BEST PRACTICE in der IVOM-Patientenversorgung - VisusVital

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BEST PRACTICE
in der IVOM-Patientenversorgung
Inhalt
    1. IVOM-Patientenversorgung                                   S. 4

      1.1 Ziel des Kompendiums                                    S. 4

      1.2 Bedeutung einer „guten Patientenversorgung“             S. 4

    2. Wichtige IVOM-Kennzahlen                                   S. 6

      2.1 Qualitätsindikatoren für die IVOM-Patientenversorgung   S. 6

      2.2 Versorgungskennzahlen                                   S. 6

      2.3 Prozesskennzahlen                                       S. 8

      2.4 Ermittlung der Versorgungskennzahlen                    S. 10

      2.5 Ermittlung der Prozesskennzahlen                        S. 12

    3. Best Practice in der IVOM-Patientenversorgung              S. 14

      3.1 Umfang und Art der Durchführung                         S. 14

      3.2 Best Practice „Strukturelle Voraussetzungen“            S. 17

      3.3 Best Practice „Prozessfluss“                            S. 20

      3.4 Best Practice „Konservativer Prozessteil“               S. 24

      3.5 Best Practice „Chirurgischer Prozessteil“               S. 26

      3.6 Diagnostik und Therapie                                 S. 33

      3.7 Therapie-Controlling und Dokumentation                  S. 41

2                                                                         3
1. IVOM-Patientenversorgung
    1.1 Ziel dieses Kompendiums
     In diesem Kompendium finden Sie medizinische Hintergrundinformationen zur Bedeutung einer                 verringern. Die Daten der Studie von Traine et al. deuten darauf hin, dass im zweiten Jahr die Anzahl
     ­regelmäßigen und kontinuierlichen Patientenversorgung. Ihnen werden wichtige IVOM-Kennzahlen             der IVOM auf etwa vier bis fünf r­eduziert werden kann, ohne den Visusverlauf negativ zu beeinflus-
      genannt und erläutert. Nachfolgend werden Ihnen konkrete Empfehlungen für eine mögliche Verbes-          sen.7 Auch in der ALTAIR-Studie konnten im zweiten Jahr der Treat-and-extend-Behandlung 57– 60
      serung der Patientenversorgung vorgestellt. Dabei handelt es sich zum einen um Benchmark-­Daten,         Prozent der Patienten den zeitlichen Abstand bis zum nächsten Augenarztbesuch auf mehr als zwölf
      die im Rahmen eines Best-Practice-Projektes mit erfahrenden IVOM-Anwendern aus Deutsch-                  Wochen ausdehnen.8
      land gewonnen wurden. Zum anderen wurden mit Hilfe der Experten konkrete Best Practices zur
      IVOM-Patientenversorgung abgeleitet. Diese gemeinsam erarbeiteten Empfehlungen können Ihnen              Eine weitere Ursache für die Unterversorgung ist die mangelnde Behandlungsadhärenz der Patien-
      ­helfen, Ihre IVOM-Patientenversorgung zu analysieren und etwaige Handlungsempfehlungen daraus           ten. Wenn regelmäßige Arztbesuche vom Patienten nur unzulänglich eingehalten werden, resultiert
    ­abzuleiten.                                                                                               dies häufig in einem deutlichen Visusverlust.5,9
                                                                                                               Für ein gutes Therapieergebnis ist also ein schneller Behandlungsbeginn, gefolgt von einer konse-
    1.2 Bedeutung einer „guten Patientenversorgung“                                                            quenten, regelmäßigen Behandlung, insbesondere im ersten Jahr, ausschlaggebend. Dafür müssen
                                                                                                               Therapieprozesse optimiert und die Belastung der Patienten durch die Therapie möglichst minimiert
    Die neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration (nAMD) ist eine progressive chronische                 werden. Um als Augenarzt einen Einblick in die Patientenversorgung im eigenen Zentrum zu haben,
    ­Erkrankung der Makula. Sie ist die führende Ursache für Erblindung von über 50-Jährigen in den            sollten alle relevanten Versorgungskennzahlen jedes einzelnen Patienten ständig aktuell abrufbar
     Industrienationen.1,2 Durch den zunehmenden Visusverlust verschlechtert sich auch die Lebens­             sein. Wie dies ermöglicht werden kann, wurde im Rahmen eines von Bayer initiierten Best-Practice-
    qualität der betroffenen Patienten fortlaufend. Als Standardtherapie der nAMD hat sich die intravi-        Projektes untersucht.
    treale o­ perative Medikamentenapplikation (IVOM) von VEGF (vascular endothelial growth factor)-­
    Inhibitoren etabliert. Durch sie können die meisten Patienten eine Stabilisierung oder sogar eine
    Verbesserung der Sehschärfe erreichen.3 Allerdings zeigten Ergebnisse mehrerer Real-World-Stu-
    dien, dass es bei der Routineanwendung der IVOM-Therapie in verschiedenen Bereichen eine Un-
    terversorgung gibt. Bereits der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns ist häufig verzögert. Eine Inte-
    rimsanalyse der prospektiven ­OCEAN-Studie mit 1.333 Patienten konnte zeigen, dass der Zeitraum
    zwischen der ersten augenärztlichen Visusmessung und der ersten IVOM bei etwa 50 Prozent der
    Patienten mehr als 14 Tage betrug.4 Ein später Behandlungsbeginn resultierte in einem v­ erminderten
     Therapieerfolg: Startete die Behandlung erst mehr als 14 Tage nach der ersten Visusmessung, so
     fiel der Visusanstieg s­ chlechter aus als bei Studienteilnehmern, die innerhalb der ersten 14 Tage
     behandelt wurden. Fast ein Drittel der Patienten wurde aber sogar erst mehr als 28 Tage nach der
     Visusbestimmung das erste Mal behandelt – hier war das Visusergebnis signifikant schlechter.
      Zudem werden sowohl die Behandlungen nach der Upload-Phase als auch die weiteren Verlaufs-
      kontrollen häufig nur sehr unregelmäßig und in zu großen Zeitabständen durchgeführt. Die zeit­
      nahe Wiederbehandlung des Patienten nach der erfolgten dreimonatigen Upload-Phase mit VEGF-­
      Inhibitoren spielt aber eine wichtige Rolle. Das zeigen die Daten der PONS-Studie5: Je größer der
      zeitliche Abstand zwischen der dritten und vierten IVOM war, desto ausgeprägter war der aufgetre-
      tene Visusverlust, der unmittelbar vor der vierten IVOM detektiert wurde. Im Mittel fiel der Visus bei
      einem Abstand von mehr als acht Wochen unter den Ausgangswert. Auch die Einjahresdaten der
      jüngeren PERSEUS-Studie weisen auf deutliche Zusammenhänge zwischen einer unregelmäßigen
      Behandlung und stärkerem Visusverlust der Patienten hin.6 Die Ergebnisse der AURA-Studie (Ver-
     sorgungsstudie zu Ranibizumab) verdeutlichen aber, dass nur weniger als 1,4 Prozent der Patienten
     in regelmäßigen Intervallen von etwa 30 Tagen vom Arzt untersucht und behandelt wurden. So
     ­erhält ein Großteil der Patienten eine zu geringe Anzahl an Injektionen im ersten Behandlungsjahr.
      Die Ergebnisse mehrerer Versorgungsstudien zeigten, dass Patienten erst dann durch eine deut-
      liche Visusverbesserung von der Therapie profitierten, wenn sie mindestens sieben IVOM im ersten
    ­Behandlungsjahr erhielten.2,3 Nach der AURA-Studie erhielt die Mehrheit der Patienten (65 %) we-
      niger als 5 IVOM. Nach dem ersten Behandlungsjahr können die Patienten die Arztbesuche dann

4                                                                                                                                                                                                                      5
2. Wichtige IVOM-Kennzahlen
    Eine regelmäßige, bedarfsgerechte und kontinuierliche Diagnostik und Therapie ist das entscheiden-         Für die weitere, möglichst positive Visusentwicklung sind bedarfsgerechte, kontinuierliche Injektio-
    de Fundament für eine optimale IVOM-Versorgung und damit bestmögliche Visusentwicklung beim                nen besonders wichtig. Verzögerte, nicht bedarfsgerechte Injektionsintervalle gefährden ein positi-
    ­Patienten. Hierfür muss der IVOM-Prozess innerhalb des Zentrums möglichst „gut gestaltet“ sein. Aber      ves Therapieergebnis. Deshalb empfiehlt es sich nachzuhalten, ob die Injektionen auch wirklich in
     was heißt in diesem Zusammenhang eigentlich „gut“? Wie kann die Qualität eines IVOM-­Prozesses            den Zeitintervallen stattgefunden haben, in denen sie ärztlich indiziert wurden. Nicht selten kommt
     überhaupt gemessen, beurteilt und ggf. verbessert werden?                                                 es im Praxis- und Klinikalltag nämlich dazu, dass aufgrund von Terminknappheit und mangelnden
                                                                                                               OP-Slots Injektionstermine später als eigentlich ärztlich indiziert stattfinden. Dies bleibt jedoch häufig
    Der Pionier der modernen Managementlehre, Peter Drucker, sagte einmal: „Was man nicht messen               unbemerkt, da weder ärztliche noch nicht-ärztliche Mitarbeiter einen Abgleich zwischen indiziertem
    kann, kann man nicht lenken.“ Während eine kennzahlenbasierte Ergebnis- und Prozesssteuerung in            und realisiertem Injektionszeitpunkt vornehmen. Die Kennzahl „Soll-Ist-Abweichung Injektions-
    der freien Wirtschaft eine Selbstverständlichkeit ist, findet man sie im Gesundheitswesen zur Optimie-     termin“ gibt die Differenz zwischen dem ärztlich indizierten Injektionszeitpunkt und dem Zeitpunkt
    rung der Patientenversorgung eher selten. Dabei ist sie gerade hier sinnvoll.                              an, an dem die Injektion tatsächlich stattgefunden hat. Die Injektionstermine richten sich nach den in
                                                                                                               den Fachinformationen zugelassenen Anwendungsschemata. In der klinischen Praxis werden meist
    2.1 Qualitätsindikatoren für die IVOM-Patientenversorgung                                                  PRN- und Treat & Extend-Schemata eingesetzt. Basierend hierauf lässt sich die Soll-Ist-Abweichung
                                                                                                               des Injektionstermins berechnen.
    Es können zwei Kennzahlenarten unterschieden werden, die Aussagen über die Qualität der IVOM-­
    Patientenversorgung und IVOM-Prozessgestaltung ermöglichen:                                                Indiziert die Ärztin/der Arzt die nächste IVOM z. B. innerhalb eines PRN-Schemas 4 Wochen (= 28 Tage)
                                                                                                               nach vorheriger Injektion, die IVOM findet tatsächlich aber erst 34 Tage nach der letzten Injektion statt,
    Unter Versorgungskennzahlen versteht man die Kennzahlen, die darüber Aufschluss geben, wie                 beträgt die „Soll-Ist-Abweichung Injektionstermin“ +6 Tage. Indiziert die Ärztin/der Arzt die nächste
    häufig, wie regelmäßig und wie zeitlich adäquat Injektionen beim Patienten erfolgen. Diese Parameter       IVOM z. B. innerhalb eines T&E-Schemas 12 Wochen (= 84 Tage) nach vorheriger Injektion, die IVOM
    sind für eine langfristig günstige Visusentwicklung von Bedeutung.                                         findet tatsächlich aber erst 88 Tage nach der letzten Injektion statt, beträgt die „Soll-Ist-Abweichung
                                                                                                               Injektionstermin“ +4 Tage. Die „Soll-Ist-Abweichung Injektionstermin“ kann Hinweise auf eine syste-
    Um wiederum eine bedarfsgerechte und regelmäßige Diagnostik und Therapie für die Patienten sicher-
                                                                                                               matische Behandlungsverzögerung geben und damit auf nicht bedarfsgerechte Injektionsintervalle,
    stellen zu können, ist eine effektive und effiziente Prozessgestaltung entscheidend. So sollte auf der
                                                                                                               die den maximal möglichen Therapieerfolg gefährden. Welche Soll-Ist-Abweichung aus medizinischen
    einen Seite eine Unterbehandlung z. B. aufgrund mangelnder Versorgungskapazitäten vermieden, auf
                                                                                                               Gesichtspunkten gerade noch akzeptabel ist, muss die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt
    der anderen Seite die Behandlungslast für Patienten und Angehörige zur Aufrechterhaltung der Patien-
                                                                                                               entscheiden. Tendenziell sollten Abweichungen von mehr als 3–5 Tagen nicht überschritten werden.
    ten-Adhärenz möglichst geringgehalten werden. Hierzu tragen kurze Prozess- und vor allem Warte-
    zeiten während des Praxis- und Klinikaufenthalts maßgeblich bei. Diese können in Form sogenannter          Die Anzahl der IVOM im ersten Behandlungsjahr eines Patienten lässt allgemeine Rückschlüsse auf
    Prozesskennzahlen quantifiziert, kontrolliert und ggf. verbessert werden.                                  die Versorgungsqualität zu. Bildet man für einen bestimmten Betrachtungszeitraum den Mittelwert
                                                                                                               aus der Anzahl aller Injektionen im ersten Behandlungsjahr in Bezug auf die Patientenanzahl, erhält
    Versorgungs- und Prozesskennzahlen können sowohl patientenindividuell als auch patientenübergrei-
                                                                                                               man die Kennzahl „IVOM pro Patient im ersten Behandlungsjahr“. Diese Kennzahl wird in vie-
    fend (als Durchschnittswerte) für das Zentrum ermittelt und verglichen werden. Hierbei gilt: Nur patien-
                                                                                                               len Versorgungsstudien dargestellt und verglichen. Sie stellt einen Indikator für eine potenzielle Über-
    tenindividuelle Daten ermöglichen eine exakte Beurteilung der Versorgungs- und Prozessqualität bei
                                                                                                               oder Unterbehandlung der Patienten dar. Diese Kennzahl wird sowohl im internen Benchmark (Ver-
    eben diesem Patienten. Durchschnittsdaten für das Zentrum, die wiederum zahlreiche patientenindivi-
                                                                                                               gleich verschiedener Behandlungsperioden) als auch im externen Benchmark (Vergleich mit anderen
    duelle Daten zusammenfassen und mitteln, beinhalten das Risiko der verallgemeinernden statistischen
                                                                                                               IVOM-Zentren, Vergleich mit Studiendaten) besonders aussagekräftig.
    Interpretation. Sie sind jedoch sehr gut dazu geeignet, Anhaltspunkte für Abweichungen (internes und
    externes Benchmarking!) zu liefern und eine patientenindividuelle Analyse eben dieser Kennzahlen
    dann im Detail vorzunehmen.

    2.2 Versorgungskennzahlen
    Besteht der Verdacht auf eine IVOM-bedürftige Makula-Pathologie, sollte eine zügige Diagnostik
    durchgeführt werden, um im Falle einer Indikation zur Therapie möglichst schnell mit der IVOM-Thera-
    pie (Upload-Phase) beginnen zu können. Eine Verzögerung der Therapieeinleitung bewirkt meist eine
    ungünstige Prognose hinsichtlich der mittel- bis langfristigen Visusentwicklung, ein schneller Thera-
    piebeginn kann hingegen positive Effekte auf die Visusentwicklung haben. Demnach ist die Kennzahl
    „Abstand zwischen Verdachtsdiagnose und erster IVOM“ eine wichtige Kennzahl bei der Beurtei-
    lung eines raschen, den Visus positiv beeinflussenden Behandlungsbeginns. Der Abstand sollte mög-
    lichst gering, die Kennzahl also möglichst klein sein. Studien lege nahe, dass der Abstand zwischen
    erster Verdachtsdiagnose und erster IVOM nicht mehr als 14 Tage betragen sollte.

6                                                                                                                                                                                                                           7
Dabei gilt: Eine möglichst geringe Verlängerung der „Soll-Ist-Abweichung der Injektionstermine“
    ­resultiert in einer höheren Anzahl der IVOM pro Patient im (ersten) Behandlungsjahr.                                                        Prozesszeit
                                                                                                                     Konservativ                                            Durchlaufzeit
     Versorgungskennzahl                                  Aussagekraft                                           („Makula-Sprechstunde“)

                                                                                                                                                  Wartezeit
     Abstand zwischen Verdachtsdiagnose und               Ausreichend schneller Behandlungsbeginn zur
     erster IVOM                                          Verbesserung der Visusprognose?
                                                                                                                                                                                                         Gesamt-
     Soll-Ist-Abweichung Injektionstermin                 Bedarfsgerechte Behandlung?                                                                                                                   Durchlaufzeit
                                                          Kontinuierliche Behandlung?
                                                                                                                                                 Prozesszeit
     IVOM pro Patient im ersten Behandlungsjahr           Unter-/Übertherapie?
                                                                                                                       OP-Tag                                               Durchlaufzeit
    Neben der Berechnung von arithmetischen Mittelwerten für die o. g. Versorgungskennzahlen kann die                                             Wartezeit
    Berechnung der jeweiligen Median-Werte sinnvoll sein, da bei diesen „Ausreißer-Werte“ nicht so stark
    ins Gewicht fallen.

    2.3 Prozesskennzahlen                                                                                       Prozesszeit, Wartezeit und Durchlaufzeit erlauben Aussagen über die Behandlungslast für Patienten
                                                                                                                und Angehörige. So kann davon ausgegangen werden, dass kurze Durchlaufzeiten in einer geringeren
    Der IVOM-Prozess in Praxis und OP-Zentrum gliedert sich in einen konservativen und einen                    Behandlungslast resultieren. Diese geringere Behandlungslast kann wiederum dazu beitragen, die Ad-
    ­chirurgischen Prozessteil.                                                                                 härenz des Patienten zur IVOM-Therapie aufrechtzuerhalten bzw. zu verbessern.
    Im Rahmen eines PRN-Schemas wird der Prozess meist als „2-Stop-Prozess“ geplant und durch-                  Durch die Verbesserung der Prozesskennzahlen kann ein gegebenenfalls bestehender prozessbe-
    geführt. Hierbei wird der Patient an einem Tag hinsichtlich der Indikation zur (Re-)Injektion untersucht    dingter Engpassfaktor beseitigt werden. Dies kann wiederum einen positiven Effekt auf die vorgenann-
    (Visus, OCT, evtl. FAG, Funduskopie, Befundbesprechung) und an einem weiteren Tag findet dann die           ten Versorgungskennzahlen haben.
    Injektion statt. PRN-Schemata mit „1-Stop-Strategie“ (Re-Indikationsstellung und Injektion an einem
    Tag) sind in Deutschland eher die Ausnahme.                                                                 In der Analyse-Phase kann neben der Berechnung von arithmetischen Mittelwerten für Prozess- und
                                                                                                                Wartezeiten auch die Berechnung der jeweiligen Median-Werte sinnvoll sein, da bei diesen „Ausreißer-
    Im Rahmen eines T&E-Schemas wird der Prozess meist als „1-Stop-Prozess“ geplant und durchge-                Werte“ nicht so stark ins Gewicht fallen. Außerdem ist die Berechnung von Standardabweichungen
    führt. Hierbei wird der Patient an einem Tag hinsichtlich der Indikation untersucht und bei den weiteren    für die jeweiligen Prozesskennzahlen sinnvoll. Die Ausprägungen der Standardabweichungen erlauben
    Injektionen wird anhand der durchgeführten Untersuchungen das nächste Behandlungsintervall fest-            Aussagen über die Prozessstabilität, welche ein sehr wichtiger Faktor für die Prozessoptimierung ist.
    gelegt. Im weiteren Verlauf des gleichen Tages findet dann auch die Injektion selbst statt.                 Die Prozessstabilität hat unmittelbaren Einfluss auf die Termin- und Slotstruktur, auf die für die Patien-
                                                                                                                ten entstehenden Wartezeiten und auf die Auslastung z. B. des OPs. Eine hohe Standardabweichung
    Unabhängig davon, innerhalb welchen Schemas und welcher Prozessgestaltung der konservative und
                                                                                                                bei den Prozess- und Wartezeiten ist ein Indikator für einen instabilen Prozess. Sie zeigt an, dass der
    der chirurgische Prozessteil geplant und durchgeführt werden, können Prozess- und Wartezeiten für
                                                                                                                Prozess über den Tag nicht stabil läuft und infolge dessen Slots und Termine nicht zuverlässig geplant
    den Patienten gemessen und analysiert werden. Dabei ist die „Prozesszeit“ als die Zeit definiert, in
                                                                                                                werden können.
    der aktiv etwas mit dem Patienten geschieht (Voruntersuchung, OCT-Untersuchung, ärztliche Unter-
    suchung und Befundbesprechung, gesamter OP-Prozess inkl. Vor- und Nachbereitung mit Patien-                 Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass stabile Prozess- und Durchlaufzeiten,
    tenkontakt, Terminvereinbarungen etc.). Ärztliche Tätigkeiten ohne unmittelbaren Patientenkontakt           sowie kurze Wartezeiten dazu beitragen können, die Versorgungsqualität der Patienten zu ver-
    (z. B. OCT-Befundung, Erstellung/Kontrolle des OP-Plans, Erstellung des OP-Berichts, Anfertigung            bessern. Hierbei ist selbstverständlich penibel darauf zu achten, dass bei einer Beschleunigung
    von Arztbriefen) werden hier nicht als Prozesszeit gewertet. Als Wartezeit ist die Zeit definiert, in der   der Prozess- und Durchlaufzeiten weiterhin alle fachlichen Leitlinien, Qualitätssicherungsver-
    der Patient nicht aktiv am Prozess teilnimmt und lediglich auf den nächsten Prozessschritt wartet.          einbarungen, Vorgaben von IV-Verträgen und Hygienestandards eingehalten werden müssen.
    Addiert man die Wartezeit zur Prozesszeit erhält man die Durchlaufzeit. Durchlaufzeit ist demnach
    die Zeit, in der sich der Patient vom Betreten bis zum Verlassen in der Praxis oder im OP-Zentrum
    befindet. Addiert man die Durchlaufzeit des konservativen Prozessteils zu der Durchlaufzeit des chirur-
    gischen Prozessteils, erhält man die Gesamt-Durchlaufzeit für den IVOM-Prozess.

8                                                                                                                                                                                                                            9
2.4 Ermittlung der Versorgungskennzahlen
 Zur Bestimmung der „eigenen“ Kennzahlen kann wie folgt vorgegangen werden:                                  Zunächst ist eine Grundgesamtheit an Patienten zu ermitteln, die vergleichbare Merkmale aufweist,
                                                                                                             z. B. deren Therapiebeginn nicht länger als drei Jahre und nicht kürzer als ein Jahr zurückliegt und die
 In einem ersten Schritt müssen die zu erhebenden Parameter festgelegt werden. Folgende Fragestel-           Diagnose „Neovaskuläre (feuchte) AMD“ aufweist.
 lungen können bei der Definition der Parameter helfen:
                                                                                                             Anschließend wird in diesen Patientenfällen aus der EDV-Dokumentation ermittelt, an welchem Datum
     Fragestellung                                         Mögliche Antwort                                  funduskopisch erstmals der Verdacht auf eine IVOM-bedürftige Makula-Pathologie geäußert wurde.
                                                                                                             Dieser Tag wird als „Tag der Erstvorstellung“ dokumentiert. Hierzu bietet sich die Verwendung einer
     Welche Versorgungskennzahlen sollen erhoben           • Anzahl IVOM pro Patient pro Jahr                Excel-Tabelle an. Des Weiteren werden in diese Tabelle nun alle Tage (jeweils im anschießend automa-
     bzw. ausgewertet werden?
                                                           • Soll-Ist-Abstand Injektionstermin               tisch rechenbaren Format tt.mm.jj) eingetragen, an denen OCT-Untersuchungen stattfanden und In-
                                                                                                             dikationen zur Re-Injektion gestellt wurden. Außerdem werden die Tage dokumentiert, an denen IVOM
                                                           • Abstand Verdachtsdiagnose zu erster IVOM       stattgefunden haben. In einem nächsten Schritt sind die entsprechenden Soll-Werte zu definieren.
     Welcher Betrachtungszeitraum soll gewählt             • die ersten 12 Monate der IVOM-Therapie          Im Rahmen eines PRN-Schemas kann (bei bestehender Indikation zur Fortführung der Therapie) als
     werden?                                                                                                 Soll-Intervall ein Abstand von 4 Wochen (28 Tagen) zwischen den Injektionen vermerkt werden. Im
                                                                                                             Rahmen eines T&E-Schemas sollte die ärztliche Dictio am Untersuchungs-/Injektionstag für die Ver-
     Welche Aktualität sollen die zu erhebenden            • Daten sollten nicht länger als 24 Monate
                                                                                                             kürzung/Beibehaltung/Verlängerung des Intervalls eruiert und als entsprechendes Soll-Intervall doku-
     Daten aufweisen?                                         in der Vergangenheit liegen
                                                                                                             mentiert werden.
                                                           • Therapiestart der Patienten zwischen 05/2017
                                                              und 05/2018

     Welche Diagnose soll bei den Patienten                • Diagnose nAMD
     vorliegen?

     Welche weiteren Merkmale sind für die Daten-          • Durchführung mit VEGF-Hemmern
     auswertung relevant?
                                                           • Unilaterale Therapie-Durchführung

 Nach erfolgter Definition der Parameter sollte die Stichprobengröße festgelegt werden. Auch hierbei
 gilt es, vorab einige Fragen zu beantworten, die Aufschluss darüber geben, mit welcher Stichproben-
 größe gearbeitet werden sollte:

                                                               Zu welchem Zweck wird die
       Wie aussagekräftig soll
                                                               Datenaufnahme durchgeführt?
         mein Ergebnis sein?
                                                               (Bestandsaufnahme/Controlling)

                                                                               Wer führt die
               Wie groß ist die Gesamtheit der                                 Datenaufnahme durch?
               infrage kommenden Patienten?
                                                                                                             Abbildung 1: Datenaufnahme aus der EDV-Dokumentation
                          Wieviel Zeit soll in die Datenauf-
                                nahme investiert werden?                                                     Die Differenz zwischen dem Tag des Erstverdachts und der ersten, tatsächlich durchgeführten IVOM
                                                                                                             bei diesem Patienten ergibt die Kennzahl „Abstand zwischen Verdachtsdiagnose und erster IVOM“.
                                                                                                             Die Differenz zwischen dokumentiertem Soll-Intervall und tatsächlich vergangener Zeit zur letzten IVOM
                                                                                                             ergibt die Kennzahl „Soll-Ist-Abweichung Injektionstermin“. Die Anzahl der IVOM zwischen Tag des
                                                                                                             Erstverdachts und dem Tag 365 Tage später ergibt die Kennzahl „IVOM im ersten Behandlungsjahr“.
                                                                       Wie groß soll meine
                                                                        Stichprobe sein?

10                                                                                                                                                                                                                  11
2.5 Ermittlung der Prozesskennzahlen
 Zur Ermittlung der Prozesskennzahlen ist es notwendig, für jeden einzelnen Patienten die Uhrzeiten
 zu erfassen, wann er die einzelnen Prozessstationen beginnt und wann diese abgeschlossen sind.
 Die resultierende Zeitspanne zwischen Betreten und Verlassen der jeweiligen Prozessstation wird als
 Prozesszeit gewertet (Zeit, in der aktiv etwas mit dem Patienten geschieht). Die Zeitspanne zwischen
 Verlassen einer Prozessstation und Betreten der nächsten Prozessstation wird als Wartezeit gewertet.
 Auf diese Weise kann eine nach Prozessstationen differenzierte Prozesszeit bzw. eine zwischen Pro-
 zessstationen entstehende Wartezeit ermittelt werden. Die Addition aller Prozesszeiten ergibt die
 Gesamtprozesszeit, die Addition aller Wartezeiten die Gesamtwartezeit. Gesamtprozesszeit und
 ­
 ­Gesamtwartezeit ergeben in der Addition die Durchlaufzeit (Zeitspanne zwischen Betreten und Ver-
  lassen der Praxis/des OP-Zentrums).
 Die patientenindividuellen Uhrzeiten können mit einem Datenerfassungsbogen ermittelt werden,
 ­welcher dem Patienten beim Betreten der Praxis/des Zentrums ausgehändigt wird und der dann vom
  Patienten durch den Prozess getragen wird. Hierin können (neben der Ankunftszeit des Patienten
  an der Anmeldung) auch Variablen wie z. B. Diagnose, Therapieschema, Zeitpunkt des vereinbar-
  ten ­Termins, untersuchender Arzt etc. eingetragen werden (vorgegebene Ankreuzmöglichkeiten nach
  dem Multiple-Choice-System beschleunigen die Datenerfassung). Konkret werden die Prozess- und
  Wartezeiten folgendermaßen erfasst: Beim Betreten der jeweiligen Prozessstation trägt ein/e Mitarbei-
  ter/in der Praxis/des OP-Zentrums die aktuelle Uhrzeit minutengenau auf dem Laufzettel ein (Doku-
  mentation der jeweils in der Praxis-EDV angezeigten Uhrzeit). Gleiches geschieht beim Verlassen der
  jeweiligen Prozessstation. Zum Ende des Prozesses geben die Patienten den vollständig ausgefüll-
  ten Frage­bogen an der letzten Prozessstation des Workflows (z. B. Anmeldung/Check-out) ab. Nach
  entsprechender Datensammlung werden die jeweils erfassten Uhrzeiten z. B. in einer Excel-Tabelle
  eingegeben. Eine entsprechende Verformelung erleichtert die Berechnung der patientenindividuellen
  Prozess- und Wartezeiten. Aus diesen können dann abschließend Durchschnittswerte und Standard-
  abweichungen (Prozessstabilität) für das gesamte Zentrum errechnet werden.
 Alternativ kann auch ein spezielles Patienten-Tracking-System verwendet werden.

12                                                                                                        13
3. Best Practice in der IVOM-Patientenversorgung
     3.1 Umfang und Art der Durchführung
     Im Rahmen eines bundesweiten Projekts „Best Practice in der IVOM-Patientenversorgung“ wurden                                     Neben den verwendeten Medikamenten wurde außerdem die Frage nach der prozentualen Verteilung
     29 ophthalmochirurgische Zentren auditiert, Kennzahlen zur IVOM-Patientenversorgung erhoben                                      der verschiedenen Diagnosen gestellt, die zur IVOM-Indikation führten. Hierbei zeigte sich, dass über
     und die dort praktizierten IVOM-Prozesse analysiert. Audits und Datenerhebung wurden durch das                                   60 Prozent der Patienten auf Grund einer neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (kurz
     Unternehmen optimed – Impulse für Medizin-Berufe GmbH (Düsseldorf) durchgeführt. Am Projekt                                      nAMD) mittels IVOM behandelt werden.
     waren IVOM-Zentren verschiedener Größen und mit sehr unterschiedlichen Strukturen, von der klei-
     nen Einzelpraxis bis hin zur großen Universitätsklinik, beteiligt – u. a. AugenAllianz Zentrum Bayern,
     Augenarztpraxis am Glacis (Torgau), Augenarztpraxis Zehlendorf (Berlin), Augencentrum Koblenz, Au-                                                       4%
     genklinik Kempten, Augenpraxisklinik Ahaus, Augenzentrum Klatt (Bassum), Augenzentrum Schles-                                                            Sonstige
     wig-Holstein, Institut für Augenheilkunde Halle, Praxis Dr. Hellmund (Dresden), Praxis für Augenheil-
     kunde Murovski (Zschopau).
                                                                                                                                                              3%
     Struktur der teilnehmenden IVOM-Zentren                                                                                                                  mCNV

     In den am Projekt beteiligten Zentren werden jährlich insgesamt ca. 75.000 IVOM durchgeführt. Die
     nachfolgende Grafik zeigt die IVOM-Fallzahlen der betreffenden Zentren:                                                                                  11 %
                                                                                                                                                              RVV
                           > 5.000                                                         < 1.000 IVOM/Jahr
                           2 Zentren                                                                4 Zentren

                                                                                                                                                              20 %                                                                                62 %
                                                                                                                                                              DMÖ                                                                                 nAMD

                                                                                                                                      Abbildung 3: Eigenangabe    der Zentren
                                                                                                                                                              Eigenangabe   derim Datenerhebungsbogen
                                                                                                                                                                                Zentren                   auf die auf
                                                                                                                                                                                        im Datenerhebungsbogen    Frage:
                                                                                                                                                                                                                      die „Wie
                                                                                                                                                                                                                          Frage:ist die ungefähre prozentuale Verteilung der
                                                                                                                                      Patienten auf die Indikationen?“
                                                                                                                                                              „Wie ist die ungefähre prozentuale Verteilung der Patienten auf die Indikationen?“

                           2.500 – 5.000                                                        1.000 – 2.500
                           11 Zentren                                                              11 Zentren

                             Eigenangabe der Zentren im Datenerhebungsbogen auf die Frage:
     Abbildung 2: Eigenangabe der Zentren im Datenerhebungsbogen auf die Frage: „Anzahl der Injektionen (absolut) in 2017“, N = 28
                             „Anzahl der Injektionen (absolut) in 2017“
                   (ein Zentrum ohne Angabe)
                             N = 27

     Der Grafik ist zu entnehmen, dass 80 Prozent der teilnehmenden Zentren jährlich zwischen 1.000 und
     5.000 IVOM durchführen.

14                                                                                                                                                                                                                                                                             15
Datenaufnahme vor Ort                                                                                   3.2 Best Practice „Strukturelle Voraussetzungen“
 Bei der Durchführung des Live-Checks vor Ort wurden in den jeweiligen Zentren Prozessdaten aufge-       Neben den erläuterten Versorgungs- und Prozess-Kennzahlen wurden im Projekt auch die strukturellen
 nommen und anschließend ausgewertet. Mit Hilfe eines digitalen Patienten-Tracking-Systems konnten       Gegebenheiten der teilnehmenden Zentren erfasst und ausgewertet. Besonders in der Ausgestaltung
 insgesamt 856 Patienten im konservativen Prozessteil (Prozess der (Re-)Indikationsstellung) und 1.235   der Sprechstunde können zwei unterschiedliche Varianten beschrieben werden: In einem Teil der teil-
 Patienten im chirurgischen Prozessteil (Durchführung der IVOM) begleitet werden.                        nehmenden IVOM-Zentren wurden die Patienten gebündelt in Spezialsprechstunden (Makula-Sprech-
                                                                                                         stunde, Netzhaut-Sprechstunde, ...) zur Frage (Re-)Indikationsstellung terminiert. Hierbei erfolgte eine
 Zusätzlich zu den Prozessdaten wurden Versorgungsdaten aufgenommen. Hierzu wurde eine Stich-
                                                                                                         Separierung der Ressourcen dahingehend, dass sowohl das OCT als auch die ärztlichen Ressourcen
 probe von Patientenakten ausgewertet, die folgenden Merkmalen entsprach:
                                                                                                         zu dieser Zeit ausschließlich für die IVOM-Patienten geblockt wurden. In einem anderen Teil der Zentren
 • Diagnose nAMD                                                                                         erfolgte die Einbestellung „bunt gemischt“, sodass zusätzlich zu den IVOM-Patienten immer wieder
                                                                                                         auch andere Patienten (Glaukompatienten, Kataraktpatienten, ...) für den gleichen Arzt terminiert waren.
 • Behandlung mit VEGF-Inhibitoren
 • Unilaterale IVOM-Therapie                                                                             Vorteile einer IVOM-Spezialsprechstunde
 •B
   ehandlungsbeginn mindestens 12 Monate und höchstens 36 Monate vor Tag des Audits                     Es hat sich gezeigt, dass eine Spezialsprechstunde vorteilhaft für eine möglichst reibungslose Patien-
                                                                                                         tenversorgung ist. Die nachfolgende Grafik zeigt die Verteilung der Sprechstundenarten in Hinblick auf
 Zur Analyse der Versorgungsdaten wurden, nach Identifikation der in Frage kommenden Patienten-
                                                                                                         das überwiegend praktizierte Behandlungsschema:
                                                                                                                                                       Übersicht Spezialsprechstunde
 akten, folgende Behandlungsdaten erhoben und elektronisch erfasst:
                                                                                                                                                            18               für IVOM-Patienten
 • Zeitpunkt des ersten dokumentierten Verdachts auf eine CNV
                                                                                                                                                            16
 •Z
   eitpunkt der initialen Optischen Kohärenztomografie (im Folgenden OCT genannt) und der initialen
  Fluoreszenzangiografie (im Folgenden FAG genannt)                                                                                                         14
 • Zeitpunkt der IVOM-Injektionen                                                                                                                           12

                                                                                                                                           Anzahl Zentren
 • Zeitpunkt der Kontrollen (inkl. OCT)
                                                                                                                                                            10
 • Soll-Abstand (nach dokumentierter, ärztlicher Maßgabe) für die nächste Kontrolle bzw. Injektion
                                                                                                                                                             8

                                                                                                                                                             6

                                                                                                                                                             4

                                                                                                                                                             2

                                                                                                                                                             0
                                                                                                                                    Therapieschema               PRN        T&E                   PRN          T&E
                                                                                                                                Spezialsprechstunde                    ja                               nein

                                                                                                         Abbildung 4: Übersicht Spezialsprechstunde für IVOM-Patienten

                                                                                                         Aus der Grafik wird deutlich, dass besonders in den Zentren, die nach Treat & Extend behandeln, eine
                                                                                                         Spezialsprechstunde eingerichtet ist. Dies hat den Grund, dass beim T&E-Schema die Abläufe in Pra-
                                                                                                         xis und OP ideal aufeinander abgestimmt sein müssen, um einen möglichst reibungslosen Prozess-
                                                                                                         fluss zu gewährleisten. Besonders bei den Zentren, in denen die Patienten nach dem PRN-Schema
                                                                                                         behandelt werden, herrscht oftmals noch eine große Inhomogenität im Hinblick auf die parallel prak-
                                                                                                         tizierten Prozesse. Durch die Vermischung unterschiedlicher Prozess-Typen kommt es in vielen Fällen
                                                                                                         zu ungewünschten Wechselwirkungen.
16                                                                                                                                                                                                                   17
Mittelwert Prozesszeit konservative Sprechstunde
                                                                                                                                              Identifizierte Stellhebel:
                                                                                                                                                   17
                                                                                                                                                 Minuten
                                                                                                                                          Strukturelle Voraussetzungen
                                                                                                                                                „Makula-Sprechstunde“ durchführen
 In Abbildung 5 kommt deutlich zum Ausdruck, dass besonders bei separierten Sprechstunden und                                            Es ist sinnvoll, zur Indikations- und Re-Indikationsstellung der IVOM eine gesonderte „Makula- oder
 Trennung der Ressourcen eine deutlich geringere Wartezeit für die Patienten entsteht. Während Pa-                                  13   IVOM-Sprechstunde“ durchzuführen, in die ausschließlich IVOM-Patienten (oder Patienten zur Erst-
 tienten in „gemischten“ Sprechstunden am Tag der (Re-)Indikationsstellung durchschnittlich 58 Minu-                             Minuten indikationsstellung) einbestellt werden. Hierdurch können unerwünschte Wechselwirkungen mit an-
 ten gewartet haben, haben Patienten in speziell eingerichteten Sprechstunden durchschnittlich nur 35                                    deren Prozessen vermieden werden (z. B. Stau an der Anmeldung, Belegung der Voruntersuchung,
 Minuten gewartet.                                                                                                                       Nicht-Verfügbarkeit des OCT-Zimmers). Auf dieser Grundlage können die Termin- und Slot-Struktur
                                                                                                                                         genauer und zuverlässiger geplant und kürzere Durchlaufzeiten für die Patienten realisiert werden.

                                                                 58
                                                            Minuten              0      2       4       6        8     10      12        14     Standardisierten
                                                                                                                                                 16   18         Prozess festlegen und konsequent einhalten
                                                                                                                                          Es ist sinnvoll, einen zentrumsinternen standardisierten IVOM-Prozess in Praxis und OP festzulegen
                                                                                     ohne Spezialsprechstunde                             und diesen konsequent einzuhalten. Hierfür bietet sich beispielsweise folgendes Vorgehen in der
                                         35                                                                                               ­Praxis an:
                                     Minuten                                         mit Spezialsprechstunde
                                                                                                                            Bestimmung des bestkorrigierten Visus → Gabe mydriatischer Augentropfen → OCT-Untersuchung
                                                                                                                            → Funduskopie → Befundung und Befundbesprechung
                                                                                Mittelwert Prozesszeit konservative Sprechstunde
                                                                                                                            Durch eine geringe Prozessvarianz können Behandlungs- und Wartezeiten positiv beeinflusst und die
  0          10          20          30          40          50 60 70
                                                                                                                            Durchlaufzeit des Patienten verkürzt werden. Ein standardisierter und konsequent eingehaltener Pro-
                                                                                                                                       17 darüber hinaus die klare und eindeutige Aufgabenerfüllung durch nicht-ärztliche und
                                                                                                                            zess unterstützt
 Abbildung 5: Mittelwert Wartezeit konservative Sprechstunde                                                                         Minuten
       ohne Spezialsprechstunde                                                                                             ärztliche Mitarbeiter und kann das Fehlerrisiko senken. In jeder Praxis/jedem OP-Zentrum sollte ein
 Auch bei der Betrachtung der Prozessstabilität (Streuung, Standardabweichung) werden die Vorteile                          IVOM-Prozess einheitlich und arztübergreifend festgelegt werden (Vermeidung verschiedener Prozes-
       mit Spezialsprechstunde
 der spezialisierten     Sprechstunde deutlich.                                                                             se bei verschiedenen Ärzten).

 Abbildung 6 zeigt deutlich, dass die Prozesse in separierten Sprechstunden, zusätzlich zu den ver-
 kürzten Wartezeiten (Abbildung 6), messbar stabiler laufen und eine geringere Standardabweichung                                   13          IVOM-Manager/in einsetzen
 aufweisen. Dies hat für die zuverlässige Planbarkeit der Termine (Slot-Struktur) große Auswirkungen.                             Minuten
                                                                                                                                         Es ist sinnvoll, eine/n Mitarbeiter/in der Praxis/des OP-Zentrums als „IVOM-Manager/in“ zu benennen
 Bei stabilen Prozessen können Wartezeiten für die Patienten minimiert und Ressourcen des Zentrums                                       und in dieser Hinsicht ggf. fortzubilden. Diese/r Mitarbeiter/in koordiniert die wichtigsten Aktivitäten
 effizient eingesetzt werden (Minimierung des „Leerlaufens“ von Prozessstationen).                                                       im Bereich des IVOM-Managements. Hierzu zählen z. B. das Prozess-Management, die Termin- und
                                                                                                                                         Slot-Planung für IVOM, die Koordination von Räumen und Ressourcen, die Mitarbeiter-Einsatzplanung,
                                                                                                                                         das Bestellwesen und die Abrechnung im Rahmen des IVOM-Prozesses. Der/die IVOM-Manager/in
                                                                      16                                                                 muss dabei   nicht
                                                                  Minuten        0       2       4       6       8      10       12     14      16      18 alle Tätigkeiten selbst ausführen, sollte aber über alle Bereiche Bescheid wissen und
                                                                                                                                         bei der Koordination des IVOM-Managements der/die erste Ansprechpartner/in sein.

                                                                                      ohne Spezialsprechstunde
                            6                                                                                                                   Speziell geschultes Personal einsetzen
                        Minuten
                                                                                      mit Spezialsprechstunde                             Es ist sinnvoll, an den einzelnen Prozessstationen speziell geschultes Personal einzusetzen, um z. B.
                                                                                                                                          die Durchführung von OCT- und FAG-Untersuchungen zu beschleunigen oder den Patienten fachkun-
                                                                                                                                          dig und bedarfsgerecht zu beraten und bei formalen Angelegenheiten zu unterstützen.
     0      2       4       6        8        10     12     14        16    18

 Abbildung
       ohne6:Spezialsprechstunde
             Standardabweichung Durchlaufzeit konservativ

         mit Spezialsprechstunde
18                                                                                                                                                                                                                                              19
3.3 Best Practice „Prozessfluss“
     Deutlich geringere Gesamtdurchlaufzeit bei den T&E-Zentren
     Die vor Ort erhobenen Daten zeigen eine deutlich geringere Gesamtdurchlaufzeit in den Zentren, in        Abbildung 8 stellt die Gesamtdurchlaufzeit der Zentren dar, die ihre Patienten nach dem T&E-Schema
     denen die Patienten nach dem T&E-Schema behandelt wurden.                                                behandeln und somit die Prozesse der Re-Indikationsstellung und der Durchführung der IVOM am
                                Gesamtdurchlauf PRN
                                                                                                              selben Tag durchgeführt haben.
                                       350                                                                                                 Gesamtdurchlauf T&E
                                                                                                                                                350
                                       300
         Durchlaufzeit PRN (in Min.)

                                                                                                                                                300

                                                                                                                  Durchlaufzeit T&E (in Min.)
                                       250
                                                                                                                                                250
                                       200                                                      1:59
                                       150                                                      Stunden                                         200                                                      1:22
                                                                                        119,5                                                   150                                                      Stunden
                                       100
                                                                                                                                                100
                                       50                                                                                                                                                         81,5
                                                                                                                                                50
                                        0
                                             0   5    10        15         20      25   30
                                                                                                                                                 0
                                                     Stichprobennummer (Zentrum)                                                                      0   5    10        15         20      25   30
                                                                                                                                                              Stichprobennummer (Zentrum)
     Abbildung 7: Gesamtdurchlaufzeit PRN
                                                                                                              Abbildung 8: Gesamtdurchlaufzeit T&E
     Abbildung 7 zeigt die durchschnittliche Gesamtdurchlaufzeit der Zentren, die nach dem PRN-Schema
     behandelt haben. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den T&E-Zentren (siehe nachfolgende Abbildung         Die Grafik zeigt einen Mittelwert von 1:22 Stunden (81,5 Minuten). Die ermittelten Werte machen
     8) wurde die Durchlaufzeit im konservativen Prozessteil (Re-Indikationsstellung) mit der Durchlaufzeit   deutlich, dass in den T&E-Zentren nicht nur die Streuung der Gesamtdurchlaufzeit deutlich gerin-
     am OP-Tag addiert. Der arithmetische Mittelwert für die Gesamtdurchlaufzeit aller auditierten PRN-       ger war, sondern auch, dass der gesamte Prozess grundsätzlich schneller durchgeführt wurde. Für
     Zentren liegt bei knapp 2 Stunden (119,5 Minuten). Die abgebildete Grafik zeigt eine relativ große       die Patienten resultiert daraus eine deutlich geringere Behandlungslast, da diese statt 2:01 Stunden
     Streuung der Werte.                                                                                      Durchlaufzeit, welche auf zwei Termintage bei PRN (Re-indikation und Injektion) verteilt sind, nur einen
                                                                                                              Termin mit durchschnittlich 1:22 Stunden Praxis-/Klinikaufenthalt wahrnehmen müssen. Hinzu kommt
                                                                                                              eine Reduzierung der Anfahrtswege von 50 Prozent, da sowohl der Patient als auch die Begleitung
                                                                                                              einmal weniger ins Zentrum fahren müssen. Die geringere Gesamtdurchlaufzeit bei T&E ist in vielen
                                                                                                              Fällen auf eine deutlich geringere Wartezeit zurückzuführen, die aus der besseren Prozessplanbarkeit
                                                                                                              im Rahmen einer Spezialsprechstunde resultiert. Hierzu wurden bereits in Kapitel 3.2 „Strukturelle Vo-
                                                                                                              raussetzungen“ zu den Abbildungen 5 und 6 ausführliche Erläuterungen gemacht.

20                                                                                                                                                                                                                   21
Identifizierte Stellhebel:
 Zentren mit einer kürzeren Gesamtdurchlaufzeit weisen eine höhere Anzahl                                                               Best Practice „Prozessfluss“
 IVOM pro Patient pro Jahr auf
                                                                                                                                             eringere Gesamtdurchlaufzeit bei T&E = geringere Behandlungslast
                                                                                                                                            G
 Im Rahmen der statistischen Auswertungen wurden die Gesamtdurchlaufzeit und die durchschnitt-                                              für den Patienten
 liche Anzahl der IVOM pro Patient im ersten Behandlungsjahr der jeweiligen Zentren in Beziehung
 zueinander gesetzt:                                                                                                                    Die Zentren, in denen die Patienten nach einem T&E-Schema behandelt werden, zeigen meist eine
                                                                                                                                        deutlich geringere Gesamtdurchlaufzeit als die PRN-Zentren. Zusätzlich zur niedrigen Gesamtdurch-
                                        Korrelation IVOM pro Patient pro Jahr zu Durchlaufzeit gesamt                                   laufzeit können alle notwendigen Prozessschritte an einem Tag durchgeführt werden, sodass die Pa-
                                                  (bei PRN Durchlaufzeit konservativ & chirurgisch addiert)
                               10                                                                                                       tienten im Vergleich zu den Patienten, die nach dem PRN-Schema behandelt werden, einmal weniger
                                                                                                                                        das Zentrum aufsuchen müssen. Diese beiden Aspekte bedeuten sowohl für den Patienten, als auch
                                9                                                                                                       für die Begleitpersonen eine deutlich geringere Behandlungslast und können somit auf die Patien-
     Anzahl IVOM pro Patient

                                                                                                                      Schnelle          ten-Adhärenz einen positiven Einfluss nehmen.
                                8                                                                                   Durchlaufzeit
                                                                                                                          =
                                7                                                                                    Hohe Anzahl            Kurze Durchlaufzeit kann Patienten-Adhärenz positiv beeinflussen
                                                                                                                    IVOM/Patient/
                                6                                                                                       Jahr            Die Datenaufnahme an den 29 teilnehmenden IVOM-Zentren hat eine deutliche Korrelation gezeigt:
                                5                                                                                                       Je kürzer die Durchlaufzeit des Patienten in der Praxis bzw. dem OP ist (Anmeldung des Patienten bis
                                                                                                                                        Verabschiedung nach erfolgter Behandlung), desto höher ist die Anzahl der IVOM pro Patient/Jahr in
                                4                                                                                                       diesem Zentrum. Dies legt die Annahme nahe, dass Patienten mit einer kürzeren Durchlaufzeit moti-
                                    0        50          100         150        200         250         300   350
                                                                                                                                        vierter sind, weitere Untersuchungen und Behandlungen wahrzunehmen, als diejenigen, bei denen die
                                                                 Durchlaufzeit gesamt
                                                                                                                                        Wartezeit und der Aufenthalt im Zentrum mehr Zeit in Anspruch nimmt. Unmittelbare Befragungen der
                                                                                                                                        Patienten – insbesondere bei einer patientenindividuellen Re-Injektionszahl im zweistelligen Bereich –
 Abbildung 9: Korrelation IVOM pro Patient pro Jahr zu Durchlaufzeit gesamt (bei PRN Durchlaufzeit konservativ & chirurgisch addiert)
                                                                                                                                        stützen diese Vermutung. Es ist deshalb grundsätzlich sinnvoll, die Aufenthaltsdauer des Patienten in
                                                                                                                                        Praxis und OP auf ein medizinisch notwendiges Minimum zu reduzieren und entsprechende Maßnah-
 Aus Abbildung 9 wird deutlich, dass besonders in den Zentren, in denen eine kurze Gesamtdurchlauf-                                     men (Beispiele s. u.) einzuleiten, die zur Verkürzung der Gesamtdurchlaufzeit des Patienten beitragen.
 zeit gemessen wurde, vielfach auch mehrere IVOM pro Patient im ersten Behandlungsjahr durchge-
 führt wurden. Mit steigender Durchlaufzeit (bis zu knapp 350 Minuten) nimmt die Anzahl der Injektionen
 pro Patient deutlich ab (dann nur noch 4,3 Injektionen pro Patient pro Jahr). Hier besteht die Möglich-
 keit, dass eine kurze Gesamtdurchlaufzeit (niedrige Behandlungslast für Patienten und Angehörige)
 dazu motiviert, die Diagnostik- und Behandlungstermine zuverlässig wahrzunehmen. Eine vergleichs-
 weise kurze Gesamtdurchlaufzeit scheint also ein wichtiger Faktor für die Patienten-Adhärenz zu sein.

22                                                                                                                                                                                                                                           23
Identifizierte Stellhebel:

 3.4 Best Practice „Konservativer Prozessteil“                                                            Konservativer Prozessteil
 Durchlaufzeit im konservativen Bereich liegt bei etwa einer Stunde                                           Standardisierten Prozess festlegen und konsequent einhalten
 Die Durchlaufzeit (Betreten bis Verlassen der Praxis) im konservativen Bereich im Rahmen der             Es ist sinnvoll, einen zentrumsinternen standardisierten IVOM-Prozess in Praxis und OP festzulegen
 (Re-)Indikationsstellung lag bei den ausgewerteten Zentren bei durchschnittlich 66 Minuten.              und diesen konsequent einzuhalten. Hierfür bietet sich beispielsweise folgendes Vorgehen in der Pra-
                         Durchlaufzeit konservativer Bereich
                                                                                                          xis an:
                                           200
                                                                                                          Bestimmung des bestkorrigierten Visus → Gabe mydriatischer Augentropfen → OCT-Untersuchung
     Durchlaufzeit konservativ (in Min.)

                                                                                                          → Funduskopie → Befundung und Befundbesprechung
                                           150
                                                                                                          Durch eine geringe Prozessvarianz können Behandlungs- und Wartezeiten positiv beeinflusst und die

                                           100                                                    66      Durchlaufzeit des Patienten verkürzt werden. Ein standardisierter und konsequent eingehaltener Pro-
                                                                                                  Min.    zess unterstützt darüber hinaus die klare und eindeutige Aufgabenerfüllung durch nicht-ärztliche und
                                                                                                          ärztliche Mitarbeiter und kann das Fehlerrisiko senken. In jeder Praxis/jedem OP-Zentrum sollte ein
                                                                                             66
                                           50                                                             IVOM-Prozess einheitlich und arztübergreifend festgelegt werden (Vermeidung verschiedener Prozes-
                                                                                                          se bei verschiedenen Ärzten).

                                            0
                                                 0   5    10        15         20      25   30                OCT auch ohne Mydriasis möglich
                                                         Stichprobennummer (Zentrum)
                                                                                                          Es ist sinnvoll, dass OCT-Untersuchungen in der Regel nicht an das Vorliegen einer Mydriasis beim
 Abbildung 10: Durchlaufzeit konservativer Bereich                                                        Patienten gekoppelt werden (bis auf wenige Ausnahmen z. B. sehr enge Pupille). Hierdurch können
                                                                                                          OCT-Untersuchungen im Rahmen der Prozessgestaltung unter Umständen schneller durchgeführt
 Die Auswertung der Durchlaufzeiten im konservativen Bereich zeigte eine starke Varianz.                  und die Wartezeit für den Patienten reduziert werden. Die ärztlich-funduskopische Untersuchung bei
                                                                                                          Indikationsstellung sollte hingegen in Mydriasis stattfinden.
 In allen teilnehmenden Zentren setzte sich der konservative Prozess mindestens aus den Stationen
 Anmeldung, Voruntersuchung, OCT und ärztliche Befundbesprechung zusammen. Analog zu den
 Durchlaufzeiten sind auch im Bereich der Prozesszeiten große Varianzen in den zeitlichen Ausführun-          Erneutes Aufsuchen der Anmeldung zum Prozessende vermeiden
 gen der Prozesse erkennbar gewesen. Kurze Prozesszeiten sind besonders in den Zentren erkennbar,         Oftmals stellt die Anmeldung (die häufig gleichermaßen als „Abmeldung“ für die Patienten zum Pro-
 in denen klar strukturierte und definierte Prozesse vorlagen. Ein weiterer zeitlicher Vorteil entstand   zessende dient) den Flaschenhals im Prozessfluss dar. Hier kommt es – bedingt durch das Patien-
 in zahlreichen Fällen durch die inhaltlich vertretbare Delegation bestimmter Aufgaben an das nicht-­     tenaufkommen – nicht selten zu Wartezeiten für Patienten, weil sich an- und abmeldende Patienten
 ärztliche Assistenzpersonal.                                                                             „kreuzen“. Um die Gesamtdurchlaufzeit des Patienten niedrig zu halten, sollte ein erneutes Aufsuchen
                                                                                                          der Anmeldung durch den Patienten zum Prozessende vermieden werden. Unterlagen wie Arztbriefe
                                                                                                          und Rezepte sollten an anderer Stelle ausgegeben, Folgetermine an anderer Stelle (oder zu einem
                                                                                                          anderen Zeitpunkt – s. Serienterminvergabe unten) vergeben werden.

24                                                                                                                                                                                                           25
3.5 Best Practice „Chirurgischer Prozessteil“
 Durchlaufzeit im chirurgischen Bereich liegt durchschnittlich bei 44 Minuten                              Prozesszeit chirurgischer Bereich im Mittel bei 26 Minuten
 (Benchmark)       Durchlaufzeit chirurgischer Bereich                                                     Die Prozesszeit im chirurgischen Bereich lag im Mittel bei 26 Minuten. Hierbei wurden nur die Tätig-
                                                                                                           keiten als Prozesszeit gewertet, die als unmittelbare Tätigkeiten am Patienten ausgeführt wurden (die
                                           140
                                                                                                           Erstellung von OP-Berichten oder Arztbriefen wurde z. B. nicht als Prozesszeit gewertet, wenngleich
      Durchlaufzeit chirugisch (in Min.)

                                           120                                                             diese ärztlichen Tätigkeiten im IVOM-Prozess ebenso obligat anfallen).
                                           100                                                             Grundsätzlich waren die Prozesse in den Zentren dahingehend einheitlich, dass sie in nahezu allen
                                           80                                                              Fällen aus den Prozessstationen Schleuse, OP-Vorbereitung und OP-Saal bestanden. In einzelnen
                                                                                                  44       Fällen fand, nach der Durchführung der Injektionen, im Rahmen der Nachbereitung eine postoperative
                                           60                                                     Min.     Druckkontrolle statt. Die Schleusen-Situation konnte in allen teilnehmenden IVOM-Zentren als ähnlich
                                           40                                                44            beobachtet werden. Zentren, mit einer besonders kurzen Vorbereitungszeit zeigten in den meisten
                                                                                                           Fällen eine verlängerte OP-Saal-Zeit und Zentren mit sehr langen Vorbereitungszeiten waren in vielen
                                           20
                                                                                                           Fällen sehr schnell im OP-Saal.
                                            0
                                                 0   5    10        15         20      25   30
                                                         Stichprobennummer (Zentrum)

 Abbildung 11: Durchlaufzeit chirurgischer Bereich

 Im chirurgischen Prozessteil zeigte sich eine geringere Streuung der Messergebnisse als im konserva-
 tiven Prozessteil. Bei der Durchführung der Injektionen hat das angewendete Therapieschema keinen
 erkennbaren Einfluss auf die Prozesszeit. Sowohl bei den Zentren, in denen die Patienten nach dem
 PRN-Schema behandelt wurden, als auch bei den Zentren, in denen das T&E-Schema angewendet
 wurde, liefen die Prozesse gleich stabil (durchschnittliche Standardabweichung von unter 10 Minuten).
 Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass bis auf einzelne Ausnahmen alle teilnehmenden Zentren die
 IVOM-Patienten en bloc terminiert und injiziert haben (siehe hierzu auch Kapitel 3.1 „Strukturelle Vor-
 aussetzungen“). Dies hat einen positiven Einfluss auf die Prozessstabilität.

26                                                                                                                                                                                                             27
Der im Best-Practice-Workshop mit den Experten erarbeitete Musterprozess sieht folgende inhaltliche
 Verteilung der Aufgaben vor:
      Assistenz

                       Einschleusen
      Schleuse

                                                                                                                                                                                                                Ausschleusen
                       Haube, Kittel, Betäubungs-AT,                                                                                                                                                            Haube & Kittel ex,
                       Handdesinfektion Patient                                                                                                                                                                 ggf. Mitgabe Brief
      Vorbereitung
       Assistenz

                                      Vorbereitung des Patienten                                                          Vorbereitung des Patienten
                                      Betäubung-AT, BH-Spülung Jod 5%,                                                   Betäubung-AT, BH-Spülung Jod 5%, 
                                      periorbitale Hautdesinfektion Jod 10%                                               periorbitale Hautdesinfektion Jod 10%

                                                                              Vorbereitung OP-Tisch                       OP-Vorbereitung                     Abräumen OP-Tisch                                 Vorbereitung OP-Tisch
      Assistenz

      (unsteril)
       OP-Saal

                                                                              Öffnen Costumized OP- Pack,                Anreichen Medikament                Benutzte Materialien entsorgen
                                                                              Bereitlegen sterile Handschuhe,
                                                                              Bereitlegen Medikament

                                                                              Vorbereitung OP-Tisch
      Operateur

                                                                                                                          OP-Vorbereitung                     OP-Durchführung
                                                                              Handdesinfektion, Anziehen sterile         Aufziehen Medikament,               Lochtuch, Lidsperrer, Markierung,
                                                                              Handschuhe, steriles Herrichten OP-Tisch   Wechsel Kanüle                      Injektion, Perfusionskontrolle HBW

                                                                                                                                                                                                                Vorbereitung OP-Tisch

                                                                                                                                                                                                   Prozesszeit 26 Minuten
 Abbildung 12: Best Practice Musterprozess zur Durchführung der IVOM

        Patient 1

        Patient 2

28                                                                                                                                                                                                                                      29
Chirurgischer Prozessteil
 IVOM-Prozess sehr gut standardisierbar                                                                     Standardisierten Prozess festlegen und konsequent einhalten
         Standardabweichung
            Standardabweichung
                                                           Standardabweichung
                                                              Standardabweichung
                                                                                                        Es ist sinnvoll, einen zentrumsinternen standardisierten IVOM-Prozess in Praxis und OP festzulegen

               konservativ
           konservativer Bereich                                 chirurgisch
                                                              chirurgischer Bereich
                                                                                                        und diesen konsequent einzuhalten. Im Rahmen des Projektes identifizierte Best-Practice-Beispie-
                                                                                                        le zeigen, dass der IVOM-Prozess grundsätzlich sehr gut standardisierbar ist. Durch eine geringe
                                                                                                        Prozessvarianz können Behandlungs- und Wartezeiten positiv beeinflusst und die Durchlaufzeit des
       7 Minuten                                         3 Minuten                                      Patienten verkürzt werden. Ein standardisierter und konsequent eingehaltener Prozess unterstützt da-
                                                                                                        rüber hinaus die klare und eindeutige Aufgabenerfüllung durch nicht-ärztliche und ärztliche Mitarbeiter
     Standardabweichung                               Standardabweichung
                                                                                                        und kann das Fehlerrisiko senken. In jeder Praxis/jedem OP-Zentrum sollte ein IVOM-Prozess einheit-
                                                                                                        lich und arztübergreifend festgelegt werden (Vermeidung verschiedener Prozesse bei verschiedenen
                                                                                                        Ärzten).

                                                                                                            OP-Plan: IVOM en bloc
                                                                                                        Es ist sinnvoll, auch im chirurgischen Prozessteil die IVOM-Patienten en bloc einzubestellen und zu
                                                                                                        injizieren und nicht andere OP-Arten (wie z. B. Katarakt-OPs) „dazwischenzuschieben“. Hierdurch kön-
                                                                                                        nen die Termin- und Slot-Struktur zuverlässiger geplant und kürzere Durchlaufzeiten für die Patienten
                                                                                                        realisiert werden.
                            59 Minuten                                           26 Minuten

                                                                                                                                                                                                                   Stellhebel: Prozess Chirurgisch
                           Standardabweichung                                   Standardabweichung
                                                                                                             dministrative und prozessfremde Tätigkeiten vor und/oder nach dem
                                                                                                            A
                                                                                                            OP-Programm durchführen
 Die Standardabweichung gibt bei der Prozess-Analyse einen guten Aufschluss darüber, wie stan-
 dardisiert und planbar ein Prozess verläuft. Die Datenaufnahme in den Zentren hat gezeigt, dass der    Es ist sinnvoll, die Gesamtdurchlaufzeit des Patienten am OP-Tag möglichst gering zu halten um auch
 IVOM-Prozess grundsätzlich sehr gut standardisierbar ist. So zeigte sich im Zentrum mit den stabils-   hierdurch die Patienten-Versorgung positiv zu beeinflussen. Hierfür ist es sinnvoll, administrative und
 ten Prozessen im konservativen Prozessteil eine Standardabweichung von gerade einmal 7 Minuten         prozessfremde Tätigkeiten – sofern es sich nicht um Notfälle handelt – auf die Zeit vor und/oder nach
 (Standardabweichung des Zentrums mit den instabilsten Prozessen: 59 Minuten).                          der Durchführung des IVOM-OP-Programms zu verlagern (z. B. Telefonate mit Zuweisern, OCT-Befun-
                                                                                                        dungen oder Nachfragen aus der Praxis).
 Im chirurgischen Prozessteil betrug die Standardabweichung des Zentrums mit den stabilsten Pro-
 zessen nur 3 Minuten, im Zentrum mit den instabilsten Prozessen betrug die Standardabweichung 26
 Minuten.                                                                                                   Zwei bis drei Patienten im unmittelbaren OP-Vorlauf
 Stabile Prozesse haben maßgeblichen Einfluss auf kurze Warte- und damit Durchlaufzeiten. Kurze         Es ist sinnvoll, einen konstanten Prozessfluss während des OP-Programms aufrechtzuhalten. Hier-
 Durchlaufzeiten (geringe Behandlungslast) können wiederum dabei helfen, die Adhärenz des Patienten     für sollten sich immer zwei bis drei Patienten im unmittelbaren OP-Vorlauf befinden (also unmittelbar
 zu verbessern und damit eine adäquate Therapie mit möglichst guten Visusergebnissen sicherzustellen.   in den OP-Saal abrufbereit sein). Hierdurch sollen Leerläufe des OPs mit nachfolgenden Wartezeiten
                                                                                                        möglichst vermieden werden.

                                                                                                            Erneute Visusprüfung am OP-Tag nur bei Bedarf
                                                                                                        Sollte nach PRN-Schema behandelt werden, ist es nicht zwingend notwendig, eine erneute Visus-
                                                                                                        prüfung bei allen Patienten am OP-Tag durchzuführen, wenn mit kurzem zeitlichem Abstand (z. B. im
                                                                                                        Rahmen der Re-Indikationsstellung) bereits ein bestkorrigierter Visus erhoben und dokumentiert wur-
                                                                                                        de und der Patient keine zwischenzeitliche Sehverschlechterung bemerkt hat. Unter diesen Voraus-
                                                                                                        setzungen kann auf eine erneute Visusprüfung am OP-Tag verzichtet werden.

30                                                                                                                                                                                                            31
Tensiomessung am OP-Tag nicht als Standard                                                            3.6 Diagnostik und Therapie
                                   Es ist nicht notwendig, bei jedem Patienten postoperativ am OP-Tag den Augeninnendruck mittels ap-        Bei der Analyse der Versorgungskennzahlen wurden die in Kapitel 2 „Wichtige IVOM-Kennzahlen“
                                   planatorischer oder Non-Contact-Tonometrie zu prüfen, wenn das Injektionsvolumen des VEGF-Hem-            ­genannten und erläuterten Kennzahlen ausgewertet.
                                   mers (wie üblich) 0,05 ml beträgt. Bei entsprechender Prädisposition oder konkreten klinischen
                                   Hinweisen kann eine Tensiomessung postoperativ am OP-Tag sinnvoll sein, sie muss jedoch nicht
                                   zwingenderweise bei jedem Patienten durchgeführt werden.
                                                                                                                                             Versorgungslage der Anzahl
                                                                                                                                                                 Patienten      besser
                                                                                                                                                                        IVOM / Patient / Jahrals erwartet
                                                                                                                                                                        12
                                                                                                                                                                        11
                                       Konsequente Händedesinfektion der Patienten                                                                                      10
                                                                                                                                                                         9

                                                                                                                                                 Anzahl IVOM pro Jahr
                                   Es ist sinnvoll, dass neben weiteren hygienischen Maßnahmen eine konsequente Händedesinfektion
                                   des Patienten beim Einschleusen in den OP-Bereich erfolgt. Hierdurch kann das Risiko von Kontakt-
                                                                                                                                                                         8                                               7,6         7,6
                                                                                                                                                                         7                                                           IVOM /
                                   kontaminationen deutlich reduziert werden.                                                                                            6                                                        Patient / Jahr
                                                                                                                                                                         5                                                          Min: 4,3
                                                                                                                                                                         4                                                          Max: 9,6
                                       Zweimal lokalanästhetische Tropfen reichen aus                                                                                    3
                                                                                                                                                                         2
                                   Es ist sinnvoll, lokalanästhetische Tropfen vor Durchführung der (Jod-)Desinfektion der Bindehaut so-                                 1
                                   wie vor Durchführung der IVOM zu verabreichen. Hierbei ist in den meisten Fällen eine zweimalige                                      0
                                                                                                                                                                             0   5    10        15         20      25   30
                                   Applikation lokalanästhetischer Tropfen ausreichend. Ein exzessives Tropfen lokalanästhetischer Trop-
                                   fen vor Durchführung der IVOM ist meist kontraproduktiv, weil durch den epitheltoxischen Effekt der                                               Stichprobennummer (Zentrum)
                                   Tropfen (Keratitis punctata superficialis!) postoperative Schmerzen beim Patienten induziert werden
Stellhebel: Prozess Chirurgisch

                                                                                                                                             Abbildung 13: Anzahl IVOM pro Patient pro Jahr
                                   können.

                                                                                                                                             Die Ergebnisse der Kennzahl „IVOM pro Patient im ersten Behandlungsjahr“ zeigen im Verhältnis zu
                                       Keine lokale Antibiose                                                                                den bekannten Real-Life-Beobachtungen überraschend gute Ergebnisse. Mit einer durchschnittlichen
                                                                                                                                             Injektionszahl von 7,6 Injektionen im ersten Behandlungsjahr scheinen die Patienten in den teilneh-
                                   Eine prä-, peri- und/oder postoperative Behandlung mit antibiotischen Augentropfen ist nach aktueller
                                                                                                                                             menden IVOM-Zentren überwiegend adäquat behandelt zu sein. Bei den Analysen konnten Korre-
                                   Studienlage nicht notwendig. Im Gegenteil gibt es fundierte Hinweise darauf, dass durch die standard-
                                                                                                                                             lationen zwischen der Anzahl der durchgeführten Injektionen pro Patient und der durchschnittlichen
                                   mäßige Anwendung antibiotischer Augentropfen im Zusammenhang mit der IVOM die Entwicklung
                                                                                                                                             Gesamtdurchlaufzeit festgestellt werden. Diese Ergebnisse wurden bereits in Kapitel 3.3 „Prozess-
                                   resistenter Keime begünstigt wird.
                                                                                                                                             fluss“ ausführlich dargestellt. Eine kurze Durchlaufzeit kann hiernach einen positiven Einfluss auf die
                                                                                                                                             Patienten-Adhärenz haben.
                                       Bindehautdesinfektion mit 5%igem Jod – Einwirkzeit: 30–60 Sekunden
                                   Es ist sinnvoll, eine sorgfältige Desinfektion der Bindehaut vorzunehmen. Hierfür bietet sich eine Spü-
                                   lung mit ca. 2 ml einer 5%igen PVP-Jod-Lösung bei einer Einwirkzeit von 30–60 Sekunden an. Die
                                   Desinfektion der perioculären Haut sollte mit einer 10%igen PVP-Jod-Lösung erfolgen.

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