Bebauungsplan Bocholt 2-22 Biemenhorster Weg - Bebauungskonzept Februar 2020 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bebauungsplan Bocholt 2-22 Biemenhorster Weg - Bebauungskonzept Februar 2020 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag Auftraggeber: TEB Treuhänderische Entwicklungsgesellschaft Bocholt mbH Berliner Platz 1 46395 Bocholt Ansprechpartner: Ingo Strohfeldt Verfasser: Dr. Martin Steverding Faunistik und Artenschutz Böcklerstraße 10 46414 Rhede Goch, den info@steverding-artenschutz.de steverding-artenschutz.de Rhede, den 28. 02. 2020
Inhaltsverzeichnis 1 Anlass und Aufgabenstellung .......................................................................................................... 4 2 Rechtliche Grundlagen .................................................................................................................... 4 3 Untersuchungsgebiet und Vorhaben .............................................................................................. 7 4 Wirkfaktoren ................................................................................................................................... 7 5 Prüfrelevantes Artenspektrum ........................................................................................................ 8 6 Untersuchungsmethoden................................................................................................................ 9 6.1 Vögel ........................................................................................................................................ 9 6.2 Fledermäuse .......................................................................................................................... 10 6.3 Höhlenbäume ........................................................................................................................ 10 7 Ergebnisse...................................................................................................................................... 11 7.1 Vögel ...................................................................................................................................... 11 7.2 Fledermäuse .......................................................................................................................... 13 7.3 Höhlenbäume ........................................................................................................................ 15 8 Bewertung ..................................................................................................................................... 16 8.1 Vögel ...................................................................................................................................... 16 8.1.1 Naturschutzfachliche Bewertung .................................................................................. 16 8.1.2 Artenschutzrechtliche Bewertung ................................................................................. 17 8.2 Fledermäuse .......................................................................................................................... 19 8.2.1 Naturschutzfachliche Bewertung .................................................................................. 19 8.2.2 Artenschutzrechtliche Bewertung ................................................................................. 19 9 Zusammenfassung ......................................................................................................................... 21 10 Quellen ...................................................................................................................................... 21 11 Anhang....................................................................................................................................... 23 2
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Blick von Westen über den zentralen Teil des Plangebietes, die Bäume in der Bildmitte stehen am Rad- und Fußweg, der den Geltungsbereich des Bebauungsplans nach Osten begrenzt (20.02.2019) ............................................................................................................................................ 6 Abbildung 2: Östlich des Plangebietes gelegenes Offenland, das in die vorliegende Erfassung einbezogen wurde (20.02.2019) ............................................................................................................. 6 Abbildung 3: Der Austernfischer ist Nahrungsgast auf den von Kaninchen kurzgefressenen Grasfluren im Plangebiet (19.04.2019) ................................................................................................................... 12 Abbildung 4: Registrierungshäufigkeiten der Fledermausarten bei den einzelnen Begehungen (Batcorder- und Detektordaten zusammengefasst) in Minutenklassen ............................................... 14 Abbildung 5: Registrierungshäufigkeiten der Fledermausarten ohne Zwergfledermaus (Batcorder- und Detektordaten zusammengefasst) in Minutenklassen .................................................................. 14 Abbildung 6: Mehrere 100 Wildkaninchen prägen durch ihre Fraß- und Wühltätigkeit die Vegetation des Untersuchungsgebietes und begünstigen offensichtlich den Haussperling und weitere Vogelarten (19.04.2019, alle Fotos: Martin Steverding).......................................................................................... 17 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Terminübersicht der faunistischen Erfassungen .................................................................... 9 Tabelle 2: Übersicht der festgestellten Vogelarten im Erfassungsgebiet ............................................. 11 Tabelle 3: Ergebnisse der stationären (Batcorder) und mobilen (Detektor) Fledermauserfassungen, dargestellt sind jeweils die Anzahl der Aufnahmen (Rufsequenzen) und die Anzahl Minuten mit Rufaufnahme der jeweiligen Art ........................................................................................................... 13 Tabelle 4: Höhlenbäume im Erfassungsgebiet (BHD = Stammdurchmesser in Brusthöhe) .................. 15 3
1 Anlass und Aufgabenstellung Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans 2-22 Biemenhorster Weg wurde eine Artenschutzprüfung durchgeführt. Dazu erfolgte eine Erfassung der Artengruppen Vögel und Fledermäuse. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans befindet sich südlich der B 67, östlich des Biemenhorster Weges und nördlich des Heinrich-Hillermann-Weges. Es hat eine Größe von etwa 2,1 ha (s. Karte im Anhang). In die vorliegende Untersuchung wurde auch der östlich an das Plangebiet angrenzende Acker- und Grünlandbereich einbezogen, so dass ein Gesamtgebiet von über 5 ha Größe erfasst wurde. Bei den Erfassungen wurden auch die angrenzenden Bereiche berücksichtigt, um funktionale Lebensraumbeziehungen, z. B. Flugkorridore, zu ermitteln. Erfasst wurden alle Brutvogelarten sowie die während der Begehungen festgestellten planungsrelevanten oder wertgebenden Gastvogelarten. Bei der Fledermauserfassung erfolgten eine Erhebung möglicher Quartiere (Höhlenbäume), sowie mobile und stationäre Aktivitätserfassungen. Auf der Grundlage der Ergebnisse der genannten Untersuchungen wurde der vorliegende Artenschutzrechtliche Fachbeitrag angefertigt, der die Artenschutzprüfung der Stufen 1 und 2 enthält. 2 Rechtliche Grundlagen Bei Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, müssen die Belange des Artenschutzes berücksichtigt werden. Dazu ist eine Artenschutzprüfung (ASP) erforderlich, bei der die Betroffenheit von europäisch geschützten Arten des Anhangs IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH- Richtlinie) und von Europäischen Vogelarten geprüft wird. Die rechtlichen Grundlagen auf nationaler Ebene sind die Artenschutzbestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes (§§ 44 Abs. 1,5,6 und 45 Abs. 7 BNatSchG). Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, Individuen der besonders und streng geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Das Tötungsverbot ist somit individuenbezogen. Allerdings ist es in vielen Fällen nicht möglich, das Risiko vereinzelter Tötungen ganz auszuschließen. Daher liegt erst dann ein Verbotstatbestand vor, wenn das Tötungsrisiko für Individuen mindestens einer besonders oder streng geschützten Art durch das Vorhaben signifikant erhöht wird, also das normale Lebensrisiko signifikant übersteigt. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, streng geschützte Arten und europäische Vogelarten in erheblichem Umfang zu stören. Eine Störung ist dann erheblich, wenn sich infolge ihrer Wirkung der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert. Das Störungsverbot ist somit nicht individuen-, sondern populationsbezogen. Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nicht immer nach biologischen Kriterien: Sofern es sich nicht um ein räumlich klar abgegrenztes Vorkommen handelt (z. B. das Vorkommen einer Amphibienart in einem bestimmten Gewässer), werden zur Abgrenzung von Lokalpopulationen häufig Verwaltungsgrenzen herangezogen. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders und streng geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Nicht nur die direkte Beschädigung oder Zerstörung, sondern auch ein Funktions- bzw. Eignungsverlust einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte führt zu einer Verbotsverletzung. Eine häufige Ursache für Eignungs- und Funktionsverluste 4
von Lebensstätten sind Störungen, so dass eine klare Abgrenzung zum Störungsverbot oft nicht möglich ist. Das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot ist individuenbezogen. Somit ist es möglich, dass eine Störwirkung, die gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 nicht erheblich ist (keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population), dennoch einen Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 darstellt (Funktionsverlust einer Lebensstätte). Vorhabenbedingte Verstöße gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot liegen gemäß § 44 Abs. 5 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang erhalten bleibt. Zur Sicherung der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang können vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) geeignet sein. Nahrungshabitate und Transfergebiete (z. B. Flugkorridore von Fledermäusen) unterliegen nur dann dem Schutz durch das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot, wenn es sich um essenzielle Habitate handelt, d. h. wenn die Fortpflanzungs- und Ruhestätten ohne diese Habitate in ihrer Funktion nicht mehr fortbestehen können. Die Zugriffsverbote des § 44 BNatSchG gelten für die nach Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützten Arten und für alle europäischen Vogelarten. Jedoch hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) eine naturschutzfachlich begründete Auswahl planungsrelevanter Vogelarten festgelegt. Es wird davon ausgegangen, dass bei nicht planungsrelevanten Vogelarten wegen ihrer günstigen Erhaltungszustände im Regelfall bei Planvorhaben keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ausgelöst werden. Somit erfolgt für diese Arten im Rahmen der Artenschutzprüfung in der Regel keine Art-für-Art-Betrachtung. Besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, dass die artenschutzrechtlichen Verbote auch bei nicht planungsrelevanten Vogelarten ausgelöst werden, ist es nach der VV Artenschutz (Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum Artenschutz bei Planungs- oder Zulassungsverfahren) geboten, auch diese im Rahmen einer Art-für-Art-Betrachtung zu berücksichtigen. Eine Artenschutzprüfung ist dreistufig aufgebaut. In Stufe 1 (Vorprüfung) werden das potenziell betroffene Artenspektrum und die möglichen vom Vorhaben ausgehenden Wirkfaktoren ermittelt. Sofern in dieser Stufe bereits artenschutzrechtliche Konflikte ausgeschlossen werden können, ist die Prüfung beendet und das Vorhaben ist aus artenschutzrechtlicher Sicht zulässig. Können artenschutzrechtliche Konflikte im Rahmen der Vorprüfung nicht ausgeschlossen werden, ist eine vertiefende Art-für-Art-Betrachtung (Stufe 2) erforderlich. Dabei erfolgt für jede potenziell betroffene streng geschützte Tierart bzw. (planungsrelevante) europäische Vogelart eine Prüfung der Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG. In diesem Rahmen werden, sofern erforderlich, Vermeidungsmaßnahmen einschließlich vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) und ggf. ein Risikomanagement konzipiert. Liegen auch unter Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen Verstöße gegen die Zugriffsverbote gemäß § 44 BNatSchG vor, kann ein Vorhaben nur im Rahmen eines Ausnahmeverfahrens gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG (Stufe 3) zugelassen werden. Die Gewährung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme ist nur dann möglich, wenn alle drei Ausnahmevoraussetzungen erfüllt sind: Es müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen, es dürfen keine Alternativlösungen bzw. Alternativstandorte möglich 5
sein und der Erhaltungszustand der lokalen Population der betreffenden Art darf sich durch das Vorhaben nicht verschlechtern (europäische Vogelarten) bzw. muss günstig bleiben (FFH-Anhang IV- Arten). Abbildung 1: Zentraler Bereich des Plangebietes, die Bäume in der Bildmitte stehen am Rad- und Fußweg, der außerhalb der Plangebietsgrenzen verläuft (20.02.2019) Abbildung 2: Östlich des Plangebietes gelegenes Offenland, das in die vorliegende Erfassung einbezogen wurde (20.02.2019) 6
3 Untersuchungsgebiet und Vorhaben Das Untersuchungsgebiet besteht aus dem etwa 2,1 ha großen Geltungsbereich des Bebauungsplans 2-22 Biemenhorster Weg und dem östlich angrenzenden Offenland. Somit wurde ein mehr als 5 ha großer Bereich untersucht, der im Norden durch die B 67, im Osten und Süden durch die Straße Auf dem Takenkamp und die Siedlungen Heinrich-Hillemann-Weg und Julius-Venhorn-Weg und im Westen durch den Biemenhorster Weg begrenzt wird. Zur Ermittlung von Lebensraumbeziehungen (z. B. Flugkorridore, Nahrungs- und Bruthabitate) wurde an allen Seiten die angrenzende Umgebung in die Erfassungen einbezogen. Das Untersuchungsgebiet besteht überwiegend aus offenen Flächen. Innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans 2-22 liegen vor allem Grasfluren und Ruderalflächen sowie die Grundstücke mit Gärten am Biemenhorster Weg. Durch einen extrem hohen Kaninchenbestand im Untersuchungsjahr 2019 waren die offenen Flächen äußerst kurzrasig. Gegliedert wird das Plangebiet durch lockere Reihen von Obstbäumen, jüngeren Eichen und Kopfweiden. Im Westen entlang des Biemenhorster Weges befinden sich Wohnhäuser mit größeren Gärten innerhalb des Geltungsbereiches. Östlich stehen eine alte großkronige Eiche und weitere kleinere Bäume an einem Fuß- und Radweg. Der östlich dieses Weges gelegene Feldbereich ist mit Ausnahme eines kleinen Laubbaumbestandes östlich der genannten Eiche gehölzfrei und offen. Er besteht aus einer durch die Kaninchen sehr kurz gehaltenen Grünlandfläche, die im Sommer umgepflügt wurde. Am Ost-/Südostrand dieser Fläche befinden sich einige Wohnhäuser und eine ältere Hofstelle. Das Untersuchungsgebiet wird in Norden durch die B 67 und an allen anderen Seiten durch Siedlungen begrenzt. Diese bestehen überwiegend aus Einfamilienhäusern mit größeren Gärten, im Süden zum Teil aus Reihenhäusern. Durch die Aufstellung des Bebauungsplans 2-22 soll Baurecht zur Errichtung von neuen Wohngebieten geschaffen werden. Im östlich angrenzenden Gebiet werden durch den vorliegenden Artenschutzbeitrag die artenschutzrechtlichen Voraussetzungen für eine mögliche künftige Bebauungsplanaufstellung geprüft. 4 Wirkfaktoren Bei den vorhabenbedingten Wirkungen kann zwischen baubedingten, anlagebedingten und betriebsbedingten Faktoren unterschieden werden. Die baubedingten Wirkfaktoren sind die Auswirkungen, die ausschließlich mit dem Bau des Objektes zusammenhängen und nach Fertigstellung ihre Wirksamkeit verlieren, wobei allerdings die Wirksamkeit deutlich über den Zeitpunkt der Fertigstellung hinaus fortbestehen kann. Anlagebedingte Wirkungen sind die Einflüsse, die mit der Präsenz des fertigen Objektes zusammenhängen und betriebsbedingte Wirkungen sind die Faktoren, die von der Nutzung bzw. des Betriebes des fertigen Objektes ausgehen. Im vorliegenden Fall sind die folgenden baubedingten Wirkfaktoren zu erwarten: Wirkungen von Lärm: Durch Baufahrzeuge und Geräte wird Lärm verursacht, der zu Scheuch- und Vertreibungswirkungen für Tiere führen kann. Wirkungen von Licht: 7
Bei Beleuchtung der Baustelle bzw. durch die Beleuchtung der Baufahrzeuge während der dunklen Tageszeiten kann es zu Störwirkungen insbesondere von nachtaktiven Tieren kommen. Wirkungen von Fahrzeug-, Geräte- oder Personenbewegungen: Von Fahrzeug-, Geräte- oder Personenbewegungen können Scheuch- und Vertreibungs- wirkungen ausgehen, die oft nicht gänzlich von den Wirkungen von Lärm und Licht zu trennen sind. Anlagebedingte Wirkungen des Vorhabens sind durch die Inanspruchnahme von Lebensräumen zu erwarten. Im vorliegenden Fall kommt es zu einer Überbauung von bislang offenen Flächen und voraussichtlich auch zu einem Verlust von Gehölzen. Betriebsbedingte Auswirkungen sind die Faktoren, die mit einer Nutzung des fertiggestellten Wohngebietes zusammenhängen: Störwirkungen von Beleuchtung an Verkehrswegen, an Gebäuden und an Fahrzeugen Akustische Störwirkungen von Personen, Fahrzeugen und allen weiteren akustischen Wirkungen im Zusammenhang mit der Nutzung der fertigen Häuser Optische Störwirkungen durch Personen- und Fahrzeugbewegungen und Bewegungen anderer Objekte 5 Prüfrelevantes Artenspektrum Der Planbereich liegt innerhalb des Quadranten 4 des Messtischblattes 4105 Bocholt. Die folgenden planungsrelevanten Arten sind für den genannten Quadranten in LANUV NRW (2019) gemeldet: Säugetiere: Teichfledermaus, Wasserfledermaus, Fransenfledermaus, Braunes Langohr Vögel (sofern kein anderslautender Zusatz: Brutvögel): Baumfalke, Baumpieper, Bluthänfling, Eisvogel, Feldlerche, Feldsperling, Gartenrotschwanz, Girlitz, Graureiher, Kiebitz, Kleinspecht, Kuckuck, Mehlschwalbe, Mäusebussard, Rauchschwalbe, Rebhuhn, Schleiereule, Schwarzspecht, Silberreiher (Rastvogel/Wintergast), Sperber, Star, Steinkauz, Teichrohrsänger, Turmfalke, Turteltaube, Wachtel, Waldkauz, Waldohreule, Waldschnepfe, Wanderfalke, Zwergtaucher Amphibien/Reptilien: Laubfrosch, Schlingnatter, Zauneidechse Bei den Fledermäusen ist von einem deutlich größeren Spektrum auszugehen als die vier genannten Arten. Im Säugetieratlas NRW (AG Säugetierkunde in NRW 2019) sind für den betreffenden Quadranten Nachweise für die folgenden Arten angegeben: Bechsteinfledermaus, Braunes Langohr, Fransenfledermaus, Großes Mausohr, Kleine Bartfledermaus, Kleinabendsegler, Rauhautfledermaus, Teichfledermaus, Wasserfledermaus und Zwergfledermaus. Da es sich bei den Daten im Säugetieratlas nicht um flächendeckende Erhebungen handelt, ist auch dort nicht von einem vollständigen Artenspektrum auszugehen. Weitere Beobachtungsdaten von Fledermäusen können unter https://nrw.observation.org eingesehen werden. 8
Auch bei den Vögeln sind Vorkommen von nicht oben angegebenen Arten innerhalb des betreffenden Quadranten möglich. Im Süden des Quadranten kann z. B. mit Brutvorkommen von Mittelspecht und Habicht gerechnet werden. Allerdings können Brutvorkommen vieler der genannten Vogelarten für das Erfassungsgebiet aufgrund fehlender geeigneter Lebensräume ausgeschlossen werden. Insbesondere Arten der Gewässer und Feuchtgebiete und typische Altwaldbewohner kommen im urbanen Umfeld des Planbereiches sicher nicht als Brutvögel vor. Arten der offenen Kulturlandschaft können aufgrund der vorhandenen offenen Flächen und der Hofstelle zum Teil erwartet werden. Als potenzielle Brutvögel des Erfassungsgebietes wurden im Vorfeld die folgenden planungsrelevanten Arten eingestuft: Bluthänfling, Feldsperling, Gartenrotschwanz, Girlitz (Vorkommen inzwischen aufgrund sehr starker Bestandsabnahme nahezu ausgeschlossen), Mehlschwalbe, Rauchschwalbe, Schleiereule, Star, Turmfalke, Steinkauz und Waldkauz. Als potenzielle planungsrelevante Nahrungsgäste wurden Graureiher, Sperber und Waldohreule eingestuft, viele weitere Arten sind als gelegentliche Gäste oder Ausnahmegäste möglich. Die oben genannten planungsrelevanten Amphibien und Reptilien können aufgrund fehlender geeigneter Lebensräume im Plangebiet sicher ausgeschlossen werden. Die Erfassungen und die Artenschutzprüfung konnten somit auf die Artengruppen Vögel und Fledermäuse begrenzt werden, da ein Auftreten planungsrelevanter Arten aus anderen Gruppen im Vorfeld ausgeschlossen werden konnte. Da auch keine bedeutenden Feuchtgebiete oder andere relevante Rastvogellebensräume betroffen sind, konnte die Vogelerfassung auf die Gruppe der Brutvögel eingegrenzt werden. 6 Untersuchungsmethoden Tabelle 1: Terminübersicht der faunistischen Erfassungen (T Start = Temperatur Kartierungsbeginn, T Ende = Temperatur Kartierungsende (°C), Wind = Windstärke in Beaufort) Datum Begehung von bis T Start T Ende Wolken Wind 20.02.2019 Höhlenbäume 15:30 16:00 11 11 30 % 2-3 Bft 22.02.2019 Nachtvögel 1 18:00 19:15 10 8 30 % 2-3 Bft 02.04.2019 Tagvögel 1 08:00 09:00 3 6 30 % 0-1 Bft 16.04.2019 Fledermäuse 1 19:56 23:13 16 13 30-70% 1 Bft 19.04.2019 Tagvögel 2 09:20 10:20 14 16 5% 3 Bft 03.05.2019 Tagvögel 3 07:45 08:45 7 7 70 % 2 Bft 07.05.2019 Nachtvögel 2 22:45 23:15 7 6 20 % 1 Bft 29.05.2019 Tagvögel 4 08:00 09:00 6 9 0% 1 Bft 06.06.2019 Fledermäuse 2 21:22 00:41 17 11 < 30% 1 Bft 21.06.2019 Tagvögel 5 10:30 11:15 18 18 40 % 2-3 Bft 24.06.2019 Fledermäuse 3 21:37 23:32 30 24 < 30% 2 Bft 01.08.2019 Fledermäuse 4 21:06 23:01 19 18 < 30% 0 Bft 22.08.2019 Fledermäuse 5 04:20 06:24 11 10 < 30% 0 Bft 27.08.2019 Fledermäuse 6 19:59 22:14 28 26 30-70% 0 Bft 18.09.2019 Fledermäuse 7 19:29 21:27 14 11 < 30% 2 Bft 6.1 Vögel Die Erfassung der Vögel erfolgte durch Revierkartierung nach den methodischen Vorgaben in Südbeck et al. (2005). Es wurden insgesamt sieben Begehungen durchgeführt, davon erfolgten fünf morgens und zwei in der Abenddämmerung bzw. zu Beginn der Nacht. Die Nachtbegehungen erfolgten während 9
der Balzzeit der Eulen im Spätwinter/Vorfrühling sowie während der Ästlingsphase der Jungen im Mai. Die Tagesbegehungen deckten die Balz- und Brutzeit aller potenziell vorkommenden planungsrelevanten oder wertgebenden Arten ab. Berücksichtigt wurden bei den Begehungen alle Vogelarten. Der Schwerpunkt lag in der Registrierung von revieranzeigendem oder anderem auf Bruten hinweisendem Verhalten bzw. dem direkten Fund von Nestern. Die Daten aus den Feldkarten wurden in ein geographisches Informationssystem (GIS) eingegeben und ausgewertet. Dabei wurden mindestens zweimalige Nachweise von Revierverhalten jeweils als ein Brutpaar bzw. ein Revier gezählt. Arten, für die jeweils mindestens ein Revier innerhalb des Erfassungsraumes (Planbereich und Umfeld) gewertet wurde, sind als Brutvögel eingestuft. 6.2 Fledermäuse Die Erfassung der Fledermäuse erfolgte durch sieben Detektorbegehungen im Zeitraum von Mitte April bis Mitte September. Bei fünf Begehungen erfolgte eine zeitgleiche stationäre Ruferfassung mit jeweils zwei Batcordern. Sechs Begehungen erfolgten abends, eine erfolgte morgens zur Feststellung von Schwärmverhalten in Quartiernähe (s. Tab. 1). Die Detektorbegehungen erfolgten unter Verwendung eines automatischen, digitalen und georeferenzierten Echtzeit-Aufnahmesystems mit Live-Sonagramm, bestehend aus einem Samsung Galaxy Tab Pro 8.4 mit einem Ultramic 384K BLE von Dodotronic und der App „Bat Recorder“ von Bill Kraus. Weiterhin kam ein automatischer Heterodyn-Fledermausdetektor „Elekon BATSCANNER“ (15 – 40 kHz) sowie ergänzend ein automatischer Heterodyn-Fledermausdetektor „Elekon BATSCANNER STEREO“ (40 – 120 kHz) zum Einsatz, um alle Frequenzbereiche abzudecken. Die Auswertung der aufgenommenen Rufe erfolgte in automatischer und manueller Rufanalyse unter Verwendung der Programme bcAdmin 4 und bcAnalyze 3 Light und batIdent 1.5. Zur stationären Rufaufzeichnung wurden bei jeder Begehung zwei Mini-Batcorder der Firma EcoObs eingesetzt, die während der Zeit der Detektorbegehung Fledermausrufe aufzeichneten. Die Auswertung der Rufaufnahmen erfolgte nach gleicher Methodik wie bei den Detektoraufnahmen (s. o.). Die aufgezeichneten Rufe können meist auf Artniveau bestimmt werden, jedoch ist eine Trennung innerhalb der Artenpaare Graues und Braunes Langohr sowie Große und Kleine Bartfledermaus (=Brandt- und Bartfledermaus) meist nicht möglich. Ebenso sind die untereinander ähnlichen Rufe innerhalb der Gattung Myotis und zwischen den Arten mit nyctaloidem Ruftyp (Breitflügelfledermaus, Zweifarbfledermaus, Kleinabendsegler und Großer Abendsegler) in manchen Fällen nicht eindeutig zu trennen. 6.3 Höhlenbäume Die Bäume des Erfassungsbereiches wurden jeweils Ende Februar im noch winterkahlen Zustand von allen Seiten auf Höhlen, Spalten, Risse, abstehende Rindenteile und anderen potenziell für Fledermäuse oder Vögel nutzbaren Strukturen abgesucht. Bäume mit entsprechenden Strukturen wurden mit GPS punktgenau eingemessen und in eine Tabelle eingetragen, die die Parameter Baumart, Baumgröße (Stammdurchmesser), Art der Höhle sowie Höhe und Exposition der Höhle enthält. 10
7 Ergebnisse 7.1 Vögel Insgesamt wurden 27 Vogelarten innerhalb des Erfassungsraumes festgestellt, der den Geltungsbereich des Bebauungsplans 2-22 Biemenhorster Weg, das östlich angrenzende Offenland und die angrenzenden Siedlungsflächen umfasst. 14 Arten wurden als Brutvögel (Nestfund oder Revierfeststellung) eingestuft, 13 Arten als Gastvögel (s. Tabelle 2 und Anhang 1). Tabelle 2: Übersicht der festgestellten Vogelarten im Erfassungsgebiet, RL NRW = Rote Liste NRW (Grüneberg et al. 2016) (V = Vorwarnliste), Status: B = Brutvogel, G = Gastvogel, Bestand = Anzahl der Reviere/Brutpaare im Erfassungsgebiet, fett = planungsrelevant Art RL NRW Status Bestand Amsel Turdus merula B 8 Austernfischer Haematopus ostralegus G Bachstelze Motacilla alba V B 2 Blaumeise Parus caeruleus B 5 Bluthänfling Carduelis cannabina 3 B 1 Buchfink Fringilla coelebs B 3 Buntspecht Dendrocopos major G Dohle Coloeus monedula G Eichelhäher Garrulus glandarius G Elster Pica pica G Grünfink Carduelis chloris G Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros G Haussperling Passer domesticus V B 25 Heckenbraunelle Prunella modularis B 8 Heringsmöwe Larus fuscus G Hohltaube Columba oenas G Klappergrasmücke Sylvia curruca V B 1 Kohlmeise Parus major B 5 Mäusebussard Buteo buteo G Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla B 2 Rabenkrähe Corvus corone G Rauchschwalbe Hirundo rustica 3 G Ringeltaube Columba palumbus B 6 Rotkehlchen Erithacus rubecula B 2 Stieglitz Carduelis carduelis B 1 Zaunkönig Troglodytes troglodytes G Zilpzalp Phylloscopus collybita B 2 Unter den Brutvögeln ist der Bluthänfling die einzige in NRW als planungsrelevant eingestufte Art. Die Brutvögel Bachstelze, Haussperling und Klappergrasmücke sind in der Vorwarnliste für NRW aufgeführt (Grüneberg et al. 2016). Unter den Gastvögeln sind die drei planungsrelevanten Arten Heringsmöwe, Mäusebussard und Rauchschwalbe. Die mit deutlichem Abstand häufigste Brutvogelart im Erfassungsraum ist der Haussperling, der in den angrenzenden Siedlungen kolonieartig brütet und dort mit etwa 25 Brutpaaren vertreten ist. An zweiter Stelle mit jeweils acht festgestellten Revieren stehen Amsel und Heckenbraunelle. Die Ringeltaube folgt mit einem Bestand von sechs festgestellten Revieren und mit jeweils fünf Revieren 11
sind die Blau- und die Kohlmeise vertreten. Die übrigen Brutvogelarten wurden in kleinen Beständen von jeweils einem bis drei Revieren festgestellt. Die drei als Gastvögel eingestuften Arten, Grünfink, Hausrotschwanz und Zaunkönig, wurden zwar mit Revierverhalten registriert, sie erfüllten aber aufgrund von nur jeweils einer Feststellung nicht die Anforderungen für die Wertung eines Reviers. Die drei Arten sind wahrscheinlich Brutvögel im direkten Umfeld des Erfassungsraumes. Abbildung 3: Der Austernfischer ist Nahrungsgast auf den von Kaninchen kurzgefressenen Grasfluren im Plangebiet (19.04.2019) Die Gastvogelarten Austernfischer, Buntspecht, Dohle, Eichelhäher, Elster und Rabenkrähe haben vermutlich Brutvorkommen in der näheren Umgebung. Der Austernfischer brütet regelmäßig auf Flachdächern in Siedlungen, Städten und Gewerbegebieten und sucht seine Nahrung auf Rasenflächen, Grünland und Äckern in der Umgebung. Die nächstgelegenen Brutplätze der Gastvogelarten Rauchschwalbe und Mäusebussard dürften sich außerhalb der Siedlung in größerer Distanz zum Plangebiet befinden. Bruten der Rauchschwalbe wurden im Vorfeld aufgrund der vorhandenen Hofstelle als möglich betrachtet, können aber aufgrund der nur einmaligen Beobachtung von zwei Vögeln ausgeschlossen werden. Die Heringsmöwe tritt als Durchzügler im Raum Bocholt regelmäßig an den größeren Gewässern oder auf Landwirtschaftsflächen auf und ist innerhalb des Plangebietes als Ausnahmegast zu betrachten. Aufgrund des geringen Gehölzanteils ist die Zahl der direkt durch Inanspruchnahme betroffenen Brutplätze und Reviere von Vögeln relativ gering. Allerdings dient das weitgehend offene Gebiet als Nahrungshabitat für viele Brutvogelarten, was in der naturschutzfachlichen und artenschutzrechtlichen Bewertung (s. 8.1) berücksichtigt wird. 12
7.2 Fledermäuse Insgesamt wurden sieben Fledermausarten nachgewiesen: Großer Abendsegler, Kleinabendsegler, Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus, Wasserfledermaus, Große/Kleine Bartfledermaus (akustische Unterscheidung dieses Artenpaares kaum möglich). In Tabelle 3 sind die festgestellten Arten mit den jeweiligen Nachweishäufigkeiten dargestellt. Aufgeführt sind dort die jeweilige Anzahl von Rufaufnahmen (Rufsequenzen) und die Anzahl von Minuten mit Rufaufnahmen der jeweiligen Art. Im Anhang des vorliegenden Berichts ist eine Kartendarstellung der Erfassungsergebnisse einschließlich Tracks aller Begehungen enthalten. Tabelle 3: Ergebnisse der stationären (Batcorder) und mobilen (Detektor) Fledermauserfassungen, dargestellt sind jeweils die Anzahl der Aufnahmen (Rufsequenzen) und die Anzahl Minuten mit Rufaufnahme der jeweiligen Art. Bei den Bartfledermäusen ist anhand der Rufaufnahmen eine Trennung des Artenpaars nicht möglich. RL = Rote Liste NRW (Meinig et al. 2010): 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, R = durch extreme Seltenheit gefährdet, betrifft reproduzierende Vorkommen der Rauhautfledermaus, G = Gefährdung mit unbekanntem Ausmaß Art RL Batcorder Detektor Aufn. Min. Aufn. Min. Großer Abendsegler Nyctalus noctula V 0 0 7 2 Kleinabendsegler N. leisleri V 8 5 17 4 Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus 2 16 15 108 49 Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus * 748 167 1096 284 Rauhautfledermaus P. nathusii R 1 1 0 0 Wasserfledermaus Myotis daubentonii G 2 2 1 1 Gr./Kl. Bartfledermaus M. brandtii/mystacinus 2/3 0 0 1 1 Bei akustischen Erfassungen von Fledermäusen kann nur in Ausnahmefällen (z. B. bei Ausflugs- oder Flugroutenzählungen) eine genaue Individuenzahl ermittelt werden kann. In der Regel ist nicht feststellbar, ob mehrere Aufnahmen derselben Art innerhalb kurzer Zeit von mehreren durchfliegenden Individuen oder von einem einzigen mehrfach vorbeifliegenden Tier stammen. Es sind daher andere Methoden zur Ermittlung der Häufigkeit erforderlich als bei einer optischen Erfassung (vgl. Runkel et al. 2018). Zumeist wird die Häufigkeit durch die Anzahl der Rufaufnahmen (=Sequenzen) angegeben. Eine Sequenz bedeutet dabei in der Regel einen Vorbeiflug einer Fledermaus am Aufnahmegerät. Allerdings können verschiedene Situationen und verschiedene technische Einstellungen zu unterschiedlichen Zahlen von Sequenzen bzw. Rufaufnahmen führen. Laut rufende Arten sind durch das Aufnahmegerät länger „hörbar“ und produzieren somit tendenziell längere Sequenzen. Eine kleinräumig kreisende laut rufende Breitflügelfledermaus kann eine einzige lange Rufsequenz produzieren, während eine auf derselben Flugbahn fliegende leise rufende Fransenfledermaus viele kurze Sequenzen produziert. Dabei lässt sich am Gerät einstellen, nach wie langer Pause eine neue Sequenz aufgenommen werden kann und bei welcher Maximallänge eine Aufnahme beendet wird. Insbesondere jagende Fledermäuse fliegen oft kurze Bahnen oder enge Kreise und können dadurch viele Male innerhalb kurzer Zeit am Aufnahmegerät auftreten. Durch die Angabe von Minuten mit Fledermauskontakt werden solche Ereignisse im Vergleich zur Angabe der Anzahl von Aufnahmen (Sequenzen) teilweise nivelliert. Ein kurzzeitiger Aufenthalt eines Tieres in der Nähe des Aufnahmegerätes fällt dann weniger ins Gewicht. 13
Abbildung 4: Registrierungshäufigkeiten der Fledermausarten bei den einzelnen Begehungen (Batcorder- und Detektordaten zusammengefasst) in Minutenklassen (Anzahl der Minuten pro Stunde Begehung mit Kontakt der jeweiligen Art, Uhrzeiten der Begehungen s. Tab. 1): Eser = Breitflügelfledermaus, Mbart = (Große/Kleine) Bartfledermaus, Mdau = Wasserfledermaus, Nlei = Kleinabendsegler, Nnoc = Großer Abendsegler, Pnat = Rauhautfledermaus, Ppip = Zwergfledermaus Abbildung 5: Registrierungshäufigkeiten der Fledermausarten ohne Zwergfledermaus (Batcorder- und Detektordaten zusammengefasst) in Minutenklassen (Anzahl der Minuten pro Stunde Begehung mit Kontakt der jeweiligen Art, Uhrzeiten der Begehungen s. Tab. 1: Eser = Breitflügelfledermaus, Mbart = (Große/ Kleine) Bartfledermaus, Mdau = Wasserfledermaus, Nlei = Kleinabendsegler, Nnoc = Großer Abendsegler, Pnat = Zwergfledermaus 14
Die häufigste nachgewiesene Art ist mit deutlichem Abstand die Zwergfledermaus (s. Tab. 3). Sie war bei allen Begehungen die am häufigsten registrierte Art und wurde mit Ausnahme des 24.06. bei allen Begehungen um ein Vielfaches häufiger festgestellt als alle anderen Arten zusammen (s. Abb. 4). Die meisten Feststellungen erfolgten im Bereich einer quer durch das Erfassungsgebiet (östlich des B-Plan- Gebietes) verlaufenden Flugstraße (Transferflugroute): Ein stark frequentierter Flugkorridor von Zwerg- und Breitflügelfledermäusen verläuft entlang des Grüngürtels östlich des Geltungsbereiches des B-Plans 2-22. Am 01.08.2019 wurden dort 106 durchfliegende Zwergfledermäuse gezählt (s. Anhang 3). Außerhalb des Flugkorridors war die Aktivität von Zwergfledermäusen und auch von anderen Fledermausarten insgesamt relativ gering. Quartiere wurden im Plangebiet und in den direkt angrenzenden Bereichen nicht festgestellt, allerdings sind im näheren Umfeld Quartiere von Zwerg- und Breitflügelfledermäusen wahrscheinlich. Die zweithäufigste Art war die Breitflügelfledermaus. Sie wurde ebenso wie die Zwergfledermaus vor allem innerhalb des Flugkorridors festgestellt, am 01.08.2019 wurden 24 Tiere gezählt (s. Anhang 3). Abseits der Flugstraße war die Aktivität der Breitflügelfledermaus ähnlich wie die der Zwergfledermaus relativ gering. Sie wurde bei allen Begehungen mit Ausnahme des 22.08. registriert (s. Abb. 4 und 5). Die Begehung am 22.08. erfolgte zum Ende der Nacht bzw. in der Morgendämmerung. Unter den übrigen Arten wurde der Kleinabendsegler am häufigsten festgestellt. Er trat bei zwei Begehungen auf, die meisten Feststellungen erfolgten am 27.08. Der Große Abendsegler, die Rauhautfledermaus, die Wasserfledermaus und die (Kleine oder Große) Bartfledermaus wurden jeweils vereinzelt registriert. Eine markante Flugstraße (Transferflugroute) mit bis zu 106 registrierten Zwergfledermäusen und 24 registrierten Breitflügelfledermäusen verläuft quer durch das Erfassungsgebiet östlich des Geltungsbereiches des B-Plans 2-22 (s.o.). Von Norden her verläuft der Flugkorridor entlang des Grüngürtels östlich der Gewerbeflächen an der Isarstraße und überquert über dem Radfahrer- und Fußgängertunnel die B 67. Er teilt sich am Rand der Siedlungsflächen am Julius-Venhorn-Weg auf (s. Anhang 3). Außerhalb des genannten Flugkorridors wurde eine insgesamt geringe Fledermausaktivität festgestellt. Sie konzentrierte sich weitgehend auf die Ränder der Siedlungen und war in den untersuchten Offenlandbereichen sehr gering (s. Anhang 3). 7.3 Höhlenbäume Im Erfassungsgebiet wurden zwei Bäume registriert, in denen potenziell als Fledermausquartier oder Vogelbrutplatz geeignete Höhlen vorhanden sind: eine absterbende schwachwüchsige Eiche mit hohlem Stamm und eine Erle mit einem Astloch. Beide Bäume befinden sich innerhalb des kleinen Laubbaumbestandes östlich des Geltungsbereiches des Bebauungsplans 2-22 u und somit im Bereich der Flugstraße von Zwerg- und Breitflügelfledermaus (s. o.). Tabelle 4: Höhlenbäume im Erfassungsgebiet (BHD = Stammdurchmesser in Brusthöhe) Baumart BHD Höhle Höhe und Exposition der Höhle Eiche 20 Hohler Stamm mehrere Zugänge zur Höhle Erle 35 Astloch 3 m, West 15
8 Bewertung 8.1 Vögel 8.1.1 Naturschutzfachliche Bewertung Die innerhalb des Erfassungsbereiches festgestellte Anzahl von 14 Brutvogelarten ist als mittelhoch zu bewerten. Als einziger planungsrelevanter Brutvogel wurde der Bluthänfling mit einem Revier festgestellt. Drei weitere Vogelarten sind in der Vorwarnliste für NRW aufgeführt und können somit als wertgebende Arten eingestuft werden: Der Haussperling mit einem großen Vorkommen von etwa 25 Brutpaaren, die Bachstelze mit zwei Revieren und die Klappergrasmücke mit einem Revier. Das Brutvorkommen des Haussperlings ist aufgrund seiner Größe als lokal bedeutend einzustufen, was vor dem Hintergrund deutlich wird, dass große Bereiche der Stadt Bocholt bereits weitgehend spatzenfrei sind. Bei Erfassungen von 2016 und 2018 im Rahmen von Bebauungsplänen im Bocholter Innenstadtbereich wurde der Haussperling gar nicht bzw. nur als Ausnahmegast festgestellt (Steverding 2016, Steverding 2018). Der trotz der weitgehend aus dem Plangebiet verschwundenen Tierhaltung immer noch große Spatzenbestand ist wahrscheinlich auf die extrem hohe Wildkaninchenpopulation zurückzuführen. Der mehrere 100 Tiere umfassende Kaninchenbestand des Erfassungsgebietes führt durch seine Fraß- und Grabtätigkeit zu einer von vielen Pionierpflanzen geprägten Ruderalvegetation, die den Spatzen als Nahrungsgrundlage (Samen und Grünteile) dient (vgl. u.a. Glutz et al. 1997). Vermutlich begünstigt der Kaninchendung auch Fliegen und andere Insekten als Jungennahrung. Auch der mit einem Revier vertretene Bluthänfling und die mit zwei Revieren vertretene Bachstelze dürften von der infolge des Kaninchenfraßes äußerst kurzen und lückenhaften Vegetation profitieren. Das Erfassungsgebiet insgesamt ist somit als Brutgebiet, das B-Plan-Gebiet und die östlich angrenzenden Offenflächen insbesondere als Nahrungshabitat für einen größeren Haussperlingsbestand sowie für die gefährdeten bzw. in der Vorwarnliste aufgeführten Arten Bluthänfling, Bachstelze und Klappergrasmücke von hoher lokaler Bedeutung. Brutvorkommen der genannten Arten sind innerhalb der Stadt Bocholt nur noch begrenzt vorhanden. Vorhabenbedingt sind überwiegend offene gehölzarme Flächen betroffen, in denen sich nur wenige Brutplätze von Vögeln befinden. Die weitaus meisten Vogelbrutplätze liegen in den Siedlungen und Gärten des direkten Umfeldes. Allerdings sind die betroffenen offenen Habitate für einen Teil der Brutvorkommen, insbesondere für die wertgebenden und planungsrelevanten Arten, zentrale und teils essenzielle Lebensraumbestandteile. Die Inanspruchnahme des Vorhabengebietes wirkt sich daher vor allem auf Brutvorkommen von Vögeln außerhalb des Planbereiches aus. Für die Brutvorkommen des planungsrelevanten Bluthänflings und der wertgebenden Arten Bachstelze und Haussperling, letzterer mit einer bedeutenden Bestandsgröße, ist von einer essenziellen Bedeutung der offenen Flächen des Plangebietes und des östlich angrenzenden Bereiches auszugehen. Potenziell bedeutend als Nahrungshabitat sind die Offenlandbereiche ebenfalls für den Austernfischer, der hier zweimal während der Brutzeit als Nahrungsgast beobachtet werden konnte. Die in der Vorwarnliste aufgeführte Klappergrasmücke besiedelt den Strauchwuchs an den Rändern der offenen Flächen. Für sie sind die Offenbereiche selbst von geringer Bedeutung, jedoch sind die innerhalb des Planbereiches und angrenzend gelegenen Gehölzreihen und Sträucher Lebensraumbestandteile. Bei den übrigen Brutvogelarten handelt es sich um weit verbreitete und 16
häufige Arten, die überwiegend außerhalb des Eingriffsbereiches brüten und weniger auf die Offenlandbereiche als Nahrungshabitate angewiesen sind. Die Bedeutung des Erfassungsgebietes als Nahrungshabitat für Durchzügler oder Brutvogelarten aus der weiteren Umgebung ist mit Ausnahme des oben erwähnten Austernfischers gering. Für die jeweils einmal festgestellten planungsrelevanten Gastvogelarten Mäusebussard, Heringsmöwe und Rauchschwalbe kann eine größere Bedeutung des betroffenen Gebietes ausgeschlossen werden. Somit sind das Plangebiet und der östlich angrenzende Offenlandbereich insbesondere als essenzieller Lebensraumbestandteil für ein bedeutendes Haussperlingsvorkommen und für Brutvorkommen von Bluthänfling und Bachstelze einzustufen. Abbildung 6: Mehrere 100 Wildkaninchen prägen durch ihre Fraß- und Wühltätigkeit die Vegetation des Untersuchungsgebietes und begünstigen offensichtlich den Haussperling und weitere Vogelarten (19.04.2019, alle Fotos: Martin Steverding) 8.1.2 Artenschutzrechtliche Bewertung § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Verletzungs- und Tötungsverbot) Baubedingte Verletzungen oder Tötungen von Vögeln sind bei einer Baufeldräumung während der Brutzeit durch Beseitigung von Nestern möglich. Bei Einhaltung der Rodungszeiten gemäß § 39 Abs. 5 BNatSchG (01.10. bis 28.02.) wird eine baubedingte Verletzung oder Tötung von Vögeln vermieden. Anlagebedingte Verletzungen oder Tötungen von Vögeln sind durch Anflug an Glasscheiben möglich. Dieses Risiko sollte generell an allen Gebäuden durch geeignete Maßnahmen vermindert werden. 17
Betriebsbedingte Verletzungen oder Tötungen von Vögeln sind insbesondere durch Fahrzeugbewegungen möglich, das Risiko ist aber durch die zu erwartenden niedrigen Fahrgeschwindigkeiten als gering einzustufen und daher artenschutzrechtlich nicht als relevant zu bewerten (keine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos). § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (Störungsverbot) Verstöße gegen das Störungsverbot sind im vorliegenden Fall kaum relevant. Aufgrund der erheblichen Vorbelastung durch die vorhandenen Siedlungen, durch die Verkehrswegebeleuchtung und durch die Frequentierung der vorhandenen Verkehrswege durch Fahrzeuge, Fußgänger und zahlreiche Hunde kann eine hohe Störungstoleranz der anwesenden Vögel vorausgesetzt werden. Zudem ist innerhalb der Eingriffsbereiche mit einer flächendeckenden Inanspruchnahme zu rechnen, die zu einer Beseitigung der dort vorhandenen Brutplätze führt (s. u.). Das Störungsverbot verliert im Falle des Verlusts der betroffenen Lebensräume seine Relevanz. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Schädigungs- und Zerstörungsverbot) Ein direkter vorhabenbedingter Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln tritt in relativ geringem Ausmaß ein, da nur kleinflächig Gehölze oder andere Niststätten betroffen sind. Dennoch kann von einer Betroffenheit oder möglichen Betroffenheit von Fortpflanzungsstätten des planungsrelevanten Bluthänflings und der in der Vorwarnliste aufgeführten Klappergrasmücke ausgegangen werden. Zudem ist von einem Funktionsverlust der Fortpflanzungsstätten für bis zu etwa 25 Brutpaare des Haussperlings und zwei Paare der Bachstelze, beide in der Vorwarnliste aufgeführt, auszugehen. Eine Umsetzung des Vorhabens mit einer Bebauung der Offenlandflächen innerhalb des Plangebietes 2-22 und dem östlich angrenzenden Bereich führt voraussichtlich zu einem Verlust der Brutvorkommen von Bluthänfling, Bachstelze und Haussperling und potenziell zu einem Verlust des Vorkommens der Klappergrasmücke. Für die anderen Brutvogelarten kann aufgrund ihrer allgemeinen Häufigkeit und aufgrund der Betroffenheit nur weniger Reviere innerhalb des Eingriffsbereiches im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG davon ausgegangen werden, dass die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang erhalten bleibt. Für den planungsrelevanten Bluthänfling sind geeignete Maßnahmen als Ausgleich für den Verlust eines Revieres umzusetzen. Diese können mit Ausgleichsmaßnahmen für andere Arten der offenen Feldflur wie Rebhuhn, Kiebitz oder Steinkauz kombiniert werden. Geeigneter Lebensraum für die Klappergrasmücke und andere Gebüschbrüter kann in das Neubaugebiet durch Pflanzung von Hecken und Strauchinseln aus heimischen Sträuchern integriert werden. Für Haussperling und Bachstelze ist der Verlust von Nahrungshabitaten vor Ort nicht ausgleichbar. Beide Arten müssen bei künftigen Maßnahmen in Ortsrandlage oder im Außenbereich berücksichtigt werden, um ihre Populationen langfristig zu sichern. Neben einem Angebot an Brutplätzen sind dabei vor allem geeignete Nahrungshabitate von zentraler Bedeutung. Möglich ist für beide Arten unter anderem eine Erhöhung des Brutplatzangebotes im direkten Umfeld von Viehweiden. 18
8.2 Fledermäuse 8.2.1 Naturschutzfachliche Bewertung Die Gesamtzahl von sieben festgestellten Arten ist als mittelhoch zu bewerten. Die beiden Arten Zwerg- und Breitflügelfledermaus wurden häufig festgestellt, schwerpunktmäßig im Bereich des quer durch das Erfassungsgebiet verlaufenden Flugkorridors (s. u.). Sieben Begehungen stellen eine kleine Stichprobe dar, so dass wahrscheinlich nicht alle im Erfassungsraum tatsächlich auftretenden Arten registriert worden sind. Insbesondere Arten mit leisen Rufen von geringer Reichweite wie Langohren oder weitere Vertreter der Gattung Myotis, aber auch Fledermäuse aus anderen Gattungen wie die Mückenfledermaus oder die Zweifarbfledermaus gehören zu den potenziell im Erfassungsgebiet auftretenden Arten. Ein Flugkorridor mit bis zu 106 festgestellten Zwerg- und 24 festgestellten Breitflügelfledermäusen verläuft östlich des B-Plan-Gebietes. Er bildet die südliche Fortsetzung einer von Norden her entlang eines ausgeprägten Grüngürtels verlaufenden Flugstraße, die sich an den Siedlungsflächen des Julius- Venhorn-Weges aufteilt. Der Flugkorridor wurde während der gesamten Erfassungsperiode von April bis September von den Fledermäusen genutzt. Neben den beiden zahlreich auftretenden Arten ist eine Nutzung durch weitere Fledermausarten nicht auszuschließen. Aufgrund der Kontinuität der Nutzung und der hohen Anzahl von Fledermäusen ist eine für lokale Vorkommen beider dort festgestellten Arten essenzielle Bedeutung möglich. Der Fortbestand der Flugstraße für Fledermäuse muss daher gewährleistet werden. Zwerg- und Breitflügelfledermaus sind typische Gebäudebewohner und nutzen zur Nahrungssuche verschiedene insektenreiche und strukturreiche Habitate (Dietz & Kiefer 2014). Die Flugstraße dürfte vor allem eine Verbindung von Quartieren an Gebäuden nördlich des Erfassungsgebietes zu südlich davon gelegenen Jagdhabitaten darstellen und auch selbst als Jaghabitat dienen. Zwergfledermäuse gelten als relativ tolerant gegenüber Beleuchtung an ihren Transferflugwegen, Breitflügelfledermäuse hingegen meiden Beleuchtung an ihren Flugkorridoren (UNEP/Eurobats 2018). Die Distanz zwischen Quartieren und Nahrungshabitaten wird für Zwergfledermäuse mit durchschnittlich 840 m (in Deutschland) und maximal etwa 5 km angegeben. Breitflügelfledermäuse verbringen 90 % der Zeit ihrer Nahrungssuche in maximal 2 km Entfernung zu den Quartieren, sie können aber auch 5 bis 7 km weit pendeln (UNEP/Eurobats 2019). Als Nahrungshabitat für Fledermäuse sind das Plangebiet und der östlich davon gelegene ebenfalls erfasste Bereich von geringer Bedeutung. Die Jagdaktivität von Fledermäusen war abseits der Flugstraße gering und beschränkte sich weitgehend auf die Ränder der Siedlungen. 8.2.2 Artenschutzrechtliche Bewertung § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Verletzungs- und Tötungsverbot) Vorhabenbedingte Verletzungen oder Tötungen von Fledermäusen sind im Zusammenhang mit einer Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (Quartierbäume, Gebäude) möglich. Sollte es im Rahmen der Vorhabenumsetzung zu einem Abbruch oder Umbau bestehender Gebäude kommen, sind diese auf eine Nutzung durch Fledermäuse zu kontrollieren. Gleiches gilt im Fall einer Betroffenheit 19
von Höhlenbäumen. Zwei Höhlenbäume konnten im Vorhabenbereich kartiert werden, von denen einer sich innerhalb des zu erhaltenden Flugkorridors (s. u.) und der andere an dessen Rand befindet. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (Störungsverbot) Störungen für Fledermäuse sind insbesondere durch Lichteinwirkungen möglich, sowohl durch baubedingte Einflüsse (Baustellen- und Fahrzeugbeleuchtung) als auch betriebsbedingt durch neue Gebäude-, Verkehrswege- und Grundstücksbeleuchtung. Da die Größe der Lokalpopulation für keine Fledermausart annähernd bekannt ist, kann auch bei einer Störung für nur wenige Individuen ein populationsrelevanter Einfluss und damit ein Verbotsverstoß nicht ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall sind Störungen vor allem im Bereich der Flugstraße möglich. Die Breitflügelfledermaus ist empfindlich gegenüber Beleuchtung an ihren Transferflugrouten (UNEP/Eurobats 2018). Bei der Zwergfledermaus ist die Empfindlichkeit offensichtlich geringer, aber auch sie dürfte Beleuchtung an ihren Flugrouten nur begrenzt tolerieren. Somit sind insbesondere in Verbindung mit der Breitflügelfledermaus Verstöße gegen das Störungsverbot durch Beleuchtung im Bereich der Flugstraße möglich. Zur Vermeidung von Verstößen gegen das Störungsverbot ist daher eine Erhöhung der Einwirkung von Beleuchtung über das aktuelle Maß hinaus zu vermeiden. Sollte die Installation neuer Verkehrswegebeleuchtung unvermeidlich sein, ist diese entsprechend den Vorgaben in UNEP/Eurobats (2018) so auszurichten, dass Lichtstreuung nach oben und zu den Seiten vermieden wird, dass die Lichtmasten möglichst niedrig sind um unbeleuchteten Flugraum über den Lampen zu ermöglichen und dass kurzwellige Lichtanteile unter 540 nm vermieden werden. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Schädigungs- und Zerstörungsverbot) Eine direkte Schädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen ist durch Fällung von Quartierbäumen und durch Abbruch oder bauliche Veränderung von Gebäuden mit Fledermausquartieren möglich. Im vorliegenden Fall sind zur Vermeidung einer direkten Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ggf. betroffene Gebäude oder Höhlenbäume auf Fledermausquartiere zu kontrollieren (s. Verletzungs- und Tötungsverbot). Ein Verstoß gegen das Schädigungs- und Zerstörungsverbot ist auch bei einem durch Störungen oder andere Einwirkungen verursachten Funktionsverlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten möglich. Dieser kann sowohl durch Störungen direkt an der Fortpflanzungs- und Ruhestätte als auch durch Störungen in essenziellen Lebensraumbestandteilen abseits der Quartiere eintreten. Essenziell sind Lebensraumbestandteile dann, wenn der Fortbestand einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte von diesen abhängt bzw. wenn der Verlust dieses Lebensraumbestandteils zu einer Aufgabe oder Teilaufgabe der Fortpflanzungs- und Ruhestätte führt. Im vorliegenden Fall sind Störwirkungen, die zu einer Schädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten führen, durch Beeinträchtigungen der genannten Flugstraße möglich. Da die Breitflügelfledermaus an ihren Transferflugrouten empfindlich auf Beleuchtung reagiert und auch eine Nutzung der Flugstraße durch kleine Anzahlen weiterer lichtempfindlicher Arten möglich ist, ist der Erhalt des Dunkelkorridors von zentraler Bedeutung. Der Flugkorridor darf daher nicht über das bereits bestehende Maß hinaus beleuchtet werden (s. o. Störungsverbot). Die Zwerg- und die Breitflügelfledermaus gelten auf ihren Flugrouten als bedingt strukturgebunden (SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, ARBEIT UND VERKEHR 2013). Sie tolerieren zwar kurze Unterbrechungen in Leitstrukturen, aber zur Orientierung ist die Leitlinie von 20
Sie können auch lesen