BAG-Bulletin 6/2018 Informationsmagazin für medizinische Fachpersonen und Medienschaffende - Admin.ch
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Ausgabe vom 5. Februar 2018 BAG-Bulletin Woche 6/2018 Informationsmagazin für medizinische Fachpersonen und Medienschaffende
Impressum HERAUSGEBER Bundesamt für Gesundheit CH-3003 Bern (Schweiz) www.bag.admin.ch REDAKTION Bundesamt für Gesundheit CH-3003 Bern Telefon 058 463 87 79 drucksachen-bulletin@bag.admin.ch DRUCK Stämpfli AG Wölflistrasse 1 CH-3001 Bern Telefon 031 300 66 66 ABONNEMENTE, ADRESSÄNDERUNGEN BBL, Vertrieb Bundespublikationen CH-3003 Bern Telefon 058 465 5050 Fax 058 465 50 58 verkauf.zivil@bbl.admin.ch ISSN 1420-4266 DISCLAIMER Das BAG-Bulletin ist eine amtliche Fachzeitschrift, die wöchentlich in französischer und deutscher Sprache erscheint. Sie richtet sich an Medizinfachpersonen, Medienschaffende, aber auch Interessierte. Die Publikation informiert aus erster Hand über die aktuellsten Gesundheitszahlen und relevante Informationen des BAG. Abonnieren Sie das Bulletin auch elektronisch unter: www.bag.admin.ch/bag-bulletin BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
Inhalt Impressum 2 Meldungen Infektionskrankheiten 4 Sentinella-Statistik 6 Wochenbericht zu den grippeähnlichen Erkrankungen 6 6 Prozent der Patienten erleiden in Schweizer Spitälern eine Infektion 10 Rezeptsperrung 11 Antidote bei Vergiftungen 2018/2019 12 Chancengleichheit: den Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheit ausgleichen 30 BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
4 6/18 ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN Meldungen Infektionskrankheiten Stand am Ende der 4. Woche (30.01.2018)a a Arzt- oder Labormeldungen laut Meldeverordnung. Ausgeschlossen sind Fälle von Personen mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz bzw. des Fürstentums Liechten stein. Zahlen provisorisch nach Eingangsdatum. Bei den in grauer Schrift angegebenen Daten handelt es sich um annualisierte Angaben: Fälle pro Jahr und 100 000 Personen der Wohnbevölkerung (gemäss Statistischem Jahrbuch der Schweiz). Die annualisierte Inzidenz erlaubt einen Vergleich unterschiedlicher Zeit perioden. b Siehe Influenzaüberwachung im Sentinella-Meldesystem www.bag.admin.ch/grippebericht. c Ausgeschlossen sind materno-fötale Röteln. d Bei schwangeren Frauen und Neugeborenen e Die Meldepflicht für die Zika-Virus-Infektion wurde auf den 7.3.2016 eingeführt. f Eingeschlossen sind Fälle von Haut- und Rachendiphtherie, aktuell gibt es ausschliesslich Fälle von Hautdiphtherie. Infektionskrankheiten: Stand am Ende der 4. Woche (30.01.2018)a Woche 4 letzte 4 Wochen letzte 52 Wochen seit Jahresbeginn 2018 2017 2016 2018 2017 2016 2018 2017 2016 2018 2017 2016 Respiratorische Übertragung Haemophilus influenzae: 1 2 2 16 8 12 120 113 103 16 8 12 invasive Erkrankung 0.60 1.20 1.20 2.50 1.20 1.80 1.40 1.30 1.20 2.50 1.20 1.80 Influenzavirus-Infektion, 1176 784 138 4819 4623 355 9310 9579 5158 4819 4623 355 saisonale Typen und 723.10 482.00 84.80 740.70 710.60 54.60 110.10 113.30 61.00 740.70 710.60 54.60 Subtypenb Legionellose 7 5 8 35 24 27 501 362 388 35 24 27 4.30 3.10 4.90 5.40 3.70 4.20 5.90 4.30 4.60 5.40 3.70 4.20 Masern 2 9 4 13 1 96 77 34 4 13 1 1.20 5.50 0.60 2.00 0.20 1.10 0.90 0.40 0.60 2.00 0.20 Meningokokken: 2 2 9 11 10 52 51 48 9 11 10 invasive Erkrankung 1.20 1.20 1.40 1.70 1.50 0.60 0.60 0.60 1.40 1.70 1.50 Pneumokokken: 28 31 18 166 152 93 958 898 864 166 152 93 invasive Erkrankung 17.20 19.10 11.10 25.50 23.40 14.30 11.30 10.60 10.20 25.50 23.40 14.30 Rötelnc 1 2 0.01 0.02 Röteln, materno-fötald Tuberkulose 6 12 11 20 46 32 509 625 523 20 46 32 3.70 7.40 6.80 3.10 7.10 4.90 6.00 7.40 6.20 3.10 7.10 4.90 Faeco-orale Übertragung 59 63 111 521 510 878 6876 7396 7071 521 510 878 Campylobacteriose 36.30 38.70 68.20 80.10 78.40 135.00 81.30 87.40 83.60 80.10 78.40 135.00 Enterohämorrhagische 4 3 8 50 27 29 721 469 317 50 27 29 E.-coli-Infektion 2.50 1.80 4.90 7.70 4.20 4.50 8.50 5.60 3.80 7.70 4.20 4.50 3 1 2 7 10 5 112 46 47 7 10 5 Hepatitis A 1.80 0.60 1.20 1.10 1.50 0.80 1.30 0.50 0.60 1.10 1.50 0.80 Hepatitis E 1 2 5 2 7 49 47 50 5 2 7 Listeriose 0.60 1.20 0.80 0.30 1.10 0.60 0.60 0.60 0.80 0.30 1.10 Salmonellose, S. typhi/ 3 25 23 16 3 paratyphi 0.50 0.30 0.30 0.20 0.50 28 12 16 109 88 79 1853 1516 1377 109 88 79 Salmonellose, übrige 17.20 7.40 9.80 16.80 13.50 12.10 21.90 17.90 16.30 16.80 13.50 12.10 3 2 8 7 6 30 145 155 205 7 6 30 Shigellose 1.80 1.20 4.90 1.10 0.90 4.60 1.70 1.80 2.40 1.10 0.90 4.60 BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN 6/18 5 Woche 4 letzte 4 Wochen letzte 52 Wochen seit Jahresbeginn 2018 2017 2016 2018 2017 2016 2018 2017 2016 2018 2017 2016 Durch Blut oder sexuell übertragen 1 2 8 5 73 73 84 8 5 Aids 0.60 1.20 1.20 0.80 0.90 0.90 1.00 1.20 0.80 196 232 283 760 854 907 11012 10933 10332 760 854 907 Chlamydiose 120.50 142.60 174.00 116.80 131.30 139.40 130.20 129.30 122.20 116.80 131.30 139.40 40 51 45 233 196 209 2456 2401 1994 233 196 209 Gonorrhoe 24.60 31.40 27.70 35.80 30.10 32.10 29.00 28.40 23.60 35.80 30.10 32.10 1 1 1 3 32 42 32 1 1 3 Hepatitis B, akut 0.60 0.20 0.20 0.50 0.40 0.50 0.40 0.20 0.20 0.50 Hepatitis B, 11 29 38 91 99 139 1197 1413 1431 91 99 139 Total Meldungen 1 8 3 29 48 54 8 3 Hepatitis C, akut 0.60 1.20 0.50 0.30 0.60 0.60 1.20 0.50 Hepatitis C, 15 41 35 73 108 152 1375 1473 1466 73 108 152 Total Meldungen 9 9 17 30 40 458 536 543 17 30 40 HIV-Infektion 5.50 5.50 2.60 4.60 6.20 5.40 6.30 6.40 2.60 4.60 6.20 28 25 16 131 89 86 1270 1056 1046 131 89 86 Syphilis 17.20 15.40 9.80 20.10 13.70 13.20 15.00 12.50 12.40 20.10 13.70 13.20 Zoonosen und andere durch Vektoren übertragbare Krankheiten 2 8 9 1 2 Brucellose 0.30 0.09 0.10 0.01 0.30 3 5 18 28 40 5 Chikungunya-Fieber 1.80 0.80 0.20 0.30 0.50 0.80 4 8 6 12 28 147 185 212 6 12 28 Dengue-Fieber 2.50 4.90 0.90 1.80 4.30 1.70 2.20 2.50 0.90 1.80 4.30 Gelbfieber 1 3 1 Hantavirus-Infektion 0.01 0.04 0.01 4 6 2 28 24 24 347 315 422 28 24 24 Malaria 2.50 3.70 1.20 4.30 3.70 3.70 4.10 3.70 5.00 4.30 3.70 3.70 1 3 1 3 41 46 39 3 1 3 Q-Fieber 0.60 0.50 0.20 0.50 0.50 0.50 0.50 0.50 0.20 0.50 1 2 Trichinellose 0.01 0.02 1 3 4 1 128 60 49 3 4 1 Tularämie 0.60 0.50 0.60 0.20 1.50 0.70 0.60 0.50 0.60 0.20 West-Nil-Fieber 3 1 276 201 122 3 1 Zeckenenzephalitis 0.50 0.20 3.30 2.40 1.40 0.50 0.20 1 1 1 1 16 54 1 1 1 1 Zika-Virus Infektione 0.60 0.20 0.20 0.20 0.20 0.60 0.01 0.20 0.20 0.20 Andere Meldungen 2 2 2 Botulismus 0.02 0.02 0.02 Creutzfeldt-Jakob- 1 2 2 15 14 17 2 2 Krankheit 0.60 0.30 0.30 0.20 0.20 0.20 0.30 0.30 2 6 10 Diphtherief 0.02 0.07 0.10 1 Tetanus 0.01 BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
6 6/18 ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN Sentinella-Statistik Provisorische Daten Sentinella: Anzahl Meldungen (N) der letzten 4 Wochen bis am 26.1.2018 und Inzidenz pro 1000 Konsultationen (N/103) Freiwillige Erhebung bei Hausärztinnen und Hausärzten (Allgemeinpraktiker, Internisten und Pädiater) Woche 1 2 3 4 Mittel 4 Wochen N N/103 N N/103 N N/103 N N/103 N N/103 Influenzaverdacht 362 60.6 585 43.9 461 35.8 496 44.7 476 46.3 Mumps 0 0 0 0 1 0.1 1 0.1 0.5 0.1 Pertussis 1 0.2 6 0.5 7 0.5 1 0.1 3.8 0.3 Zeckenstiche 0 0 1 0.1 1 0.1 1 0.1 0.8 0.1 Lyme-Borreliose 0 0 4 0.3 1 0.1 1 0.1 1.5 0.1 Herpes Zoster 6 1.0 15 1.1 11 0.9 6 0.5 9.5 0.9 Post–Zoster–Neuralgie 2 0.3 1 0.1 0 0 3 0.3 1.5 0.2 Meldende Ärzte 110 150 148 129 134.3 Wochenbericht zu den grippeähnlichen Erkrankungen Grippeähnliche Erkrankungen treten in unseren Breitengraden saisonal auf. Bisher konnte jeden Winter eine Grippewelle festgestellt werden. Von Jahr zu Jahr variieren aber deren Intensität, die Länge, die Art der zirkulierenden Virenstämme und die Auswirkungen auf die Bevölkerung. Um die Bevölkerung und die Ärzteschaft rechtzeitig über das Eintreffen bzw. Auftreten der Grippewelle und die Abdeckung durch den Grippeimpfstoff informieren zu können, erstattet das BAG zwischen Oktober und April wöchentlich Bericht und gibt – falls erforderlich – eine Risikobeurteilung ab. Die Inzidenz der grippeähnlichen Erkrankungen sank in der dachtsfälle pro 1000 Konsultationen gemeldet. Dies entspricht Woche 3/2018 und in der Woche 4/2018 ist sie erneut deut- hochgerechnet einer Inzidenz von 369 Fällen pro 100 000 Ein- lich angestiegen. Aktuell liegt sie bei 369 Grippeverdachts wohner. fällen pro 100 000 Einwohner. Eine solche mehrgipflige Epi demie trat letztmals 2003 auf. Der saisonale epidemische Schwellenwert von 68 Grippe verdachtsfällen pro 100 000 Einwohner wurde während der Woche 4/2018 Woche 51/2017 überschritten (Grafik 1). Grippeähnliche Erkrankungen sind schweizweit weit verbrei- tet. Während der Woche 4/2018 wurden von 129 Ärztinnen und Ärzten des Sentinella-Meldesystems 44,7 Grippever- BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN 6/18 7 Grafik 1 Anzahl wöchentliche Konsultationen aufgrund grippeähnlicher Erkrankungen, hochgerechnet auf 100 000 Einwohner Die Inzidenz ist in der Altersklasse der 0- bis 4-Jährigen am In der Woche 4/2018 wies das Nationale Referenzzentrum höchsten. Sie ist in allen Altersklassen steigend, mit Ausnahme für Influenza (CNRI) im Rahmen der Sentinella-Überwachung der 30- bis 64-Jährigen (Tabelle 1). in den 72 untersuchten Abstrichen 39 Influenza B Viren und 9 Influenza A Viren nach. Die grippeähnlichen Erkrankungen sind in allen Regionen weit verbreitet (Grafik 2, Kasten), mit steigender Tendenz in den Regionen 2 (BE, FR, JU) und 3 (AG, BL, BS, SO). In den übrigen Tabelle 2: Regionen ist der Trend stabil. Zirkulierende Influenzaviren in der Schweiz Häufigkeit der isolierten Influenzatypen und -subtypen / -linien Eine Grippewelle kann in der Bevölkerung zeitweise zu einer sowie Abdeckung dieser Viren durch die Grippeimpfstoffe höheren Sterblichkeit führen als in den übrigen Wintermona- 2017/18 ten üblich. In der Altersgruppe der über 64 Jährigen war diese sogenannte Übersterblichkeit in der Woche 51/2017 knapp Woche Saison 2017/18 kumulativ festzustellen [1]. 4/2018 Viren Viren Impfstoff- verteilung verteilung abdeckung* Tabelle 1: Altersspezifische Inzidenzen für die Woche 4/2018 p n Grippebedingte Konsultationen Trend Influenza-positive Proben 48 von 393 von 16 % 92 % pro 100 000 Einwohner 72 (67 %) 707 (56 %) B Victoria 0% 1% 0% 0% Inzidenz nach Altersklasse B Yamagata 52 % 76 % 0 % 100 % 0–4 Jahre 708 steigend B Linie nicht bestimmt 29 % 6% 5–14 Jahre 545 steigend A(H3N2) 4% 4 % 100 % 100 % 15–29 Jahre 322 steigend A(H1N1)pdm09 8% 12 % 100 % 100 % 30–64 Jahre 346 konstant A nicht subtypisiert 6% 1% ≥ 65 Jahre 192 steigend p Abgedeckt durch trivalenten Impfstoff 2017/18 Schweiz 369 steigend n Abgedeckt durch quadrivalenten Impfstoff 2017/18 BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
8 6/18 ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN Grafik 2 Inzidenz pro 100 000 Einwohner und Verbreitung nach Sentinella-Regionen für die Woche 4/2018 443.1 289.8 weit verbreitet 276.0 403.4 669.1 verbreitet sporadisch 253.8 keine Region 1 (GE, NE, VD, VS), Region 2 (BE, FR, JU), Region 3 (AG, BL, BS, SO), Region 4 (LU, NW, OW, SZ, UR, ZG), Region 5 (AI, AR, GL, SG, SH, TG, ZH), Region 6 (GR, TI). Grau: keine Verbreitung; Blau: Verbreitung sporadisch; Orange: verbreitet; Rot: weit verbreitet Trend: ▲ steigend ▼ sinkend ◆ konstant Seit Beginn der Grippesaison konnte das CNRI aus Stichpro- ben der von Sentinella-Ärztinnen und -Ärzten eingeschickten Die Sentinel-Überwachung der Grippe und der Abstriche mittels Hämagglutinationsinhibitions-Tests die fol- grippeähnlichen Erkrankungen in der Schweiz genden Virenstämme identifizieren: Die epidemiologische Beurteilung der saisonalen Grippe beruht auf Influenza A(H1N1)pdm09 Influenza B-Victoria • wöchentlichen Meldungen von Grippeverdachtsfällen – A/California/7/2009 – B/Norway/2409/17 von Ärztinnen und Ärzten, die dem Sentinella-Mel- – A/Michigan/45/2015 desystem angeschlossen sind, Influenza B-Yamagata Influenza A(H3N2) • Untersuchungen von Nasenrachenabstrichen am Natio- – B/Novosibirsk/1/2012 – A/Hong Kong/4801/2014 nalen Referenzzentrum für Influenza (CNRI) in Genf und – B/Puket/3073/2013 – A/Switzerland/9715293/2013 – B/Wisconsin/1/2010 • den Laborbestätigungen aller Influenzasubtypen, die – A/Slovenia/3188/2015 im Rahmen der obligatorischen Meldepflicht ans BAG – A/Singapore/INFIMH-016-19/2016 übermittelt werden. Die Typisierungen durch das CNRI in Zusammenarbeit mit Alle charakterisierten Influenzaviren der Subtypen A(H1N1) dem Sentinella-Meldesystem erlauben die laufende Über- pdm09 und A(H3N2) waren durch die Impfstoffe der Saison wachung der in der Schweiz zirkulierenden Grippeviren. 2017/18 abgedeckt. Die Influenzaviren der Linie B-Yamagata Besten Dank an alle meldenden Sentinella-Ärztinnen und waren durch die quadrivalenten, jedoch nicht durch die triva- -Ärzte. Ihre wertvolle Mitarbeit macht die Grippeüber lenten Impfstoffe der Saison 2017/18 abgedeckt. Die Influen- wachung in der Schweiz erst möglich. zaviren der Linie B-Victoria – von denen in der Schweiz bisher nur das Influenza B/Norway/2409/17 gefunden wurde – sind von keinem Grippeimpfstoff der Saison 2017/18 abgedeckt. und Nordafrika wurde eine erhöhte oder steigende Aktivität festgestellt [3–7]. Internationale Situation In Europa wurde in den vergangenen Wochen in den meisten Während in Nordamerika primär Viren vom Subtyp Influenza Ländern eine mittelhohe Aktivität der grippeähnlichen Erkran- A(H3N2) im Umlauf sind [3, 4], verzeichnen Europa und Asien kungen registriert [2]. In einigen Ländern Europas steigt die eine Mischung von Influenza B Yamagata, Influenza A(H3N2) Aktivität weiterhin, andere haben den Höhepunkt der Epi- und Influenza A(H1N1)pdm09 mit komplexer geografischer demie bereits überschritten. In Teilen Asiens, in Nordamerika Verteilung [2, 5–7]. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN 6/18 9 GLOSSAR Epid. Schwellenwert: Das Niveau der Inzidenz, ab dem man von einer Epidemie spricht, basiert auf einem Durch- schnitt der letzten zehn Saisons. Der epidemische Schwellenwert für die Saison 2017/18 liegt bei 68 Grippeverdachtsfällen pro 100 000 Einwohner. Intensität: Vergleich der aktuellen Inzidenz zum historischen Inzidenzverlauf. Sie wird während der Epidemie beurteilt und in vier Kategorien unterteilt: niedrig, mittelhoch, hoch und sehr hoch. Inzidenz: Anzahl Fälle pro 100 000 Einwohner; basiert auf der Anzahl Fälle pro Arzt-Patient-Kontakte. Trend: Vergleich der Inzidenz der aktuellen Woche zu den beiden vorhergehenden Wochen. Der Trend wird nur während der Epidemie bestimmt und in drei Kategorien unterteilt: steigend, konstant und sinkend. Verbreitung: Die Verbreitung basiert auf • dem Anteil der meldenden Sentinella-Ärztinnen und -Ärzte, die Grippeverdachtsfälle diagnostizierten und • dem Nachweis von Influenzaviren am CNR. Sie ist in folgende Kategorien unterteilt: keine, sporadisch, verbreitet, weit verbreitet. Referenzen 1. Bundesamt für Statistik: Sterblichkeit, Todesursachen 4. Canada Rapports hebdomadaires d’influenza. http://www.canadien- https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/ sensante.gc.ca/diseases-conditions-maladies-affections/disease-maladie/ gesundheitszustand/sterblichkeit-todesursachen.html (accessed on flu-grippe/surveillance/fluwatch-reports-rapports-surveillance-influen- 29.01.2018) za-fra.php (accessed on 29.01.2018). 2. European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). 5. WHO Influenza update – 307 http://www.who.int/influenza/surveillan- Seasonal Influenza – Latest surveillance data http://flunewseurope.org/ ce_monitoring/updates/latest_update_GIP_surveillance/en/ (accessed on 29.01.2018). (accessed on 29.01.2018). 3. Weekly U.S. Influenza Surveillance Report 6. Japan NIID Surveillance report influenza. http://www.nih.go.jp/niid/en/ http://www.cdc.gov/flu/weekly/index.htm (accessed on 29.01.2018). influenza-e.html (accessed on 29.01.2018). 7. China National Influenza Center weekly reports. http://www.chinaivdc.cn/cnic/ (accessed on 29.01.2018) Unerlässliche Vorsorge und Hygiene Die Befolgung einiger einfacher Vorsorgemassnahmen und Hygieneregeln ist für gesunde wie auch an der Grippe erkrankte Personen sinnvoll: Bei konsequenter Einhaltung reduziert sich gleichzeitig die Über- tragung der Viren und das Ansteckungsrisiko! Hände waschen. In die Armbeuge husten oder niesen. Waschen Sie sich regelmässig und gründlich Wenn Sie kein Taschentuch zur Verfügung ha- die Hände – mit Wasser und Seife. ben, husten oder niesen Sie in Ihre Armbeuge. Dies ist hygienischer, als die Hände vor den Mund zu halten. Sollten Sie doch die Hände benutzen, waschen Sie diese wenn möglich gleich danach gründlich mit Wasser und Seife. In ein Papiertaschentuch husten oder Zu Hause bleiben. niesen. Wenn Sie Grippesymptome verspüren, bleiben Halten Sie sich beim Husten oder Niesen ein Sie zu Hause. So verhindern Sie, dass die Krank- Papiertaschentuch vor Mund und Nase. Entsor- heit weiter übertragen wird. Kurieren Sie Ihre gen Sie das Papiertaschentuch nach Gebrauch Grippeerkrankung vollständig zu Hause aus. in einem Abfalleimer und waschen Sie sich da- Warten Sie mindestens noch einen Tag nach nach gründlich die Hände mit Wasser und Seife. dem vollständigen Abklingen des Fiebers, bis Sie wieder in den Alltag ausserhalb des Hauses zurückkehren. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
10 6/18 ÜBERTRAGBARE KRANKHEITEN 6 Prozent der Patienten erleiden in Schweizer Spitälern eine Infektion Viele Menschen erleiden während ihres Aufenthalts in einem Schweizer Spital eine Infek- tion. Eine Messung der Expertengruppe Swissnoso in 96 Spitälern zeigt, dass 5,9 Prozent der Patientinnen und Patienten an einer Spitalinfektion litten. Die Messung wurde vom Bundesamt für Gesundheit unterstützt und ist ein wichtiger Meilenstein der nationalen Strategie zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von Spitalinfektionen (Strategie NOSO). Ziel ist es, die Situation in den Spitälern unter anderem mit einer konsequenteren Anwendung der Hygienestandards zu verbessern. Mit einem Wert von 5,9 Prozent liegt die Schweiz bei den WICHTIGE GRUNDLAGE ZUR EINDÄMMUNG VON Spitalinfektionen (Healthcare-assoziierten Infektionen) im SPITALINFEKTIONEN europäischen Mittel. Die letzte europäische Erhebung von Die Ergebnisse der Punktprävalenz-Erhebung 2017 zeichnen 2011/2012 ergab einen Wert von 6,0 Prozent. In solchen ein aktuelles Bild der Spitalinfektionen und des Einsatzes anti- Punktprävalenz-Erhebungen werden die Daten pro Station/ mikrobieller Mittel auf nationaler Ebene. Die Spitäler erhalten Abteilung an einem einzigen Erhebungstag erfasst. mit diesen Daten die Möglichkeit, ihre eigenen Resultate zu analysieren und bei Bedarf zu handeln. Mit 96 Spitälern haben Grosse Schweizer Spitäler weisen mehr Infektionen aus als mehr als die Hälfte der Schweizer Akutspitäler teilgenommen. kleine und mittlere. Die Gründe dafür: Hospitalisierte in grös Dieser Anteil sollte für die nächsten Studien noch erhöht wer- seren Institutionen sind in der Regel kränker. Zudem nehmen den. grössere Spitäler risikoreichere Eingriffe vor. Mit der nationalen Strategie zur Überwachung, Verhütung Wie in anderen Untersuchungen sind Wundinfektionen nach und Bekämpfung von Healthcare-assoziierten Infektionen chirurgischen Eingriffen (29 Prozent aller Spitalinfektionen) (Strategie NOSO) will das Bundesamt für Gesundheit zusam- am häufigsten, gefolgt von Infektionen der unteren Atem- men mit Kantonen, Spitälern, Pflegeheimen und weiteren wege (18 Prozent), Harnwegsinfektionen (15 Prozent) und wichtigen Akteuren schweizweit die Anwendung der Hygiene Blutstrominfektionen (13 Prozent). Vor allem ältere Patienten standards verbessern, die Überwachung und die Prävention und Patienten der Intensivmedizin waren von Infektionen stärken und den Ausbau von Bildung und Forschung voran- betroffen. treiben. REGELMÄSSIGE MESSUNGEN SIND WICHTIG Adresse für Rückfragen Bundesamt für Gesundheit BAG, Sektion Kommunikation, An der nationalen Messung haben 96 Schweizer Spitäler teil- 058 462 95 05 oder media@bag.admin.ch genommen. Sie haben jeweils an einem Tag zwischen April und Juni 2017 bei rund 13 000 Patientinnen und Patienten Swissnoso, PD Dr. Zingg Walter, Koordinator Schweizer Punkt Daten zu Healthcare-assoziierten Infektionen erhoben. prävalenzstudie, 022 372 33 64, walter.zingg@hcuge.ch Links Es ist vorgesehen, diese Art von Erhebungen in den kommen- Nationaler Report Punktprävalenz-Erhebung 2017: https://www.swissnoso. den Jahren zu wiederholen und damit die Entwicklung im ch/forschung-entwicklung/punktpraevalenz-erhebung-2017/resultate/ Kampf gegen vermeidbare Infektionen in Schweizer Spitälern zu dokumentieren. Weitere Informationen über die Punktprävalenz-Erhebung der Healthcare- assoziierten Infektionen und des Antibiotikaeinsatzes ((Link auf www.swissnoso.ch/forschung-entwicklung/punktpraevalenz-erhebung- Die Erhebung in der Schweiz durch Swissnoso entsprach zum 2017/ueber-die-punktpraevalenz-erhebung)) ersten Mal internationalen Standards und erfolgte parallel zur Erhebung des European Centre for Disease Prevention and Strategie NOSO: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strate Control (ECDC) in allen EU-Ländern. Die aktuellen Schweizer gien-politik/nationale-gesundheitsstrategien/nationale-strategie-ueber Resultate werden mit den europäischen Daten vergleichbar wachung-verhuetung-bekaempfung-von-spital-pflegeheiminfektionen.html sein, sobald diese Ende 2018 vorliegen. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
BETÄUBUNGSMITTEL 6/18 11 Rezeptsperrung Swissmedic, Abteilung Betäubungsmittel Rezeptsperrung Folgende Rezepte sind gesperrt Kanton Block-Nr. Rezept-Nr. Bern 6099749 Zürich 219569D 5489225 Zürich 231947D 5798670 Zürich 242172D 6054280 BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
12 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ Antidote bei Vergiftungen 2018/2019 Inhalt A. Einleitung 12 C. Liste der Regionalzentren 19 B. Antidota – Sortimente 15 D1. Indikation, Anwendung und 1. Grundsortimente 15 Wirkungsweise der Antidota 20 2. Spezialsortimente 17 D2. Indikationen der Antidota 26 2a. Antivenine 17 E. Spezielle Hinweise 26 2b. Sortiment der Armeeapotheke 17 Radionuklid-Antidote 26 2c. Sortiment des Labors Spiez 17 Botulinus- und Diphtherie-Antitoxin sowie Schlangenserum bei Bissen 2d. Spezialsortiment für Radionuklide 18 einheimischer Schlangen 26 2e. Spezialsortiment für Rettungsdienste F. Anhang: Hersteller und Bezugsquellen (prehospital use): «Swiss ToxBox» 18 nicht zugelassener Produkte 27 Nachbezug von Notfallmedikamenten 19 A. EINLEITUNG Es wird keine Vollständigkeit, sondern erneuert. Der Stiftungsrat von Tox Info Die Arbeitsgruppe «Antidota» von Tox Sicherheit bezüglich des effektiven Suisse begrüsst dieses Notfall-Versor- Info Suisse1, des Vereins der Schwei- Vorhandenseins der ausgewählten Prä- gungskonzept und unterstützt dessen zerischen Amts- und Spitalapotheker parate angestrebt. Für Mengen- und Aufrechterhaltung mit der vorliegenden (GSASA) und der Armeeapotheke Konzentrationsangaben werden grund- Antidotliste, die die Grundlage für die- hat die vorliegende Liste der Antidote sätzlich SI-Einheiten verwendet und ses Versorgungskonzept bildet. überprüft und auf den neuesten Stand die Wirkstoffe in einer der offiziellen gebracht. Landessprachen aufgeführt. Für einen Teil der Präparate ist die Ver- wendung als Antidot nicht zugelassen Für die Aufnahme in die Antidotliste Grundsortimente existieren für öffent (sog. off-label use). Beispiele sind Gluca- sind folgende Kriterien massgeblich: liche Apotheken, Akutspitäler, Regional- gon bei Vergiftungen mit Betablockern, 1. die traditionelle Anwendung einer zentren und Dekontaminationsspitäler Octreotid bei Sulfonylharnstoffen, Substanz als Antidot (z.B. Atropin); (B1). Intravenöse Präparate finden sich Lipidemulsion bei kardiovaskulärer Toxi 2. die Anwendung eines Arzneimittels nur in den Spitalsortimenten. Die von zität von Lokalanästhetika, die orale als Antidot, das nicht generell im der GSASA definierten Regionalzentren Gabe von Fomepizol und die subkutane Spital verfügbar ist (z.B. Zyanid sind in einer gesonderten Liste zusam- Infiltration von Calciumgluconat bei antidote, Schwermetallchelatoren); mengestellt (C). Die Grundsortimente Flusssäureverätzungen. In diesen Fällen 3. die Anwendung eines Arzneimittels bilden die Basis für eine optimale erwähnt die Antidotliste gelegentlich als Antidot erfordert grössere ärztliche Versorgung von Notfallsitua- trotzdem den off-label use. In der EU ist Mengen als die, die für den thera- tionen im Intoxikationsbereich. Dieses der off-label use in Zusammenhang mit peutischen Einsatz im Spital norma- Konzept der flächendeckenden Anti den Pharmakovigilanzverpflichtungen lerweise vorrätig sind (z.B. Insulin, dota-Verteilung in der Schweiz wurde zu melden; Swissmedic verlangt dies Atropin); 1986 eingeführt. Die Schweizerische zurzeit noch nicht.2 4. die Anwendung als Antidot ist Konferenz der kantonalen Gesundheits- wenig bekannt (z.B. Natriumbikar- direktorinnen und -direktoren (GDK) hat Verfügbarkeit der Antidote: Auf Anfra- bonat). den damaligen Auftrag im Januar 2005 ge bestätigen die Regionalzentren der BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
VERBRAUCHERSCHUTZ 6/18 13 Arbeitsgruppe seit 2009 regelmässig beim Menschen (6 Kinder
14 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ Die Liste der Dekontaminationsspitäler Das Antidotsortiment für Rettungs 10. Tummala R et al. Specific antidotes against umfasst neu Lugano. dienste (prehospital use, «Swiss Tox- direct oral anticoagulants: A comprehensive review of clinical trials data. Int J Cardiol. Box»), das seit 2011 in der Antidotliste 2016; 214: 292–8. Der Beauftragte des Bundesrates für aufgeführt wird, hat sich gut etabliert. 11. Connolly SJ et al. Andexanet alfa for acute den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD)17 Tox Info Suisse führt auf seiner Website major bleeding associated with factor Xa legt in seinem Konzept «Dekontami- eine Liste der Rettungsdienste, die das inhibitors. N Engl J Med 2016; 375: nation von Personen im Schaden-, Sortiment verfügbar halten. 1131–41. Transport- und Hospitalisationsraum 12. Bebarta VS et al. Efficacy of intravenous bei ABC-Ereignissen»18 fest, welche Die Antidotliste erscheint jedes zweite cobinamide versus hydroxocobalamin or sa- Aufgaben die Dekontaminationsspitäler Jahr im BAG-Bulletin. Zusätzlich ist die line for treatment of severe hydrogen sulfide toxicity in a swine (Sus Scrofa) model. Acad haben, insbesondere auch in Bezug Antidotliste auch im Internet einsehbar Emerg Med 2017; 24: 1088–98. auf die Bereithaltung von Antidoten. über www.antidota.ch bzw. www.anti- 13. Lee J et al. The vitamin B12 analog co- Das notwendige Sortiment sowie die venin.ch. binamide is an effective antidote for oral Lagermengen wurden von Vertre- cyanide poisoning. J Med Toxicol 2016; tern der Arbeitsgruppe «Antidota» 2: 370–9. mit der Geschäftsstelle KSD und der 14. Bebarta VS et al. Intravenous cobinamide Armeeapotheke festgelegt. Sie wur- Literatur versus hydroxocobalamin for acute treat- den erstmals in der Antidotliste 2012 1. Das ehemalige Schweizerische Toxikologi- ment of severe cyanide poisoning in a swine sche Informationszentrum (STIZ) heisst seit (Sus scrofa) model. Ann Emerg Med 2014; vorgestellt und sind seit 2013 für die Anfang 2015 Tox Info Suisse. 64: 612–9. Dekontaminationsspitäler verbindlich.19 2. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/ 15. Santos C et al. The successful treatment of Die Armeeapotheke beschafft das 5-fluorouracil (5-FU) overdose in a patient de/home/humanarzneimittel/marktueber Sortiment für die Dekontaminations with malignancy and HIV/AIDS with uridine wachung/pharmacovigilance.html spitäler (mit Ausnahme von Ethanol triacetate. Am J Emerg Med 2017; 35: 3. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/ und Magnesium). Eine erste Anzahl von 802.e7–8. home/humanarzneimittel/authorisations/ Dekontaminationsspitälern (Bern, Biel, verwaltungsverordnungen.html 16. Ison G et al. FDA approval: Uridine Triacetate Basel, Luzern, Visp und Zürich) wurden for the treatment of patients following 4. Antidote bei Vergiftungen 2010. Bulletin fluorouracil or capecitabine overdose or 2014 von der Armeeapotheke mit die- des Bundesamtes für Gesundheit 2010; (7): exhibiting early-onset severe toxicities sem «Massenanfall-Sortiment» belie- 134–47. following administration of these drugs. fert, die übrigen 2015 (Aarau, Baden, 5. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/ Clin Cancer Res 2016; 22: 4545–9. Burgdorf, Thun, Bruderholz, Sursee, de/home/humanarzneimittel/marktueber 17. Verordnung über den Koordinierten Sanitäts- wachung/pharmacovigilance/formulare.html Solothurn, Olten, Winterthur, Triemli), dienst (SR 501.31). 2016 (Liestal, Lugano, Sion) und 2018 6. Kupferschmidt H. Antidote bei Vergiftungen 18. Konzept «Dekontamination von Personen im 2004. Gründung des Netzwerks Schweize- (geplant: Frauenfeld). Schaden-, Transport- und Hospitalisations- rischer Schlangenserum-Depots. Schweiz raum bei ABC-Ereignissen» des Beauftragten Ärzteztg 2004; 85: 1378–9. des Bundesrates für den Koordinierten Im Laufe des Jahres 2018 wird die 7. www.antivenin.ch Sanitätsdienst (KSD), 20.8.2015. Armeeapotheke für Atropin in Vials zu 8. Swissmedic Journal 2017; 16(5): 390ff. 19. Antidote für Dekontaminationsspitäler. 100 ml für die Behandlung von Vergif- Schreiben des Beauftragten des Bundesrates 9. Pollack CV et al. Idarucizumab for tungen mit hohem Atropinbedarf (Into- dabigatran reversal – Full cohort analysis. für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) xikationen mit Cholinesterasehemmern) New Engl J Med 2017; 377: 431–41. und des Armeeapothekers vom 22.10.2012. die Zulassung beantragen. Arbeitsgruppe «Antidota» von Tox Info Suisse, des Vereins der Schwei- zerischen Amts- und Spitalapotheker (GSASA) und der Armeeapotheke: Dr. med. C. Degrandi, Dipl. pharm. C. Fäh, Dr. pharm. E. Gyr, Dipl. pharm. A. Kullin, Dr. med. H. Kupferschmidt (Leiter), Dr. sc. nat. Th. Meis- ter, Mag. pharm. K. Orion, Dr. med. Ch. Rauber-Lüthy, V. Storck. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
VERBRAUCHERSCHUTZ 6/18 15 B. ANTIDOTA – SORTIMENTE 1. Grundsortimente Substanz empfohlene Lagermengen1 für öffentliche Akutspitäler Regional zentren Dekontamina Apotheken tionsspitäler 2 Aktivkohle (in der Regel als Suspension) 90 g 250 g 250 g – Alphablocker – – ca. 5 Amp. – (z.B. Urapidil, 5 mg/ml, Amp. à 10 ml, oder Phentolamin, 10 mg/ml, Amp. à 1 ml) Amylnitrit, 0,3 ml/Amp. – 12 Amp. 12 Amp. 48 Amp. Atropinsulfat, 0,5 mg/ml, Amp. à 1 ml – 100 Amp. oder 100 Amp. – 1 Vial à 100 ml Atropinsulfat, 0,5 mg/ml, Vial à 100 ml – – 1 Vial 25 Vials Atox II Autoinjektor, 2,7 ml – – – 25 Stück (Atropin 1,67 mg / Obidoximchlorid 220 mg) Ab 2018 DuoDote®: Autoinjektor mit Atropin 2,1 mg / Pralidoximchlorid 600 mg (Atropin 1,67 mg entspr. Atropinsulfat 2 mg) Biperiden HCl, 2 mg/Tabl. 20 Tbl. 20 Tbl. 20 Tbl. – Biperiden lactat, 5 mg/ml, Amp. à 1 ml – 5 Amp. 5 Amp. – Calcium-dinatrium-EDTA, 50 mg/ml – – 5 Amp. – (5 % = 0,13 mmol/ml), Amp. à 10 ml Calciumgluconat-Hydrogel 2,5 % – 300 g 300 g 25 × 300 g Calciumgluconat 10 %, Amp. à 10 ml – 20 Amp. 20 Amp. 500 Amp. Colestyramin-20, Sachets à 4 g – 3 Sachets 3 Sachets – Dantrolen, 20 mg Trockensubstanz, Vial – 48 Vials 48 Vials – Deferoxamin, 500 mg Trockensubstanz – – 12 Vials – Vial ohne Lösungsmittel (mit 5 ml Aqua ad inject. aufzulösen) Dexrazoxan3 – – 4g – Diazepam-Autoinjektor, 10 mg/2 ml – – – 25 Stück Digitalis-Antikörper, 40 mg Trockensubstanz – – 12 Amp. – (mit 4 ml Aqua ad inject. aufzulösen und in NaCl 0,9 % zu verdünnen) 4-DMAP (Dimethylaminophenol) – – 2 Amp. 50 Amp. 50 mg/ml, Amp. à 5 ml DMPS (Dimercaptopropansulfonat) – – 30 Kps. – 100 mg/Kapsel DMPS (Dimercaptopropansulfonat) – – 8 Amp. 200 Amp. 50 mg/ml, Amp. à 5 ml DMSA (Dimercaptosuccinic acid) – – 15 Kps. – 200 mg/Kapsel Ethanol 96 % (v/v) zur i.v.-Infusion – 300 ml 300 ml 10 × 300 ml *) Eisen(III)-Hexacyanoferrat(II) – – 30 Kps. – (= Berlinerblau), 0,5 g/Kapsel Flumazenil, 0,1 mg/ml, Amp. à 5 oder 10 ml – 10 mg 10 mg – Fomepizol, 5 mg/ml oder 1g/ml (Konzentrat) 4 – – 2–4 g – Glucagon, 1 mg/ml, Trockensubstanz – 100 Vials 5 100 Vials – 1-mg-Vial + Lösungsmittel 1 ml (Aqua ad inject.) Hydroxocobalamin, 5 g Trockensubstanz, – – 2 Vials 24 Vials Vial ohne Lösungsmittel (mit 200 ml NaCl 0,9 % oder Glucose 5 % aufzulösen) BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
16 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ Substanz empfohlene Lagermengen1 für öffentliche Akutspitäler Regional zentren Dekontamina Apotheken tionsspitäler 2 Insulin – 1000 IE 1000 IE – (nicht retardiertes, schnell wirksames) Lipidemulsion 20 % – 1000 ml 1000 ml – Magnesium, z. B. 0,4 oder 0,8 mmol/ml – 60 mmol 60 mmol 25 × 60 mmol *) Amp. à 5 ml bzw. 50 ml Methylenblau – – 500 mg – Midazolam, 1 oder 5 mg/ml – – – 25 × 500 mg Amp. à 1 ml, 3 ml, 5 ml oder 10 ml N-Acetylcystein, 200 mg/ml, Vial à 25 ml – 6 Vials 6 Vials – Naloxon, 0,4 mg/ml, Amp. à 1 ml – 25 Amp. 25 Amp. 300 Amp. Natriumhydrogenkarbonat, 1 mmol/ml – 20 Vials 20 Vials 150 Vials (8,4 %), Vials à 100 ml zur Infusion Natriumthiosulfat pentahydrat, 100 mg/ml – – 2 Vials – Vials à 100 ml zur Infusion Obidoximchlorid, 250 mg/ml, Amp. à 1 ml – – 4 Amp. 100 Amp. Octreotid, 50, 100 oder 500 µg/ml – – 300 µg – Amp. à 1 ml Physostigmin-Salizylat, 2 mg / 5 ml, – – 15 Amp. – Amp. à 5 ml Phytomenadion (Vit. K), 10 mg/ml – 2 Amp. 2 Amp. – Amp. à 1 ml Polystyrolsulfonat, Natrium/Calcium – 30 g 30 g – Pyridoxin (Vit. B 6) – 10 g 10 g 250 g (als 100-mg-, 300-mg- oder 1-g-Ampullen, je nach Verfügbarkeit) Silibinin, 350 mg Trockensubstanz – – 4 Vials – Vial ohne Lösungsmittel (mit 35 ml NaCl 0,9 % oder Glucose 5 % aufzulösen) Simeticon, Tropfen oder Tabletten 1 Packung 1 Packung 1 Packung – Bei den Trockensubstanzen ist das Lösungsmittel in Klammern angegeben. 1. Die hier empfohlenen Lagermengen für öffentliche Apotheken, Akutspitäler und Regionalzentren richten sich nach den Mengen, die für die Behandlung eines Patien ten pro Tag voraussichtlich notwendig sind. Sie können vom jeweiliegen Spitalapotheker den lokalen Bedürfnissen angepasst werden (Erhöhung der Lagermenge, falls lokale Gegebenheiten einen erhöhten Bedarf erwarten lassen). Die Lagermengen für Dekontaminationsspitäler sind für den Tagesbedarf von 25 Patienten ausgelegt und orientieren sich an den Vorgaben des Bundes, wonach Dekontaminationsspitäler in einem Ereignisfall bis zu 200 Patienten zu versorgen in der Lage sein sollen. Da nach internationalen Schätzungen gerechnet werden muss, dass rund 10 % solcher Patienten schwer betroffen sein werden, geht die Arbeitsgruppe «Antidota» davon aus, dass Antidote für ca. 25 Patienten vorhanden sein sollten. Die mit *) bezeichneten Präparate werden nicht von der Armeeapotheke zur Verfügung gestellt. 2. Dekontaminationsspitäler (Stand Juli 2017): Aarau (Kantonsspital), Baden, Basel (Unispital), Bern (Insel), Biel, Bruderholz, Burgdorf, Frauenfeld, Liestal, Lugano, Luzern (Kantonsspital), Olten (Kantonsspital), Sion, Solothurn (Bürgerspital), Sursee, Thun, Winterthur, Zürich (USZ und Triemli) und Visp. In Planung sind Frauenfeld, St. Gallen, Altdorf und Genève (HUG). 3. Vorrätig in Aarau, Bern (Inselspital und Lindenhof), Chur, Genf (HUG), Lausanne, Luzern (Kantonsspital), Neuchâtel, St. Gallen (Kantonsspital), Winterthur und Zürich (Triemli). 4. Vorrätig in Aarau, Basel, Bellinzona, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Münsterlingen, Neuchâtel, Sion, Solothurn, St. Gallen und Zürich (USZ und Triemli). Bei hämo dialysierten Patienten reichen 2 Gramm wegen der Dosisanpassung nicht für eine Tagesbehandlung; es müssen entweder mindestens 4 Gramm gelagert oder im Behandlungsfall (z.B. bei anderen Regionalzentren) frühzeitig weitere Ampullen beschafft werden. 5. Den Akutspitälern wird empfohlen, mindestens 20 mg an Lager zu nehmen, um den Beginn der Therapie gewährleisten zu können. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
VERBRAUCHERSCHUTZ 6/18 17 2. Spezialsortimente 2a. Antivenine Substanz Bezug Antivenine für Bisse giftiger Schlangen ANTIVENIN-CH; siehe Liste unter www.antivenin.ch 2b. Sortiment der Armeeapotheke Substanz Produktbezeichnung AApot-Bestell-Nr.* Atropinsulfat 0,5 mg/ml, Durchstechflasche 100 ml Atropinsulfat 50 AApot 2553.6399 Durchstechflasche 100 ml Atropinsulfat 10 mg/ml, Amp. 1 ml Atropinsulfat 10 AApot 2561.1687 (Achtung konzentriert! Verdünnen mit NaCl 0,9 %) Packung: 5 Amp. à 1 ml Atropinsulfat 1 mg/ml Atropinsulfat 1 AApot 2561.1684 (Achtung konzentriert! Verdünnen mit NaCl 0,9 %) Packung: 5 Amp. à 1 ml Atropin 1,67 mg/Obidoximchlorid 220 mg, 2,7 ml, Atox II ComboPen Auto-Injector, 2546.6168** Autoinjektor bzw. DuoDote® ab 2018 2576.6556** (wird ab 2018 durch einen Autoinjektor mit Atropin Packung: 1 Autoinjektor 2,1 mg/Pralidoximchlorid 600 mg ersetzt) Calcium-trinatrium-pentetat (DTPA), 200 mg/ml, Ditripentat-Heyl® 2548.9262 Amp. à 5 ml Packung: 5 Amp. à 5 ml Clostridium-botulinum-Antitoxin, trivalent (Typ A, B, E), Botulism Antitoxin Behring 2513.9785 Vial (Kühlkette 2–8°C notwendig!) 250 ml Diazepam 10 mg/2 ml, Autoinjektor Diazepam 10 AApot Autoinjektor 2547.3171 Packung: 1 Autoinjektor Diphtherie-Antitoxin 10 000 i.U./ml, Durchstechflasche Diphtheria-Antitoxine (equine) 2567.3913 10 ml (Kühlkette 2–8°C notwendig!) Vins Bioproducts Ltd., Hyderabad, India Packung: Durchstechflasche 10 ml 4-DMAP (Dimethylaminophenol), 50 mg/ml 4-DMAP® 2113.4715 Dr. Franz Köhler Chemie GmbH Packung: 5 Amp. à 5 ml DMPS (Dimercaptopropansulfonat), 50 mg/ml Dimaval® Heyl Packung: 5 Amp. à 5 ml 2113.4724 Packung: 1 Amp. à 5 ml 2542.0218 Eisen(III)-Hexacyanoferrat(II) Antidotum Thallii-Heyl® 2548.9371 (= Berlinerblau) 0,5 g/Kapsel Packung: 30 Kps. Natriumthiosulfat, 100 mg/ml Natriumthiosulfat® 10 % 2575.4006 Dr. Franz Köhler Chemie GmbH Packung: 10 Durchstechflaschen à 100 ml Obidoximchlorid, 250 mg/ml, Amp. à 1 ml Toxogonin® Merck 2113.4833 Packung: 5 Amp. à 1 ml *) Die in der Armeeapotheke vorrätigen Antidote können, wenn die Präparate nicht von Regionalzentren lieferbar sind, über Tox Info Suisse beschafft werden (Notfallnummer 145). **) Nur für das Antidotsortiment für Dekontaminationsspitäler 2c. Sortiment des Labors Spiez Das Labor Spiez lagert für die Vergiftung mit Nervenkampfstoffen vom Typ der Cholinesterasehemmer 200 Combopen-ATOX-II- und 70 Diazepam-Autoinjektoren. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
18 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ 2d. Spezialsortiment für Radionuklide Die Kantonsapotheke Zürich (KAZ) verwaltet ein beschränktes Zusatzsortiment von Antidota für Radionuklide auf provisorischer Basis. Die mit *) gekennzeichneten Substanzen werden von der Kantonsapotheke Zürich (KAZ) auf provisorischer Basis in kleiner Menge an Lager gehalten. Die übrigen Substanzen gehören zwar in dieses Sortiment, werden aber nicht speziell an Lager genommen, weil sie entweder für andere Indikationen weit verbreitet sind oder aber Bestandteil des Sortiments für Regionalzentren sind. Zudem wurden 2014 Kaliumiodid-Tabletten im Umkreis von 50 km um Kernanlagen an Haushalte und Betriebe verteilt. Für klinische Fragen steht die Klinik für Nuklearmedizin (Prof. Hans C. Steinert), Universitätsspital Zürich, zur Verfügung (Tel. 044 255 11 11 oder über Tox Info Suisse). Auch die Apotheke des Universitätsspitals Basel verwaltet ein beschränktes Zusatzsortiment von Antidota für Radionuklide. Substanz (Kantonsapotheke Zürich) Indikation Aluminiumhaltige Antazida, Suspension Strontium-90, Strontium-89 Bariumsulfat, Suspension Radium-226, Radium-224 *Calcium-trinatrium-pentetat (Ca-DTPA), 200 mg/ml, Amp. à 5 ml Plutonium-239, Plutonium-238, Transurane (Americium, Curium, Californium, Berkelium) Cave: Zinkspiegelkontrolle, alternativ evtl. Zink-DTPA verwenden! Deferoxamin, 500 mg Trockensubstanz, Vial ohne Lösungsmittel Eisen-55 (mit 5 ml Aqua ad iniect. aufzulösen) DMPS (Dimercaptopropansulfonat), 100 mg/Kapsel Polonium-210 DMPS (Dimercaptopropansulfonat), 50 mg/ml, Amp. à 5 ml Polonium-210 *Eisen(III)-Hexacyanoferrat(II) Caesium-137, Caesium-134, (= Berlinerblau) 0,5 g/Kapsel Thallium-204 *Kaliumiodid, 65-mg-Tbl. Iod-131, Iod-125 Natriumhydrogenkarbonat, 1mmol/ml (8,4 %), Vials à 100 ml zur Infusion, Uran-238, Uran-235 muss auf 1,4 % verdünnt werden Trinkwasser Tritium *Zink-trinatrium-pentetat (Zn-DTPA), 211 mg/ml, Amp. à 5 ml Plutonium-239, Plutonium-238, Transurane (Americium, Curium, Californium, Berkelium) Penicillamin für Cobalt-60 steht derzeit in der Schweiz nicht zur Verfügung. 2e. Spezialsortiment für Rettungsdienste (prehospital use): «Swiss ToxBox» Diese Empfehlung wurde durch die Schweizerische Gesellschaft für Notfall- Substanz empfohlene Lagermenge und Rettungsmedizin (SGNOR/SSMUS, Aktivkohle (in der Regel als Suspension) 100 g Dr. Ulrich Bürgi, Aarau, und Dr. Adam- Atropinsulfat, 0,5 mg/ml 5–10 mg Scott Feiner, Lausanne), die Sanitäts- dienstliche Führung Grossereignis Calciumgluconat 10 % (100 mg/ml), 5 –10 Amp. (CEFOCA-SFG, Dr. Frank Neff, Bern, und entsprechend 0,25 mmol Ca/ml, Ampullen à 10 ml Dr. Mathias Zürcher, Basel), die Sani- Flumazenil, 0,1 mg/ml, Amp. à 5 oder 10 ml 5 Amp. tätspolizei Bern (Dr. Frank Neff), Schutz Fomepizol oder 2g & Rettung Zürich (Dr. Stefan Müller), Ethanol 96 % 300 g die REGA (Dr. Roland Albrecht, Zürich- Hydroxocobalamin, 5 g Trockensubstanz, 5g Flughafen) und das Schweizerische Vial ohne Lösungsmittel Toxikologische Informationszentrum (mit 200 ml NaCl 0,9 % oder Glucose 5 % aufzulösen) (Dr. Hugo Kupferschmidt) entwickelt Naloxon, 0,4 mg/ml, Amp. à 1 ml 5 Amp. (Stand vom 7.12.2010). Natriumhydrogenkarbonat, 1 mmol/ml (8,4 %), 100 ml Vials à 100 ml zur Infusion Sauerstoff BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
VERBRAUCHERSCHUTZ 6/18 19 Die Kriterien für die Aufnahme eines 4) Das Antidot kann allein aufgrund Bern, Zürich, Basel und Lausanne sowie Antidots in dieses Sortiment waren: der klinischen Beurteilung eingesetzt sämtliche zwölf Flachland- und Gebirgs- werden, erfordert also keine vorgän- basen der REGA verfügen zurzeit über 1) Die Verabreichung des Antidots gigen Laborabklärungen. ein Sortiment «Swiss ToxBox», welches erfolgt für lebensbedrohliche Vergif- bei Bedarf von jedem Rettungsdienst tungssituationen. Logistik: Die Expertengruppe verzichtet über die Notrufnummer 1414 angefor- 2) Die Verabreichung des Antidots ist auf genaue logistische Vorgaben, ins- dert werden kann. Tox Info Suisse führt zeitkritisch und soll so früh als mög- besondere auf die geografische Festle- (unter www.antidota.ch) eine Liste mit lich erfolgen. gung der Lagerungsorte. Sie empfiehlt gemeldeten Lagerorten «Swiss ToxBox», 3) Es gibt keine ernsthafte therapeu- aufgrund der zeitkritischen Applikation was den Sanitätsnotrufzentralen (SNZ tische Alternative zum Einsatz des mehrerer Antidote ein nationales Netz, 144) und Rettungsdiensten den Zugang Antidots. in dem die Distanzen zwischen den zur nächstgelegenen «SwissToxBox» Lagerungsorten 50 km nicht überschrei- erleichtert. ten. Die Rettungsdienste der Städte C. LISTE DER REGIONALZENTREN Nachbezug von Not- 1 Aarau Kantonsspital Aarau AG 062 838 41 41 fallmedikamenten: 2 Baar Notfallzentrum Kantonsspital 041 399 11 44 Die verantwortlichen Apothe- 3 Basel Universitätsspital 061 265 25 25 ker resp. Spitalapotheker regeln 4 Bellinzona Ospedale San Giovanni Bellinzona 091 811 91 11 den Nachbezug der Antidota in eigener Kompetenz. Die in der 5 Bern Inselspital 031 632 21 11 Schweiz zugelassenen Präpa- 6 Biel Spitalzentrum Biel AG (Intensivstation) 032 324 48 60 rate sind im Fachhandel direkt 7 Chur Kantonsspital Graubünden 081 256 61 11 erhältlich. In der Schweiz nicht 8 Delémont Hôpital du Jura, site de Delémont 032 421 21 21 zugelassene Antidote können von den Spitalapotheken und 9 Fribourg HFR Hôpital cantonal 026 306 40 00 Regionalzentren gemäss Art. 36 10 Genève Hôpitaux universitaires de Genève (HUG) 022 372 33 11 der Arzneimittelbewilligungsver- 11 Interlaken FMI Spital Interlaken 033 826 26 26 ordnung (AMBV) direkt bei den im 12 Lausanne CHUV 021 314 11 11 Anhang (Tabelle F) aufgeführten 13 Lugano Ospedale Civico 091 811 61 11 Lieferanten bezogen werden. 14 Luzern Luzerner Kantonsspital Luzern 041 205 11 11 Die Versorgung im Notfall mit in 15 Münsterlingen Spital Thurgau AG 071 686 11 11 der Schweiz nicht zugelassenen Antidoten wird durch die Regi- 16 Neuchâtel Hôpital neuchâtelois–Pourtalès 032 919 41 00 onalzentren, allenfalls auch die 17 Samedan Spital Oberengadin 081 851 81 11 Armeeapotheke, die einen Dienst 18 St. Gallen Kantonsspital St. Gallen 071 494 11 11 «rund um die Uhr» gewährleisten, 19 Schaffhausen Spitäler Schaffhausen, Kantonsspital 052 634 34 34 sichergestellt. 20 Schwyz Spital Schwyz 041 818 41 41 Tox Info Suisse steht für Auskünf- 21 Sion Hôpital du Valais, site de Sion 027 603 40 00 te gerne zur Verfügung: 22 Solothurn Bürgerspital Solothurn 032 627 31 21 Tox Info Suisse, 23 Winterthur Kantonsspital Winterthur 052 266 25 40 Freiestrasse 16, CH-8032 Zürich 24 Zürich Universitätsspital 044 255 11 11 Telefon 044 251 66 66 (für Notfälle Tel. 145 oder 25 Zürich Stadtspital Triemli 044 416 22 20 044 251 51 51) Telefax 044 252 88 33 E-Mail info@toxinfo.ch BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
20 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ D1. INDIKATION, ANWENDUNG UND WIRKUNGSWEISE DER ANTIDOTA Substanz Indikation Dosierung Wirkung Aktivkohle «universales Antidot» zur Bindung Erw.: initial 50–100 g, dann 25–50 g 1. V erhinderung der Absorption vieler Noxen (mit Ausnahme von alle 2–4 h innerhalb der ersten 1–2 Stun- Alkoholen, Lösungsmitteln, Kinder: initial 1–2 g/kg, dann den nach Ingestion Säuren und Laugen sowie Eisen, 0,25–0,5 g/kg alle 2–4 h 2. bei wiederholter Gabe: Lithium und anderen Metallen), bei Erhöhung der nicht renalen potenziell schweren Vergiftungen Clearance Alphablocker Intoxikationen mit Cocain, gemäss Fachinformation Behandlung von Tachykardie und (Phentolamin oder Urapidil) Amphetamin und amphetamin art. Hypertonie durch alphaadre- artigen Substanzen, adrenalin nerge Blockade bedingte Vasokonstriktion (z. B. durch Epipen®) Amylnitrit Soforthilfe bei Cyanidvergiftung, 0,3 ml (=1 Amp.) auf ein Taschen- Bildung von Methämoglobin, (Bezugsquelle s. Anhang) bevor andere Cyanidantidote tuch zum Einatmen; alle 2 Min. für welches CN-Ionen bindet verfügbar sind je 30 Sek. wiederholen, max 10 × Antazida (aluminium- Ingestion von Strontium-90, Erw./Kinder: ca. 100 ml Suspension Resorptionsverminderung oder magnesium Strontium-89 (= 7,5 g Aluminiumhydroxid) haltig) möglichst rasch nach Strontium einnahme Atropinsulfat Vergiftung mit Cholinesterase- Erw.: 2–5 mg Blockierung der muskarinartigen (Bezugsquelle s. Anhang) hemmern (Organophosphate und Kinder: 0,05 mg/kg i.v. Wirkungen an den parasympathi- Carbamate) schen Nervenendungen danach Verdoppelung der Dosis alle 5 bis 10 Min. bis zum Ver- schwinden der muskarinischen Symptome (Hypersekretion) Nikotinvergiftung Erw.: 0,5 mg i.v. Antagonismus an den Muskarin Kinder: 0,02 mg/kg i.v. rezeptoren bei Bedarf mehr Digitalisvergiftung Erw.: 0,5 mg i.v. Bekämpfung der Bradykardie und Kinder: 0,02–0,04 mg/kg i.v. der AV-Überleitungsstörungen bei Bedarf mehr Bariumsulfat Ingestion von Radium-224/-226, Erw.: 100–300 ml Suspension Resorptionsverminderung und Strontium-89/-90 (= 100–300 g Bariumsulfat) möglichst rasch nach Radium-/ Strontiumeinnahme Kinder: altersabhängige Dosierung Biperiden extrapyramidale Symptomatik z.B. Erw.: 2,5–5 mg langsam i.v., bei zentral anticholinerg mit geringen bei Neuroleptika-, Antihistaminika- Bedarf wiederholen bis peripheren parasympatholyti- und Antiemetika-Intoxikationen max. 20 mg/24 h. Per os: 1–4 mg schen Eigenschaften 1–4 mal/24 h Kinder: bis zu 1 Jahr 1 mg, bis zu 6 Jahren 2 mg und bis zu 10 Jahren 3 mg intramuskulär oder langsam intravenös per os: Kinder ab 3 Jahren und Jugendliche 1–3 × täglich 1–2 mg BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
VERBRAUCHERSCHUTZ 6/18 21 Substanz Indikation Dosierung Wirkung Calcium Vergiftung mit Calcium Erw.: 7–14 mmol, Erhöhung der intrazellulären Calciumgluconat kanalblockern Kinder: 0,125–0,175 mmol/kg Calciumkonzentration über nicht (monohydrat): blockierte Calciumkanal-Subtypen 10 ml 10-%-Lösung enthal- langsam i.v., wiederholen unter ten 2,22 mmol Calcium. Vergiftungen mit Ethylenglykol, engmaschiger Überwachung des Therapie der Hypokalzämie Für die systemische Fluoriden und Oxalsäure Calcium-Blutspiegels Therapie kann auch Cal ciumchlorid (über eine Flusssäureverätzungen lokale Therapie (Achtung: off-label Bindung der Fluoridionen zentrale Vene) verwendet use!): werden. – Infiltration: ca. 0,1 mmol/cm2 Achtung: 10 ml 10-%- Haut (≈ 0,5 ml Calciumgluconat Calciumchlorid(CaCl2)- 10 % pro cm2) dihydrat enthalten 6,8 mmol Calcium. – intraarteriell: 2,2 mmol mit 40 ml NaCl 0,9 % verdünnen (= 0,044 mmol/ml) systemische Therapie Korrektur der Hypokalzämie, Erw.: 20 ml Calciumgluconat 10 % Therapie der dadurch bedingten i.v. über 5 Minuten Herzrhythmusstörung Kinder: 0,3 ml/kg Calciumgluco- nat 10 % i.v. über 5 Minuten. Calcium zusammen mit Magnesium geben; in schweren Fällen ohne vorherige Diagnostik (lebensret- tend!) Calciumgluconat – Flusssäureverätzungen ½ cm dick auf betroffene Stellen Bindung der Fluoridionen Hydrogel 2,5 % auftragen. Nach 2 Min. abwaschen und nochmals auftragen. Trocknen lassen Calcium-dinatrium- Blei- und andere Schwermetall 1000–1500 mg/m2/24 h i.v., Chelatbildung durch Austausch EDTA vergiftungen auf 2–6 Einzeldosen pro Tag von Calcium gegen Metallionen (CaNa2-EDTA) verteilt; nach max. 5 Tagen: Vergiftung mit Radionukliden (Bezugsquelle s. Anhang) Unterbruch für mehrere Tage Ca-DTPA Inkorporation von Plutoni- Erw.: 1 g pro Tag Chelatbildung durch Austausch (Calcium-trinatri- um-238/-239, Americium, Curium, Kinder: 25–50 mg/kg/Tag von Calcium gegen Metallionen um-pentetat) Californium, Berkelium Verabreichung: 1 g in 250 ml NaCl 0,9 % oder Glucose 5 % i.v. über 0,5–2 h In der 1. Woche Tagesdosis an 5 Tagen, in Woche 2–5 Tagesdosis 2- bis 3-mal pro Woche. Danach Wechsel auf Zn-DTPA Achtung: Schwangere und Stillende nur Zn-DTPA verwenden, abstillen Colestyramin-20 Intoxikationen mit Digitoxin, 4 g 3-mal täglich per os während Erhöhung der nicht renalen Digoxin, Amiodaron und chlorierten 3–5 Tagen Clearance Kohlenwasserstoffen Dantrolen maligne Hyperthermie im Rahmen 1–2,5 mg/kg i.v.; evtl. wiederholt Kontrolle der Calciumfreisetzung einer Inhalationsnarkose bis max. 10 mg/kg aus dem sarcoplasmatischen Reticulum der Muskelzellen Deferoxamin Eisenvergiftung, Inkorporation von i.v.: 15 mg/kg/h für 4–6 h; Komplexbildung mit dreiwertigem radioaktivem Eisen-55 max. Tagesdosis 80 mg/kg Fe Dexrazoxan Extravasation von Anthraz yklinen Tag 1 und Tag: 2: 1000 mg/m2 i.v., Verminderung der gewebetoxi Tag 3: 500 mg/m2 i.v. schen Wirkung durch Chelation Infusion über 1–2 Stunden von Eisen und Hemmung der DNA-Topoisomerase II. BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
22 6/18 VERBRAUCHERSCHUTZ Substanz Indikation Dosierung Wirkung Digitalis-bindende Vergiftungen mit Digoxin, Digitoxin unbekannte Glykosiddosis: Bindung von extrazellulärer Noxe Fab-Fragmente und anderen Digitalisglykosiden 400–500 mg i.v. über 15–30 Min., durch Fab-Antikörperfragmente evtl. wiederholen bis Rhythmus- störungen verschwinden; bei schweren Intoxikationen 800– 1000 mg bekannte Glykosiddosis: pro mg Digoxin 64 mg Fab pro mg Digitoxin 80 mg Fab bekannter Plasmaspiegel: Fab (mg/kg) = [Digoxin] (nmol/L) × 0,31 bzw. = [Digitoxin] (nmol/L) × 0,031 Von der so errechneten Dosis die Hälfte initial geben, den Rest nur bei ungenügender Besserung 4-DMAP Cyanidvergiftung Erw.: 250 mg langsam i.v. Bildung von Methämoglobin, (Dimethylaminophenol) Kinder: 3,25 mg/kg langsam i.v. welches CN-Ionen bindet (Bezugsquelle s. Anhang) DMPS Quecksilber- und andere Schwer- Erw.: oral: initial 300 mg, dann Chelatbildung über die SH-Gruppen (Dimercaptopropansulfo- metallvergiftungen, Vergiftungen zweistündlich 200 mg am 1. und nat, Unithiol) mit Radionukliden (Polonium-210) 2. Tag; ab 3. Tag 4-mal 100 mg/24 h; (Bezugsquelle s. Anhang) maximale Gesamtdosis 200 mg/kg parenteral (intramuskulär oder langsam über 3–5 Minuten intravenös): erste 48 h 250 mg vierstündlich, nächste 48 h 250 mg sechsstündlich; danach 250 mg achtstündlich oder Wechsel auf orale Gabe Kinder: initial 4–6 × 5mg/kg i.v.; ab dem 4. Tag 1 × 5 mg/kg i.v. oder oral DMSA Blei- und andere Schwermetall oral: 30 mg/kg täglich während Chelatbildung über die SH-Gruppen (Dimercaptosuccinat, vergiftungen, Vergiftungen mit 5 Tagen; später 20 mg/kg täglich Succimer) Radionukliden während 14 Tagen Eisen(III)-Hexacyano- Thalliumvergiftung, Radionuklide täglich 250 mg/kg per os (evtl. Bindung von Thallium im Magen- ferrat(II)(Berlinerblau) (Thallium-204, Caesium-134 und durch die Magensonde) verteilt auf Darm-Trakt und Verhinderung der (Bezugsquelle s. Anhang) -137) 2–4 Dosen Absorption Ethanol 96 % (v/v) Intoxikation mit Ethylenglykol, 0,75 g/kg initial als verdünnte Verhinderung der Bildung toxischer (Konz. 1 g/1,32 mL, Methanol; Lösung i.v. oder allenfalls per os, Metabolite durch kompetitive ca. 20 mol/L) bei Diethylenglykol immer in dann 0,15 g/kg/h; auf etwa Hemmung der Alkoholdehydro- (Bezugsquelle s. Anhang) Kombination mit Hamodialyse 1–1,5 ‰ Alkoholblutspiegel genase einstellen Bei Diethylenglykol verursacht möglicherweise auch die Mutter- substanz schwere, irreversible Schaden Flumazenil Intoxikation mit Benzodiazepinen, Erw.: 0,3 mg i.v. initial, dann frakt. in kompetitive Hemmung der Wirkung Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon 60-Sek.-Intervallen bis max. 10 mg; am Benzodiazepinrezeptor Erhaltungsdosis: 0,1–0,4 mg/h als Infusion Kinder: 0,01 mg/kg, Erhaltungs dosis 0,01 mg/kg/h Fomepizol Intoxikation mit Ethylenglykol, Erw. und Kinder: 15 mg/kg i.v. oder Verhinderung der Bildung toxischer (4-Methylpyrazol) Methanol; per os initial; Erhaltungsdosis: Metabolite durch kompetitive (Bezugsquelle s. Anhang) bei Diethylenglykol immer in 10 mg/kg alle 12 Stunden. Bei Hemmung der Alkoholdehydro- Kombination mit Hämodialyse Hämodialyse Dosisanpassung genase gemäss Fachinformation! Bei Diethylenglykol verursacht Verdünnt applizieren möglicherweise auch die Mutter- (Achtung: orale Gabe = off-label substanz schwere, irreversible use!) Schäden BAG-Bulletin 6 vom 5. Februar 2018
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