Bildungsplan Schule für Geistigbehinderte

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Bildungsplan Schule für Geistigbehinderte
Bildungsplan
Schule für Geistigbehinderte

   Umsetzungsbeispiel Grundstufe
   für den Bildungsbereich Mathematik   Landesinstitut
                                        für Schulentwicklung

   Kuchen                               Qualitätsentwicklung
                                        und Evaluation

   Dr. Karl Kleinbach

                                        Schulentwicklung
                                        und empirische
                                        Bildungsforschung

                                        Bildungspläne

   Stuttgart 2011
Bildungsplan Schule für Geistigbehinderte
Themenfeld: Das Ganze und seine Teile
Schule schafft Situationen, in denen für Schülerinnen und Schüler der Zusammenhang von Ganzem und Teilen
sinnfällig wird. Dazu gehören auch solche Anlässe, in denen es um gerechte Verfahren des (Ver-) Teilens geht.
Welche Verfahren des gerechten Verteilens kennen und nutzen die Schüler? (Wie) Erkennen sie den Zusam-
menhang von Ganzem und Teil? Welche Formen der sprachlichen, abbildlichen und/oder symbolischen Darstel-
lung kennen und verwenden sie? Welche Formen sind in der Gruppe hilfreich um sich über solche Verfahren zu
verständigen?

Kontext/Situation

Das Verteilen eines selbstgebackenen Kuchens ist in der Grundstufe eine Aufgabe, „an deren Lösung Schülerin-
nen und Schüler selbst ein Interesse haben“ (Leitgedanken S.122).

Welche Strategien und Lösungswege kennen und nutzen die Schülerinnen und Schüler dieser Grundstufe? Wie
stellen sie ihre Lösungswege ihren Klassenkameraden vor? Welche alternativen Lösungen erscheinen für sie
relevant? Die Grundstufengruppe besteht aus 7 Kindern: Sirin, Micha, Sara, Lisa, Oguzwhan, Julian, Aliguel.

Umsetzungsbeispiel „Kuchen“, Karl Kleinbach, Stuttgart 2011                                                     2
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Kontextbezogene Fokussierung des Themenfeldes
Das Ganz und seine Teile stellt sich hier als geometrischer Sachverhalt. Anders als beim Austeilen von Spielkar-
ten oder der Verteilung von Bonbons (allgemein: von Stückzahlen) muß hier ein Fläche aufgeteilt werden. Die
dafür angemessenen mathematischen Verfahren sind entweder figurativ oder mensurierend (messend). Für
beide Verfahren ist vorauszusetzen, daß alle Schüler eine Möglichkeit nutzen, die notwendige Anzahl der Teilstü-
cke zu bestimmen.

             Lisa steht auf, geht um den Tisch an dem alle sitzen und zählt nacheinander die mit Namen mar-
              kierten Stühle, sie schreibt diese Zahl an die Tafel.

             Aliguel weiß, daß „heute alle da sind, also sieben“

             Sara zählt zeigend von ihrem Platz aus, nennt sich dabei zuletzt.

             Sirin kann mit Assistenz die vor ihm liegenden Namenskärtchen in eine Reihe legen und rückt mit
              dem Finger jeweils bei der vorgesprochenen Zahl „um Eins weiter“

             Julian erweitert die Stückzahl indem er die anderen Kinder fragt: „Und Frau F. und die D.? Die (also
              Klassenlehrerin und Praktikantin) sollen doch auch was abkriegen“
         Weil noch eine weitere Lehrerkraft in der Klasse ist einigt man sich auf Vorschlag von Aliguel auf acht
         Teile.
Da es nur einen Kuchen gibt, jedes Kind eine eigene Lösung ausprobieren soll, macht die Lehrerin folgenden
Vorschlag und zeigt diesen: „Jeder von uns bekommt ein Blatt Papier. Das ist genau so groß ist wie der Kuchen“
Die Kinder schlagen unterschiedliche Lösungen vor:

Aliguel zerlegt die Fläche zunächst mit zwei diagonalen Schnitten, zählt die vier entstandenen Felder, „das sind
noch zu wenig“ und führt anschließend Binnengliederungen auf den Teilflächen durch. So entstehen zwölf unter-
schiedlich geformte Stücke. Er stellt dann unterschiedliche Varianten der Verteilung dieser zwölf Stücke auf 8
Personen vor.

Umsetzungsbeispiel „Kuchen“, Karl Kleinbach, Stuttgart 2011                                                     3
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Lisa zeichnet auf das Blatt Kuchenstücke in Dreiecksform und schneidet diese aus. Sie erhält so 15 Stücke und
„viel Rest“. Sie legt die ausgeschnittenen Stücke auf den gebackenen Kuchen, probiert unterschiedliche Varian-
ten und erkennt, daß beim richtigen Kuchen viel übrig (= unverteilt) bleibt.

                                                                               Sirin löst die Aufgabe durch Schneiden
                                                                               der Fläche ohne Vorzeichnen: zuerst
                                                                               kantenparallel mittig, die entstandenen
                                                                               Teile wieder mittig usw. So entstehen
                                                                               jeweils zwei gleiche Flächenformen.
                                                                               Die Lehrerin schreibt nach seinen An-
                                                                               gaben die Namen auf die Stücke. (nicht
                                                                               rekonstruierbar ist allerdings warum es
                                                                               gerade acht Stücke geworden sind!)

Umsetzungsbeispiel „Kuchen“, Karl Kleinbach, Stuttgart 2011                                                         4
Bildungsplan Schule für Geistigbehinderte
Julian faltet sein Blatt; er beginnt zunächst
                                                              mittig, markiert den ersten Falz und teilt
                                                              die beiden Flächen jeweils mit gleicher
                                                              Markierung; erst danach faltet er auch
                                                              diese beiden Hälften. Er zählt die entstan-
                                                              denen Flächen ab und zeigt auf die glei-
                                                              che Größe, die durch das Falten entsteht:
                                                              „Das liegt drauf und ist gleich groß“. Er
                                                              schneidet diese vier Flächen dann jeweils
                                                              in der Mitte durch und zählt acht Stücke
                                                              die er beschriftet. Er kann damit den gan-
                                                              zen Kuchen „zudecken“.

                                                              Aliguel hat Julian bei seiner Lösung beo-
                                                              bachtet und probiert dies selbst auch aus.
                                                              Allerdings erhält er nun 16 „gleich große“
                                                              Kuchenstücke, die es nun auf 8 Personen
                                                              zu verteilen gilt.
                                                              Auf Oguzwhans Vorschlag, mit den übri-
                                                              gen acht Stücken die Nachbarklasse zu
                                                              beglücken geht er nicht ein.

                                                              Jedes Kind zeigt seinen Vorschlag und die
                                                              Gruppe vergleicht die Lösungen.

                                                              Lisa kann mir ihrem Argument die anderen
                                                              überzeugen: Der Vorschlag von Micha
                                                              und Aliguel geht am besten „Da braucht
                                                              man nur grad (= geradeaus) schneiden.“

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Erst mit der Durchführung dieser prak-
                                                                           tischen Lösung wird für Lisa die tat-
                                                                           sächliche Aufgabenstellung und der
                                                                           eigentliche mathematische Sachverhalt
                                                                           deutlich.

Inhaltlich korrespondierende Dimensionen und/oder Themenfelder

Themenfeld: Informationen erhalten und gebrauchen

Den Schülerinnen und Schülern werden Situationen angeboten, in denen sie Sachaufgaben ausmachen und
gestalten können. Sie erkennen, erfragen, und notieren relevante Informationen. Schüler
         Inhalt:            Anzahlen und Schätzungen
         Kompetenz:         Mathematisieren von Sachverhalten

Themenfeld: Darstellungsformen

Verständnis und der Gebrauch von visuellen Darstellungsformen von Sachverhalten in Tabellen, Diagrammen,
Texten und Bildern unter Einbezug von Schrift und Ziffer. Welche Möglichkeiten nutzt Schule, um den selbststän-
digen Umgang mit visuellen Darstellungsformen zu ermöglichen?

Welche vergleichbaren Zugänge zu diesem Themenfeld sind außerdem denkbar? Wie läßt sich dieser mathema-
tische Sachverhalt noch erarbeiten? Welchen relevanten Situationen im Alltag können dafür bedeutsam werden?
                                               Fröbels Spielgaben: Falten
                                               Montessori Legematerial
                                               Logische Blöcke (Dienes)
                                               ‚Gucken’ (Stankowski)
                                               Klee Der Teppich (1940)
                                               Aufteilung von Regal- oder Schrankraum für die Schüler

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Hinweise auf Literatur & Material

                                  Müller, Gerhard und Erich Wittmann: Das kleine Formenbuch. Teil 2: Falten –
                                  Bauen – Zeichnen; ‚mathe 2000`Frühförderprogramm, Kallmeyer 2003; Unter-
                                  richtsanregungen dazu finden Sie
                                  http://www.mathematik.uni-dortmund.de/ieem/mathe2000/kiga-formenbuch.html
                                  (entnommen 15.03.2007)

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