Umwelt.nrw - WALDZUSTANDSBERICHT 2019 - #naturschutz - Wald und Holz NRW
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umwelt.nrw #naturschutz WALDZUSTANDSBERICHT 2019 Bericht über den ökologischen Zustand des Waldes in Nordrhein-Westfalen Langfassung
Die Waldzustandserhebung für Nordrhein-Westfalen ist Teil des forstlichen Umweltmonitorings NRW und trägt zur Umsetzung der Klima- anpassungsstrategie Wald NRW bei. Dieser Waldzustandsbericht ist zugleich Teil der Nachhaltigkeitsberichts- erstattung Nordrhein-Westfalen. Wichtige Instrumente zur Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie Wald sind das neue Waldbaukonzept NRW, die landesweite forstliche Standort- karte, die waldbezogenen Inhalte der NRW-Fachinformationssysteme zum Klimawandel und das Waldinformations- system NRW (insbesondere das neue Internetportal Waldinfo.NRW). Weitere Informationen finden Sie online: www.umwelt.nrw.de www.waldinfo.nrw.de
INHALT VORWORT 5 DIE WALDZUSTANDSERFASSUNG 2019 ‒ DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK 6 DIE VITALITÄT DER BAUMKRONEN 2019 10 DIE WITTERUNGS- UND BODENWASSER- VERHÄLTNISSE BIS ZUM SOMMER 2019 33 SCHÄDEN DURCH BORKENKÄFER, STURM UND BUCHENTROCKNIS 50 PHÄNOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN AN WALDBÄUMEN 2019 60 DAS FORSTLICHE UMWELTMONITORING – 35-JÄHRIGES JUBILÄUM UND TOPAKTUELL 69 WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN 75 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS 76 IMPRESSUM 78 3
AUF EIN WORT Sehr geehrte Damen und Herren, Das Land Nordrhein-Westfalen setzt sich engagiert für die betroffenen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer ein. Wälder sind in vielerlei Hinsicht ein wertvolles Gut. Sie Mit der „Schmallenberger Erklärung“ hat die Landes- sind wichtig für den Bodenschutz und die Qualität von regierung ihre umfassende finanzielle und fachliche Wasser und Luft. Wälder tragen zum Schutz der Arten- Unterstützung angeboten. Sowohl die Aufarbeitung als vielfalt bei und leisten einen wichtigen Beitrag zum auch die Wiederaufforstung von geschädigten Flächen Klimaschutz. Außerdem sind sie für die Erholung der können finanziell gefördert werden. Die „Task Force-Käfer“ Bevölkerung von großer Bedeutung. Für viele ihrer koordiniert die nötigen Maßnahmen. Neben finanziellen Besitzer sind nachhaltig genutzte Wälder eine gute Fördermaßnahmen leistet das Land fachliche Unter- Erwerbsgrundlage. Nicht zuletzt stellen sie den nach- stützung für die betroffenen Eigentümer. Das Waldbau- wachsenden Rohstoff für die Wertschöpfungsketten konzept NRW nimmt dabei die zentrale Rolle ein. Seine der Forst- und Holzwirtschaft zur Verfügung. Empfehlungen umfassen die Wiederaufforstung von Schadflächen und die langfristige Umstellung auf klima- Diese Leistungen der Wälder sind derzeit leider gefähr- stabile Wälder – standortgerechte und strukturierte det. Der ökologische Zustand der Wälder in Nordrhein- Mischbestände aus überwiegend heimischen Baumarten. Westfalen zeigt in diesem Jahr den schlechtesten Wert Die forstliche Standortkarte und viele weitere nützliche seit Beginn der Erhebung vor 35 Jahren – schlechter Informationen zum Wald und zum Waldbau sind online sogar als im Dürrejahr 2018. Der auch für den Laien für jedermann verfügbar. Das Schulungsangebot zum erkennbar schlechte Zustand der Wälder ist vor allem Waldbaukonzept wird weiter ausgebaut. auf die extremen Witterungsbedingungen der letzten zwei Jahre zurückzuführen. Schwere Stürme, Hitz- Die heute erkennbaren Waldschäden sind sehr besorg- wellen und lang anhaltende Dürrephasen sind Vorboten niserregend. Die sich aus dem Klimawandel ergebenden des Klimawandels. Fehlende Niederschläge und hohe Herausforderungen erfordern rasches und klares Temperaturen begünstigten das Auftreten von Schäd- Handeln. Die Bewältigung der Generationenaufgabe lingen. Die schwerste Borkenkäferkalamität der ver- „Wälder im Klimawandel“ muss jetzt beginnen. Das gangenen Jahrzehnte war die Folge. Land Nordrhein-Westfalen nimmt diese Herausforderung an. Ich bin fest überzeugt, dass es uns gelingen wird, Wissenschaftliche Prognosen gehen heute davon aus, die vielfältigen Funktionen des Waldes für die Natur, für dass extreme Witterungsbedingungen im Klimawandel die Menschen und als Klimaschützer zu erhalten. noch viel häufiger auftreten werden. Hinzu kommt die langfristige Veränderung der Wuchsbedingungen für Ihre die Waldbäume bei steigenden Temperaturen und in verlängerten Vegetationsphasen. Das Risiko von Trocken- stress wird steigen. Die Waldbewirtschaftung muss sich an die veränderten Bedingungen anpassen, damit sich Ursula Heinen-Esser die Wälder auch im Klimawandel vital und stabil ent- Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft, wickeln können. So verringert sich auch das wirtschaft- Natur- und Verbraucherschutz liche Risiko für die Forstbetriebe. des Landes Nordrhein-Westfalen 5
Die Waldzustandserfasung 2019 ‒ die wichtigsten Ergebnisse im Überblick DIE WALDZUSTANDSERFASSUNG 2019 ‒ DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK KRONENZUSTAND Die Mehrfachbelastungen haben sich gegenseitig verstärkt und so zum schlechtesten Waldzustand seit Für die meisten Waldbäume hat das aktuelle Jahr keine Beginn der Untersuchungen 1984 geführt. Verbesserung gebracht. Das vorangegangene Extremjahr Bei allen Bewertungen des Waldzustandes muss zudem mit seinen klimatischen und biologischen Beeinträch- bedacht werden, dass auch die Waldböden immer noch tigungen ist 2019 in vielen Bereichen noch einmal über- beeinträchtigt sind. Zwar konnten diverse Untersuchun- troffen worden. Im Vergleich zum Vorjahr hat die deutliche gen eine langsame Besserung des Bodenzustandes Kronenverlichtung um 3 Prozentpunkte zugenommen und verzeichnen, jedoch kann von einer Wiederherstellung beträgt nun 42 Prozent. Der Anteil der ungeschädigten der Böden noch nicht gesprochen werden. Bäume ist auf 19 Prozent zurückgegangen, während sich die schwache Kronenverlichtung wie im letzten Jahr bei Die EICHE ist durch die mehrfachen Dauerbelastungen 39 Prozent eingependelt hat. durch Insekten, Wasserstress, Pilzbefall, Hitze etc. stark geschwächt. Es sind kaum noch Reserven und Kraft Die Wetterbedingungen mit Hitze und Dürre haben viele zur Regeneration vorhanden. Erholungsphasen fehlten Waldbäume wieder an ihre Grenzen gebracht. dieses Jahr erneut. Da konnte auch die deutlich reduzierte Fruktifikation kaum Abhilfe schaffen. Die Insekten waren Die Witterung, insbesondere im Frühjahr, war für die aktiv und haben Blattschäden in den Baumkronen ange- meisten Insekten ideal und hat zu einem starken Befall richtet. Erneut ist die Eiche die Baumart, die in NRW die unserer vorgeschwächten Waldbäume geführt. deutlichste Kronenverlichtung zeigt. 6
Die Waldzustandserfasung 2019 ‒ die wichtigsten Ergebnisse im Überblick Bei der BUCHE hat sich als einziger Baumart die Kronen- WITTERUNG UND BODENWASSER verlichtung etwas gebessert. Die kräftezehrende Frucht- bildung ist bei ihr stark zurückgegangen. Bucheckern In NRW stellten die Monate April bis August 2018 die wurden nur im geringen Ausmaß gebildet. Neuerdings wärmsten sowie die zweit-sonnenscheinreichsten (Mess- treten vermehrt Buchenborkenkäfer auf. In Verbindung beginn 1951) und zugleich mit die niederschlagsärmsten mit weiterem Insektenbefall zeigten die geschwächten Monate seit Beginn der DWD-Messungen 1881 dar. Erst Buchen in diesem Jahr viele Schadsymptome. Regional der ausgiebige Niederschlag im Dezember 2018 sorgte gab es vermehrt absterbende Buchen, bei denen der dafür, dass sich die Bodenwasserspeicher allmählich zusätzliche Befall mit Pilzen eine größere Rolle gespielt wieder füllten. Die 13-monatige Folge von überdurch- hat. Trotz der Verbesserung der Verlichtungswerte be- schnittlich warmen Monatsmitteltemperaturen wurde im finden sich die Kronenbeeinträchtigungen auf einem Mai 2019 unterbrochen. Anschließend folgten wiederum hohen Niveau. drei außergewöhnlich warme, sonnenscheinreiche und trockene Sommermonate, die mehrere neue Wetter- Für die FICHTE ist dieses Jahr besonders schwerwiegend. rekorde verzeichneten. In den für das Baumwachstum Die Frühjahrs- und Sommertrockenheit hat ihr wieder wichtigen Monaten April bis August fielen nur 64 Prozent stark zu schaffen gemacht. Durch ihr flaches Wurzel- (239 mm) des üblichen Niederschlags. Gleichzeitig lag system stellte sich Wasserstress sehr schnell ein. Das die mittlere Temperatur mit 15,7 °C fast 2 °C über dem enorme Problem ist jedoch die Massenvermehrung der Referenzwert. Borkenkäfer, die die Fichte extrem schädigen und in großer Zahl zum Absterben bringen. Abwehrmechanis- Die Witterungsbedingungen während der Vegetationszeit men sind bei den geschwächten Bäumen kaum mehr waren somit erstmalig seit Beginn der Aufzeichnungen vorhanden. Die deutliche Kronenverlichtung zeigt wieder zwei Jahre in Folge durch außergewöhnliche Hitze und die höchsten Werte seit Beginn der Untersuchungen. Trockenheit gekennzeichnet. Waldstandorte weisen, u. a. aufgrund unterschiedlicher Bodenbeschaffenheiten und Die KIEFER hat sich im Vergleich zum Vorjahr nur gering Wasserhaushalte, unterschiedliche Empfindlichkeiten verschlechtert. Der Kronenzustand entspricht in etwa gegenüber Dürreereignissen auf. Fast ein Viertel (23 %) den Vorjahreswerten. Neben den witterungsbedingten aller Waldflächen in NRW können nach ersten Auswer- Beeinträchtigungen hat sie in diesem Jahr häufiger unter tungen der Forstlichen Standortkarte als mittel bis hoch Pilzbefall gelitten. Auch Käferbefall kam regional zuneh- bzw. hoch dürreempfindlich eingestuft werden. mend vor. Obwohl die Kiefer unter den Hauptbaumarten die geringsten Schadwerte aufweist, ist ihre Kronen- Die exemplarische Betrachtung des Bodenwasser- verlichtung in diesem Jahr so gravierend, wie sie in der haushaltes von vier Level-II-Flächen aus dem intensiven ganzen Zeitreihe von 1984 an nicht vorgekommen ist. forstlichen Umweltmonitoring und der Werte einer Eine Blattgeschwulst, die durch die Buchengallmücke (Mikiola fagi) Das Wetter in diesem Jahr hat dem Wald erneut stark zugesetzt. verursacht wurde. 7
Die Waldzustandserfasung 2019 ‒ die wichtigsten Ergebnisse im Überblick Bodenfeuchtemessstation im Wald zeigt, dass, obwohl unternehmen sowie Logistikproblemen und fehlender die Temperatur- und Niederschlagsabweichungen 2019 Vermarktungsmöglichkeiten in diesem Jahr nicht möglich. vom langjährigen Mittel der Flächen regional verschie- Die Borkenkäfer Buchdrucker und Kupferstecher bildeten den waren, die Flächen verschiedene Eigenschaften bzgl. in diesem Jahr in höheren Lagen zwei und in wärmeren Boden und Bewuchs aufweisen und die Böden mit gut Gegenden Nordrhein-Westfalens drei Generationen. Im gefüllten Wasserspeichern in die Vegetationsperiode 2019 nächsten Jahr werden dieser Borkenkäferkalamität wei- gestartet sind, im Sommer 2019 eine tiefgründige und terhin Millionen Fichten zum Opfer fallen. Durch die zwei anhaltende Austrocknung der Böden aller Flächen vorlag, Stürme „Eberhard“ und „Dragi“ fielen rund 500.000 m3 die nur etwas geringer ausfiel als im Rekordjahr 2018. Fichtenschadholz an. Verglichen mit dem Vorjahressturm „Friederike“ ist in diesem Jahr somit rund ein Viertel der Die Wasserversorgungsindikatoren weisen z. T. auf einen Sturmmenge des Jahres 2018 angefallen. erheblichen Wasserstress in den Jahren 2018 und 2019 hin, der eine außergewöhnliche Belastung für die Wald- Mit Hilfe der Satellitenaufnahmen des europäischen bäume in NRW darstellt. Die Reaktion der Waldbäume Copernicus-Programms konnten digitale Landkarten auf den Wasserstress sowie die Toleranz hängt von ver- entwickelt werden, welche die Vitalität der Bäume in schiedenen Faktoren ab, u. a. von der Baumart. Die unter- unterschiedlichen Farbstufen darstellen. Hier ist sehr suchten Laubholzbestände verringerten ihre Verdunstung deutlich die Fichten-Vitalitätsabnahme der Jahre 2018 durch Blattrollen oder frühzeitigen Blattabwurf, was und 2019 gegenüber dem Jahr 2017 zu erkennen. Die wiederum mit einer Reduktion der Photosynthese und Daten sind für jedermann online über das Portal www. damit mit einer reduzierten Produktion von energie- waldinfo. nrw.de unter dem Thema „Waldschäden und reichen organischen Stoffen einhergeht. Dies kann zu Gefahrenabwehr/ Vitalitätsabnahme“ frei zugänglich. einer Schwächung des Baums führen, die ggf. erst im Folgejahr zum Tragen kommt. Vor allem in Ostwestfalen und im Münsterland kam es in diesem Jahr an Buchen zu einem deutlich erkenn- Die benachbarten Fichtenbestände litten unter so baren Absterben von Kronen und sogar ganzen Bäumen. großem Wasserstress, dass sie sich nicht mehr gegen Die Ursache ist auf Trocknisschäden zurückzuführen, eindringende Borkenkäfer zur Wehr setzen konnten und die bereits im niederschlagsarmen Jahr 2018 ihren 2019 abgestorben sind. Die Kombination von zwei Anfang nahmen. Zumeist treten die Schäden in Buchen- extremen Hitze-Dürre-Jahren in Folge stellt eine neue altbeständen auf. Dort kommt es in der Krone und am Situation dar, die die Bodenwasserhaushaltssituation Stamm zu einer schnellen Ausbreitung von Rinden- und und die entsprechende Wasserverfügbarkeit für die Holzfäulepilzen. Weiterhin zeigen die Bäume teilweise Wälder stark beeinträchtigt. Die Folgen für die Wälder aus der Rinde austretenden Schleimfluss und werden in NRW sind bisher nicht im vollen Umfang absehbar. von Insekten wie Buchenborkenkäfer und Prachtkäfer befallen. In den betroffenen Wäldern werden auch in den nächsten Jahren weitere Buchen absterben. WALDSCHUTZ Durch die Frühjahrsstürme und Hitze sowie Dürre 2018 begann eine Borkenkäfermassenvermehrung, die sich auch im Jahr 2019 fortsetzte. Aufgrund des letzten warmen Winters konnten die Käfer fast ungehindert überwintern und die in ihrer Vitalität weiterhin sehr geschwächten Fichten in hohen Dichten befallen. Die Borkenkäferkala- mität hat in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen zu vielen absterbenden Fichten geführt. So sind 2019 mehr als 12 Millionen Festmeter Borkenkäferschadholz angefallen. In vielen Gebieten, wie beispielsweise den Niederungen des Regionalforstamtes Soest-Sauerland – in diesem Forstamt sind allein 3 Mio m³ Käferholz angefallen –, lösen sich die Fichtenbestände aufgrund des Befalls fast vollständig auf. Diese Holzmengen zeitnah einzuschlagen Borkenkäfer bei der Arbeit – die braunen Bohrmehlhaufen stammen aus und zu verkaufen, war aufgrund fehlender Holzeinschlags- den Fraßgängen unter der Rinde. 8
Die Waldzustandserfasung 2019 ‒ die wichtigsten Ergebnisse im Überblick PHÄNOLOGIE FORSTLICHES UMWELTMONITORING Im Rahmen des intensiven forstlichen Umweltmonito- Das forstliche Umweltmonitoring (ForUm) ist aus der rings werden in Nordrhein-Westfalen phänologische Debatte über die „neuartigen Waldschäden“ in den Beobachtungen an Waldbäumen durchgeführt. Die 1980er Jahren hervorgegangen. Die übergeordneten phänologischen Entwicklungserscheinungen stehen Ziele des ForUms liegen in in einer engen Beziehung zur Witterung und da in- 1) der Untersuchung des Status und der Entwicklung besondere zum Temperaturverlauf. der erfassten Waldökosysteme und 2) der Analyse von Ursachen-Wirkungszusammenhängen. Das Austriebsverhalten der Bäume und die Länge ihrer Vegetationszeit stellen daher wichtige Weiser im Rahmen Daher basiert das ForUm auf zwei sich ergänzenden der Untersuchungen zum Klimawandel dar. Durch ein Säulen, der landesweit repräsentativen Erhebung auf hinsichtlich des Temperaturverlaufs sehr wechselhaftes einem systematischen Stichprobennetz (Level I) und dem Frühjahr mit außergewöhnlich warmen Temperaturen intensiven Monitoring auf ausgewählten Dauerbeobach- zu Beginn und kühlen Temperaturen im Mai sind Buchen tungsflächen (Level II). und Eichen im Jahr 2019, wie bereits 2018, relativ früh (Mitte April) ausgetrieben, während der Austrieb der Das Level-I-Programm in NRW umfasst die Waldzustands- Fichten 2019 recht spät erfolgte. erhebung, die in diesem Jahr ihr 35-jähriges Jubiläum feiert und damit bundesweit den ältesten Baustein des Der Trend zu einer längeren Vegetationszeit von Buche ForUms darstellt, sowie die Bodenzustandserhebung und und Eiche hat sich durch das Jahr 2018 zusätzlich ver- die immissionsökologische Waldzustandserhebung. stärkt. Für die Eiche lag 2018 sogar die längste bisher beobachtete Vegetationszeit vor. Längere Vegetations- Das intensive Monitoring vertieft die Erhebungen und zeiten bedeuten für die Bäume, dass die Transpirations- Erkenntnisse aus dem Level-I-Monitoring. Seit 1985 ist zeit und damit der Wasserbedarf zunehmen. In Trocken- das ForUm in das europaweite Monitoring eingebunden. jahren wie 2018 und 2019 kann dies zu verschärftem In Zeiten, in denen in den Medien von einem „Waldsterben Wasserstress führen. 2.0“ gesprochen wird, ist das ForUm topaktuell und drin- gend erforderlich, um einen wissenschaftlichen Beitrag Die Intensität der Blüte war bei den Baumarten sehr zur Diskussion zu liefern. Anders als in den 1980er Jahren, unterschiedlich, insgesamt jedoch geringer als im Vorjahr. gewinnen die Ergebnisse des ForUms im Hinblick auf Aus- Zum ersten Mal seit Beginn der Beobachtungen wurde wirkungen des Klimawandels auf Waldökosysteme in NRW jedoch eine vergleichsweise ausgeprägte Fruchtbildung an Bedeutung. Doch auch die Versauerung der Waldböden bei der Eiche und insbesondere bei der Buche beobach- ist kein Thema von gestern und bedeutet zusätzlichen tet, die auf ein Mastjahr (2018) folgte. Für die Ausbildung Stress für die Waldbäume in Zeiten des Klimawandels. von Früchten muss der Baum große Mengen an Energie Eine fortlaufende Beobachtung der Waldökosysteme im zur Verfügung stellen. Für Buche und Eiche kann aus Rahmen des ForUms ist deshalb weiterhin unverzichtbar. der Phänologie unter Berücksichtigung der Witterungs- extreme abgeleitet werden, dass die Jahre 2018 und 2019 Ausnahmejahre bezüglich der Wasser- und Energiever- sorgung darstellen. Jüngere Fichten sind vielerorts weniger von Borkenkäfern befallen worden. 9
Die Vitalität der Baumkronen 2019 DIE VITALITÄT DER BAUMKRONEN 2019 Die Vitalität von Waldbäumen lässt sich gut am Dabei werden aktuell an 560 Stichprobenpunkten mehr Zustand ihrer Kronen ablesen. Zur Einschätzung der als 10.300 Einzelbäume untersucht. Die Probebäume Beschaffenheit der Baumkronen wurde im Juli und sind dauerhaft markiert und werden regelmäßig von August 2019 eine Zustandserfassung auf der gesamten forstlichen Spezialisten aufgenommen. Waldfläche Nordrhein-Westfalens durchgeführt. Durch die kontinuierlichen Untersuchungen sind nicht Neben dem Nadel-/Blattverlust bewertet die Wald- nur Aussagen zum aktuellen Jahr möglich, sondern zustandserfassung verschiedenste Indikatoren, die es können besonders gut die langjährigen Trends bei Einfluss auf das Erscheinungsbild der Baumkronen den einzelnen Baumarten durch Zeitreihen dargestellt haben. Dazu zählen besonders Vergilbung, Fruktifika- werden. Diese Erhebungen vermögen zudem wichtige tion sowie weitere biotische und abiotische Faktoren. Informationen zur aktuellen Diskussion zu den mög- lichen Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels Für die jährlichen Erhebungen zum Waldzustand sind beizusteuern. Zudem steht damit über einen längeren für den Gesamtwald in NRW seit 1984 Stichproben- Zeitraum wertvolles Datenmaterial für das forstliche punkte im Raster von 4 x 4 km festgelegt worden. Umweltmonitoring zur Verfügung. 10
Die Vitalität der Baumkronen 2019 DATEN FÜR DEN BUNDES- VERLICHTUNGSSTUFEN DEUTSCHEN UND EUROPÄISCHEN Die Klassifizierung der Kronenverlichtung erfolgt WALDZUSTANDSBERICHT gemäß der nachstehenden bundesweit einheitlichen Tabelle (Tab. 1). Unter Einbeziehung von Vergilbungs- Im Raster von 16 x 16 km erfolgt eine zusätzliche Stich- stufen entstehen daraus die kombinierten Schad- probenerhebung, deren Daten für den bundesweiten stufen. Dabei werden die Stufen 2 bis 4 zur Waldzustandsbericht verwendet werden. Alle Bundes- „deutlichen Kronenverlichtung“ zusammengefasst. länder steuern dazu ihre Erhebungsergebnisse bei. In den folgenden Grafiken werden die Verlichtungs- Die deutschen Ergebnisse finden zudem Eingang in euro- stufen zur besseren Übersicht gruppiert und in Ampel- päische und internationale Berichte zum Waldzustand. farben dargestellt. HAUPTERGEBNISSE Bereits im letzten Jahr musste für die Wälder in Nordrhein-Westfalen der schlechteste Waldzustand seit Beginn der Untersuchungen im Jahre 1984 festgestellt werden. In diesem Jahr hat sich der Waldzustand als Summe über alle Baumarten noch einmal verschlechtert. Im Vergleich zum Vorjahr hat die deutliche Kronenverlichtung um 3 Prozentpunkte zugenommen und beträgt nun 42 Prozent. Der Anteil der ungeschädigten Bäume ist auf 19 Prozent gesunken, während sich die schwache Kronenverlichtung wie im letzten Jahr bei 39 Prozent eingependelt hat (Abb. 1). TABELLE 1 Kronenverlichtung in Stufen Schadstufe Verlichtung Bezeichnung 0 0–10 % ohne Kronenverlichtung 1 11–25 % Warnstufe (schwache Kronenverlichtung) 2 26–60 % mittelstarke Kronenverlichtung 3 61–99 % starke Kronenverlichtung 4 100 % abgestorben ABBILDUNG 1 Prozentuale Verteilung der Kronenverlichtung 42 19 für die Summe aller Baumarten in NRW ohne deutlich schwach 39 11
Die Vitalität der Baumkronen 2019 Die deutliche Kronenverlichtung ist im letzten Jahr Mit 39 Prozent liegen die Werte der Warnstufe im mittleren sprunghaft angestiegen. In diesem Jahr hat sie nicht langjährigen Bereich. nur das schlechte Niveau gehalten, sondern sich sogar noch weiterhin verschlechtert. Wie in Abbildung 2 Neben der Sichtweise auf Verlichtungsstufen gewährt (S. 13) zu erkennen ist, hat sie erneut einen Höchst- die Darstellung von Mittelwerten einen Einblick in den wert erreicht. durchschnittlichen Schadverlauf der Baumarten. In die- sem Jahr hat der mittlere Nadel-/Blattverlust einen neuen Der Anteil der Kronen ohne Verlichtung hat sich eben- Höhepunkt erreicht. Mit über 28 Prozent haben sich die falls verschlechtert. Auch hier sind die tiefsten Werte bisher höchsten Werte in der Zeitreihe eingestellt (Abb. 3). in der ganzen Zeitreihe erreicht worden. Die Grafik zeigt zudem, dass die Verlustwerte insgesamt über die Jahre prinzipiell stetig zugenommen haben. ABBILDUNG 3 Mittlerer Nadel-/Blattverlust aller Baumarten Zeitreihe in Prozent* 30 25 20 15 10 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2019 * 1996 keine Erhebung Etliche Waldbäche und Rinnsale sind in diesem Sommer ausgetrocknet. 12
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 2 Entwicklung des Kronenzustandes aller Baumarten | 1984 bis 2019 Fläche in Prozent1 2019 42 39 19 2018 39 39 22 2017 25 45 30 2016 29 43 28 2015 26 46 28 2014 36 41 23 2013 29 44 27 2012 25 41 34 2011 33 43 24 2010 23 45 32 2009 21 41 38 2008 25 44 31 2007 27 44 29 2006 27 48 25 2005 25 45 30 2004 29 42 29 2003 24 49 27 2002 24 43 33 2001 27 38 35 2000 30 36 34 1999 24 43 34 1998 21 33 46 1997 21 39 41 1996 2 1995 14 37 49 1994 14 36 50 1993 16 33 51 1992 16 34 50 1991 11 31 59 1990 12 29 58 1989 10 29 61 1988 10 28 62 1987 3 16 29 55 1986 10 30 60 1985 9 26 65 1984 10 31 59 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 deutliche Kronenverlichtung schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) ohne Kronenverlichtung 1 Durch Rundungsdifferenzen können in einzelnen Jahren kleine Abweichungen in der Gesamtsumme entstehen; 2 kein Landesergebnis; 3 nur bedingt mit den übrigen Jahren vergleichbar 13
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABSTERBERATE sich die in der jüngeren Vergangenheit angebahn- ten und durch die beiden letzten Extremjahre Für den Gesundheitszustand des Waldes ist die Absterbe- beschleunigten Schädigungen des Waldes in rate ein grundlegender Indikator. In ihn gehen die Bäume verstärktem Maße auszuweiten. Es muss damit der Schadstufe 4 ein. Von den ca. 10.300 untersuchten gerechnet werden, dass die extremen Einfluss- Bäumen waren in diesem Jahr etwa 2,4 Prozent abgestorben. faktoren auf den Wald auch in den Folgejahren Die Werte der Absterberate bewegten sich in der Zeitreihe vermehrt nachwirken werden. bisher in einem engen Fenster zwischen 0,07 Prozent als Minimum und 0,44 Prozent als Maximalwert. 2019 ist es bei allen Baumarten zu einem starken Anstieg der Absterberate gekommen (Abb. 4). Die Im Mittel über alle Jahre lag die Absterberate bis zum höchste Zunahme findet sich bei der Fichte, die mit letzten Jahr bei 0,21 Prozent. 5,7 Prozent enorm zugenommen hat und aus allen anderen Baumarten beträchtlich herausragt. Der In diesem Jahr ist die Absterberate mehr als 10-fach aktuelle Fichtenwert ist damit fast 30-mal höher als höher als das bisherige langjährige Mittel. Hier beginnen das bisherige langjährige Mittel. ABBILDUNG 4 Absterberaten aller Baumarten Zeitreihe in Prozent* 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2019 Buche Eiche Fichte Kiefer * 1996 keine Erhebung Die abgefallenen Fichtenzapfen der starken letztjährigen Mast bedecken in vielen Wäldern den Boden. Aus den Samen werden etliche neue Bäume keimen. 14
Die Vitalität der Baumkronen 2019 Der Kronenzustand der einzelnen Baumarten unterscheidet sich häufig von den summarischen Ergebnissen des Gesamtwaldes. Deshalb werden die Hauptbaumarten im Folgenden noch einmal getrennt betrachtet. ERGEBNISSE ZU DEN Bei der Fichte erkennt man, dass auch hier bei den höheren Verlichtungsprozenten die Kurve zunächst recht langsam WICHTIGSTEN BAUMARTEN abfällt. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich erneut eine Verschiebung zu einer gesteigerten Verlichtung vollzogen. Tabelle 2 lässt einen differenzierten Blick auf die einzelnen Baumarten zu. Dabei sind die Altersgruppen zusammen- Bei der Buche zeigt die Kurve zwischen 10 und 25 Prozent gefasst. Die folgende Wertung der Ergebnisse bezieht sich einen Plateaueffekt, bei dem sie fast waagerecht verläuft, auf die Veränderung zu den Zahlen des Vorjahres. um dann erst anschließend langsam abzufallen. Abbildung 5 (S. 16) zeigt, dass bei den Hauptbaumarten Von der Kiefer abgesehen, haben unsere Hauptbaum- das Maximum der Häufigkeit ihrer Verlichtungsprozente arten kaum fruktifiziert (Abb. 6, S. 16). Nach einer stärkeren eher im gelben Bereich zwischen 10 und 25 Prozent liegt. Samenbildung im Vorjahr hat besonders die Eiche nun Die Kiefer ragt dabei mit einer deutlichen Spitze heraus. eine Pause eingelegt. Bei der Buche sind nur gelegentlich Bei der Eiche hingegen spiegelt sich der schlechte Kronen- Bucheckern ausgebildet worden. Bemerkenswert ist das zustand auch im Verlauf ihrer Kurve wider. Die hohen Ver- fast vollständige Fehlen von Zapfen bei der Fichte. Sie lichtungsprozente des Vorjahres haben sich aktuell mit hat nach der stärkeren Fruchtbildung im letzten Jahr einer Steigerung im roten Bereich fortgesetzt. und unter den hohen Belastungen des aktuellen Jahres keinerlei neue Samen ausgebildet. TABELLE 2 Schadstufen je Baumartengruppe | 2019 Ergebnisse der Waldzustandserfassung (in Klammern Vergleichsdaten aus 2018) Anteile der Schadstufen in Prozent Baumartenfläche 0 1 2‒4 nach Landeswald- ohne Kronen- schwache Kronen- deutliche Kronen- Baumart inventur in Hektar verlichtung verlichtung verlichtung Fichte 260.700 22 (27) 36 (36) 42 (37) Kiefer 65.500 11 (12) 59 (60) 30 (28) Sonstige Nadelbäume 51.200 36 (40) 37 (40) 27 (20) Summe Nadelbäume 377.400 22 (26) 40 (40) 38 (34) Buche 167.900 18 (17) 41 (35) 41 (48) Eiche 136.300 12 (15) 31 (35) 57 (50) Sonstige Laubbäume 200.600 18 (20) 42 (43) 40 (37) Summe Laubbäume 504.800 16 (18) 39 (38) 45 (44) Summe NRW 882.200 19 (22) 39 (39) 42 (39) 15
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 5 Verteilung der Nadel-/Blattverluste bei den Hauptbaumarten | 2019 Häufigkeitsverteilung der Verlichtungsprozente (farbige Hinterlegung der Verlichtungsstufen) 25 20 15 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Buche Eiche Fichte Kiefer ABBILDUNG 6 Anteil der Fruktifikation je Baumart | 2019 Angaben in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Buche Eiche Fichte Kiefer stark mittel gering nicht vorhanden 16
Die Vitalität der Baumkronen 2019 EICHE So schlecht wie in diesem Jahr ist es der Eiche im gesamten Untersuchungszeitraum noch nie ergangen. Nur noch 12 Prozent der Bäume zeigen keine Kronen- verlichtung (Abb. 7, S. 18). Nach der drastischen Erhö- hung der deutlichen Schäden im letzten Jahr sind diese jetzt erneut um 7 Prozentpunkte gestiegen und betragen nun 57 Prozent. In der Warnstufe der schwachen Kronenverlichtung befinden sich 31 Prozent der Eichen. Damit zählt die Eiche im Rahmen der Waldzustands- erfassung erneut zur der am stärksten beeinträchtigten Baumart in NRW. Die langjährige Kette von wiederkehrenden Ereignissen, die die Eiche stark unter Stress gesetzt haben, wie z. B. Insektenfraß, Dürre, Stürme, Pilzbefall, häufige Frukti- fikation etc., zeigt in diesem Jahr abermals Wirkung. In den letzten Jahren hatte die Eiche (wie aber auch die meisten anderen Waldbäume) kaum eine Chance zur Eine starkastige Eiche lässt im Frühjahr Lücken im Blattwerk erkennen. Erholung. Ein Schadereignis folgte auf das andere, häufig kombiniert und sich gegenseitig verstärkend. Die Widerstandskraft der Bäume ist unter der Dauer- belastung zurückgegangen. Es gibt immer weniger Kraft Besonders junge Bäume haben unter der diesjährigen und Reserven zur Regeneration. Sommertrockenheit stärker gelitten. Viele Eichenkulturen sind vertrocknet und haben den Sommer nicht überlebt. Eichen können mit ihrem tief reichenden Wurzelwerk der Trockenheit prinzipiell etwas besser begegnen als andere Das Frühjahr hat die Entwicklung der Insekten der viel- Baumarten. Jedoch war das Ausmaß der Sommertrocken- fältigen Eichenfraßgesellschaft begünstigt. Vor allem heit diesjährig stellenweise so groß, dass die Eichen trotz- die Raupen der Schmetterlinge Eichenwickler (Tortrix dem sehr schnell unter Wasserstress geraten sind. Da viridana) und Frostspanner (Operophtera brumata / schon das Vorjahr ein Trockenjahr gewesen ist, unter dem Erannis defoliaria) konnten sich gut vermehren und haben die Bäume gelitten haben, führte das zu einer gesteigerten einen stärkeren Blattfraß in den Eichenkronen erzeugt Empfindlichkeit für den partiellen Wassermangel. (Abb. 8, S. 19). 17
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 7 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Eichen | 1984 bis 2019 Fläche in Prozent1 2019 57 31 12 2018 50 35 15 2017 33 43 24 2016 29 41 30 2015 40 41 19 2014 48 37 15 2013 52 31 17 2012 54 30 16 2011 46 37 18 2010 54 30 16 2009 39 36 25 2008 51 30 19 2007 43 35 22 2006 32 43 25 2005 42 39 18 2004 39 37 24 2003 40 43 18 2002 29 45 26 2001 44 35 22 2000 39 40 21 1999 51 32 17 1998 36 35 28 1997 47 34 19 19962 1995 20 46 34 1994 26 47 27 1993 31 39 30 1992 27 40 33 1991 18 42 41 1990 13 39 48 1989 19 41 40 1988 17 42 41 19873 19 40 41 deutliche Kronenverlichtung 1986 9 38 52 schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) 1985 7 32 61 ohne Kronenverlichtung 1984 5 29 66 1 Durch Rundungsdifferenzen können in einzelnen Jahren kleine Abweichungen in der Gesamtsumme entstehen; 2 kein Landesergebnis; 3 nur bedingt mit den übrigen 0 20 40 60 80 100 Jahren vergleichbar 18
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 8 Befall der Eichen mit Schmetterlingsraupen | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 stark gering * 1996 keine Erhebung Der Eichenmehltaupilz (Erysiphe alphitoides), der ins- stämmen gefunden. Der Blattfraß der Raupen kann an besondere auf den Eichenblättern der frischen Regenera- den geschwächten Bäumen eine zusätzliche Belastung tionsbelaubung, die sich nach Blattfraß bildet, vorkommt, bewirken, insbesondere, wenn er mit dem gleichzeitigen war in diesem Jahr aktiv. Schon junge Keimlinge wurden Befall von Eichenwickler und Frostspanner zusammentrifft. häufig vom Pilz befallen und wurden dadurch in ihrer weiteren Entwicklung beeinträchtigt. Nachdem 2018 für die Eichen ein Mastjahr gewesen ist, haben in diesem Jahr die Bäume nur sehr vereinzelt noch Die Wärme liebenden Eichenprachtkäfer (z. B. Agrilus Früchte ausgebildet. Das spart den Eichen Kraft und hat biguttatus) befallen die Eichen in wiederkehrenden verhindert, dass sich der Kronenzustand noch schlechter Wellen. Sie waren auch in diesem Jahr in den Eichen- darstellt, als er ohnehin schon ist. kronen aktiv und beeinträchtigten die Bäume. Ab 2002 sind die Eichen in der Waldzustandserfassung Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea proces- zusätzlich in Stiel- und Traubeneichen unterschieden und sionea) ist ein Schmetterling, dessen Raupen durch das gesondert erfasst worden. Damit kann man die beiden bei Produzieren von Brennhaaren beim Menschen gesund- uns vorkommenden Eichenarten noch einmal getrennt heitsschädliche Reaktionen hervorrufen können. Auch analysieren. Insbesondere unter der Fragestellung, welche diese Falter werden durch das wärmere Wetter begünstigt Baumarten den Herausforderungen des Klimawandels und sind in ihrer Verbreitung auf dem Vormarsch. In besser begegnen können, kann eine solche Betrachtung diesem Jahr wurden an den Waldrändern, Straßen- und Impulse beisteuern. Dabei zeigt sich, dass die Trauben- Parkbäumen Eichen stärker befallen. Die auffälligen eiche durchgängig weniger stark von Blattverlusten beein- Gespinstnester wurden immer zahlreicher an den Baum- trächtigt ist als die Stieleiche (Abb. 9, S. 20). 19
Die Vitalität der Baumkronen 2019 Eichen- und Fichtensamen haben überall Keimlinge gebildet. ABBILDUNG 9 Mittlerer Blattverlust bei Stiel- und Traubeneiche | 2002 bis 2019 Angaben in Prozent* 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2019 Stieleiche Traubeneiche 20
Die Vitalität der Baumkronen 2019 BUCHE Die Buche ist in diesem Jahr die einzige Baumart, bei der sich der Kronenzustand gebessert hat. Die deutlichen Schäden sind um 7 Prozentpunkte auf 41 Prozent gesunken. Der Anteil der gesunden Bäume entspricht mit 18 Prozent in etwa dem Vorjahreswert. Die Zahl der Buchen mit einer schwachen Kronenverlichtung hat um 6 Prozentpunkte zugenommen und beläuft sich nun auf 41 Prozent (Abb. 10, S. 22). Hauptursache für die Verbesserung des Kronenzustands ist das weitestgehende Ausbleiben der Fruktifikation (Abb. 11, S. 23). Die Bäume haben, mit lokalen Unter- schieden, insgesamt nur mäßig Bucheckern produziert. Eine abgestorbene Buche ist als Biotopbaum gekennzeichnet. 2018 hingegen ist für die Buche ein starkes Mastjahr gewesen, in dem viel Energie in die Bildung von Samen geflossen ist, was meist auf Kosten der Blattentwicklung tern miniert und meist die vorderen Blattbereiche durch gegangen ist. In diesem Jahr waren die Blätter wieder Nekrosen zum Absterben bringt. Für die Buchen in NRW größer und zahlreicher. Bemerkenswert ist, dass nach kann eine gewisse Befallsstärke als normal angesehen einem starken Mastjahr wie 2018 direkt in Folge wieder werden, die von den Bäumen auch verkraftet wird. Erst bei Bucheckern produziert worden sind. stärkerem Befall kommt es zu Vitalitätseinbußen. Für die geschwächten Buchen ist aber auch der Springrüssler- Dieses Ergebnis darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, befall ein weiterer nicht zu unterschätzender Stressfaktor. dass das Schadniveau bei den Buchen immer noch sehr hoch ist. Auch wenn sich im Vergleich zum Vorjahr eine Neuerdings werden die Buchen in NRW vom zwei Borken- Verbesserung der Kronenverlichtung ergeben hat, geht käferarten, wie z. B. dem Kleinen Buchenborkenkäfer es den Buchen keineswegs gut. (Taphrorychus bicolor) vermehrt befallen. Sie sind oft vergesellschaftet mit dem Buchenprachtkäfer (Agrilus So haben die Bäume in diesem Jahr wiederum mit Dürre viridis). und Hitze zu kämpfen gehabt. Als eine deutliche Reaktion darauf konnte häufig beobachtet werden, dass die Buchen Diese Käferarten treten insbesondere nach Dürre und zum Transpirationsschutz ihre Blätter eingerollt hatten. Hitzejahren auf und schädigen die geschwächten Bäume durch Fraß und weitere Prozesse unter der Rinde. Die Da unter dem Niederschlagsdefizit zunächst die oberen Befallsstärke ist zur Zeit noch moderat. Sollten sich die Bodenschichten austrocknen, reagieren besonders die Klimawandeleffekte aber weiter etablieren, ist mit einer jungen Bäume mit ihren noch nicht so tief reichenden Zunahme auch dieser Käferarten zu rechnen. Wurzeln auf den fehlenden Niederschlag. Etliche Kulturen wiesen Trockenschäden auf bis hin zum Totalausfall auf In Ostwestfalen sowie im Münsterland und im Ruhrgebiet ganzer Fläche. ist es zum zahlreichen Absterben von vor allem älteren Buchen gekommen. Die Baumkronen verlichten dabei Der Buchenspringrüssler (Orchestes fagi) ist ein Käfer, und einzelne Äste sterben ab. Die vitalitätsgeschwächten der als Dauergast in der Buche angesehen werden muss. Buchen werden zudem vermehrt von Insekten und Pilzen Aktuell hat sich eine etwas erhöhte Befallsstärke gezeigt befallen. Es entstehen Holzfäulen, die zu stärkeren Astab- (Abb. 12, S. 23). Neben dem Lochfraß des Käfers an den brüchen führen können. Am Ende dieses potenziell rasant Blättern schädigt zusätzlich seine Larve, die in den Blät- ablaufenden Prozesses steht häufig der Tod des Baumes. 21
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 10 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Buchen | 1984 bis 2019 Fläche in Prozent1 2019 41 41 18 2018 48 35 17 2017 27 43 30 2016 48 35 17 2015 24 49 27 2014 55 33 12 2013 29 43 28 2012 28 41 31 2011 55 33 12 2010 19 52 28 2009 33 42 25 2008 25 46 29 2007 42 38 21 2006 34 42 23 2005 35 44 21 2004 49 35 16 2003 25 53 22 2002 37 40 23 2001 38 39 23 2000 52 29 19 1999 28 52 20 1998 29 38 33 1997 20 51 30 Die schwarzen Bohrlöcher zeigen den Befall einer Buche mit Buchen- 19962 borkenkäfern. 1995 28 45 27 1994 20 46 35 1993 25 43 32 1992 29 41 30 1991 18 39 43 1990 28 39 32 1989 9 38 53 1988 10 37 54 19873 34 41 25 deutliche Kronenverlichtung 1986 8 36 56 schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) 1985 6 30 64 ohne Kronenverlichtung 1984 6 32 62 1 Durch Rundungsdifferenzen können in einzelnen Jahren kleine Abweichungen in der Gesamtsumme entstehen; 2 kein Landesergebnis; 3 nur bedingt mit den übrigen 0 20 40 60 80 100 Jahren vergleichbar 22
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 11 Intensität der Fruchtbildung bei Buchen | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 100 80 60 40 20 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 stark mittel gering * 1996 keine Erhebung ABBILDUNG 12 Befall der Buchen mit Buchenspringrüssler | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 stark gering * 1996 keine Erhebung 23
Die Vitalität der Baumkronen 2019 FICHTE stand im warmen Frühjahr für die Borkenkäfer reichlich Brutmaterial zur Verfügung. Die weitere Wetterentwick- Musste der Fichte im letzten Jahr der schlechteste lung begünstigte die Käferverbreitung rasant. Hinzu Kronenzustand seit Beginn der Untersuchungen attestiert kommt, dass die starke Käferpopulation in 2018 den werden, ist dieser Rekord jetzt schon wieder eingestellt Winter gut überstanden hat und dies dazu führte, dass worden. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die deut- zum Jahresbeginn 2019 schon extrem viele Käfer vor- lichen Kronenschäden um weitere 5 Prozentpunkte auf handen waren, die die geschwächten Fichten sofort 42 Prozent verschlechtert (Abb. 13, S. 25). befielen (Abb. 14, S. 26). Um die gleiche Rate hat der Anteil der gesunden Bäume Vitalitätsverlust bei den Bäumen, Dürre und ein sehr abgenommen. Er beträgt nur noch 22 Prozent. Auch für hoher Ausgangsbestand bei den Borkenkäfern bewirkte, diese Schadstufe ist damit ein bisheriger Minimalwert dass sich die Käfer explosionsartig mit mehreren Gene- erreicht worden. rationen vermehren konnten. Viele Fichten zeigen hohe Nadelverluste und etliche sind schon zeitig abgestorben. Die Warnstufe der schwachen Kronenschäden liegt mit 36 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Die Waldzustandserfassung öffnet ein Beobachtungs- fenster für ca. sieben Wochen im Juli und im August. Das Sturm, Dürre und Käfer – das ist die Kurzfassung für die Kronenmonitoring untersucht den Zustand der Baum- Einflussfaktoren auf die Situation der Fichte in diesem Jahr. kronen also nur in diesem Zeitabschnitt. Jedoch wird be- sonders der Käferbefall mit seinen Folgen bis zum Winter In diesem Jahr haben sich die gravierenden Wirkfaktoren 2019 weitergehen. Die insgesamt dramatische Situation des letzten Trockenjahres wiederholt und z. T. verstärkt. der Fichte wird also nicht in Gänze erfasst. Es ist davon Das Wasserdefizit hat der Fichte in diesem Jahr erneut auszugehen, dass im weiteren Jahresverlauf noch viele zugesetzt. Als Baumart, die überwiegend flach wurzelt, Fichten befallen und absterben werden. Die Effekte der reagiert sie besonders schnell auf Wassermangel, der letzten beiden Extremjahre werden zudem noch weit in sich zuerst in den oberen Bodenschichten bemerkbar die Zukunft reichen und mehrere Jahre nachwirken. gemacht hat. Bei Kulturen und Jungwüchsen ist es auf mehreren Flächen zu trockenheitsbedingten Ausfällen Zapfenbildung konnte in diesem Jahr bei der Fichte gekommen. nicht beobachtet werden (Abb. 15, S. 26). Die mögliche Erholung durch das Ausbleiben der Fruktifikation wurde Die partielle Dürre hat die Fichten unter hohen Stress ge- durch die extremen Belastungen der Bäume weitest- setzt und die Vitalität der Bäume erheblich eingeschränkt. gehend kompensiert. Dies wirkte sich besonders negativ auf die Abwehr von Borkenkäfern aus. Fichten können Borkenkäferangriffen normalerweise durch einen erhöhten Harzfluss begegnen. Die Käfer werden dann meist schon beim Einbohren in die Rinde im Harz ertränkt. Durch die Trockenheit in diesem und im letzten Jahr waren viele Fichten aber nicht mehr in der Lage, ausreichend Harz zu bilden. 2019 ist ein schlimmes Borkenkäferjahr. Durch den Sturm „Friederike“ zum Jahresbeginn 2018 sind viele Fichten abgebrochen oder umgekippt. Nicht alles Sturmholz konnte bisher aufgearbeitet und aus dem Wald entfernt werden. Hinzu kommt noch ein hoher Anteil von Käferholz aus dem letzten Jahr, das über Winter nicht aufgearbeitet werden konnte und im Wald verbleiben musste. Somit Massenhafter Befall von Borkenkäferlarven unter der Fichtenrinde 24
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 13 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Fichten | 1984 bis 2019 Fläche in Prozent1 2019 42 36 22 2018 37 36 27 2017 24 42 34 2016 30 40 30 2015 28 41 31 2014 33 40 27 2013 26 45 29 2012 21 42 37 2011 27 43 31 2010 18 45 37 2009 15 39 45 2008 20 43 36 2007 23 46 31 2006 26 46 28 2005 23 40 37 2004 20 44 36 2003 20 45 35 2002 19 40 41 Dürre, Käfer und Sturm zeigen ihre Folgen in vielen Fichtenbeständen. 2001 23 35 42 2000 24 31 46 1999 14 38 48 1998 16 29 55 1997 14 31 55 1996 2 1995 9 28 63 1994 12 26 62 1993 12 26 62 1992 10 26 64 1991 9 24 67 1990 8 23 69 1989 7 21 72 1988 8 22 70 19873 12 21 67 deutliche Kronenverlichtung 1986 11 23 67 schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) 1985 10 22 68 ohne Kronenverlichtung 1984 11 29 60 1 Durch Rundungsdifferenzen können in einzelnen Jahren kleine Abweichungen in der Gesamtsumme entstehen; 2 kein Landesergebnis; 3 nur bedingt mit den übrigen 0 20 40 60 80 100 Jahren vergleichbar 25
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 14 Befall der Fichten mit Borkenkäfern | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 stark gering * 1996 keine Erhebung ABBILDUNG 15 Intensität der Zapfenbildung bei Fichten | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 100 80 60 40 20 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 stark mittel gering * 1996 keine Erhebung 26
Die Vitalität der Baumkronen 2019 KIEFER Zusätzlicher Druck auf den Bestand der Kiefern wurde durch das sporadische Auftreten von Schadinsekten Bei der Kiefer entspricht der Kronenzustand, weitest- aufgebaut, wie verschiedene Kiefern-Borkenkäfer (Ips gehend den Werten des Vorjahres. Trotzdem muss eine spec.), Blauer Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea/ geringfügige Verschlechterung festgestellt werden. Die Phaenops formaneki) und Waldgärtner (Tomicus piniperda/ deutliche Kronenverlichtung hat um 2 Prozentpunkte Tomicus minor). zugenommen und beträgt nun 30 Prozent. So hohe Werte wurden zuletzt vor etwa 35 Jahren gemessen Generell gilt die Kiefer als trockenheitsverträglicher (Abb. 16, S. 28). als die meisten anderen heimischen Hauptbaumarten. Trotzdem hat die wiederholte Sommertrockenheit ihr auf Die Bäume ohne Kronenverlichtung kommen nur noch vielen Standorten zu schaffen gemacht. Hinzu kommen mit einem Anteil von 11 Prozent vor. Das ist eine Ver- Insekten- und Pilzbefall. So sind auch bei dieser Baumart schlechterung von 1 Prozentpunkt und liegt damit nahe erhöhte Verlichtungswerte entstanden. Trotz des gestei- am Vorjahreswert. Das ist in dieser Stufe erneut der gerten Nadelverlustes ist die Kiefer im Vergleich zu den schlechteste Wert in der Zeitreihe. anderen Hauptbaumarten noch am wenigsten geschädigt. Die Kiefer weist prinzipiell einen verhältnismäßig geringen Anteil an deutlichen Schäden auf, aber gleichzeitig sind auch recht wenige gesund. Daraus ergibt sich ein stark ausgeprägter Bereich der schwachen Kronenverlichtung. Mit 59 Prozent befinden sich damit deutlich mehr als die Hälfte aller Kiefern in dieser Warnstufe. In der Regel ist die jährliche Fruktifikation bei der Kiefer oft etwas deutlicher ausgeprägt als bei den anderen Hauptbaumarten. Blüte und Zapfenanhang haben sich in diesem Jahr durchschnittlich entwickelt (Abb. 6, S. 15). Im Jahresverlauf sind immer wieder Kiefern mit braunen Nadeln beobachtet worden. Ursache ist die Erkrankung mit einem Pilz (Sphaeropsis sapinea), der zum Diplodia- Triebsterben vornehmlich bei Kiefern führt. Dabei werden die Nadeln an den Triebspitzen braun und können in weiteren Befallsstadien ganz abfallen. Im schlimmsten Fall kann der Baum absterben. Der Pilz ist wärmeliebend und tritt häufig zeitversetzt nach Trockenheit auf. Als weitere Ursache für braune und abfallende Nadeln sind Schütte-Pilze zu sehen. Hauptverursacher der Kiefernschütte ist der Pilz Lophodermium seditiosum, eine Pilzerkrankung, die in den Jahren in unterschied- licher Intensität auftritt. Insbesondere bei jüngeren Kiefern können dadurch hohe Nadelverluste entstehen. „Schlängelwuchs“ in einer Kiefernkrone 27
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ABBILDUNG 16 Entwicklung der Kronenverlichtung bei Kiefern | 1984 bis 2019 Fläche in Prozent1 2019 30 59 11 2018 28 60 12 2017 19 68 13 2016 13 65 22 2015 16 68 16 2014 23 61 16 2013 24 61 15 2012 13 58 29 2011 18 58 24 2010 15 55 29 2009 14 60 27 2008 20 56 24 2007 13 53 35 2006 18 62 21 2005 12 69 19 2004 19 53 28 2003 20 61 19 2002 15 57 28 2001 20 51 29 2000 17 50 34 1999 26 59 15 1998 11 46 43 1997 14 48 39 19962 1995 12 48 40 1994 14 50 36 1993 8 47 46 1992 13 44 43 1991 9 38 53 1990 9 38 54 1989 11 39 50 1988 17 41 42 19873 7 43 50 deutliche Kronenverlichtung 1986 21 48 31 schwache Kronenverlichtung (Warnstufe) 1985 30 44 26 ohne Kronenverlichtung 1984 31 48 22 1 Durch Rundungsdifferenzen können in einzelnen Jahren kleine Abweichungen in der Gesamtsumme entstehen; 2 kein Landesergebnis; 3 nur bedingt mit den übrigen 0 20 40 60 80 100 Jahren vergleichbar 28
Die Vitalität der Baumkronen 2019 WEITERE BAUMARTEN Neben der katastrophalen Situation der Fichte und dem schlechten Kronenzustand der anderen Hauptbaumarten haben aber auch weitere Baumarten unter den Auswirkungen des Klimawandels gelitten. Baumarten, die in NRW eine geringere Verbreitung haben, werden durch die WZE ebenfalls untersucht. So können bei einigen von ihnen Aussagen zu ihrer Situation gemacht werden: ESCHE Die Esche ist ein Waldbaum, der in NRW nicht sehr häufig ist. Im Stichprobenkollektiv der Waldzustandserfassung kommen deshalb auch nur relativ wenige Eschen vor. Jedoch müssen besorgniserregende Veränderungen in den Baumkronen der Eschen beobachtet werden. Das Eschentriebsterben ist eine relativ neue Erkrankung. Der Erreger ist ein Pilz (Hymenoscyphus fraxineus), der bewirkt, dass Triebe und Blätter welken, schwarz werden und abfallen. Die Kronen der Eschen können dadurch nachhaltig geschädigt werden und verlichten. Beobach- tungen zeigen, dass diese Erkrankung sich in NRW zu- nehmend ausbreitet und den Eschenbestand gravierend beeinträchtigen kann. Durch das Eschentriebsterben geschädigte Baumkrone Die diesjährigen Untersuchungen belegen bei den Eschen einen leichten Rückgang der Kronenschäden (Abb. 17). Möglicherweise hat der pathogene Pilz ebenfalls unter der Hitze und Trockenheit etwas von seiner Vitalität verloren. Aus diesen Ergebnissen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass das Eschentriebsterben auf dem Rückzug wäre. ABBILDUNG 17 Verlauf des Eschentriebsterbens | 2010 bis 2019 Angaben in Prozent 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 stark gering 29
Die Vitalität der Baumkronen 2019 ROSSKASTANIE Rosskastanien sind als Stadt- und Alleebäume bei uns verbreitet. Im Wald kommen sie nur in geringem Umfang vor. Seit mehreren Jahren leidet die Rosskastanie unter der Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella), deren Raupen den Bäumen stark zusetzen. Die Raupen dieses Kleinschmet- terlings fressen innerhalb der Blätter (minieren) und zerstören dort wichtige Zellbereiche. Sie sorgen so für braunes Laub, das dann auch vorzeitig im Sommer abfällt. Insbesondere durch mehrjährigen, wiederholten Befall werden die Rosskastanien geschwächt. Kommen noch weitere Stressfaktoren oder Infektionen hinzu, können die Bäume absterben. Auch in diesem Jahr waren die braunen und trockenen Baumkronen auffällig. Der Befall hat momentan in NRW eine weitreichende Verbreitung erfahren. Sollte eine Eindämmung der Miniermotte nicht möglich sein, sind die Ross- kastanien in ihrem Bestand stark bedroht. Von der Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella) befallene Blätter AHORN Der mittlere Blattverlust beim Ahorn ist in den letzten beiden Jahren stark angestiegen. Neben den Beeinträchtigungen durch die aktuellen Umwelt- einflüsse leidet der Ahorn unter der Rußrindenkrankheit, die durch den Pilz Cryptomstroma corticale, ein Schwächeparasit, verursacht wird. Der Pilz ruft ein Triebsterben mit Blattverlust hervor, das letztlich zum Tod des Baumes führen kann. Durch die Trockenheit begünstigt, hat sich der Pilz mittlerweile über ganz NRW ausgebreitet. Die schwarzen Pilzsporen sammeln sich unter der Rinde und werden insbesondere beim Fällen der erkrankten Bäume in Wolken freigesetzt. Da sie schwere Atemwegsprobleme erzeugen können, sind sie auch für den Menschen gefährlich. 30
Die Vitalität der Baumkronen 2019 DOUGLASIE Die Douglasie, eine im äußeren Erscheinungsbild der Fichte sehr ähnliche Baumart, hat bei den langjährigen Untersuchungen gezeigt, dass sie insge- samt einen etwas besseren Kronenzustand aufzuweisen hat. Im Vergleich mit den Kronenschäden der Fichte hat sie stets niedrigere durchschnittliche Werte (Abb. 18). Dabei muss aber beachtet werden, dass erheblich weniger Douglasien als Fichten im Untersuchungskollektiv vorkommen. Besonders die letzten Jahre, in denen es der Fichte sehr schlecht ergangen ist, hat die Douglasie deutlich besser verkraftet. Zudem hat es bei ihr bisher keinen nennenswerten Insektenbefall gegeben. Anscheinend kommt sie mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen besser zurecht als die Fichte. ABBILDUNG 18 Fichte und Douglasie | Vergleich des mittleren Nadelverlustes | 1989 bis 2019 Angaben in Prozent* 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1989 1992 1997 2002 2007 2012 2019 Fichte Douglasie * 1996 keine Erhebung 31
Die Vitalität der Baumkronen 2019 FAZIT BEI DEN HAUPTBAUMARTEN • Die mehrfachen Dauerbelastungen durch Insekten, Wasserstress, Pilzbefall, Hitze etc. haben die Wider- Das Jahr 2019 hat für die meisten Waldbäume keine standskraft der EICHE stark geschwächt. Es sind kaum Verbesserung gebracht. Das vorangegangene Extremjahr noch Reserven und Kraft zur Regeneration vorhanden. mit seinen klimatischen und biologischen Beeinträch- Erholungsphasen fehlten dieses Jahr erneut. Da konnte tigungen ist 2019 in vielen Bereichen noch einmal über- auch die deutlich reduzierte Fruktifikation kaum Abhilfe troffen worden. schaffen. Die Insekten der Eichenfraßgesellschaft waren aktiv und haben Blattschäden in den Baum- Besonders Hitze und Dürre haben viele Waldbäume kronen angerichtet. Erneut ist die Eiche die Baumart, wieder an ihre Grenzen gebracht. die in NRW die deutlichste Kronenverlichtung zeigt. Die Witterungsbedingungen, insbesondere im Frühjahr, • Bei der BUCHE hat sich als einziger Baumart die waren für die meisten Insekten ideal und haben zu einem Kronenverlichtung etwas gebessert. Die kräftezeh- starken Befall unserer vorgeschwächten Waldbäume rende Fruchtbildung ist bei ihr stark zurückgegangen. geführt. Bucheckern wurden nur im geringen Ausmaß gebildet. In und nach Trockenjahren treten vermehrt Buchen- Die Mehrfachbelastungen haben sich gegenseitig ver- borkenkäfer auf. Dies konnte auch in diesem Jahr stärkt und so zum schlechtesten Waldzustand seit Beginn beobachtet werden. In Verbindung mit weiterem Insek- der Untersuchung 1984 geführt. tenbefall zeigten die geschwächten Buchen in diesem Jahr viele Schadsymptome. Regional gab es vermehrt Bei allen Bewertungen des Waldzustandes muss zudem absterbende Buchen, bei denen der zusätzliche Befall bedacht werden, dass auch die Waldböden immer noch mit Pilzen eine größere Rolle gespielt hat. Trotz der beeinträchtigt sind. Zwar konnten diverse Untersuchungen Verbesserung der Verlichtungswerte befinden sich die eine langsame Besserung des Bodenzustandes verzeich- Kronenbeeinträchtigungen auf einem hohen Niveau. nen, jedoch kann von einer Wiederherstellung der Böden noch nicht gesprochen werden. • Für die FICHTE ist dieses Jahr besonders katastophal. Die Frühjahrs- und Sommertrockenheit hat ihr wieder stark zu schaffen gemacht. Durch ihr flaches Wurzel- system stellte sich Wasserstress sehr schnell ein. Das enorme Problem ist jedoch die Massenvermehrung der Borkenkäfer, die die Fichte extrem schädigen und in großer Zahl zum Absterben bringen. Die deutliche Kronenverlichtung zeigt wieder die höchsten Werte seit Beginn der Untersuchungen. • Die Verschlechterung des Kronenzustands bei der KIEFER ist nur gering und entspricht näherungsweise den Vorjahreswerten. Neben den witterungsbedingten Beeinträchtigungen hat sie in diesem Jahr vermehrt unter Pilzbefall gelitten. Auch Käferbefall kam regional zunehmend vor. Obwohl die Kiefer unter den Haupt- baumarten die geringsten Schadwerte aufweist, ist ihre Kronenverlichtung in diesem Jahr so gravierend, Auf zusammenbrechenden Fichtenbeständen folgt die Wiederbewaldung. Im Hintergrund haben sich auf früheren Kahlflächen bereits Laubbäume wie sie in der ganzen Zeitreihe von 1984 an nicht vor- angesiedelt. gekommen ist. 32
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