Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation

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Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Magazin Nr. 65, Juni 2021

Biovision
Stiftung für ökologische Entwicklung

Mehr Macht
den Frauen!
Eine von Bäuerinnen geprägte
Landwirtschaft bedeutet:
mehr Stabilität, gesünderes Essen,
mehr Ökologie
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Liebe Leserin, lieber Leser                                                                                                                                                                                                                             SAT, tauschte sich über längere Zeit mit ver-
                                                                                                                                                                                                                                                        schiedenen Mitgliedern der Massai-Gemein-
Bauer oder Bäuerin? Die Rollen werden in                                                                                                                                                                                                                schaft in der Projektregion Mvomero aus,
der Deutschschweiz noch heute bereits in                                                                                                                                                                                                                um die beste Herangehensweise zu ­finden.
der Ausbildung verteilt. Der Mann lernt,                                                                                                                                                                                                                Während der Umsetzung holten sie und ihr
sich ums Grossvieh zu kümmern und Traktor                                                                                                                                                                                                               Team immer wieder Rückmeldungen der
zu fahren, die Frau fürs Kleinvieh zu sorgen,                                                                                                                                                                                                           Teilnehmenden ein, um den Ansatz zu ver-
den Haushalt zu führen, und, so steht                                                                                                                                                                                                                   bessern und möglichst allen ein gewinnbrin-
es auf der Website des Bäuerinnen- und                                                                                                                                                                                                                  gendes Mitwirken zu ermöglichen. So legte
Land­­frauenverbands geschrieben, «Ver-                                                                                                                                                                                                                 SAT die Milchverarbeitung, die traditionell
antwortung zu übernehmen bezüglich der                                                                                                                                                                                                                  Sache der Frauen ist, als neuen Fokus fest.
Bedürfnisse und Erwartungen der Familien-
mitglieder, Mitarbeiter (sic!) und Gäste».

Prisca Pfammatter, 25-jährige Studentin
der nachhaltigen Landwirtschaft, schien                                                                                                                                                                                                                  Frauenfokus in Biovision-
ihren Augen noch immer nicht so richtig zu
trauen, als sie dies am Rande unseres
                                                                                                                                                                                                                                                         Projekten
Treffens auf dem Mont Soleil im Berner Jura                                                                                                                                                                                                              Frauenrechte sind Menschenrechte. Und
erzählte. Sie unterhielt sich mit der enga-                                                                                                                                                                                                              Frauen, die Verantwortung übernehmen,
gierten 60-jährigen Bio-Landwirtin Ulrike                                                                                                                                                                                                                tragen massgeblich zu einer starken
Minkner in deren Bäuerinnenstube über                                                                                                                                                                                                                    Gemeinschaft bei. Darum fordert und
Geschlechterrollen in der Landwirtschaft –                                                                                                                                                                                                               fördert Biovision die Initiative und Teil-
nachzulesen ab Seite 8.                                                                                                                                                                                                                                  nahme von Frauen in Biovision-Entwick-
                                                                                                                                                                                                                     Reiche Ernte: Investitionen in
                                                                                                                                                                                                                                                         lungsprojekten gezielt. Die Projekte
Weltweit haben auf Bauernhöfen noch immer                                                                                                                                                                             die Ausbildung von Frauen –        streben jeweils eine gleichberechtigte
die Männer das Sagen. Erfahren Sie in der                                                                                                                                                                            wie hier in Towelo, Tansania –      Teilhabe beider Geschlechter an.
Analyse der kenianischen Expertin Jemimah                                                                                                                                                                                       lohnen sich doppelt.
Njuki, welch enormes Potenzial darin liegt,                                                                                                                                                                                                              Wirkung
Frauen mehr Verantwortung auf den Höfen                                                                                                                                                                                                                  Im Projekt Bienen für Jungunternehmen
zu übertragen – nicht im Hinblick auf die                                                                                                                                                                                                                in Dehana, Äthiopien, erarbeiten heute
Bedürfnisse ihrer Männer, sondern auf das
Führen der Betriebe.                            Auf die Frauen                                                                                         Einkommenssteigerungen für alle Haus-
                                                                                                                                                       haltsmitglieder angestrebt werden. Das ein-
                                                                                                                                                                                                        tigung zu erreichen. Es ist unerlässlich, auf
                                                                                                                                                                                                        die spezifische Situation vor Ort einzuge-
                                                                                                                                                                                                                                                         rund 60 Imkerinnen ihr eigenes Einkom-
                                                                                                                                                                                                                                                         men – im Vorprojekt bis 2017 hatten sich

                                                kommt es an
                                                                                                                                                       leitende Gedankenspiel zeigt allerdings auf:     hen und in Zusammenarbeit mit den Ge-            noch kaum Frauen für die Ausbildung
Wie das in der Praxis aussieht, wenn Frauen                                                                                                            Die Realität ist komplex. Nur weil Biovision     meinschaften effektive Lösungen zu suchen.       angemeldet. Im kenianischen Vihiga
das Ruder in die Hand nehmen und was                                                                                                                   Frauen und Männern gleichermassen Zugang         Biovision investiert deshalb Geld, Gedan-        erhielten im Rahmen des von Biovision
es braucht, damit dies geschieht, erzählt                                                                                                              zu Ausbildungskursen gewährt, heisst das         ken und Zeit in die Planung, Umsetzung und       unterstützten Projekts unserer Partner­
Ihnen Loredana Sorg, Co-Leiterin Entwick-       Biovision fördert in ihren Projekten gezielt die Mitwirkung                                            noch lange nicht, dass die Angebote auch         Auswertung von Interventionen, die zusam-        organisation Bioversity International
lungsprojekte bei Biovision, in unserer         von Frauen. Denn von der Stärkung ihrer Position profitiert die                                        gleichermassen genutzt werden. Frauen ar-        men mit Frauen entwickelt werden. Dass sich      rund 14 000 Frauen eine Beratung in
Titelgeschichte.                                ganze Gemeinschaft.                                                                                    beiten oft länger, verdienen weniger, haben      dies auszahlt, zeigen die positiven Erfahrun-    ausgewogener Ernährung, die sowohl
                                                                                                                                                       geringere Wahlmöglichkeiten, verfügen über       gen in unseren Projekten.                        ihnen selber als auch ihren Familien zu-
Wir wünschen eine aufschlussreiche              Von Loredana Sorg, Biovision (Text) und Peter Lüthi, Biovision (Bilder)                                                                                                                                  gutekommt.
                                                                                                                                                       weniger Ressourcen und sind mit verschie-
Lektüre,                                                                                                                                               denen Formen von Diskriminierung konfron-        Pendo Ndemo unterrichtet nun
                                                Stellen Sie sich vor, Sie sind eine tansa-             Kurs zu besuchen, zum ersten Mal über-          tiert.                                           ihren Mann                                       Mehr Beispiele erfolgreicher Frauen in
                                                nische Bäuerin mit 1,5 Hektar Land, fünf               haupt in Ihrem Leben? Und selbst wenn:                                                           Zum Beispiel Pendo Ndemo, eine Massai-­          Biovision-Projekten finden Sie auf
                                                ­Kindern, ein paar Hühnern, einem Mann, der            Wer schaut während der Unterrichtszeit auf      Gleichzeitig haben unsere Erfahrungen in         Hirtin, die sich am ersten Treffen als Mit-      www.biovision.ch/frauen-im-fokus
                                                 unter der Woche in der Stadt arbeitet, e­ iner        Ihre drei Kleinkinder, wer kocht am Abend       den Projekten wie auch wissenschaftliche         glied ihrer Massai-Gruppe Nameloki («Viel
                                                 kranken Schwiegermutter zu Hause und                  für alle, wer holt Wasser, wer sucht Holz und   Studien gezeigt, dass die Stärkung und die       Glück») kaum ein Wort zu sagen traute.           UNO-Nachhaltigkeitsziele (SDGs)
                                                 ohne Erspartes. Lesen können Sie gerade               wer pflegt tagsüber Schwiegermutter und         Ermächtigung von Frauen zu gesünderen            Mittlerweile hat sie mit Unterstützung un-       Biovision bekennt sich zur Agenda
                                                 das Nötigste, schreiben hingegen fällt Ihnen          Gemüsebeet?                                     Familien und Gemeinschaften führen – wort-       serer Partnerorganisation Sustainable Agri-      2030 der Vereinten Nationen. Mit dem
                                                 schwer. Nun haben Sie von einer Nachbarin                                                             wörtlich vor allem in Bezug auf die Ernäh-       culture Tanzania (SAT) eine eigene Gruppe        Einsatz für die Gleichberechtigung al-
                                                 gehört, dass nächste Woche ein kostenloser            Frauen arbeiten länger und                      rung und im übertragenen Sinne hinsichtlich      gegründet, in der sie unter anderem ihren        ler Geschlechter leistet Biovision einen
              Florian Blumer
                                                 Kurs zu moderner Bienenhaltung angeboten              verdienen weniger                               der Stabilität und der Resilienz von Familien.   Ehemann in nachhaltigem Weidemanage-             Beitrag zu den folgenden Zielen:
             Redaktor Biovision
                                                 wird. Der Verkauf von Honig und Wachs­                Biovision setzt sich für gleiche Chancen        In Frauen zu investieren, ist die effektivste    ment unterrichtet. Und im Nachbardorf gibt
                                                 produkten soll offenbar jedem und jeder ein           und die Verbesserung der Lebensbedin­           Art, das Leben aller zu verbessern.              sie einer Massai-Gruppe Kurse im Anlegen
                                                 zusätzliches Einkommen ermöglichen.                   gungen von Kleinbauernfamilien ein. Dazu                                                         von Gemüsegärten.
                                                                                                       gehört, dass in unseren Projekten eine mög-     So wenig aber die typische ostafrikanische
                                                Gehen Sie hin? Trauen Sie es sich zu, unter            lichst egalitäre Beteiligung von Frauen und     Kleinbäuerin existiert, so wenig gibt es das     Ein solcher Erfolg kommt nicht von selbst.
                                                lauter besser ausgebildeten Männern einen              Mädchen, eine gesündere Ernährung und           allgemeingültige Rezept, um Gleichberech-        Janet Maro, die umtriebige Direktorin von

2                                                                                                                                                                                                                                                                                                          3
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Damit landet das erwirtschaftete Bargeld in      ihren Ehemännern, Brüdern und Vätern mit
                                                                     deren Taschen statt bei ihren Männern.           mehr Respekt behandelt würden. Oft zeigte
                                                                                                                      sich dies in einer egalitäreren Rollenteilung
                                                                     Unkonventionelle Lösung gesucht –                zu Hause. Heute verfügen die Bäuerinnen
                                                                     und gefunden                                     über ein eigenes Haushaltsbudget, vorher
                                                                     In Dehana, Äthiopien, verfolgten Biovision       waren sie vollständig vom Geld ihrer Män-
                                                                     und das Projektteam unserer Partnerorgani-       ner abhängig.
                                                                     sation icipe von Anfang an das Ziel, mindes-
                                                                     tens hälftig junge Frauen als Jungunterneh-      Direktorinnen und Forscherinnen
                                                                     merinnen in der Bienenhaltung auszubilden.       als Vorbilder
                                                                     Doch die Herausforderungen waren gross           Emanzipierte Männer und unerschrockene
                                                                     und zahlreich: Frauen erhalten kaum Mikro-       Frauen braucht es allerdings nicht nur inner­   «Durch unsere tägliche
                                                                     kredite, dürfen nachts nicht ausserhalb der      halb der Dorfgemeinschaften, sondern auch       Zusammenarbeit haben
                                                                     Siedlung Bienenstöcke bewachen und ver-          auf der Ebene Projektleitung. So inspiriert
                                                                     lassen ihr Dorf und damit die Imkergruppe        SAT-Direktorin Janet Maro junge Frauen in       die Frauen ein neues
                                                                     manchmal von einem Tag auf den anderen,          ganz unterschiedlichen Positionen, das Heft     Selbstbewusstsein
                                                                     wenn sie heiraten.                               selber in die Hand zu nehmen und sich be-       entwickelt – heute sind
                                                                                                                      ruflich zu entfalten. Auch Akademikerinnen
                                                                     Dass es trotzdem funktionieren kann, zeigt die   wie die belgische Ernährungsforscherin          sie als Ausbildnerinnen
                                                                     Geschichte von Birhanie Asmamaw, Schatz-         Céline Termote, die das Projekt von Bio-        tätig und dienen
                                                                     meisterin des 2017 gegründeten Jungunter-
                                                                     nehmens «Azmeraw Debesaw & Friends»
                                                                                                                      versity International Kenya in Vihiga mit-
                                                                                                                      aufgebaut hat, sind wichtige Vorbilder und
                                                                                                                                                                      ihrer Gemeinschaft als
                                                 Aloe Vera hilft:
                                        Der Anbau der Medizinal-     und Mutter eines Sohnes sowie einer kleinen      Vorkämpferinnen für gleiche Chancen von         Vorbilder.»
                                            pflanze bringt Frauen    Tochter. Weil es sich für junge Frauen aus       Männern und Frauen.                             Lilian Aluso
                                      in den Shimba Hills, Kenia,    ihrem Dorf nicht ziemt – und auch ein Sicher­                                                    Projektmitarbeiterin von Bioversity
                                                mehr Einkommen.      heitsrisiko bedeutet –, die Nacht ausser         Die Kenianerin Lilian Aluso, Projektmitarbei-   International Kenya
                                                                     Haus zu verbringen, musste sie zusammen          terin von Bioversity International, wiederum
                                                                     mit ihren Kolleginnen und dem Projektteam        ermöglichte mit ihrem unermüdlichen Ein-
                                                                     eine kreative Lösung für den Standort ihrer      satz während der schwierigen Pandemiezeit
                                                                     Bienenstöcke finden. Diese stehen nämlich        den Aufbau einer öffentlichen Saatgutbank.
                                                                     normalerweise weitab des Dorfes an einer         Hier engagieren sich Frauen und Männer ge-
                                                                     Wasserquelle. Die 31-jährige Imkerin plat-       meinsam, um lokal angepasstes und ertrag-
                                                                     zierte ihre Bienenkästen gleich hinter ihrer     reiches Saatgut zu lagern und zu vermehren,
                                                                     Lehmhütte. Sie muss aber besonders gut auf       was sie von den Agrarkonzernen unabhängi-
                                                                     die Völker achtgeben, damit diese die Nach-      ger macht.
                                                                     barfamilien nicht stören.
                                                                                                                      Selbstverständlich bedeutet der Fokus auf
                                                                     Mit einer ganz anderen Selbstverständlich-       Frauen aber nicht, dass Männer links liegen
                                                                     keit engagieren sich die Frauen aus dem          gelassen werden. Die Stärkung der Rolle der
                                                                     Dorf Itumbu in unserem Saatgutprojekt im         Frau kommt auch Männern zugute, weil eine
                                                                     Vihiga County in Kenia. Die Zusammenar-          funktionierende Gesellschaft handlungs­­fä­
                                                                     beit unserer Partnerorganisation «Alliance       hige Frauen braucht und der Schlüssel zu
                                                                     of Bioversity International and CIAT» mit        einer nachhaltigeren Landwirtschaft, zu         «Dass ich aus meinem
                                                                     den lokalen Gemeinschaften entstand über         er­höh­ter Ernährungssicherheit und zu ver-     Ersparten Ziegen kaufen
                                                                     die Ernährungsberatung junger Mütter mit         besserten Lebensumständen in der Einbin-
                                                                     Kleinkindern. Deshalb machten Frauen von         dung aller Menschen jeglichen Alters und        konnte, motivierte meine
                                                                     Anfang an die Mehrheit der Projektteil­          Geschlechts liegt. Dafür, und dass in Zu­       Nachbarinnen, es mir
                                                                     nehmenden aus. Sie lernten, eine grössere        kunft auch eine alleinerziehende tansani-       gleichzutun. Sie baten
                                                                     Diversität an traditionellen Gemüsesorten        sche Klein­bäuerin an Imkerkursen teilneh-
                                                                     gewinnbringend anzubauen. Dies verhalf           men kann, setzt sich Biovision ein.             mich, mein Wissen aus
                                                                     ihnen zu höherem Ansehen in der Gemein-                                                          den Ausbildungskursen
                                                                     schaft – sie kommen deshalb auch bei ande-
                                                                     ren Themen wie der Planung der Haushalts-
                                                                                                                      Weitere Geschichten und Informationen aus
                                                                                                                      den Projekten finden Sie auf
                                                                                                                                                                      zu teilen. So gründete
                                                                     ausgaben stärker zu Wort.                        www.biovision.ch/frauen-im-fokus                ich meine eigene Massai-
       Eigenes Geld! Mary Kameun              Milch macht stark:                                                                                                      Gruppe.»
       mit ihrem ersten Einkommen        Die Förderung der Milch-    Viele der beteiligten Frauen erzählten nach
       aus der Honigproduktion in   wirtschaft in Lubungo-Mingo,     der ersten, dreijährigen Projektphase,                                                           Pendo Ndemo
       Lomut, Kenia.                   Tansania, hilft den Frauen.                                                                                                    Massai aus Tansania
                                                                     dass sie nicht nur bessere Erträge in ihren
                                                                     Gemüse­gärten erzielen, sondern auch von

4                                                                                                                                                                                                              5
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Frauen sind der Schlüssel zu
    nachhaltigen Ernährungssystemen
    Die Forschung zeichnet ein eindeutiges Bild: Um Hunger und Armut wirksam zu bekämpfen,
    müssen wir die starre Rollenteilung von Mann und Frau aufbrechen – auf den Bauernhöfen,
    in den Verarbeitungsbetrieben und am Esstisch.
    Von Jemimah Njuki, IFPRI (Text) und Peter Lüthi, Biovision (Bild)

    Ob bei der Gesundheit, der Ausbildung, der             Entwicklung. Frauen geben in der Regel          werden. Dabei gilt es, die Problematik der
    Mitsprache oder auf dem Arbeitsmarkt –                 einen grösseren Teil ihres Einkommens für       Intersektionalität zu beachten, sprich dass
    noch immer werden Mädchen und Frauen                   die Ernährung der Kinder, für die Gesund-       Frauen mehrfach diskriminiert sein können,
    weltweit diskriminiert. Die Ungleichheit               heit und die Ausbildung aus als Männer.         etwa aufgrund ihres Geschlechts sowie ihrer
    zwischen den Geschlechtern ist dabei so-               Die V­ erringerung der Kluft hingegen führt     Identität als Indigene.
    wohl eine Ursache als auch eine Folge von              ­erwiesenermassen zu einer Steigerung des
    nicht nachhaltigen Ernährungssystemen,                  Bruttoinlandprodukts, grösseren Ernten und     Für geschlechtergerechte Ernährungssysteme
    von einem ungleichen Zugang zu Nahrung                  einer Reduktion der Armut.                     braucht es eine Kombination aus Wissens-
    und Ressourcen. Die Ungleichbehandlung zu                                                              verbreitung, geeigneten politischen Rah-
    bekämpfen und Frauen zu stärken, ist des-              Vielfältige Rollen, wenig Entscheidungs-        menbedingungen sowie Investitionen in die
    halb eine Bedingung für die Transformation             kompetenzen                                     Stärkung der Frauen von der Produktion bis
    der Ernährungssysteme, die Gleichstellung              In der Wissenschaft herrscht heute Konsens,     zum Konsum. Und es fordert ein Umdenken.
    muss eines ihrer Ziele sein.                           dass die Ernährungssysteme transformiert        So sollten wir nicht fragen, welchen Beitrag
                                                           werden müssen. Sie sind nicht nachhaltig        Frauen in der Landwirtschaft leisten, son-
    Diskriminierung aufgrund des Geschlechts               und scheitern darin, die Menschheit zu er-      dern: Wie müssen sich Ernährungssysteme
    und die Missachtung von Frauenrechten ist              nähren: Die jüngste Schätzung für das Jahr      verändern, damit sie zur Ermächtigung von
    weltweit eine der Hauptursachen für Armut              2019 geht davon aus, dass vor der Covid-­19-    Frauen beitragen?
    und Ernährungsunsicherheit. Die Ernäh-                 Pandemie knapp 690 Millionen Menschen
    rungsunsicherheit war gemäss den aktuells-             oder 8,9 Prozent der Weltbevölkerung chro-
    ten Zahlen aus dem Jahr 2019 im Schnitt bei            nisch unterernährt waren, durch die Pande-      Quellen
    Frauen grösser als bei Männern – auf allen             mie kommen zwischen 83 und 132 Millionen
                                                                                                           CARE, 2020, Gender Equality and Women’s Empo-
    Kontinenten der Erde.                                  Menschen dazu.                                  werment in Food Security and Nutrition – Scoping
                                                                                                           Paper for for the Committee on Food Security
    Frauen sorgen fürs Essen –                             Frauen sind Schlüsselakteurinnen in Ernäh­
                                                                                                           UN Women, World Bank, UNEP and UNDP, 2015,
    und leiden an Hunger                                   rungssystemen, entlang des gesamten Kreis-
                                                                                                           The Cost of the Gender Gap in Agricultural
    Als eine direkte Folge patriarchaler Systeme           laufs: als Arbeiterinnen in der Verarbeitung,
                                                                                                           Productivity in Malawi, Tanzania, and Uganda
    kommen Frauen und Mädchen oft zuletzt                  als Händlerinnen auf den Märkten, in der
    dran, wenn das Essen knapp ist. Dabei wird             Verteilung im Haushalt. Sie nehmen aber         FAO, IFAD, WFP, WHO, UNICEF, 2020. The State of
    ihnen gemäss der traditionellen Aufgaben-              auch wichtige Funktionen ein als Produzen-      Food Security and Nutrition in the World, 2020
    teilung im Haushalt oft die Verantwortung              tinnen, Unternehmerinnen, Führungskräfte
    für den Anbau, den Kauf sowie die Zube-                und Konsumentinnen. Ihre Rolle wird je-
    reitung von Nahrungsmitteln überlassen.                doch generell unterbewertet und durch den
    Diese Arbeitsteilung führt zu einer starken            eingeschränkten Zugang zu Ressourcen wie
    Belastung der Frauen, was sich wiederum                Weideland, Wasser, Saatgut und Dünger,
    auf ihre Gesundheit und ihre Beteiligung               aber auch Finanzen und Dienstleistungen
    an wirtschaftlichen Aktivitäten auswirkt.              beschnitten.
    ­Traditionelle Rollenbilder halten Männer
     davon ab, sich an unbezahlten Haushalts-              Normen ändern, gemeinsam
                                                                                                                           Dr. Jemimah Njuki
     aufgaben zu beteiligen – dabei ist erweisen,          mit den Männern                                     Afrika-Direktorin beim International Food
     dass eine Aufweichung dieser Normen zu                Wenn wir Frauen wirksam stärken wollen,                  Policy Research Institute (IFPRI)
     ­einer besseren Ernährung der ganzen Fami-            müssen wir sie in ihrer Rolle als Entschei-            und eine der führenden Expertinnen
      lie führt.                                           dungsträgerinnen stützen und ihnen mehr               Afrikas im Thema Gleich­berechtigung
                                                           Ressourcen in die Hand geben. Diskriminie-                      und Landwirtschaft
    Die Geschlechterungleichheit begrenzt die              rende Geschlechternormen müssen, unter                                                                                  Frauensache?
    Produktivität und Effizienz von Landwirt-              Einbezug der Männer und Jungen, auf allen                                                                 Von einer gleichmässigeren
    schaftsbetrieben und hemmt damit die                   Ebenen des Ernährungssystems angegangen                                                                     Aufteilung der Hausarbeit
                                                                                                                                                              profitieren alle – auch die Männer.
6
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Gipfeltreffen:
                                                                                                                                     Prisca Pfammatter (links)
                                                                                                                                    mit Ulrike Minkner (rechts)
                                                                                                                                         vor deren Hof auf dem
                                                                                                                                    Mont Soleil im Berner Jura.
                                                                                                                                                                  Minkner: Seit mein Mann vor vier Jahren            Wo müssen wir Ihrer Meinung nach                     Kommentar
                                                                                                                                                                  gestorben ist, mache ich alles, die Arbeit         an­setzen für eine gendergerechtere und
                                                                                                                                                                  drinnen wie draussen – das bringt mir viel         öko­logischere Landwirtschaft?                       Hartnäckiges Patriarchat
                                                                                                                                                                  Anerkennung von meinen Nachbarinnen und                                                                 Biovision stärkt in ihren Projekten in
                                                                                                                                                                  Nachbarn. Wenn aber ein Mann neben der             Pfammatter: Das Essen hat seit jeher eine            Sub­sahara-Afrika bewusst die Rolle der
                                                                                                                                                                  Arbeit draussen auch die im Haus macht, be-        zentrale Stellung in der Gesellschaft – die          Frauen – weil sie oft der Schlüssel sind
                                                                                                                                                                  kommt er dafür kaum Wertschätzung – weil           Welt und wir selber sind vom Essen geprägt.          zu einer sichereren und gesünderen
                                                                                                                                                                  diese Arbeit weniger sichtbar ist und finan-       Heute gehört es aber nicht mehr uns, son-            Ernährung der ganzen Gemeinschaft. Dies
                                                                                                                                                                  ziell nicht abgegolten wird.                       dern grossen Konzernen. Es braucht mehr              gilt auch in der Schweiz. Auch hierzulande
                                                                                                                                                                                                                     Land, das Gemeinschaften gehört und auch             würde mehr Mitbestimmung von Frauen
                                                                                                                                                                  Pfammatter: Das beginnt schon bei der              von Frauen mitgeführt wird.                          zu ökonomisch stabileren Betrieben, mehr
                                                                                                                                                                  Ausbildung. Es ist ja heute noch so: In der                                                             Innovation, mehr Kundinnennähe – und,
                                                                                                                                                                  Bauernlehre werden vor allem die Tätigkei-         Minkner: Für mich gibt es nicht die Lösung.          wie die weiblicher geprägte Bio-Landwirt-
                                                                                                                                                                  ten auf dem Feld und im Stall gelehrt, in der      Es soll Genossenschaften und Kollektive              schaft zeigt, mehr Ökologie führen.
                                                                                                                                                                  Bäuerinnenlehre wird in erster Linie gelehrt,      geben, die Land bewirtschaften, aber auch
                                                                                                                                                                  den landwirtschaftlichen Haushalt zu führen.       Gross- und Kleinbäuerinnen und -bauern …             Zum Glück gibt es immer mehr junge
                                                                                                                                                                                                                                                                          Frauen, die Verantwortung übernehmen
                                                                                                                                                                  Minkner: Für mich war immer klar, dass als         Pfammatter: … auch traditionelle Höfe,               und einen eigenen Lohn oder den Status
                                                                                                                                                                  Partner nur jemand infrage kommt, der auch         Familien­be­triebe …                                 als Co-Betriebsleiterin fordern. Das ist
                                                                                                                                                                  ­kochen kann und sich am Haushalt beteiligt.                                                            dringend nötig, denn 94 % der Schweizer
                                                                                                                                                                   Wir sind eigentlich ziemlich unbedarft aus        Minkner: … ja, das ist immer noch der Klas-          Bauernhöfe sind heute noch im Besitz
                                                                                                                                                                   der Stadt hier oben angekommen. Und ich           siker. Und es ist eine schöne Lebensform.            der Männer, zwei Drittel der Bäuerinnen
                                                                                                                                                                   muss sagen, dass ich am Schluss dann doch         Für mich ist die Vielfalt wichtig. Aber gera-        erhalten keinen Lohn und verfügen somit
                                                                                                                                                                   mehr Haushalt gemacht habe und Kurt mehr          de in Krisenzeiten wie jetzt zeigt sich, dass        über keine soziale Absicherung.

       «Auf dem Bauernhof habe ich mir
                                                                                                                                                                   Traktor gefahren ist. (lacht)                     es besser ist, wenn man sich ein Netz aufge-
                                                                                                                                                                                                                     baut hat und nicht alleine ist in der kleinen        In jeder anderen Branche wären solche
                                                                                                                                                                  Warum?                                             Einheit Vater-Mutter-Kinder.                         Zustände ein Skandal. In der Schweizer

       eine männliche Identität zugelegt»
                                                                                                                                                                                                                                                                          Landwirtschaftspolitik werden die patriar­
                                                                                                                                                                  Minkner: Ich habe gemerkt: Traktor fahren                                                               chalen Strukturen jedoch nur zögerlich
                                                                                                                                                                  ­finde ich gar nicht so toll. Dafür kümmerte       Prisca Pfammatter (25)                               angegangen. Eben wurde die Agrarpolitik
                                                                                                                                                                   ich mich sehr gerne um die Kühe. Ich habe         aus Lugano und Basel studiert an der Universität     22+, die auch bei der Stellung der Bäue-
       Zwei Frauen, zwei Generationen, zwei Lebenswelten: Ulrike Minkner ist seit 20 Jahren Bio-Bäuerin auf                                                        eine Weile auch Käse gemacht. Holzen war          Wageningen, Niederlande, nachhaltige Landwirt-       rinnen Fortschritte gebracht hätte, vom
       dem Mont Soleil im Berner Jura, Prisca Pfammatter lebt in Basel und schreibt gerade ihre Masterarbeit                                                       dafür auch nicht so meine Sache. In der Re-       schaft. Ihre Masterarbeit schreibt sie über die      Parlament auf die lange Bank geschoben.
       in nachhaltiger Landwirtschaft. In Ulrike Minkners Bäuerinnenstube haben sich die beiden Frauen                                                             alität ist es aber leider meist eine Luxussi-     Rollenteilung auf Bauernhöfen, die nicht von einem
       angeregt unterhalten – und waren sich einig: Die Schweizer Landwirtschaft muss weiblicher werden.                                                           tuation, sich darüber unterhalten zu können,      Mann-Frau-Paar geführt werden. Sie absol-
                                                                                                                                                                                                                                                                          Es ist dringend nötig, dass das Thema
                                                                                                                                                                   was man gerne macht und was weniger. Viele        vierte ein Praktikum bei Pro Natura im Bereich
       Von Florian Blumer, Biovision (Interview und Bild)                                                                                                                                                                                                                 Gleichstellung in die Ausbildungen aufge-
                                                                                                                                                                   Bauernpaare bewegen sich in einer Tretmüh-        Agrar­politik und ist Teilnehmerin des Projekts
                                                                                                                                                                                                                     Ernährungsparlament, an dem auch Biovision           nommen und das Berufsbild der Bäuerin
                                                                                                                                                                   le, aus der sie nicht herauskommen: Sie ha-                                                            grundsätzlich überdacht wird. Der Weg zu
                                                                                                                                                                                                                     beteiligt ist.
                                                                                                                                                                   ben Schulden bis unters Dach, machen aber                                                              einer ökologischen, sozialen und damit
       Ulrike Minkner, ist Bauer im Jahr 2021               ­ annes mit dem grossen Traktor, der die
                                                            M                                                  Minkner: Ich habe festgestellt, dass die            einfach weiter wie bisher, weil sie sich so ge-                                                        zukunftsfähigen Landwirtschaft führt über
       immer noch ein Männerberuf?                          Natur beherrscht. In der Nachhaltigkeits­          Produk­tion dann ökologischer wird, wenn            rade noch durch den Tag retten können.                                                                 die Stärkung der Frauen. In der Schweiz
                                                                                                                                                                                                                     Ulrike Minkner (60)
                                                            bewegung sehe ich mehr Weiblichkeit, auch          mehr Leute mitreden: auf Gemeinschafts-                                                                                                                    wie in Subsahara-Afrika.
                                                                                                                                                                                                                     ist seit 2000 Bio-Bäuerin auf einem 11 ha grossen
       Minkner: Ja. Der Zugang zu einem Hof ist             gemäss dem typischen Rollenbild: Als Frau          höfen oder Mehrgenerationenhöfen. Es wird
                                                                                                                                                                                                                     Hof mit Viehwirtschaft auf dem Mont Soleil im
       für eine Frau immer noch schwierig, meist            pflege ich die Natur, ich arbeite mit ihr, nicht   damit zwar komplizierter, dafür wird mehr
                                                                                                                                                                                                                     Berner Jura. 17 Jahre lang hat sie den Hof mit
       ­heiratet sie in den Hof eines Mannes ein.           gegen sie.                                         über das Wie diskutiert: Wie können wir
                                                                                                                                                                                                                     ihrem Mann geführt, beide kommen ursprünglich
        Doch heute stellen diese Frauen Fragen:                                                                günstiger, effektiver und ökologischer pro-                                                           aus Basel. Seit dem Tod ihres Mannes führt sie
        Welche Aufgaben übernehme ich, welches              Mit der Natur statt gegen die Natur ist            duzieren?                                            Chancengleichheit fördern –                      den Betrieb alleine. Neben der Tätigkeit auf dem
        ist meine Verantwortung, werde ich Mit­             auch eines der Grundprinzipien von                                                                      aktiv werden!                                    Hof war die gelernte Lehrerin mehrere Jahre
        besitzerin? In meiner Generation war das            Biovision. Würden Sie sagen: Wenn mehr             Was sind Ihre persönlichen Erfahrungen                                                                Vizepräsidentin und Geschäftsleitungsmitglied der
        noch ein Tabu.                                      Bauern- oder eben Bäuerinnenhöfe                   als Frauen auf dem Bauernhof?                        Möchten Sie sich für mehr Gleichbe-              Bäuerinnen- und Bauerngewerkschaft Uniterre,
                                                            von Frauen ­geführt würden, hätten wir                                                                  rechtigung zwischen den Geschlechtern            für die sie heute als Sekretärin arbeitet.
       Prisca Pfammatter, ist Bauer                         eine nachhaltigere Landwirtschaft?                 Pfammatter: Als ich auf einem Bauernhof              engagieren? Unsere Gender-Spezialistin                                                                                  Maya Graf
       ein Männerberuf?                                                                                        arbeitete, habe ich mir ziemlich schnell             und Co-Leiterin Entwicklungsprojekte                                                                                  Ständerätin BL,
                                                                                                                                                                    Loredana Sorg hat im Alltag umsetzbare                                                                        Landwirtschaftspolitikerin und
                                                            Pfammatter: Ich denke, es sind die erwähn-         eine Art männliche Identität aufgebaut,
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Stiftungsrätin Biovision
       Pfammatter: Ja und nein. Frauen arbeiten             ten Attri­bute, die Frauen zugeschrieben wer-      mich männlicher gekleidet, um weniger Auf-           Tipps & Anregungen sowie weiterfüh­
       in der Landwirtschaft seit jeher sowohl im           den, die zu einer nachhaltigeren Landwirt-         merksamkeit auf mich zu lenken. Wäre ich             rende Links zusammengestellt.
       Haus als auch draussen. Vor allem in der             schaft führen. Es wäre wünschenswert, dass         mit rosa Hosen aufgetaucht, wäre ich kaum                                                             Das Interview in voller Länge und zusätzliche
       konventionellen Landwirtschaft dominiert             sich das Bild dahingehend ändert, dass sich        ernst genommen worden.                               www.biovision.ch/chancengleichheit               Bilder des Treffens finden Sie auf
       aber nach wie vor das Bild des starken               auch i­ mmer mehr Männer diese aneignen.                                                                                                                 www.biovision.ch/mont-soleil

8                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     9
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
Biovision News                                                                                 Biovision am UNO-
                                                                                                       «Food Systems Summit»
        Vom Bereich Schweiz über die Entwicklungsprojekte bis zu
        Politikdialog & Anwaltschaft: Aktuelles aus den Bereichen.                                     Ernährungssysteme müssen dringend
                                                                                                       gesünder, nachhaltiger und gerechter
                                                                                                       werden, um die Resilienz gegenüber
                                                                                                       dem Klimawandel zu erhöhen, die Arten­
                                                                                                       vielfalt zu schützen und unsere Gesund-
                                                     Janet Maro (Mitte rechts, im bunten Kleid)        heit zu erhalten. Am «Food Systems
                                                     und Alex Wostry (Mitte links, im dunkel-          Summit» der UNO im September dieses                                                                                                                                               Julia Sackers
                                                                                                       Jahres sollen neue, mutige Massnahmen                                                                                                                                   Produktentwicklerin bei
                                                     grauen Jacket) freuen sich mit ihrem Team
                                                                                                                                                                                                                                                                                «The Green Mountain»
                                                     über die grosse Anerkennung ihrer Arbeit.         zur Erreichung dieser Ziele diskutiert
                                                     Vor 13 Jahren starteten sie eine beispiellose     werden. Trotz Kontroversen im Vorfeld
                                                     Erfolgs­geschichte; Biovision unterstützte        sieht Biovision mit der Teilnahme am                                                                                                           «Wir verarbeiten wenn
                                                     und begleitete sie von Anfang an. Heute           Gipfel eine grosse Chance, Denkmuster,                                                                                                         immer möglich regionale
                                                     betreibt ihre Organisation Sustainable Agri­      politische Strategien, Investitionen und
                                                     culture Tanzania (SAT) eines der wichtigsten      Praktiken der Nahrungsmittelproduktion
                                                                                                                                                                                                                                                      Bio-Produkte»
         Biovision-Partner­
         organisation SAT gewinnt
                                                     Schulungszentren für ökologischen Land-
                                                     bau und die Vermarktung von Bioproduk-
                                                                                                       zu beeinflussen. Biovision-CEO Frank
                                                                                                       ­Eyhorn möchte in seiner Funktion als
                                                                                                        ­Berater gemeinsam mit Verbündeten
                                                                                                                                                            Randensaft statt                                                                          Die Schweizer Firma «The Green Moun­
                                                                                                                                                                                                                                                      tain» produziert ihre Pflanzenburger in

                                                                                                                                                            Rinderblut
                                                     ten in Ostafrika. «Ihre Leidenschaft und                                                                                                                                                         Landquart GR. Gemäss eigener Aussa­
         den One World Award.                        die politische Arbeit für biologische Land-         zeigen, dass ein struktureller Wandel                                                                                                        ge verarbeiten sie wenn immer möglich
                                                     wirtschaft», so heisst es in der Laudatio,          möglich ist, wenn wir die Interessen der
         Wir gratulieren!                            «hat das Bild geprägt, wie Biolandbau in            Zivilgesellschaft, der Konsumentinnen
                                                                                                                                                                                                                                                      Schweizer Rohstoffe aus Bio-Landwirt­
                                                                                                                                                                                                                                                      schaft. Ihre Burger sind jedoch nicht mit
                                                     Tansania wahrgenommen wird.» (fer)                  und Konsumenten, der Wissenschaft und              Der Burger-Boom führte dazu, dass heute auch eine grosse Zahl an Pflanzen­                dem Bio-Label versehen, da der Herstel­
                                                                                                         nachhaltiger Unter­nehmen wahrnehmen.              burgern zur Auswahl steht – sie sind klar die nachhaltigere Alternative.                  lungsprozess der texturierten Pflanzen­
                                                                                                         Wird der Gipfel zum historischen Mei-                                                                                                        proteine nicht Knospe-zertifiziert ist.
                                                                                                         lenstein für den seit langem geforderten           Von Maggie Haab, Biovision

         CLEVER auf Tour                                                                                 Kurswechsel? Sie werden es über unsere
                                                                                                         elektronischen Kanäle erfahren. (tca)
         Unsere interaktive Wanderausstellung
                                                                                                                                                            Heute ernähren sich rund 6 % der Schwei­
                                                                                                                                                            zer Bevölkerung gänzlich ohne Fleisch,
                                                                                                                                                                                                           Zahlen und Fakten                                               Klima
         CLEVER steht bis am 8. Juli im Stadtpark
                                                                                                                                                            jeder und jede Fünfte will vermehrt da­
         Uster (Mo bis Fr 12 bis 18 Uhr, Sa 10 bis                                                                                                                                                        In der Schweiz werden 43 % der Acker­
                                                                                                     Impressum                                              rauf verzichten. Diese «Flexitarier» resp.                                                    Lebens-
         17 Uhr). Kommen Sie vorbei! Viele neue                                                                                                                                                              fläche für den Anbau von Tierfutter         grundlage                      Verschmutzung
                                                                                                                                                            «Flexi­tarierinnen» sind denn auch die an­
         Produkte warten darauf, von Ihnen in den                                                    Biovision Magazin 65, Juni 2021, 22. Jahrgang                                                        verwendet, weltweit sind es rund 33 %.
                                                                                                                                                            visierte Zielgruppe der Pflanzenburger-
         Einkaufskorb gelegt zu werden. Unsere                                                       Das Magazin erscheint 5 Mal jährlich und ist in
         ­Expertinnen und Experten zeigen Ihnen                                                      Spenden ab 5 Fr. als Abonnement enthalten.
                                                                                                                                                            Her­steller. 2019 hat die Markteinführung       Aktuell werden über 50 % des in
                                                                                                                                                            des «Beyond Burger» einen Boom ausge­          der Schweiz verwendeten Kraftfutters
          dann auf, worauf es beim nachhaltigen                                                      Auflage 31 500 Exemplare
                                                                                                                                                            löst, dem die Grossisten gefolgt sind: In           aus dem Ausland importiert
          Einkauf ankommt. Danach zieht die Aus-     25. August bis zum 15. September im Güter-      (Deutsch und Französisch)
          stellung weiter nach Glarus, wo sie vom
                                                                                                                                                            der Schweiz finden wir aktuell eine Aus­       (rund 300 000 t Soja pro Jahr),
                                                     schuppen gastieren wird. (asc)                  © Stiftung Biovision, Heinrichstrasse 147,             wahl von über einem Duzend verschiede­                   Tendenz steigend.
                                                                                                     8005 Zürich                                                                                                                                         Sozialver-                       Ressourcen-
                                                                                                                                                            ner pflanzlicher Burger-Pattys. Bewertet                                                   träglichkeit &                      verbrauch
                                                                                                     Redaktion (verantwortlich)/Produktion                  haben wir «The Green Mountain Burger»:            Der Schweizer Pro-Kopf-Konsum             Tierhaltung
                                                                                                     Florian Blumer                                         Er wird in der Schweiz produziert und         von Fleisch beläuft sich auf 51,25 kg                         Biodiversität
                                                     ÖKOlogisch                                      Bildredaktion/Redaktion Peter Lüthi                    kann es unserer Meinung nach geschmack­          pro Jahr, das ist dreimal mehr
                                                     konsumieren                                     Korrektorat Text Control AG                            lich wie bezüglich der Textur mit der Rind­     als die vom BAG empfohlene Menge.              Green Mountain Burger
                                                                                                     Bilder Titelbild: Halbnomadin in Bulsea, Kenia.        fleisch-Variante aufnehmen.                                                                    Bonvalle Hamburger vom Rind
                                                     Bio aus Übersee oder doch besser kon-                                                                                                                  Jährlich fliessen rund 6 Mio. Fr.
                                                                                                     Alle Bilder: Peter Lüthi / Biovision ausser Seite 5,
                                                     ventionell-regional? Verpackung gut, alles                                                                                                           an Steuergeldern in die Bewerbung von         Je höher ein Wert, desto besser schneidet
                                                                                                     Randspalte rechts oben: Bioversity International,      Dass für diesen Burger keine Tiere sterben
                                                                                                                                                                                                                     Schweizer Fleisch.                 das Produkt bei diesem Kriterium ab.
                                                     gut? Bezahlen wir zu viel für unsere Lebens­    Kenia; unten: Hannes Müller, SAT; Seite 8: Florian     und leiden müssen, liegt auf der Hand.
                                                     mittel? Oder zu wenig? Der neue Beo­bach­       Blumer / Biovision; Seite 9: D. Thommen; Seite 10      Doch ist er auch insgesamt nachhaltiger?
                                                     ter-Ratgeber «ÖKOlogisch» klärt auf und         oben: SAT; Seite 11: Hilcona                           Unser Test zeigt: ja, und zwar um Längen
                                                     führt mit konkreten Tipps durch einen           Gestaltung Binkert Partnerinnen, Zürich                (siehe den Vergleich im Spinnennetzdia­
                                                     nachhaltigen Alltag. Biovision steuerte         Druck Koprint AG, Alpnach                              gramm). Auch eine Studie der University        Im Vergleich: Green Mountain und Rindfleischburger
                                                     Fachexpertise bei und ist Mitherausgebe-        Papier Nautilus Classic (100 % Recycling)              of Michigan kam zum Schluss: Ein Pflanzen­
                                                     rin des Buchs. Im Ratgeber kommen auch                                                                                                                Der Green Mountain Burger übertrifft den   deutlich weniger Wasser, Land und Ener-
                                                                                                                                                            burger verbraucht im Schnitt über 90 %
                                                     Gründer und Präsident Hans R. Herren so-                                                                                                              Rindshamburger von Lidl (Bonvalle) aus     gie verbraucht. Beim Rindfleischburger
                                                                                                     Biovision ist offizielle Partnerorganisation der       weniger Treibhausgase, 93 % weniger
                                                     wie CEO Frank Eyhorn zu Wort. (fer)                                                                                                                   konventioneller Produktion im Vergleich    ist vor allem das importierte Kraftfutter
                                                                                                     Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit           Landfläche und 99 % weniger Wasser als
                                                                                                                                                                                                           in allen Punkten. Dies insbesondere weil   (Soja) energie- und wasserintensiv, dazu
                                                                                                     DEZA, Eidgenössisches Departement für aus­             sein Rindfleisch-Pendant.
                                                     Hier bestellen für 29 statt 39 Franken:         wärtige Angelegenheiten EDA. Die internationalen
                                                                                                                                                                                                           er aus europäischem Erbsen- und Weizen-    wirken sich die Methanausstösse der Tiere
                                                     www.biovision.ch/nc/aktuelles/shop              Projekte von Biovision werden von der DEZA                                                            protein besteht, das in der Herstellung    negativ aufs Klima aus.
                                                                                                                                                            Weitere Infos:
                                                                                                     finanziell unterstützt.                                www.clever-konsumieren.ch

10                                                                                                                                                                                                                                                                                                          11
Biovision - Mehr Macht den Frauen! - Stiftung für ökologische Entwicklung - Biovision Foundation
«Was ich im Kleinen                                                                              hätten sich zurückgezogen, ihr eigenes Ich
                                                                                                 versteckt oder rebelliert.

verändern kann, bewirkt                                                                          Gärtnern als zweite Passion
                                                                                                 In Sara Rohners Leben gibt es neben der

Biovision im Grossen»
                                                                                                 Kunst noch eine zweite Passion. «Überall
                                                                                                 wo ich lebe, muss ich ein bisschen Erde be-
                                                                                                 wirtschaften», sagt sie. Hinter ihrem Haus
                                                                                                 gedeiht eine prächtige Vielfalt an Blumen
Von Peter Lüthi, Biovision (Text und Bild)
                                                                                                 und Gemüse, die sie mit viel Liebe und
                                                                                                 nach ökologischen Prinzipien pflegt. In der
Zeigen die Bilder von Sara Rohner den Blick      Ihre Berufung zur Kunst fand Sara Rohner        Gemeinde ist sie die treibende Kraft hinter
durch ein Mikroskop oder durch ein Welt-         in China. Nach ihrem theologischen Grund­       dem «Jardin communautaire 2520», einem
raumteleskop? Für die Künstlerin kam die         studium hielt sie inne, um sich neu zu orien-   Permakultur-Gemeinschaftsgarten.
Inspiration vom Kleinen. «Ich wollte die         tieren. Sie nutzte die Zeit für eine abenteu-
derzeit negativ belastete Ästhetik des Mikro­    erliche Reise ins Reich der Mitte. Dort war     Über einen Vortrag von Dr. Hans Rudolf
kosmos positiv darstellen», sagt sie. Jetzt,     sie zuweilen mit einer Gruppe Kunststudie-      ­Herren über ökologischen Landbau fand sie
da etliche Bilder dieser Serie fertig in ihrem   render unterwegs. Mangels einer gemein­          den Weg zu Biovision. Heute gehört Sara
Atelier in La Neuveville am Bielersee hän-       samen Sprache, kommunizierten sie mittels        zur treuen Gönnerschaft der Stiftung. «Mich
gen, sieht die Malerin beides in den Bildern,    Zeichnungen. Für sie war das ein Schlüssel­      überzeugt der Ansatz, den Menschen Wissen
Mikro- wie Makrokosmos.                          erlebnis. «Ich wusste plötzlich, wie es für      zu vermitteln und ihnen so die Möglichkeit
                                                 mich weitergehen könnte», erinnert sie sich.     zu geben, ihr Leben zu verbessern», sagt
Schlüsselerfahrung in China                                                                       sie. Wichtig sei ihr auch das Engagement
Ausgangspunkt für Sara Rohners Schaffen          Zurück in der Schweiz wurde sie Lehrerin         der Stiftung auf der globalen und politi-
sind oft Nacht- oder Tagträume, denen sie        und erhielt eine Anstellung an der Real-         schen Ebene und die Tipps zu nachhaltigem
malend auf den Grund geht. Im Laufe dieser       schule in Brugg, wo sie «Werken» unterrich-      Konsum in der Schweiz. «Was ich bei mir im
Annäherung an die Essenz ihrer Eingebungen       tete, später Bildnerisches Gestalten. «Das       Kleinen verändern kann, bewegt Biovision
entstehen Bilder und Serien. «Meine Arbeit       Wichtigste ist für mich, den Jugendlichen        im Grossen», meint sie. «Das gibt mir das
ist ein klärender Entdeckungsprozess», sagt      zur Erkenntnis zu verhelfen, dass sie selber     starke Gefühl, als kleines Teilchen verbun-
sie. «So schaffe ich eine Verbindung von         wertvoll sind», sagt die engagierte Lehrerin.    den zu sein mit etwas Grossem.»
meinem Inneren zur äusseren Welt».               Viele seien in der Schule abgehängt worden,

                                                                                   Stiftung für ökologische Entwicklung
www.biovision.ch, www.facebook.com/biovision                               Fondation pour un développement écologique
Spenden an: PC 87-193093-4                                                       Foundation for ecological development
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