Berufsübergreifend Denken - Interprofessionell Handeln - IMPP
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Berufsübergreifend Denken – Interprofessionell Handeln Empfehlung zur Gestaltung der interprofessionellen Lehre an den medizinischen Fakultäten „Natio Muste nales rc Interpr urriculum of Zusam essionelle und Ko menarbeit mmun ikation “ geförde rt von d Robert er Bosch S tiftung 1
PROJEKTLEITUNG Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), Mainz Leitung: Prof. Dr. med. Jana Jünger, MME (Bern) Wissenschaftliche Gesamtkoordination: Maryna Gornostayeva KOOPERATIONSPARTNERINNEN Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft Leitung: Prof. Dr. Michael Ewers, MPH Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Heike Wild Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) Leitung: Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Claudia Einig Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik Leitung: Dr. med. Franziska Bäßler, MME (Bern) WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT (in alphabetischer Reihenfolge) Prof. Dr. med. Erika Baum, Dr. Antje Beppel, Birgit Burkhardt, Irina Cichon, Prof. Dr. Stephan Dettmers, Axel Doll, Prof. Dr. med. Martin Fischer, Prof. Dr. med. Matthias Frosch, Prof. Dr. Jürgen Härlein, Alexander Heinrich, Prof. Dr. Heidi Höppner, Dr. Stephan Kolb, Prof. Dr. Stefan Laufer, Dr. Bernhard Opolony, Ute Repschläger, Tom Rutert-Klein, Prof. Dr. Doris Schaeffer, Prof. Theresa Scherer, Dr. med. Gerhard Schillinger, Dr. med. Christian Schirlo, Prof. Dr. Anke Steckelberg, Gertrud Stöcker, Dr. med. Ute Teichert, Katrin Ulmer, Daniel Wecht, Dr. med. Susanne Weinbrenner MITWIRKENDE AN DER ERSTELLUNG DER EMPFEHLUNGEN (in alphabetischer Reihenfolge) Katrin Balzer, Franziska Bäßler, Erika Baum, Tabea C. Baumann, Wulf Bertram, Silke Biller, Christian Brünahl, Impressum: Peter Jan Chabiera, Ingrid Darmann-Finck, Nicole Deis, Claudia Einig, Michael Ewers, Martin Fischer, Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen Maryna Gornostayeva, Jürgen Härlein, Alexander Heinrich, Barbara Hinding, Heidi Höppner, Rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts Anke Hollinderbäumer, Jana Jünger, Stephan Kolb, Johannes Korporal, Birgitta Kütting, Käthe Lewicki, Rheinstraße 4 F · 55116 Mainz Pauline Lieder, Richard Lux, Anna Mutschler, Sarah Reinecke, Ute Repschläger, Kirsten Reschke, Ulrich Scherer, Gerhard Schillinger, Christian Schirlo, Katja Stahl, Anke Steckelberg, Gertrud Stöcker, Mainz, September 2019 Ute Teichert, Moritz Völker, Daniel Wecht, Jil Weigelt, Susanne Weinbrenner, Swantje Wienand, Heike Wild 2 3
DANKSAGUNG Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Projektmitwirkenden. Durch die interprofes- sionelle Zusammenarbeit mit zahlreichen motivierten und engagierten TeilnehmerIn- nen, denen das Thema am Herzen liegt, ist es uns gelungen, das Projekt so erfolgreich und mit dieser Reichweite realisieren zu können. Aus der Überzeugung, dass eine berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit die Patientenversorgung verbessert, ist mithilfe von Fachwissen, kreativen Ideen und unermüdlichem Einsatz ein Konzept entstanden, welches das Potential hat, die interprofessionelle Ausbildung nachhaltig zu implementieren. Unser besonderer Dank gilt der Robert Bosch Stiftung, die es mit ihrem mitreißenden Engagement für das Thema und ihrer finanziellen Förderung ermöglicht hat, einen entscheidenden Schritt in Richtung Etablierung der Interprofessionalität in Deutschland nach vorne zu gehen. Wir sehen dieses Projekt als einen Startpunkt für weitere zentrale Entwicklungen. Auf- bauend auf den Projektergebnissen wurden bereits die nächsten Aktivitäten zur nach- haltigen Verstetigung des Erfolges initiiert. Wir freuen uns sehr, dabei weiterhin Unter- stützung erfahren zu dürfen und gemeinsam einen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung leisten zu können. 4 5
VORWORT Sektorenübergreifende, integrierte und interprofessionelle Versorgung wird von der Gesundheitspolitik als ein zentrales Desiderat zur Stärkung der Patientenorientierung und Patientensicherheit definiert. Die Stärkung der Patientenorientierung in der Gesundheitsversorgung ist unabdingbar für eine vertrauensvolle und prozessübergrei- fende Zusammenarbeit mit PatientInnen. Eine fachübergreifende, effektive Zusam- menarbeit zwischen den Angehörigen aller an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen verbessert die Versorgungsqualität. Zudem steigert es die Arbeitsplatz- zufriedenheit der Gesundheitsberufe. In Kombination führt dies zu einer Steigerung der Patientensicherheit. Auf der Gesundheitsministerkonferenz 2018 wurde die Einbeziehung von PatientInnen in sie betreffende Fragen und Entscheidungen der gesundheitlichen Versorgung als ein grundlegendes Element zukunftsweisender Gesundheitspolitik beschlossen. In gleicher Weise zielen weitere Gesundheitsprogramme, wie der Nationale Krebsplan, auf eine Stärkung der Patientenorientierung. Dies steht im Einklang mit dem Masterplan Medi- zinstudium 2020, der in der medizinischen Ausbildung auf eine frühzeitige und konse- quente Orientierung an den PatientInnen und deren Bedürfnissen hinwirkt. Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung dieser Maßnahmen ist u. a. die flächen- deckende Implementierung sektorenübergreifender, interprofessioneller und arbeits- platzbasierter Trainings bereits in der Ausbildung. Eine Unterstützung der Kooperatio- nen zwischen den Gesundheitsberufen im Rahmen der Ausbildung führt im späteren Berufsalltag zu einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung. Die Trainingsinhalte sollen in alle Ausbildungscurricula der Gesundheitsberufe interprofessionell abgestimmt aufgenommen werden. Die aktive Einbindung der PatientInnen in die Trainings soll dazu beitragen, dass das Verständnis für die Patientenperspektive und Bedürfnisse der PatientInnen steigt. Patientenorientierung und Kompetenzvermittlung werden bei der Weiterentwicklung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkataloges Medizin sowie bei der Neuge- staltung und Umstrukturierung der fakultären Prüfungen, der medizinischen Staatsex- amina und der dazugehörigen Gegenstandskataloge aufgegriffen und als wesentliche Ziele der Ausbildung definiert. In Ausbildungsgängen anderer Gesundheitsberufe gewinnt die Thematik ebenfalls an Relevanz. Beispielsweise wird für die zukünftige Ausbildung von PharmazeutInnen und von PsychotherapeutInnen eine gesteigerte Kompetenzorientierung gefordert. Gesund- heits- und Krankenpflege, Physiotherapie, Logopädie oder Hebammen befassen sich angesichts der Erweiterung ihrer Ausbildung zunehmend mit der Patienten- und Kompetenzorientierung im Versorgungsprozess. Die Ausbildungsaktivitäten sollen als Grundlage für eine flächenhafte Überführung in die Versorgungspraxis dienen und somit zu einer erhöhten Patientenorientierung, verbesserten Patientenversorgung sowie Reduktion des Ressourcenverbrauchs durch Steigerung der Effizienz führen. Durch konsequente Weiterentwicklung der kompe- tenzorientierten und interprofessionellen Ausbildung soll ein substanzieller Beitrag zur Steigerung der Patientensicherheit geleistet werden. Prof. Dr. med. Jana Jünger, MME (Bern) Projektleitung 6 7
GLIEDERUNG 1 Einleitung und Übersicht 11 2 Ziele des Projektes 14 3 Was bisher geschah 16 Ausgangslage und Hintergrund 3.1 Gesundheitspolitik für mehr Interprofessionalität in der Ausbildung 18 3.2 Das Menschenbild in der Medizin 19 Forderung nach einer Stärkung der interprofessionellen Ausbildung 3.3 Was gibt es schon? 21 Projekte zur Förderung interprofessioneller Kompetenzen in der Ausbildung 3.4 Ein Gewinn für alle Beteiligten 23 Evidenz zur Relevanz der interprofessionellen Zusammenarbeit für die Versorgung 4 Zusammen den Weg gestalten 25 Empfehlung zur interprofessionellen Curriculumentwicklung für Medizinstudierende 4.1 Gemeinsame Handlungsbereiche definieren 26 Themenbereiche für die interprofessionelle Lehre im Medizinstudium 4.2 Ziele abstimmen und festlegen 30 Lernziele für interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation 4.3 Wie gehen wir vor? 34 Didaktische Prinzipien interprofessioneller Curriculumentwicklung 4.4 Früh anfangen und kontinuierlich verfolgen 36 Longitudinale Vermittlung interprofessioneller Kompetenzen 4.5 Es wird das gelernt, was geprüft wird! 38 Überprüfung interprofessioneller Kompetenzen 4.6 Interprofessionell lehren muss gelernt sein 41 Qualifizierung von Dozierenden und studentischen TutorInnen 4.7 Qualitätssicherung gehört dazu! 46 Evaluation des interprofessionellen Curriculums 5 Veränderungskultur aufbauen und pflegen – Strukturen und Prozesse anpassen 47 Institutionelle Empfehlungen zur nachhaltigen Implementierung der Interprofessionalität in der Ausbildung und in den medizinischen Staatsexamina 6 Gemeinsam an einem Strang ziehen 51 Empfehlung für die Vermittlung interprofessioneller Kompetenzen an weitere Gesundheitsfachberufe 7 Wo klemmt es? 53 Implementierungshürden und politische Verantwortung 8 Wie setzen wir es um? 57 Aktionsplan zur Umsetzung der interprofessionellen Lehre an den medizinischen Fakultäten und Überprüfung im Staatsexamen 9 Der Weg ist das Ziel – Veränderungen verstehen und erfolgreich etablieren 61 Ausblick und Weiterführung 10 Literaturliste 67 8 9
1. EINLEITUNG UND ÜBERSICHT Das von der Robert Bosch Stiftung geförderte Projekt Für die Entwicklung des Mustercurriculums „Interprofes- „Nationales Mustercurriculum Interprofessionelle Zusam- sionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ wurden menarbeit und Kommunikation für Medizinstudierende“ VertreterInnen verschiedener Gesundheitsfachberufe hat zum Ziel, die Verbreitung von qualitativ hochwertiger einbezogen, um möglichst viele Perspektiven und Ansich- interprofessioneller Ausbildung in den Gesundheitsfach- ten im Hinblick auf interprofessionelle Aspekte in der berufen in Deutschland nachhaltig zu fördern. Im Hin- Ausbildung berücksichtigen und miteinander abstimmen blick auf die Neugestaltung der medizinischen Ausbil- zu können. Mehr als 500 Personen – Verantwortliche für dung im Rahmen des Masterplanes Medizinstudium 2020 Kommunikationscurricula, ExpertInnen für den Schwer- wurde beschlossen, Empfehlungen zur Gestaltung der in- punkt interprofessionelle Ausbildung sowie weitere auf terprofessionellen Lehre und Prüfungen an den medizini- das Thema spezialisierte ExpertInnen – waren zur Betei- schen Fakultäten zu erarbeiten sowie die Abstimmung ligung eingeladen. Im Rahmen des Projektes wurden die zwischen den Staatsexamina und den fakultären Prüf- in der Abbildung 1 dargestellten Teilziele definiert. ungen zu unterstützen. Im Rahmen der Projekttreffen wurden vier Arbeitsgrup- Die Empfehlungen sollen dazu beitragen: pen zu den Teilzielen gebildet und konkrete Themen ausgearbeitet. Zudem wurden Workshops auf Kongres- 1. die politischen Vorgaben für die Ausbildung in den sen und Tagungen mit dem Schwerpunkt „Prüfen inter- Gesundheitsfachberufen umzusetzen und dabei die professioneller Kompetenzen“ durchgeführt. Auf Basis Vernetzung verschiedener Professionen in der der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen und Workshops Gesundheitsversorgung zu fördern. wurde ein Entwurf für ein Mustercurriculum erstellt so- wie ein übergeordnetes Konzept zur Überprüfung inter- 2. die medizinischen Fakultäten bei der Entwicklung und professioneller Kompetenzen erarbeitet. Um eine adäquate Implementierung von interprofessionellen Lehr- und Umsetzung der empfohlenen interprofessionellen Lehre Abbildung 2: Gruppenfoto vom Arbeitstreffen „Masterplan Medizinstudium 2020: Kommunikative und interprofessionelle Kompeten- Prüfformaten zu unterstützen. zu unterstützen, konzipierten die TeilnehmerInnen zu- zen in Lehre und Prüfung stärken“ am 20. und 21. Juni 2018 in Nürnberg dem Module für die Qualifizierung von Dozierenden bzw. 3. Forschungsaktivitäten anzuregen, insbesondere studentischen TutorInnen und fassten Empfehlungen zur bezüglich der Wirkung von interprofessioneller Lehre Implementierung zusammen. auf die spätere Patientenversorgung. Entwicklung des Bausteins „Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ Longitudinale Sammlung von Best Practice Staatsexamen Medizin und Qualifizierung der Curriculumsentwicklung Beispielen für die fakultätsinterne Prüfungen Lehrenden und (inkl. Lernzielkatalog) interprofessionelle Ausbildung „institutional readiness“ Abbildung 1: Teilziele im Rahmen der Entwicklung des Bausteins „Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ 12 13
2. ZIELE DES PROJEKTES Die Patientenversorgung erfordert die Zusammenarbeit Aufbauend auf den gesundheitspolitischen Vorgaben, von ÄrztInnen, professionell Pflegenden, Heilmitteler- Literaturrecherchen, den Ergebnissen des Projektes „Long- bringerInnen und weiteren in der Gesundheitsversorgung itudinales Mustercurriculum Kommunikation“ und den tätigen Berufsgruppen. Die Qualität dieser Zusammenar- Erfahrungen aus den Projekten des Programms „Operation beit hat dabei einen direkten Einfluss auf Qualität und Team – Interprofessionelles Lernen in den Gesundheits- Effizienz der Patientenversorgung [1]. In konkreten Alltags- fachberufen“ wurde mit VertreterInnen aus den unter- situationen ist es die Kommunikation, die zwischen den schiedlichen Berufsgruppen ein Entwurf für ein „Muster- VertreterInnen der beteiligten Berufsgruppen immer wieder curriculum Interprofessionelle Zusammenarbeit und misslingt. Studien zeigen, dass solche Kommunikations- Kommunikation“ für Medizinstudierende entwickelt. Dabei defizite zu einer Gefährdung der Patientensicherheit und stand die Erarbeitung und Anwendung gezielter Lehr- zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitenden führen können und Prüfformate, welche konkret an die tatsächlichen inter- [2, 3]. Weitere, für den Erfolg der interprofessionellen professionellen Schnittstellen angepasst sind, im Fokus. Zusammenarbeit relevante Aspekte sind Rollen- und Kompetenzwahrnehmung, Verantwortlichkeiten sowie Dieser Entwurf soll den medizinischen Fakultäten als das persönliche und berufliche Werteverständnis [4]. Orientierung und Hilfestellung dienen, um die unter- schiedlichen Kompetenzen zur Förderung der Teamarbeit und -kommunikation in bereits bestehende Curricula zu integrieren bzw. weiterzuentwickeln. Diese Broschüre Das Projekt hat zum Ziel, fasst die erfolgten Vorarbeiten und aktuellen Projektent- interprofessionelle Kompetenzen wicklungen zusammen und stellt daraus abgeleitete Empfehlungen zu Inhalt und Organisation der interpro- bereits im Studium zu fördern, und fessionellen Lehre im Rahmen des Medizinstudiums dar. einen Beitrag zu leisten, entsprechende Lehrveranstaltungen und Prüfungen in Curricula verpflichtend zu integrieren. ZIELE DES PROJEKTES 14 15
3. WAS BISHER GESCHAH AUSGANGSLAGE UND HINTERGRUND In Deutschland gibt es bisher keine flächendeckende In diesem Kapitel werden vor dem Hintergrund der interprofessionelle Versorgung. Hierzu haben folgende beschriebenen Defizite der gesundheitspolitische Sachverhalte beigetragen: Rahmen sowie theoretische Ansätze aufgezeigt, die den Bedarf an der interprofessionellen Zusammenarbeit in 1. Berufsübergreifendes Arbeiten im Team wird weder den Gesundheitsfachberufen stützen. Zudem werden monoprofessionell, noch interprofessionell von den verschiedene Vorläuferprojekte zur Verbesserung der im Gesundheitswesen tätigen Professionen geübt. interprofessionellen Ausbildung skizziert, auf dem das in diesem Papier vorgestellten Projekt aufbaut. 2. In Aus-, Fort- oder Weiterbildung findet ein interprofessionelles und arbeitsplatzbasiertes Abschließend wird eine Auswahl an Studien und deren Training nur vereinzelt statt. Ergebnissen vorgestellt, die für das Projekt relevant sind, aber auch Erkenntnislücken angemerkt. 3. Die frühe berufliche Sozialisation erfolgt über- wiegend in den klassischen „Silostrukturen“ [5]. 4. Es findet kein kontinuierlicher Austausch zwischen den am Versorgungsprozess Beteiligten und dem Gesetzgeber statt. Die Konsequenzen sind u. a. Unzufriedenheit am Arbeitsplatz, Konflikte zwischen den Berufsgruppen und Gefährdung der Patientensicherheit. WAS BISHER GESCHAH AUSGANGSLAGE UND HINTERGRUND 16 17
3.1 GESUNDHEITSPOLITIK FÜR MEHR 3.2 DAS MENSCHENBILD IN DER MEDIZIN INTERPROFESSIONALITÄT IN DER AUSBILDUNG FORDERUNG NACH EINER STÄRKUNG DER INTERPROFESSIONELLEN AUSBILDUNG In den letzten Jahren wurde die Förderung interprofessio- Maßnahme hat zum Ziel, „das Mustercurriculum Die Forderung nach einer interprofessionell abgestimmten neller Aus-, Fort- und Weiterbildung durch verschiedene ‚Nationales longitudinales Kommunikationscurriculum Behandlung von PatientInnen lässt sich anhand von unter- gesundheitspolitische Maßnahmen gestärkt. Diese unter- in der Medizin‘ in den Curricula der Hochschulen schiedlichen theoretischen Ansätzen begründen. Neben Gesundheit ist ein stützen die Integration interprofessioneller Kompetenzen umzusetzen und spezielle Prüfungsformate hierfür beispielsweise organisationssoziologischen Theorien Zustand vollkommenen körperlichen, in die Curricula: zu entwickeln“ [9]. kann die Forderung nach einer Stärkung interprofessio- neller Ausbildung auf das veränderte Menschenbild in geistigen und sozialen Wohlbefindens 1. In der Approbationsordnung für Ärzte wird expli- 6. In den Umsetzungsempfehlungen zu Ziel 12a der Medizin und das sich wandelnde Verständnis der und nicht allein das Fehlen von zit darauf hingewiesen, dass die Ausbildung „…die Be- „Kommunikative Kompetenzen im ärztlichen und pfle- Medizin als systemische Handlungswissenschaft zurück- reitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Ärzten gerischen Beruf“ des Nationalen Krebsplans, Hand- geführt werden. Krankheit und Gebrechen. und mit Angehörigen anderer Berufe des Gesund- lungsfeld 4 „Stärkung der Patientenorientierung“, wird heitswesens fördern…“ soll. eine flächendeckende Implementierung u. a. inter- WHO-Definition von Gesundheit 1946 professioneller Kommunikation in der Aus-, Fort- Der Wandel des Menschenbilds in der Medizin und 2. In der Denkschrift der Robert Bosch Stiftung „Ge- und Weiterbildung empfohlen [10]. die Bedeutung für die interprofessionelle Ausbildung sundheitsberufe neu denken, Gesundheitsberufe Das biopsychosoziale Menschenbild ist heute als Grund- neu regeln“ wird „…die Notwendigkeit einer Neuord- 7. In dem Gutachten des Sachverständigenrates Ausgehend von Descartes‘ Dualismus von Leib und Seele lage der ärztlichen Ausbildung anerkannt, dennoch wird nung der Aufgabenteilung, Kompetenzzuweisungen und „Kooperation und Verantwortung – Voraussetzungen wurde die Medizin über Jahrhunderte von der Favorisierung es bei der Patientenbehandlung in konkreten Versorgungs- Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe im deutschen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung“ aus dem einer körperfokussierten Ausrichtung bestimmt. Seit kontexten häufig noch nicht realisiert. Biologische, psycho- Versorgungssystem“ beschrieben [6]. Auch im Memo- Jahre 2007 wird zur verbesserten interprofessionellen Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich ein Men- logische und soziale Aspekte bedingen sich nicht nur randum der Robert Bosch Stiftung „Kooperation der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen schenbild, das die psychosozialen Aspekte zunehmend gegenseitig, sie stehen auch im Austausch mit ihrer so- Gesundheitsberufe“ wird auf Lehr- und Lernangebote aufgerufen. Diese soll unter anderem durch die stärkere stärker wahrnimmt und integriert. zialen und materiellen Umwelt. So wirken zum Beispiel der Ausbildungseinrichtung als Voraussetzung für die Einbeziehung von anderen Heil- und Gesundheits- soziale Erfahrungen wie Vernachlässigung oder Miss- Aneignung interdisziplinärer Kompetenz hingewiesen [7]. fachberufen in der Versorgung und durch eine Ludolf Krehl (1861–1937), Begründer der Heidelberger handlung, aber auch positive Erfahrungen wie das Gefühl neue Verantwortungs- und Aufgabenverteilungen Schule der psychosomatischen Medizin, forderte, die von Geborgenheit über psychische und neurobiologische 3. In den Empfehlungen zur Weiterentwicklung des gefördert werden [11]. Menschen als Einheit aus Körper, Seele und Geist zu Prozesse auf das Körpersystem ein. Medizintudiums in Deutschland von 2014 spricht sich der behandeln: „Wir behandeln keine Krankheiten, sondern Wissenschaftsrat für eine Verstärkung der interpro- 8. In den Empfehlungen des Wissenschaftsrates kranke Menschen“. Thure von Uexküll (1908–2004) beschäftigten Fragen fessionellen Ausbildung aus und empfiehlt, eine Ver- zu hochschulischen Qualifikationen für das Ge- nach den verbindenden Prozessen zwischen den Teil- netzung human- und zahnmedizinischer Studiengänge sundheitswesen von 2012 wird empfohlen, die human- Sein Schüler Viktor von Weizsäcker (1886–1957) führte bereichen sowie ihrem Verhältnis zur Umwelt [17]. Er mit pflege-, therapie- und hebammenwissenschaftlichen und zahnmedizinischen Studiengänge mit den pflege-, diesen Ansatz fort und entwickelte die Idee von einer betrachtete Organismen zusammen mit ihrer Umwelt als Studiengängen vorzunehmen [8]. therapie- und hebammenwissenschaftlichen Studien- Medizin, die ihre Aufmerksamkeit auf die Person der eine Einheit – ein einziges lebendes System. Ein zentraler gängen stärker als bisher zu vernetzen, um so eine Patientin/des Patienten als erlebendes und handelndes Begriff seiner Systemtheorie war die „Passung“: Aus 4. In der Stellungnahme der Bundesärztekammer interprofessionelle Ausbildung zu ermöglichen [12]. Subjekt richtet. Diesem Konzept ist die Zusammenarbeit seiner Sicht waren Krankheiten eine Störung der Passung „Zukunft der deutschen Universitätsmedizin – kritische mit anderen Disziplinen, vor allem mit Psychologie und zwischen einem Individuum und seiner Umwelt – unab- Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung“ werden die Auch weitere Rahmenpapiere unterstützen die Förde- Psychotherapie, immanent. hängig davon, ob primär auf somatischer, psychischer oder medizinischen Fakultäten aufgefordert, Verantwortung rung interprofessioneller Kompetenzen in der Aus-, sozialer Ebene, in der Folge jedoch stets in Wechselwir- für die kooperationsfördernde und professionsüber- Fort- und Weiterbildung, zum Beispiel: Im 20. Jahrhundert gewannen systemtheoretische Ansätze kung miteinander. Diesem Konzept nach führen Passungs- greifende Lehre und Forschung im Bereich aller auch für das Denken und Handeln in der Medizin an störungen zu Fehlfunktionen, Reibungsverlusten und dys- • Working Paper der Careum Stiftung „Umrisse einer Gesundheitsfachberufe zu übernehmen [1]. neuen Gesundheitsbildungspolitik“ [13] Bedeutung. Der Mensch oder gesellschaftliche Phänome- funktionalen Reaktionen. Das gilt von der molekularen bis ne wie die Gesundheitsversorgung können als Systeme zur sozialen Ebene, von organischen Abläufen bis zu 5. Im Masterplan Medizinstudium 2020 sind expli- • Positionspapier „Interprofessionalität in der medi- mit Strukturen, Dynamiken und Funktionen beschrieben gruppendynamischen Prozessen. zit Maßnahmen zur Förderung kommunikativer und zinischen Ausbildung“ der Bundesvertretung der werden. Diese Betrachtungsweise fand Eingang in das interprofessioneller Kompetenzen in der medizinischen Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd) [14] biopsychosoziale Modell, in welchem die dynamischen Passung kennzeichnet demnach ein Konstrukt, um spezi- Ausbildung definiert. Maßnahme bestimmt, „dass Wechselwirkungen und Prozesse zwischen biologischen, fische Übereinstimmungen zwischen Individuum und Um- die Hochschulen aufbauend auf den gemachten Erfah- • Allianz für Gesundheitskompetenz – gemeinsame psychologischen und sozialen Faktoren Gesundheit und welt, zwischen Individuen untereinander, Subjekten und rungen gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Auszu- Erklärung [15] Krankheit aufrechterhalten oder entstehen lassen. Institutionen sowie Institutionen untereinander kennzeich- bildenden bzw. Studierenden anderer Gesundheits- nen zu können. Die Erforschung und Förderung der inter- fachberufe verstärkt in ihre Curricula aufnehmen“. • Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz [16]. professionellen Ausbildung erfordert dementsprechend 18 19
3.3 WAS GIBT ES SCHON? PROJEKTE ZUR FÖRDERUNG INTERPROFESSIONELLER KOMPETENZEN IN DER AUSBILDUNG eine Analyse der Passung zwischen ganz unterschiedlichen Die in nationalen und internationalen Rahmenwerken Die gesundheitspolitischen Initiativen haben dazu geführt, 2. Förderprogramm der Robert Bosch Stiftung medizinischen Disziplinen und Gesundheitsberufen und als beschriebenen Teilkompetenzen interprofessioneller Kom- dass in den letzten Jahren viele Projekte zur Verbesse- „Operation Team – Interprofessionelles Lernen Konsequenz ihre Optimierung im Sinne einer besseren Pa- petenz werden in verschiedenen Arbeiten systematisiert rung der interprofessionellen Ausbildung durchgeführt in den Gesundheitsberufen“ tientenversorgung. [22, 23]. Reichel und Herinek identifizieren drei Kern- wurden. Das hier vorgestellte Projekt versucht, darauf kompetenzen oder Kompetenzbereiche, die in allen aufbauend ein Curriculum für Medizinstudierende zu Das Programm unterstützt zahlreiche Projekte zur Verbesse- Eine weitere Konsequenz aus der systemischen Perspektive Rahmenpapieren – wenn auch teilweise mit unterschied- entwickeln und allen medizinischen Fakultäten zur Verfü- rung der Vermittlung von interprofessioneller Zusammen- ist, dass von Diagnostik und Therapie dann der größte lichen Schwerpunktsetzungen und etwas unterschiedlicher gung zu stellen. Wesentliche Vorläuferprojekte sind im arbeit und Kommunikation in der Ausbildung (s. Tab. 1) [28]. Erfolg zu erwarten ist, wenn sie auf verschiedenen System- Bedeutung – aufgeführt werden: Folgenden kurz skizziert: ebenen zugleich ansetzen. Auch das ist nur möglich, Die Berliner Projekte „INTER-M-E-P-P“ und „interTUT“ wenn interdisziplinär und interprofessionell gearbeitet • Interprofessionelle Kommunikation haben beispielhaft einen „Berliner Aufruf für interprofes- wird. Das Wissen und die Kompetenzen aus verschiede- • Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten 1. Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit sionelle Ausbildung und Kooperation in den Gesundheits- nen Fachgebieten und Professionen müssen zusammen- • Interprofessionelle Zusammenarbeit. berufen“ veröffentlicht, der Anregungen enthält, wie gebracht werden, um eine größere Versorgungsqualität In einem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) interprofessionelles Denken und Handeln in der Ausbildung zu erreichen. Von einer Intensivierung der interprofessio- Weitere Kompetenzen bzw. Kompetenzbereiche, die im Rahmen des Nationalen Krebsplans geförderten Projekt und in der Gesundheitsversorgung nachhaltig gefördert nellen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ist daher aber nicht in allen Papieren vorkommen und die eher wurde das „Mustercurriculum Nationales longitudinales werden können [29]. neben einer Steigerung der Effizienz vor allem eine stär- gemeinsame Grundlagen darstellen, sind Lernen, kriti- Kommunikationscurriculum in der Medizin“ entwickelt kere Patientenorientierung und -zufriedenheit zu erwarten. sche Reflexion sowie Werte und Ethik [18–20]. Bei der (Longkomm-Projekt) [24–26]. Dieses besteht aus dem Entwicklung des Entwurfs für ein „Mustercurriculum sogenannten Kerncurriculum „Ärztliche Kommunikation“ Sonstige Projekte von Seiten der medizini- Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ mit einem Umfang von 300 Unterrichtseinheiten (UE; 3. schen Fakultäten Modelle interprofessioneller Zusammenarbeit hingegen wurde entsprechend dem Rahmenpapier „Ac- 1 UE = 45 min.) und dem Baustein „Interprofessionelle tion on Interprofessional Education & Collaborative Prac- Kommunikation“ mit einem Umfang von 50 UE, die für An den medizinischen Fakultäten werden bereits einzelne In der internationalen Literatur zu interprofessionellen tice“ von vier Kernkompetenzbereichen ausgegangen. alle Studierenden empfohlen sind. Ergänzend soll ein interprofessionelle Lehrveranstaltungen umgesetzt, z. B. Bezugsrahmen wird der Zusammenhang zwischen Wahlpflichtbereich zur Vertiefung der Kommunikation mit ein interprofessioneller Basisuntersuchungskurs für Studie- interprofessioneller Ausbildung und interprofessioneller einem Umfang von 100 UE angeboten werden (s. Abb. 3). rende der Pflegewissenschaft und der Humanmedizin sowie Praxis dargestellt [18–20]. Die meisten Projekte beziehen Vier Kernkompetenzbereiche die interprofessionelle Anamnesegruppe „Kommunikati- sich auf das Modell, das im Rahmenpapier „Action on Das Curriculum steht bereits allen medizinischen Fakultäten on und professionelle Interaktion“ in Freiburg [30, 31]. Interprofessional Education & Collaborative Practice“ • Werte und Ethik im interprofessionellen Team als Mustervorschlag für Kommunikationslehre zur Verfü- Zusätzlich wird an der medizinischen Fakultät Freiburg ein beschrieben wird [21]. Hier wird die interprofessionelle • Interprofessionelle Kommunikation gung [27]. Im hier beschriebenen Projekt erfolgt die inhalt- longitudinaler Studienstrang „Interprofessionalität“ aufge- Ausbildung als notwendiger Schritt für eine kooperative • Rollen und Verantwortlichkeiten liche Ausarbeitung der 50 UE, die für den Baustein „Inter- baut. München bietet einen gemeinsamen Unterricht für Versorgungspraxis gesehen, in der unterschiedliche • Interprofessionelle Zusammenarbeit. professionelle Kommunikation“ definiert wurden. angehende MedizinerInnen und ApothekerInnen an [32]. Gesundheitsberufe miteinander sowie mit PatientInnen, Angehörigen und weiteren öffentlichen, gemeinnützigen und privatwirtschaftlichen AkteurInnen bis hin zu den Die Aufnahme der Kategorie „Werte und Ethik im inter- Kommunen zusammenarbeiten. professionellen Team“ erschien uns wichtig, um nicht nur die technischen und institutionellen, sondern auch die moralisch normativen Aspekte der interprofessionel- Die gemeinsame Ausbildung soll zu einer len Zusammenarbeit zu berücksichtigen. besseren Versorgungsqualität führen. Das heißt, die Studierenden und Auszu- bildenden unterschiedlicher Berufsgruppen lernen „über-, von- und miteinander“ mit dem Ziel, PatientInnen besser zu versorgen. Abbildung 3: Longitudinales Mustercurriculum Kommunikation 20 21
Projekt Beteiligte Institutionen 3.4 EIN GEWINN FÜR ALLE BETEILIGTEN KOMPIDEM – Bessere Kompetenzen für die interprofessionelle und individuell angemessene Versorgung von Menschen mit Demenz Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiolo- gie, Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege EVIDENZ ZUR RELEVANZ DER INTERPROFESSIONELLEN Universität zu Lübeck, Institut für Allgemeinmedizin ZUSAMMENARBEIT FÜR DIE VERSORGUNG Pflegeschule Lübeck, UKSH Akademie Erhöhung der Patientensicherheit durch die Integration von Universitätsmedizin Greifswald interprofessionellem Human Factor-Training in die Ausbildung Berufliche Schule für Gesundheitsfachberufe an der von Gesundheitsberufen Universitätsmedizin Greifswald Es gibt zahlreiche Studien, die die positive Wirkung und Literaturreviews aus verschiedenen Ländern. Alle Studien GESUND&HUMAN: Studierende und Auszubildende von GESUND- Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf den Nutzen der interprofessionellen Zusammenarbeit zeigen positive Auswirkungen der interprofessionellen heitsberufen und der HUMANmedizin im interprofessionellen Kompetenztraining darstellen. Besonders in Bezug auf Patienten- und Mitar- Kooperation und Praxis auf z. B. Qualität der Versorgung, beiterzufriedenheit, Ressourceneinsatz, Fachkräftesiche- Patientensicherheit, Kosteneffizienz, Patientenakzeptanz, MEDPhysio in Klinik und Forschung Stiftung Fachhochschule Osnabrück rung, Patienten-Outcomes (z. B. Belegzeiten, Drehtüref- Mitarbeitermotivation [47]. Hochschule Osnabrück fekte) und die Qualität der Patientenversorgung ist der InHAnds: Interprofessionelle Health Alliance Südniedersachsen Georg-August-Universität Göttingen Mehrwert interprofessioneller Zusammenarbeit unbe- Universitätsmedizin Göttingen (UMG) stritten [33–36]. Positive Effekte der interprofessionellen interTUT – interprofessionelles Peer-Teaching. Gemeinsame Charité – Universitätsmedizin Berlin, Prodekanat für Studium Zusammenarbeit Tutorien für Auszubildende und Studierende der Medizin, Pflege, und Lehre Ergo- und Physiotherapie Lernzentrum Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Ergebnisse der Evaluationsstudien • Senkung von Patientenunfällen und Verbesserung Gesundheits- und Pflegewissenschaft Alice Salomon Hochschule (ASH) der Behandlungsqualität Evangelische Hochschule Berlin (EHB) Im Hinblick auf die Patientensicherheit können struktu- INTER-M-E-P-P Berlin: Interprofessionelles Lernen und Lehren in Charité – Universitätsmedizin Berlin rierte interprofessionelle Übergaben beispielsweise zu • bessere Beteiligung von PatientInnen im Medizin, Ergotherapie, Physiotherapie und Pflege Alice Salomon Hochschule (ASH) einer Senkung von Patientenunfällen und Verbesserung Entscheidungsprozess Evangelische Hochschule Berlin (EHB) der Behandlungsqualität führen [37]. Im Bereich der Re- Interprofessionelle Teamarbeit „Durch Barrieren schneiden“ Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg habilitation konnte gezeigt werden, dass eine interprofes- • höhere Patientenzufriedenheit bei der klinischen Universitätsklinik für Unfallchirurgie sionelle Zusammenarbeit bei der klinischen Entscheidungs- Entscheidungsfindung findung zu einer höheren Patientenzufriedenheit führt GReTL2.0 – Interprofessionelle Ausbildung der Medizinische Fakultät Gesundheitsberufe im reflexiven und transformativen Lernen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die Teamarbeit stärkster Prädikator für Patienten- • Rückgang erneuter Notfalleinweisungen und zufriedenheit ist [38, 39]. Ferner kann eine interprofessi- Neuaufnahmen nach Entlassung IPHiGen – Interprofessionelles Handeln im Gesundheitswesen Medizinische Fakultät, Ruhr-Universität Bochum onelle Entscheidungsfindung die Beteiligung von Patien- Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Hochschule für Gesundheit, Bochum tInnen im Entscheidungsprozess erleichtern [40]. Auch • höhere Mitarbeiterzufriedenheit bei der interprofessionellen Entlassungsplanung zeigten Interprofessionelles Ernährungsmanagement in der stationären Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sich signifikante Effekte: So führte eine enge Kooperati- • bessere Qualität der Entlassungsberatung und häuslichen Versorgung Medizinische Fakultät des Universitätsklinikums Düsseldorf on zwischen den verschiedenen Berufsgruppen zu einem Einander schätzen – im Team versorgen: Interprofessionelle Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg Rückgang erneuter Notfalleinweisungen und Neuaufnah- • kürzere Liegezeiten, geringere Komplikationsraten Pflege- und Therapieplanung Dr. Reinfried Pohl-Zentrum für medizinische Lehre men nach Entlassung [41]. Eine interprofessionelle Ent- und weniger Verlegungen auf die Intensivstation Interprofessionelle Teamarbeit „Durch Barrieren schneiden“ Medizinische Fakultät lassungsplanung hatte eine höhere Patienten- und Mit- Institut für medizinische Lehre und Ausbildungsforschung arbeiterzufriedenheit zur Folge, ebenso wie eine bessere • positive Auswirkungen auf die Lebensqualität der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Qualität der Entlassungsberatung [42]. Darüber hinaus und Zufriedenheit von PatientInnen mit In Kooperation be-greifen: Mediziner und Physiotherapeuten Medizinische Fakultät Mannheim der Ruprecht-Karls Universität bewirkten Initiativen zur Verbesserung der Qualität inter- chronischen Erkrankungen lernen im Team Heidelberg professioneller Teamprozesse auf chirurgischen Stationen Ausbildungszentrum UMM-Schule für Physiotherapeuten/-innen kürzere Liegezeiten, geringere Komplikationsraten und HIPSTA – Heidelberger interprofessionelle Ausbildungsstation Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, weniger Verlegungen auf die Intensivstation [43]. Universitätsklinik Heidelberg Akademie für Gesundheitsberufe Heidelberg, Gesundheits- und Krankenpflegeschule Weiterhin gibt es Hinweise auf positive Wirkungen inter- Studiengang Interprofessionelle Gesundheitsversorgung, professioneller Zusammenarbeit bei der Behandlung von Universitätsklinikum Heidelberg, Abt. Allgemeinmedizin und PatientInnen mit chronischen Erkrankungen. So sind bei- Versorgungsforschung spielsweise bei der Therapie von Depressionen positive IPAPÄD – Interprofessionelle Ausbildungsstation in der Pädiatrie: Klinik für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin Auswirkungen auf die Lebensqualität und Patientenzu- Grenzen überwinden – Zusammen lernen und arbeiten Universitätsklinikum Freiburg friedenheit beschrieben worden [44–46]. Sottas und FInKo – Förderung der interprofessionellen Kommunikation Klinikum der Universität München, Lehrstuhl für Didaktik und Kissmann dokumentieren und analysieren in ihrem Ausbildungsforschung in der Medizin Expertenbericht zu Nutzen und Wirksamkeit der inter- Berufsfachschule für Krankenpflege Maria Regina professionellen Praxis Fallstudien, Metaanalysen und Tabelle 1: Übersicht der Projekte „Operation Team – Interprofessionelles Lernen in den Gesundheitsberufen“ http://www.bosch-stiftung.de/de/projekt/operation-team-interprofessionelles-lernen-den-gesundheitsberufen/projekte 22 23
Relevanz gelungener interprofessioneller Kommunikation Durch verschiedene Maßnahmen wie Die Kommunikation ist ein zentrales Element der inter- standardisierte Abläufe, klar zugeordnete professionellen Praxis. Misslungene bzw. unvollständige Kommunikation kann zu einer Gefährdung der Patien- Verantwortungsbereiche im Team, tensicherheit führen [2]. Bis zu zwei Drittel aller medizini- Reflexion der Teamarbeitsprozesse, schen Fehler gehen auf ungenügende Kommunikation zurück [48]. Eine mangelhafte Kommunikation der Ar- offener Umgang mit Fehlern und Fehler- beitsteams und ungenügender Informationsaustausch können dazu führen, dass das Team nicht in der Lage ist, analyse usw. soll die Patientensicherheit auf eine Krise zu reagieren. Der „Faktor Mensch“ gilt erhöht werden [52]. dabei als Hauptursache für viele vermeidbare Fehler [49]. In der Luftfahrt gibt es viele Parallelen zur Medizin. Der Aspekt Sicherheit und der Faktor Mensch als Fehlerquelle spielen dort eine entscheidende Rolle. Mit der Einführung Im Hinblick auf die Bildungsangebote gibt es Studien, die regelmäßiger Trainings, u. a. zum Erlernen von Entschei- positive Effekte der interprofessionellen Trainings zeigen dungsfindung, Führung und sicherer Kommunikation, [53]. In der Ausbildung führte beispielsweise eine inter- wurde die Sicherheitskultur im Luftverkehr nachweisbar professionelle Lerneinheit, in der mit einer Entlassungs- verbessert [50]. Diese Erfahrungen wurden bereits in die simulation gearbeitet wurde, bei Studierenden der Me- Medizin übertragen. In den interprofessionellen Teams dizin, Ergo- und Physiotherapie zu deutlichen Verände- erwerben die Berufsgruppen, die in der Patientenversor- rungen in der Wahrnehmung der eigenen Berufsrolle gung tätig sind, gemeinsam spezifische sozial-kommuni- sowie der anderen Teammitglieder im Entlassungspro- kative Fähigkeiten, um die Risiken und Gefahren für die zess [54]. Außerdem konnten interprofessionelle Lehr- PatientInnen zu minimieren [51]. angebote den TeilnehmerInnen sowohl die Bedeutung effektiver Kommunikation als auch die Komplexität von Teamarbeit und -entscheidungen verdeutlichen [55]. Nutzen interprofessioneller Teamtrainings in Aus-, Fort- und Weiterbildung Über den langfristigen Einfluss interprofessioneller Aus-, Fort- und Weiterbildung auf die spätere Zusammenarbeit Interprofessionelle Teamtrainings für die Aus-, Fort- und das Patienten-Outcome liegen bislang nur wenige und Weiterbildung müssen entwickelt, regelmäßig wissenschaftliche Erkenntnisse vor [56, 57]. durchgeführt und nachhaltig implementiert werden. ZUSAMMEN DEN WEG GESTALTEN EMPFEHLUNG ZUR INTERPROFESSIONELLEN CURRICULUMENTWICKLUNG FÜR MEDIZIN- STUDIERENDE 24 25
4. ZUSAMMEN DEN WEG GESTALTEN EMPFEHLUNG ZUR INTERPROFESSIONELLEN CURRICULUMENTWICKLUNG FÜR MEDIZINSTUDIERENDE In diesem Kapitel wird ein Vorschlag für ein Mustercurriculum Ausbildung abgebildet werden sollen. Zu diesen Inhalten Am Beispiel dieser beruflichen Anforderungssituationen Diese Kategorien bieten den Curriculumentwickelnden an beschrieben, welches auf den in Kapitel 3 dargestellten werden operationalisierte Lernziele formuliert und Vor- können die vier interprofessionellen Kernkompetenzbe- den Fakultäten Flexibilität bei der inhaltlichen Ausgestaltung Aspekten basiert. Hierfür werden relevante Anlässe inter- schläge zur Curriculumentwicklung fallbasiert, kompetenz reiche jeweils mit steigendem Schwierigkeitsgrad erar- der Lehrveranstaltungen. Abhängig vom bereits vorhandenen professioneller Zusammenarbeit aus den klinischen Alltag orientiert und entwicklungslogisch erarbeitet. beitet werden: Lehrangebot können Symptome/Krankheiten, Settings und aufgegriffen, die als wesentliche Inhalte bereits in der Problemmuster flexibel kombiniert werden. 1. Werte und Ethik im interprofessionellen Team 2. Interprofessionelle Kommunikation 3. Rollen und Verantwortlichkeiten 4.1 GEMEINSAME HANDLUNGSBEREICHE DEFINIEREN 4. Interprofessionelle Zusammenarbeit. THEMENBEREICHE FÜR DIE INTERPROFESSIONELLE LEHRE IM Um die inhaltliche Ausgestaltung der interprofessionellen MEDIZINSTUDIUM Lehrveranstaltungen zu unterstützen, wurden zusätzliche Kategorien definiert (s. Tab. 3): Für das Mustercurriculum wurde gemeinsam mit Vertre- 1. Symptome bzw. Krankheiten terInnen verschiedener Gesundheitsberufe in einem mehr- 2. Settings schrittigen Abstimmungsprozess ein Entwurf erarbeitet. 3. Typische Problemmuster in der interprofessio- Dieser sieht 50 UE vor, die exemplarisch aus acht Tagen à nellen Kommunikation und Zusammenarbeit. 6 UE Lehre und 2 UE Prüfungen bestehen. Entsprechend der Empfehlungen zur Ausrichtung interprofessioneller Lerninhalte an konkreten beruflichen Fallsituationen wur- 1. Symptome | Krankheiten | 2. Settings | Raum 3. Problemmuster Gesundheitsförderung den im Rahmen verschiedener Arbeitsgruppen mit Exper- tInnen die Versorgungsanlässe identifiziert, bei denen • Adipositas • Notfallambulanz • Hierarchiegefälle eine effektive interprofessionelle Zusammenarbeit und • Diabetes mellitus • Langzeitversorgung (chronisch) • Zielgruppenorientierte Kommunikation zur besseren Patientenversorgung führen • Demenz strukturierte Information kann. Diese Anlässe wurden zunächst überprüft, ob sie • Palliation • Herzinsuffizienz • Unterschiedliches Evidenzverständnis inhaltlich für die Ausbildung angemessen sind, anschlie- • Rehabilitation Abbildung 4: Foto aus einem Workshop im Rahmen des Kick- • Unterschiedliche Zielvorstellung ßend kategorisiert und zu einem sogenannten Blueprint • Mangelnde Gesundheitskompetenz • Prävention off-Meetings „Nationales Mustercurriculum Interprofessionelle • Unterschiedliche Informationsstände (Übersicht) zusammengefasst. (s. Tab. 2). Zusammenarbeit und Kommunikation am 16.11.2016 in Mainz • Nosokomiale Infektion, Hygiene • Akutversorgung • Onkologische Erkrankungen • Aussprechen von Sicherheitsbedenken • Ambulante Versorgung (Speak-Up) • Psychische Erkrankungen • Stationäre Versorgung (z. B. Depression) • Ressourcenverteilung • Intensive/Critical Care Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 • Ethischer Konflikt • Schlaganfall • Selbsthilfegruppe • Schmerz • Kostendeckung • Aufnahme • Übergabe • Entlassungsmanagement • Aufklärung • Unfallversorgung • Anamnese • Dokumentation (II) • Sozialrechtliche • Sicherheitskultur, Entscheidungsfindung Fehlerkommunikation • Vermeidung von • Dokumentation (I) und -offenbarung Eingriffsverwechslung •… Tabelle 3: Kategorien zur Klassifikation von interprofessionellen Lehr- und Prüfbeispielen Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8 • Visite (I) • Visite (II) • Klinische • Überbringen Entscheidungsfindung schlechter Nachrichten • Fallbesprechung (I) • Fallbesprechung (II) • Therapieplanung (I) • Therapieplanung (II) Tabelle 2: Interprofessionelle Versorgungsanlässe zur verpflichtenden curricularen Integration (Blueprint) 26 27
Mit dem Blueprint wird ein einheitlicher Rahmen für die Die Lehr- und Prüfbeispiele aus den medizinischen Fakul- Übersicht interprofessioneller Best Practice-Beispiele interprofessionelle Lehre geschaffen. Dabei können die täten und den Projekten des Programms „Operation- medizinischen Fakultäten ihre Veranstaltungen individuell Team“ werden systematisch aufbereitet, klassifiziert und 1 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD): interprofessionelle Übergabe am Telefon anhand verschiedener Krankheitsbilder, Settings und Pro- interessierten AnwenderInnen über eine Online-Plattform 2 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD): Kritikgespräch mit einer Pflegefachperson blemmuster gestalten und fakultätsspezifische Schwer- zur Verfügung gestellt (s. Tab. 4) [58]. Dadurch wird den punkte bilden. Außerdem können bereits bestehende Lehr- und Prüfungsbeauftragten an den Fakultäten und 3 Entlassung eines/r palliativen Patienten/in: Angehörigengespräch interprofessionelle Lehr-/Lernformate anhand des Blue- Ausbildungseinrichtungen ermöglicht, sich untereinander 4 Fehlerkommunikation im Team: Entscheidungskonflikte prints genutzt und ggf. angepasst werden. So können zu vernetzen, vorhandene Ressourcen zu bündeln und verschiedene Settings ausgewählt werden, um Sympto- die Qualität im Bereich der interprofessionellen Zusam- 5 Einnahme eines falschen Medikaments: Umgang mit Fehlern me bzw. Krankheitsbilder in interprofessionellen Lehrver- menarbeit und Kommunikation zu stärken und nachhaltig 6 Aggressive/r Patient/in: Umgang mit Aggressionen im Gespräch anstaltungen zu adressieren: Schlaganfall z. B. kann so- zu sichern. wohl im Setting Notfallambulanz, stationäre Versorgung 7 Akute gastrointestinale Blutung präoperativ bei Gonarthrose: interprofessionelle Übergabe als auch in der Rehabilitation angesiedelt werden. Auch 8 POP ART – PatientInnen Orientierte Pharmazie für Ärzte und Apotheker: ein interprofessionelles Lernprojekt in klinischer Pharmazie die Auswahl der Problemmuster kann flexibel an die curri- cularen Erfordernisse angepasst werden. Je nach Setting 9 Schockraum-Teamtraining: Einfluss eines interdisziplinären-interprofessionellen Team-Trainings auf die klinische Versorgung schwerverletzter PatientInnen und curricularen Voraussetzungen könnten beispielswei- se unterschiedliche Informationsstände oder unterschied- 10 Interprofessionelle evidenzbasierte Versorgung von Menschen mit Demenz liche Zielvorstellungen bei der Behandlung von PatientIn- 11 Medizinstudierende und Pflegeschüler üben den Notfall nen nach Schlaganfall im Vordergrund stehen. 12 Förderung der interprofessionellen Kommunikation durch gemeinsame Fallbesprechungen und Visitensimulationen Als Beispiel für die Umsetzung eines solchen Blueprints 13 Interprofessionelle Lehre: Visitendokumentation und Entlassungsmanagement kann das interprofessionelle Curriculum für Medizin und Pflege am Standort Nürnberg1, 2 dienen. Die Veranstal- 14 Heidelberger Interprofessionelle Ausbildungsstation (HIPSTA) tungen im Rahmen dieses Curriculums werden von Medi- 15 Interprofessionelles Training in der Infektionsprävention zinstudierenden der Paracelsus Medizinischen Privatuni- versität, Studierenden im Studiengang Pflege Dual der 16 Interprofessionelle Teamarbeit: „Durch Barrieren schneiden“ Evangelischen Hochschule Nürnberg und SchülerInnen 17 „Was machst Du an meinem/r Patienten/in?“ Miteinander übereinander lernen der Krankenpflegeschule des Klinikums Nürnberg absol- viert. In der Gestaltung lehnt sich das Curriculum u. a. an 18 Konflikt erkannt, Konflikt gebannt! Kommunikationshürden im interprofessionellen Kontext die oben beschriebenen Kategorien an und bildet die In- 19 „Gemeinsam stark!“ Einer für alle, alle für einen! Ganzheitliche Patientenversorgung durch Nutzung spezifischer Qualitäten halte Fehlerkultur, Notfallversorgung, Ethik, Wundma- der Gesundheitsberufe in Befunderhebung und -planung nagement, Anamnese sowie Übergabe oder Überbringen 20 „Open Skills Lab. Zeig, was Du kannst“ Interprofessionelles Peer-Teaching berufstypischer Fertigkeiten schlechter Nachrichten ab. 21 Interprofessionelles Lernen und Lehren in Medizin, Ergotherapie, Physiotherapie und Pflege: Konflikte im Team 22 Interprofessionelles Lernen und Lehren in Medizin, Ergotherapie, Physiotherapie und Pflege: Grundlagen des Umgangs mit bewegungseingeschränkten Menschen 23 Visitentraining bei einem/r Patienten/in nach Herzinfarkt: Beratung zur Verhaltens- und Lebensstilveränderung 24 Medizin-Ethische Fragestellungen und Herausforderungen im Umgang mit demenziell erkrankten PatientInnen und deren Angehörigen- Interprof. Training kommunikativer Fertigkeiten im Umgang mit demenziell erkrankten PatientInnen und deren Angehörigen 1 https://idw-online.de/de/news698063 Tabelle 4: Übersicht interprofessioneller Best Practice-Beispiele 2 Härlein et al. „Interprofessionelles Curriculum für Medizin und Pflege am Standort Nürnberg: Zwischenbericht 2015 – 2019“. Vortrag gehalten am 27.06.19 bei der Abschlussveranstaltung „Nationales Mustercurriculum interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ in Mainz. 28 29
4.2 ZIELE ABSTIMMEN UND FESTLEGEN LERNZIELE FÜR INTERPROFESSIONELLE ZUSAMMENARBEIT UND KOMMUNIKATION Zur Abstimmung der longitudinalen Curriculumentwicklung Darüber hinaus wurden bei der Lernzielerstellung die drei und der Konzeption der Lehreinheiten sind konkrete Ebenen der Kooperation beim gemeinsamen Problemlö- operationalisierbare Lernziele notwendig. Als Grundlage zur sen adressiert [61, 62]: Entwicklung von Lernzielen für Interprofessionelle Zu- sammenarbeit und Kommunikation diente u. a. das Kapitel 1. Informationsaustausch („Information sharing“) 8 „Die Ärztin/der Arzt als Teammitglied“ des Nationalen 2. Aushandeln („Negotiating“) Kompetenzbasierten Lernzielkataloges Medizin [59, 60]. 3. Reflexion und Regulation („Regulation“). In dieser Fassung sind die Lernziele im Kapitel 8 aller- Bei der Entwicklung des Szenarios für das Fehlermanage- dings noch übergeordnet formuliert, z. B. „…sich aktiv ment wurden beispielsweise zunächst spezifische und und konstruktiv in Teambesprechungen einbringen.“ operationalisierbare Lernziele zu potentiellen Fehlersitua- tionen definiert. Die gewählten Situationen waren einer- In verschiedenen Workshops und Arbeitsgruppen im seits so konstruiert, dass diese durch interprofessionelle Rahmen des hier beschriebenen Projektes wurde deut- Kommunikation vermeidbar gewesen wären. Anderer- lich, dass übergeordnete Ziele von den TeilnehmerInnen seits wurden Situationen gewählt, bei denen bereits sehr unterschiedlich verstanden und bei der Konzeption Fehler aufgetreten waren und die somit eine interprofes- des Unterrichts bzw. der Prüfungsaufgaben unterschied- sionelle Kommunikation zur Bearbeitung erfordern. lich umgesetzt wurden. Im nächsten Schritt wurden die erarbeiteten bzw. bereits Deshalb wurden für die im Musterentwurf definierten vorhandenen Lernziele im Nationalen Kompetenzbasier- Themen konkrete Beispielszenarien entwickelt und ten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) in einer zum Teil dazu spezifische Lernziele formuliert, z. B. „Im Rahmen modifizierten Fassung mit den vier Kernkompetenzbe- eines Entlassmanagements eine zielgruppenorientierte reichen der interprofessionellen Praxis verknüpft Dokumentation durchführen.“ (Werte/Ethik; Rolle/Verantwortung; Kommunikation; Teamarbeit) [18–20]. Für jeden Kernkompetenzbereich wurden die Teilkompetenzen definiert und die Lernziele diesen entsprechend zugeordnet (s. Tab. 5). Beide Herangehensweisen zur Entwicklung von Lernzielen waren erfolgreiche Strategien. Es zeigte sich bei beiden Themenfeldern, dass der für die medizinische Ausbildung in seiner ersten Fassung rahmengebende NKLM hilfreich ist. Zum einen kann erfolgreich von den übergeordneten Lernzielen im NKLM ausgegangen werden, welche für die interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation modifiziert und ausdifferenziert werden können. Zum anderen hat sich herausgestellt, dass im Prozess auch primär auf konkreten Fallsituationen basierend operationalisierte detaillierte Lernziele für die interprofessionelle Zusam- menarbeit und Kommunikation erstellt werden können. Abbildung 5: Ergebnis aus dem Workshop zum Thema „Entwicklung von Beispielszenarien“, Klausurtagung vom 01.-04.08.2017 in Waren (Müritz) im Rahmen des Projektes „Nationales Mustercurriculum Interprofessionelle Zusammen- arbeit und Kommunikation“ 30 31
Sie können auch lesen