Gesetzlicher Mindestlohn 2019 - Leitfaden für Betriebe der Druck- und Medienindustrie Dezember 2018 - Verband Druck und Medien Bayern eV

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Gesetzlicher
Mindestlohn 2019
Leitfaden für Betriebe
der Druck- und Medienindustrie

Dezember 2018
Gesetzlicher Mindestlohn 2019 – Leitfaden für Betriebe der Druck- und Medienindustrie

Mindestlohn in der Druck- und
Medienindustrie
Seit dem 1. Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland.
Ab dem 1. Januar 2019 steigt der Mindestlohn von aktuell 8,84 € auf 9,19 €
und ab dem 1. Januar 2020 auf 9,35 € brutto pro Stunde.

Die Druck- und Medienindustrie ist aufgrund der Höhe der gezahlten
(Tarif-)Löhne in weiten Teilen nicht direkt von der Erhöhung des gesetzlichen
Mindestlohns betroffen. Allerdings hat das Gesetz seit seiner Einführung
auch Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse, deren Lohn über dem Mindest-
lohn liegt. Dies betrifft insbesondere die Geltung von Ausschlussfristen sowie
den Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten.

Ferner müssen Betriebe die Regelungen bei der Beschäftigung von Prakti-
kanten, geringfügig Beschäftigten und nach Stück- oder Akkordlöhnen
bezahlten Arbeitnehmern beachten. Nicht zu unterschätzen sind auch die
sich aus dem Gesetz ergebenden Haftungsrisiken beim Einsatz von Werk-
verträgen oder Dienstverträgen.

Dieser Leitfaden soll den Betrieben der Druck- und Medienindustrie einen
Überblick über die bisher zum Mindestlohn ergangene Rechtsprechung ver-
schaffen und Hinweise zur praktischen Umsetzung der gesetzlichen Anforde-
rungen geben.

Bundesverband Druck und Medien
Berlin, Dezember 2018

Hinweis:

Die Berechnungsbeispiele in diesem Leitfaden beziehen sich – soweit nicht anders
angegeben – auf den ab dem 1. Januar 2019 geltenden Mindestlohn von 9,19 €
brutto pro Stunde.

Dieser Leitfaden ist mit großer Sorgfalt erstellt worden, ersetzt aber dennoch
die Beratung im Einzelfall nicht. Bisher liegt noch nicht für alle Sachverhalte
Rechtsprechung zur Auslegung des Mindestlohngesetzes vor. Wir bitten um
Verständnis, dass keinerlei Haftung übernommen wird.

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Gesetzlicher Mindestlohn 2019 – Leitfaden für Betriebe der Druck- und Medienindustrie

Inhaltsverzeichnis
Mindestlohn in der Druck- und Medienindustrie ........................................................... 2

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................. 3

I. Wer bekommt den Mindestlohn? ................................................................................. 7
      1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co...................................................... 7
      2. Altersteilzeit............................................................................................................. 7
      3. Ausbildung, Umschulung, Fortbildung ................................................................ 7
      4. Aushilfen, Saisonkräfte, Ferienjobber ................................................................. 8
      5. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber................................................... 8
         a) Problembereich Logistik .................................................................................. 9
         b) Asylbewerber, Flüchtlinge, Geduldete .......................................................... 9
      6. Menschen mit Behinderung ................................................................................ 10
      7. Ehrenamtlich Tätige ............................................................................................. 10
      8. Einfühlungsverhältnis, Schnuppertag, Hospitation ....................................... 10
      9. Einstiegsqualifizierungen .................................................................................... 11
      10. Familienangehörige .............................................................................................. 11
      11. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbstständige ............................................................ 11
      12. Geringfügig Beschäftigte/Minijobber .............................................................. 12
      13. Heimarbeiter ......................................................................................................... 12
      14. Kinder und Jugendliche........................................................................................ 12
      15. Langzeitarbeitslose .............................................................................................. 12
      16. Praktikanten .......................................................................................................... 13
          a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG) ................................................... 13
          b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG) ..................................... 14
          c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika
             (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG) ............................................................................... 16
          d) Mindestlohnpflichtige Praktika, Probearbeitsverhältnisse,
             Traineeprogramme ......................................................................................... 16
      17. Strafgefangene, Sicherungsverwahrte ............................................................ 17
      18. Studenten in dualen Studiengängen ................................................................ 17
      19. Volontäre ................................................................................................................ 18
      20. Werksstudenten .................................................................................................... 18

II. Höhe des Mindestlohns ............................................................................................... 18
      1. Hintergrund............................................................................................................ 19
      2. Anpassung des Mindestlohns ............................................................................. 19
      3. Mindestlohnanspruch nur bei geleisteter Arbeit ............................................ 20
         a) Bereitschaftszeiten ........................................................................................ 20
         b) Lohn ohne Arbeit: Entgeltfortzahlung und Urlaub .................................. 21
      4. Übergangsregelungen .......................................................................................... 22
         a) Sonderregelungen für Zusteller ................................................................... 22
         b) Abweichen durch Tarifvertrag...................................................................... 22

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III. Anrechenbarkeit von Arbeitgeberleistungen ........................................................... 23
      1. Beiträge zur Sozialversicherung, Pauschalabgaben bei Minijobs ............... 23
      2. Zuschläge und Zulagen ........................................................................................ 23
         a) Überstundenzuschläge .................................................................................. 24
         b) Zuschläge für Nachtarbeit ............................................................................ 25
         c) Samstagszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge,
            Antrittsgebühr ................................................................................................ 26
         d) Schichtzuschläge ............................................................................................ 27
         e) Funktions- und Erschwerniszulagen ........................................................... 28
      3. Variable Vergütungen, Leistungszulagen ........................................................ 28
      4. Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Jahresleistung) ............ 29
      5. Sachbezüge............................................................................................................ 30
      6. Aufwendungsersatz, Wegegeld ......................................................................... 31
      7. Vermögenswirksame Leistungen ...................................................................... 31
      8. Betriebliche Altersversorgung, Entgeltumwandlung ..................................... 31
      9. Trinkgelder .............................................................................................................. 32

IV. Fälligkeit des Mindestlohns ........................................................................................ 32
      1. Grundsatz: Zwei-Monats-Rhythmus ................................................................ 32
      2. Verspätete Zahlungen ......................................................................................... 32
      3. Mindestlohnkonformer Monatslohn ................................................................. 32

V. Arbeitszeitkonten ......................................................................................................... 33
      1. Mindestlohnanspruch für Plusstunden aus 2018 ........................................... 34
      2. Arbeitszeitkonten im Mindestlohnbereich ....................................................... 34
         a) Schriftliche Vereinbarung.............................................................................. 34
         b) 50 %-Grenze für Plusstunden ....................................................................... 34
         c) Ausgleichszeitraum 12 Monate ................................................................... 36
      3. Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen über 12 Monate ................... 36
         a) Erfüllung des Mindestlohns durch verstetigtes Entgelt ......................... 36
         b) Orientierungsgröße 2.482 € (ab 1.1.2020: 2.525 €).................................. 37
         c) Mindestlohnausgleich nach 12 Monaten ................................................... 37
      4. Langzeitkonten, Altersteilzeit ............................................................................ 38

VI. Kann der Mindestlohnanspruch entfallen? .............................................................. 39
      1. Verzicht ................................................................................................................... 39
         a) Gerichtliche Vergleiche .................................................................................. 39
         b) Tatsachenvergleiche ....................................................................................... 40
         c) Anderweitige Vereinbarungen...................................................................... 40
      2. Ausschlussfristen .................................................................................................. 41
         a) Reichweite und Wirksamkeit ........................................................................ 41
         b) Fazit und Vorschläge für die Formulierung von Ausschlussfristen ....... 43
      3. Unbezahlte Überstunden .................................................................................... 43
      4. Verjährung und Verwirkung ................................................................................ 44

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VII. Akkord- und Stücklohn ............................................................................................... 44
      1. Akkord- und Stücklohnvereinbarungen bleiben möglich ............................... 45
      2. Besonderheiten und Probleme bei Akkord- und
         Stücklohnvereinbarungen ................................................................................... 45
         a) Grundsatz ........................................................................................................ 45
         b) Durchschnittliche Arbeitszeitbetrachtung ................................................ 46
         c) Umrechnung von Stück- auf Stundenlohn ................................................ 46

VIII. Anpassung von Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen ........................ 47
      1. Arbeitsverträge ..................................................................................................... 47
         a) Generelle Überprüfung .................................................................................. 47
         b) Überprüfung bestehender Stücklohnverträge .......................................... 48
         c) Überprüfung bestehender Verträge geringfügig Beschäftigter ........... 48
         d) Anpassungswege ............................................................................................ 49
      2. Betriebsvereinbarungen ...................................................................................... 49

IX. Aufzeichnungs- und Meldepflichten.......................................................................... 50
      1. Aufzeichnungspflicht ........................................................................................... 50
         a) Grundsatz ........................................................................................................ 50
         b) Auswirkungen auf Zustellgesellschaften ................................................... 51
         c) Vereinfachungen, insbesondere für Zusteller –
            Mindestlohnaufzeichnungsverordnung ...................................................... 53
      2. Bereithalten sonstiger Unterlagen .................................................................... 53
      3. Melde- und Versicherungspflicht ....................................................................... 54
         a) Grundsatz ........................................................................................................ 54
         b) Ergänzende Verordnung ................................................................................ 54
      4. Ausnahmeregelungen – Mindestlohndokumen-
         tationspflichtenverordnung ................................................................................ 55

X. Haftung des Auftraggebers ....................................................................................... 56
      1. Wer haftet für den Mindestlohn? ...................................................................... 56
         a) Weiter Unternehmerbegriff ......................................................................... 56
         b) Engerer Unternehmerbegriff ....................................................................... 57
         c) Unternehmerbegriff im MiLoG .................................................................... 57
         d) Auswirkungen der unterschiedlichen Ansichten ....................................... 58
      2. Art der Haftung .................................................................................................... 59
      3. Anspruchsinhaber ................................................................................................. 60
      4. Haftungsumfang .................................................................................................. 60
      5. Einwände, Ausschlussfristen, Verjährung ........................................................ 61
      6. Denkbare Maßnahmen zur Risikosenkung ....................................................... 61
         a) Bei Auswahl des Auftragnehmers ............................................................... 61
         b) Bei Vertragsgestaltung und bei Durchführung des Vertrages .............. 62
         c) Reaktionen als Auftragnehmer .................................................................... 63

XI. Kontrolle und Durchsetzung des MiLoG................................................................... 63

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XII. Folgen bei Verstößen gegen das MiLoG ................................................................. 64
      1. Vergütungsanspruch ............................................................................................ 64
      2. Bußgeldvorschriften ............................................................................................. 66
         a) Nichtzahlung/verspätete Zahlung des Mindestlohns ............................. 66
         b) Fehlende Zusammenarbeit mit den Behörden ......................................... 66
         c) Nichteinhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht ......... 66
         d) Bußgeldvorschriften außerhalb des MiLoG ............................................... 67
      3. Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge ........................................ 67
      4. Unterrichtung anderer Behörden ...................................................................... 67
      5. Vorenthaltung von Arbeitsentgelt ..................................................................... 67

XIII. Anlagen ......................................................................................................................... 68
      Anlage 1 – Auftraggeberhaftung ............................................................................ 68
      1. Mögliche Klauselinhalte in Werk- oder Dienstverträgen .............................. 68
         a) Zahlung des Mindestlohns ............................................................................ 68
         b) Einsatz von Dritten (Nachunternehmer, Zeitarbeit) ............................... 68
         c) Aufzeichnungspflicht ..................................................................................... 68
         d) Vorlage von Nachweisen, Zurückbehaltungsrecht ................................... 68
         e) Haftungsfreistellung ...................................................................................... 68
         f) Kündigungsrecht und Kosten ....................................................................... 68
         g) Schadensersatz, Einbehalt der Vergütung ................................................ 69
      2. Denkbare Antwortmöglichkeiten aus Auftragnehmersicht ......................... 69
         a) Erklärung zur Einhaltung des MiLoG und Rückweisung übriger
            Erklärungen...................................................................................................... 69
         b) Erklärung zur Einhaltung des MiLoG und Hinweis auf fehlende
            Auftraggeberhaftung .................................................................................... 70
      Anlage 2 – Literatur- und Rechtsprechungsübersicht ......................................... 71
      1. Literatur und Informationen zum Mindestlohn .............................................. 71
      2. Rechtsprechungsübersicht .................................................................................. 72
      Anlage 3 – Gesetzestexte .......................................................................................... 76
      1. Mindestlohngesetz – MiLoG ............................................................................... 76
      2. Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG (Auszug ) ....................................... 86
      3. Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV2 ............................................... 86
      4. Mindestlohnaufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV .................................... 86
      5. Mindestlohnmeldeverordnung – MiLoMeldV................................................... 87
      6. Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung – MiLoDokV ................. 89

Impressum

Bundesverband Druck und Medien e.V. (bvdm)
Friedrichstraße 194–199
10117 Berlin
www.bvdm-online.de

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Gesetzlicher Mindestlohn 2019 – Leitfaden für Betriebe der Druck- und Medienindustrie

I. Wer bekommt den Mindestlohn?
Anspruch auf den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) haben
grundsätzlich alle volljährigen Arbeitnehmer und bestimmte Praktikanten,
die in Deutschland tätig sind. Der gesetzliche Mindestlohn ist im Kern jeder
Arbeitsvergütung jedes Arbeitnehmers enthalten.

Nachfolgend finden Sie einen Überblick (in alphabetischer Reihenfolge) über
die zu beachtenden Besonderheiten bei bestimmten Personengruppen bzw.
in bestimmten Situationen:

1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co.
Personen, die im Unternehmen ausschließlich ihre Abschlussarbeit oder                   keine Mindestlohnpflicht
andere wissenschaftliche Arbeiten im Rahmen ihrer Ausbildung oder ihres
Studiums anfertigen (Seminar-, Projekt-, Bachelor-, Master-, Diplom-,
Doktorarbeit), sind weder Praktikanten noch Arbeitnehmer und haben
daher grundsätzlich auch keinen Anspruch auf den Mindestlohn.

Im Übrigen ist im Einzelfall zu prüfen, ob anlässlich der Abschlussarbeit ein           paralleles Praktikum
(begleitendes) Praktikumsverhältnis eingegangen worden ist, in dessen
Rahmen der Student betrieblich tätig wird (zur Mindestlohnpflicht für Prak-
tikanten s. u. I. 16.).

Mindestlohnpflicht kann ferner bestehen, wenn neben der wissenschaftlichen              paralleles Arbeitsverhältnis
Tätigkeit Arbeitsleistungen erbracht werden. Sofern die Studenten in den
betrieblichen Ablauf eingegliedert werden und direkte Arbeitsanweisungen
durch Arbeitnehmer des Betriebes erhalten, könnte es sich in Wahrheit um
ein Arbeitsverhältnis handeln. In diesem Fall besteht Anspruch auf den
Mindestlohn.

2. Altersteilzeit
Arbeitnehmer in verblockten Altersteilzeit-Arbeitsverhältnissen haben wäh-              Mindestlohn in der
rend der Arbeitsphase ebenfalls Anspruch auf den Mindestlohn. Allerdings                Arbeitsphase

gilt die Fälligkeitsregelung nach § 2 Abs. 1 MiLoG (s. u. IV.) für sie nicht,
d. h. der Mindestlohnanspruch kann auch später (während der Freistellungs-
phase) ausgezahlt werden. Während der Freistellungsphase besteht kein
Anspruch auf den Mindestlohn, da dieser nur für „Arbeitsleistung“ zu zahlen
ist (s. u. II. 3.).

3. Ausbildung, Umschulung, Fortbildung
Zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte haben nach § 22 Abs. 3 MiLoG keinen              Azubis sind nicht erfasst
Anspruch auf den Mindestlohn. Sie haben jedoch gemäß § 17 Berufsbildungs-
gesetz (BBiG) Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“.

Für sonstige Vertragsverhältnisse, bei denen der Lernzweck im Vordergrund
steht und die keine Arbeitsverhältnisse oder Praktika (s. u. I. 16.) sind, findet
das MiLoG ebenfalls keine Anwendung.

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Teilnehmer einer beruflichen Umschulung (§§ 1 Abs. 5, 58 ff. BBiG) fallen               Umschulung

nicht unter die Ausnahmeregelung für Auszubildende. Wird die Umschulung
im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durchgeführt, so ist der Mindestlohn
zu zahlen. Eine Umschulung kann aber auch als reiner Berufsbildungsvertrag
durchgeführt werden, bei dem der Lernzweck im Vordergrund steht. Da der
Berufsbildungsvertrag weder als Arbeitsverhältnis noch als Praktikum nach
§ 26 BBiG (BAG v. 12.02.2013 – 3 AZR 120/11, NZA 2014, 31) einzuordnen ist,
besteht kein Ansatz für einen Anspruch auf den Mindestlohn.

Für Teilnehmer einer beruflichen Fortbildung (§§ 1 Abs. 4, 53 ff. BBiG) be-              Fortbildung
steht in den meisten Fällen Anspruch auf den Mindestlohn, da diese in der
Regel im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt. Sofern
die Fortbildung jedoch im Einzelfall aufgrund eines isolierten Fortbildungs-
vertrages erfolgt, bei dem der Lernzweck im Vordergrund steht, besteht
kein Anspruch auf den Mindestlohn.

4. Aushilfen, Saisonkräfte, Ferienjobber
Der Mindestlohn gilt auch für Aushilfen, Saisonkräfte und Ferienjobber, auch             Mindestlohn bei kurzfristiger
wenn diese im Rahmen einer kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäf-              Beschäftigung

tigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eingestellt werden.

Im Zuge der Einführung des Mindestlohns wurde die Möglichkeit der kurz-
fristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung von bisher zwei auf drei
Monate (bzw. von 50 auf 70 Tage) im Jahr ausgedehnt. Diese Regelung
sollte ursprünglich auf vier Jahre (bis 31. Dezember 2018) befristet sein.

Durch das Ende 2018 verabschiedete „Qualifizierungschancengesetz“ wird                   Dauerhafte Erhöhung der
die Regelung entfristet, so dass Arbeitnehmer einen kurzfristigen Minijob                Zeitgrenzen

weiterhin 3 Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr (statt 2 Monate
bzw. 50 Tage) ausüben können.

5. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber
Der gesetzliche Mindestlohn muss nach § 20 MiLoG nur gezahlt werden,                     Beschäftigung in
wenn Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt werden. Keinen Anspruch                     Deutschland als
                                                                                         Voraussetzung
auf den deutschen Mindestlohn haben deutsche Arbeitnehmer, die dauer-
haft im Ausland tätig sind. In diesem Fall gelten unter Umständen dortige
Mindestlohn-Regelungen.

Bei vorübergehender Entsendung ins Ausland besteht jedoch weiterhin                      vorübergehende
Anspruch auf den Mindestlohn, solange nach der Rom-I-Verordnung                          Entsendung

(EG 593/2008) deutsches Arbeitsrecht auf den Arbeitsvertrag Anwendung
findet (Thüsing/Bayreuther, MiLoG § 1 Rn. 75).

Ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland tätig sind, haben einen
Anspruch auf den Mindestlohn. Gleiches gilt für Arbeitnehmer eines auslän-
dischen Arbeitgebers, die in Deutschland arbeiten, auch wenn auf das
Arbeitsverhältnis im Übrigen ausländisches Recht Anwendung findet. Für
die Zeit des Einsatzes in Deutschland haben sie einen Anspruch auf Zahlung
des Mindestlohns.

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Auf die Dauer des Einsatzes in Deutschland kommt es nach dem Gesetzes-
wortlaut nicht an. Daher müssten z. B. auch Arbeitnehmer eines Unterneh-
mens mit Sitz im Ausland, die für einige Tage an einer Schulung in Deutsch-
land teilnehmen, für diese Zeit nach dem MiLoG bezahlt werden.

a) Problembereich Logistik
Die Mindestlohnpflicht im grenzüberschreitenden Logistikbereich spielt für
deutsche Unternehmen insbesondere mit Blick auf die Auftraggeberhaftung
(s. u. X.) eine Rolle.

  Beispiel:

  Ein LKW-Fahrer, der für seinen ausländischen Arbeitgeber mit einem LKW
  Waren nach Deutschland oder durch Deutschland hindurch transportiert,
  hat nach dem Wortlaut des § 20 MiLoG Anspruch auf die Zahlung des
  gesetzlichen Mindestlohns für die Zeit der Beschäftigung in Deutschland.
  Zahlt der ausländische Arbeitgeber den Mindestlohn nicht, kann unter
  Umständen der deutsche Auftraggeber hierfür haftbar gemacht werden.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist der Auffassung,
dass auch im Fall der reinen Transitfahrten, sozusagen ab der ersten Sekun-
de der Tätigkeit in Deutschland, der deutsche Mindestlohn greift.

Die Europäische Kommission hat wegen möglicher Einschränkung der                        Transitverkehr:
                                                                                        europarechtliche Bedenken
Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit ein Vertragsverletzungsverfah-
ren gegen Deutschland eingeleitet, das noch nicht abgeschlossen ist. Das
Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde ausländischer
Speditionsunternehmen gegen das MiLoG nicht zur Entscheidung ange-
nommen und die Kläger auf die Fachgerichte verwiesen, jedoch gleichzeitig
Bedenken gegen die uneingeschränkte Geltung des MiLoG für nur kurzzeitig
in Deutschland tätige ausländische Arbeitnehmer erkennen lassen (BVerfG
v. 25.6.2015 – 1 BvR 555/15, NJW 2015, 2242). Klarheit wird hier erst eine Ent-
scheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schaffen können.

Das BMAS hat Anfang 2015 eine Übergangsregelung beschlossen, wonach                     Übergangsregelung für
Kontrollen sowie die Ahndung von Verstößen gegen das MiLoG durch den                    reinen Transitverkehr

Zoll für den Bereich des reinen Transitverkehrs (= Verkehr mit Start- und
Zielort außerhalb Deutschlands, der Deutschland durchquert, ohne dabei
in Deutschland Waren auf- oder abzuladen oder Passagiere aufzunehmen
oder abzusetzen) ausgesetzt werden. Für alle anderen Fälle gilt das MiLoG
uneingeschränkt. Selbst im reinen Transitverkehr bleiben aber der materielle
Mindestlohnanspruch und damit auch der Anspruch aus Auftraggeberhaf-
tung nach § 13 MiLoG bestehen; lediglich Kontrollen und Sanktionen sind
ausgesetzt (Sittard/Sassen, NJW 2016, 364; BMAS, Der Mindestlohn –
Fragen & Antworten).

b) Asylbewerber, Flüchtlinge, Geduldete
Ob Asylbewerber, Flüchtlinge oder Geduldete in Deutschland arbeiten dür-
fen, richtet sich nach ihrem Aufenthaltstitel. Sie haben nach den allgemeinen
Regelungen Anspruch auf den Mindestlohn; spezifische Ausnahmeregelungen
gibt es nicht.

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Informationen zur Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern, insbe-
sondere auch Flüchtlingen, gibt es auf den Internetseiten der Bundesagentur
für Arbeit (www.arbeitsagentur.de).

Zudem gibt es Informationen zur Integration von Geflüchteten auf einer
gemeinsamen Internetseite der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft
(BDA, BDI, ZDH) und der Bundesagentur für Arbeit: https://www.erfolgreich-
integrieren.de/. Dort finden sich zahlreichen konkrete und praktische Ange-
bote, die Arbeitgeber und Unternehmen bei der Integration von Geflüchteten
unterstützen.

6. Menschen mit Behinderung
Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderung als Arbeitnehmer ebenfalls
Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Das gilt auch bei einer vermin-
derten Leistungsfähigkeit. Arbeitgeber können für diese Arbeitnehmer zum
Ausgleich der entstehenden Belastungen unter Umständen Eingliederungs-
bzw. Lohnkostenzuschüsse von der Bundesagentur für Arbeit erhalten.

Menschen mit Behinderung, die im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behin-              kein Arbeitsverhältnis =
derte Menschen (WfbM) beschäftigt sind, stehen gemäß § 138 SGB IX in                    kein Mindestlohnanspruch

einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, sind aber keine Arbeitneh-
mer. Sie erhalten als voll erwerbsgeminderte Menschen zur Sicherstellung
ihres Lebensunterhalts Leistungen der Grundsicherung oder eine Rente we-
gen voller Erwerbsminderung. Zudem erhalten sie in der WfbM rehabilitative
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Anspruch auf den Mindestlohn
besteht nicht (LAG Schleswig-Holstein v. 11.01.2016 – 1 Sa 224/15, NZA-RR
2016, 291).

Anderes gilt für in Inklusionsbetrieben (bis Ende 2017: Integrationsprojekte)           Beschäftigte in Inklusions-
beschäftige Menschen mit Behinderung. Inklusionsbetriebe sind Unterneh-                 betrieben haben Arbeit-
                                                                                        nehmerstatus
men, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beschäfti-
gen (mind. 30 Prozent) mit dem Ziel, diese in den allgemeinen Arbeitsmarkt
zu integrieren. Dort beschäftigte Menschen (mit und ohne Behinderung)
haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

7. Ehrenamtlich Tätige
Ehrenamtlich Tätige haben nach § 22 Abs. 3 MiLoG keinen Anspruch auf den
Mindestlohn.

8. Einfühlungsverhältnis, Schnuppertag,
   Hospitation
Ein Einfühlungsverhältnis ist ein loses Rechtsverhältnis eigener Art, welches           kein Arbeitsverhältnis =
sich von einem Arbeitsverhältnis – insbesondere auch von einem Probe-                   kein Mindestlohnanspruch

arbeitsverhältnis – dadurch unterscheidet, dass für den in den Betrieb auf-
genommenen potentiellen Arbeitnehmer während der Einfühlungsphase
keine Arbeitspflicht besteht und er nicht dem Weisungsrecht, sondern ledig-
lich dem Hausrecht des Betriebsinhabers untersteht.

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Zweck eines Einfühlungsverhältnisses oder sogenannter Schnuppertage
ist es im Allgemeinen, die Voraussetzungen der Zusammenarbeit für das
potentielle spätere Arbeitsverhältnis zu klären, also insbesondere dem
künftigen Arbeitnehmer oder Auszubildenden die Möglichkeit zu geben,
die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen. Da es sich nicht um ein
Arbeitsverhältnis handelt (LAG Sachsen v. 05.03.2004 – 2 Sa 386/03, BeckRS
2004, 31031550), besteht keine Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns.

Ein solches Einfühlungsverhältnis sollte nur wenige Tage dauern, da sonst
leicht die Schwelle zum mindestlohnpflichtigen Probearbeitsverhältnis
(s. u. I. 16. d)) überschritten wird.

Vergleichbares gilt für „Hospitanten“. Um Hospitanten handelt es sich nur,
wenn Personen lediglich als „Gast“ Kenntnisse über den betrieblichen Ablauf
erlangen wollen, ohne dabei Arbeitsleistungen von wirtschaftlichem Wert zu
verrichten. Ein Hospitant sieht sich den Betrieb und die Arbeitsabläufe an,
schaut den im Betrieb regulär Beschäftigten lediglich „über die Schulter“ und
arbeitet nicht aktiv mit. Eine Mindestlohnpflicht besteht in diesem Fall nicht
(Riechert/Nimmerjahn, Mindestlohngesetz, § 22 Rn. 33/34).

9. Einstiegsqualifizierungen
Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen nach § 22 Abs. 1
Nr. 4 MiLoG Personen, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III
oder einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68–70 BBiG teilnehmen.

10. Familienangehörige
Bei Dienstleistungen von Ehepartnern, Lebenspartnern oder Kindern im                    kein Arbeitsverhältnis =
Betrieb ist zu prüfen, ob diese auf der Basis eines Arbeitsvertrages, eines             kein Mindestlohnanspruch

Gesellschaftsverhältnisses oder auf familienrechtlicher Grundlage (§§ 1353,
1619 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) tätig werden.

Die Abgrenzung muss nach den jeweiligen Umständen erfolgen. Überschrei-
tet die Mitarbeit das auf familiärer Zusammengehörigkeit beruhende Maß,
liegt im Zweifel ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vor.

11. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbstständige
Freie Mitarbeiter, die aufgrund werkvertraglicher Vereinbarungen oder freier
Dienstverträge tätig werden, haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn,
da es sich nicht um Arbeitnehmer handelt.

Trotz Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als freier Dienst- oder Werk-               Vorsicht:
vertrag kann aber ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegen,               Scheinselbstständigkeit!

wenn ein Fall der sogenannten „Scheinselbstständigkeit“ vorliegt. Das wich-
tigste Merkmal zur Abgrenzung ist das für ein Arbeitsverhältnis typische
Weisungsrecht des Arbeitgebers: Je stärker der Mitarbeiter an Weisungen
des Auftraggebers bezüglich Zeit, Ort und Art der Ausführung seiner Arbeit
gebunden ist, umso eher ist ein (mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis
anzunehmen.

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12. Geringfügig Beschäftigte/Minijobber
Der Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns ist unabhängig von der Arbeits-               Mindestlohn auch
zeit oder Sozialversicherungspflicht. Ein Anspruch auf den Mindestlohn be-              für Minijobber

steht daher auch für Teilzeit-Arbeitnehmer, die im Rahmen eines sozialversi-
cherungsfreien geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses nach § 8 Abs. 1
Nr. 1 SGB IV tätig sind.

Die Verdienstgrenze liegt derzeit bei 450 € im Monat. Bei einem Stundenlohn             neue Obergrenze:
von 9,19 € ab 1. Januar 2019 und 9,35 € ab 1. Januar 2020 können Minijobber             48 Stunden

daher künftig maximal rund 48 Stunden statt wie bisher 50 Stunden pro
Monat arbeiten, ohne die Geringfügigkeitsgrenze zu überschreiten. Beste-
hende Verträge müssen daher gegebenenfalls angepasst werden, wenn die
Sozialversicherungsfreiheit erhalten bleiben soll (s. u. VIII. 1. c)).

Inwieweit ein Ende 2018 von der Bundestagsfraktion der FDP vorgelegter
Entwurf eines Gesetzes zur Dynamisierung der Verdienstgrenzen der gering-
fügigen Beschäftigung Realität wird, ist derzeit noch offen und bleibt abzu-
warten.

Der Mindestlohnanspruch gilt auch für Arbeitnehmer, die im Rahmen einer
kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1
Nr. 2 SGB IV eingestellt werden (s. o. I. 4.).

13. Heimarbeiter
Da Heimarbeiter zwar arbeitnehmerähnliche Personen, aber keine Arbeit-
nehmer sind, ist der Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes für sie
nicht eröffnet.

14. Kinder und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, die über keine abgeschlossene                  Altersgrenze 18 Jahre
Berufsausbildung verfügen, gilt das MiLoG nach § 22 Abs. 2 MiLoG nicht,
d. h. sie haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Durch die Ausnahme
soll sichergestellt werden, dass der Mindestlohn für junge Menschen
keine Fehlanreize setzt, zugunsten einer mit dem Mindestlohn vergüteten
Beschäftigung auf eine Berufsausbildung zu verzichten.

15. Langzeitarbeitslose
Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern,                6 Monate Abweichung
kann in den ersten sechs Monaten nach der Neueinstellung vom Mindestlohn                vom Mindestlohn möglich

nach unten abgewichen werden (§ 22 Abs. 4 MiLoG).

Als langzeitarbeitslos gilt nach § 18 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch              Nachweis einholen
(SGB III), wer mindestens ein Jahr arbeitslos war. Ob ein Bewerber diese
Voraussetzung erfüllt oder nicht, kann nur die zuständige Agentur für Arbeit
bzw. das Jobcenter rechtsverbindlich feststellen. Eine entsprechende
Bescheinigung soll die zuständige Behörde auf Antrag des Betreffenden
ausstellen. Diese sollten Arbeitgeber sich vorlegen lassen und aufbewahren.

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16. Praktikanten
Grundsätzlich haben auch Praktikanten einen Anspruch auf die Zahlung
des Mindestlohns. Allerdings sind in § 22 Abs. 1 Nr. 1–3 MiLoG Ausnahmen
geregelt.

Folgende Praktika sind vom Mindestlohn ausgenommen:                                     Ausnahmeregelungen
                                                                                        für Praktika
•   Pflichtpraktika im Rahmen von Ausbildung oder Studium
•   Orientierungspraktika von bis zu drei Monaten
•   freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika von bis zu drei
    Monaten

Alle anderen Praktika sind grundsätzlich mindestlohnpflichtig. Dies gilt
insbesondere nach Abschluss einer Ausbildung.

Es empfiehlt sich bei Praktikantenverträgen, zunächst zu prüfen, ob es sich
um ein Praktikum oder möglicherweise tatsächlich eher um ein Arbeitsver-
hältnis handelt.

Praktikant ist nach der Definition des § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG,                          Definition Praktikant

 „unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der
tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für
eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen
einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche
Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sin-
ne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische
Ausbildung handelt.“

Entscheidend sind daher nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern die                Abgrenzung zum
tatsächlichen Verhältnisse. Steht nicht der „Erwerb praktischer Kenntnisse              Arbeitsverhältnis

und Erfahrungen“ im Vordergrund, sondern das Erbringen einer bestimmten
Arbeitsleistung, handelt es sich nicht um ein Praktikum, sondern um ein
(mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis (LAG Berlin-Brandenburg
v. 20.05.2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890).

a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG)
Wird ein Praktikum verpflichtend auf der Grundlage einer (hoch-) schulrecht-            kein Mindestlohnanspruch
lichen Bestimmung, Ausbildungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung                   bei Pflichtpraktika

an einer Berufsakademie geleistet, so besteht kein Mindestlohnanspruch.

Der Begriff „schulrechtliche Bestimmung“ ist weit zu verstehen; dazu gehö-
ren beispielsweise auch Praktika zur Erlangung eines schulischen Abschlusses
(Jahrespraktikum zur Erlangung der Fachhochschulreife).

Als Pflichtpraktikum zählt nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit auch
ein Praktikum, welches nach einer Entscheidung der für die Anerkennung
zuständigen Stelle zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses
obligatorisch zu leisten ist (vgl. BA-Merkblatt „Praktika“ und betriebliche Tä-
tigkeiten für Asylbewerber und geduldete Personen).

Einige Studienordnungen sehen verpflichtende Betriebspraktika bereits
vor Beginn eines Studiums vor. Ob das Pflichtpraktikum vor oder während

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des Studiums/der Ausbildung stattfindet, ist jedoch für den Mindestlohn-
anspruch unerheblich.

Die maximale Dauer des Pflichtpraktikums wird durch das MiLoG nicht
begrenzt, dies richtet sich nach der zugrunde liegenden Schul- oder Studien-
ordnung.

Um beurteilen zu können, ob es sich um ein Pflichtpraktikum handelt oder                Dokumentation!
nicht, sollten Unternehmen sich vor der Einstellung von Praktikanten neben
einer Ausbildungs- oder Studienbescheinigung die entsprechende Schul- oder
Studienordnung vorlegen lassen. Ferner sollte der Praktikant schriftlich
bestätigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum handelt und der vorgege-
bene Pflichtzeitraum für ein Praktikum nicht bereits durch andere Betriebs-
praktika ausgeschöpft wurde. Die Unterlagen sollten zumindest bis zum
Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist aufbewahrt werden.

Hinweis: Die Hochschulen sind regelmäßig nicht in der Lage, den Studenten
während des Studiums zu bescheinigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum
handelt, da die Praktikumsbescheinigungen erst bei der Prüfungsanmeldung
vorgelegt werden müssen. Die Hochschule kann daher in der Regel nicht
beurteilen, ob vorgegebene Pflichtzeiträume ggf. bereits ausgeschöpft sind.

b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG)
Ebenfalls vom Mindestlohnanspruch ausgenommen sind freiwillige Orientie-                Kein Mindestlohnanspruch
rungspraktika. Ziel und Zweck eines solchen Praktikums soll die „Orientie-              bei Orientierungspraktika
                                                                                        bis 3 Monate
rung“ des Praktikanten vor dem Beginn einer Berufsausbildung oder der
Aufnahme eines Studiums sein. Erforderlich ist daher ein inhaltlicher Bezug
des Praktikums zu der angestrebten Ausbildung oder dem Studium.

Dabei kann es nicht nur um die Orientierung vor Beginn der ersten Ausbil-               Neu-Orientierung

dung bzw. eines ersten Studiums gehen, sondern die Praktika können auch
der „Neu-Orientierung“ vor der Aufnahme eines anderen Studiums bzw. dem
Beginn einer anderen Berufsausbildung dienen. Dies gilt insbesondere nach
Abbruch einer Ausbildung oder eines Studiums.

Allerdings ist das BMAS der Ansicht, dass nach Abschluss einer Ausbildung               Orientierungspraktika nach
oder eines Studiums in der Regel die fachliche Orientierungsphase abge-                 Abschluss der Ausbildung

schlossen sei, mit der Folge, dass die Mindestlohnausnahme für Orientie-
rungspraktika regelmäßig nicht mehr in Anspruch genommen werden könne.
Wer also nach Abschluss der Lehre ein Studium aufnehmen oder nach dem
Bachelorabschluss ein Masterstudium beginnen möchte und dazwischen ein
Praktikum absolviert, würde nicht von der Ausnahmeregelung für Orientie-
rungspraktika erfasst. In früheren Veröffentlichungen (BMAS, Das Mindest-
lohngesetz im Detail, S. 35) hielt das BMAS Einzelfallprüfungen durch den Zoll
bzw. die Arbeitsgerichte aber für möglich. In den aktuellen Publikationen des
Ministeriums findet sich diese Aussage nicht mehr.

Diese enge Auslegung des Gesetzes ist jedoch weiterhin nicht überzeugend,
da ein Studium gegenüber einer Berufsausbildung deutlich andere berufliche
Möglichkeiten eröffnet. Auch bei einem Wechsel in ein anderes Berufsfeld
muss ein mindestlohnfreies Orientierungspraktikum möglich sein (Riechert/
Nimmerjahn, Mindestlohngesetz, § 22 Rn. 59–61).

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Letzteres scheint auch das BMAS so zu sehen: Nach dem BMAS ist in den
Fällen, in denen sich nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung ein
Studium anschließen soll, davon auszugehen, dass die fachliche Orientie-
rungsphase bereits abgeschlossen ist; die Mindestlohnausnahme für bis
zu dreimonatige Orientierungspraktika könne insoweit regelmäßig nicht
mehr in Anspruch genommen werden kann. Dies soll jedenfalls dann gelten,
wenn das Praktikum in einem Bereich erfolgt, in dem der Praktikant seine
Berufsausbildung absolviert hat, weil es dann nicht mehr der Orientierung
dient (BMAS, Der Mindestlohn für Studierende – Fragen und Antworten, Frage
16). Eine Neu-Orientierung scheint davon nicht erfasst.

Ein Orientierungszweck ist nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit ge-
geben, wenn ein ausländischer Ausbildungsabschluss in Deutschland (noch)
nicht anerkannt wurde und im Anschluss an das Praktikum in Deutschland
eine (erneute) Berufsausbildung aufgenommen werden soll (vgl. BA-Merk-
blatt „Praktika“ und betriebliche Tätigkeiten für Asylbewerber und geduldete
Personen).

Ferner wird vertreten, dass ein Orientierungspraktikum auch in Phasen der
Neuorientierung nach einem Studien-/Ausbildungsabbruch sowie vor dem
Beginn einer weiteren Ausbildung bzw. eines weiteren Studiums nach bereits
abgeschlossener Ausbildung bzw. abgeschlossenem Studium in Betracht
kommen kann. Es scheint daher auch nicht ausgeschlossen, nach Erlangung
eines Bachelorabschlusses ein Orientierungspraktikum zuzulassen, das der
spezifischen Orientierung des Praktikanten im Hinblick auf die beabsichtigte
Aufnahme eines darauf aufbauenden Masterstudiums dient. Insoweit
wird jedoch davon ausgegangen, dass in diesen Fällen besondere Anforde-
rungen hinsichtlich der Praktikumsinhalte zu stellen sein dürften (BeckOK
ArbR/Greiner, MiLoG, § 22 Rn. 29). Urteile zu dieser Frage sind bisher nicht
bekannt.

Im Rahmen von Orientierungspraktika besteht nur dann kein Mindestlohn-                  maximal 3 Monate
anspruch, wenn diese maximal einen Zeitraum von drei Monaten umfassen.
Auf die Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es dabei nicht an.
Eine Verteilung der dreimonatigen Höchstdauer auf mehrere Praktikums-
abschnitte ist möglich.

Wird ein Orientierungspraktikum für einen Zeitraum von mehr als drei Mona-
ten abgeschlossen bzw. nachträglich über drei Monate hinaus verlängert, so
besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung des Mindest-
lohns, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.

Etwas Anderes muss gelten, wenn bei der Verlängerung eines zunächst auf                 Tätigkeitswechsel
drei Monate abgeschlossenen Praktikums gleichzeitig ein wesentlicher Tätig-
keitswechsel stattfindet. Wenn sich die Tätigkeit so ändert, dass es sich
um eine Orientierung für eine andere Berufsausbildung bzw. ein anderes
Studium handelt als zuvor, liegt ein neues Orientierungspraktikum vor, mit
der Folge, dass der Mindestlohnanspruch weiterhin nicht besteht
(Thüsing/Pötters, MiLoG, § 22 Rn. 29).

In jedem Fall sollte der Zweck der Orientierung im Praktikumsvertrag fest-
gehalten und etwaige Verlängerungen oder Änderungen des Praktikums-
inhalts nachvollziehbar dokumentiert werden.

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c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika
   (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG)
Freiwillige Praktika begleitend zu einer Berufsausbildung oder einem Studi-             kein Mindestlohnanspruch
um sind mindestlohnfrei, wenn der Zeitrahmen von drei Monaten nicht über-               bei ausbildungsbegleitenden
                                                                                        Praktika bis 3 Monate
schritten wird. Auf die Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es
dabei nicht an.

Erforderlich ist ein inhaltlicher Bezug zu der Ausbildung bzw. dem Studium,
es muss sich aber nicht um ein in der Ausbildungs- oder Studienordnung
vorgeschriebenes Praktikum handeln. Erfasst werden auch z. B. Praktika
zwischen Abschluss des Bachelor- und Beginn des Masterstudiums (ErfK/
Franzen § 22 MiLoG Rn. 11). Nach Auffassung des BMAS gilt dies nur dann,
wenn der Studierende sein Studium fortsetzt und sich zu einem Master-
studiengang immatrikuliert hat (BMAS, Der Mindestlohn für Studierende –
Fragen und Antworten, Frage 12).

Wird ein ausbildungsbegleitendes Praktikum für einen Zeitraum von mehr
als drei Monate abgeschlossen bzw. nachträglich über drei Monate hinaus
verlängert, so besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung
des Mindestlohns, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.

Die maximale mindestlohnfreie Praktikumsdauer von drei Monaten kann
auf mehrere Praktikumsabschnitte verteilt werden, dies muss aber bereits
bei Beginn der ersten Praktikumsphase schriftlich festgehalten werden. Nur
dann handelt es sich um „ein“ Praktikum. Nach dem Gesetzestext besteht
nämlich bei einem freiwilligen ausbildungsbegleitenden Praktikum nur dann
kein Mindestlohnanspruch, „wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis
mit demselben Ausbildenden bestanden hat“.

Diese Regelung erinnert an das „Vorbeschäftigungsverbot“ im Rahmen der                  nur ein freiwilliges Praktikum
sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 Teilzeit- und Befristungs-              mindestlohnfrei

gesetz (TzBfG). Damit ist nur ein einziges freiwilliges ausbildungsbegleiten-
des Praktikum ohne Mindestlohnanspruch im gleichen Unternehmen möglich.

Ein vorheriges Orientierungspraktikum oder Pflichtpraktikum (s. o.) löst
dagegen keine Mindestlohnpflicht aus, da das Gesetz hier von einem
„solchen“ Praktikumsverhältnis, d. h. einem freiwilligen ausbildungs-
begleitenden Praktikum spricht.

  Beispiel:

  Nach dem Abitur ist ein Praktikant für 4 Wochen im Rahmen eines Orien-
  tierungspraktikums in einem Betrieb tätig. Zwei Jahre später, während des
  Studiums, absolviert er ein sechsmonatiges, in der Studienordnung vorge-
  schriebenes Pflichtpraktikum. Im Jahr darauf absolviert der Student ein
  dreimonatiges, freiwilliges, ausbildungsbegleitendes Studium im gleichen
  Unternehmen. Ein Mindestlohnanspruch besteht in allen drei Fällen nicht.

d) Mindestlohnpflichtige Praktika, Probearbeitsverhältnisse,
   Traineeprogramme
Mindestlohnpflichtig sind Praktika volljähriger Praktikanten vor Abschluss
der Ausbildung, wenn sie nicht im Rahmen einer (hoch-) schulrechtlichen

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Bestimmung oder Ausbildungsordnung vorgeschrieben sind und mehr als
drei Monate andauern.

Alle Arten von Praktika oder Traineeprogrammen nach Abschluss des Studi-                Praktika nach Abschluss
ums oder der Berufsausbildung (z. B. zur Überbrückung während der Arbeits-              der Ausbildung: i.d.R.
                                                                                        Mindestlohnanspruch
suche oder zum Einstieg in einen Beruf) sind grundsätzlich mindestlohn-
pflichtig. Mindestlohnfreie Praktika nach Abschluss der Ausbildung sind nur
möglich, wenn es sich um ein 3-Monats-Praktikum zur „Neu-Orientierung“
handelt, s. o. I. 16. b).

In Fällen, bei denen nicht der Ausbildungszweck, sondern eher die Arbeits-              Vorsicht: Scheinpraktikum!
leistung im Vordergrund steht, kann es sich auch um ein „Scheinpraktikum“,
d. h. einen verdeckten, mindestlohnpflichtigen Arbeitsvertrag handeln (LAG
Berlin-Brandenburg v. 20.05.2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890).

Mindestlohnpflichtig sind ferner Probearbeitsverhältnisse. Sinn und Zweck               Probearbeitsverhältnisse
des Probearbeitsverhältnisses ist es, dem Arbeitgeber wie dem Arbeitneh-
mer die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild über die Arbeitsstelle und den
Vertragspartner zu machen. Im Unterschied zu mindestlohnfreien Einfüh-
lungsverhältnissen oder Schnuppertagen (s. o. I. 8.) besteht jedoch für den
Arbeitnehmer Arbeitspflicht und für den Arbeitgeber Lohnzahlungspflicht.

17. Strafgefangene, Sicherungsverwahrte
Strafgefangene, denen innerhalb der Haftanstalt Arbeit gem. § 37 Strafvoll-             kein Arbeitsverhältnis =
zugsgesetz (StVollzG) zugewiesen wird, sind als solche keine Arbeitnehmer               kein Mindestlohnanspruch

und haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn (OLG HH v. 15.07.2015 –
3 Ws 59/15 Vollz, AuR 2016, 124). Gleiches gilt für Sicherungsverwahrte
(OLG HH v. 18.09.2015 – 3 WS 79/15 Vollz, AuR 2016, 124).

Auch wenn sie außerhalb der Haftanstalt in einem privaten Betrieb beschäf-
tigt werden, wird die ihnen zugeteilte Arbeit nicht aufgrund eines freien
Arbeitsvertrages geleistet. Es besteht allerdings die Möglichkeit, nach § 39
StVollzG ein normales Arbeitsverhältnis zu begründen, in diesem Fall greift
auch der Mindestlohn.

18. Studenten in dualen Studiengängen
Studenten in dualen Studiengängen sind während der im Rahmen des                        MiLoG erfasst duale
Studiums absolvierten Praxisphasen im Betrieb nicht vom MiLoG erfasst.                  Studenten nicht

Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 MiLoG fallen sie nicht in den Anwendungsbereich des
Gesetzes, da Praktikumsphasen „aufgrund hochschulrechtlicher Bestimmun-
gen oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufs-
akademie“ ausdrücklich ausgenommen sind (BMAS, Der Mindestlohn für Stu-
dierende – Fragen und Antworten, Frage 20).

Sofern es sich um ein ausbildungsintegriertes duales Studium handelt,
das Berufsausbildung und Hochschulstudium kombiniert, liegt im Verhältnis
zwischen Betrieb und Student ein Ausbildungsvertrag im Sinne des BBiG
vor. Da das MiLoG für zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte nicht gilt
(§ 22 Abs. 3 MiLoG), besteht kein Anspruch auf den Mindestlohn.

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