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Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos 2011-2020 Herausgeber: Verband der Milchverarbeiter Kosovos Verband der Milchproduzenten Kosovos
ENTWICKLUNGSSTRATEGIE DER MILCHINDUSTRIE KOSOVOS 2011 – 2020 Herausgeber: Verband der Milchverarbeiter Kosovos (KDPA) & Verband der Milchproduzenten Kosovos (KAMP) mit Unterstützung von Solidar Suisse Pristina, Kosovo, 2012 3
ZUSAMMENFASSUNG Die Milchindustrie von Kosovo wird seit dem Krieg grundlegend neu aufgebaut. Mittlerweilen decken die lizenzierten 26 Molkereien und etwa 2000 Milch liefernde Bauern ein Fünftel der aktuellen Nachfrage nach Milchprodukten. Der Milchsektor ist demnach eine Wachstumsbranche, deren Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Herausforderungen der Branche sind indes vielfältig. Der ungenügende rechtliche Rahmen gilt als Hauptrisiko der Milchbranche: Vor allem die Billigimporte von subventionierten Milchprodukten und der unkontrollierte Verkauf von Produkten auf dem ‚Grünen Markt‘ und Schwarzmarkt belasten die Branche. Im Weiteren fehlt es an qualifizierten Milchproduzenten und -technologen. Die ungenügende Umsetzung des Anti-Dumping-Gesetzes, im internationalen Vergleich zu geringe Subventionen für die Bauern, ungünstige Kredite, Mängel in der Steuergesetzgebung und die geringe Reputation der lokalen Produkte sind der Entwicklung der Milchwirtschaft wenig zuträglich. Schliesslich bezahlen Molkereien zu hohe Milchpreise, während die Bauern die Produktionskosten nicht decken können, weil sie im Unterschied zu anderen Ländern Europas praktisch ohne staatliche Unterstützung auskommen müssen. Anderseits gibt es grosse Chancen für die Entwicklung der Milchwirtschaft. Das Binnenmarktpotential ist noch kaum ausgeschöpft, der einheimische Markt hat noch viel Raum, um zu wachsen, und der Zugang zu Albanien über die neue Autobahn eröffnet neue Märkte. Ausserdem bleiben mit den immensen Flächen an brachliegendem Land zur Beweidung und Futterproduktion weitere Chancen immer noch ungenutzt. Nach Jahrzehnten der Repression, einem Krieg und einer schwierigen Nachkriegszeit ist es umso wichtiger, dass das unabhängige Kosovo in der Lage ist, seine Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln selbst zu versorgen. In diesem Zusammenhang sollten Milch und Milchprodukte als strategisch wichtige und für die Ernährung der Bevölkerung entscheidende Nahrungsmittel bewertet werden. Deshalb setzt sich die Milchindustrie mit dieser Strategie das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Nachfrage des einheimischen Binnenmarkts nach Milchprodukten zu steigern und weitgehend zu decken. Im Jahr 2020 sollen nicht mehr 45 Millionen sondern 360 Millionen kg Milch zu hochwertigen Produkten verarbeitet werden. 5
Um dieses strategische Ziel bis 2020 zu erreichen, hat die Kosovarische Milchindustrie einen 10-Punkte-Plan aufgestellt, der die wichtigsten Schritte aufzeigt: (1) Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und faire Bezahlung von Milch (2) Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf dem grünen Markt (3) Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für Kosovo (4) Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für Milchproduzenten (5) Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft (6) Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie – Vorsteuerabzug auf Rohmilch (7) Staatliche Massnahmen gegen subventionierte Importmilchprodukte und Anti-Dumping-Massnahmen im Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens (8) Schutz von Sharri-Käse (9) Bewusstseinsförderung für die Anliegen der lokalen Milchindustrie (10) Gründung einer nationalen Lobbyplattform für die Milchindustrie Die Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos 2011-2020 wurde am 05.11.2012 in Pristina von folgenden Organisationen als Resolution verabschiedet: Verband der Milchproduzenten Verband der Milchverarbeiter Kosovos Kosovos (KAMP) (KDPA) 6
RESOLUTION DER MILCHINDUSTRIE VON KOSOVO Die Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos wurde am 05.11.2012 in Pristina von folgenden Organisationen als Resolution verabschiedet: 7
INHALT ZUSAMMENFASSUNG ....................................................................................................... 5 RESOLUTION DER MILCHINDUSTRIE VON KOSOVO ............................................................ 7 INHALT ............................................................................................................................. 9 A. ENTSTEHUNG DER STRATEGIE .................................................................................. 11 I. Erste Schritte........................................................................................................................................... 11 II. Planungsprozess und Beteiligte............................................................................................................. 11 III. Autoren ................................................................................................................................................... 12 B. AKTUELLE SITUATION DER MILCHBRANCHE IN KOSOVO ........................................... 13 IV. Wer ist die Milchindustrie von Kosovo? ............................................................................................... 13 V. Kontext und Beweggründe .................................................................................................................... 14 VI. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Milchbranche ........................................................... 17 VII. Erwartete Kontextentwicklung bis 2020 .............................................................................................. 19 C. VISION UND ZIELE DER KOSOVARISCHEN MILCHINDUSTRIE ...................................... 21 VIII. Vision ....................................................................................................................................................... 21 IX. Strategische Ziele bis 2020 .................................................................................................................... 21 D. DIE 10 WICHTIGSTEN SCHRITTE ZUR ERREICHUNG DER STRATEGISCHEN ZIELE .......... 23 01 Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und faire Bezahlung von Rohmilch ..... 24 02 Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf dem grünen Markt .......................... 26 03 Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für Kosovo ................................................ 28 04 Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für Milchproduzenten.............................................. 30 05 Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft ......................................................................... 32 06 Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie – Vorsteuerabzug auf Rohmilch........................ 34 07 Staatliche Massnahmen gegen subventionierte Importmilchprodukte und Anti-Dumping- Massnahmen im Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens .......................................................... 36 08 Schutz von Sharri-Käse ........................................................................................................................... 38 09 Bewusstseinsförderung für die Anliegen der lokalen Milchindustrie ................................................ 40 10 Gründung einer nationalen Lobbyplattform für die Milchindustrie................................................... 42 X. Was es sonst noch braucht! .................................................................................................................. 44 E. MASTERPLAN ........................................................................................................... 45 9
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A. ENTSTEHUNG DER STRATEGIE I. Erste Schritte Im Frühjahr 2009 hat sich die Lage auf dem Milchmarkt in Europa dramatisch verschlechtert. Die Milchpreise sind massiv zurückgegangen und haben so die Existenz der Bauern gefährdet. Diese ‚Milchkrise‘ in der EU bekam die Milchbranche in Kosovo besonders zu spüren: Verbilligte Importprodukte haben den ungeschützten Markt Kosovos überschwemmt. Die einheimische Milchindustrie, die nach dem Krieg 1999 ohnehin noch in den Anfängen des Aufbaus steckte, geriet in eine veritable Krise. Viele Milchproduzenten und Sammelstellen konnten ihre Milch nicht mehr verkaufen, weil der Absatzmarkt der Molkereien teilweise zusammenbrach. Anlässlich dieser Krise haben der Verband der Milchproduzenten Kosovos KAMP und der Verband der Milchverarbeiter Kosovos KDPA (unterstützt von Solidar Suisse, Syri i Vizionit und dem Institute for Advanced Studies GAP) im Juni 2009 ein Grundsatzpapier zum CEFTA-Freihandelsabkommen erarbeitet. In einem Begleitschreiben an die Regierung haben KAMP und KDPA Handlungsempfehlungen formuliert, wie der Importschwemme begegnet und die Milchwirtschaft gefördert werden sollte. Auf diese Studie folgte am 16.9.2009 eine Tagung in Pristina mit Mitgliedern von KAMP und KDPA, Solidar Suisse, Syri i Vizionit, AgroDukagjini Network, Swisscontact, GTZ und USAID. Die Verbände haben eine Positionsbestimmung vorgenommen und die Erarbeitung einer gemeinsamen, von KAMP und KDPA mitgetragenen Entwicklungsstrategie für die Branche beschlossen. II. Planungsprozess und Beteiligte Die nationalen Verbände KAMP und KDPA, die Initianten dieser Strategie, haben Solidar Suisse mit der Koordination der Strategieentwicklung betraut. Die Entstehung der Strategie, die KAMP mit zwei Studien und Umfragen begleitet hat, erfolgte dabei parallel zu ersten Massnahmen. Die Beteiligten haben das Landwirtschaftsministerium (MAFRD) zur MWST-besteuerung von Rohmilch im europäischen Vergleich beraten, haben sich erfolgreich für EU- Förderprogramme eingesetzt und Ende 2010 den ersten Schritt dieser Strategie begangen (siehe D.01). Daneben wurden Gespräche mit Mitgliedern der Verbände, Branchenexperten und Behörden geführt. Zentrale Strategieschritte sind im Oktober 2011 bei einer Vernehmlassung des MAFRD zu seinem Entwicklungsdokument für den Milchsektor diskutiert worden. 11
III. Autoren Die vorliegende Strategie wurde unter der Leitung von Dr. Christoph Baumann (Solidar Suisse) verfasst. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Ramadan Memaj (Präsident von KDPA), Milazim Berisha (Präsident von KAMP), Dr. Agim Rexhepi (KAMP) und Syzane Baja (Solidar Suisse). 12
B. AKTUELLE SITUATION DER MILCHBRANCHE IN KOSOVO IV. Wer ist die Milchindustrie von Kosovo? Zur Milchindustrie von Kosovo zählen im engeren Sinne 26 lizenzierte Molkereien und über 1400 Milchproduzenten (inoffiziell gehen die Verbände von 2000 Milchbauern aus), welche diese Molkereien beliefern (Zahlen: Oktober 2012). In der vorliegenden Strategie werden weitere Beteiligte, darunter die Verpackungsindustrie, Futterproduzenten, Vermarktungsorganisationen etc., ausgeklammert. Im weiteren Sinne gelten die nicht zugelassenen ‚Kleinmolkereien‘ (Bauern und Verarbeiter, die ihre Produkte direkt, ohne Lizenz und unkontrolliert verkaufen) als wichtige Akteure der Milchindustrie. Als Vertreter einer Schattenmilchwirtschaft konkurrieren diese jedoch die legalisierte Industrie, schaden dem Image der lokalen Produkte, stellen eine Gefahr für die Volksgesundheit dar und behindern eine nachhaltige Entwicklung der Milchwirtschaft Kosovos. Die Initianten der Strategie legen deshalb Wert darauf, sich gegen diese illegale Konkurrenz abzugrenzen und betrachten diese nicht als Teil der einheimischen Milchindustrie. Wenn in der vorliegenden Strategie von Milchindustrie die Rede ist, sind damit ausdrücklich die lizenzierten Molkereien und ihre Milchlieferanten gemeint. Von den 26 Molkereien gehören 18 dem Verband der Milchverarbeiter Kosovos (KDPA) an; 300 Milchbauern sind Mitglied beim Verband der Milchproduzenten Kosovos (KAMP). Obschon diese Mitgliedschaften nicht notwendig sind, um am milchindustriellen Leben teilzunehmen, gelten die Mitglieder dieser Verbände – nebst den rund 100 aktiven Milchsammelstellen des Landes - als wichtigste Träger der Milchindustrie im Kosovo. Sie stehen in einer partnerschaftlichen Beziehung und führen seit einigen Jahren einen konstruktiven Dialog miteinander, der zur Entwicklung der Industrie beiträgt. Als repräsentative Vertreter der Industrie sind sie bedeutende Partner in einem tripartiten Dialog mit den nationalen Behörden bei deren Ausgestaltung des gesetzlichen Rahmens der Landwirtschaft und der Milchindustrie sowie beim Vollzug von entsprechenden Verordnungen und Massnahmen. Die vorliegende Strategie ist das Ergebnis des Dialogs zwischen den beiden Verbänden. 13
V. Kontext und Beweggründe Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Krieg von 1999 wurde die Milchindustrie grundlegend neu aufgebaut. Unmittelbar nach dem Krieg gab es nur eine funktionierende Molkerei (ABI, Prizren); heute zählt man 26 Betriebe, und es befinden sich weitere in Planung. In Anbetracht der Tatsache, dass auch die Milchbetriebe nach dem Krieg zumeist von Null anfangen mussten, kann die Entwicklung der Milchindustrie in der Nachkriegszeit als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. Der Milchsektor gilt als wichtigste Wachstumsbranche der Landwirtschaft. Die Bauern Kosovos produzieren schätzungsweise 125 Millionen kg, von denen jedoch 90 Millionen kg für den Eigenbedarf und die Direktvermarktung verwendet werden. Die Molkereien verarbeiteten dagegen - gemäss des Grundsatzpapiers von 2009 - jährlich nur 35 Millionen kg Kuhmilch, nach Angaben des KDPA im 2011 und 2012 über 45 Millionen kg. Ungefähr 120 Millionen kg Milchäquivalente werden zudem importiert. Im Jahr 2011 hat Kosovo nach offiziellen Angaben für 27.6 Millionen € Milchprodukte importiert, aber kaum exportiert. Nach der Dairy Market Assessment Study von USAID (2008) verteilt sich das Milchaufkommen etwa so (siehe Abb.1): Abb. 1: Anteil am Milchaufkommen in Kosovo (Milchäquivalent) in % im Jahr 2007 14
0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 EU Deutschland Frankreich Grossbritannien Polen Italien Rumänien Österreich Litauen Ungarn Bulgarien Schweiz Kosovo Kosovo-Molkereien Kosovo Marktpotential Abb. 2: Pro-Kopf-Kuhmilchproduktion im Jahr 2008 (in t pro Einwohner) im europäischen Vergleich Das heisst, dass die einheimische Milchindustrie weniger als ein Fünftel der Marktnachfrage nach Milchprodukten deckt. Die Rohmilchproduktion pro Einwohner ist deshalb in Kosovo im internationalen Vergleich besonders gering (siehe Abb. 2). Die europaweite Milchkrise im Jahr 2009, die auf den Kosovo überschwappte, hat das bäuerliche Leben massiv erschwert; die sinkenden Milchpreise führten dazu, dass gerade Kleinbauern (nur einer von hundert Milchproduzenten im Kosovo hat zehn oder mehr Kühe) die kommerzielle Milchproduktion aufgaben. Daraufhin kam es zu einer Verknappung der Rohmilchproduktion, die Preise stiegen unabhängig der Qualität auf bis zu 40 Cent pro Liter Ende 2011 an und brachten die Industrie so erneut arg in Bedrängnis. 15
Trotz des grossen Potentials spielt die Land- und Milchwirtschaft im Entwicklungsplan 2007-2013 der kosovarischen Regierung eine untergeordnete Rolle. Für die Landwirtschaft sind nur sehr wenige Gelder aus dem Kosovo- Budget vorgesehen. Im Vergleich mit den anderen Mitgliedstaaten des CEFTA- Abkommens sowie den EU- und EFTA-Ländern erhalten die Kosovarischen Milchproduzenten deutlich weniger Unterstützung. Es fehlen monetäre Anreize, um mehr und bessere Milch auf den Markt zu bringen. Allerdings ist die Tatsache ermutigend, dass das Landwirtschaftsministerium und die Europäische Kommission seit 2010/11 Fördergelder und Direktzahlungen für Molkereien und Milchproduzenten entwickeln, anwenden und ausbauen. Angesichts der immensen Bedürfnisse der Milchindustrie ist diese Unterstützung immer noch viel zu klein, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung; diese Strategie zeigt auf, wie die weiteren Schritte aussehen müssen. 16
VI. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Milchbranche Der ungenügende rechtliche Rahmen gilt für die Molkereien und Bauern als Hauptrisiko ihrer Branche: Unkontrollierte Importe, ungenügende Umsetzung des Anti-Dumping-Gesetzes, kaum Subventionen, Mängel in der Steuerpolitik und im Landwirtschaftsgesetz sowie der tolerierte informelle Verkauf von Milchprodukten. Die Zollbestimmungen sind für kosovarische Landwirtschaftsprodukte generell ungünstig. Für den Export bestehen tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse sowie Exportbarrieren trotz oder gerade wegen des CEFTA. Exportsubventionen in EU-Ländern, ungünstige Kredite, fehlendes Bewusstsein der Konsumenten wie auch die schlechte Energieversorgung (zentral für die gesamte Kühlkette) gefährden den Milchsektor ebenfalls. Zudem ist die Reputation lokaler Produkte nicht immer nicht gut, was auch damit zusammenhängt, dass es kaum staatlich kontrollierte, anwendbare Qualitätsrichtlinien gibt, welche die Standardisierung der Produkte fördern. Die grössten Herausforderungen vor dem Kontext ungenügender staatlicher Unterstützung zur Stärkung und Entwicklung des Produktionsstandortes sind jedoch die Billigimporte von Milchprodukten und der Verkauf von Milchprodukten ausserhalb des regulären Marktes. Produkte, die auf dem Grünen Markt verkauft werden, müssen offensichtlich keine Mindestqualität erfüllen, zumal niemand diese kontrolliert. Billigimporte und unkontrollierte Produkte auf dem Grünen Markt konkurrieren daher den regulären lokalen Markt, ohne dass für diese dieselben Spielregeln gelten. Die unfaire Konkurrenz aus dem In- und Ausland schadet so den Bauern und Molkereien gleichermassen. 17
Als grosse Chancen für die Entwicklung der Milchwirtschaft sind das noch viel zu wenig ausgeschöpfte Binnenmarktpotential und der aus logistischer Sicht massiv verbesserte Zugang zum Absatzmarkt von Nord- und Niederalbanien über die 2011/ 2012 fertig gestellte Autobahn. Die Unterstützung durch die EU eröffnet einigen Molkereien Möglichkeiten, die sich in anderen Ländern nicht unbedingt bieten. Die immensen Flächen an brachliegendem Land zur Beweidung und Futterproduktion sind ebenfalls eine noch ungenutzte Chance, ohne teure Kraftfutterimporte gute Milch herzustellen. Aus der jungen Bevölkerungsstruktur und der hohen Jugendarbeitslosigkeit ergibt sich schliesslich das Potential, aus vielen jungen Menschen die talentiertesten zu rekrutieren und zu qualifizierten, günstigen Arbeitskräften auszubilden. Dieses zuletzt genannte Potential ist gleichzeitig die zentrale Schwäche der Milchbranche: der Mangel an qualifizierten Milchproduzenten und Milchtechnologen sowie anderen für die Branche wichtigen Berufsbilder. Der Gebrauch veralteter Technologien und das Fehlen geeigneter Maschinen sind ebenfalls nicht entwicklungsfördernd. Nicht zuletzt bezahlen Molkereien im internationalen Vergleich einen zu hohen Milchpreis, der nicht konkurrenzfähig ist, während die Bauern trotz bisweilen hoher Milchpreise die Produktionskosten nicht decken können: Im Unterschied zu anderen Ländern Europas müssen die Bauern praktisch ohne staatliche Unterstützung auskommen. Schliesslich ist das Produktsortiment aufgrund geringer Kaufkraft und Konsumentenansprüche sehr klein. Aus dem zuvor genannten Punkt ergibt sich jedoch auch eine derzeit ausgeprägte Stärke der Branche: das steigende Bewusstsein der Milchproduzenten und Molkereien um das Marktpotential. Die Branche hat erkannt, dass nur schon die Nachfrage der einheimischen Bevölkerung nach ‚einfachen‘ Milchprodukten ein sehr hohes Wachstum verspricht. Dieses Bewusstsein, ohne Differenzierung wachsen zu können, hat in jüngster Zeit vermehrt zu Investitionen in die Herden und Molkereibetriebe geführt. Fehlende staatliche Steuermechanismen und Unterstützung der Industrie destabilisieren jedoch die Rahmenbedingungen und hindern die Branche daran, ihr gewaltiges Entwicklungspotential auszuschöpfen. 18
VII. Erwartete Kontextentwicklung bis 2020 Bei der Analyse der Entwicklungen in der Milchwirtschaft in Europa in den letzten Jahren fällt auf, dass eine hohe Anzahl kleiner und mittlerer Molkereien aus dem Markt gedrängt wurden. Große, international ausgerichtete Betriebe dominieren mehr und mehr den Markt. Nichtsdestotrotz erobern auch kleine Molkereien durch die Identifizierung von Marktnischen und insbesondere die Herstellung von Käsespezialitäten nationale und internationale Märkte. Zunehmend beliebter ist auch die Vermarktung von biologisch-organischen und regionalen Produkten für den Binnenmarkt. Diese Entwicklungstrends dürften auch im Zeitraum der Strategie anhalten. In einem Umfeld zunehmenden Freihandels müssen die Kosovarischen Molkereien ihr Potential realistisch einschätzen. Fast alle Molkereien dürften als kleine bis mittelgrosse Molkereien mit 20 bis 60 t Milch pro Tag ihre Perspektiven haben und mit regionalen Produkten andere kleinere Molkereien Kosovos konkurrieren. Nur ein oder zwei Betriebe dürften größere Mengen an auf Grundbedürfnisse ausgerichtete Milchprodukte für den nationalen Markt produzieren und sich mit niedrigen Preisen dem direkten Wettbewerb mit importierten Waren stellen. Es ist zu erwarten, dass die einen Molkereien die Erweiterung und Diversifizierung ihrer Produktpalette für den lokalen Markt anstreben. Der Kosovo-Markt ist indes klein, und die Konsumentenansprüche im internationalen Vergleich gering. Andere Molkereien werden davon ausgehen, dass die Verbesserung der Qualität bestehender Produkte wichtiger ist um am regionalen Markt zu bestehen, zumal die Qualitätsanforderungen in den nächsten Jahren sicher steigen werden. In jedem Fall werden die Diversifizierung und die Qualität die Wettbewerbsfähigkeit der Molkereien erheblich beeinflussen. Im Zusammenhang mit den Qualitätsanforderungen ist für die nächsten Jahre ein intensiver Prozess der Übernahme von EU-Vorschriften für die Milchproduktion und-verarbeitung zu erwarten. Zu erwähnen ist insbesondere das ‚EU-Hygiene-Paket‘, das gemäss dem Kosovo Agricultural Plan ein integraler Bestandteil in der Kosovarischen Gesetzgebung werden soll. Die EU- Kommission hat die Kosovo-Molkereien bereits ermutigt, entsprechend zu investieren. 19
Es ist davon auszugehen, dass Hygienestandards und die verbindliche Anwendung von Qualitäts-, Lebensmittelsicherheits-und Umweltmanagement- Systemen sowie HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points) zu einer erheblichen Veränderung der Milchbranchenstruktur beitragen. Nur die Anwendung solcher Standards wird die Integration der Wirtschaft des Kosovo in die Europäische Union ermöglichen. Eine zunehmende Verdrängung vom Markt ist auch bei den Milchproduzenten zu erwarten. Im Europäischen Wirtschaftsraum einschließlich seiner ehemaligen Transitionsländer haben die immense Abnahme der kleinen und mittleren Milchbetriebe sowie die Einrichtung einer kleinen Anzahl an großen Farmen bereits stattgefunden. Diese Entwicklung hat im Kosovo erst angefangen; die gegenwärtige Struktur der über 20'000 Milchproduzenten mit 1-2 Kühen und geschätzten 2000 Landwirten mit etwa 5 bis 6 Kühen bleibt mittelfristig kaum bestehen. In den folgenden Jahren werden die europaweit angewendeten Milchqualitäts-, Hygiene-und Produktionsstandards auch im Kosovo zunehmend Akzeptanz finden, und größere Betriebe werden zuungunsten kleiner Betriebe zunehmen und ihre Milchviehbestände vergrössern. Massnahmen zur Steigerung der Milchleistung der Tiere werden wichtiger. Es darf erwartet werden, dass sich die durchschnittliche Milchleistung von gegenwärtig etwa 4000 kg pro Jahr im Verlauf der nächsten 10 Jahre auf 4400 kg vergrössert (EU-Durchschnitt: etwa 6700 kg), schliesslich werden in Kosovo auch Rassen mit hoher Milchleistung bevorzugt (z.B. Holstein und Brown Swiss). Geht man davon aus, dass mit der Professionalisierung der Betriebe deren durchschnittliche Bestandsgrösse auf 20 Milchkühe steigt, hätte Kosovo ein Potential von ungefähr 4100 profitablen Betrieben, welche die Nachfrage des Binnenmarkts nach Milch decken. Es steht ausser Frage, dass diese Entwicklungen nur bei sich verbessernden und stabileren Rahmenbedingungen im beschriebenen Ausmass stattfinden. Dafür wird es eine staatliche Unterstützung brauchen. 20
C. VISION UND ZIELE DER KOSOVARISCHEN MILCHINDUSTRIE VIII. Vision Die Konsumentinnen und Konsumenten von Kosovo werden ausreichend mit gesunden, hochwertigen und preiswerten Milchprodukten aus der einheimischen Industrie versorgt. Importierte Milchspezialitäten sind für sie eine Ergänzung des lokalen Sortiments. Nach Jahrzehnten der Repression, einem Krieg und einer schwierigen Nachkriegszeit muss die Regierung in der Lage sein, nicht nur politisch unabhängig zu sein, sondern die Bevölkerung bei einer erneuten Krise auch mit Grundnahrungsmitteln selbst versorgen zu können. Zum einen ist deshalb eine Importsubstitution all jener Produkte anzustreben, die der Grundversorgung dienen; das sind im Kosovo die allermeisten Produkte, denn Milchspezialitäten im Luxussegment sind für die arme Bevölkerung ohnehin nicht erschwinglich. Eine ausgewogen ernährte Bevölkerung muss ebenfalls eine Vision der Regierung sein; die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt in Bezug auf Milchprodukte den täglichen Verzehr von 6 dl Milch (beziehungsweise aus ihr hergestellte Milchprodukte). Kosovo muss also in der Lage sein, 360 bis 380 Millionen kg gesunde und kontrollierte Milch pro Jahr für seine Bevölkerung zu produzieren. Heute werden nur 45 Millionen kg an staatliche kontrollierte Molkereien und somit als sichere Produkte verkauft. IX. Strategische Ziele bis 2020 Die einheimische Milchindustrie setzt sich mit dieser Strategie das Ziel, bis im Jahr 2020 die Nachfrage des einheimischen Binnenmarkts nach Milchprodukten zu 95% zu decken (siehe Abb. 3). Das heisst: (1) Im Jahr 2020 verkaufen die Milchproduzenten von Kosovo um 360 Millionen kg Milch an die Molkereien (heute: etwa 45 Millionen kg) (2) Im Jahr 2020 werden etwa gleich viele Milchprodukte importiert wie exportiert (Importsubstitution). Heute werden 100-120 Millionen kg (im Wert von über 27 Millionen €) importiert, aber kaum ein Produkt exportiert. (3)Im Jahr 2020 verkaufen die Milchproduzenten 95% der 380 Millionen kg Milch an Molkereien; maximal 5% der Milch werden direkt vermarktet oder selber konsumiert (heute werden 29% direkt vermarktet und 34% selber konsumiert). 21
Abb. 3: Strategisches Ziel der Milchindustrie: Marktnachfrage steigern, 95% der Milchproduktion verarbeiten (4) Im Jahr 2020 liegt der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Milch und Milchprodukten bei 219 kg (zum Vergleich: in Deutschland liegt er heute bei 355 kg, in der Schweiz: 376 kg). (5) Im Jahr 2020 verarbeitet jede der 26 Molkereien im Durchschnitt 15 Millionen kg Milch pro Jahr respektive 41 t pro Tag. (6) Im Jahr 2020 kaufen die Molkereien die staatlich geprüfte Rohmilch von 4‘100 Milchbetrieben (heute: 2‘000 Betriebe) mit durchschnittlich 20 Kühen und einer durchschnittlichen Milchleistung von etwa 4‘400 kg pro Jahr. (7) Im Jahr 2020 bearbeiten die Milchproduzenten im Durchschnitt 20 ha Land (insgesamt: 80‘000 ha) und halten zusammen etwa 80‘000 Milchkühe. Werden diese strategischen Ziele erreicht, würde die Struktur der Milchproduktion in Kosovo der ebenfalls kleinräumigen, auf kleine Betriebe spezialisierten Produktion in der Schweiz sehr ähnlich sein. Die Betriebe wären durchschnittlich dennoch mindestens viermal grösser als heute, und es gäbe zweimal so viele Betriebe. Selbstverständlich besteht auch das Potential, dass sämtliche 2000 Milchbetriebe, die heute an die Molkereien verkaufen, ihren Milchviehbestand auf über 40 Kühe aufstocken. Ebenso hätte Kosovo auch das Potential von 36 Molkereien mit einer Kapazität von 10 Millionen kg pro Jahr (27 t pro Tag). 22
D. DIE 10 WICHTIGSTEN SCHRITTE ZUR ERREICHUNG DER STRATEGISCHEN ZIELE Um die strategischen Ziele zu erreichen, müssen in erster Linie Schritte eingeleitet werden, die zur Schaffung von für die Milchwirtschaft günstigeren Rahmenbedingungen beitragen. Die beiden Verbände wollen faire Marktbedingungen, welche den Import und den unkontrollierten Verkauf von Milchprodukten auf dem Schwarzmarkt und Grünen Markt gegenüber der Milchindustrie nicht begünstigt. Dazu braucht es eine transparente Qualitätskontrolle, die Vertrauen zwischen den Beteiligten herstellt, eine konsequente Anwendung der bestehenden Gesetze (darunter das Anti- Dumping-Gesetz) und eine Regulierung des Grünen Markts. Dies sind die Rahmenbedingungen, welche die Regierung ohne grossen Aufwand schaffen kann. Sie sind die Grundlage der nachhaltigen Entwicklung der Milchindustrie. Darüber hinaus müssen monetäre Anreize und Steuerungsinstrumente eingeführt werden, damit die Milchindustrie auf schnellem Weg international konkurrenzfähig wird. Dazu gehören Förderprogramme und Direktzahlungen nach fairen, transparenten Kriterien und mit den richtigen Anreizen, um das Potential an landwirtschaftlichem Land und Arbeitskräften sowie das Marktpotential auszuschöpfen. Die Kapazitäten der bestehenden Molkereien müssen massiv ausgebaut werden; die Bauern müssen in modernere, grössere Ställe, Land und Herden (Anzahl Milchkühe) investieren. Schliesslich wird es die Aufgabe der Industrie und der Regierung sein, die Bevölkerung zum Konsum von hochwertigen und gesunden Milchprodukten aus dem eigenen Land zu bewegen. Die vorliegende Strategie beinhaltet ein 10-Punkte-Programm; diese 10 wichtigen Schritte zur Erreichung der strategischen Ziele werden im Folgenden präsentiert. All diese Schritte sind zwingend notwendig, um den Zielen nahe zu kommen. Es wird zwar noch weitere Massnahmen brauchen, aber die hier vorgestellten haben oberste Priorität. 23
01 Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und faire Bezahlung von Rohmilch Problem Bis 2010 wurden die Milchproben von den Molkereien an das staatliche Labor geschickt und den Bauern die Resultate der Milchkontrolle von den Molkereien kommuniziert. Die Bauern anerkannten die Resultate nicht und hatten keine Anreize, gute Rohmilch zu liefern. Die mangelnde Transparenz, Neutralität und Vertragsverlässlichkeit blockierten den Aufbau eines fairen Direktzahlungs- und Subventionswesens für die Bauern, behinderten die Bauern in ihr Geschäft zu investieren, stellten eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit dar und boten den Molkereien keine Garantie, konstant gute Rohmilch einzukaufen. Lösung Wir setzen uns seit 2011 für eine staatlich koordinierte, transparente, professionelle und glaubwürdige Organisation der Probenahme und Qualitätskontrolle durch das Labors des Amts für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit von Kosovo (FVA) ein. Das Kontrollwesen muss von den Molkereien und Milchproduzenten akzeptiert und deshalb neutral sein. 24
Nutzen für die Milchproduzenten Transparente Kontrollen und Probenahmen gewährleisten, dass die Bezahlung nach Milchqualitätskriterien fair erfolgt. Dies motiviert die Bauern, die Milchqualität zu verbessern, das Geschäft auszubauen und dadurch höhere Preise zu erzielen. Nicht zuletzt ist eine transparente Milchqualitätskontrolle die Grundlage, um von fairen staatlichen Direktzahlungen und Subventionen zu profitieren. Nutzen für die Molkereien Die professionelle Qualitätskontrolle und das grössere Vertrauen der Milchproduzenten erlaubt in erheblichem Masse, langfristig mehr und qualitativ hochwertigere Rohmilch einzukaufen. Dies ist die Grundlage der Entwicklung der Molkereien. Nutzen für die Konsumenten Eine transparent nachgewiesene hohe Milchqualität wird das Vertrauen der Konsumenten in lokale Milchprodukte herstellen. Somit wird die Bevölkerung von Kosovo wieder vermehrt einheimische Milchprodukte geniessen und dadurch Kosten sparen. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Die professionelle Qualitätskontrolle ist die wichtigste Grundlage für eine nachhaltige, stabile wirtschaftliche Entwicklung des Milchsektors. Sie erhöht die Lebensmittelsicherheit und damit die Gesundheit. Schliesslich hat sie eine Reduktion der Importe zur Folge und trägt so zum Wohlstand in Kosovo bei. 25
02 Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf dem grünen Markt Problem Unkontrollierte Direktverkäufe auf dem Schwarzmarkt (etwa 30% des Milchaufkommens in Kosovo), insbesondere auf dem ‚grünen Markt‘, zerstören die einheimische Industrie; sie sind eine unfaire Konkurrenz und eine Bestrafung all jener Bauern und Molkereien, die ihre Produkte gesetzeskonform verkaufen. Nicht zuletzt verhindern sie die Einführung und Umsetzung von Regeln, Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, fairen staatlichen Subventionen und Marktmechanismen zum Nutzen von allen, insbesondere von Konsumenten. Lösung Faire Vermarktungsregeln für alle sind essentiell für eine prosperierende Entwicklung der Milchindustrie in Kosovo. Erfahrungen aus westlichen Ländern, die schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen, belegen, dass sich erst nach der Unterbindung des Schwarzmarktes überhaupt eine Industrie entwickeln konnte. Milchprodukte aus Grünmärkten müssen zudem auch in qualitativer Hinsicht gesetzlich gleich behandelt werden wie alle Milchprodukte für den Verkauf; erst dann ist der Wettbewerb fair und treibt die Entwicklung voran. Es braucht eine Lebensmittelverordnung, welche die Regeln für die Direktvermarktung von Milchprodukten (insbesondere eine Bewilligungspflicht für alle Verkäufer von Milchprodukten) festlegt und deren Einhaltung kontrolliert. Die Verbände fordern eine rasche, konsequente Umsetzung solcher Regeln. KAMP und KDPA werden deswegen MAFRD und FVA ein Vorschlag mit Massnahmen präsentieren und dessen Umsetzung besprechen. 26
Nutzen für die Milchproduzenten Wenn die gesetzlich vorgeschriebene Mindestqualität für Rohmilch auch auf dem Schwarzmarkt überwacht wird, werden all jene Milchproduzenten im Kosovo, die ihre Milch an eine lizenzierte Molkerei oder Milchsammelstelle verkaufen, nicht mehr diskriminiert. Erst eine gleiche Behandlung aller Bauern gibt den schon heute kontrollierten Milchproduzenten die Gewähr, dass sich Investitionen in ihre Betriebe und die Produktion von Qualitätsmilch auch langfristig auszahlen. Nutzen für die Molkereien Erst mit einer Regulierung und einer Qualitätskontrolle bei allen Verkäufern von Milchprodukten findet die bereits regulierte und kontrollierte Milchindustrie in Kosovo faire Rahmenbedingungen vor. Dies wird entscheidende Impulse für die Entwicklung der Milchwirtschaft auslösen. Sie gilt neben der ersten Massnahme als wichtigster Baustein unserer Strategie und damit unseres künftigen Erfolgs. Nutzen für die Konsumenten Für die Konsumenten bedeutet die regulierte Direktvermarktung in erster Linie eine massiv höhere Lebensmittelsicherheit als bisher. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Aufgrund der Formalisierung aller Milchverkäufe werden deutlich weniger Steuern hinterzogen, was sich auf die fiskalische Situation des Staates positiv auswirkt. Die Volksgesundheit verbessert sich deutlich, da viel weniger verdorbene Milchprodukte verkauft werden können. 27
03 Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für Kosovo Problem Die Molkerei-Unternehmer haben sich im vergangenen Jahrzehnt ein grosses Wissen angeeignet. Jedoch sind sie keine ausgebildeten Milchtechnologen; und spezialisierte Fachkräfte fehlen auf dem Arbeitsmarkt in Kosovo. Das heisst, die Molkereien müssen ausländische Technologen ‚einkaufen‘, um konkurrenzfähig zu werden. Curricula für Milchtechnologen gibt es sowohl an den Berufsschulen als auch an den Universitäten nicht. Hochwertige Ausbildungsgänge sind angesichts der Grösse Kosovos nur teilweise finanzierbar. Problematisch ist auch die Bildung der Milchproduzenten: obschon viele Bauern langjährige Erfahrung haben und teilweise eine landwirtschaftliche Ausbildung vorweisen, fehlt ihnen eine fundierte Ausbildung für eine zeitgemässe Milchproduktion. Dies führt zu einer niedrigen Wirtschaftlichkeit, einer geringen Milchleistung und einer ungenügenden Tiergesundheit. Es gibt jedoch Berufsschulen mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung; doch eine praktische und eine höhere Ausbildung mit Spezialisierung auf Milchwirtschaft fehlen. Lösung Um die strategisch-quantitativen Ziele zu erreichen, müsste Kosovo im Jahr 2020 jährlich etwa 15 Berufsschulplätze für Milchtechnologen anbieten und je nach Struktur der Betriebe etwa 2 Technologen auf Hochschulniveau ausbilden (Vergleichswerte: aus Deutschland und der Schweiz). Wir fordern deshalb an einer Berufsschule ein praxisorientiertes Curriculum zum Milchtechnologen; dafür braucht es eine Klasse pro Jahrgang, deren Schüler mindestens die Hälfte der Schulzeit in einer Molkerei ausgebildet werden müssen. Als temporäre Lösung des Problems sind Ausbildungsplätze im Ausland zu finden. Für die höhere Ausbildung zum Milchtechnologen muss das Bildungsministerium eine Lösung mit Hochschulinstituten im Ausland zu suchen. Zur Professionalisierung der landwirtschaftlichen Ausbildung sind an einer Berufsschule ergänzende, zeitgemässe Module in Futterbau und Fütterung sowie Milchviehhaltung und -produktion anzubieten. Parallel zur Ausbildung in Kosovo sind Praktika und temporäre Arbeitskräfte ins Ausland zu vermitteln (z.B. Schweiz und Deutschland). 28
Nutzen für die Milchproduzenten Die Milchbetriebe erhalten die Möglichkeit, für die Milchwirtschaft qualifizierte Landwirte zu beschäftigen und erfahrene Arbeitskräfte temporär im Ausland arbeiten und sich so weiterbilden zu lassen. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der Betriebe und damit die Einkommen. Bis zu 4‘100 Landwirte mit einer guten Ausbildung zum Milchproduzenten sind in Kosovo gefragt. Nutzen für die Molkereien Die Molkereien können ausgebildete Milchtechnologen anstellen; dies kommt sowohl der Professionalisierung als auch der Innovationsfähigkeit der Betriebe zugute. Da die Molkereien für die Ausbildung eine Mitverantwortung übernehmen sollten, profitieren sie von Arbeitskräften, die noch in der Ausbildung mit dem Betrieb vertraut gemacht werden. Nutzen für die Konsumenten Je mehr ausgebildete Arbeitskräfte in der Milchwirtschaft tätig sind, desto grösser ist das Vertrauen der Konsumenten in die Industrie und damit in die Produkte. Das wird sich positiv auf den Konsum auswirken und den Genuss einheimischer Produkte steigern. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Zum einen erhöht sich mit zunehmender Professionalisierung der Arbeitskräfte auch die wirtschaftliche Leistung der Branche, zum anderen ist davon auszugehen, dass die ausgebildeten Fachkräfte höchst vermittlungsfähig sind: praktisch finden damit 15 qualifizierte und zwei hochqualifizierte Milchtechnologen pro Jahr eine gute Stelle mit einem fairen Einkommen. Ausserdem benötigt der Arbeitsmarkt bis 2020 um ein- bis zweihundert qualifizierte Milchproduzenten pro Jahr. Schliesslich ziehen diese Arbeitsplätze weitere nach sich, die für die Industrie erforderlich sind. 29
04 Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für Milchproduzenten Problem Bislang erhalten die Milchproduzenten in Kosovo im Gegensatz zu anderen Europäischen Ländern sehr wenig Direktzahlungen und keine Subventionen; dadurch werden sie benachteiligt. Ein monetärer Anreiz durch den Staat zur Steigerung der Produktion hochwertiger Rohmilch gibt es keinen. Das hat zur Folge, dass trotz verhältnismässig hoher Milchpreise das bäuerliche Einkommen viel zu niedrig ist, um qualitativ hochwertige Milch und in zunehmender Menge zu produzieren. Die Leidtragenden sind nicht nur die Bauern, sondern auch die Molkereien: sie zahlen hohe Preise, ohne die Milchmenge und -qualität wie in Ländern mit subventionierten Bauern zu bekommen. Die Einführung eines allen Milchbauern zugänglichen Direktzahlungs- und subventionssystems ist notwendig. Sie würde aber in einer Zeit erfolgen, in der die Unterstützung der Milchproduktion europaweit an Akzeptanz verliert, die Milchkontingentierung aufgehoben und der Markt zunehmend auch im Agrarsektor liberalisiert wird. Die Zahlungen sollten deshalb – um Konflikte in der WTO und CEFTA zu vermeiden – nur teilweise produktgebunden sein, aber die Milchproduktion dennoch fördern. Lösung Wir fordern die Einführung von fairen Direktzahlungen. Kosovo muss seine Ernährungssouveränität herstellen. Wie in der Schweiz sollten deshalb an die Bauern ‚Versorgungssicherheitsbeiträge‘ bezahlt werden; diese beziehen sich auf die Fläche und Tierbestände, wobei pro Hektar Fläche ein Mindestbestand von einer und ein Höchstbestand von zwei Milchkühen definiert wird. Pro Hektar werden 200 €, pro Milchvieheinheit (Milchkuh und Färsen) 100 € ausbezahlt. Die Beiträge haben vor allem das Ziel, die Rohmilchproduktion zu steigern, ohne aber die Landschaft zu übernutzen und die Tiergesundheit zu gefährden. Profitieren sollen dabei alle Bauern, deren Milch von der FVA kontrolliert wurde und im Mindesten die Qualitätskriterien der 2. Klasse erfüllt. Dies ist eine wenig bürokratische und zweckmässige Lösung für Kosovo. Im weiteren fordern wir für die Bauern Subventionen, bis die quantitativen Ziele der Strategie erreicht sind. Der Anreiz soll die Produktion fördern und die Milchqualität verbessern: Für Milch der Extra-Klasse fordern wir 0,07 €/ lt., für Milch der I. Klasse 0,05 €/ lt. und für Milch der II. Klasse 0,03 €/ lt. 30
Nutzen für die Milchproduzenten Der Nutzen ist eine Erhöhung des Einkommens und eine gewisse finanzielle Sicherheit bei der Planung von Investitionen in die Milchproduktion. Nutzen für die Molkereien Die Molkereien erhalten mehr Milch und in besserer Qualität. Sie werden dadurch wieder konkurrenzfähig und können den Bauern längerfristige Verträge anbieten, die ihnen die Rohstoffsicherheit garantieren. Nutzen für die Konsumenten Die Bevölkerung kommt mehr und mehr in den Genuss von lokalen, hochwertigen Milchprodukten. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Direktzahlungen sind in erster Linie eine weitaus geringere Abhängigkeit des Kosovo von Nahrungsmittelimporten und damit ein Beitrag zur Erhöhung des Bruttoinlandprodukts. Sie werden wesentlich dazu beitragen, dass etwa 4‘100 Bauernbetriebe respektive einer von 70 Haushalten im Kosovo alleine mit der Milchwirtschaft ein faires Einkommen erwirtschaften könnten. Die Direktzahlungen und Subventionen würden den Finanzhaushalt von Kosovo im Jahr 2014 um schätzungsweise 4 Millionen € belasten, im Jahr 2020 um 12 Millionen €. Allerdings würde die höhere inländische Wertschöpfung mit den höheren Steuereinnahmen (v.a. Mehrwertsteuer) langfristig wettgemacht. 31
05 Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft Problem Vielen Betrieben fehlen die finanziellen Mittel, um zu investieren; gleichzeitig sind die Zinsen der örtlichen Banken so ungünstig, dass von einer Kreditaufnahme oftmals abgesehen wird. Die Aufbauphase ist sowohl bei den Milchbetrieben als auch bei den Molkereien zumeist noch am Anfang. Deshalb schrecken ungünstige Kredite umso mehr ab. Während ein Teil der Molkereien seit 2011 von EU-Fördergeldern profitiert, wird ein Teil der Milchproduzenten bei Investitionen vom Landwirtschaftsministerium unterstützt. Bei letzterem ist die Förderung allerdings wenig transparent und nicht fair genug, da die meisten Bauern diskriminiert werden, nur weil sie kleine Herdengrössen haben, während Milchqualitätskriterien nicht berücksichtigt werden. Lösung Wir fordern eine Landwirtschaftsbank, die als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut der Versorgung der Milchproduzenten und Molkereien mit günstigen, langfristigen Krediten dient. Eine solche staatliche Bank ist in öffentlichem Interesse, denn sie fördert die Versorgungssicherheit Kosovos. Im Weiteren fordern wir mehr Fairness bei der Mittelvergabe und mehr Transparenz bei der Co-Finanzierung von Investitionen beim Aufbau von Milchbetrieben. KAMP und KDPA wollen zu Kriterien und Verfahren der Mittelvergabe konsultiert werden. Ausserdem fordern KAMP und KDPA einen Notfall-Fonds, der die negativen finanziellen Auswirkungen von Naturgefahren lindern soll. 32
Nutzen für die Milchproduzenten Die Mehrheit der Bauern war bislang von staatlichen Fördermitteln ausgeschlossen, weil sie weniger als zehn Milchkühe besitzt. Das würde sich ändern und allen Bauern eine gleich faire Chance auf staatliche Mittel gewähren. Eine Landwirtschaftsbank versorgt die Kleinbauern mit fairen, günstigen Krediten. Nutzen für die Molkereien Die Landwirtschaftsbank, welche auch die Lebensmittelindustrie mit einschliesst, versorgt die Molkereien mit günstigen und vor allem langfristigen Krediten. Die Langfristigkeit ist besonders wichtig. Nutzen für die Konsumenten Der Konsument profitiert in erster Linie von der Produktionssteigerung der Milchindustrie und damit von einem grösseren Angebot an einheimischen Produkten. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut muss dafür sorgen, dass es private Banken nicht unnötig konkurriert. Andere Wirtschaftsbranchen können dem Staat gegenüber Begehrlichkeiten formulieren. Das Ziel der Bank ist aber von öffentlichem Interesse, nämlich die Ernährung sicherzustellen. Solange die Ernährungssouveränität nicht hergestellt ist, hat die Bank eine Berechtigung, danach aber nicht mehr. Das Institut sollte deshalb eine temporäre Institution sein. Die Verbände gehen davon aus, dass die Kredite vollständig zurückbezahlt werden. Das Verlustrisiko ist verschwindend klein. Eine Belastung für das Haushaltsbudget von Kosovo ist jedoch die notwendige Kapitaleinlage von schätzungsweise 100 Millionen Euro für die Milchwirtschaft (und weiteren Mitteln für andere Landwirtschaftszweige). Kosovo sollte mit internationalen Geldgebern über Beiträge an diese Kapitaleinlage verhandeln. 33
06 Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie – Vorsteuerabzug auf Rohmilch Problem Derzeit bezahlen die Molkereien nicht nur den vollen Mehrwertsteuer-Satz von 16 %, sondern können auch die eingekaufte Rohmilch nicht als Vorsteuer abziehen. Damit werden die Molkereien und indirekt auch die Milchproduzenten im europäischen Vergleich benachteiligt. In Deutschland gilt für Milch ein ermässigter Steuersatz von 7 anstatt 19 %, in der Schweiz für Milchprodukte 2,5 anstatt 8 %. In Grossbritannien, Irland, Zypern und Malta gilt sogar der Nullsatz für die Lieferung von Milchprodukten, d.h. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzugsrecht. Lösung KAMP und KDPA fordern eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für lokale Lebensmittelprodukte respektive 0% Mehrwertsteuer für Rohmilch während einer Zeit von fünf Jahren oder bis die wichtigsten Probleme der Milchindustrie gelöst sind. Danach setzen wir uns für einen halbierten Mehrwertsteuer-Satz auf einheimische Produkte der Milchindustrie ein (8% anstatt derzeit 16%). Ausserdem fordern wir ein Recht auf Vorsteuerabzug auf Rohmilch. Das heisst, dass die Molkereien von der Mehrwertsteuer zusätzlich 8 % des Werts der eingekauften Milch (Vorsteuer) abziehen können. 34
Nutzen für die Milchproduzenten Für die Milchproduzenten gibt es eine höhere vertragliche Sicherheit für den Verkauf ihrer Milch. Ein Vorsteuerabzug ist für die Molkereien nur möglich, wenn transparente Verträge mit den Milchlieferanten bestehen. Ebenso erhöht eine reduzierte Mehrwertsteuer die Möglichkeit, bessere Verkaufspreise mit den Molkereien auszuhandeln. Nutzen für die Molkereien Für die Molkereien bedeuten die steuerlichen Erleichterungen eine merkliche finanzielle Entlastung, welche Investitionen in den Betrieb und damit eine deutliche Gewinn- und Umsatzsteigerung erlaubt. Nutzen für die Konsumenten Die Preise für lokale Milchprodukte werden mittelfristig sinken; dadurch werden die Konsumenten lokale Produkte vermehrt importierten Produkten vorziehen und damit mehr und mehr von günstigen Milchprodukten aus Kosovo profitieren. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Mit einem MWST-Satz von 8% und der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs auf Milch kann der Fiskus seine Einnahmen von der MWST durch die Molkereien trotzdem mehr als verdoppeln; gesetzt den Fall, dass die Molkereien ihre Produktion soweit ausweiten, dass sie die einheimische Nachfrage nach Milch decken. 35
07 Staatliche Massnahmen gegen subventionierte Importmilchprodukte und Anti-Dumping-Massnahmen im Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens Problem Importierte, oft hoch subventionierte, verbilligte und bisweilen verfälschte Milchprodukte machen mehr als ein Viertel des gesamten Milchaufkommens in Kosovo aus; 70 % der Milchprodukte, die über den regulierten Handel verkauft werden, sind importiert. Für die einheimische Industrie ist deshalb die Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Produkten höchst relevant. Wird die Direktvermarktung reguliert und die Verkäufe über den Grünen Markt gehen zurück, ist zu erwarten, dass Kosovo ohne griffige Handelsmassnahmen von noch mehr Importmilchprodukten überschwemmt wird. Die Handelspolitik von Kosovo hat dabei – aufgrund seiner nachteiligen Rolle bei der CEFTA - nur wenige Möglichkeiten zur Einflussnahme auf oft nicht regelkonforme Handelspraktiken der Länder, aus denen die Produkte stammen (Subventionen, Dumping, mangelhafte Deklaration, etc.). Lösung Wie in unserem Bericht von 2009 zuhanden der Regierung und Parlaments von Kosovo bereits dargelegt, ist eine bessere Anwendung des CEFTA- Freihandelsabkommens notwendig und möglich. Es gibt eine Reihe von Handelsmassnahmen, die es zu prüfen und gegebenenfalls einzuleiten gilt. Die Implementierung des Anti-Dumping-Gesetzes von 2010 hat dabei oberste Priorität. Die beiden Verbände werden sich dabei im Rahmen dieses Gesetzes in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Ministerien für drei Massnahmenbereiche einsetzen, um auf (subventionierte) Milchimporte zu reagieren: 1. Erhebung von Einfuhrzöllen (Schutzzöllen) auf subventionierte Importmilchprodukte 2. Erhebung von Strafzöllen (Retorsionszölle) als Antidumpingmassnahme gegen zu billige Importmilchprodukte 3. Verbot des Imports von falsch und irreführend deklarierten respektive verfälschten Milchmischprodukten 36
Nutzen für die Milchproduzenten Die Milchproduzenten können mehr Milch verkaufen und finden in den Molkereien verlässlichere Vertragspartner vor. Die protektionistischen Massnahmen fördern die ländliche Entwicklung. Nutzen für die Molkereien Schutzzölle auf importierte Produkte erhöhen die Konkurrenzfähigkeit der einheimischen Molkereien gegenüber jenen im Ausland. Strafzölle verhindern, dass weiterhin mit unfairem Dumping der einheimische Markt zerstört wird. Nutzen für die Konsumenten Für die Konsumenten verteuern sich zwar die importierten Produkte, dafür profitieren sie von einem wachsenden Angebot an einheimischen Produkten zu fairen Preisen. Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit Die Wirkung geeigneter Handelsmassnahmen ist kurzfristig die Importsubstitution jener Milchprodukte, welche ohnehin bereits heute im Kosovo hergestellt werden (können). Der Staat erhöht so kurz- bis mittelfristig seine Steuereinnahmen durch Zolleinnahmen, die er – obschon nicht zweckgebunden – unter anderem für Direktzahlungen und Förderprogramme benötigt. Mittel- bis langfristig generiert der Staat Mehreinnahmen aus der einheimischen Industrie. 37
08 Schutz von Sharri-Käse Problem Sowohl in Kosovo als auch im Ausland werden Produkte als Sharri-Käse verkauft, die eigentlich nicht als solche bezeichnet werden dürften: weil sich die Rezeptur nicht an jener des Sharri-Käse orientiert und/oder weil das Produkt nicht aus der (erweiterten) Sharri-Region sprich aus Kosovo stammt. Dieser Etikettenschwindel erschwert die Vermarktung eines echten Sharri- Käses, schadet der Glaubwürdigkeit der Kosovarischen Milchindustrie im In- und Ausland und behindert deren Entwicklung und internationale Positionierung. Das darf nicht sein, denn ein echter Sharri-Käse ist das flagship product der einheimischen Milchwirtschaft und eines der sehr wenigen Produkte, das unter bestimmten Voraussetzungen das Potential hat, in Länder mit einer starken Diaspora exportiert zu werden. Lösung Die Hersteller von Sharri-Käse in Kosovo erarbeiten zusammen nach dem Vorbild des AOC-Siegels in Frankreich und der Schweiz (Appellation d’Origine Contrôlée) eine verpflichtende Herstellungsmethode (Pflichtenheft), nach welcher der Käse produziert wird, definieren die Herkunft und Qualität der Milch sowie auch die zu schützenden geographischen Angaben. Ein Komitee aus Branchenvertretern überwacht die Einhaltung der Regeln und bewilligt den Verkauf unter dem Namen Sharri-Käse. Der Käse wird von Kosovo rechtlich durch ein Markengesetz geschützt und soll dann später auch einen EU-weiten Schutz geniessen; als Produkt mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) sowie als Produkt mit geschützter geographischer Angabe (g.g.A.) soll der Sharri-Käse in das EU-Qualitätsregister aufgenommen werden. 38
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