Bericht: Anwendung von Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen
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Impressum Titel: Anwendung von Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen Autoren: Gabriela Michelini, Daniel Klaperski, Antje Michel, Diego Dametto, Tobias Schröder, Anne Tauch, Roy Popiolek Dieser Bericht wurde im Rahmen des Projekts SmartUpLab verfasst. SmartUpLab ist durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert (Bewilligungsnummer 85037057) Institut für angewandte Forschung Urbane Zukunft Fachhochschule Potsdam Dieser Bericht ist als freies Dokument über den OPUS-Publikationsserver der Fachhochschule Potsdam verfügbar. Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0): https://creativecommons.org/licences/by/4.0/ Potsdam, 2021 Texte und Abbildungen in Verantwortung der Autor*innen
Bericht: Anwendung von Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen Inhalte Abstract ................................................................................................................................................. 5 Abstract (English Version) ..................................................................................................................... 5 Einführung: Was ist Co-Creation? ......................................................................................................... 7 1. Systematische Literaturrecherche der Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen im deutschsprachigen Raum ................................................................................ 9 1.1. Entwicklung der Forschungsfrage und der Überprüfungsfragen ................................................... 10 1.2. Identifizierung von Schlüsselwörtern, Datentypen und Datenbanken .......................................... 11 1.3. Suche und eine zweistufig-orientierte Auswahl .............................................................................. 11 1.4. Übersicht von Co-Creation-Tools...................................................................................................... 13 Reallaboren (Living Labs) ............................................................................................................................................... 14 Gamifizierung ................................................................................................................................................................. 17 Partizipative Workshop / Workshop-Series ................................................................................................................... 18 Partizipative Methoden anhand Visualisierungen ........................................................................................................ 20 Online-Co-Creation ......................................................................................................................................................... 21 Öffentliche Events .......................................................................................................................................................... 23 2. Institutionelles Lernen: Co-Creation in IaF Urbane Zukunft-Projekten .......................................... 24 2.1. Projekt MaaS4P ................................................................................................................................ 24 Partizipative Workshop / Workshop-Series ................................................................................................................... 25 Reallaboren .................................................................................................................................................................... 25 Gamifizierung: Rollenspiel „Your Private MaaS “ ......................................................................................................... 25 Öffentliche Events .......................................................................................................................................................... 25 2.2. Projekt MaaS L.A.B.S........................................................................................................................ 26 Reallaboren .................................................................................................................................................................... 27 Partizipative Workshop / Workshop-Series ................................................................................................................... 27 Gamifizierung ................................................................................................................................................................. 28 Öffentliche Events .......................................................................................................................................................... 28 2.3. Projekt PaSyMo ................................................................................................................................ 29 Partizipative Modellierung............................................................................................................................................. 29 Partizipative Workshop / Workshop-Series ................................................................................................................... 29 Gamifizierung ................................................................................................................................................................. 30 3. Wichtigste Erkenntnisse .................................................................................................................. 32 3.1. Nutzen der Co-Creation für die Planung innovativer Mobilitätslösungen ..................................... 32 3.1.1 Ziele der Anwendung von Co-Creation-Tools ........................................................................................................ 32 3.1.2 Zielgruppe der Co-Creation-Tools.......................................................................................................................... 34 3.1.3. Weitere unterstützende Forschungsmethoden .................................................................................................. 35 3.2. Empfehlungen für die Verwendung von Co-Creation-Tools ............................................................ 38 3.3. Umfang des Berichts ........................................................................................................................ 39 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. 41
Abbildungen Abb. 1. Fünf-Schritte-Protokoll für die Systematik Literaturrecherche .............................................. 10 Abb. 2. Auswahl Prozess in Ziffern ...................................................................................................... 12 Abb. 3. Übersicht von Co-Creation-Tools............................................................................................. 14 Abb. 4. Ziele der Anwendung von Co-Creation-Tools.......................................................................... 32 Abb. 5. Übersicht von Zielgruppe der Anwendung von Co-Creation Tools ........................................ 34 Abb. 6. Weitere unterstützende Forschungsmethoden der Co-Creation-Tools ................................. 36 4
Bericht: Anwendung von Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Abstract Co-Creation ist eine aktive, kreative und soziale Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Personengruppen zur Entwicklung neuer Lösungen. Das Projekt SmartUpLab fördert Co- Creation-Tools als ein Element der Entscheidungsfindung für die zukünftige Mobilität in regionalen und lokalen Kontexten. Dieser Bericht gibt einen Überblick über die Anwendung der Co-Creation-Tools, die von Projekten im deutschsprachigen Raum umgesetzt werden, um das Engagement verschiedener Akteure mit gemeinsamen Aktionen zur Entwicklung einer nachhaltigen und integrierten zukünftigen Mobilität zu fördern. Im ersten Teil des Berichts werden die von anderen Forschungsprojekten entwickelten Co- Creation-Tools als Ergebnis einer systematischen Literaturrecherche vorgestellt. Dieser Bericht erstellt eine Triangulation der systematischen und repräsentativen Analyse mit einer Case-Studie von den Projekten, die im Rahmen des Instituts für angewandte Forschung Urbane Zukunft (IaF) entwickelt wurden. Im zweiten Teil des Berichts ist der interne Lernprozess dargestellt, der die qualitative Analyse von Berichten, Dokumenten und Websites von den Projekten PaSyMo, MaaS4P und MaaS L.A.B.S umfasst. Die Erhebung von Daten wurde mit einem Fragebogen an die Projektmitglieder durchgeführt und mit Gruppendiskussionen kombiniert. Eine qualitative Analyse wurde mit Unterstützung der Software Atlas.ti 9 (2020) durchgeführt. Der dritte Teil des Berichts analysiert und vergleicht die in den ersten beiden Teilen erzielten Ergebnisse und gibt Empfehlungen für die Auswahl eines Co-Creation-Tools und dessen Aspekte, die bei der Umsetzung zu berücksichtigen sind. Abstract (English Version) Co-Creation is an active, creative, and social collaboration among different stakeholders and groups to develop innovative solutions. The project SmartUpLab fosters Co-Creation tools as an element to support decision-making in future mobility in regional and local contexts. This report provides an overview of best practices in Co-Creation tools implemented by projects in the German-speaking area to foster the engagement of different actors with collaborative actions to develop more sustainable and integrated future mobility. The methods, their evaluation and features are presented according to the results obtained through a method combination.
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab On the first part of the report, Co-Creation Tools developed by other research projects are presented as result of a systematic literature review. This representative analysis is complemented by a case analysis of the projects developed in the Institute for Applied Research Urban Futures (IaF). The results of this in-house learning process are presented in the second part of the Report. The inquiry involved the analysis of reports, documents and websites of the projects Pasymo, MaaS4P and MaaS L.A.B.S. In parallel, the project participants replied to a questionnaire. Finally, the third part of the report presents the results of a qualitative analysis supported by the Software Atlas.ti 9 and makes recommendations about the selection of a co-creation tool and the aspects to be considered for their implementation. 6
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Einführung: Was ist Co-Creation? Wie können Entscheidungsträger*Innen, Praktiker*Innen und Wissenschaftler*Innen gemeinsam innovative Mobilitätslösungen in deutschen Regionen und Städten planen? Dieser Bericht gibt einen Überblick über die empirischen Erfahrungen und Methoden, die in den letzten fünf Jahren angewandt wurden, um das Engagement verschiedener Akteure mit kooperativen Aktionen zur Entwicklung nachhaltiger und integrierter Mobilitätsoptionen für die Zukunft zu fördern. Diese kooperative Generierung neuer Ergebnisse wird allgemein als Co-Creation bezeichnet. Co-Creation, Co-Produktion und Co-Design werden als Synonyme verwendet, obwohl es einen Unterschied zwischen ihnen gibt. Co-Creation ist ein weiter gefasster Begriff, der den Akt der kollektiven Kreativität umfasst, der von einer Gruppe von Menschen ausgeführt wird und die beiden anderen Begriffe einschließt (Gebhardt et al., 2019: 5), während Co- Produktion und Co-Design spezifischere Ergebnisse (ein Produkt oder ein Design) beschreiben. Das Konzept der Co-Creation lässt sich bis in die 70er Jahre zurückverfolgen, wurde aber in den 00er Jahren klarer definiert (Rekrut et. al., 2018). In diesem Zusammenhang wurde Co- Creation als der Erlass einer interaktiven Schöpfung definiert (Ramaswamy & Ozcan, 2018), durch die verschiedenen Einheiten verbunden, koordiniert und in gemeinsamen Online- oder Offline-Plattformen mit der Fähigkeit zur Organisation und Vermittlung in Gang gesetzt werden. Welche Entitäten oder Akteure am Co-Creation-Prozess teilnehmen, wird durch die Forschungsziele oder -aussagen definiert. Zum Beispiel weisen Menny et. al. darauf hin, dass Co-Creation sich auf die Fähigkeit der Bürger bezieht, sich aktiv an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und diese mindestens genauso stark zu beeinflussen wie andere Entscheidungsgremien (2018, S. 71). Andererseits bezieht sie sich auch auf die Integration verschiedener Arten von Wissen. Vigar argumentiert beispielsweise, dass die Disziplin der Verkehrsplanung die verschiedenen Formen des Wissens, die in diesem Bereich koexistieren, in einen relationalen und kommunikativen Planungsprozess einbeziehen muss, und betrachtet Nicht-Experten*Innen als diejenigen, die Informationen generieren und Lösungen mitproduzieren (2017, S. 41). Co-Creation kann entweder eine Methodik (Rekrut, 2018) oder eine bestimmte Phase eines Beteiligungsprozesses sein (Franz, Tausz, Thiel 2015, S. 49). Co-Creation beinhaltet ein bestimmtes partizipatorisches Design, das die aktive Rolle der Zielgruppe durch die 7
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab gemeinsame Teilnahme am Kreationsprozess beinhaltet. Partizipation kann dann als die gegenseitige Beeinflussung der interessierten Parteien eines Entscheidungsprozesses verstanden werden (Meyer-Soylu, 2016, S. 33). Wenn die Beteiligung zur Schaffung eines neu entstehenden Objekts oder Designs genutzt wird, wird das implizite Wissen der Nutzer zum Schlüssel zur Optimierung des neuen Ergebnisses (Spinuzzi, 2005, S. 165). Eine partizipatorische Designforschung folgt normalerweise drei Stufen, die mehrmals wiederholt werden (Spinuzzi, 2005, S. 167). Zum ersten, die anfängliche Erforschung der Arbeit (Treffen/Einrichtung von Gruppen, Verstehen von Anforderungen und Arbeitsweisen). Zweitens, die Entdeckungsprozess (Einsatz verschiedener Techniken zur Klärung von Zielen und Werten und zur Vereinbarung der gewünschten Ergebnisse des Projekts). Als dritte, das Prototyping (Gestaltung der technologischen Artefakte und deren Prüfung). Für diese Art von Forschungsdesign sind Simulationen eine unterstützende Methode, um der Komplexität zu begegnen (Barreteau et al., 2010). Obwohl es weltweit eine umfangreiche Liste von Erfahrungen mit Co-Creation gibt, gibt es kein Implementierungsrezept, das man befolgen könnte. Es fehlt auch eine komparative Auswertung dieser Aktivitäten, Methoden und Ergebnisse. Die meisten Aktivitäten kombinieren verschiedene Ansätze und Methoden, die an die spezifischen Bedürfnisse der Forschungsziele angepasst sind. Daher führt dieser Bericht systematische Übersichten durch, um Co-Creation-Aktivitäten zu identifizieren, die zur Unterstützung der Entscheidungsfindung für nachhaltige Mobilitätslösungen im deutschsprachigen Kontext durchgeführt wurden. Um zu untersuchen, wie Co-Creation als partizipativer Ansatz bei der Entscheidungsfindung für nachhaltige Mobilität eingesetzt wurde, hat dieser Bericht zwei sich ergänzende Studien durchgeführt. Die erste hat eine systematische Literaturrecherche über die bisherigen Erfahrungen bei der Nutzung von Co-Creation-Methoden für die Mobilitätsplanung im deutschsprachigen Kontext durchgeführt. Der zweite Teil analysiert die Erfahrungen im Rahmen der entwickelten Projekte des Instituts für angewandte Forschung Urbane Zukunft der Fachhochschule Potsdam (IaF). Auf den folgenden Seiten werden diese Studien vorgestellt. 8
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab 1. Systematische Literaturrecherche der Co-Creation-Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen im deutschsprachigen Raum Der Rückgriff auf bestehende bewährte Praktiken und die gesammelten Erfahrungen stellt einen der effizientesten Wege dar, neue partizipative Instanzen aufzubauen. Durch die Kapitalisierung von vorhandenem Wissen und Methoden können die Bemühungen um die Nutzung von Co-Creation als Werkzeug für Design, Planung und Entscheidungsfindung getestet und verbessert werden. Systematische Literaturrecherche bietet einen methodischen Rahmen, um vorhandenes Wissen in einem bestimmten Praxisbereich zu überprüfen. In diesen Fall war die Methode von Systematic Reviews implementiert. Es besteht eine systematische Übersicht, befasst sich mit einer spezifischen Frage und verwendet explizite und transparente Methoden, um eine gründliche Literaturrecherche und eine kritische Bewertung einzelner Studien durchzuführen, die es ermöglicht, eine Diagnose dessen zu erstellen, was über ein bestimmtes Thema bekannt ist und was nicht (Briner & Denyer, 2012: 112). Es ist der explizite und systematische Ansatz, der systematische Übersichtsarbeiten von traditionellen Übersichtsarbeiten und Kommentaren unterscheidet (Khan, 2003), und er besteht aus einem replizierbaren Forschungsprotokoll, das in weiteren Studien wiederverwendet werden könnte (Lagorio et al., 2016: 910). Systematic Reviews wurden im Bereich Verkehr und Mobilität mit verschiedenen Zielen durchgeführt: zur Bewertung öffentlich finanzierter Projekte zur Elektromobilität (Thomas et al. 2012), zur Identifizierung relevanter Faktoren für den Umsetzungserfolg und die Wirksamkeit von Verkehrspolitiken (Sager, 2007), zur Bewertung von Techniken der Entscheidungsfindung nach mehreren Kriterien in Hinblick auf Probleme des Verkehrssystems (Mardani et. al., 2016), um zu untersuchen, welche GIS-basierten Maße der Gehfähigkeit konsistent mit dem Gehen und Radfahren im Verkehrsbereich verbunden sind (Grasser et. al., 2013), um erfolgreiche Transport- und Reisepolitiken und -praktiken zur Förderung von körperlicher Aktivität zu identifizieren (Heath et.al., 2006). In diesem Bericht wurde ein 5-Stufen-Protokoll implementiert, das auf der zuvor zitierten Literatur basiert. 9
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Abb. 1. Fünf-Schritte-Protokoll für die Systematik Literaturrecherche 1. Entwicklung von Forschungs- und Überprüfungsfragen 2. Identifizierung von 5. Synthese der Suchbegriffen, Datentyp Ergebnisse und Datenbanken 3. Suche: erste Auswahl anhand des Titels und der 4. Extraktion relevanter Zusammenfassung, Daten zweite Auswahl anhand des Volltextinhalts Quelle: Eigene Darstellung nach zuvor zitierter Literatur 1.1. Entwicklung der Forschungsfrage und der Überprüfungsfragen Die Forschungsfrage (FF) wurde entsprechend dem Ziel des im Projekt enthaltenen Arbeitspakets formuliert: die Ermittlung der besten Praxis bei der Co-Creation, begleitet von Beispielen. FF: Welche empirischen Erfahrungen gibt es mit Co-Creation für die Planung von Mobilitätslösungen in den regionalen Kontexten? Da die im IaF gesammelten Erfahrungen bewiesen, dass die Erfahrungen aus einem breiteren Kontext stammen, wurde die regionale Dimension im deutschsprachigen Raum neu definiert. Die Forschungsfrage wurde dann in Überprüfungsfragen operationalisiert: ÜF1. Wie ist der Co-Creation Prozess definiert? ÜF2. Wer sind die Akteure? ÜF3. Welche Aktivitäten werden durchgeführt (Methodologie)? ÜF4. Was sind die Ziele der Anwendung eines Co-Creation-Tools? 10
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab 1.2. Identifizierung von Schlüsselwörtern, Datentypen und Datenbanken Die vorangegangene Literaturrecherche und die gesammelten Erfahrungen im Rahmen der IaF Urbane Zukunft ermöglichten die Definition von Schlüsselwörtern für die systematische Suche in Datenbanken: Co-Creation (Co-Design und Co-Produktion), Beteiligung, Reallabor, Living Lab, Multi-Stakeholder. Die Suche wurde durch die Aufnahme der Formel verankert: UND Mobilität ODER Verkehr. Eine primäre Suche in Google Scholar ermöglichte die Identifizierung verschiedener Dokumententypen, bei denen relevante Ergebnisse gefunden werden konnten: 1- Von Fachleuten begutachtete Arbeiten, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. 2- Präsentationen und Beiträge zu Konferenzen, die oft nicht als Volltext veröffentlicht werden. 3- Graue Literatur: Berichte von Regierungen und Institutionen, Projekteinreichungen oder -beschreibungen, Berichte über Forschungsprojekte 4- Master- und Promotionsarbeiten 5- Redaktionelle Texte, Meinungen, Pamphlete und Blog-Beiträge Für die Auswahl wurde festgelegt, dass nur die Typen 1-3 relevant sind (bei 3 wurden nur Berichte berücksichtigt). Die Auswahl der Datenbanken umfasste vier allgemeine Datenbanken, Science Direct, Wiley, Emerald und Jstor, zwei thematische und disziplinäre Datenbanken, TRID und DLR, sowie Google Scholar. Der zeitliche Rahmen der Suche war auf die letzten zehn Jahre (2010- 2020) beschränkt. 1.3. Suche und eine zweistufig-orientierte Auswahl Die erste Immersion lieferte eine große Auswahl an Dokumenten zu allen ausgewählten Schlüsselwörtern. Um die Suche auf relevantere Ergebnisse zu verfeinern, wurde eine Analyse auf der Grundlage von Titel und Abstracts manuell durchgeführt. Diese erste Auswahl erlaubte es, alle nicht relevanten Dokumente, die auf den dokumentartigen Kriterien basierten, und solche, die nicht mit den Forschungsfragen zusammenhängen, auszuschließen. Die verbleibenden Dokumente wurden integriert, weil sie: - Präsentierten relevante thematische und (inter-)disziplinäre Zusammenhänge 11
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab - Beschrieben eine konkrete Anwendung oder Erfahrung im deutschsprachigen Raum In einem zweiten Schritt wurde eine Auswahl dann durch die Analyse des gesamten Dokuments durchgeführt. In diesem Schritt wurden auch Wiederholungen (d.h. die der empirischen Erfahrungen oder die in verschiedenen Plattformen publizierten), normative Dokumente oder solche, die keine konkrete empirische Anwendung beschreiben, und irrelevante empirische Erfahrungen ausgelassen. Die Systematisierung der quantitativen Daten ermöglichte eine Neuauswahl der Datenbanken: Die relevanten Ergebnisse wurden nur in Science Direct und den thematischen Datenbanken TRID und DLR gefunden. TRID enthalt die Datenbank des Transportation Research Board der USA (TBR) zusammen mit dem Joint Transport Research Centre‘s International Transport Research Documentation (ITRD) von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE). Zusätzlich wurden die relevanten Ergebnisse der Suche aus den Zeitschriften Internationales Verkehrswesen1 und Planerin2 hinzugefügt. Die übrigen Ergebnisse wurden mit Google Scholar verglichen. Bei den Datenbanken und Fachzeitschriften gab es Wiederholungen3. Über die Netzwerke von Google Scholar und den Autoren war es möglich, auf Volltextdokumente zuzugreifen. Abb. 2. Auswahl Prozess in Ziffern Erste Suche: 1. Auswahl: 2. Auswahl: 4849 80 20 Quelle: Eigene Darstellung Die meisten der ausgewählten Texte sind rezensierte Beiträge in den Fachzeitschriften (70%) und die übrigen sind zu gleichen Teilen graue Literatur - meist Berichts- und Konferenzpapiere. 1 Siehe https://www.internationales-verkehrswesen.de/archiv/ 2 Der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL): https://www.srl.de/publikationen/planerin/artikelverzeichnis.html 3 Dieselben Erfahrungen werden in verschiedenen Texten geschildert. 12
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Die Auswahl in der dritten Stufe ergab, dass alle Dokumente, die für die Suche relevant waren, nicht älter als fünf Jahre waren. Das heißt, auch wenn es die Co-Creation Tools schon lange gibt, ist ihre Umsetzung im Verkehrswesen eher ein neuer Trend. Die resultierende Dokumentenstichprobe der Systematic Reviews, sowie die Dokumente, die aus dem im zweiten Kapitel vorgestellt werden, wurden mittels einer qualitativen thematischen Analyse ausgewertet. Die Qualitative Analyse wurde durch die Software Atlas.ti 9 unterstützt. Nach zwei Open-Coding Runde, wurden thematische Vernetzungen identifiziert und nach den Begriffen der Literaturrecherche des Projekts in thematische Kategorien organisiert. Die hier dargestellten Ergebnisse beruhen auf diesen Kategorien. 1.4. Übersicht von Co-Creation-Tools In der rezensierten Literatur werden die Begriffe Co-Creation-Tools/ Werkzeuge und Methoden gleichermaßen verwendet, um sich auf dieselben Prozesse und Elemente zu beziehen. Daher unterscheiden wir nach Voinov et. al. (2018) zwischen Methoden und Tools. Die Autoren definieren Methoden als eine strukturierte Kombination von Prozessen und Aktivitäten, welche Werkzeuge, Techniken und Modelle umfasst, die bei der Bearbeitung eines Problems oder in einer Problemsituation verwendet werden können. Tools sind Techniken, die verwendet werden, um eine bestimmte Funktion auszuführen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Unsere Analyse zeigt, dass Co-Creation in Form eines transdisziplinären Forschungsprozesses erfolgt, in dem verschiedene Werkzeuge eingesetzt werden, um innerhalb dieses Prozesses bestimmte Ziele der Zusammenarbeit zu erreichen. Wir haben unsere Analyse auf diese Tools fokussiert. Ferner zeigt unsere Analyse auch, dass es manchmal keine Grenze zwischen den verschiedenen angewandten Tools gibt. Beispielsweise enthält die virtuelle Realität auch Elemente der Gamifizierung, und Offline-Co-Creation umfasst auch Reallabore. Die Analyse erfolgte jedoch nach dem Namen und den Kriterien, die der von den Autoren und Autorinnen beschriebene methodische Ansatz verfolgt. Abb. 3 fasst die Art oder Aktivität und die Anzahl der Erfahrungen zusammen. 13
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Abb. 3. Übersicht von Co-Creation-Tools Quelle: Eigene Darstellung nach Ergebnissen der Qualitativen Analyse mit Software Atlas.ti 9 (2021) Die Autoren und Autorinnen definieren Co-Creation je nach der konkret ausgeübten Tätigkeit (in rosa und orange an der Abb.3). Sie identifizieren Chancen und Herausforderungen der von ihnen gewählten Methoden und Werkzeuge. Co-Creation-Methoden und -Tools werden immer in einem konkreten Fall und Kontext angewendet. Das ist das Wesen der transdisziplinären Forschung. Um die für die Co-Creation notwendige Wissensintegrationsebene zu erreichen, wenden die Autoren verschiedene Werkzeuge an. In den folgenden Abschnitten geben wir eine Zusammenfassung einiger der gesammelten Erfahrungen nach allgemeinen Kategorien: Living Labs, Gaming, partizipative Workshop / Workshop-Series, partizipative Visualisierungsmethoden und Online-Co-Creation-Methoden (blau im Abb. 3). Reallaboren (Living Labs) Ein Reallabor umfasst eine reale Umgebung, um die Entwicklung von Werkzeugen und Dienstleistungen zu testen und Nutzungsprozesse zu bewerten, was die Kombination verschiedener Forschungsmethoden mit der Einbeziehung von Interessengruppen und Feedbackschleifen ermöglicht. Diese Methode kann auch zur Förderung des Bewusstseins von Nutzergruppen (Kressler et al., 2018) sowie zur Bewertung der Nutzerakzeptanz 14
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab (Meurer et al., 2017: 12) oder zur Förderung offener Innovations- und Lernprozesse (Mück et al. 2019) eingesetzt werden. Dieser Bericht behandelte drei Erfahrungsfälle von Reallaboren. Nur einer von ihnen wurde tatsächlich umgesetzt, die beiden anderen sind noch in der Umsetzung. In den nächsten Absätzen werden die von den einzelnen empirischen Erfahrungen ausgewählten Methoden dargestellt. Fall 1- PRAXLABS Der erste Schritt war die Identifizierung der Benutzergruppe ihrer Entwicklung und dann ihre Prüfung nach dem Modell der Design-Fallstudie. Dieses Modell beinhaltet eine Kontextstudie, die qualitative, halbstrukturierte Interviews und die digitale Verfolgung individueller Bewegungsprofile umfasst. Der zweite Schritt war die Entwurfsphase (Designphase), die in Workshops mit Nutzern und Experten zur Erstellung des Prototyps bestand. In dem Workshop wurden verschiedene Methoden eingesetzt: Szenarien und Mock-Ups. Die dritte Phase bestand aus dem Usability-Test des Prototyps in zwei Stufen. Zuerst wurde die endgültige Version des Prototyps durch die Thinking-Aloud-Methode erstellt und dann durch Interviews getestet (Meurer et al., 2017). Fall 2- SHAREPLACE Das Projekt wird Reallabore in sechs verschiedenen europäischen Regionen implementieren (eines in Deutschland). Die Planung beinhaltet die Ausbildung verschiedener Interessenvertreter und die Entwicklung von Wissen, um neue mobilitätsbezogene Werkzeuge und Dienstleistungen zu schaffen. Die Aktivität sieht einen Pilotversuch zur Akzeptanz der Nutzer im Freizeitverkehr vor (Kressler et al., 2018). Fall 3 -ECCENTRIC Es geht um die Entwicklung eines systematischen und skalierbaren Ansatzes sowie eines Werkzeugkastens praktischer Maßnahmen für die städtische Mobilitätsplanung durch die Entwicklung und Erprobung einer Reihe von Demonstrationsmaßnahmen innerhalb der verschiedenen Reallabore, die auf Standorte verteilt sind, und sich in der räumlichen und städtischen Zusammensetzung sowie in den qualitativen Merkmalen unterscheiden (Mück et al. 2019). Fall 4 - Reallabor Schorndorf Der vom Projekt entwickelte methodische Ansatz, der als "Transdisziplinäre Entwicklung sozio-technischer Systeme" (die TraSy-Methode) bezeichnet wird, beinhaltet einen 15
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab iterativen Prozess mit Explorations-, Co-Creation- und Evaluationsschleifen. Die Methodik umfasste einen Zyklus mit 1) der Analyse des Nutzerverhaltens, 2) der Identifizierung von Nutzergruppen, die für sekundäre Forschung und Workshops Ressourcen bereitstellen, 3) der gemeinsamen Erzeugung und dem gemeinsamen Entwurf von Ideen und Konzepten sowie 4) der Erprobung und Optimierung des neuen Systems in einem Living Lab. Fall 5 – Distribute Die Integration der Methode Urban Design Thinking innerhalb eines Reallabors über Fahrräder in Berlin wird als Co-Creation-Tool zur Beschleunigung urbaner Nachhaltigkeitstransitionen angesprochen. Der Autor beschreibt Design Thinking als eine nicht lineare, iterative Schleife von Annahme, Umsetzung, Prototyping, Testen und Iteration (Alexandrakis, 2021). In dem Text sind quantitative Daten enthalten, die die positive Anwendung dieser Methode für einen Innovationsprozess unterstützen, der die Ansichten der Nutzer berücksichtigt, um nachhaltige Mobilitätsprodukte zu schaffen. Nach diesen Erfahrungen beinhaltet die Living Lab-Methode folgende Vorteile und Möglichkeiten: - Da es sich um eine reale Umgebung handelt, liefert sie realistischere Ergebnisse als im Labor. - Identifizierung und Sensibilisierung der Bedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen, Erhöhung der Nutzerkenntnisse und der Nutzbarkeit des Systems für Marktdiffusion sowie Minimierung der finanziellen Risiken des entwickelten Produkts/ Designs. - Erlaubt die Kombination verschiedener traditioneller und nicht-traditioneller Forschungsmethoden (wie Umfragen, Modellierung, Interviews u.a.) und deren Anpassung im Laufe der Studie als einen iterativen Prozess. - Ermöglicht die Kommunikation und das Engagement von Stakeholdern in bestimmten Bereichen und Regionen. - Testen in einer alltäglichen Umgebung kann die Distanz zwischen strategischer langfristiger Stadtplanung und der aktuellen dynamischen Entwicklung des Mobilitätssektors verkürzen. Die Texte identifizieren die folgenden Herausforderungen bei der Implementierung von Living Labs: 16
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab - Living Labs sind ressourcenintensiv und erfordern eine anspruchsvolle organisatorische Koordination der Maßnahmen. - Bestimmte Zielgruppen (wie nicht-technische Benutzer*Innen) können Schwierigkeiten bereiten oder müssen gut vorbereitet werden, bevor sie sich an der Co-Creation beteiligen können. - Das Engagement und die Motivation der Stakeholder sind wesentliche Aspekte, die während der Studie berücksichtigt werden müssen, ebenso wie der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung und eines persönlichen Kontakts. - Es gibt soziale Fragen, die angegangen werden müssen, zum Beispiel die Vorurteile gegenüber Teilnehmer*Innen und potenzielle Nutzer*Innen als billige und unbezahlte Beitragszahler. Gamifizierung Die Umsetzung von Spielen und spielerischen Umgebungen ermöglicht es den Spieler*Innen, Alternativen zu erkunden und Risiken einzugehen, während sie sich mit komplexen Themen befassen. Es ist eine sichere Umgebung die reale Szenarien nachahmt, ohne die tatsächlichen Folgen zu bewältigen oder Schäden zu verursachen. Spiele regen auch Lern- und Kompetenzbildungsprozesse an und fördern das Bewusstsein für städtische Kernthemen (Gugerell et al. 2017). Das Spielen schafft eine Grundlage für gemeinsames Lernen zwischen Designern und Nutzern, die die Möglichkeit bietet, sich in andere Rollen oder Perspektiven zu versetzen, um neue Ideen zu entwickeln (Sodl et al. 2019). Fall 1 - Mobilitätssafari Der Spielprototyp wurde in Co-Creation-Instanzen mit einer Vielzahl von Beteiligten, einschließlich Bürgern*Innen und Fachleuten, entwickelt. Danach wurde er mit freiwilligen Probanden getestet, wobei ein gemischter Ansatz mit folgenden Methoden angewandt wurde: standardisierter Fragebogen und teilnehmende Beobachtung. Fall 2- REBUTAS Das Projekt identifizierte zunächst potenzielle Nutzer*Innen, fasste das Grundwissen über diese Zielgruppe zusammen und analysierte ihre Anforderungen und Bedürfnisse. Dann folgte ein iterativer Forschungsprozess, der mit Interviews und Workshops begann, in denen ein Design Game gespielt wurde. Designer und Nutzer diskutierten während des Spiels und bildeten eine Grundlage für die Generierung von Ideen und Lösungsansätzen. Als 17
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Ergebnis des Spiels wurden zwei Persona und eine Anti-Persona für den weiteren Verlauf des Projekts aufgebaut. Nach diesen Erfahrungen beinhaltet die Gamifizierung folgende Vorteile und Möglichkeiten: - Das Spiel bietet die Möglichkeit, eine gemeinsame Basis zwischen den Teilnehmer*innen zu schaffen, um gemeinsam neue Ideen zu generieren. - Das Spiel bietet die Möglichkeit, Bürger*Innen und verschiedene Arten des Lernens zu aktivieren, wie z.B. spezifisches, faktenbasiertes und soziales Lernen. - Das Spiel ist effektiv, um neues Wissen zu vermitteln (Wissenserwerb), das Bewusstsein zu schärfen und soziale Interaktionen, wie Wissensaustausch und Gruppendiskussionen, auszulösen. - Das Spiel betont die explorativen, fantasievollen, dialogischen und einfühlsamen Aspekte des Co-Creation (und Co-Designs). Zu den Herausforderungen gehören auch: - Spieler, die bereits in gemeinschaftlichen und partizipatorischen Projekten aktiv sind, stehen dem Spiel etwas positiver gegenüber als diejenigen, die es nicht sind. - Die Spieler nehmen ihre Lernergebnisse eher moderat wahr. - Das Spiel erwies sich als nicht wesentlich, um eine aktive Verhaltensänderung herbeizuführen. Partizipative Workshop / Workshop-Series Fast alle Co-Creation-Tools und Methoden könnten in diese Kategorie passen. Zum Beispiel haben die meisten Reallabore die Form eines oder mehreren Workshops, in denen die Co- Creation-Tools implementiert oder evaluiert werden. Einige Co-Creation-Aktivitäten können jedoch auch in einem Workshop-Kontext stattfinden und entsprechen nicht genau den Anforderungen eines Reallabors. Das ist der Fall bei transdisziplinären Arbeitsgruppen. Im Mittelpunkt steht das Werkzeug als soziale Organisationsform zur Konsensfindung für Entscheidungsprozesse. Der transdisziplinäre Hintergrund der beteiligten Stakeholder zeigt 18
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab den co-creativen / integrativen Anspruch dieser Art von Arbeitsgruppen: die Schaffung einer gemeinsamen Basis, um sich gegenseitig zu verstehen und Prioritäten zu definieren. Fall 1- Potsdamer Arbeitsgruppe "Mobilität und Klima" Diese zweite Erfahrung zielte darauf ab, eine integrierte Bewertungsmethodik auf der Grundlage der Multi-Kriterien-Analyse zu schaffen, ein Instrument, das die Bewertung von Umwelt- und Stadtplanungsherausforderungen anhand einer breiten Palette von Kriterien ermöglicht. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Integration verschiedener Arten von Wissen notwendig: praktisches, wissenschaftliches und politisches Wissen. In diesem Fall bestand der erste Schritt in der hierarchischen Organisation der Arbeitsgruppe und der Festlegung des zu diskutierenden Themas, einschließlich der Vertreter der Gemeinde und des Staates (Praktiker und Entscheidungsträger) sowie der Forscher. Die zweite Phase wurde in einem iterativen Prozess entwickelt, dem so genannten Co-Creation-Prozess. Die Arbeitsgruppe war insgesamt für alle Entscheidungen bezüglich der nächsten Schritte verantwortlich. Zunächst sammelten alle Teilnehmer*Innen Informationen und berichteten sie der Lenkungsgruppe. Dann wurde die Zusammenfassung in Plenarsitzungen präsentiert, bis der Bewertungsansatz entworfen wurde. Die dritte Phase bestand aus einem Workshop zur Anwendung der entwickelten Bewertung. Schließlich wurden die Ergebnisse der vorangegangenen Phase von der Gruppe ausgewertet und abgewogen und dann die Prioritäten festgelegt (Schmale et al., 2015). Nach diesen Erfahrungen beinhaltet die transdisziplinäre Forschung folgende Vorteile und Möglichkeiten: - Die Teilnahme gibt den Bedürfnissen der Nutzer*Innen mehr Gewicht und gewährleistet die praktische Anwendung des Entwickelten. - Erfolgreiche Umsetzung einer vertrauensbasierten Beziehung zwischen Akteuren aus Wirtschaftsunternehmen, Stadtverwaltung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft, die zu Systemveränderungen führte. - Kontinuierliches Engagement und Entscheidungsfindung auf der Grundlage von Konsens erhöhen das Vertrauen innerhalb der Gruppe und sorgen für die Eigenverantwortung für die Ergebnisse. - Die kollektive Arbeit unter Einbeziehung interessierter Akteure ohne externe Stakeholder- Konsultation ermöglichte den direkten Transfer des gemeinsam erarbeiteten Wissens. 19
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Die von den Forschenden signalisierten Herausforderungen umfassen folgende Dimensionen: - Schwierigkeiten, eine gemeinsame Sprache innerhalb der interdisziplinären Gruppe zu finden. - Anspruchsvolle Ressourcen (Kommunikation, Organisation und Auswertung jedes partizipatorischen Prozesses). - Bedeutung einer klaren Kommunikation von Budget- und Zeitbeschränkungen, um einige der Vorschläge der Teilnehmer*Innen aufzunehmen. - Ressourcen sind notwendig, um unterstützende Aktivitäten wie Modellierung bei der Arbeit mit verschiedenen Wissensbasen durchzuführen. Partizipative Methoden anhand Visualisierungen Die Kommunikation von Komplexität ist ein wesentlicher Aspekt für Co-Creation im Bereich Mobilität. Es gibt viele Co-Creation-Methoden, die in diesem Zusammenhang in Frage kommen, wie zum Beispiel Virtuelle Realität, Partizipative Modellierungen und Design Thinking. In den analysierten Fällen helfen Visualisierungen nicht nur bei der Darstellung und Analyse von Systemdynamiken und urbanen Zusammenhängen, sondern auch bei der Diskussion von möglicher Zukunft. Einerseits, die Virtuelle Realität (VR) besteht in der Visualisierung von Mock-Ups oder Prototypen noch nichtexistierender Produktdesigns und dient der Schaffung von Interaktionsmöglichkeiten zur Gewinnung von Nutzerfeedback und Nutzerinteraktion in frühen und fortgeschrittenen Phasen des Entwicklungsprozesses (Ruess und Wingartz, 2020). Anderseits ist partizipative Modellierung ein Ansatz, bei dem die Stakeholder in den Prozess der Szenario-Co-Creation und Modellierung einbezogen werden, und integrierte Lösungen zusammen identifizieren mit einem höheren Maß an Akzeptanz in den Gemeinden als die, die nicht partizipativ entwickelt werden. Fall 1- 2049: Zeitreisemobilität Das Projekt hat Szenarien für zukünftige Mobilitätskontexte entwickelt und in einem virtuellen Showroom in verschiedenen Veranstaltungen in Deutschland und den USA präsentiert. Die Szenarien bauten auf Interviews mit Mobilitätsexperten*Innen und Nutzerbefragungen auf, aber ein breiteres Publikum nahm an der VR-Erfahrung teil. In 20
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab diesem Fall wurde die Co-Creation gezielt genutzt, um Nutzerfeedback zum Zukunftskonzept zu erhalten. Das Eintauchen in die Szenarien wurde durch Storytelling begleitet. Nachdem der Teilnehmer die VR-Erfahrung durchlaufen hatte, wurde ein quantitativer Mehrzweckfragebogen eingesetzt. Parallel zu den Ausstellungen wurde zum Vergleich ein Online-Fragebogen ohne unterstützende VR eingesetzt (Ruess und Wingartz, 2020). Fall 2 - NEMO In diesem Projekt wurde ein Szenario-Simulationswerkzeug entwickelt, um emissionsarme urbane Mobilitätslösungen zu entwerfen, indem ein partizipativer Modellierungsansatz unter Verwendung von STEEP- und Casual-Loop-Diagrammen für den Fall der Metropolregion Rhein-Ruhr in Deutschland angewendet wurde. Das Projekt hat Stakeholder bei der Co-Creation des Modells und an der Entwicklung von Szenarien engagiert (Melkonyan et al, 2020). Nach diesen Erfahrungen beinhaltet die Virtuelle Realität folgende Vorteile und Möglichkeiten: - Die VR fungierte als Transfermedium der einfachen Kommunikation zwischen Forschung und Praxis, indem sie abstrakte und komplexe Konzepte in leicht zugängliche Inhalte übersetzte. - Die Teilnehmer konnten Aussagen über ihre Einstellungen und Emotionen machen, auch wenn sie mit den zuvor in der VR enthaltenen Inhalten nicht vertraut waren. - Die VR-Erfahrung ermöglichte die Schaffung einer Wissensbasis unter den Teilnehmer*Innen. Die von den Forschern*Innen signalisierten Herausforderungen umfassen folgende Dimensionen: - Es besteht die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Anregung bestimmter Assoziationen unter den Teilnehmer*Innen, aber das wurde in dieser Studie nicht untersucht. Online-Co-Creation Co-Creation ist eine aktive, kreative und soziale Zusammenarbeit zwischen Rollen und Akteuren innerhalb des Innovationsprozesses zur Entwicklung neuer Lösungen. Um dieses Ziel zu erreichen, können verschiedene Werkzeuge und Methoden sowohl im Online- als auch im Offline-Bereich eingesetzt werden (Daiberl et al., 2016). Inzwischen, Tools wie 21
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Crowdsourcing liefern einen iterativen Entwicklungs- und Evaluierungsprozess durch eine partizipative Plattform für die Co-Produktion integrierter multimodaler Mobilitäts- und Versorgungsdienstleistungen zu ermitteln (Ickerott et. al, 2018). Fall 1- CODIFeY Die Erfahrung im Rahmen des CODIFeY-Projekts kombinierte verschiedene Online- und Offline-Beteiligungsaktivitäten in 7 Stufen. Der Ideenfindungsprozess wurde online durchgeführt, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, und dann durch Offline- Aktivitäten wie Öffentlichkeitsarbeit (Wissenschaftsmesse, Konferenzen und Kongresse) unterstützt. Dann wurde die Auswahl der Idee offline durch interdisziplinäre Workshops durchgeführt. Die Bewertung des Konzepts, das Prototyping und die Tests wurden auch offline durchgeführt (Daiberl et al., 2016). Fall 2- Dorfgemeinschaft 2.0 Das Projekt wird über mehrere Runden der Anforderungsanalyse, Konzeption, Umsetzung und Evaluation durchgeführt. Für die konkrete Entwicklung der Crowdsourcing-Plattform beschreibt das Papier folgende Schritte: Problemdefinition und Analyse durch systematische Workshops; Konzeption/Implementierung mit Entwicklung von Prototypen; Evaluation und Validierung durch Feldstudien; Nachhaltigkeit und Transfer durch Wirtschaftlichkeitsanalysen für Geschäftsmodelle. Die Bewertung der durchgeführten Aktivitäten erlaubte es den Autor*Innen, positive Aspekte zu identifizieren: - Die Online-Beteiligung erleichtert die Überwindung zeitlicher und physischer Barrieren, um einen effizienten Wissensaustausch und -transfer zu ermöglichen. - Offline-Aktivitäten verbessern die Reichweite für weniger aktive Teilnehmer und bieten einen Realitäts-Check für die möglicherweise verzerrten Online-Meinungen. -Offline-Methoden erhöhen die Beteiligung und ermöglichen den Dialog zwischen verschiedenen Interessengruppen, um die manchmal divergierenden Perspektiven zu verstehen. Die Herausforderungen für diese Methodenkombination lagen in folgenden Tatsachen: - Technische Herausforderungen einer Online-Gemeinschaft und die ressourcenintensive Offline-Tätigkeit. - Die Notwendigkeit einer sorgfältigen Nachbereitung mit Online- und Offline- Teilnehmer*Innen jeder Aktivität. 22
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab - Notwendigkeit, die Teilnehmer für komplexe Themen zu vorbereiten, insbesondere für nicht-technische oder erfahrene Benutzer*Innen. Öffentliche Events Co-Creation-Tools sind meistens in dem Kontext von partizipativen Workshops eingeführt. Außerdem bieten öffentliche Events, wie Messen, Konferenzen und Veranstaltungen einen geeigneten Rahmen, um kleinere und kontrollierte partizipative Anlässe zu erfolgen. Diese begleiten in der Regel die Strategien zur partizipativen Gestaltung, im Gegensatz zu dem partizipativen Workshop/ Workshop-Reihen, wo das hauptsächliche Co-Creation-Event stattfindet. Wir müssen öffentliche Veranstaltungen als ein Werkzeug für Co-Creation betrachten, da sie dazu bestimmt sind, zu einem besonderen Merkmal der partizipativen Methode beizutragen. Zum Beispiel wurden öffentliche Events in dem Fall des Projekts CODIFeY benutzt, um Ideen vor verschiedenem Publikum zu erheben, dieses könnte mit dem Online-Ideation-Prozess verglichen werden (Daiberl et al, datum). Öffentliche Veranstaltungen und Messen boten dem Projekt 2049: Zeitreisemobilität ebenfalls die Möglichkeit, die Interaktion mit der virtuellen Realität zu ermöglichen (Ruess und Wingartz, 2019), und auch Ausstellungen sind geeignet, um die partizipative Modellierung mit der Öffentlichkeit zu ermöglichen, wie wir im nächsten Abschnitt dieses Berichts sehen werden. 23
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab 2. Institutionelles Lernen: Co-Creation in IaF Urbane Zukunft- Projekten Die Triangulation von Methoden ermöglicht den Abgleich mehrerer Datenquellen, um die Komplexität und mögliche Verzerrungen qualitativer Daten zu reduzieren. In diesem Fall wurde die repräsentative und systematische Herangehensweise an die Literatur mit einer multiplen Fallanalyse kombiniert. Die Fälle stammen aus den Projekten, die in das Institut für angewandte Forschung Urbane Zukunft des FHP entwickelt wurden. Die Fallstudie liefert nicht nur die kontextuellen Besonderheiten der einzelnen Beispiele, sondern ermöglicht auch eine Metaanalyse des im gemeinsamen institutionellen Kontext generierten Wissens. Das IaF beherbergt seit 2015 Forschungsprojekte die einen inter- und transdisziplinären Zugang zu der Komplexität urbaner Prozesse, gesellschaftlicher Dynamiken und digitaler Informationsräume adressieren. In diesem Rahmen gibt es Projekte, die von Relevanz zu Mobilitäts- und Verkehrsmanagement sind. Das Projekt SmartUpLab arbeitet in ständigem Austausch mit benachbarten Projekten, lernt aus ihren Ergebnissen und generiert neues Wissen, das an externe Interessengruppen und für die weitere Forschung weitergegeben werden kann. Auf den folgenden Seiten werden die Ansätze der Projekte zur Co-Creation MaaS4P, MaaS L.A.B.S. und PaSyMo vorgestellt. Um die Ergebnisse zu erzielen, wurde eine inferentielle Analyse der Projektdokumente, Kommunikationsmittel und Websites durchgeführt und mit einem Fragebogen und Gruppendiskussionen kombiniert. 2.1. Projekt MaaS4P4 Das Projekt MaaS4P hat für ein Jahr die Kombination für den der Stammlinien des ÖPNV mit vernetzten und automatisierten Mobility-as-a-Service Angeboten für den Potsdamer Norden recherchiert. Das Ziel war die Sicherung der individuellen Mobilität sowie das Erreichen von lokalen Klima- und Umweltzielen. In diesem Rahmen wurden verschiedene partizipative Aktivitäten durchgeführt, welche Weiternutzungsmöglichkeiten für die kommenden Projekte des IaF ermöglicht haben (Ortgiese, Berkes, Recknagel, 2019). 4 Mehr Informationen auf: https://www.fh-potsdam.de/forschen/projekte/projekt-detailansicht/project- action/maas4p-intelligente-und-automatisierte-mobilitaet-in-potsdam/ 24
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab Partizipative Workshop / Workshop-Series Mit der Teilnahme von verschiedenen Personengruppen (z.B. Betreiber, Bewohner*Innen, Beschäftigte) wurde die Ausgestaltung der Serviceangebote erarbeitet und die Akzeptanzwahrscheinlichkeiten für die Angebote ermittelt. Die angewandten Methoden waren Design-Thinking, Stated-Preference und Serious-Gaming. Dazu wurden Fachexkursionen zum Testen und Erproben der Fahrtprototypen durchgeführt. In einem Betreiberworkshop mit lokalen Vertretern von Brandenburg, würde der aktuelle Arbeits- und Planungsstand des Projektes vorgestellt, Erfahrungen und Einschätzungen seitens der geladenen Gäste zu den Themen MaaS und Automatisierung des ÖPNV eingeholt, sowie die Strukturierung und Verstetigung einer weiteren Zusammenarbeit im Sinne eines offenen Netzwerkes geschaffen. Des Weiteren gab es einen Entwicklerworkshop mit Projektpartnern*Innen mit vergleichbaren Zielen. Reallaboren Um den expliziten Nutzer*innenfokus zu berücksichtigen, fördert das Projekt MaaS4P ein iterativen Lern- und Verbesserungsprozess durch partizipative Methoden in Bornstedter Feld. Das Ziel ist die Entwicklung und Gestaltung konkreter Erlebnisräume für die lokalen und regionalen Nutzer*innen. Dies ist in verschiedenen Phasen realisiert, indem die Projektinhalte vermittelt, weitergetestet und –entwickelt werden. Gamifizierung: Rollenspiel „Your Private MaaS “ Das Spielt ist so aufgebaut, dass es Spielenden ab 12 bis 99 Jahren hilft, komplexe Mobilitätsherausforderungen zu durchdringen, akteursspezifische Perspektiven einzunehmen und begründbare Lösungsansätze kooperativ zu entwickeln. Öffentliche Events Offene Veranstaltungen werden in der Regel nicht zu den Co-Creation-Instrumenten gezählt, da sie ein begrenztes Maß an Beteiligung erfordern. Das hängt jedoch von der Gestaltung und dem Ziel der Veranstaltung ab. In diesem Fall sollten die offenen Veranstaltungen zu den Werkzeugen gezählt werden. Im Rahmen der Konzeptphase wurden 25
Best Practice in Co-Creation Tools für die Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen SmartUpLab zur Akteurseinbindung sowie zur Beteiligung der Interessierter Bürger*Innen eine ganze Reihe von öffentlichen und teilöffentlichen Veranstaltungen durchgeführt. 2.2. Projekt MaaS L.A.B.S. 5 Während der Entwicklung des Projekts MaaS4P wurden Kooperationsmöglichkeiten mit externen Partnern aufgebaut, um eine Umsetzungsphase von verschiedenen Projekten zu schaffen. Dieses ist als Projekt MaaS L.A.B.S von BMBF gefördert. Das zentrale Anliegen des Projektes MaaS L.A.B.S. ist die Förderung einer ökonomisch und ökologisch sinnvollen Umgestaltung unserer Mobilitätssysteme mithilfe attraktiver Angebote weg vom privaten Eigentum hin zur geteilten Nutzung von Mobilitätsressourcen. In diesem Rahmen wird das MaaS L.A.B.S. System in drei Reallaboren öffentlichkeitswirksam entwickelt und demonstriert. Die Reallabore werden in drei verschiedene Städte mithilfe partizipativer Formate implementiert. In den iterativen Feedback-Prozessen der Reallabore bezieht das Projekt eine große Zahl verschiedener lokaler Stakeholder ein, darunter zählen Akteure der Stadtentwicklung, Politik, Verkehrsplanung und Bevölkerung. Die Methode wird zuerst die Reallabore eröffnen und ihr Programm darstellen. Danach wird das entwickelte System getestet und weiterentwickelt. Die Prototypen werden danach implementiert und nach öffentlichen Adaptionstest geschätzt. Die Iterationsstufe schließt mit der Evaluation des Gesamtprojektes. Da es sich um ein laufendes Projekt handelt, wurden einige Co-Creation-Aktivitäten bereits umgesetzt und andere befinden sich noch in der Planungsphase. Dieser Bericht konzentriert sich auf die Aktivitäten, die bereits in der Planungsphase sind. Das Projekt MaaS L.A.B.S. nimmt die Stadt Potsdam als Labor für die Untersuchung, Entwicklung und Erprobung neuer Verkehrskonzepte. Die Co-Creation-Methoden werden für die drei angewandten Forschungsziele implementiert: - Erfassung und Analyse des Ist-Zustands 5 Mehr Informationen auf: https://www.fh-potsdam.de/forschen/projekte/projekt-detailansicht/project- action/maas-labs-nutzerinnen-zentrierte-mobility-as-a-service-plattform-lebendig-automatisiert-bed/ 26
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