmache? Körperwahrnehmung A wa merksch, dass du uuspoweret bisch? Ich nehme Überlastungsprobleme wahr Reagiere ich auf Über -oder Belastung Wa machsch denn? Ich nehme Wohlbefinden wahr A wa mersch, dass du guet druf bisch 4.2.3. Auswertung Die Fragestellung beschränkt sich diese Studie auf den Bereich der Körperwahrnehmung. Die weiteren Bereiche sind einerseits wichtig fürs Verständnis der Alltagssituation der einzelnen Befragten, was sich teilweise in der Kurzbeschreibung der Personen niederschlägt, andererseits bieten sie die Möglichkeit, weitere interessante Details in einer Studienfortsetzung zu eruieren. Shiatsu im Spitzensport 12
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 4.2.3.1. Beschreibung der Testpersonen Um den Befragten den nötigen Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten, werden die Namen an dieser Stelle abgeändert und so in der Folge anonymisiert verwendet. Die Reihenfolge entspricht dem Alter der Befragten. Leila 13 Jahre alt, Leichtathletin, Mehrkampf, trainiert täglich an den Arbeitstagen, am Wochenende oft Wettkämpfe. Sie wohnt zu Hause und legt also täglich den Schulweg zurück. Sie empfindet die Schule als anstrengend, aber nicht als grosse Belastung. Nach den Wettkämpfen hat sie oft mit sich selbst gehadert, nicht weil die Rangierung nicht toll ge- wesen wären, sondern weil sie ihr Leistungspotential nicht abrufen konnte. Anna 13 Jahre alt, Leichtathletin, Mehrkampf, trainiert täglich an den Arbeitstagen, am Wochenende oft Wettkämpfe. Sie wohnt zu Hause und legt also täglich den Schulweg zurück. Die Schule belastet sie sehr, sodass sie wiederholt schwie- rige Gespräche zu führen hatte. In der Trainingsgruppe empfindet sie mehr Konkurrenz als Partnerschaft, weil sie an praktisch allen Wettkämpfen gegeneinander antreten müssen. Marianne 14 Jahre alt, Leichtathletin, Mehrkampf, trainiert täglich an den Arbeitstagen, am Wochenende oft Wettkämpfe. Sie wohnt zu Hause und legt also täglich den Schulweg zurück. Sie empfindet die Schule als anstrengend, aber nicht als grosse Belastung. Sie war in den Wettkämpfen sehr erfolgreich und mit ihrer Leistung stets zufrieden. Joel 14 Jahre alt, Tennisspieler, trainiert täglich meist zweimal, manchmal dreimal an den Arbeitstagen, am Wochenende oft Turniere. Er wohnt im Internat an der Schule und ist an den Abenden selbstverantwortlich mit Kollegen zusammen. Die Schule empfindet er als anstrengend, aber nicht als grosse Belastung. An einem Turnier ist es ihm besonders gut ge- laufen, was ihn sichtlich motiviert hat. Sven 14 Jahre, Wasserballer, trainiert täglich zweimal an den Arbeitstagen, was ihn körperlich an die Grenzen bringt, er ist meist müde. Er wohnt im Internat an der Schule und ist an den Abenden selbstverantwortlich mit Kollegen zusammen. Die Schule macht ihm im Moment weniger Sorgen, da er ein Schuljahr wiederholt und dadurch den Stoff bereits kennt. Er findet schade, dass er infolge des engen Programms praktisch wenig Freizeit hat. Die Shiatsu-Behandlungen belas- ten den Zeitplan nicht zusätzlich, da es während dem Lernatelier (=Schulzeit) stattfindet. An den Wettkämpfen scheint es gelegentlich ruppig zu und her zu gehen, was er mit stolz erzählt. Im Spiel scheint wenig Raum für eigene Kreativi- tät, es scheint hauptsächlich darum zu gehen, die taktischen Regeln des Coaches umzusetzen, welche den Spielern oftmals während dem Spiel zugeschrien werden. Norbert 15 Jahre alt, Tennisspieler, trainiert täglich meist zweimal, manchmal dreimal an den Arbeitstagen, am Wochenende oft Shiatsu im Spitzensport 13
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Turniere. Er wohnt im Internat an der Schule und ist an den Abenden selbstverantwortlich mit Kollegen zusammen. Die Schule empfindet er als anstrengend wegen der vielen Hausaufgaben. 4.2.3.2. Kategorien im Bereich der Körperwahrnehmung Für den Bereich der Körperwahrnehmung habe ich folgende Kategorien gebildet, zu welchen die Antworten der Befragten in einem Arbeitsschritt paraphrasiert und vom Dialekt in die Schriftsprache übersetzt werden. Die originale Transkription befindet sich im An- hang S.20ff. 1. Bewusste Körperwahrnehmung (Förderung der Selbstwahrnehmung) 2. Erfahrung bez. An- und Entspannung (Förderung der Selbstwahrnehmung) 3. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu (Stärkung der Selbstregulation) 4. Anpassen eigener Verhaltensweisen (Stärkung der Gesamtkompetenz) Zur Förderung der Selbstwahrnehmung wurden bewusst zwei Bereiche getrennt, da sich das Gefühl insbesondere der Muskelan- und –entspannung i.d.R. zuerst entwickelt und auch von Personen mit wenig Körperbewusstsein empfunden werden kann. Shiatsu im Spitzensport 14
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 4.2.3.4. Kategorisierte Antworten Gruppeninterview I Siehe Anhang S. 51ff. 4.2.3.4. Kategorisierte Informationen aus Behandlungsgesprächen Siehe Anhang S. 54ff. 4.2.3.5. Kategorisierte Ausschnitte aus Behandlungsprotokollen Siehe Anhang S. 57ff. 4.2.3.6. Kategorisierte Antworten Gruppeninterview II Siehe Anhang S. 59ff. 4.3. Ergebnisse Aufgrund der Anzahl von 6 Befragten macht es keinen Sinn, die Ergebnisse quantitativ auszuwerten. Ich werde folgende Ver- gleichsparameter anwenden: 1. Vergleich über den Zeitraum von Gruppeninterview I zu Gruppeninterview II derselben Person 2. Vergleich zwischen den Geschlechtern am Schluss der Studie beim Gruppeninterview II Shiatsu im Spitzensport 15
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 3. Vergleich zwischen den Sportarten am Schluss der Studie beim Gruppeniniterview II 4. Erkenntnisse aus Sicht des Therapeuten 4.3.1. Vergleich über den Zeitraum von Gruppeninterview I zu Grupeninterview II derselben Person Leila Bewusste Körperwahrnehmung: Sie hat sehr schnell aus den Meridiandehnungen ihre Lieblingsübung herausgefunden. Ausser- dem hat sie gut gespürt, dass ihr die Hara-Diagnose am Bauch zu nahe war und die Rückendiagnose hat den Einstieg ins tiefe Entspannen gebracht. Auch eine Erkenntnis war, dass sie aufgrund der Behandlung in den Kleidern, Shiatsu einer klassischen Massage vorzieht. Erfahrung bez. An- und Entspannung: Shiatsu wird von ihr als schön, entspannend und wohltuend beschrieben. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Insbesondere die Möglichkeit, auch mal eine Behandlung selber zu geben, schien für sie wichtig, sich auf Shiatsu richtig einzulassen. Dabei hat sie eine hohe Präsenz und gutes Gespür bewiesen. Shiatsu im Spitzensport 16
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Anna Bewusste Körperwahrnehmung: Der Beginn einer Behandlung im Sitzen bringt sie sogleich in eine körperliche Entspannung und fühlt sich für sie sehr angenehm an, obschon für sie diese Position der Behandlung unerwartet und neu ist. Kommentar: Bei Behandlungen im Liegen hat sich die Entspannung erst nach und nach eingestellt. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Das Shiatsu hat Einfluss auf die Gefühlswelt, erstaunlicherweise kann die Stimmung von Ärger zu Freude während einer Behandlung ändern. Sie führt dies auch darauf zurück, dass sie während der Behandlung viel Zeit zum Überlegen hat. Da Anna mit Sven in derselben Behandlungsgruppe war, haben wir in gemeinsamer Übereinkunft auf eine gegenseitige Behandlung verzichtet. Kommentar: Ich war mir unsicher, ob es dabei hauptsächlich um den Geschlechterunterschied ging, und ob sie sich bereit erklärt hätte, eine Kollegin zu behandeln. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Trotz der Aussage, dass sie gerne weiter Shiatsu-Behandlungen hätte, hat sie häufig gefehlt und nur gerade drei vollständige Behandlungen erhalten. Kommentar: Vorerst hatte ich die Vermutung, dass insbesondere der schulische Druck zu diesen Absenzen führte, später jedoch, dass sich die Gruppeneinteilung - Mädchen und Junge - , welche ich zu Beginn als positiv empfand, sich letztlich doch als Hemm- schwelle entpuppte. Marianne Bewusste Körperwahrnehmung: Bereits zu Beginn hat sie einen Zusammenhang zwischen der eigenen Stimmung und dem Lern- willen hergestellt. Das Behandeln der Partnerin hat sie positiv erlebt. Die Aussagen zum Körperempfinden war am Schluss diffe- renzierter, indem sie z.B. nach der Behandlung des Schmerz des Muskelkaters neu als zwar noch vorhandenes Spannungsgefühl, Shiatsu im Spitzensport 17
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini jedoch als nicht mehr schmerzhaft beschrieben hat. Eine Behandlung gleich anschliessend an ein Training bezeichnet sie als „be- sonders lösend, besser als auslaufen“. Erfahrung bez. An- und Entspannung: Ein schnelles Hin- und Herbewegen des Brustkorbes (Kenpiki) führt zu einem Lächeln und gleichzeitig zu einer muskulären Entspannung. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Im Vergleich zur klassischen Massage empfindet sie als angenehmer, dass nicht nur die Problemzone, sondern der gesamte Körper behandelt wird. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Sie hat die Meridianübungen praktisch nach jedem Training gemacht, indem sie die früheren Stretchingübungen abgeändert und somit ersetzt hat. Joel Bewusste Körperwahrnehmung: Mehrfach hat er die vertiefte Atmung als grosse Veränderung wahrgenommen. Er spürt regelmäs- sig die Veränderung nach der Behandlung der einen Körperseite im Vergleich zur anderen. Erfahrung bez. An- und Entspannung: Anfangs ist für ihn Beweis für eine tiefe Entspannung, dass er regelmässig beim Shiatsu ein- schläft. Das Besondere und offenbar auch motivierende dabei ist, dass er sich anschliessend im Training reaktionsschnell und fit fühlt. Das Ziel, beim Shiatsu nicht unbedingt einzuschlafen hat ihn eher verunsichert und sich auf die Entspannung negativ ausge- wirkt. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Shiatsu hat bewirkt, dass er den Oberkörper als lockerer wahrnahm. Interessant ins- besondere, dass er diese Lockerheit auch beim Tennisspiel mental empfindet. Er hat erfahren, dass Shiatsu die eigene Stim- mungslage beeinflussen kann. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Neben der Behandlung an sich haben ihn immer wieder Fragen beschäftigt: „Warum trägst Shiatsu im Spitzensport 18
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini du stets weisse Kleider? Wie lange dauert die Ausbildung zum Shiatsu-Therapeuten?“ ua. Er hat die Meridiandehnungen drei- viermal selbständig auf seinem Zimmer gemacht. Kommentar: Nebst dem Ausprobieren meiner Vorschläge hat es sich auch gedanklich mit Shiastu auseinandergesetzt und ein ho- hes Interesse gezeigt. Sven Bewusste Körperwahrnehmung: Er empfindet sich generell ausgeglichener und kann sich in der Schule besser konzentrieren. Eine exakte Wahrnehmungsfähigkeit hat er bewiesen, als er die Meridianverläufe von Milz und Magen an der Hand genau gespürt hat! Erfahrung bez. An- und Entspannung: Die Verspannungen und die Müdigkeit der anstrengenden Trainings sind nach dem Shiatsu weg, und er fühlt sich entspannt. Er kann besser, schneller einschlafen. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Shiatsu hat neben der körperlichen Entspannungswirkung auch Einfluss auf die Stimmung, sodass es auch emotional entspannt. Da Sven mit Anna in derselben Behandlungsgruppe war, haben wir in gemeinsa- mer Übereinkunft auf eine gegenseitige Behandlung verzichtet. Kommentar: Sven hat wohl mit Rücksicht auf Anna eingewilligt, mir schien, dass er durchaus gerne einen Behandlung versucht hätte. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Er ist überzeugt, dass die Meridiandehnungen oder ein Shiatsu am Morgen seine Leistung in Wettkämpfen und der Schule verbessern könnten, fühlt sich aber ausserstande, dafür früher aufzustehen. Kommentar: Aufgrund der häufig offensichtlichen körperlichen Müdigkeit erscheint auch mir das länger Schlafen anstelle der Makko Ho’s am Morgen sinnvoller. Shiatsu im Spitzensport 19
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Norbert Bewusste Körperwahrnehmung: Die Meridianübungen empfindet er als „nicht bequem“. Kommentar: Seine Strategie damit umzugehen ist die Vermeidung – anstelle der möglichen Auseinandersetzung. Erfahrung bez. An- und Entspannung: Die gewünschte Entspannung ist eingetreten. Die neue Erkenntnis ist, dass die Entspannung einer Shiatsu-Behandlung anschliessend leistungsfördernd für eine körperliche Tätigkeit empfunden wurde. Entspannung ist auch abschalten können, mal an nichts denken müssen. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Die Ablenkung von Gedanken und Schulproblemen durch das Shiatsu ist neu und unerwartet. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Selbstaktivierte Anpassungen haben keine stattgefunden. Der Zusammenhang zwischen Shiatsu-Behandlungen und den Meridiandehnungen ist nicht erkannt worden. Kommentar Allgemein Bewusste Körperwahrnehmung: Bezüglich der Körperwahrnehmung hat sich die Argumentation verändert, indem die Äusserungen im Vergleich zu Beginn der Studie expliziter auf einzelne Körperstrukturen oder –funktionen (Muskeln, Brustkorb, Atmung, Schmerz) ausfielen. Zusammenhang Veränderung durch Shiatsu: Alle haben die erwartete Entspannung durch Shiatsu auf den Körper wahrgenommen und waren überrascht, dass sich Shiatsu auch entspannend auf Gemüt und Stimmung auswirkt. Der Zusammenhang zwischen den Meridianübungen und den Meridianfunktionen, wie sie auf den Übungsblättern beschrieben sind, konnte von den Jugendlichen nicht adaptiert werden. Für sie blieben die Meridiandehnungen leicht angepasste Stetchingübungen. Shiatsu im Spitzensport 20
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Erfahrung bez. An- und Entspannung Alle haben bei den Behandlungen Spannungsunterschiede zwischen z.B. dem behandelten und anderen Bein, aber auch vor und nach der Behandlung eines Körperteiles wahrgenommen und kommuniziert. Alle empfinden Shiatsu als muskulär entspannend, wohltuend und z.T. momentan leicht schmerzhaft, aber auf jeden Fall wirksam bezüglich der Entspannung. Anpassen eigener Verhaltensweisen: Alle würden gerne weiterhin Shiatsu bekommen Sie können sich leider – mit Ausnahme von Sven - nicht vorstellen, mit den Meridiandehnungen eine ähnliche Wirkung selbständig zu erzeugen. Dies scheint mit dem eng strukturierten Wochenplan zusammen zu hängen, wofür der Termin fürs Shiatsu - während der Schulzeit im Lernatelier – eine günstige Voraussetzung darstellt. 4.3.2. Vergleich zwischen den Geschlechtern am Schluss der Studie beim Gruppeninterview II Zwischen den Geschlechtern konnte bezüglich der Körperwahrnehmung kein Unterschied ausgemacht werden. Hingegen ist ein- deutig, dass für die weiblichen Jugendlichen die Rückenlage weniger angenehm empfunden wurde und sie sich in dieser Position weniger gut entspannen konnten. Bei den männlichen Jugendlichen war dies nicht der Fall, und auch der Kontakt an Bauch oder Brustkorb war für sie jederzeit völlig problemlos. 4.3.3. Vergleich zwischen den Sportarten am Schluss der Studie beim Gruppeniniterview II Die Jugendlichen sind auf folgende Sportarten spezialisiert: 4 Leichtathletinnen, 2 Tennisspieler und 1 Wasserballer. Insofern kann ein Vergleich allenfalls Hinweise auf mögliche Unterschiede andeuten, auf keinen Fall sind daraus allgemeingültige Hinweise zu belegen. Shiatsu im Spitzensport 21
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Die Sportlerinnen und Sportler waren bezüglich der Wettkampfphase in unterschiedlichen Stadien, der Wasserballer bereitete sich intensiv auf die Saison vor, die Tennisspieler waren mitten in der Wettkampfzeit und bei den Leichtathletinnen nahte das Ende der Sommerwettkämpfe. Bezüglich der Ausrichtung der Trainings konnte unschwer erkannt werden, dass die Leichtathletinnen mehr- heitlich technische Trainings absolvierten, währenddem beim Wasserballer, die Kraft- und Ausdauerfähigkeit im Vordergrund stand. Die Tennisspieler waren sowohl bezüglich konditionellen, als auch technischen Ansprüchen sehr gefordert. Wenngleich die Voraussetzungen sehr unterschiedlich waren, kann doch für alle Sportarten gleichermassen der hohe körperliche Entspannungswert belegt werden. Im Detail waren spezifische Ausprägungen bezüglich der mentalen Entspannung auszumachen. Bei den Tennisspielern entstand eine Art Motivierungseffekt, welche auf der persönlichen Erfahrung beruhte, nach dem Shiatsu körperlich und mental voll einsatzfähig und leistungsfähig zu sein. Die Leichtathletinnen konnten bezüglich der mentalen Einstel- lung weder im Training noch in den Wettkämpfen eindeutige Unterschiede ausmachen. Der Wasserballer war überzeugt, durch die verbesserte innere Ruhe ganzheitlich – in Schule und Sport – besser bereit und somit leistungsfähiger zu sein. 4.3.4. Erkenntnisse aus Sicht des Therapeuten Das Auffälligste in der Zusammenarbeit mit diesen Jugendlichen war, dass sich innert sehr kurzer Zeit, nach spätestens der 2. Be- handlung, ein sehr persönlicher Umgang ergab. Dies erstaunte mich, da erfahrungsgemäss die Dauer der Annäherung – so sie denn überhaupt zustande kommt - zwischen Erwachsenen und Jugendlichen deutlich länger ist. Dass sich durch Shiatsu die Zeit zwischen dem ersten Treffen und bis zum gegenseitigen Vertrauens derart schnell vollzog ist für mich schlicht phänomenal. Der Austausch im Shiatsu – das Zwiegespräch des Therapeuten mit dem Klienten und umgekehrt - und die zwangsläufig persönliche Betroffenheit und Nähe scheint gegenseitiges Vertrauen schnell zu ermöglichen. Daraus ergibt aber auch, dass – bei einem Nicht- zustandekommens dieses Vertrauens, egal ob seitens des Klienten oder Therapeuten, die Zusammenarbeit abgebrochen werden Shiatsu im Spitzensport 22
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini sollte. Für das Verständnis und die Auseinandersetzung mit Shiatsu schien mir für die Jugendlichen wichtig, auch einmal selber die Grundlagen zum Geben einer Shiatsubehandlung kennen zu lernen und diese einmal anwenden zu können. Die Behandlungen führten auch im Umfeld der behandelten Jugendlichen zu Interesse. Einige der Sportlerkollegen hätten auch gerne einmal ausprobiert, wie sich das anfühlt. Leider war dafür die Möglichkeit nicht gegeben. Dies verstärkte wahrscheinlich das Gefühl, ein Privileg zur Behandlung zu haben, was sich auf die Gruppe der Studie sicher zusätzlich motivierend auswirkte. Im Verlaufe der Studie besuchte ich selber den Kurs der Stufe 5. Dies hatte Auswirkungen auf die Behandlungsweise, welche von der symmetrischen Behandlung zweier ganzer Meridiane neu mehr den Fokus des Ausgleichs zwischen dem Jitsu- und dem Kyo- Meridian beinhalteten. Dieser Wechsel wurde von den Jugendlichen gespürt, was zuerst zu einer gewissen Unsicherheit führte und auch den direkten Vergleich der beiden Körperseiten nur noch phasenweise ermöglichte. Persönlich empfand ich die neue Behand- lungsart als effizienter und für mich spannender. Für eine objektive Beurteilung der Unterschiede müsste jedoch eine neue Studie gemacht werden. 4.3.5. Ergebnisse auf einen Blick Stärkung der Selbstregulation Alle Jugendlichen haben zunehmend differenzierter Unterschiede bezüglich der muskulären Spannung bzw. Entspannung benen- nen können. Sie haben verschiedene Aspekte der Entspannung neu kennengelernt und realisiert, so z.B. dass Entspannung nicht zwangsläufig mit Schlafen oder Nichtstun einhergeht, sondern sowohl beruhigende, als auch aktivierende Wirkung haben kann. Förderung der Selbstwahrnehmung Die Jugendlichen haben den Zusammenhang der Meridiandehnungen zu deren Funktionen kennengelernt und in Behandlungen Shiatsu im Spitzensport 23
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini auch erlebt. So haben einzelne erkannt, dass Shiatsu-Behandlungen nicht nur auf der körperlichen, sondern auch auf der emotio- nalen Ebene Auswirkungen haben können. Ein Jugendlicher hat klar zum Ausdruck gebracht, dass diese Impulse auch den Schul- alltag erleichtert haben. Stärkung der Gesamtkompetenz Auffällig war die Selbstsicherheit und Offenheit , welche die Jugendlichen nach kurzer Zeit mit in die Arbeit einbrachten. Sie haben sich für ihre persönlichen Anliegen eingesetzt und Eigenverantwortung übernommen. Mit Ausnahme eines Jugendlichen haben alle erkannt, dass sie selber die Verantwortung für ihr Wohlbefinden tragen und dies der Eigenaktivität bedarf und der Therapeut allen- falls einen Impuls geben kann. Shiatsu im Spitzensport 24
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 5. Schlussteil 5.1. Beantwortung der Fragestellung Verändert sich durch regelmässiges Shiatsu die Körperwahrnehmung oder Eigenwahrnehmung der an der Studie beteiligten ju- gendlichen Nachwuchssportler, indem sie Körpersignale neu wahrnehmen oder interpretieren lernen? Die Veränderungen bezüglich Körper- und Eigenwahrnehmung war bei den an der Studie teilnehmenden sechs Jugendlichen Nachwuchssportlern unabhängig ihrer Sportart markant. Über den Zeitraum von drei Monaten, bei einer Behandlungsdichte von einer Behandlung pro Woche, wurden insbesondere muskuläre und emotionale Spannungszustände und deren Ausgleich am Schluss differenziert rückgemeldet. Die Verbindung der Empfindung auf diesen beiden Ebenen wurden schliesslich bewusst wahr- und ernst genommen. 5.1.1. Ausblick Die Ergebnisse zeigen die Veränderungen bei den sechs an der Studie beteiligten Jugendlichen auf. Eine Übertragung auf andere Jugendliche ist nicht statthaft, hingegen wären auch bei ähnlichem Vorgehen mit anderen Jugendlichen tendenziell ähnliche Resul- tate zu erwarten. Grundlegend scheinen die Freiwilligkeit, die terminliche Einbettung in den Trainings- und Schulalltag, sowie ein gegenseitiges Vertrauen zwischen den Jugendlichen und dem Therapeuten. Spannend wäre zu eruieren, inwiefern sich diese Ver- trautheit zwischen den Jugendlichen und dem Therapeuten in der Zusammenarbeit mit den Trainern nutzen liesse. Eine Erweite- rung des Betreuungsteam um einen Shiatsu-Therapeuten könnte – bei klarer Abmachung bezüglich der Kompetenzen - durchaus zusätzliche Impulse setzen. Shiatsu im Spitzensport 25
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 6. Literaturverzeichnis Atlas Shiatsu Die Meridiane Des Zen-Shiatsu. (2012). (2., überarb. Aufl.). München: Elsevier, Urban & Fischer. Beresford-Cooke, C. (2003). Shiatsu Grundlagen Und Praxis (2. Aufl.). München: Urban & Fischer. Eckert, A. (2008). Das heilende TAO: die Lehre der fünf Elemente : Basiswissen für Qi Gong und Tai Ji, Akupunktur und Feng Shui. München: Müller & Steinicke. G. Conrad - Verlag für Gesundheitsförderung. (o. J.). . Abgerufen am 16. August 2012, von http://www.conrad-verlag.de/ Lundberg, P., Dorelli, F. & Sporbeck-Hörning, P. (1992). Die heilende Kraft des Shiatsu mehr Energie, Gesundheit und Wohlbe- finden durch die Kunst des Berührens. München: Mosaik-Verl. Masunaga, S. (1996). Das Grosse Buch Der Heilung Durch Shiatsu Gesundheit Durch Die Harmonisierung Von Yin Und Yang Theorie Und Praxis Der Japanischen Heilmassage (9- Aufl. der Sonderausg.). Bern: Barth. Masunaga, S. (1999). Meridian Dehnübungen. Waldeck: Hübner. Shiatsu im Spitzensport
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Metzner, K. (2004). Shiatsu : heilsame Berührung ; durch sanften Druck der Hände Verspannungen lösen und Lebensenergie aktivieren ; das Ubungsbuch zur Partner-Behandlung. Paderborn: Junfermann. Organisation der Arbeitswelt KomplementärTherapie. (o. J.). Beruf KomplementärTherapie. OdA KT. Abgerufen am 18. April 2013, von http://www.oda-kt.ch/beruf-komplementartherapie/ Prof. Dr. Reinders, H. (o. J.). Schages_Nachlese_DGfE-Summer_School_2006_Dr_paed.pdf. Abgerufen am 18. April 2013, von http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-3809/Schages_Nachlese_DGfE- Summer_School_2006_Dr_paed.pdf Qualitative Forschung: Ein Handbuch: Amazon.de: Uwe Flick (Hrsg.), Ernst von Kardorff, Ines Steinke: Bücher. (o. J.). . Abgeru- fen am 16. August 2012, von http://www.amazon.de/Qualitative-Forschung-Uwe-Flick- Hrsg/dp/3499556286/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1345126718&sr=1-1 Qualitative Sozialforschung: Eine Einführung: Amazon.de: Uwe Flick: Bücher. (o. J.). . Abgerufen am 16. August 2012, von http://www.amazon.de/Qualitative-Sozialforschung-Einf%C3%BChrung-Uwe- Flick/dp/3499556944/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1345126226&sr=8-1 Shiatsu im Spitzensport
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini Sievers, S. K. & Loh, N. W. (2009). Das Wunder der Wandlung eine Reise in die Welt der fünf Elemente. Stellshagen: ShenDo- Verl. Zotero | Email validation. (o. J.). . Abgerufen am 11. März 2012, von http://www.zotero.org/user/validate/d468d3fbc0 Shiatsu im Spitzensport
TAO CHI Zürich Diplomarbeit Reto Covini 7. Anhang Shiatsu im Spitzensport
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