BACHELORARBEIT im Studiengang Forstwirtschaft - Lehrgebiet: vorgelegt von am Erstprüfer Zweitprüfer
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FAKULTÄT RESSOURCENMANAGEMENT GÖTTINGEN BACHELORARBEIT im Studiengang Forstwirtschaft Lehrgebiet: Forstliche Standortskunde vorgelegt von Lena Blendermann am 12.04.2017 Erstprüfer Prof. Dr. Helge Walentowski Zweitprüfer Dr. Peter Meyer
Danksagung In erster Linie möchte ich meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Helge Walentowski für sein großes Interesse an dieser Arbeit und für die vielen hilfreichen Gespräche danken. Sie waren mir eine große Unterstützung. Auch meinem Zweitbetreuer Herrn Dr. Peter Meyer danke ich für das Entstehen dieser Arbeit und die Bereitschaft, sie zu bewerten. Ein großer Dank gilt Herrn Henning Städtler, der mir jederzeit seine Hilfe anbot und mir mit viel Freude den „Märchenwald“ ein erstes Mal präsentierte, und Herrn Klaus Weinreis, der mir eine freie Arbeit im Einbecker Stadtwald ermöglichte und mich zudem mit Karten- material und forstlichen Daten über das Waldgebiet ausstattete. Herrn Dr. Heinz Bußler, Herrn Martin Lauterbach und Herrn Markus Blaschke danke ich sehr für die Auswertungen der Artenlisten des Einbecker „Märchenwaldes“. Auch diese haben mir sehr geholfen. Zu guter Letzt möchte ich meiner Familie und meinen Freunden für das Interesse an mei- ner Arbeit und natürlich für das abschließende Korrekturlesen danken.
„Man sieht die Blumen welken und die Blätter fallen, aber man sieht auch Früchte reifen und neue Knospen keimen. Das Leben gehört den Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.“ Johann Wolfgang von Goethe
Inhalt Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................................... I Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................... II Tabellenverzeichnis ....................................................................................................................... III 1. Einleitung ...................................................................................................................................... 1 2. Untersuchungsgebiet „Märchenwald“ im Einbecker Stadtwald ........................................... 2 2.1 Naturräumliche Gegebenheiten .......................................................................................... 2 2.2 Historie des „Märchenwaldes“ ............................................................................................ 3 3. Material und Methoden zur Habitatbaumerfassung ............................................................... 5 3.1 Geräte zur Aufnahme ........................................................................................................... 5 3.2 Aufnahmeverfahren im „Märchenwald“ ............................................................................. 5 3.3 Aufnahmeverfahren im Wirtschaftswald ............................................................................ 6 3.4 Kategorisierung der Baummikrohabitate ........................................................................... 7 3.5 Auswahl von Leitarten .......................................................................................................... 9 4. Ergebnisse ................................................................................................................................... 9 4.1 Ergebnisse im „Märchenwald“ ............................................................................................ 9 4.2 Ergebnisse im Wirtschaftswald ......................................................................................... 12 4.3 Vorkommen und Lebensraumansprüche ausgewählter Leitarten im „Märchenwald“ ...................................................................................................................................................... 15 4.3.1 Vögel.............................................................................................................................. 15 4.3.2 Xylobionte Käfer........................................................................................................... 20 4.3.3 Pilze ............................................................................................................................... 22 5. Diskussion .................................................................................................................................. 25 5.1 Eignung der vorhandenen Strukturen für Leitarten im „Märchenwald“....................... 25 5.1.1 Vögel.............................................................................................................................. 25 5.1.2 Xylobionte Käfer........................................................................................................... 27 5.1.3 Pilze ............................................................................................................................... 29 5.1.4 Zukunftsaussicht für die Leitarten ............................................................................. 30 5.2 Eignung der vorhandenen Strukturen für Leitarten im Wirtschaftswald ..................... 32 5.2.1 Vögel.............................................................................................................................. 33 5.2.2 Xylobionte Käfer........................................................................................................... 34
5.2.3 Pilze ............................................................................................................................... 35 5.3 Erhaltungsmaßnahmen für Leitarten im Wirtschaftswald ............................................. 36 5.4 Vergleichsdaten der Mikrohabitatstrukturen aus dem hessischen Forstamt Hanau- Wolfgang ..................................................................................................................................... 40 5.5 Methodenkritik ..................................................................................................................... 42 6. Fazit............................................................................................................................................. 42 Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 44 Anhang ............................................................................................................................................. IV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Lage des Einbecker „Märchenwaldes" ................................................................. 2 Abbildung 2: Baumartenverteilung der Habitatbäume im „Märchenwald“ ............................ 10 Abbildung 3: Übersicht Mikrohabitatstrukturen im „Märchenwald“ ........................................ 11 Abbildung 4: Übersicht Hauptvertreter der Mikrohabitatstrukturen im „Märchenwald“ ....... 12 Abbildung 5: Baumartenverteilung der Habitatbäume in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes .. 13 Abbildung 6: Übersicht Mikrohabitatstrukturen in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes .............. 14 Abbildung 7: Übersicht Hauptvertreter der Mikrohabitatstrukturen in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes.......................................................................................................................... 14 Abbildung 8: Übersicht Mikrohabitatstrukturen im "Märchenwald" und in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes bezogen auf 1 ha.......................................................................................... 15 I
Abkürzungsverzeichnis aLh Andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer aLn Andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer BHD Brusthöhendurchmesser BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BWI Bundeswaldinventur bzw. beziehungsweise cm Zentimeter FFH-Richtlinie Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ha Hektar insb. insbesondere LÖWE Langfristige ökologische Waldentwicklung m Meter m³ Kubikmeter mind. mindestens mündl. Mitt. mündliche Mitteilung N Anzahl schriftl. Mitt. schriftliche Mitteilung Stk. Stück II
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Kategorien der Baummikrohabitate ........................................................................... 7 Tabelle 2: Lebensraumansprüche der Leitarten ....................................................................... 24 III
1. Einleitung Rund ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet. Sie bildet heute aufgrund der jahr- hundertelangen Nutzungsgeschichte durch den Menschen einen „Kulturwald“. Die Erwar- tungen an den Wald sind in der Vergangenheit gestiegen. So erfüllt dieser gegenwärtig neben seiner Nutzfunktion zusätzlich eine Erholungsfunktion für den Menschen und eine Schutzfunktion. Letztere widmet sich insbesondere dem Erhalt des Lebensraumes Wald. Neben etwa 140 Wirbeltierarten und 6.500 Insektenarten besiedeln etliche Pflanzen-, Flechten-, Moos- und Pilzarten die Wälder Deutschlands (BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT (BMEL) 2017). Der bewirtschaftete Wald gilt als eine der naturnahesten Landnutzungsformen Deutsch- lands. Das bedeutet jedoch nicht, dass seine Strukturen denen eines naturbelassenen Waldes entsprechen. Eine Abnahme von Biotopen, Entmischung und Verarmung von eng miteinander verzahnten Strukturelementen sowie eine Isolierung von Lebensräumen durch Zersplitterung sind die Folgen jahrhundertelanger Waldnutzungsformen. Beispiels- weise werden Bäume im Wirtschaftswald mit Erreichen der Hiebsreife mit etwa 100 bis 140 Jahren aus dem Waldgefüge entnommen. In sogenannten Naturwäldern, die ihrer natürlichen Entwicklung überlassen werden, erreichen Bäume dagegen ein Alter von 400 bis 600 Jahren. In der Regel eignen sie sich erst in diesem hohen Alter als Lebensraum für viele Organismen (HEISS 1990, S. 62). „Urwälder“, die seit jeher von menschlichen Eingriffen ausgenommen sind, gibt es heute in Deutschland nicht mehr (BMEL 2016). Um einigen Waldflächen jedoch zukünftig die Möglichkeit zu geben, sich natürlich zu entwickeln, setzt die „Nationale Strategie zur bio- logischen Vielfalt“ (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND RE- AKTORSICHERHEIT 2007) das Ziel fest, bis zum Jahr 2020 fünf Prozent der Waldfläche Deutschlands einer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Ein Gebiet, das seit dem 29. Mai 2012 seiner natürlichen Sukzession überlassen wird, ist der knapp 24 ha große sogenannte „Märchenwald“ des Einbecker Stadtwaldes. Ihm ist nicht nur ein großer Wert für zahlreiche Erholungssuchende zuzuschreiben, er trägt auch eine bedeutende Rolle für diverse Organismengruppen. Schon ein erster Eindruck lässt eine bemerkenswerte Struktur- und Habitatvielfalt des „Märchenwaldes“ erahnen. Im Folgenden wird der „Märchenwald“ einschließlich seiner Mikrohabitatstrukturen an Ha- bitatbäumen und seiner damit verbundenen gegenwärtigen sowie zukünftigen Bedeutung 1
für die Tier- und Pilzwelt beschrieben und erläutert. Auch der anliegende Wirtschaftswald wird dabei beleuchtet. 2. Untersuchungsgebiet „Märchenwald“ im Einbecker Stadtwald 2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Der Einbecker Stadtwald liegt im Süden Niedersachsens. Er lässt sich dem Wuchsgebiet „Weserbergland“ und dem Wuchsbezirk „Unteres Weser-Leinebergland“ zuordnen. Der Stadtwald umfasst eine Fläche von 570,9 ha, von denen 539,5 ha die Holzbodenfläche darstellen. Die Abteilungen 39 a1 und 40 b bilden mit einer Fläche von 23,8 ha den „Mär- chenwald“ (HOPPE 2007) (Abb. 1). Abbildung 1: Lage des Einbecker „Märchenwaldes" Mit Ausnahme von zwei Abteilungen liegt der Einbecker Stadtwald als geschlossener Waldkomplex auf dem „Hube“-Höhenzug. Im nördlichen Teil ist die Geländeausformung geprägt durch einen breiten, von Ost nach West verlaufenden, Rücken, der in den Abtei- lungen 36 bis 41 Richtung Norden abfällt. Mit einer Höhenlage zwischen 165 und 367 m über Normalnull liegt der Einbecker Stadtwald in der kollinen bis submontanen Höhenstu- fe (HOPPE 2007). Die Standorte des Stadtforstes sind überwiegend durch Kalkgestein geprägt oder stark von diesem beeinflusst. Dabei bilden Oberer-, Mittlerer- und Unterer Muschelkalk den Großteil der geologischen Formationen. Kleinflächig bilden Oberer Buntsandstein und Keuper den Boden. Durch starke Lößüberlagerungen verliert das Grundgestein Einfluss. Die Böden des Einbecker Stadtwaldes sind überwiegend stauwasserfrei bei einer mäßig 2
frisch bis frischen Wasserversorgung. Die Nährstoffversorgung liegt im guten bis sehr guten Bereich. Je nach Stärke der Lößlehmüberlagerung sind überwiegend mittelgründige bis sehr tiefgründige Böden vorzufinden. Nur selten und insbesondere an Steilhängen sind die Böden sehr flachgründig und flachgründig (HOPPE 2007). Das Klima des Einbecker Stadtwaldes ist gemäßigt. Die Niederschlagsmengen erreichen 800 mm im Jahr. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 8,2°C. In der forstlichen Vegetati- onsperiode entspricht dieser Wert 14,4°C. Aus der Differenz der Temperaturen des wärmsten und kältesten Monats des Jahres ergibt sich eine Jahresschwankung der Luft- temperatur von 16,8°C (HOPPE 2007). Damit ist der Stadtwald von einem subkontinenta- len Klima geprägt (HETSCH und GAERTIG 2011, S. 4). 2.2 Historie des „Märchenwaldes“ Der im „Märchenwald“ gelegene nach Norden abfallende Hang trägt den Namen „Wendfeld“. Diese Bezeichnung gleicht der der mittelalterlichen Wüstung Wendfeld, die als „gewonnenes Feld“ verstanden wird. Der Name zeugt davon, dass das Ackerland dem Wald abgewonnen wurde. In der südöstlichen Ecke des heutigen „Märchenwaldes“ lag die Siedlung Wendfeld. Die Entstehung der Siedlung erfolgte wahrscheinlich in einer hochmit- telalterlichen Expansionsphase der Landwirtschaft. Heute weisen jedoch keine Spuren durch beispielsweise Wölbäcker oder Lesesteinhaufen mehr auf das Dorf und dessen Ackernutzung hin. Möglicherweise war die Siedlungsphase zu kurz, um derartige Spuren zu hinterlassen. Der Grund für das kurzweilige Bestehen der Siedlung kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Die kurhannoversche Karte von 1783 zeigt das Wendfeld schließlich wieder als geschlossen bewaldeten Teil des Stadtwaldes (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). Über die Geschichte der Wiederbewaldung des Wendfeldes existieren zwei unterschiedli- che Sagen, verfasst von Georg Schambach und Wilhelm Müller. Sie wurden im Jahr 1855 in dem Band „Niedersächsische Sagen und Märchen“ veröffentlicht. Die Sagen stimmen sich in zwei Aspekten überein. So wurden laut beider Erzählungen Teile des Wendfeldes mit Eichen aufgeforstet. Zudem werden Grenzstreitigkeiten mit Braunschweig themati- siert. Die Grenze zum Fürsten-/ Herzogtum Braunschweig verlief etwa ab dem 12. Jahr- hundert am Nordrand des Wendfeldes. Um keine Teile des Wendfeldes zu verlieren, stell- ten die Einbecker die Holznutzung im heutigen „Märchenwald“ ein. Die Grenze zwischen Braunschweig und Einbeck wurde scheinbar im 14. Jahrhundert mit einer Landwehr gesi- chert. Der damals angelegte Wall ist bis heute am Nord- und Nordostrand des „Märchen- 3
waldes“ wahrzunehmen. Er bildet gegenwärtig die Stadtforstgrenze (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). Im Jahr 1620 müssen Teile des ca. 100 ha großen Wendfeldes der Waldweidenutzung unterlegen haben. Darauf schließt eine Urkunde von Herzog Friedrich Ulrich zu Braun- schweig, die belegt, dass die Stadt Einbeck dem Herzog zur Beilegung eines Streits um Jagd- und Huterechte auf dem Wendfeld eine Abfindung zahlte (STÄDTLER und KÜCH- LER o.J. d). Im folgenden Jahr wurde eine Karte des „Einbeckischen Stadt-Geholtzes“ angefertigt, in der der Stadtwald in „Buch-Holtz“ und „Eich-Holtz oder Wendfeld“ eingeteilt wird (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). Die ersten forstlichen Aufzeichnungen über den Einbecker Stadtwald sind auf das Jahr 1747 zurückzuführen. Darin wird ein fast ausschließlicher Mittelwald mäßiger Holzqualitä- ten beschrieben. Dominiert wurde dieser durch die Buche. Zu den Mischbaumarten zähl- ten Eichen, Eschen, Ahorn und Hainbuchen. Nadelholz war nicht vorhanden (HOPPE 2007). Mithilfe der Mittelwaldbewirtschaftung wurde Bauholz durch die Pflanzung von Ei- chen gewonnen während in der sogenannten „Hau-Schicht“ Brennholzgewinnung durch Kahlschläge stattfand (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. c). Die heute ältesten Eichen des „Märchenwaldes“ stammen aus dieser Zeit (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). Mit der Aufstellung von Wirtschaftsplänen durch Betriebsregelungen verbesserte sich die Qualität der Bestände in den Jahren 1802, 1849 und 1869 (HOPPE 2007). Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Nadelholz-Aufforstungen, gebildet durch Fichte, vollzogen (HOPPE 2007). In den Jahren 1907 und 1918 wurden dagegen Eichen, Buchen und in der Abteilung 40 auch Bergahorn gepflanzt. Etwa zehn Jahre später folg- ten Fichten- und Lärchen-Pflanzungen. Mit diesem Zeitpunkt wurde der „Märchenwald“ in einen hochwaldartigen Wirtschaftswald umgewandelt, in dem Pflegemaßnahmen und der Aushieb einzelner Stämme als Bewirtschaftungsmaßnahmen geplant wurden. Ab dem Jahr 1950 lag der wirtschaftliche Schwerpunkt des „Märchenwaldes“ auf Werthölzern der Eichen, Eschen und Bergahorn (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). Der „Märchenwald“ wird heute als „historisch alter Wald“ angesehen, da er seit mehreren Jahrhunderten kontinuierlich bewaldet blieb. Damit gilt er als Refugialstandort, der in Zei- ten der Waldzerstörung etlichen Tier- und Pflanzenarten das Überleben ermöglichte. In unseren heutigen Wäldern bestehen nur kleine Teile aus einer solchen jahrhundertelan- gen Kontinuität. Historisch alte Wälder gelten als Keimzellen für die Wiederbesiedlung unserer neu entstandenen Wälder (MEYER et al. 2006, S. 18). Am 29. Mai 2012 wurde 4
der „Märchenwald“ mit Beschluss des Umweltschutzes der Stadt Einbeck angesichts sei- nes hohen Schutzwertes aus der forstlichen Nutzung ausgeschlossen (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. b). Anfang Mai des darauf folgenden Jahres erfolgte eine letzte forstliche Maßnahme in Form einer Pflanzung von 40 Eichen. Diese fand auf einer Lichtung statt, die durch den Holzeinschlag alter Eschen entstanden war. Seitdem wird der „Märchen- wald“ gegenwärtig sowie zukünftig seiner natürlichen Entwicklung überlassen (STÄDTLER und KÜCHLER o.J. d). 3. Material und Methoden zur Habitatbaumerfassung 3.1 Geräte zur Aufnahme Für die Aufnahme der Habitatbäume im „Märchenwald“ sowie in der anliegenden Abtei- lung 38 des Wirtschaftswaldes wurden ein selbsterstellter Aufnahmebogen (siehe Anhang 1, S. V) mit den zu erfassenden Parametern, die Forstbetriebskarte des Einbecker Stadt- waldes, ein GPS Gerät (Garmin GPSMAP 62st), eine Kluppe mit 80 cm Länge, ein Fern- glas und eine Kamera verwendet. Ein weiteres Hilfsmittel für die Außenarbeit stellte der „Katalog der Baummikrohabitate“ von KRAUS et al. (2016) dar. 3.2 Aufnahmeverfahren im „Märchenwald“ Zu Beginn der Arbeit fand eine Einführung in das Erkennen und Bestimmen von Habitat- bäumen durch den Einbecker Waldökologen Henning Städtler im Gelände statt. Anschließend wurde das Aufnahmeverfahren festgelegt. Im vergangenen Jahr wurden die Habitatbäume des Einbecker Wirtschaftswaldes erfasst. Mithilfe des dabei angewandten Verfahrens sollten nun auch die Habitatbäume des „Märchenwaldes“ aufgenommen wer- den, um die Ergebnisse der zwei Erfassungen zukünftig miteinander vergleichen zu kön- nen. Bevor die Habitatbaumerfassung im „Märchenwald“ begann, wurde ein Aufnahmebogen mit den zu untersuchenden Parametern erstellt. Diese bestehen aus der Identifikations- nummer des einzelnen Habitatbaumes, der Baumart, dem Brusthöhendurchmesser (BHD) und den vorzufindenden Mikrohabitaten, die in Kategorien eingestuft wurden. Diese wur- den aus der Bestimmungshilfe „Katalog der Baummikrohabitate“ (KRAUS et al. 2016) übernommen. Der Einbecker „Märchenwald“ wurde nun systematisch durchschritten indem die zwei Ab- teilungen jeweils von einem Rand bis zum gegenüberliegenden linienförmig abgelaufen wurden. Bereits aus einiger Entfernung wurden die Bäume vom Stammfuß bis in die Kro- 5
ne betrachtet. Bei der Entdeckung eines Habitatbaumes wurde dieser noch einmal ge- nauer aus der Nähe untersucht. Besonders wichtig war es dabei, den Baum von allen Seiten zu prüfen, um sicherzugehen, keine Mikrohabitate zu übersehen. Dem Habitat- baum wurde nun eine Identifikationsnummer mit dem Kürzel „HB“ und einer laufenden Nummer zugewiesen. Diese wurde auf dem Aufnahmebogen notiert. Gleichzeitig wurde mit dieser Nummer der Standpunkt des Habitatbaumes im GPS-Gerät gespeichert, um den Baum zukünftig leichter auffinden zu können. Anschließend wurde die Baumart des jeweiligen Habitatbaumes schriftlich festgehalten. Der BHD wurde auf der vorgesehenen Höhe von 1,30 m gemessen und notiert. Nun folgte der wichtigste Teil der Aufnahme. Die vorzufindenden Mikrohabitate wurden mit einem Kürzel in den Aufnahmebogen aufgelis- tet. Abschließend wurden die einzelnen Habitate fotografisch festgehalten. Im Anschluss an die Erfassung wurden die gesammelten Daten in einer Excel-Tabelle zusammenge- führt und ausgewertet. Neben den Habitatbäumen sollte ursprünglich ebenfalls das Totholz im „Märchenwald“ erfasst werden. Aufgrund des zu großen zeitlichen Aufwandes wurde dies nicht umge- setzt. Alternativ wurden Daten der Totholzmengen übernommen, die im Rahmen einer Bachelorarbeit im Jahr 2013 erhoben wurden. 3.3 Aufnahmeverfahren im Wirtschaftswald Die Habitatbäume im Einbecker Wirtschaftswald wurden bereits im vergangenen Jahr erfasst. Die Aufnahmeparameter waren dabei allerdings andere als bei der Habitatbaumerfassung im „Märchenwald“. Um die Ergebnisse der Flächen miteinander vergleichen zu können, wurde ein Teil des Wirtschaftswaldes noch einmal untersucht. Repräsentativ für die gesamte Fläche wurde für die Untersuchung die Abteilung 38 aus- gewählt. Sie verläuft östlich anliegend an den „Märchenwald“, weist eine mit den restli- chen Abteilungen des Wirtschaftswaldes vergleichsweise hohe Habitatbaumanzahl auf und präsentiert eine große Diversität an Baumarten. Da die Standorte der Habitatbäume in dieser Abteilung bereits digital sowie in einer Karte verarbeitet festgehalten wurden, verlief das Auffinden der einzelnen Bäume problemlos. Die Erfassung erfolgte anhand des gleichen Ablaufes wie der im „Märchenwald“. Lediglich Nadelbäume, die als Habitate ausgewiesen wurden, wurden bei der erneuten Untersu- chung aufgrund ihres geringeren naturschutzfachlichen Wertes außer Acht gelassen. An- schließend wurden die Daten elektronisch in einer Excel-Tabelle festgehalten und ausge- wertet. 6
3.4 Kategorisierung der Baummikrohabitate Grundlage der Habitatbaumerfassung im Einbecker Wald stellte der „Katalog der Baum- mikrohabitate“ von KRAUS et al. (2016) dar. Dieser unterteilt Mikrohabitate in acht Haupt- kategorien, die aus insgesamt 20 Ober- und 60 Unterkategorien bestehen. Die Hauptka- tegorien setzen sich zusammen aus „Höhlen“, „Stammverletzungen und Bruchwunden“, „Rinde“, „Totholz“, „Deformierung/ Wuchsform“, „Epiphyten“, „Nester“, „Andere“. Hier ist zu ergänzen, dass die Kategorie der besonderen Rinden-Merkmale botanisch korrekt „Rinde/ Borke“ und die Struktur „grobe Rinde bzw. raue Borke“ heißen sollte (WALENTOWSKI, mündl. Mitt. 25.01.2017). Außerdem ist der Kategorie der Epiphyten die Bezeichnung „Baumpilze“ hinzuzufügen. Die folgende Tabelle veranschaulicht die Kategorien der Baummikrohabitate. Tabelle 1: Kategorien der Baummikrohabitate Kürzel der Hauptkategorie Oberkategorie Beschreibung Unterkategorie CV11 Höhleneingang ø 4 cm CV12 Höhleneingang ø 5-6 cm CV13 Höhleneingang ø > 10 cm Spechthöhlen Fraßlöcher ø ≥ 10 cm, Aushöhlung CV14 konisch geformt Höhlenetagen (mind. 3 Stk. innerhalb CV15 von 2 m) Baumhöhle mit Bodenkontakt und CV21 Mulm ø ≥ 10 cm Baumhöhle mit Bodenkontakt und CV22 Mulm ø ≥ 30 cm Stammhöhle mit Mulm, ohne Boden- Stamm- und CV23 kontakt ø ≥ 10 cm Mulmhöhlen Stammhöhle mit Mulm, ohne Boden- CV24 kontakt ø ≥ 30 cm CV25 Halboffene Stammhöhle ø ≥ 30 cm Höhlen Kaminartiger Hohlraum, oben offen, CV26 ø ≥ 30 cm Faulhöhle am Stamm durch Astab- CV31 bruch ø ≥ 5 cm Asthöhlen Faulhöhle am Stamm durch Astab- CV32 bruch ø ≥ 10 cm CV33 Hohler Ast ø ≥ 10 cm Topfförmige Wölbung am Stammfuß CV41 ø ≥ 3 cm Topfförmige Wölbung am Stammfuß Dendrotelme und CV42 ø ≥ 15 cm wassergefüllte Baumhöhlungen Topfförmige Wölbung in der Krone CV43 ø ≥ 5 cm Topfförmige Wölbung in der Krone CV44 ø ≥ 15 cm Insektengallerien CV51 Einzelne kleine Bohrlöcher und Bohrlöcher CV52 Bohrlöcher ø ≥ 2 cm 7
IN11 25 - 600 cm², Zerfallsstufe < 3 Freiliegendes Splint- IN12 > 600 cm², Zerfallsstufe < 3 holz IN13 25 - 600 cm², Zerfallsstufe = 3 IN14 > 600 cm², Zerfallsstufe = 3 Stammbruch, ø ≥ 20 cm an Bruch- IN21 stelle Kronenbruch/ Zwieselabbruch, Frei- Freiliegendes Kern- IN22 liegendes Kernholz ≥ 300 cm² Stammverletzungen holz/ Stamm- und und Bruchwunden Kronenbruch Starkastabbruch, ø ≥ 20 cm an IN23 Bruchstelle Zersplitterter Stamm, ø ≥ 20 cm an IN24 Bruchstelle Länge ≥ 30 cm, Breite > 1 cm, Tiefe IN31 > 10 cm Länge ≥ 100 cm, Breite > 1 cm, Tiefe Risse und Spalten IN32 > 10 cm IN33 Blitzrinne IN34 Brandnarbe, ≥ 600 cm² Öffnung an Unterseite, Breite > 1 cm, BA11 Tiefe > 10 cm, Höhe > 10 cm Rindentaschen Rinde/ Borke Öffnung an Oberseite, Breite > 1 cm, BA12 Tiefe > 10 cm, Höhe > 10 cm Rindenstruktur BA21 Grobe Rindenstruktur Totäste/ Kronentot- Verschiedene Zerfallsstadien, Kon- Totholz DE1 holz takt zu lebendem Holz Natürlicher Hohlraum am Wurzelan- GR11 lauf, ≥ ø 5 cm Natürlicher Hohlraum am Wurzelan- Stammfußhöhlen GR12 lauf, ≥ ø 10 cm Deformierung/ un- Natürliche Stammspalte, Länge ≥ 30 gewöhnliche GR13 cm Wuchsform GR21 Hexenbesen, ø ≥ 50 cm Hexenbesen GR22 Wasserreiser Krebse und Maser- GR31 Krebsartiges Wachstum, ø > 20 cm knollen GR32 Krebs im Zerfallsstadium, ø > 20 cm EP11 Einjährige Porlinge, ø > 5 cm EP12 Mehrjährige Porlinge, ø > 10 cm Pilzfruchtkörper Ständerpilze, Champignonartige, ø > EP13 5 cm EP14 Große Ascomyceten, ø > 5 cm Myxomyceten EP21 Ø > 5 cm Epiphyten und Baumpilze Epiphytische Moose, Bedeckungs- EP31 grad > 25 % Epiphytische Blatt- und Strauchflech- Epiphytische Krypto- EP32 ten, Bedeckungsgrad > 25 % und Phanerogame EP33 Lianen, Bedeckungsgrad > 25 % EP34 Epiphytische Farne, > 5 Farnwedel EP35 Misteln Nester größerer Wirbeltiere, ø > NE11 80 cm Nester Nester Nester kleinerer Wirbeltiere, ø > NE12 10 cm NE21 Nester wirbelloser Tiere im Baum- 8
stamm OT11 Saftfluss, > 50 cm Saft- und Harzfluss OT12 Harzfluss, Harztaschen, > 50 cm Andere OT21 In Krone Mikroböden OT22 An Rinde 3.5 Auswahl von Leitarten In den vergangenen Jahren wurden im Einbecker „Märchenwald“ Untersuchungen zu den Vorkommen einiger Organismengruppen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in öffent- lich zugänglichen Artenlisten festgehalten. Für die Bewertung der Habitatstrukturen im „Märchenwald“ wurden zu Beginn der Erfassung die Artenlisten der Vögel, Käfer und Pilze genauer betrachtet. Zwischen den Jahren 2014 und 2016 wurden im „Märchenwald“ 400 Käferarten (SCHMIDT 2015), 316 Pilzarten (EHLERT et al. 2016) und 41 Vogelarten (HONDONG et al. 2014) nachgewiesen. Da eine Berücksichtigung all dieser Arten den Rahmen einer Bachelorarbeit überschritten hätte, wurden repräsentativ für die einzelnen Gruppen lediglich einige Leitarten betrachtet. Als Leitarten gelten Arten, die mit hoher Beständigkeit in verschiedenen Beständen eines gleichen Biotoptyps vorkommen (SCHAEFER 2012, S.159) und in diesem Biotop wesentlich höhere Dichten erreichen als in anderen (NENTWIG et al. 2012, S. 186). Für die Auswahl dieser Arten wurden Exper- ten zu Rate gezogen. Der Coleopterologe Dr. Heinz Bußler wertete die Artenliste der Kä- fer aus. Die Grundlage für die Auswahl der Pilz-Leitarten stellte der „Naturnähezeiger - Holz bewohnende Pilze als Indikatoren für Strukturqualität im Wald“ von BLASCHKE et al. (2009) dar. Der Analyse der Vogel-Artenliste widmete sich der Ornithologe Martin Lauter- bach. Aus den Auswertungen resultieren zehn Leitarten für die Gruppe der Käfer, zwei für die der Pilze und neun Arten der Vögel. Auf die ausgewählten Leitarten wird im weiteren Verlauf der Arbeit expliziter eingegangen. 4. Ergebnisse 4.1 Ergebnisse im „Märchenwald“ Im „Märchenwald“ wurden 1.247 Habitatbäume auf einer Gesamtfläche von 23,8 ha er- fasst. Das entspricht 52 Habitatbäumen pro Hektar. Sie sind gleichmäßig verteilt mit ge- ringen Abständen zueinander im Gelände gelegen (siehe Anhang 2, S. VI). Die Habitatbäume des „Märchenwaldes“ können acht verschiedenen Baumarten zuge- ordnet werden. Diese lassen sich gemäß der Bundeswaldinventur (BWI) 2012 in vier Baumarten-Gruppen einteilen (THÜNEN-INSTITUT 2012). Den größten Anteil trägt dabei die Gruppe der „anderen Laubbäume mit hoher Lebensdauer“ (aLh), bestehend aus 9
Esche (Fraxinus excelsior), Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Hainbuche (Carpinus betulus), Spitzahorn (Acer platanoides) und Ulme (Ulmus glabra), mit 41,4 %. Einen ähn- lich hohen Wert erreicht die Gruppe der Eichenarten (Quercus robur, Quercus petraea) mit einem Anteil von 40,1 %. Mit 15,6 % steht die in Deutschland nur aus Fagus sylvatica gebildete Gruppe der Buchen an dritter Stelle. Die der Gruppe der „anderen Laubbäu- me mit niedriger Lebensdauer“ (aLn) zuzuordnenden Birkenarten (Betula pendula, Betula pubescens) stellen nur 3 % der Habitatbäume dar (Abbildung 2). 2,2 0,9 Eiche 3 Esche 6,3 Buche 15,2 40,1 Bergahorn Hainbuche 15,6 Birke 16,8 Spitzahorn Ulme Abbildung 2: Baumartenverteilung der Habitatbäume im „Märchenwald“ In Bezug auf die Durchmesserstärken sind die Habitatbäume des „Märchenwaldes“ über- wiegend dem starken Baumholz (Altholz) zuzuordnen. Dies zeichnet sich durch einen BHD von mindestens 50 cm aus. Im Untersuchungsgebiet zählen zu dem Altholz rund 75 % der Habitatbäume. Davon haben 239 Stück einen BHD von mindestens 80 cm, womit sie als totholzreiche Uraltbäume gelten. Mittleres Baumholz, das einem BHD zwischen 36 und 50 cm entspricht, wurde bei etwa 20 % der erfassten Bäume festgestellt. Ein Anteil von 5,3 % wurde dem geringen Baumholz mit einem BHD zwischen 21 und 35 cm zuge- ordnet. Die restlichen 0,5 % der Habitatbäume hatten einen BHD von maximal 21 cm. Hinsichtlich der Strukturuntersuchung auf Basis des „Katalogs der Baummikrohabitate“ (KRAUS et al. 2016) wurden insgesamt 3476 Mikrohabitate an den 1247 erfassten Bäu- men festgestellt. Der Großteil der Habitatbäume des „Märchenwaldes“ fällt dabei in die Kategorie der Höhlenbäume. So wiesen 34 % aller aufgenommenen Habitatbäume eine Asthöhle mit einem Durchmesser von mindestens 5 cm (CV31) auf. Asthöhlen mit einem Durchmesser von mindestens 10 cm (CV33) wurden an 30 % der Habitatbäume festge- stellt. Dendrotelme oder wassergefüllte Baumhöhlungen im Kronenbereich mit einem Durchmesser von mindestens 5 cm (CV43) stellen mit knapp 24 % den drittgrößten Anteil der Höhlenbäume dar. 10
Einen weiteren Schwerpunkt bilden Bäume mit Kronentotholz oder Totästen (DE1). In diese Kategorie fallen etwas mehr als die Hälfte der Habitatbäume. Besondere Rinden-Merkmale in Form von „groben Rindenstrukturen“ (BA21) wurden bei rund 32 % der Habitatbäume festgestellt. Die Kategorie der Stammverletzungen und Bruchwunden erreicht nahezu gleiche Wer- te wie die der Rinde/ Borke. Hauptvertreter stellt hier die Unterkategorie der Starkastab- brüche (IN23) mit einem Anteil von 14 % dar. Der Kategorie der Deformierung und ungewöhnlichen Wuchsform sind etwas weniger Habitatbäume zuzuordnen als der vorherig genannten. Mit rund 18 % nimmt das krebsar- tige Wachstum mit einem Durchmesser von mindestens 20 cm (GR31) hier den größten Anteil ein. Zu der Kategorie der Habitatbäume mit Epiphyten und Baumpilzen ließen sich deutlich weniger Habitatbäume ordnen. Lediglich 2,2 % der Bäume weisen mehrjährige Porlinge mit einem Durchmesser über 10 cm (EP12) auf und stellen damit die stärkste Unterkate- gorie dieser Gruppe dar. Den Hauptkategorien „Nester“ und „Andere“ wurden nahezu keine Habitatbäume zu- gewiesen. Die Abbildungen 3 und 4 bieten eine Übersicht darüber, welche Habitatstrukturen im „Märchenwald“ überwiegend vorzufinden sind. Im Anhang sind repräsentativ für die ein- zelnen Mikrohabitate Fotos der Habitatbäume hinterlegt (siehe Anhang 3, S. VII - XXIV). Anzahl Mikrohabitate auf gesamter Fläche 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Höhlen Stammverletzungen/ Bruchwunden Rinde/ Borke Totäste/ Kronentotholz Deformierung/ Wuchsform Epiphyten/ Baumpilze Nester Andere Abbildung 3: Übersicht Mikrohabitatstrukturen im „Märchenwald“ 11
60 Totäste/ Kronentotholz 50 prozentualer Anteil Höhlen Rinde/ Deformierung/ 40 Borke Wuchsform 30 Stammverletzungen Epiphyten/ / Bruchwunden Baumpilze 20 10 0 IN13 IN11 IN12 IN14 IN21 IN22 IN23 EP12 CV11 CV12 CV21 CV31 CV32 CV33 CV43 CV44 CV51 BA11 BA12 BA21 GR11 GR12 GR22 GR31 DE1 EP33 Abbildung 4: Übersicht Hauptvertreter der Mikrohabitatstrukturen im „Märchenwald“ Neben den festgestellten 52 Habitatbäumen pro Hektar ist der „Märchenwald“ aktuell durch 41,8 m³ Totholz pro Hektar geprägt. Darunter fallen 35,7 m³/ha liegendes und 6,1 m³/ha stehendes Totholz. Die Ergebnisse der Totholzmengen stammen aus der Vegetati- onsstrukturuntersuchung von FIEGLER (2015, S. 21), die im Jahr 2013 erhoben wurde. 4.2 Ergebnisse im Wirtschaftswald Die Abteilung 38 des Einbecker Wirtschaftswaldes weist 74 Habitatbäume auf einer Flä- che von 16,7 ha auf. Das entspricht vier Habitatbäumen pro Hektar. Sie sind in kleinen Gruppen, aber auch einzeln stehend im Gelände verteilt vorzufinden (siehe Anhang 2, S. VI). Hinsichtlich der Baumarten weist die Abteilung 38 eine dem „Märchenwald“ ähnliche Ver- teilung auf. So nimmt das aLh den Großteil der Habitatbäume (56,7 %) ein. Darunter zäh- len die Baumarten Bergahorn (Acer pseudoplatanus) und Esche (Fraxinus excelsior). An- ders als im „Märchenwald“ bildet daneben jedoch nicht die Gruppe der Eichen, sondern die der Buchen (Fagus sylvatica) mit einem Anteil von 43,2 % den zweitgrößten Schwer- punkt. Die Eichen-Gruppe (Quercus robur, Quercus petraea) wird in Abteilung 38 dage- gen von nur 21,6 % der Habitatbäume vertreten. Das aLn, bestehend aus Birkenarten (Betula pendula, Betula pubescens) und Kirsche (Prunus avium), erreicht mit 8,1 % der Habitatbäume den geringsten Wert (Abbildung 5). 12
5,4 2,7 5,4 Buche Eiche 43,2 Bergahorn 21,6 Esche Birke 21,6 Kirsche Abbildung 5: Baumartenverteilung der Habitatbäume in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes Die erfassten BHD zeigen, wie auch im „Märchenwald“, einen Schwerpunkt im Bereich des starken Baumholzes. Begründet ist dies darin, dass Waldbäume erst mit Erreichen der Altholzphase (BHD ≥ 50 cm) von außen wahrnehmbare Mikrohabitat-Merkmale in Form von Alterungssymptomen ausbilden. Das führt dazu, dass Bäume in der Regel erst in dieser Phase als Habitatbäume klassifiziert werden können. Rund 80 % der Habitat- bäume im Wirtschaftswald erreichen einen BHD von mindestens 50 cm und gelten damit als Altholz. Darunter zählen vier totholzreiche Uraltbäume mit einer Stärke von mindes- tens 80 cm. Das mittlere Baumholz (BHD 36 - 50 cm) vertritt 20 % der Habitatbäume. Bäume, die mit einem schwächeren BHD in die Klasse des geringen Baumholzes fallen, wurden nicht aufgefunden. In Abteilung 38 wurden an den 74 erfassten Habitatbäumen insgesamt 163 Mikrohabitate festgestellt. Wie im „Märchenwald“ zeigen die Ergebnisse der Habitatbaumerfassung in Bezug auf die Strukturuntersuchungen auch hier einen deutlichen Schwerpunkt im Be- reich der Höhlen. Im Gegensatz zu den Bäumen im „Märchenwald“ nehmen in diesem Gebiet jedoch solche den größten Anteil (58,1 %) ein, die ein Dendrotelm oder eine was- sergefüllte Baumhöhlung im Kronenbereich (CV43) aufweisen. Daneben tragen die Habi- tatbäume mit einer Asthöhle (CV31, CV33) einen hohen Anteil, der in den einzelnen Ka- tegorien jeweils um die 20 % entspricht. Die Habitatbäume mit Totästen oder Kronentotholz (DE1) sind im Wirtschaftswald zwar mit einem deutlich geringeren Wert vertreten als im „Märchenwald“, trotzdem stellen sie mit einem Anteil von 28 % einen weiteren Schwerpunkt dar. Stammverletzungen, Bruchwunden und besondere Rinden- bzw. Borkenstrukturen sind in Abteilung 38 prozentual betrachtet an etwas weniger Bäumen festgestellt worden als im „Märchenwald“. Die Habitatbäume mit „grober Rindenstruktur“ (BA21) sind dabei mit rund 20 % und die der Starkastabbrüche (IN23) mit etwa 11 % vertreten. 13
Im Bereich der Deformierung und ungewöhnlichen Wuchsform spielt das krebsartige Wachstum (GR31) eine große Rolle. Es umfasst 11 % der untersuchten Habitatbäume. Die Kletterpflanzen (EP33) bilden einen Schwerpunkt in der Kategorie der Epiphyten und Baumpilze. Von ihnen sind 4 % der Habitatbäume betroffen. Den Kategorien der Nester und anderen Habitate konnten keine Bäume zugewiesen werden. Die Abbildungen 6 und 7 zeigen einen Überblick darüber, welche Strukturmerkmale in welchem Umfang an den Habitatbäumen des Wirtschaftswaldes nachgewiesen worden. Anzahl Mikrohabitate auf gesamter Fläche 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Höhlen Stammverletzungen/ Bruchwunden Rinde/ Borke Totäste/ Kronentotholz Deformierung/ Wuchsform Epiphyten/ Baumpilze Nester Andere Abbildung 6: Übersicht Mikrohabitatstrukturen in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes 60 50 Totäste/ prozentualer Anteil Kronentotholz 40 Höhlen Rinde/ Deformierung/ 30 Borke Wuchsform 20 Stammverletzungen / Bruchwunden Epiphyten/ 10 Baumpilze 0 DE1 EP11 EP12 EP31 EP33 IN11 IN13 IN21 IN22 IN23 IN32 BA11 BA21 GR22 GR31 CV11 CV12 CV14 CV31 CV32 CV33 CV41 CV43 CV51 Abbildung 7: Übersicht Hauptvertreter der Mikrohabitatstrukturen in Abt. 38 des Wirtschaftswaldes Insgesamt betrachtet lässt sich feststellen, dass die Schwerpunkte hinsichtlich der Habi- tatstrukturen im „Märchenwald“ sowie in Abteilung 38 in den gleichen Kategorien liegen. Höhlen, Totäste/ Kronentotholz, besondere Rinden-Merkmale, Krebse und Starkastabbrü- che bilden die Hauptvertreter der Habitatbäume. Dabei unterscheiden sich lediglich die Gewichtungen innerhalb der einzelnen Kategorien. Ein weiterer Unterschied liegt in der 14
Anzahl der vorgefundenen Habitate (Abbildung 8). Der „Märchenwald“ weist 146 Mikroha- bitatstrukturen pro Hektar auf. In Abteilung 38 sind dem gegenüber 10 Strukturelemente pro Hektar zu finden. Anzahl Mikrohabitate pro Hektar 0 10 20 30 40 50 60 70 Höhlen Stammverletzungen und Bruchwunden Wirtschaftswald Rinde/ Borke Totholz „ Märchenwald“ Deformierung/ Wuchsform Epiphyten/ Baumpilze Nester Andere Abbildung 8: Übersicht Mikrohabitatstrukturen im "Märchenwald" und in Abt. 38 des Wirtschaftswal- des bezogen auf 1 ha In den Abteilungen des Einbecker Wirtschaftswaldes wurden in der Vergangenheit keine Totholzmengen erhoben. Die letzte Forsteinrichtung weist lediglich darauf hin, dass im Rahmen einer PEFC-Zertifizierung aus dem Jahr 2002 festgestellt wurde, dass der Stadtwald über mehr als ausreichende Totholzmengen verfügt (HOPPE 2007). In dieser Erhebung ist jedoch auch der Totholzvorrat des „Märchenwaldes“ enthalten. 4.3 Vorkommen und Lebensraumansprüche ausgewählter Leitarten im „Mär- chenwald“ Um beurteilen zu können, ob die Strukturen des „Märchenwaldes“ sowie die des Wirt- schaftswaldes für die im „Märchenwald“ als Leitarten identifizierten Vögel, holzbewohnen- den Käfer und Pilze geeignet sind, werden zunächst deren Lebensraumansprüche ge- nauer betrachtet. 4.3.1 Vögel Im Jahr 2014 wurden im „Märchenwald“ 41 Vogelarten erfasst. Dazu zählen Taubenvögel, Greifvögel, Eulen, Regenpfeifartige, Spechtvögel und Singvögel (HONDONG et al. 2014). Repräsentativ für die Gruppe der Vögel wurden für diese Arbeit neun Vogelarten als Leit- arten für den „Märchenwald“ bestimmt. Der Großteil dieser neun Arten gehört der Gruppe der Spechtvögel an. Mit einer Körper- größe von bis zu 55 cm ist der Schwarzspecht (Dryocopus martius) der größte im „Mär- chenwald“ lebende Specht (FIEDLER 2015; S. 533). Sein Revier umfasst eine Mindest- 15
größe von 150 bis 800 ha Waldfläche. Verfügt ein Waldgebiet über genügend Altholz, kann der Schwarzspecht beinahe alle Waldlebensräume besiedeln. Sein Aktionsraum kann dabei über mehrere voneinander getrennte Waldflächen reichen. Insbesondere Bu- chen und Kiefern mit einem Mindestalter von 100 Jahren stellen einen Lebensraum für den Schwarzspecht dar. Für die Anlage einer Brut- und Schlafhöhle sind Bäume mit ho- hem Kronenansatz geeignet, durch die ein freier Anflug zur Höhle gewährleistet wird. Die Höhle wird unterhalb des Kronenansatzes auf etwa vier bis zwölf Meter Höhe angelegt. In diesem Bereich weist der Baum meist einen Durchmesser von mehr als 30 cm auf. Eine Höhle wird vom Schwarzspecht über mehrere Jahre genutzt. Als Nahrungsgrundlage die- nen diesem Specht Ameisen, weswegen in seinem Revier oft Nadelholz vorhanden ist (LAUTERBACH et al. 2014, S. 42). Am Beispiel eines Bergmischwaldes zeigen SCHERZ- INGER und SCHUMACHER (2004) welche unterschiedlichen Habitatqualitäten die ein- zelnen Waldentwicklungsphasen eines Waldes für die Vögel bieten. So ist der Schwarz- specht erst mit Beginn des zunehmenden Totholz- und Starkholzanteiles und entstehen- der Lücken im Bestand im Wald vorzufinden. In der darauf folgenden Zerfalls- und Zu- sammenbruchphase ist der Schwarzspecht weiterhin anzutreffen. Neben den Waldent- wicklungsphasen sind dem Spechtvogel folgende Habitatstrukturen zuzuordnen: aufgekippte Wurzelteller, Lager- und Moderholz, Dürr- und Bruchwipfel, Bruchstämme, Hochstubben, Bruchholz-Verhau, Spechthöhlen diverser Größen, Risse und Spaltenhöh- len, Borkenrauigkeit, hochstämmige Althölzer und epiphytische Flechten und Moose (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 242). Ein weiteres positiv wirkendes Strukturelement ist liegendes Laubtotholz (MÜLLER 2005, S. 53). Laut der Roten Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel von 2007 gilt der Schwarz- specht als ungefährdet (HONDONG et al. 2014, S. 1). Der Grünspecht (Picus viridis) benötigt für sein Revier eine Fläche von 100 bis 200 ha, wobei das Brutrevier im Optimalfall 20 bis 30 ha pro Brutpaar beträgt. Er besiedelt halbof- fene Landschaften, die mosaikartig mit alten Laub- und Mischwäldern und Offenlandflä- chen verzahnt sind. Große, geschlossene Waldflächen werden von ihm gemieden. Seine Höhle baut der Grünspecht an Schadstellen, wie beispielsweise faulen Astlöchern, meist in Nähe des Waldrandes. Dafür bevorzugt er Buche, Linde, Eiche, andere Weichlaubhöl- zer und Edellaubhölzer. Selten ist seine Höhle an Fichten oder Tannen zu finden. Auf maximal zehn Meter Höhe wird eine Grünspechthöhle angelegt, die über mehrere Jahre besiedelt wird. Wie der Schwarzspecht, ernährt sich auch der Grünspecht hauptsächlich von Ameisen (LAUTERBACH et al. 2014, S. 33). Der Grünspecht ist insbesondere in der Zerfallsphase und der Zusammenbruchphase eines Waldes zu finden (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 222). Dabei ist er in folgenden Habitatstrukturen anzutref- 16
fen: aufgekippte Wurzelteller, Lager- und Moderholz, Dürr- und Bruchwipfel, Bruchstäm- me, Hochstubben, Bruchholz-Verhau, Spechthöhlen diverser Größen, Risse und Spalten- höhlen und Borkenrauigkeit (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 242). Nach der Roten Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel von 2007 ist der Grünspecht als gefährdet einzustufen (HONDONG et al. 2014, S. 1). Das Balzrevier des Grauspechtes (Picus canus) umfasst 100 bis 200 ha. Sein Jahres- streifgebiet erstreckt sich hingegen über etwa 500 ha. Als Teilgebiet eines größeren Re- vieres können dem Specht bereits Flächen ab 0,2 ha in Agrarlandschaften oder Altbu- chenhorsten ausreichen. Er präferiert reich strukturierte, alte Laub- und Mischwälder, die an halboffene Landschaften anschließen. Doch auch innerhalb größerer Waldgebiete lebt der Grauspecht, solange diese nicht dicht geschlossen sind. Dabei bevorzugt er Buchen-, Eichen-, Au- und Bruchwälder. Da der Grauspecht seine Höhle in morsche Baumpartien in eineinhalb bis acht Meter Höhe anlegt, können diese in der Regel nicht langjährig ge- nutzt werden. Zusätzlich zu der Bruthöhle werden in der Balzzeit regelmäßig weitere Höh- len geschaffen (LAUTERBACH et al. 2014, S. 33). Die Zusammenbruchphase eines Wal- des stellt den wichtigsten Teil-Lebensraum dieser Spechtart dar (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 222). Genau wie der Grünspecht bevorzugt auch der Grau- specht folgende Habitatstrukturen: aufgekippte Wurzelteller, Lager- und Moderholz, Dürr- und Bruchwipfel, Bruchstämme, Hochstubben, Bruchholz-Verhau, Spechthöhlen diverser Größen, Risse und Spaltenhöhlen und Borkenrauigkeit (SCHERZINGER und SCHUMA- CHER 2004, S. 242). Die Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brut- vögel von 2007 schätzt den Grauspecht als vom Aussterben bedroht ein (HONDONG et al. 2014, S. 1). Im Vergleich zu den vorherig beschriebenen Spechtarten ist der Flächenbedarf des Mit- telspechtes (Dendrocopus medius) gering. Er beträgt zehn bis 20 ha für ein Revier. Teil- weise genügen einem Brutpaar drei Hektar. Der Mittelspecht besiedelt alte, strukturreiche Laubbaumbestände, dessen Bäume eine raue Borke aufweisen. In Anbetracht dieser Af- finität ist er insbesondere in Au- und Eichenwäldern zu finden. In Buchenwäldern ist er dagegen in der Alters- und Zerfallsphase ab einem Bestandesalter von 200 Jahren anzu- treffen (LAUTERBACH et al. 2014, S. 38; SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 222), da die glattrindige Buche erst in diesem Alter raue Borke bildet. Nadelbaumanteile wirken sich laut MÜLLER (2005) negativ auf das Vorkommen des Mittelspechtes aus. Seine Höhle gründet der Mittelspecht bevorzugt an alten Eichen, alten Buchen und ande- ren rauborkigen Baumarten. Platziert wird sie im unteren und mittleren Bereich der Kro- nenschicht auf etwa sechs bis acht Meter Höhe. Teilweise liegen dabei mehrere 17
Spechtlöcher übereinander, von denen die unterste Höhle schließlich besetzt wird (LAU- TERBACH et al. 2014, S. 38). Der Mittelspecht nutzt ein weites Spektrum an Habitatelementen. Dazu zählen aufgekippte Wurzelteller, Lager- und Moderholz, Dürr- und Bruchwipfel, Bruchstämme, Hochstubben, Bruchholz-Verhau, Spechthöhlen diverser Größen, Risse und Spaltenhöhlen, Borkenrauigkeit, hochstämmige Althölzer, epiphytische Flechten, Moose und Stammholz mit Pilzbefall (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 242). Der Mittelspecht gilt in Niedersachsen und Bremen nach der Roten Liste der gefährdeten Brutvögel von 2007 als ungefährdet (HONDONG et al. 2014, S. 1). Der Kleinspecht (Dendrocopus minor) hält sich im Jahresverlauf auf einer Fläche von bis zu 500 ha auf. In der Balzzeit beansprucht er eine Fläche von 100 bis 150 ha Größe und in der Brutzeit reguliert sich der Flächenbedarf auf 15 bis 50 ha. Dabei besiedelt der Kleinspecht Laubbaumbestände, wie beispielsweise alte Buchen- und Eichenwälder, in denen ein hoher Totholzanteil vorzufinden ist, Hartholzauwälder, Bruch- und Moorwälder und Weichlaubholzauen. In alten Buchen- und Eichenwäldern hält er sich insbesondere im Kronentotholzbereich auf. Er legt seine Höhle dort teilweise bis in 25 m hohen Stäm- men oder Ästen an, die eine fortgeschrittene Fäule aufweisen. Häufig sind seine Höhlen an der Unterseite von Ästen zu finden. Angelegt wird die Höhle des Kleinspechtes in Bu- chen mit Weißfäule, Totästen von Eichen, Weichlaubhölzern und Obstbäumen (LAUTER- BACH et al. 2014, S. 37). Der Kleinspecht ist eine Indikatorart für alte phasenreiche Bu- chenwälder (MÜLLER 2005, S. 59, S. 175). Insbesondere in der Waldentwicklungsphase des Zerfalles ist er dort anzutreffen (SCHERZINGER und SCHUMACHER 2004, S. 222). Dabei sind ihm folgende Habitatstrukturen förderlich: Dürr- und Bruchwipfel, Bruchstäm- me, Hochstubben, Bruchholz-Verhau, Spechthöhlen diverser Größen, Risse und Spalten- höhlen, Borkenrauigkeit und Stammholz mit Pilzbefall (SCHERZINGER und SCHUMA- CHER 2004, S. 242). Der Kleinspecht gilt in Niedersachsen und Bremen nach der Roten Liste der gefährdeten Brutvögel von 2007 als gefährdet (HONDONG et al. 2014, S. 1). Neben den Spechtvögeln gelten zwei Arten der Taubenvögel als Leitarten für den „Mär- chenwald“. Eine davon ist die Hohltaube (Columba oenas). Da sie, sobald ein ausrei- chendes Höhlenangebot vorhanden ist, zu den Koloniebrütern zählt, ist ihr Nestrevier sehr klein. Um ihre Höhle herum ist sie in einem Bereich von ein bis drei Kilometern aktiv. Die Bruthöhle der Hohltaube befindet sich in größeren Baumbeständen mit Nähe zu Freiflä- chen drei bis fünf Kilometer tief im Wald. Dort besiedelt sie ehemalige Schwarzspechthöhlen. Außerhalb des Waldes begibt sie sich auf Nahrungssuche nach Samen, Trieben und Knospen (LAUTERBACH et al. 2014, S. 36). Nach SCHERZINGER und SCHUMACHER (2004) besiedelt die Hohltaube vorrangig Wälder, die sich in der 18
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