Bin ich zufrieden? - JAHRGANG/NR. 2 - März/April 2021 - WEC International
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Liebe Missionsfreunde, bin ich zufrieden? Ja, eigentlich schon. Und un- Danke, dass ich weitgehend ge- eigentlich? Ehrlicherweise fällt mir eine Reihe sund bin und seit Jahrzehnten von Punkten ein, die mich unzufrieden machen: nicht im Krankenhaus war. Danke schlecht geschlafen, kalte Füße trotz warmer So- für meine Frau und meine Kinder. cken und guter Heizung (ich weiß, es soll an der Danke für unseren Hund. Danke Durchblutung liegen), Schmerzen in der Schulter, für den schönen Spaziergang an der Sonne. sehr viel bedecktes und dunkles Wetter mit Niesel- Danke, dass man hier so gut Fahrrad fahren regen hier am Niederrhein, allein zu Hause, gestern kann, weil alles so flach ist. Danke für den per- insgesamt vier bis fünf Stunden Video-Meetings sönlichen Austausch und die Gemeinschaft am Schreibtisch, teilweise mit schlechtem Audiosi- heute Morgen im Video-Meeting. Danke, dass du gnal meines Gegenübers. Und es gäbe noch mehr. der Friedefürst bist, der mich zufrieden macht. Danke, dass du mir deinen Frieden gibst, den du Stopp! Ich ziehe dieser Abwärtsspirale aus versprochen hast. Selbstmitleid und dem Vergleich mit anderen bewusst den Stecker. Danke, Jesus, dass ich dich Mit herzlichen Grüßen kennen darf. Danke, dass ich eine hochgradig sinnvolle Arbeit tun darf. Danke, dass ich an dei- nem Reich mitbauen darf. Danke für die Inspirati- on, die ich dringend für meinen bevorstehenden Unterricht brauchte. Johannes Böker, Missionsleitung Inhalt 2 Editorial 9 Bin ich zufrieden? 60 Jahre deutsches Weltweit 3 Zufrieden 10 Ein Glaubensabenteuer 4 Meine Entscheidung zur Freude 12 Alternative Lebensführung 6 Mit Dornen leben 13 Von Japan geprägt 7 Geniale Abhängigkeit 14 Zufriedenheits-Check 8 Das Gras auf der anderen Seite 15 Weltweit im Einsatz Informationen (zum Heraustrennen) 3 Gebetsnachrichten 1 Aus dem Missionshaus 7 Impressum 2 Nachrichten aus der WEC-Welt 8 Anzeigen Hinweis von Jörg Ehlerding zu seiner Bibelarbeit in Weltweit 1/2021 (S. 3): Auch der erwähnte Apostel Jakobus mag vom „Triumph der Barmherzigkeit“ überzeugt gewesen sein. Allerdings ist das Zitat Jak. 2,13 nicht ihm, sondern, wie der ganze Jakobusbrief, eher dem Bruder von Jesus zuzuordnen. Titelbild: © pixabay.com/Annette Meyer Rückseite: © Lydie Wolff, Burundi 2
Zufrieden Anna Bauer war 2019/2020 als abhängig von den Einzelheiten. hütte, die ausreicht, Kurzzeitmitarbeiterin im Pro- Ich glaube, diese Zufriedenheit um all ihren Besitz jekt „Melusi“ in Südafrika. können wir nicht selbst erwir- unterzubringen, ken (oder durch andere/s be- trotzdem lachend Wann ist ein Mensch zufrie- kommen) – ich glaube, dass nur und tanzend und den? Eine Antwort darauf ist Gott uns wahren Frieden, wahre voller Freude durch jeden Tag gar nicht so leicht zu finden, Zufriedenheit geben kann. In geht? Ihre Antwort: „Jesus hat bringen wir doch häufig eher Gottes Gegenwart sein, ihn spü- das mit meinem Leben ge- Unzufriedenheit als Zufrieden- ren – das macht zufrieden. macht.“ heit zum Ausdruck … über die Während meines Einsatzes in Zufriedenheit passiert in uns Arbeit, die Kollegen, das eklige Melusi machte ich die Erfah- drinnen. Dadurch, dass Gott in Mittagessen in der Mensa … rung, dass Zufriedenheit voll- uns wirkt. Dadurch, dass wir die Es gibt tatsächlich viele Grün- kommen unabhängig von den Beziehung zu ihm suchen und de, unzufrieden zu sein. Um- Aufgaben war, die ich erledigte nach seinen Vorstellungen für gekehrt gibt es auch Dinge, – ob ich nun putzte, Wäsche unser Leben forschen. Dadurch, die uns glücklich machen: ein machte, kochte oder beim Kin- dass wir seinen Willen tun. Geschenk etwa, ein liebes Wort derprogramm mithalf, ob die Oft sehen wir uns konfrontiert oder ein Erfolg bei der Arbeit. Milch mal wieder sauer war mit der Behauptung, ärmere All dies ist ebenso schnell oder wir mit viel Freude frisches Menschen seien zufriedener wieder vergangen, wie es ge- Gemüse verarbeiteten, ob ich als reichere, weil sie weniger kommen ist: der Ärger ver- Neues lernen musste (durfte) bräuchten, um glücklich zu sein raucht, das Glück vergessen, oder altbekannten Aufgaben – aber kann man das wirklich so verdrängt von den nächsten nachging. Am Ende des Tages pauschal sagen? Ich weiß nicht, Ereignissen. Viel tiefer und an- war es einfach gut, ich war zu- ob ein armer Mensch ohne haltender jedoch kann Zufrie- frieden. Mir hat das bewusst Hoffnung wirklich zufriedener denheit in uns stecken. Aber gemacht, dass nicht unsere Ar- ist als ein reicher Mensch. Eins was macht uns zufrieden? beit, ebenso wenig unser Haus kann ich mir aber gut vorstel- In dem Wort zufrieden steckt das oder sonstige äußere Umstän- len: dass ein armer Mensch mit Wort Frieden. Und ich denke, de uns zufrieden machen. All Jesus sehr wohl zufriedener ist dass Zufriedenheit viel damit zu das kann dazu beitragen und ist als ein reicher Mensch ohne tun hat, Frieden zu haben – Frie- in Teilen essenziell, um zu über- Jesus! Denn Er macht den Un- den über die Situation, in der leben und sich nicht täglich sor- terschied in unserem Alltag. man ist, den Ort, an dem man gen zu müssen. Aber: Wenn es Bei jedem von uns. ist, die Arbeit, die man tut. Nicht allein das wäre, wie kann man sich ärgern oder freuen über sich dann erklären, dass eine „Und der Friede Christi regiere Kurzzeitiges, sondern Frieden Frau, die in einem ärmlichen in euren Herzen; und seid haben über das Gesamte, un- Dorf wohnt, in einer Einraum- dankbar.“ (Kolosser 3,15) ■ © pixabay.com/unserekleinemaus 3
Meine Entscheidung zur Freude Lydie Wolff (WEC Frankreich) zusammen, mit dem leitenden dernisse und Diebe. Schlech- arbeitet seit 2016 in Burundi. Arzt, dem Pflegeleiter und dem te Nachrichten gibt es viel zu Klinikadministrator. Im Alltag er- viele! Oft hindern sie uns, eine Ich bin 35 Jahre alt und komme fülle ich unterschiedliche Aufga- Freude, die wir gerade erleben, aus Frankreich. Seit dreieinhalb ben, die positive Herausforde- wirklich auszukosten. Jahren arbeite ich als Kranken- rungen für mich sind. Auf diese Wahre Freude ist von Dauer, schwester in Burundi. Meine Weise erweitern sich meine Fä- wenn sie ihren Ursprung in Gemeinde im Elsass hat mich higkeiten über das hinaus, was Jesus hat. ausgesandt, und ich gehöre zum ich mir selber zugetraut hätte. Mich haben außerdem vorbild- WEC Frankreich. Außer in der medizinischen Ar- liche Menschen um mich herum Meine derzeitige Aufgabe ist die beit engagiere ich mich im Kin- sehr inspiriert. Sie tragen ganz Entwicklung der Krankenpflege derclub, in der Sonntagsschule natürlich echte und tiefe Freude in einem medizinischen Zentrum und im Französischunterricht für in sich. Wir sind geschaffen, um in der ländlichen Bergregion von die Kinder des Waisenhauses. uns an Gott zu erfreuen, um die Burundi. Die Organisation, mit Besonders gern lade ich meine Freude am Herrn zu leben und der ich hier zusammenarbeite, burundischen Kollegen oder auszustrahlen. Gott möchte die The Cries of A Child*, hat das An- Freunde ein. Durch das Kennen- Freude in uns wiederherstel- liegen, dem Schmerz vernach- lernen, Austauschen und Mittei- len. Ich bin davon überzeugt, lässigter Kinder mit der Liebe len tanke ich selbst auf. dass Freude ein starkes Zeugnis Jesu zu begegnen. ist. Unsere Worte sind natür- Freude – ein Lebensthema lich sehr wichtig, aber auch die Vielfältige Tätigkeiten Bin ich zufrieden? Ja, denn die Einstellung, mit der wir sie aus- Meine Tätigkeiten sind recht Freude am Herrn ist meine Stär- sprechen. Werden Menschen vielfältig, sowohl in der Unter- ke (Nehemia 8,10). Man kann durch mein tägliches Leben stützung des Pflegepersonals diesen Vers schnell hersagen, dazu angeregt, selbst mit Jesus als auch beim Anregen von aber wie sieht es im Inneren leben zu wollen? Hat meine Be- Verbesserungen in der Kran- aus? Für mich ist Freude eine ziehung zu Jesus mein Leben kenpflege. Ich arbeite eng mit Lebensentscheidung. Sie erfor- sichtbar verwandelt, sogar bis meinen burundischen Kollegen dert Hingabe und hat reale Hin- in meine Gefühle hinein? 4
Die richtige Medizin bete ich (fast) jeden Morgen: dachte ich, gäbe es die Mög- In unserem medizinischen Um- „Herr, schenke mir heute wie- lichkeit, über die Grenze in den feld sind wir täglich mit Leiden der deinen Frieden, deine Liebe Kongo einzureisen, um mein Ziel konfrontiert, und dazu kommt und deine Freude. Erfülle mich zu erreichen. Jedoch es blieb un- die schwere Last extremer damit und hilf mir, sie weiter- möglich, und – ich glaube, der Armut, unter der die große zugeben.” Vergleich ist nicht übertrieben Mehrheit der Bevölkerung lei- Welchen Platz räume ich der – ich musste erst durch eine det. Es gäbe so viele Gründe, Freude in meinem Leben ein? Zeit der Trauer hindurch, bevor in Traurigkeit zu leben! Freu- Ist es leicht, Freude in der Mis- Gott mich in den Dienst in einem de zu wählen ist eine Medizin. sion zu leben? anderen Land rufen konnte. Ich Deren „Nebenwirkungen“ sind Ist es möglich, Freude und Zu- habe in dieser Zeit viel gelernt, Lachen und das Verschwinden friedenheit zu erleben, wenn besonders, mit der Gegenwart von Unannehmlichkeiten und die Lebenspläne sich nicht so zufrieden zu sein, mich daran Zorn. Die schönsten Momente entwickeln wie erhofft? zu erfreuen, und nicht auf eine sind für mich, wenn mir das Lä- zukünftige Phase zu warten, in cheln von Kindern begegnet. Es Umorientierung der ich mich schließlich freuen gibt dann keinen Anlass mehr 2012 hatte ich die Freude, mit kann. Dann könnte es nämlich für die geringste Entmutigung, dem WEC im Kongo zu arbeiten. zu spät sein. Versäumen wir denn diese Kinder erinnern Ich begegnete herausragenden keine Gelegenheit, unsere Freu- mich daran, dass sie das beste Persönlichkeiten. Es gab High- de über die Zugehörigkeit zu Teil gewählt haben, die Freude. lights im Krankenhaus, in der Jesus auszudrücken, ihm zu die- Gemeinde und bei den gemein- nen und ihn mit unserem Leben Ein Geheimnis samen Aktivitäten mit den Kin- zu ehren. Meine Freude gründet Natürlich erlebe ich zeitweise dern. Nach einem Jahr war die sich auf meine Abhängigkeit Traurigkeit, Wut, Schuldgefüh- Zeit vorbei. Mein Visum wurde von Jesus – welch ein Grund zu le. Meine Emotionen zu identifi- nicht verlängert, und ich reiste ewiger Freude! zieren ist ein erster Schritt, der gezwungenermaßen heim. Ich Kolosser 1,11/12: „Gott wird mir hilft, die Freude wiederzu- hatte die feste Absicht, in den euch dazu mit aller nötigen Kraft finden. Jesus will uns emotiona- Kongo zurückzukehren, aber ausrüsten, wie es seiner Macht le Unterscheidung ermöglichen. trotz aller Bemühungen schlos- und Herrlichkeit entspricht. Wenn Sie mich nach dem Ge- sen sich die Türen eindeutig. Es Dann könnt ihr alles standhaft heimnis meiner Freude und gab viele Gründe, verwirrt zu und geduldig ertragen bis zum Zufriedenheit fragen, ist sie zu- sein. Schließlich öffnete Gott Ziel, und das mit Freude.“ ■ nächst einmal eine besondere die Tür zum Nachbarland Bu- Gnade des Himmels. Außerdem rundi. Wäre ich näher dran, so *Näheres: www.thecriesofachild.org elisemertens89_pixabay.jpg 5
Bin ich zufrieden? Ganz klar: Ja! Dierk Evers, Weinheim, ist Mitarbei- ter bei „Operation World“. Staat und Gesellschaft sind der Meinung, ich hätte meine Pflicht (2) 1971 – 1981 erfüllt und bräuchte nicht mehr zu Vorausschauend ausbilden arbeiten. Doch Gott sagt genau in „Es wird soweit kommen, daß die Missiona- dieser Situation: „Ich hab da noch was re in Afrika nicht in der Lage sind, sich der für dich, du darfst mir helfen!” und gibt mir Tausende anzunehmen, die sich … den afri- eine Aufgabe, die total interessant ist, aber kanischen Gemeinden anschließen werden. völlig frei von dem Leistungsdruck, den ich Wenn wir … uns nicht vermehrt auf die Aus- früher hatte. Ich könnte zwar klagen, dass bildung der Afrikaner konzentrieren, werden ich der einzige Operation-World-Mitarbeiter wir diese gewaltige Gelegenheit verpassen.“ in Kontinentaleuropa bin und deshalb immer Leslie Brierley, Afrika-Missionar und Missions- alleine in meinem Büro zuhause sitze, aber wissenschaftler, Weltweit 1/1971 dank der großen Fortschritte in der Videokon- ferenztechnik habe ich fast täglich direkten Gespräch in Liberia persönlichen Kontakt zu den anderen in mei- „Soma, wann entscheidest du dich für Jesus? nem Team. So geht es mir auch in dieser Hin- Du hast das Wort Gottes nun schon so oft sicht gut. Aus meinem Wunsch, Altgriechisch gehört!“ „Das nächste Mal, wenn ihr wieder- zu lernen und das Neue Testament im Original kommt, dann will ich wirklich Jesus in mein zu lesen, wird wohl nichts mehr – aber so wie Leben aufnehmen.“ „Soma, warum kannst du es jetzt ist, ist es viel, viel besser! ■ es nicht heute tun? Was hindert dich daran?“ „Ich muß erst noch meine Tochter zu den Beschneidungsriten in den Busch schicken.“ Betti Aumüller, Liberia, Weltweit 5/1976 Bin ich zufrieden? Der größte Feind Mehr als das! „Der größte Feind, gegen den wir im Namen Jesu angehen, ist die Entmutigung und die Ver- zagtheit. Oft lag der Feind mir mit den Worten Laura Montagna ist Kurzzeitmit- in den Ohren: Es hat doch alles keinen Sinn! arbeiterin am Internat BCS, Bou- Daraufhin war uns das Wort aus dem 1. Korin- rofaye Christian School (Senegal). therbrief 15,58 eine Ermutigung: …daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn …“ Etwas, wovon ich nicht erwartet Karl-Heinz Schröder, Japan, Weltweit 3/1979 hätte, dass es mir so zu schaffen macht, ist das Wetter. Wir befinden uns immer noch in Putschversuch in Gambia der Regenzeit, in der es insgesamt sehr warm Shirley und Elaine (Australien) bewohnen ein und feucht ist. Das viele Schwitzen und das Haus im Stadtzentrum von Banjul, wo es am mehrmalige Duschen am Tag sind ziemlich Donnerstag (30.7.1981) zu Schießereien kam anstrengend. Auch hat mich die dauerhafte … Das Krankenhaus war bald überbelegt. Hitze sehr müde und träge gemacht, weshalb Shirley machte sich am Freitag auf den Weg, ich die ersten Wochen tagsüber viel geschla- um mitzuhelfen (…) Inzwischen hatten Kinder fen habe. Ein anderer Aspekt, an den ich mich und Erwachsene aus der Nachbarschaft in vielleicht nie gewöhnen werde, sind die vielen ihrem Haus Zuflucht genommen. „Wir möch- Insekten. – Das Zusammenleben mit anderen ten dableiben, denn ihr betet!“ kann einen bereichern, doch manchmal bringt Gerdi Sirtl, Gambia, Weltweit 6/1981 es mich auch an meine Grenzen. Aber: Ich bin mehr als froh, dass ich diese Erfahrung, im Zusammengestellt von Sabine Rayzik Senegal leben zu können, machen darf. ■ 9
© pxhere.com Ein Glaubensabenteuer Stephan hat mit seiner Familie tische Land wieder ganz kon- chen „gelobten Land“ gewor- 17 Jahre in Südasien gelebt und kret in den Blick. Ich war sehr den. Als wir dort angekommen arbeitet seit 2015 in der WEC- entspannt dabei: Wenn Gott es waren, war ich zufrieden. Es Zentrale in Eppstein mit. will ...? Meinetwegen, aber es war manches chaotisch, aber muss nicht sein. Ich beendete ich war im Innersten zufrieden. Wir sind nicht „über Nacht“ mein Informatikstudium, das In einem unserer ersten Rund- in unser Einsatzland in Süd- ich wegen des Theologiestu- briefe schrieb ich, dass ich bis asien gekommen. Es war ein diums abgebrochen hatte, um zum 70. Geburtstag dort ar- langer Weg. Im Prinzip fing er auch einen säkularen Beruf zu beiten wolle, dann könne man 1977 oder 1978 an, als ich nach haben. Bilanz ziehen. einem Missionsvortrag über ein bestimmtes asiatisches Das „gelobte Land“ Vom spannenden Leben … Land Gott gegenüber die Be- Irgendwann auf dem Weg Wir blieben aber „nur“ 17 Jahre reitschaft äußerte, dass er mich schickte mir mein Vater eine dort. 2015 verließen wir aus in dieses Land schicken könne, Postkarte mit einem Text von klaren familiären Gründen wenn er wolle. Ich wollte da- Matthias Claudius: „Ein jedwe- das Land. Wer Liebe predigen mals nicht Missionar werden, der Mensch ist ein Abraham will, muss auch Liebe leben. sondern Pfarrer in Deutsch- und hat sein gelobtes Land, das Zurück nach Deutschland? O land. Doch weil ich im Ausland ihm verheißen ist. Wenn er aber wie langweilig! Geistlich unin- studierte, schrieb mir meine daran nicht glaubt, so bleibt teressant. In der asiatischen Landeskirche nach ein paar Se- er bei seiner Freundschaft, wo Millionenstadt war man jeden mestern einen Brief, dass ich es ihm wohl ist, und kriegt das Abend wirklich dankbar, wenn wohl kein Interesse mehr hätte, gelobte Land mit keinem Auge man gesund zu Hause ange- bei ihr Pfarrer zu werden, und zu sehen.“ kommen war und im inneren strich mich von der Liste der 1998 sind wir als Familie tat- Frieden schlafen gehen durfte. „Anwärter für das geistliche sächlich in dieses Land ausge- Verkehrsunfälle, Bombenan- Amt“. Gegen Ende des Studi- reist. Inzwischen war es über schläge, gelegentliche Angriffe ums kam durch verschiedene die Jahre irgendwie für mich auf Minderheiten, die immer Umstände das erwähnte asia- wie zu meinem ganz persönli- wieder kollabierende Infra- 10
struktur machten den Alltag © pixabay.com/travelphotographer so „spannend“ im wörtlichen Sinn, dass man das Gebet und die Dankbarkeit für Bewahrung am Abend nie vergaß. „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ Diese etwas eigenwillige Über- setzung von Jesaia 7,9 der Lu- therbibel war geistlich lebens- nah. Man vergaß Gott einfach nicht. Hätte man ihn vergessen, wäre man weggelaufen. Und es gab immer mehr gute evan- gelistische Gelegenheiten, als man wahrnehmen konnte. Ir- gendwie lebte ich gefühlt „am Puls der Zeit.“ … ins Büro zu den Computern Jetzt sind wir in Deutschland. Ich kümmere mich im Missions- haus um die EDV. Es fühlt sich oft an wie die Verheißung Jesu unsinnig, sondern notwendig betrachtet, ist diese Arbeit an Petrus in Johannes 21,18 „… und gut für das Funktionieren hier auch ein Glaubensaben- wenn du aber alt wirst, wirst du der deutschen WEC-Zentrale. teuer und gehört zu unserem deine Hände ausstrecken, und Ich gebe sie gerne ab, wenn je- Lebensweg in der Nachfolge ein anderer wird dich gürten mand anderes dafür gefunden Jesu. Deshalb bin ich wieder und führen, wohin du nicht wird. Aber bis dann ist es Got- zufrieden und möchte an kei- willst.“ Ich bin hier gelandet, tes Platz für mich. Es ist eine ner anderen Stelle sein. Und wo ich nie sein wollte. Zufrie- Arbeit, die getan werden muss, tatsächlich gibt es auch noch den? Ich muss Arbeiten tun, und die uns zugleich erlaubt, einen besonderen Bonus hier: von denen ich mich eigentlich die familiären Verpflichtungen Das naturnahe ländliche Wohn- vor Jahren gerne verabschie- voll zu erfüllen, deretwegen umfeld ist, mit offenen Augen det habe, als ich von einem wir nach Deutschland zurück- betrachtet, eigentlich wunder- Geschäftsvisum zu einem Mis- gekommen sind. In einer ganz schön und ein guter Kontrast sionarsvisum wechselte. Ich anderen Weise gilt jetzt auch zur heißen, chaotischen, oft stecke nun hinter den Com- hier das Wort „Glaubt ihr nicht, übelriechenden asiatischen putern. Diese Arbeit ist nicht so bleibt ihr nicht.“ Und so Millionenstadt. ■ 11
Alternative Lebensführung Markus Fromhold, Zeit nach diesen sechs Monaten tig coole Zeit, aber in die Mission in Vorbereitung auf Südafrika war, noch auf Master in Nachhal- will ich nicht gehen. tigkeitsmanagement zu studie- Aufgewachsen bin ich in einem ren, damit ich eine spannende- Kurzeinsatz in Melusi kleinen Dorf in der Nähe von re Arbeit als Buchhalter finden Aber Gott hatte wieder andere Ulm. Schon früh war Gott Teil könnte. Ich wusste nicht, dass Pläne. Als ich mir bei einem meines Lebens, schließlich Gott für mich die spannendste Spaziergang überlegte, wo ich machte ich das komplette christ- Aufgabe überhaupt bereithielt. mein dreimonatiges Haupt- liche „Ausbildungsprogramm“ praktikum im letzten Ausbil- mit: Kinderkirche, Jungschar, Bibelschule ja – Mission nein dungsjahr machen möchte, Teenkreis, Jugendkreis. Aber Ich verließ die Bibelschule nicht kam mir auf einmal wieder trotzdem blieb Gott eben nur wie geplant schon nach sechs Melusi in den Kopf. Am Ende ein Teil meines Lebens und war Monaten, sondern erst nach des Spaziergangs war dann die nicht der Mittelpunkt. Deswegen drei Jahren. Die Entscheidung, Gewissheit da, dass ich die drei studierte ich auch direkt nach auf drei Jahre zu verlängern, Monate von Januar bis März meinem Abitur „Steuern und machte ich mir nicht leicht, doch 2020 wieder nach Südafrika Prüfungswesen“, um möglichst Gott zeigte mir auf verschiedene gehen möchte, um herauszu- schnell möglichst viel Geld zu Weise, dass genau das der Weg finden, ob ich dorthin auch verdienen. war, den er für mich vorbereitet wieder für längere Zeit zurück- hatte. Mit der Entscheidung, die gehen möchte. In den drei Mo- Durch Gott verändert komplette theologische Ausbil- naten dort arbeitete ich auf Doch während meines Studi- dung zu absolvieren, war für dem Gelände mit den obdach- ums begegnete mir Gott auf mich auch klar, dass ich danach losen und drogenabhängigen übernatürliche Weise, so dass nicht wieder in meinem alten Männern und ging nachmittags sich mein Glaubensleben stark Beruf arbeiten wollte, sondern mit in die Townships zum Kin- veränderte. Ich beendete zwar in den vollzeitlichen Dienst der- und Jugendprogramm. mein Studium und fing danach gehen würde. Im zweiten Jahr Auch wenn ich wegen „Coro- an, als Buchhalter zu arbeiten, der Ausbildung machten wir na“ früher als geplant abreisen doch jetzt stand Gott an erster als Klasse eine Missionsreise musste, blieb die Gewissheit, Stelle und nicht mehr das Geld. nach Südafrika. Zwei Wochen dass ich wieder langfristig nach Da mir der Job als Buchhalter waren wir in Melusi, um dort bei Melusi gehen möchte. Daher zu langweilig war, kündigte der jährlichen Jugendkonferenz meldete ich mich beim WEC ich noch in der Probezeit und MYC mitzuhelfen, die anderen und nahm an der Kandidateno- meldete mich im Januar 2018 zwei Wochen arbeiteten wir mit rientierung 2020 teil. Nach mei- für sechs Monate Kurzzeitbi- einem indischen Pastor zusam- ner Annahme als WECer bereite belschule an der Bibelschule men in Durban. Mein Fazit nach ich mich nun auf meine erneute Kirchberg an. Mein Plan für die der Reise: Es war zwar eine rich- Ausreise nach Südafrika vor. ■ 12
Von Japan geprägt Nathanael Gaub, wenn aber nicht, Eppstein will ich endlich mein Leben leben. In dem Ich bin ein „MK“ Jahr hatte ich Gele- (Missionarskind). genheit, die Bibel Vielleicht sollte ich besser kennenzulernen, Bi- Spielen und Sport ein „heimat- mich nicht zu stark belseminare zu besuchen und liches“ Gefühl. Einige, mit denen mit diesem Begriff sogar nach Israel zu reisen. Je ich damals zusammenarbeitete, identifizieren, weil ich zu aller- mehr ich forschte, desto weni- sind weiterhin dabei, Japaner für erst Kind Gottes bin, aber „MK“ ger konnte ich Gott verneinen, Christus zu gewinnen, teilweise beschreibt mich gut. Japan war merkte aber auch, wie wenig sogar als Missionare in Japan. mein „Heimatland“. Ich lernte ich die Bibel verstand. Jetzt er- Reis, Meeresfrüchte und vieles innerte ich mich neu an meinen Nach der Bibelschule ging ich andere dort lieben. Je älter ich Kindheitswunsch, Missionar nicht direkt in die Mission. Zwei wurde, desto weniger passten zu werden und den Menschen Jahre arbeitete ich in einem mir zwar die üblichen Kleider von Jesus weiterzuerzählen. japanischen Hotel in Frankfurt und Schuhe, aber Kultur und Vielleicht war das der Anfang und lernte das japanische Netz- Sprache setzten sich in den 19 einer (etwas verspäteten) gro- werk in Frankfurt und Deutsch- Jahren bei mir fest. ßen Veränderung nach meiner land etwas kennen. Meine japa- Bekehrung. nische Gemeinde in Frankfurt Neue Grundlagen forderte mich heraus, Mission Schon immer war es mein tiefs- Japanern entgegenkommen neu zu bedenken. Dabei gab ter Wunsch, selbst auch Missi- Es ging weiter auf eine Bibel- es viele Gedanken und Über- onar zu werden. Mit ungefähr schule am Köriser See und legungen, und am Ende führte zehn Jahren hatte ich mich be- dann auf wundersamem Weg Gott mich zum WEC. wusst für Jesus entschieden, nach Chicago zum Moody Bible Inzwischen habe ich den Ori- aber lebensverändernd war es Institute. Während meiner Zeit entierungskurs in Eppstein nicht. Und vor dem Gedanken, dort gab es neuen Kontakt zu Ja- gemacht, und nun ist mein Missionar zu werden, rannte panern. Vier Jahre war ich nicht nächster Schritt, Japaner kon- ich irgendwie weg. In Deutsch- mehr in Japan gewesen, wollte kret zu erreichen. Japaner sind land fing ich an, Mathematik zu auch nicht unbedingt zurück, im Ausland viel offener für studieren. Es war toll, alleine aber Gott gab mir ein neues Herz den christlichen Glauben als zu wohnen und neue Freunde für dieses Land und die Men- in ihrer Heimat. Es gibt viele zu finden, aber bald stellte ich schen dort. Einige Mitstudenten Gelegenheiten, und die möchte meinen Lebenssinn und selbst und ich versuchten Japaner in ich ergreifen. Ein Leitwort ist für die Bibel in Frage. Gibt es Gott Chicago zu erreichen, boten Bi- mich: „Folgt mir nach, und ich wirklich? Ich sagte mir, wenn ja, belgespräche auf Japanisch an will euch zu Menschenfischern dann will ich Ihm alles geben, und vermittelten durch Essen, machen” (Matthäus 4,19). ■ © pixabay.com/Sofia TErzoni 13
Weltweit im Einsatz Hans-Walter Schütze kehrt, Dinge mehr zu durch- anderen Menschen Gottes ver- arbeitet seit 1989 in denken und zu planen. ändernde Gnade freisetzen. Brasilien. Deine Tätigkeiten? Rosi und ich Ein besonderer Bibelvers? sind die Regionalleiter des WEC „Wie mich der Vater gesandt Was liebst du an dei- für Nord-, Mittel- und Südame- hat, so sende ich euch“ (Johan- nem Einsatzland? rika, das Bindeglied zwischen nes 20,21). Die Brasilianer sind der internationalen WEC-Lei- Dein Lebensmotto? sehr herzlich, be- tung und den einzelnen Teams „Sei die Veränderung, die du in geisterungsfähig und unkom- in „Panamerika“. Bei regelmä- anderen sehen willst!“ pliziert. Man kommt leicht mit ßigen Besuchen wollen wir Er- Vorbilder? Meine Frau. Hudson ihnen ins Gespräch. Ihr Glaube mutiger sein und den Teams Taylor. an Jesus Christus kommt von helfen, ihre gesteckten Ziele zu Highlights? Viele treue Ge- innen heraus, sie sind nicht erreichen. Die Teamleiter liegen schwister, die im Gebet und so verkopft. Und dann liebe uns besonders am Herzen. finanziell hinter uns stehen. Die ich noch die vielen tropischen Freizeitbeschäftigungen? vielen Kontakte zu Gleichge- Früchte. Sport, lesen, Gartenarbeit, Do- sinnten in der ganzen Welt. Was ist gewöhnungsbedürftig? kumentar- und geschichtliche Gebetsanliegen? Ein Werkzeug Spontaneität und Begeiste- Filme schauen. zu sein, das Gott nicht im Weg rungsfähigkeit sind gut, aber Was motiviert dich? Wenn ich steht. Gott besser kennen zu manchmal wäre es nicht ver- Anstöße geben kann, die in lernen. ■ Rosi Schütze arbeitet tigung, persönliche Evange- Dein Lebensmotto? „Habe ein seit 1989 in Brasilien. lisation. leichtes, reines Herz und kehre Freizeitbeschäftigungen? negative Dinge nicht unter den Was liebst du an dei- Gartenarbeit, Rezepte auspro- Teppich.“ nem Einsatzland? bieren, gute Bücher, Gesell- Vorbilder? Sechs liebe Freun- Große menschliche schaftsspiele, mich mit Freun- dinnen, die der Herr sehr früh Wärme, Unkompli- den treffen, joggen. durch Krebs zu sich rief. Die Art ziertheit, lockerer Was motiviert dich? Dass Jesus und Weise, wie sie damit um- Umgang miteinander, warmes durch seinen Geist in mir wohnt gingen, hat mich tief geprägt. Klima, leckere Früchte. und mir Ideen, Aufträge und Highlights? Die echten Freund- Was ist eher gewöhnungsbe- Leitung schenkt. schaften und Begegnungen, dürftig? Mangelnde Initiative, Ein besonderer Bibelvers? wo man einander ins Herz bli- Oberflächlichkeit, Korruption „Fürchte dich nicht, denn ich cken lässt und tiefe Einheit und Gewalt. bin mit dir; sei nicht ängstlich, empfindet. Deine Tätigkeiten? Beglei- denn ich bin dein Gott; ich stär- Gebetsanliegen? Dass meine tung unserer Missionarskol- ke dich, ich helfe dir auch, ich erhöhten Thrombozyten auf legen in „Panamerika“, Seel- erhalte dich durch die rechte den Normalwert sinken. Dass sorge, Gastfreundschaft, Hand meiner Gerechtigkeit“ Gottes ausgestreutes Wort Ermutigung, Konfliktbewäl- (Jesaja 41,10). Menschen verändert. ■ 15
WEC International WEC International · Hof Häusel 4 · 65817 Eppstein ZKZ 2327, PVSt, Entgelt bezahlt Weltweiter Einsatz für Christus Tel. 06198 5859-0 info@wi-de.de www.wec-int.de „ Es gibt erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche.“ Dietrich Bonhoeffer
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