Bildung für Rita - Theater Schloss Maßbach
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Spielzeit 2020/2021 Heft 1 Herausgeber Theater Schloss Maßbach 97711 Maßbach/Ufr., Telefon (09735) 235, Fax 1496 www.theater-massbach.de Theaterleitung Anne Maar Literatur Bernhard Reitz: Lektüreschlüssel, Willy Russell, Educating Rita. Stuttgart 2007 Ina Hartwig in »Es gibt diese neue Lust am Verbot«, Die Zeit Nr. 8, 2020 Hilmar Hoffmann: Kultur für alle. Frankfurt 1979 Redaktion Sebastian Worch Gestaltung Christoph Thein, Dorothea Constanze Vöhringer Fotos Sebastian Worch Druck RudolphDruck Schleifweg 1, 97532 Ebertshausen Telefon (09724) 9300 Das Theater Schloss Maßbach wird unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Bezirk Unterfranken, dem Landkreis Bad Kissingen, dem Markt Maßbach, den Landkreisen Haßberge, Rhön-Grabfeld und Schweinfurt sowie der Stadt Schweinfurt.
Der Autor Willy Russell wurde 1947 in der Nähe Liverpools geboren, wo er noch heute lebt. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf und brach mit 15 Jahren die Schule ab. Er wurde Friseur und eröffnete seinen eigenen Salon, um allerdings bald darauf den Entschluss zu einem Lehramts-Studium zu fassen. Von seiner Tätigkeit als Lehrer erhoffte sich Russell genügend freie Zeit, um auch schreiben zu können. Aber Erziehung ist für ihn auch eine Leidenschaft, der er mit seiner Zusammenarbeit mit dem Schulfernsehen der BBC nachgehen konnte. Seit 1971 schreibt er für die Bühne und das Fernsehen. Mit »Blind Scouse«, drei Kurzstücken über das Leben in Liverpool, die beim Edinburgh Festival »Fringe« 1972 gezeigt wurden, machte Russell erstmals auf sich aufmerksam. Den Durchbruch als kommerziell erfolgreicher Dramatiker erzielte er 1974 mit der Musical-Biographie der Beatles »John, Paul, George, Foto: Paul Cox Ringo... und Bert«. International wurde Russell durch »Bildung für Rita« (»Educating Rita«) bekannt, wozu auch die Oscar-nominierte Verfilmung beitrug. Angesichts des Erfolges verlieh die »Open University« ihm 1983 den akademischen Grad eines Magister Artium ehrenhalber. In diesem Jahr fand auch die Premiere des Musicals »Blood Brothers« statt, zu dem Russell auch die Musik komponierte. Ein weiterer großer Bühnenerfolg wurde »Shirley Valentine«, ein Monologstück. Er erhielt weitere akademische Auszeichnungen, so die Ehrendoktorwürde für Literaturwissenschaft der Universität Liverpool. Als Romanautor (»Wrong Boy« von 2000) wurde er in 15 Sprachen übersetzt. In den letzten Jahren ist Russell vor allem als Musiker hervorgetreten (»Hoovering the Moon« von 2004). Das Interesse am Drama besteht aber weiterhin: Gemeinsam mit seinem Freund Tim Firth stiftete er einen Preis für unentdeckte Talente im Zusammenhang mit dem Fringe-Festival. 1
Zum Inhalt »Das kann doch noch nicht alles gewesen sein« sagt sich Rita White, eine junge Frau aus dem Arbeitermilieu. Sie ist Friseurin, aber sie will mehr vom Leben und raus aus der Sinnleere ihres Alltags – und belegt einen Literaturkurs an der Universität. Dort trifft sie auf Frank, einen desillusionierten Dozenten, der nicht besonders an seinem Lehrstuhl hängt, dafür aber zunehmend an der Flasche. Ritas Lebensfreude, ihre entwaffnenden Fragen und ihr eigenwilliger Umgang mit der hehren Literatur bringen frischen Wind in die angestaubte Uniroutine des Professors und ihn selbst in manche Erklärungsnot. Aber je mehr sie sich den Konventionen des Bildungsbetriebs anpasst, um so mehr fühlt Rita sich in ihrem persönlichen Umfeld als Außenseiterin. Verträgt die Bildung so viel Rita, und verträgt Rita so viel Bildung? Ingo Pfeiffer, Anna Schindlbeck 2
Bildung für Rita (Educating Rita) Stück von Willy Russell Deutsch von Angela Kingsford Röhl Rita Anna Schindlbeck Frank Ingo Pfeiffer Inszenierung Rolf Heiermann Bühne Robert Pflanz Kostüme Daniela Zepper Requisite Kathrin Hartmann Dramaturgie Sebastian Worch Licht Robert Werthmann, Timo Kampenga Regieassistenz: Vanessa Ziems Beleuchtung & Ton: Timo Kampenga, Robert Werthmann Kostümanfertigung: Daniela Zepper, Daniela Schüller, Birgit Waizenegger Bühnenschreinerei: Jörn Hagen, Christian Lingg Technik: Viktor Müller, Florian Kalle Musikauswahl & Schnitt: Rolf Heiermann Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde und 25 Minuten – keine Pause Premiere am 02. Oktober 2020 in der Lauertalhalle, Maßbach Aufführungsrechte: Litag-Theaterverlag, München 3
Formungen 1. Bedeutung von Kultur Wir freuen uns, nach einer erfolgreichen, aber eingeschränkten Freilichtsaison die neue Spielzeit »drinnen« wieder beginnen zu können – wenn auch ebenfalls eingeschränkt durch Abstands- und Hygieneregeln. Die Corona-Pandemie hat die Frage nach der Bedeutung der Kultur für das öffentliche und private Leben aufgeworfen. »Bildung für Rita« (»Educating Rita«) ist ein passendes Stück dazu, ist hier doch mit »Bildung« kulturelle Bildung in der Form von Literatur gemeint. 2. Pygmalion Die Handlung spielt mit einer zweistufigen Stoffvorlage: Der antike Dichter Ovid beschreibt in seinen »Metamorphosen«, wie der von den Frauen enttäuschte Künstler Pygmalion sich eine elfenbeinerne Frauenfigur schafft, die ihm so natürlich gelang, dass »sein Können die Kunst verbarg«. Auf sein Gebet an die Göttin Venus hin wird diese Figur durch seine Liebkosungen und Küsse wie Wachs warm, formbar und zu seiner lebendigen Geliebten. Der englische Dramatiker Bernard Shaw hat diese Geschichte 1913 in seinem »Pygmalion« aufgenommen: Hier wird aufgrund einer Wette aus dem Straßenjargon sprechenden Blumenmädchen Eliza Doolittle durch die Bildungsanstrengungen des Phonetik-Professors Higgins eine von der Oberschicht akzeptierte Frau mit etwas gekünstelter Sprache. Sie wird für eine Herzogin gehalten und emanzipiert sich am Ingo Pfeiffer Ende von ihrem »Schöpfer«. Willy Russells Rita ist von Anfang an aktiver: Sie verlangt aktiv nach Bildung. Auch Frank ist anders als Shaws Prof. Higgins – kein gefühlskalter, besessener Wissenschaftler mit riesigem Selbstbewusstsein, sondern eher frustriert und gescheitert. Trotz klaren Lehrer- Schülerin-Verhältnisses besteht die Chance einer Begegnung auf Augenhöhe. 3. Bücher Ohne dass es seinem Einwohner vielleicht bewusst ist, ist der Raum, in dem Rita ihren Wissensdurst stillen will, dazu geeignet, etwas einzuschüchtern. Frank ist umgeben
von Bücherwänden. Eine erdrückende Wissensvielfalt, die zudem den Vorteil hat, dass Frank hinter den vielen Büchern auch etwas verbergen kann. Nur ein kleines Fenster lässt das Leben draußen mit Wetter und Jahreszeiten erahnen. Die Idee von Franks Studierzimmer ist ein Raum, aus dem man eigentlich nie mehr heraus kommt. 4. Hintergründe Die Voraussetzungen, unter denen Rita und Frank sich mit Literatur beschäftigen, sind unterschiedlich. Für Frank ist der Umgang mit literarischen Texten selbstverständlich. Anna Schindlbeck Rita findet gerade heraus, dass Literatur ihr andere Möglichkeiten für ihr Leben aufzeigen kann. Sie möchte mehr entdecken. Ritas Weg hat einige Ähnlichkeiten mit dem ihres Schöpfers, des Autors Willy Russell. Wie sie stammt Russell aus der Unterschicht, war nach eigenen Aussagen ein unterdurchschnittlicher Schüler, wurde Friseur, war jedoch irgendwann nicht mehr damit zufrieden. Er holte die Hochschulqualifikationen nach, schloss eine Lehrerausbildung ab und wurde ein erfolgreicher Autor. 5. Bildungssysteme Das englische Bildungssystem mit seinem starken Anteil an Privatschulen und Internaten ist stärker als das deutsche nach sozialen Schichten getrennt, also undurchlässiger. Es ist ein festes System, das auf Strukturen aus dem 17. Jahrhundert beruht. Allerdings hängen auch in Deutschland die Bildungschancen stark vom Bildungsstand der Eltern ab. Und während in Großbritannien Unterschichtsprobleme oft in Filmen, Theaterstücken und Romanen vorkommen, gibt es in Deutschland weniger Kulturformen, in denen beispielsweise Arbeiter sich wiederfinden könnten. 6. Open University »Bildung für Rita« spielt an einer Universität in England um 1980, der Zeit der Uraufführung des Stückes. Rita nimmt Privatstunden und qualifiziert sich für Prüfungen. Die Einrichtung der »Open University«, eine Erfindung der Labour- Regierung, ermöglichte seit 1969 eine Art Fernstudium und wirkte der Orientierung an sozialen Trennungslinien entgegen. Eine wichtige Möglichkeit zur Überwindung der Grenzen war die Betreuung durch Tutoren. 5
Nach der Wahl von Margaret Thatcher als Premierministerin 1979 begann eine andere Zeit. Wichtige Förderungen von sozial benachteiligten Jugendlichen wurden zurückgedreht. 7. Franks und Ritas Literatur Die Literaturwissenschaft, die Frank betreibt, ist vor allem wertende Literaturkritik. Es geht darum, welche Romane das Prädikat »Literatur« verdienen und welche nicht, welche Werke besser sind und warum. Ritas Antrieb kommt aus dem Gefühl heraus, dass es mehr geben muss, als das, was sie kennt. Oder wie ihre Mutter einmal betrunken und weinend sagt: dass wir bessere Songs singen können als die, die wir singen. Die Bücher, die Rita begeistern (und Frank schaudern lassen) handeln von Aufstiegsversuchen. Besonders im feministischen Roman »Rubinroter Dschungel« der amerikanischen Bestseller-Autorin Rita Mae Brown schafft sich die Heldin Molly Bolt durch Bildung die Voraussetzungen für eine Karriere als Regisseurin. Rita, die eigentlich Susan heißt, übernimmt aus Verehrung für Brown sogar deren Vornamen. Franks Literatur-Stars stammen aus dem Kanon der britischen Literaturgeschichte, sind wie Yeats, Eliot oder Blake oft eher dunkel und rätselhaft. Die Diskussion über »Howards End« von E. M. Forster bringt den Gegensatz zwischen Ritas und Franks 8
Betrachtungsweisen gut hervor: Während Rita Forsters Gleichgültigkeit gegenüber den Arbeitern auf die Palme bringt, hält Frank das nicht für ein Kriterium für gute oder schlechte Literatur, zumal es sich um die Aussage einer Figur im Roman handelt. Das Drama als besonders intensives Erlebnis verbindet jedoch ihre beiden Positionen: Shakespeare und Tschechow berühren unmittelbar, insbesondere auf der Bühne. 8. Sprachhaltungen Rita äußert sehr offen ihre Meinungen und Gedanken. Damit verblüfft sie Frank immer wieder und fasziniert ihn mehr und mehr. Natürlich ist er nicht wehrlos und nutzt – manchmal hinterhältig – sein Wissen und bringt ihr nicht nur einen universitätstauglichen Umgang mit literarischen Texten bei, sondern ermuntert sie auch, ihre Gedanken schriftlich zu entwickeln, zu diskutieren und zu begründen. 9. Kultur für alle Bildung ist der Schlüssel nicht nur zum gesellschaftlichen Aufstieg des einzelnen, sondern auch für die Entwicklung ganzer Gesellschaften. Dazu gehört maßgeblich auch die Kultur. Seit der Aufbruchsstimmung, für die 1979 in Deutschland das Buch des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann »Kultur für alle« Meilenstein und Schlagwort wurde, sind eine Menge Perspektiven und Modelle entwickelt worden. Die allgemeine Verfügbarkeit von Informationen durch Digitalisierung und Internet war damals noch nicht absehbar. Kunstvermittlung spielt eine immer wichtigere Rolle. Heute spricht man eher von Durchlässigkeit und dem Recht auf kulturelle Teilhabe. Ina Hartwig, Hoffmanns heutige Nachfolgerin, sagt in einem Interview, erschienen im Februar 2020, also bevor das öffentliche Leben eingeschränkt wurde: »Der öffentliche Kulturbetrieb ist wichtiger denn je; Museen, Theater, Opern und die freie Szene schaffen einen notwendigen Hallraum. Vielleicht ist dies sogar der letzte Hallraum des Öffentlichen, auf den niemand, der politisch ernst genommen werden will, verzichten kann.« Sebastian Worch Ingo Pfeiffer, Anna Schindlbeck 9
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www.theater-massbach.de Kartenbestellung für Maßbach: Tel. (09735) 235 Nach Paris! (Comédie sur un quai de gare) Komödie von Samuel Benchetrit Deutsch von Annette und Paul Bäcker Regie: Susanne Pfeiffer Bühne: Anita Rask Nielsen, Kostüme: Daniela Zepper, Licht: Timo Kampenga mit Marc Marchand, Alessandro Scheuerer, Anna Schindlbeck Auf einem Bahnsteig warten eine Frau, ein älterer und ein junger Mann auf den Zug in die Hauptstadt. Sie kommen ins Gespräch, und je mehr die Zeit vergeht, desto mehr entwickelt sich aus einer schein- bar banalen Begegnung ein fesselndes Spiel. Denn auf einem Bahnhof ist alles möglich. Eine neue Liebe, ein Ende, ein Anfang... Eine Liebesgeschichte? Auch. Es ist die Freude, sich auf andere Menschen einzulassen, die das Stück zum Schweben bringt. Was ist eine Lebensentscheidung und was nur eine Augenblickslaune? In seiner feinfühligen Komödie bündelt der französische Autor Samuel Benchetrit eine all- tägliche Situation zu einer vielseitigen Partitur über das Leben und die Liebe, voll heiterer, auch zarter, überraschender und melancholischer Töne, voll großen Gefühls und wunderba- rer Leichtigkeit. Fr, 20.11. 19.30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo P & Freier Verkauf Sa, 21.11. 19.30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo rot & Freier Verkauf So, 22.11. 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo weiß & Freier Verkauf Di, 24.11. 20:00 Uhr Haßfurt, Stadthalle Mi, 25.11. 19:30 Uhr Mellrichstadt, Oskar-Herbig-Halle Sa, 28.11. 19:30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo blau & Freier Verkauf So, 29.11. 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo grün & Freier Verkauf Fr, 04.12. 20:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo orange & Freier Verkauf Sa, 05.12. 19:30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo Mün & Freier Verkauf So, 06.12. 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo rosa & Freier Verkauf Fr, 11.12. 19:30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo lila & Freier Verkauf Sa, 12.12. 19:30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Freier Verkauf Samstag Spezial: Samstag mit Nachgespräch Nachgespräch im Anschluss an die Vorstellung So, 13.12. 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Freier Verkauf Mo, 14.12. 19:30 Uhr Lichtenfels, Stadthalle Sa, 19.12. 19.30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo gelb & Freier Verkauf So, 20.12. 15:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo heiter & Freier Verkauf 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Abo violett & Freier Verkauf Mi, 30.12. 19:30 Uhr Bad Brückenau, Lola-Montez-Saal Sa, 02.01. 19:30 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Freier Verkauf So, 03.01. 19:00 Uhr Maßbach, Lauertalhalle Freier Verkauf Änderungen vorbehalten! Ob in Maßbach Vorstellungen zwischen Weihnachten und Silvester stattfinden können, müssen wir - bedingt durch Terminüberschneidungen mit unserer Ausweichspielstätte - kurzfristiger entscheiden. Bitte informieren Sie sich daher stets über alle aktuellen Termine unter www.theater-massbach.de. Geschenkidee: ein! Theatergutsch Für einen Wert, den Sie frei festlegen, erhalten Sie von uns einen übertragbaren Gutschein, den der oder die Beschenkte nach vorheriger Anmeldung gegen Theaterkarten einer regulären Vorstellung auf einer unserer Maßbacher Bühnen eintauschen kann. Geschenkgutscheine erhalten Sie in unserem Büro unter Telefon (09735) 235 oder online auf www.theater-massbach.de/gutscheine.
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