BFDI VERÖFFENTLICHT TÄTIGKEITSBERICHT 2020 - DER SCHWERPUNKT LAG AUF DER PANDEMIE
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Parlamentsbrief 4. Ausgabe – 25. März 2021 BfDI veröffentlicht Tätigkeitsbericht 2020 Der Schwerpunkt lag auf der Pandemie Am 25. März 2021 hat der BfDI seinen aktuellen Tätig- Folge der Hast bei den Pandemie-Schutz-Gesetzen keitsbericht zum Datenschutz und zur Informations- waren etliche Regelungen uneindeutig und führten zu freiheit veröffentlicht. Die Pandemie hat weite Teile viel Unsicherheit in der Praxis. Ein Beispiel hierfür sind seiner Arbeit bestimmt. die Pflichten und Befugnisse für Beförderungsunter- nehmen und für die Bundespolizei im Zusammen- Von Beginn an dominierten die Diskussionen um die hang mit der Einreise nach Deutschland. Beförderer Apps zur Pandemiebekämpfung den öffentlichen Dis- sollen Nachweise über Meldepflichten, Impfungen und kurs. Um den Datenschutz der Corona-Warn-App wurde Gesundheitszustand vorgelegt bekommen und müs- und wird bis heute öffentlich gerungen. Dabei ist die sen ihrerseits die Daten der Passagiere entsprechend App nur ein Baustein der Pandemiebekämpfung und übermitteln. Die Bundespolizei soll die Erfüllung der kann weiterentwickelt werden. Dies geht nach wie vor Pflichten aus der Verordnung überwachen und Verstöße datenschutzfreundlich. melden. Diese Grundrechtseingriffe werden im Gesetz Bei der Datenspende-App, einem anderen Projekt des nicht ausreichend abgewogen und gerechtfertigt, ins- Robert Koch-Instituts (RKI), ist der Beitrag zur Pande- besondere hier die Geeignetheit und Erforderlichkeit miebekämpfung weiter unklar. Die datenschutzkon- der Maßnahmen. forme Erhebung von Fitness-Tracker-Daten aus den Den BfDI ha- Systemen der unterschiedlichen Anbieter ist dabei ben im vor- sowohl rechtlich als auch technisch problematisch. liegenden Eine Evaluierung des RKI steht aus. Berichtszeit- Die Nutzung beider Apps ist freiwillig. Das hat zu der raum immer Behauptung geführt, der Datenschutz sei das einzige wieder Fra- Grundrecht, das in Pandemiezeiten nicht angetastet gen erreicht, wie der Datenschutz unter den besonde- würde. Diese These kann allein schon der Blick in die ren Bedingungen der Pandemie rechtssicher umgesetzt Änderungen des Infektionsschutzgesetzes schnell werden kann, denn wichtige Themen wie der Beschäf- widerlegen. Gerade die Ausweitung der Meldepflichten tigtendatenschutz im Homeoffice oder die Sicherheit für Erkrankungen und Krankheitserreger sind ein er- von Videoplattformen kamen hinzu sowie viele Fragen heblicher Eingriff in das Grundrecht auf informationelle zur Informationsfreiheit während der Pandemie. Der Selbstbestimmung. Schutz personenbezogener Daten und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie stehen sich Es liegt auf der Hand, dass die Tragweite solcher Ge- nicht entgegen, so lange die Maßnahmen setzesänderungen besondere Sorgfalt erfordert. In verhältnismäßig sind. Parlamentsbrief des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 1
Parlamentsbrief Das Jahr 2020 aus Sicht des BfDI Schatten, aber auch Licht Seit dem Frühjahr 2020 wurden viele neue Gesetzes- tigtendatenschutz wurden gleichzeitig dringlicher. vorhaben und Projekte mit hoher Schlagzahl auf den Der BfDI hat 423 Rechtsetzungsvorhaben des Bundes Weg gebracht. Leider setzte sich der Trend durch, mit Stellungnahmen, Anhörungen und Ressortbespre- dass einige Ministerien dem BfDI ihre Entwürfe erst chungen begleitet. Das ist eine Steigerung um mehr als sehr spät und mit äußerst kurzen Rückmeldefristen 50 % zum Vorjahr. Dazu kommt die Begleitung europäi- vorlegen. Eine umfassende Prüfung kann so nicht ge- scher Rechtsetzungsvorhaben. währleistet werden. Sollte sich dies nicht ändern, wird der BfDI bei Bedarf zukünftig die Datenverarbeitung Die Pandemie hatte natürlich auch Auswirkungen auf untersagen, bis eine vollständige Prüfung aller Daten- die Anzahl der Kontrollen und Beratungen, jedoch schutzfragen möglich war. konnten 88 möglich gemacht werden. 7.878 Beschwer- den, knapp 400 Fälle mehr als 2019, wurden im vergan- Schon das Ausmaß notwendiger Beteiligung des BfDI genen Jahr durch Bürgerinnen und Bürger eingereicht. war im letzten Jahr immens. Ärgerlich wurde es aber 2020 wurden dem BfDI mit 10.024 Datenschutzverstöße dann, wenn eine Beteiligung erst spät und vor allem mit deutlich weniger als noch im Vorjahr gemeldet. Somit kurzer Frist erfolgte. Für die Stellungnahme zum ersten gibt es auch viel Positives zu berichten. Pandemie-Schutz-Gesetz wurden dem BfDI lediglich vier Stunden Zeit gelassen. Für das zweite und dritte Die Bundesverwaltung nutzt zunehmend das vom BfDI gab es jeweils eineinhalb Tage. entwickelte Vertragsmuster zur Auftragsverarbeitung. Das Bundeswirtschaftsministerium hat den BfDI beim Programm für Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen erfreulich und entgegen dem Trend frühzeitig und umfangreich eingebunden. Die Zertifikate der Steuersoftware ELSTER erreichen das Vertrauensniveau „substantiell“ nach der eIDAS-Verord- nung; das ist aktuell ein Alleinstellungsmerkmal. Die Nachrichtendienste informieren nunmehr Bewer- berinnen und Bewerber über die Ausnahmeregelungen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Die Kont- rollen nach dem Informationsfreiheitsgesetz bei der Bundeszentrale für politische Bildung und beim Tech- Allein die Zahlen zeigen, dass die Behörde im ver- nischen Hilfswerk haben zu erfreulichen Ergebnissen gangenen Jahr sehr gefordert war. Schon bestehende geführt. Außerdem gab es zahlreiche weitere Fälle, in Probleme wie das Registermodernisierungsgesetz, mit denen Behörden die Beratung des BfDI angenommen, dem die Steuer-ID zu einer einheitlichen Identifikations- Empfehlungen umgesetzt oder sogar aus eigener Er- nummer gemacht wurde, die Neufassung des Gesetzes kenntnis Verbesserungen beim Datenschutz vorgenom- über den Bundesnachrichtendienst mit wesentlichen men haben. Änderungen für die Kontrolle, der gesamte Komplex der Mehr hierzu im 29. Tätigkeitsbericht selbst. Regelungen im Bereich der Telekommunikation und Diesen finden Sie unter: Telemedien sowie der interdisziplinäre Beirat Beschäf- www.bfdi.bund.de/taetigkeitsberichte Parlamentsbrief des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 2
Parlamentsbrief Überwachungsgesamtrechnung Warum den Rechtsstaat messen? Der Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen aktivitäten eine reflexartige Reaktion auf Einzelereig- Bundestages beschäftigte sich jüngst in einer An- nisse gewesen sei. Mit einer Liste der seit dem Jahr hörung mit der Frage nach einer Überwachungsge- 2001 getätigten Gesetzgebungsaktivitäten im Sicher- samtrechnung. Schon in der Vergangenheit forderte heitsbereich verdeutlichte der BfDI dabei den Umfang der BfDI die Politik auf, das Gesamtmaß staatlicher gesetzgeberischer Maßnahmen, denen keine freiwillige Überwachungsmaßnahmen sowie eine Evaluation der Beschränkung des Staates zugunsten bürgerlicher Frei- Notwendigkeit bisheriger Regelungen in den Blick zu heiten gegenüber stehe. nehmen. Dabei geht es auch um ein Moratorium be- Den Erfolg einer Sicherheitsarchitektur kennzeichne stehender Sicherheitsgesetze. aber nicht die Summe der Gesetze oder die Zahl der Hintergrund der Debatte um eine Überwachungsge- Eingriffsbefugnisse, sondern deren tatsächliche Effi- samtrechnung ist die nicht nur vom BfDI geäußerte zienz und Notwendigkeit, betonte Prof. Kelber. Rechts- Kritik daran, dass im Laufe der vergangenen Jahre staatlich bedenklich sei, die Befugnisse von Sicherheits- zahlreiche Sicherheitsgesetze immer verschärft und behörden ausschließlich und zugleich größtmöglich viele neue Eingriffsbefugnisse geschaffen wurden. Der auszubauen und Vorschriften allenfalls dann wieder Gesetzgeber hat bisher enger zu fassen, wenn keine Evaluation der das Bundesverfassungs- Maßnahmen, geschweige gericht dies zum Schutz denn eine Gesamtschau der Grundrechte verlange. des Überwachungsmaßes, Dabei sollte es – nicht das die Bürgerinnen und zuletzt mit Blick auf die Bürger trifft, vorgenom- eigenen Ressourcen – men. auch im Interesse der Si- cherheitsbehörden höchst Als Sachverständiger hat selbst liegen, überflüssige der BfDI die Anhörung des Eingriffsbefugnisse abzu- Ausschusses für Inneres geben. Damit steige auch und Heimat am 22. Febru- das Maß der Akzeptanz für die Beschränkung bürgerli- ar 2021 aus diesem Grund erneut genutzt, seine schon cher Freiheiten. Zudem verfestige sich das verfassungs- in mehreren Tätigkeitsberichten erhobene Forderung rechtliche Fundament hoheitlichen Handelns. nach einer Prüfung der Wirksamkeit und Notwendigkeit bestehender Sicherheitsgesetze verbunden mit einem Der BfDI begrüßte, dass der Bundestag sich des Themas Moratorium zu bekräftigen. Angesichts des erheblichen annahm. Es sei an der Zeit für eine Bestandaufnahme, Ausmaßes der Eingriffe in Bürgerrechte sei es notwen- denn ungeeignete wie überflüssige Grundrechtseingrif- dig, nicht allein einzelne Gesetze, sondern zum Schutz fe wären rechtswidrige Beschränkungen von Freiheit. vor einem rechtsstaatlich unzulässigen Übermaß auch Die Stellungnahme des BfDI an den Deutschen Bundes- die Summe aller Eingriffsbefugnisse in den Blick zu tag vom 18. Februar 2021 finden Sie unter: nehmen. www.bfdi.bund.de/stellungnahmen Eine solche Bestandaufnahme sei auch deshalb ge- boten, weil Ausgangspunkt mancher Gesetzgebungs- Parlamentsbrief des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 3
Parlamentsbrief Kurz notiert Kurzinformationen Roderich Kiesewetter (MdB, CDU), Zur besseren Koordinierung seiner neuer Vorsitzender des Parla- Arbeit im politischen Raum hat der mentarischen Kontrollgremiums, BfDI in seinem Berliner Verbindungs- nutzte das Angebot des BfDI zum büro ein Hauptstatteam gebildet. Ihr Austausch bei einem Vor-Ort-Be- Kontakt zum Team: such in unserem Bonner Haupt- Hauptstadtteam@bfdi.bund.de haus am 11. Februar 2021. Neu erschienen BfDI erhält Zuständigkeit für Umweltinforma- Diese Flyer können Sie jetzt herunter- laden oder bestellen: tionsgesetz (UIG) Mit der Beratungs- und Kontrollzuständigkeit für den Zugang zu Umweltin- • 29. Tätigkeitsbericht www.bfdi.bund.de/taetigkeitsberichte formationen bei den öffentlichen Stellen des Bundes wird eine langjährige Forderung des BfDI erfüllt, die Beratung bei Informationsanliegen an einer • Info 6 – DSGVO in der Stelle zusammenzuführen. Anträge von Bürgerinnen und Bürgern werden Bundesverwaltung auf Grundlage des UIG bearbeitet, wenn beispielsweise Bauangelegenhei- www.bfdi.bund.de/info6 ten, die Raum- oder Verkehrsplanung oder die Land- und Forstwirtschaft betroffen sind. • Flyer – Datenschutz bei der Polizei www.bfdi.bund.de/flyer-polizei Aktuelle Entwicklungen ePrivacy... Termine • 13. April 2021 - 47. Europäischer ... vorwärts in die falsche Richtung Datenschutzausschuss • 28./29. April 2021 - Datenschutz- Lange konnte der Rat der Europäischen Union keine gemeinsame Positi- konferenz on zum Schutz der Privatsphäre und der Vertraulichkeit digitaler Kommu- nikation finden. Die sog. ePrivacy-Verordnung hätte eigentlich zeitgleich mit der DSGVO kommen sollen. Was der Rat nun jedoch am 10. Februar Impressum Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz 2021 beschlossen hat, ist ein Schritt rückwärts: Viele der Ideen stehen im und die Informationsfreiheit absolutem Widerspruch zum Datenschutz. Verbindungsbüro Berlin / Redaktion Parlamentsbrief Friedrichstr. 50 Die Verordnung sieht beispielsweise die Wiedereinführung einer Vorrats- 10117 Berlin datenspeicherung vor. Bei den Regeln im Internet gäbe es auch Rück- E-Mail: parlamentsbrief@bfdi.bund.de schritte, denn sogenannte „Cookie Walls“ wären zulässig. Darüber hinaus Internet: www.bfdi.bund.de wurden einige wichtige Garantien für Nutzer, wie das Widerspruchsrecht Bildnachweise: oder die Datenschutz-Folgenabschätzung gestrichen. Auch ein Rück- Getty.com, stock.adobe.com, BfDI griff auf die Garantien der DSGVO ist ausgeschlossen. Leider ermöglicht Redaktionsschluss: 19. März 2021 diese Version der ePrivacy-Verordnung, dass personenbezogene Daten Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsar- ohne Einwilligung der Nutzenden zu anderen Zwecken weiterverarbeitet beit des BfDI und wird kostenlos abgegeben; sie darf nicht für werden können. Zwecke der Wahlwerbung ver- wandt werden. Parlamentsbrief des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 4
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