Über den Foopass von Weisstannen nach Elm

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Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
Über den Foopass
                                                    von Weisstannen nach Elm
                                                         Ein geschichtsträchtiger und sagenumwitterter Alpenübergang

                                                                               Josef Tschirky, Mels

D
          er klassische Passübergang vom      Glarnerland kann                                  um eine Weihegabe an eine Landschafts-
          sankt-gallischen Weisstannental     mit einem besonde-                                oder Quellgöttin handeln. Quellen, allein-
          ins glarnerische Sernftal ist das   ren Fundstück auf-                                stehende Felsblöcke und Passübergänge
erste Teilstück der Alpenpassroute, die       warten.                                           dienten oft als Opferstätten. Eines steht
von Sargans nach Montreux führt. Der          Im Jahre 1939 bau-                                aber fest: Der Foo- und der Risetenpass
Foopass wird als Wanderziel immer be-         te man auf der 1930                               wurden schon vor 3000 Jahren begangen.
liebter. Er bietet denn auch eine Fülle von   Meter hoch gele-                                  Das 46,3 Zentimeter lange Griffangel-
landschaftlichen Schönheiten. Für Ge-         genen Alp Walabütz-                               schwert stammt aus der späten Bronzezeit
schichts- und Heimatfreunde ist er nicht      Matt zuhinterst im                                und zählt zu den historisch wertvollsten
minder interessant als mancher der be-        Weisstannental eine                               Raritäten des Schweizerischen Landes-
kanntesten Alpenübergänge der Schweiz.        neue Alphütte. Beim                               museums. Im Museum Sarganserland auf
Der romanische Name Foo, von den Ein-         Aushub des Funda-                                 Schloss Sargans prangt eine gute Kopie.
heimischen als «Fuu» ausgesprochen, soll      ments kam unter ei-                               Griffangelschwerter vom Walabützer Typ
auf das lateinische Wort Fundus zurück-       ner Steinplatte in 70                             gibt es nur wenige. Sie sind aber weit zer-
gehen und Grund bedeuten.                     Zentimeter Tiefe ein Griffangelschwert            streut. Eines wurde sogar bei El Katara am
                                              bronzenes Schwert von Walabütz-Matt               Suezkanal gefunden.
                                              mit umgebogener aus dem 12. Jahr-
   Schon vor 3000 Jahren                                            hundert vor Christus.
                                              Griffangel zum Vor-
Prähistorische Funde bezeugen, dass die       schein. Die Fundlage deutet auf eine be-             Wichtige Schmugglerroute
Pässe der Zentralalpen nicht erst seit der    wusste Niederlegung der Waffe hin und             Der Foopass war nie ein wichtiger Han-
Römerzeit, sondern schon in urgeschicht-      lässt auf die Nutzung der beiden Pässe            delsweg oder ein berühmter Alpenüber-
licher Zeit überstiegen wurden. Auch die      Foo und Riseten schliessen. Beim Griffan-         gang. Er besass einzig lokale Bedeutung
entlegene Gebirgswelt am Übergang ins         gelschwert von Walabütz könnte es sich            für den früher recht regen Verkehr zwi-

 Das heimelige Berg­-
 dörfchen Weiss­
 tannen mit der
 schmucken Kirche
 und sehenswerten,
 alten Häusern ist
 Ausgangspunkt der
 Foopasswanderung.

                                                                           Anreise: mit der Bahn nach Sargans und weiter mit dem Postauto
                                                                           nach Weisstannen.
                                                                           Wanderroute: Weisstannen (1004 m ü. M.) – Alp Vorsiez (1176
                                                                           m ü. M.) – Glätti (1328 m ü. M.) – Walabütz-Untersäss (1361
                                                                           m ü. M.) – Alp Foo (1875 m ü. M.) – Foopass (2223 m ü. M):
                                                                           51/4 Std.
                                                                           Foopass – Raminer Matt (1897 m ü. M) – Gmeinmad (1680 m
                                                                           ü. M.) – Stäfeliegg (1242 m ü. M) – Talstation Niderenalpbahn
                                                                           (1039 m ü. M.) – Elm (977 m ü. M.): 23/4 Std.
                                                                           Gesamtwanderzeit: 8 Std.
                                                                           Rückreise: von Elm mit dem Regionalbus nach Schwanden und
                                                                           mit der Bahn nach Ziegelbrücke.

                                                                                                             2/2007
Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
setzung des Dörfchens Weisstannen. Am
                                                                                              18. September liess Masséna 2400 Mann
                                                                                              im Glarnerland einrücken und Quartier
                                                                                              beziehen. Schrecken und Unwillen be-
                                                                                              mächtigten sich der Bevölkerung.

                                                                                                 Franzosen gegen Österreicher
                                                                                              Ende Februar 1799 brach der Krieg der
                                                                                              verbündeten Russen und Österreicher
                                                                                              gegen Frankreich aus. Die Schweiz wur-
                                                                                              de zum Schauplatz eines europäischen
                                                                                              Krieges. Österreichische Truppen dran-
                                                                                              gen in die Ostschweiz ein und vertrieben
                                                                                              die Franzosen auch aus dem Sarganser-
Die Glarner Hauptüberschiebung ist auch am Foostock gut erkennbar.(Bild David Imper)          und Glarnerland. Die Helvetische Repu-
                                                                                              blik brach zusammen. Die Freude über
schen dem Weisstannen- und dem Sernf-               Mehrere Salzfuhren                        den alten Zustand dauerte indessen nicht
tal. Zur Zeit der Reformation diente der                                                      lange.
                                                 Die Macht und der Einfluss Zürichs reich-
Pass als wichtiger Schmugglerpfad für die
                                                 ten bis zum Walensee. Deshalb brachten
Versorgung der Innerschweiz mit dem
                                                 die katholischen Orte das in Weesen ge-         Rückkehr der Franzosen
lebensnotwendigen Salz. Die Glarner und
                                                 lagerte Salz nach Walenstadt. Fuhrleute
Innerschweizer bezogen das Salz fast aus-                                                     Mitte August 1799 gingen die Franzosen
                                                 transportierten es später nach Mels, wo
nahmslos aus Hall im Tirol. Das Haller                                                        zum Angriff über. Die 20 000 Mann starke
                                                 das begehrte Schmugglergut auf Saum-
Salz wurde über den Arlberg gesäumt                                                           russische Armee des Generals Suworow
                                                 rosse geladen wurde. Im September 1531
und von Walenstadt an auf dem Wasser-                                                         sollte von Oberitalien her den Österrei-
                                                 gelangten mehrere Salzfuhren durch
weg transportiert. Weesen war der erste                                                       chern zu Hilfe eilen. Am 24. September
                                                 das Weisstannental über den Foopass in
Umschlagplatz auf eidgenössischem Bo-                                                         kämpfte sie sich bis Altdorf vor. Am fol-
                                                 das konfessionell gespaltene und daher
den. Von hier aus wurden nicht nur die                                                        genden Tag aber besiegte Masséna bei
                                                 neutrale Glarnerland und von da in die
Salzmärkte von Zürich und Schmerikon                                                          Zürich das andere russische Heer unter
                                                 fünf Orte. Ein einziger Salzzug zählte 60
beliefert, sondern auch das Glarnerland                                                       General Korsakow und die Österreicher
                                                 Saumtiere, die von zwei Säumerunter-
und die Innerschweiz versorgt.                                                                in der Linthebene. Mit einem Schlag hat-
                                                 nehmern zur Verfügung gestellt wurden.
                                                                                              ten die Franzosen die Ostschweiz wieder
                                                 Wohlbewaffnete Krieger begleiteten und
                                                                                              in ihrer Hand, und Suworow war von
   Lebensmittelsperre                            beschützten die Transporte. Die refor-
                                                                                              seinen Verbündeten abgeschnitten. Nach
                                                 mierten Weisstanner und Sernftaler, die
Um 1520 brachen auch in der Schweiz                                                           einem beschwerlichen Gebirgsmarsch er-
                                                 von Zürich aufgefordert worden waren,
die Reformationswirren aus. Hauptsäch-                                                        reichte er Muotathal. Hier erfuhr er von
                                                 den Durchgang der Salzlieferungen zu
lich die Städte Zürich, Bern, Basel und                                                       der Niederlage und dem Rückzug der
                                                 verhindern, getrauten sich jedoch nicht,
St. Gallen nahmen die neue Lehre an,                                                          Österreicher. Trotz heftiger Angriffe der
                                                 die Säumerkolonnen anzugreifen.
während die fünf Orte der Innerschweiz                                                        Franzosen erzwang er den Durchbruch ins
                                                 Die verhängnisvolle Lebensmittelsperre
dem alten Glauben treu blieben. Das ein-                                                      Klöntal und erreichte am 1. Oktober Gla-
                                                 steigerte die Erbitterung der fünf Orte,
flussreiche Zürich wollte die Verkündi-
                                                 die dann in der Schlacht von Kappel am
gung im reformierten Sinn auch in der
                                                 11. Oktober 1531 den Zürchern eine emp-
Innerschweiz mit Gewalt durchsetzen. Die
                                                 findliche Niederlage zufügten.
übrigen evangelischen Städte lehnten aber
kriegerische Massnahmen ab, verhängten
jedoch im Mai 1531 eine Lebensmittel-               Die Franzosen kommen
sperre gegen die fünf katholischen Orte.         Im Jahre 1798, nach dem Zusammenbruch
Die Sarganserländer wehrten sich gegen           der Alten Eidgenossenschaft, begann der
die Errichtung einer Proviantsperre. Der         Einmarsch der französischen Truppen.
Hafen des altgläubigen Städtchens Wa-            Um Michaeli erschienen die Franzosen
lenstadt blieb offen, obwohl Zürich mit          auch im Sarganserland. Sie standen unter
Sanktionen gedroht hatte. Gilg Tschudi,          dem Kommando von General Masséna,
Landvogt zu Sargans, und der Walen-              der sein Zentralquartier im bekannten
stadter Schultheiss Hans Bünzli liessen          Hotel Schwert in Zürich aufgeschlagen
sich aber nicht einschüchtern. Die Sperre        hatte. In Mels stand General Mortier, des-
wurde umgangen und konnte den Salz-              sen Hauptquartier sich im «Oberlihaus»
schmuggel nicht verhindern.                      befand. Gleichzeitig erfolgte auch die Be-       General Gabriel Jean Joseph Molitor.

                       2/2007                
Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
Chräzerli 2241 m          Älplichopf 2641 m                                    Grossi Schiben 2937 m

 Die gepflegte Alphütte
 auf Foo lädt zu kurzer
 Rast ein. Am Fuss der
 Grossi Schiben breitet
 sich der Weidestafel
 Matten aus.
 Das Schibengletscherli
                                                                    Quelle der Seez
 hat dem Klimawandel
 standgehalten. An der
 Grossi Schiben ent-
 springt auch die Seez.
 (Bild Werner Blumer,
 Zollikon)

   Foopass 2223 m                              Rossalphüttli 2071 m               Rossalp                          Foostöckli 2535 m

Der Name Rossalp weist darauf hin, dass früher auf dem obersten Stafel von Foo Pferde gesömmert wurden. Im Bildvordergrund erkennen wir den
neuen Trink- und Tränkebrunnen sowie Katharina Ackermann, die Präsidentin der Alpkorporation Foo. (Bild Werner Blumer)

                                                                                                              2/2007
Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
Der Marsch der Franzosen durch das Weiss-
                                                                                                 tannental brachte den Älplern auf der Kloster­
                                                                                                 alp grosses Ungemach.
                                                                                                 (Bild Alp Kloster mit der alten Hütte)

                                                                                                 befanden sich noch weit hinten im Tal.
                                                                                                 Plötzlich stand ein Offizier, der ihnen
                                                                                                 vorausgeeilt war, vor den verdutzten Alp-
                                                                                                 knechten. Er sprach sie in gebrochenem
                                                                                                 Deutsch an und warnte sie: «Bald kom-
                                                                                                 men meine Truppen. Ich möchte euch
                                                                                                 vor Schaden bewahren. Schafft Vieh und
                                                                                                 Vorräte weg! Die Mannschaft hat gros-
                                                                                                 sen Hunger und würde über die Tiere
                                                                                                 und das Molken herfallen. Ich könnte
                                                                                                 dies nicht verhindern. Bringt schnell alles
rus. Er entschloss sich, seine Armee über           entdeckten, verfolgten sie den abzie-        in Sicherheit!» Die Älpler horchten und
den Kerenzerberg und durch das Seeztal              henden Feind bis nach Matt und Elm.          schreckten auf. Zuerst zogen sie dem Vieh
nach Vorarlberg zu führen. Die Truppen              Zersprengte russische Nachhuten über-        die Schellen ab und trieben es in den
des französischen Generals Molitor ver-             stiegen den Foo- und den Risetenpass und     dichten Wald gegen das Obersäss hinauf.
sperrten aber den Russen den Weg. Su-               setzten sich ins Weisstannental ab. Hätte    Die Käselaibe versteckten sie im Scherm in
worow blieb nichts anderes übrig als der            Suworow für den Rückzug die Passüber-        den Hohlräumen unter den Planken der
Rückzug über Elm und den verschneiten               gänge ins Weisstannental gewählt, wäre       Stallbrücken, sodass die Franzosen in den
Panixerpass ins Vorderrheintal oder über            seinen Soldaten unsägliches Leid erspart     Krippen nur noch die Kuhschellen und im
die beiden Pässe Foo und Riseten durch              geblieben.Wahrscheinlich nahm er an, das     Käsegaden die leeren Lagergestelle vorfan-
das Weisstannental nach Sargans.                    Sarganserland sei inzwischen in Feindes-     den. Man wollte auch noch die Schweine
                                                    hand geraten. Die Österreicher hielten es    in den Wald hinaufjagen. Doch dazu kam
                                                    aber immer noch besetzt. Erst einige Tage    es nicht mehr. Schon stürmten die ersten
   Ein verhängnisvoller                             später warf Molitor gemeinsam mit den        Soldaten daher und stachen die Tiere ab.
   Entschluss                                       vom Walensee her in Mels eingetroffenen      Nur ein altes Mutterschwein entging dem
In der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober              französischen Truppenverbänden die Kai-      Gemetzel.
verliessen die Russen in aller Stille ihr           serlichen nach Ragaz zurück.                 Die Klosteralp hiess damals Lax. Auch
Lager. Als die Franzosen den Abmarsch                                                            der Name Lox bedeutet See. Bergstürze in
                                                                                                 Vorsiez und beim Lox stauten zeitweise die
                                                       Ein strapaziöser Marsch
                                                                                                 Seez. Die Alp und das Vieh gehörten dem
                                                    Schon am 6. Oktober nahm Molitor, einer      adeligen Frauenstift Schänis, das 1811
                                                    der bewährtesten Führer im Gebirgskrieg,     aufgehoben wurde. Senn war Johannes
                                                    die Verfolgung der geflohenen Russen auf     Tschirky, der zusammen mit seinem Bru-
                                                    und marschierte durch das Weisstannen-       der Christian den ganzen Alpbesitz des
                                                    tal nach Mels. Bereits am 7. Oktober konn-   Klosters im Weisstannental kaufte, wie es
                                                    te er dem Oberbefehlshaber Masséna mel-      die letzte Fürstäbtissin gewünscht hatte.
                                                    den, sein Marsch von Elm nach Mels mit
                                                    fünf Bataillonen (etwa 5500 Mann) habe
                                                    einen Tag und eine halbe Nacht gedauert.        Gefecht beim Lox
                                                    Er bezeichnete ihn als den schwierigsten     Bei der Verfolgung der Russen stiessen die
                                                    von allen seinen Gebirgsmärschen. Mo-        Franzosen auch auf Österreicher. General
                                                    litors Truppen blieben bis zum Ende der      Linken war nämlich mit zwei Kompa-
                                                    französischen Besetzung in Mels.             nien am 23. September von Elm nach
                                                                                                 Weisstannen marschiert und nach sechs
                                                                                                 Tagen wieder ins Sernftal zurückgekehrt.
                                                       Franzosen auf der Klosteralp
                                                                                                 Vermutlich musste ein Detachement im
                                                    Vom Marsch Molitors durch das Weiss-         Weisstannental bleiben. Es hatte den Auf-
                                                    tannental erzählen auch mündliche Über-      trag, den Durchmarsch der Franzosen zu
                                                    lieferungen: Alle Alpen waren entladen.      verhindern. So hatten denn die Kaiser-
Im Sommer 2006 erstellte die Alpkorporation
                                                    Einzig das Vieh auf der Klosteralp war       lichen, auf der rechten Talseite gegenüber
Foo ein Klein-Wasserkraftwerk, das auch die         noch nicht heimgekehrt, denn neben der       dem Lox, von der Seez bis zum Wald
Wasserversorgung einschliesst. Für die Ver­­        Herbstweide verfütterten die Hirten einen    hinauf eine Schanze ausgehoben. Sie la-
legung der Wasserleitung und der Elektrokabel
kam ein Schreitbagger der neuesten Bauart
                                                    Teil des Heues vom Klostergut. Die an-       gen hinter dem Erdwall und schossen auf
zum Einsatz. (Bild Werner Blumer)                   marschierenden französischen Truppen         die vorrückenden Franzosen, vermochten

                       2/2007                   
Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
Blick von der Foopasshöhe ins Glarnerland.
Über den tiefen Tälern thronen die Bergriesen
Vorab, Hausstock und Kärpf.

aber den Vormarsch des Feindes nicht auf-
zuhalten. Dieses Gefecht war das einzige
kriegerische Ereignis in der Geschichte des
Weisstannentals.

   Säuberungsaktion
Das Kommando über die in Mels stati-
onierten und einquartierten Franzosen
übernahm nun General Molitor. Schon
einige Tage nach seinem Marsch über
den Foopass nach Mels sandte er ein             erst später. Er hatte sich entschlossen, über         Nach einigen Tagen stiegen Weisstanner
ganzes Bataillon ins Weisstannental, um         den Foopass nach Elm zu gelangen. Die                 Bauern hinauf nach Foo, um nach dem
die sich in den Weisstanner und Glarner         Weisstanner, die er nach dem Weg fragte,              Graswuchs zu sehen und das Datum für
Alpen umhertreibenden Russen und Ös-            rieten ihm dringend ab, den Pass zu be-               die Alpauffahrt festzulegen. Sie fanden
terreicher zu suchen und gefangen zu neh-       gehen. Bei den herrschenden Wetter- und               den völlig entkräfteten Mann in einem
men. Es dauerte mehr als zwei Wochen, bis       Schneeverhältnissen sei dies ein gefähr-              erbärmlichen Zustand. In einiger Entfer-
der letzte Flüchtling erwischt war.             liches Unterfangen. Doch der Deutsche                 nung von der Hütte hatte er auf einem
Im Sommer 1802 zog Napoleon seine               liess sich nicht von seinem Entschluss                Felskopf, gut sichtbar, ein Schriftstück de-
Truppen aus der Schweiz nach Italien ab.        abbringen. «Ich will und muss nach Elm»,              poniert. Darin verkündete er: «Morgen
Die Besetzung, die der Bevölkerung un-          soll er gesagt haben. In welcher Mission              werde ich die Alphütte in Brand stecken
sägliche Not und viel Leid gebracht hatte,      er unterwegs sei, verriet er aber nicht. Die          und so meinen Tod verkünden.» Der Alp-
war beendet.                                    Zeit verging und niemand in Weisstannen               verwaltung von Foo erteilte er die Voll-
                                                dachte mehr an den selbstsicheren Berg-               macht, das Geld für den Bau eines neuen
                                                gänger, der von einem Schnee- und Gewit-              Gebäudes auf seiner Bank in Deutschland
   In geheimer Mission                          tersturm überrascht wurde. Die Alphütte               abzuholen. Hätten die Fooner Alpgenos-
Es war Anfang Sommer 1914. Der Erste            auf Foo bot ihm rettende Unterkunft. Weil             sen ihren Kontrollgang einen Tag später
Weltkrieg war gerade ausgebrochen. Da           sich das Wetter nicht besserte, getraute er           ausgeführt, hätten sie nur noch einen
erschien eines Tages in Weisstannen ein         sich nicht mehr, die Hütte zu verlassen.              rauchenden Trümmerhaufen vorgefun-
Deutscher in guter Wanderausrüstung.            Hunger und die Angst vor Mäusen setzten               den. Die Alpkorporation wäre der Sorge
Dass er Artillerieoffizier war, erfuhr man      ihm arg zu.                                           enthoben gewesen, die alte Hütte sanieren
                                                                                                      zu müssen.

 Ein untreuer Hirt                                             die Geduld. Er prügelte das
 auf Foo                                                       Tier in die Felswand hinein,              Verkehrte geologische Welt
                                                               wo es zu Tode stürzen musste.
                                                               Einige Jahre später, es dachte         Beim Aufstieg in einer herrlichen Gebirgs-
 Wie alte Sagen berichten,                                     schon lange niemand mehr               welt fasziniert ein geologisches Phäno-
 bekommen Frevler für ihre                                     an den unglücklichen Vorfall,
 Schandtaten immer ihren                                       hörten die Hirten der Alp Foo
                                                                                                      men den Wanderer. Am massiven Berg-
 Lohn; wenn auch oft nicht                                     in einer mondhellen Nacht              rücken des Foostocks zeigt sich ein helles,
 zu Lebzeiten, so trifft sie die                               ein durchdringendes Ächzen             waagrechtes, ein bis zwei Meter dickes
 Strafe im Jenseits. Die Fehl-                                 und Stöhnen vom Schwiberg              Band aus Lochsitenkalk. Es trennt zwei
 baren finden nach dem Tod                                     her und sahen den inzwischen
 keine Ruhe.                                                   verstorbenen Küher die abge-
                                                                                                      horizontal verlaufende Gesteinsformati-
 Auf der Alp Foo schimpften                                    stürzte Kuh auf dem Rücken             onen, die sich gut sichtbar voneinander
 die Alpknechte über eine jun-                                 das steile, zum Teil in den            unterscheiden. Die Kuppe des Foostocks
 ge Kuh, die ihnen manchen                                     Fels gehauene Weglein her-             besteht aus dunklem, rötlichem Verruca-
 zusätzlichen Gang verursach-                                  auftragen. Kaum war er oben,
 te, weil sie immer wieder eine Lücke in der
                                                                                                      no. Unter der markanten Trennungslinie
                                                fiel die Last wieder in die Tiefe, damit er sie
 Umzäunung fand, um im Heugras unterhalb        von Neuem herauftragen konnte, mehrmals               lagert eine bräunlich-graue, schieferartige
 der Hütte zu weiden. Wenn sich die Knechte     in der gleichen Nacht und während länge-              Gesteinsschicht aus Flysch. Sie bildet die
 am Abend endlich zur Ruhe legen konnten,       rer Zeit. Die Knechte begannen sich ihres             Basis des Berges.
 ging es nicht lange, bis einer den Schel-      Kollegen zu erbarmen und wandten sich an
                                                                                                      Der Wanderer erkennt hier die verkehrte
 lenklang der naschhaften Kuh hörte. Für        den Besitzer des Tieres. Dieser sagte: «Jää,
 den Küher hiess das, dass er aufstehen und     winns äsou isch, winn där äsou muess lydä             Schichtenfolge, denn das ältere Gestein der
 das Tier auf die Abendweide zurückführen       wägä dem Tier, so sells em gschinggt sy.» Der         Bergkuppe liegt über dem jüngeren. Nach
 musste. So ging das während Wochen. In         Bauer war aus Mels und hiess Franz Perret.            den heutigen geologischen Erkenntnissen
 einer regnerischen Nacht verlor der Küher                                         Alois Senti
                                                                                                      wurden beim Aufbau des Foostocks, der

                                                                                                                   2/2007
Über den Foopass von Weisstannen nach Elm
Die Glarner Alp          Sennen und Hirten mit ihren Herden von
                                                                           Ramin wies früher
                                                                           vier Senten auf.
                                                                                                    den Alpen ins Tal zurückgekehrt waren,
                                                                           Heute bewirtschaftet     kauften einheimische und fremde Händ-
                                                                           Rudolf Marti-Elmer       ler die feilgebotenen Tiere. Sie stellten
                                                                           die ganze Alp.
                                                                           Unsere Aufnahme
                                                                                                    Treiber an und zogen mit den oft beträcht-
                                                                           zeigt die Raminer        lichen Viehhaben über die Bergpässe auf
                                                                           Matt mit dem Piz         die Viehmärkte von Bellinzona, Lugano,
                                                                           Sardona im Hinter-
                                                                           grund.                   Varese, Bergamo oder Mailand.
                                                                           (Bild Hans Hobi, Mels)   Der Viehhandel mit dem «Welschland»
                                                                                                    versprach den Bauern das nötige Bar-
                                                                                                    geld, um an Martini den Verpflichtungen
                                                                                                    nachzukommen. Die Italiener waren seit
                                                                                                    jeher die besten Abnehmer von Schwei-
                                                                                                    zer Vieh. Meistens benützten die Glarner
                                                                                                    Viehhändler den Weg über Elm und den
Tschingelhörner, des Ringelspitzes und             ein dumpfer Knall, wie aus dem Erdin-            Panixerpass ins Vorderrheintal und von
des Pizols die älteren Verrucanogesteine           nern kommend. Der Boden zitterte – und           dort über den Lukmanier oder den San
vor 30 bis 50 Millionen Jahren als al-             schon neigte sich die Felswand, zerfiel          Bernardino. Die Wanderungen dauerten
pine Schubdecke über die jüngere Flysch-           mit fürchterlichem Getöse und begrub in          jeweils sieben bis zehn Tage.
schicht geschoben. Eine so eindrückliche           wenigen Augenblicken die ganze Herde,            Eine Variante zum Panixer- war der Foo­
und sichtbare Überschiebung ist auf der            Mensch und Tier. Vor Schreck blieb der           pass. In Weisstannen bezog die Viehhabe
ganzen Welt nirgends anzutreffen. Sie              Hirt mit dem Sentenstier wie zu Stein            das erste Nachtlager. Die Kühe wurden
wird als Glarner Hauptüberschiebung                erstarrt stehen. Doch der Stier spürte die       während der Nacht in Ställen untergebracht
bezeichnet und verdient die Aufnahme in            Gefahr und raste in grossen Sprüngen             und mit Heu gefüttert. Die Rinder blieben
die Weltnaturerbeliste der Unesco.                 vom Passweg weg und rannte aufwärts              im Freien und weideten auf der Allmend.
                                                   den Heitelchöpfen zu, während die ge-            Von Weisstannen gings dann über Mels
                                                   waltige Steinlawine die Stelle verschüttete,     und Chur nach Ems, wo Vieh und Treiber
   Bergstürze                                                                                       wieder nächtigten. Am zehnten Tag er-
                                                   wo der Hirt kurz zuvor gestanden war. Er
Der eigentliche Aufstieg zum Foopass be-           zog den an der Halfter hängenden Hirten          reichte der Viehzug das Ziel, den Viehmarkt
ginnt in Walabütz-Untersäss (Walabütz              einfach mit und rettete ihm so das Leben.        in Chilicano-Messacio bei Mailand.
war der Brunnen der Walen, der Ro-                 Als sich der Staub legte und die Sicht klarer    Der kurze Gang durch die Geschichte
manen) und führt zunächst durch ein                wurde, war vom Senten und der Begleit-           und die Sagenwelt des Foopasses möge
Felssturzgebiet. Im Spätherbst 1979 löste          mannschaft keine Spur mehr zu sehen.             dazu beitragen, dass eine Wanderfahrt
sich an einem Ausläufer des Foostocks              Der Hirt mit dem Sentenstier brachte am          über den Pass zu einem ungewöhnlichen
eine mächtige Felslawine und verschüttete          Abend als einziger Überlebener die Schre-        Erlebnis wird.
zwei Hektaren Weideland mit Geröll, und            ckensbotschaft in sein Heimatdorf.
entsprechend vorsichtig steigt man den                                                              Quellen:
                                                                                                    – Grünenfelder, Jakob: Versorgung der Innerschweiz
neu angelegten Weg bergauf. Die Passrou-                                                               mit Salz, in: Sarganserland 1965.
te von Foo über den Heitel quert nochmals             Alpfahrten                                    – Grünenfelder, Jakob: Die Französische Revolution,
                                                                                                       in: Sarganserland 1965.
ein Gewirr von Felstrümmern. Es ist leicht         Der Abstieg von der Foopasshöhe, die uns         – Davatz, Jürg: Glarner Geschichte für Schulen, Gla-
erkennbar, dass links gegen die Chli Schi-         mit einem herrlichen Blick auf die Glarner          rus 1980. Hinweise von Anni Brühwiler, Elm.
ben eine grosse Felswand eingestürzt sein          Berge überrascht, führt zunächst hinunter
muss. Wann dieser Bergsturz niederging,            zur Raminer Matt und dann zum Mittle-
ist nirgends belegt. Wir sind daher auf            ren Stafel. Früher gehörte die Hälfte der
die mündliche Überlieferung angewiesen.            Alp Ramin fünf Bauern aus Mels. Das Vieh
Der Einsturz der Felswand muss vor zirka           von Mels wurde durch das Weisstannental
150 bis 200 Jahren erfolgt sein:                   über den Foopass getrieben. Die Melser
Ein schöner Alpsommer ging zu Ende. Das            Alpbesitzer verkauften aber einen grossen
gut genährte Senten der Alp Scheubs war            Teil ihrer Weiderechte an Glarner Bauern.
auf dem Heimweg ins Glarnerland, wo                Sie sömmern das Vieh auf anderen Alpen
die damaligen Besitzer der Alp wohnten.            oder bringen es über Elm auf die Alp
Ein gar fetter Alpstier war nicht mehr             Ramin.
imstande, mit der Herde Schritt zu hal-
ten. Ein Hirt führte ihn an der Half-
ter einige hundert Schritte hinter dem                Welschlandfahrten
Senten nach. Eben zog die Viehhabe der             Schon seit Jahrhunderten trieben die Bau-        In Elm, im Bergdorf hinten im Sernftal, endet
sich hoch auftürmenden Felswand ent-               ern Kühe, Stiere und Pferde über die             die Wanderfahrt von Weisstannen über den
lang dem ­Passanstieg zu. Plötzlich erscholl       Alpenpässe nach Oberitalien. Wenn die            Foopass. (Bild Elm-Sernftal Tourismus)

                       2/2007                  
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