Bild im Netz IM BLICKPUNKT: Bildverstehen Die Flut der Bilder Bild und Geld Urheberrecht und Lizenzmodelle Von Bildbearbeitung zur Bildmanipulation

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Bild im Netz IM BLICKPUNKT: Bildverstehen Die Flut der Bilder Bild und Geld Urheberrecht und Lizenzmodelle Von Bildbearbeitung zur Bildmanipulation
IM BLICKPUNKT:
Bild im Netz

                                             Bildverstehen
                                        Die Flut der Bilder
                                             Bild und Geld
                          Urheberrecht und Lizenzmodelle
                 Von Bildbearbeitung zur Bildmanipulation
Bild im Netz IM BLICKPUNKT: Bildverstehen Die Flut der Bilder Bild und Geld Urheberrecht und Lizenzmodelle Von Bildbearbeitung zur Bildmanipulation
Bild im Netz
                                                              IM BLICKPUNKT: Bild im Netz setzt sich mit diesen
                                                              Fragen auseinander, befasst sich mit der Fülle und
                                                              Vielfalt, mit der tatsächlichen und vermeintlichen Wahr-
Das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend                heit von Bild-Dokumentationen und mit den verschie-
Worte“ besagt, dass die mit einem Bild verbundene             denen Realitäten, die abge“bild“et werden können.
Aussage oft einen unmittelbareren und nachhal-

                                                              Bildverstehen
tigeren Eindruck hinterlässt, als ein umfangreicher
Text, der den gleichen Inhalt zu erläutern versucht.

Nachweislich wird dieses Sprichwort seit 1921 im an-          Bilder werden genutzt, um Inhalte zu verdeutlichen,
gelsächsischen Sprachraum verwendet – interessan-             Ideen zu transportieren, Sachverhalte darzulegen, Ge-
terweise hatte es seinen ersten Auftritt in einer Wer-        schehnisse zu dokumentieren, Entwicklungen zu veran-
befachzeitschrift. Mit dem Slogan „One Look is Worth          schaulichen, Aufrufe zu verstärken und vieles andere
A Thousand Words“ wurde die Nutzung von Werbeauf-             mehr. Natürlich ist es notwendig, die entsprechenden
drucken auf Straßenbahnen angepriesen. Das Prinzip            „Botschaften“ deuten und einordnen zu können. Die
des Bilds als Botschaft wurde hier also bereits zielge-       Herausgeber des Jahrbuchs Medienpädagogik spre-
richtet umgesetzt.                                            chen von der immer wichtiger werdenden „Bedeutung
                                                              der in der Gesellschaft zirkulierenden visuellen Bil-
Noch nie waren so viele Bilder überall um uns herum           der“. Dies verlange von „den Heranwachsenden, neue
wie in den vergangenen Jahren, in denen das Internet
die größte Quelle aller Zeiten geworden ist. Sie ver-
mitteln den Eindruck, dass nichts passiert, das nicht
auch unmittelbar durch Fotos und Videos dokumen-              Bildwissenschaft
tiert würde. Während Bilder früher als Ergänzung von
Nachrichten dienten, werden Texte heute eher zu ei-           Die Bildwissenschaft als fachübergreifende Disziplin befasst
ner Kommentierung des Bildmaterials. Wird noch real           sich dementsprechend auch weniger mit dem (einzelnen)
wahrgenommen, was nicht durch Bilder „bewiesen“               Bild an sich, sondern fragt, „was es grundsätzlich bedeutet,
                                                              mit Bildern (als solchen) umgehen zu können“, so der In-
wird? Und hält dieser „Beweis“ einer Überprüfung
                                                              formatiker und Philosoph Jörg Schirra, der sich intensiv mit
stand?                                                        diesem Thema befasst. In diesem Kontext sind sowohl die
                                                              Bilderstellung als auch die Fähigkeit des Menschen von Be-
Noch nie waren aber auch so viele Bilder verfügbar            lang, Bilder sowohl (zweckgerichtet) erzeugen als auch wahr-
wie heute: Die Verbreitung über das Internet reicht           nehmen und deuten zu können, als auch die Wirkung, die die
von der Bebilderung privater Websites über die Ge-            Herstellung und die Verwendung von Bildern auf das Verhal-
staltung von Firmenportalen hin zu der fast in Echt-          ten und die Kultur des Menschen haben.
zeit gewährleisteten Dokumentation aller tagtäglichen
Ereignisse – von lokal bis international, vom Bild            ¢   Moser, Heinz / Sesink, Werner, Meister, Dorothee M. /
                                                                  Hipfl, Brigitte / Hug, Theo (Hrsg.): Jahrbuch Medienpäda-
eines zufälligen Augenzeugen bis zur professionellen
                                                                  gogik, Band 7. VS Verlag 2008, S. 8.
Pressefotografie.
                                                              ¢   Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientie-
Nicht immer ist nachvollziehbar, woher das einzelne               rungen in den Kulturwissenschaften. Rowohlt Taschen-
Bild stammt: Wer ist sein Urheber, welchen Verbrei-               buch Verlag 2006, S. 348.
tungsweg hat es genommen? Und vor allem: Ist es               ¢   Schirra, Jörg / Sachs-Hombach, Klaus: Bild und Wort. Ein
noch „echt“? Neben den digitaltechnischen Möglich-                Vergleich aus bildwissenschaftlicher Sicht. In: Essener
keiten, qualitativ hochwertige Fotos und Filme her-               Linguistische Skripte – elektronisch (ELiSe, ISSN:
zustellen, sind auch jene zu ihrer Bearbeitung, also              1617-5425) Jahrgang 6, Heft 1, 2006, Seite 51-72.
auch zu ihrer Manipulation, gewachsen.                            www.uni-due.de/germanistik/elise/

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Formen einer Bildkompetenz zu entwickeln – als Fähig-          Die Tatsache, dass sich heute fast überall eine Per-
keit, Bilder aus dem gesellschaftlichen Symbolvorrat           son mit einem foto- und filmfähigen Smartphone
kritisch reflektieren bzw. dekonstruieren zu können“.          oder Handy da aufhält, wo etwas passiert, hat einige
Vereinfacht gesagt: Um den Sinn von Bildern erfassen           Zeitungen und Zeitschriften dazu bewogen, dieses
zu können, muss man sie verstehen – und dies ist im-           Potenzial in ihre redaktionellen Inhalte einzubinden.
mer abhängig von der Kultur und Gesellschaft, in der           Das bekannteste Beispiel hierfür sind in Deutschland
man lebt und die man kennt. „Wozu, von wem werden              sicherlich die Leserreporter der Bild-Zeitung. Quali-
Bilder produziert und verwendet, wie wirken sie, und           tät und Nachprüfbarkeit des gelieferten Bildmaterials
wie werden sie wahrgenommen“, sind hier die Leitfra-           waren hier vermutlich nicht das ausschlaggebende
gen (Bachmann-Medick).                                         Kriterium. Der Deutsche Journalistenverband beklag-
                                                               te nach Beginn dieser Maßnahmen auch prompt den

Die Flut der Bilder
                                                               Verfall journalistischer Standards (www.djv.de; dort
                                                               im Bereich Presse und News, Dezember 2006).

Das Bildhafte bestimmt in viel größerem Maße als
früher unsere (medial vermittelte) Umwelt. Bilder und
Videos können heute im Internet in unvergleichlicher
                                                               Das Projekt „Commons“
Fülle gefunden werden. Sie gehören zunehmend zur
                                                               Flickr arbeitet gemeinsam mit der US-amerikanischen Libra-
Dokumentation des eigenen Lebens. Facebook dient               ry of Congress, einer der größten Bibliotheken der Welt, am
als Urlaubsalbum in Echtzeit, Privatpersonen gestalten         Projekt „Commons“. Dieses stellt gemeinfreie (also nicht
ihre Websites mit Bildelementen, Unternehmen und               mit Urheberrechten versehene) Fotos ins Internet und bittet
öffentliche Einrichtungen nutzen Graphiken und Foto-           die Besucher der Seite, mit Informationen zu den einzelnen
material zur Bewerbung ihrer Produkte und Anliegen –           Werken zu einer besseren Verschlagwortung und damit Kata-
kein Nachrichtenportal, das nicht fast ebenso viele Bil-       logisierung dieser großen Bestände beizutragen.
der wie Texte zur Berichterstattung verwendete.

Die Summe derer, die diese Bilder liefern, setzt sich
zusammen aus Privatpersonen, die Handyaufnahmen                Die wachsende Gruppe der interessierten Amateure
machen, denen, die mithilfe der immer günstiger ge-            hat die Wahl zwischen mehreren Online-Fotoalben, in
handelten Digitalkameras durchaus qualitativ akzep-            denen sie ihre Werke veröffentlichen können: Allein
table Fotos machen, sowie der kleiner werdenden                die Online-Community Flickr, die es Nutzern erlaubt,
Gruppe der Bildreporter und der größeren Gruppe der            digitalisierte Bilder und Filme hochzuladen, bot im
frei arbeitenden Pressemitarbeiter. Hinzu kommen               September 2010 mehr als fünf Milliarden Fotos und
– wie von jeher – Bildagenturen, die ihren Bestand             Videos. Viele von diesen sind von durchaus überzeu-
zunehmend im Netz anbieten, so dass ein Bild bei               gender Qualität, was nicht allein der Tatsache ge-
Bedarf in Sekunden zur Verfügung steht.                        schuldet ist, dass die Nutzer sich ein entsprechendes
                                                               Fachwissen angeeignet haben, sondern vor allem
Dies führt auf der anderen Seite dazu, dass sich die           auch der, dass die Preise auch hochwertiger Digital-
Erwartungshaltung ändert: Es gibt kein Ereignis, das           kameras in den vergangenen Jahren erheblich gefal-
nicht mehr fotografiert wird – das Publikum verlangt           len sind.
nach sofortigem Bildmaterial. Nicht immer ist der
Anlass so außergewöhnlich wie im Falle des auf dem             Auch dem interessierten Laien stehen inzwischen
Hudson River in New York notgewasserten Passa-                 technische Geräte zur Verfügung, die noch vor ver-
gierflugzeugs: Das erste veröffentlichte Bild hiervon          gleichsweise kurzer Zeit Unsummen gekostet haben.
stammt vom Handy eines Fährpassagiers (http://                 Hinzu kommt eine Vielzahl an Bildbearbeitungspro-
twitpic.com/135xa).                                            grammen, die sich auch dem Laien erschließen.

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Entstanden ist Flickr als reine Fotogemeinschaft, die          rechte keine Einschränkungen verbunden sind. Wer
der Präsentation der eigenen Bilder und Filme sowie            das Bild erwirbt, kann es unbegrenzt einsetzen. Die
dem Austausch unter Gleichgesinnten diente. Die                Kosten berechnen sich in der Regel ausschließlich
Mitglieder der Community publizieren bei Flickr ihre           nach der Größe des gewünschten Bildes.
Werke, unter anderem auch Blogger und andere, die
hier ihre in ihren Blogs und anderen Sozialen Medien           Weiterführende Hinweise für Personen, die mit ihren
eingebetteten Fotos veröffentlichen. Viele Mitglieder          Fotos Geld verdienen möchten, finden sich beispiels-
bieten ihre Bilder (lizenzfrei) zur Weiterverwendung an.       weise auf der Seite irights.info, dem Info-Portal zum
                                                               Urheberrecht in der digitalen Welt, bei www.medien-
Nicht von der Zahl der (registrierten) Nutzer, aber            paedagogik-praxis.de/2011/03/02/leitfaden-foto-
vom Prinzip her vergleichbar ist die in Deutschland            recht/ oder im mekonet Dossier „Lizenz zur Bildung:
gegründete, mittlerweile aber in mehreren europä-              Creative Commons (CC)“ (www.mekonet.de/dossiers).
ischen Ländern jeweils in Landessprache angebote-
ne „fotocommunity“, die nach eigenen Angaben die
größte Community dieser Art in Europa ist.                     Urheberrecht und
Bild und Geld                                                  Lizenzmodelle
                                                               Universelle Verfügbarkeit suggeriert nicht nur, dass
Mittlerweile sind Agenturen auf die Fülle des oft              alles da ist, sondern auch, dass jeder alles verwen-
auch qualitativ hochwertigen Materials aufmerksam              den kann. Die Flut der verfügbaren Bilder im Internet
geworden. So werden in der Kategorie „Getty Images             sollte allerdings nicht zu der Annahme verleiten,
Call for Artists“ Nutzer von Flickr dazu eingeladen,           dass all diese von jedermann verwendet, bearbei-
jeweils eine Auswahl von zwölf Fotografien zur Begut-
achtung durch ein Getty-Kreativteam einzureichen;
die besten Arbeiten kommen in die Flickr-Sammlung
der – immerhin international renommierten – Bild-              Agenturen und Communitys
agentur Getty. Doch zeigt sich hier auch sofort die
andere Seite der Medaille: Die Fotografen treten ihre          Auch die Microstock-Agenturen Fotolia und Photocase, die
Rechte weitgehend an die Agentur ab und erhalten               eine international, die andere in Deutschland gegründet, ar-
bei Verkauf ihrer Bilder lediglich 30 Prozent der Sum-         beiten mit den Werken von Fotografen, die auf den jewei-
me. Dies weicht nicht sonderlich von der gängigen              ligen Plattformen registriert sind. Sie stellen ihre Arbeiten
Praxis ab, illustriert aber, dass den Urhebern von             lizenzfrei zur Verfügung und erhalten dafür entweder „Cre-
Werken in einem solchen Fall nur ein kleinerer Anteil          dits“, mit denen sie ihrerseits Fotos zur Nutzung erwerben
der erzielten Erlöse zugute kommt.                             können, oder werden nach einem festgelegten Schlüssel
                                                               über die für ihre Werke bezahlten Credits entlohnt.
Im Zuge der wachsenden Verfügbarkeit von Fotos,
                                                               ¢   Bildagenturen / Micro- oder Midstock:
die zudem über das Internet präsentiert und ver-                   www.fotolia.com
breitet werden können, entstanden neben den her-                   www.photocase.com
kömmlichen Bild-Agenturen, die mehr oder weniger
ausschließlich Bilder von professionellen Fotografen           ¢   Internationale Bildagenturen:
                                                                   www.gettyimages.de
vertreiben, die sogenannten Microstock-Agenturen.
                                                                   www.corbisimages.com
Diese erwerben die Nutzungsrechte der Bilder von
zahllosen (nicht immer professionell tätigen) Foto-            ¢   Communitys für Fotos und Videos:
grafen und bieten diese kommerziell, aber lizenzfrei               www.flickr.com
                                                                   www.fotocommunity.de
an. Dies heißt, dass mit dem Erwerb der Nutzungs-

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tet und wieder veröffentlicht werden dürfen. Bilder           Grundsätzlich dient Bildbearbeitung der Verbesse-
sind, wie andere Werke auch, mit Rechten versehen,            rung von Qualität. Bilder lassen sich aufhellen, Far-
die die Urheber in der Regel selbst festlegen. Nach           ben verstärken, Ausschnitte betonen, Tiefenschärfe
deutschem Recht bleibt das Werk untrennbar mit                erhöhen. Wenn die Bearbeitung in die tatsächliche
seinem Urheber verbunden, er kann auf sein Urhe-              Veränderung des Fotografierten (oder Gefilmten)
berrecht nicht verzichten. Allerdings gibt es eine Rei-       übergeht, wenn Bildelemente entfernt, hinzugefügt
he unterschiedlicher Lizenzmodelle, mit denen er die          oder anders proportioniert werden, stellt sich die
Nutzung seiner Bilder seitens Dritter entweder recht          Frage: Wo liegt die Grenze zwischen gewollter Ver-
frei gestalten oder vollständig untersagen kann.              fremdung, etwa aus künstlerischen Gründen, und
                                                              Verfälschung des Abgebildeten?
Ein weit verbreitetes Modell, das etwa auch bei
Flickr genutzt wird, ist die Lizenzierung nach Creative       Umfassend dokumentiert wird diese Art der vollstän-
Commons. Diese sieht eine mehrstufige Vergabe                 digen „Nachbearbeitung“ im ZEIT-Artikel „Die Last
von Nutzungsrechten für Dritte vor, mit der der Urhe-         der Wahrheit. Wie echt muss, wie frei darf Fotografie
ber verfügen kann, dass seine Bilder unter der Nen-           sein?“, der die Produktion eines Titelbilds schildert.
nung seines Namens genutzt, bearbeitet und weiter-            Das Modell wird nicht nur vor der Kamera in genau
verbreitet werden dürfen, oder lediglich unverändert          festgelegte Posen gesetzt und mit Hilfsmitteln aus-
veröffentlicht werden dürfen, oder nur im nicht-kom-          gestattet; in der Nachbearbeitung verschwinden Fal-
merziellen Bereich und anderes mehr.                          ten, Sommersprossen und Muttermale.

                                                              Die Darstellung der so abgebildeten Personen ent-
Von Bildbearbeitung                                           fernt sich immer weiter von der Wirklichkeit. „Dass
                                                              die Medien idealisierte und stereotype Körperbilder
zur Bildmanipulation                                          vermitteln, ist … unstrittig”, so das mekonet-Dossier
                                                              „Mediale Körperbilder – Bilder mit Gewicht?“, das
Der Erwerb von Wissen und Erfahrung im Kontext                aufzeigt, wie sehr sich besonders junge Menschen
der Bilderstellung und Bildnutzung reicht vom tech-           an einem nicht oder kaum existenten Schönheitsi-
nischen Know-how über Bedienbarkeit von Geräten               deal orientieren. Ein Beispiel für die Anpassung der
wie Kameras und Computern über Einsatzmöglich-                Realität an das vermeintlich medial Notwendige zeigt
keiten von Software zur Bildbearbeitung hin zu Er-            der Spot „Evolution“ der Dove-Initiative für wahre
kenntnisgewinn über Bildästhetik. Ein Zuwachs an              Schönheit (etwa im Youtube Kanal des Projekts me-
„Medienkompetenz“ ist also durchaus vorhanden.                konet: www.youtube.de/mekonetnrw).
Wie aber steht es mit dem Einordnen und Einschät-
zen von Bildrealitäten?

Man mag den Eindruck haben, dass ein Foto im Ge-
                                                              Pixelwesen
gensatz zu einem gemalten Bild immer die Realität
                                                              „Irgendwo auf dem Weg in die Zeitschriften ist aus Wolke
abbildet. Dies war noch nie so, dies ist aber auch            Hegenbarth ein Pixelwesen geworden, zu schön, um wahr
durch die verfeinerten Manipulationsmöglichkeiten             zu sein – und zu unwahr, um schön zu sein. … Unsere Welt
immer schwerer zu erkennen. Die unmittelbare Wir-             ist voller Bilder, Fotos fluten unseren Alltag und unser Be-
kung eines Fotos suggeriert Wahrheit. Heute ist es            wusstsein. Manche kommen aus den Randgebieten des
oft nur noch Experten möglich, die verschiedenen              Journalismus und sind offensichtlich geschönt, andere gel-
Bearbeitungsstufen eines Fotos nachzuvollziehen.              ten noch immer als Beweis.“
Selbst wenn der Betrachter ahnt, dass das Werk be-            aus: Die ZEIT, 11.11.2008, „Die Last der Wahrheit. Wie
arbeitet wurde, ist dies in der Regel nicht mehr mit          echt muss, wie frei darf Fotografie sein?“
                                                              www.zeit.de/2008/24/Foto-Reportage-24
dem bloßen Auge zu erkennen.

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Links
¢   Eine immer weiter wachsende Sammlung von Fotos fin-             ¢   IM BLICKPUNKT: Informationelle Selbstbestimmung
    det sich im Fotoblog der „ZEIT“. Hier stellen Grafiker,             www.grimme-institut.de/imblickpunkt/
    Bildredakteure und Onlinejournalisten außergewöhnliche
                                                                    ¢   mekonet Dossier: „Das ‚Mitmach-Netz‘ und der
    Bilder und ihre Geschichten vor.
                                                                        Datenschutz“
    http://blog.zeit.de/fotoblog/
                                                                        www.mekonet.de/dossiers/
¢   Die Journalistin Meike Winnemuth dokumentiert ihre
                                                                    ¢   mekonet kompakt: „Datenschutz auf einen Blick“
    Weltreise monatsweise im Blog „Vor mir die Welt“ und
                                                                        www.mekonet.de/kompakt/
    stellt die zwölf Städte ihrer Tour anhand einer Fülle von
    Fotos zu großen Eindrücken und kleinen Details vor.
    www.vormirdiewelt.de

Noch heikler wird die Verfremdung von Bildern im                    oder wer hätte noch nie das Gefühl gehabt, durch
Nachrichtenbereich. Wenn Bilder, die der Dokumen-                   Bilder bei einem Ereignis „dabei“ gewesen zu sein?
tation des Tagesgeschehens oder weltweit relevanter                 Bilder benötigen wir zur Darstellung unserer Person
Ereignisse dienen sollen, nicht mehr das zeigen,                    und unseres Lebens, wir brauchen sie aber auch, um
was tatsächlich passiert ist, sondern im Nachgang                   die Welt zu verstehen.
verfremdet, dramatisiert, in ihrer Aussage verändert
oder schlicht so verfälscht werden, dass das Ab-                    Viele wichtige Aspekte konnten aus Platzgründen in
gebildete dem Geschehen widerspricht, entstehen                     diesem BLICKPUNKT nicht behandelt werden: Daten-
beim Betrachter „falsche“ Bilder, die er in der Folge               schutz und Persönlichkeitsrechte etwa – auf wie vie-
nicht nur zur vermeintlichen Information nutzt, son-                len veröffentlichten Fotos im Netz sind wir zu sehen,
dern auch zur Bewertung und Beurteilung von Rea-                    ohne uns jemals einverstanden erklärt zu haben?
lität. Wenn seine „Quellen“ nicht verlässlich sind,                 Oder: Sind sich gerade Jugendliche eigentlich wirklich
er diese Gefahr aber nicht erkennt, kann er auf das                 darüber im Klaren, dass ihre online veröffentlichten
Geschehen nicht adäquat reagieren und es in einen                   Privatbilder bis in alle Ewigkeit dort zu finden sind?
angemessenen Kontext einordnen. Das auf Seite 5                     Google Street View führt uns zu der Frage, ob wir mit
abgebildete Foto etwa vermittelt je nach gewähltem                  der Bilderflut im Netz mehr und mehr überwachbar
Ausschnitt eine völlig andere Aussage.                              geworden sind. Wichtig ist, sich darüber bewusst zu
                                                                    sein, dass grundsätzlich alles – Text und Bild – immer
Manchmal wird die Aufdeckung solcher Bildmani-                      hinterfragbar bleiben muss. In diesem Sinne: Trauen
pulationen selbst zur Nachricht: Unter dem Titel                    Sie Ihren Augen nicht.
„Bombenschäden per Photoshop“ berichtete die
Süddeutsche Zeitung am 09. August 2006 über ein
gefälschtes Bild, das Beirut während des libanesisch-
israelischen Kriegs zeigte. Der Fotograf, ein Mitarbei-             Impressum
ter der Agentur Reuters, hatte die aus den zerstörten
Häusern aufsteigenden Rauchwolken nachträglich                      Diese Broschüre ist mit Unterstützung der Staatskanzlei
verstärkt und so den unmittelbaren Bildeindruck noch                Nordrhein-Westfalen entstanden. Sie kann kostenlos unter
dramatisiert. Nach öffentlich geäußerten Zweifeln                   www.grimme-institut.de/imblickpunkt heruntergeladen werden.
prüfte Reuters die Angelegenheit, zog alle Fotos des
                                                                    Redaktion und Gestaltung:
betreffenden Mitarbeiters zurück und kündigte die                   Grimme-Institut
Zusammenarbeit. Zitat des Agentur-Bildchefs: „Es                    Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH
gibt keinen schlimmeren Verstoß unserer Fotografen                  Eduard-Weitsch-Weg 25 • D-45768 Marl
gegen die Reuters-Standards als die absichtliche Ma-                Tel: +49 (0) 2365 9189-0 • Fax: +49 (0) 2365 9189-89
nipulation von Bildern“ (Weiterleitung zur SZ:                      E-Mail: info@grimme-institut.de
www.grimme-institut.de/dokulink/906881).                            Internet: www.grimme-institut.de

                                                                    Bildquellen:
Fazit                                                               AllzweckJack (S. 1), Jo.Sephine (S. 1 u. 2), PhotoSuse
                                                                    (S. 1 u. 3), Andreas Siegel (S.1 u. 4), alle photocase.com;
                                                                    ddp images/AP/Itsuo Inouye; Montage (S. 5)
Durch Bilder im Netz wird Privates öffentlich, das Öf-
fentliche nimmt durch das Unmittelbare von Bildern                  Stand: April 2011
einen fast als privat empfundenen Charakter an –

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