Blau ist die Hoffnung - Potenziale maritimer Geodateninfrastrukturen aus Sicht der Europäischen Kommision und der EU-Mitgliedsstaaten - HENRY
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Article, Published Version Jonas, Mathias Blau ist die Hoffnung - Potenziale maritimer Geodateninfrastrukturen aus Sicht der Europäischen Kommision und der EU-Mitgliedsstaaten Hydrographische Nachrichten Verfügbar unter/Available at: https://hdl.handle.net/20.500.11970/108028 Vorgeschlagene Zitierweise/Suggested citation: Jonas, Mathias (2013): Blau ist die Hoffnung - Potenziale maritimer Geodateninfrastrukturen aus Sicht der Europäischen Kommision und der EU-Mitgliedsstaaten. In: Hydrographische Nachrichten 95. Rostock: Deutsche Hydrographische Gesellschaft e.V.. S. 28-33. https://www.dhyg.de/images/hn_ausgaben/HN095.pdf. Standardnutzungsbedingungen/Terms of Use: Die Dokumente in HENRY stehen unter der Creative Commons Lizenz CC BY 4.0, sofern keine abweichenden Nutzungsbedingungen getroffen wurden. Damit ist sowohl die kommerzielle Nutzung als auch das Teilen, die Weiterbearbeitung und Speicherung erlaubt. Das Verwenden und das Bearbeiten stehen unter der Bedingung der Namensnennung. Im Einzelfall kann eine restriktivere Lizenz gelten; dann gelten abweichend von den obigen Nutzungsbedingungen die in der dort genannten Lizenz gewährten Nutzungsrechte. Documents in HENRY are made available under the Creative Commons License CC BY 4.0, if no other license is applicable. Under CC BY 4.0 commercial use and sharing, remixing, transforming, and building upon the material of the work is permitted. In some cases a different, more restrictive license may apply; if applicable the terms of the restrictive license will be binding.
HN 95 — 06-2013 — Geodatenmanagement Blau ist die Hoffnung Potenziale maritimer Geodateninfrastrukturen aus Sicht der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedsstaaten Ein Beitrag von Mathias Jonas Im Herbst 2012 hat die Europäische Kommission das Grünbuch Meereskenntnisse 2020 herausgegeben. Mit diesem Grünbuch wurde eine Diskussion darüber angestoßen, wie Meeresdaten aus verschiedenen, meist nationalen Quellen künftig vereint werden könnten, um die Industrie, öffentliche Behörden und Forscher dabei zu unterstützen, geeignete Daten zu finden und diese effektiver für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu nutzen – und um das Grünbuch | DG Mare | Geodateninfrastruktur | EMODnet | COPERNICUS | Interoperabilität Wissen über die Meere zu erweitern. Die unter- Iain Shepherds Einstieg in die Präsentation des entiert und ökologisch nachhaltig zu gestalten schiedlichen Reaktio- Grünbuchs Marine Knowlegde 2020 – from seabed seien. Dafür böten die Europa umschließenden 28 nen und Positionen auf mapping to ocean forecasting der Europäischen Seegewässer enorme Potenziale. Eine wesentliche diesen Vorstoß werden Kommission für die EU-Kontaktgruppe der Interna- Voraussetzung, diese Möglichkeiten der »blue eco- in diesem Bericht vor- tionalen Hydrographischen Organisation (IHO) im nomy« in Entwicklungen zu verwandeln, sei die gestellt. Oktober 2012 war überraschend politisch (Europä- umfassende Kartierung der vorhandenen Kennt- ische Kommission 2012; auf Deutsch: Meereskennt- nisse über den Zustand der Meere. Zwar verfügten nisse 2020 – Von der Kartierung des Meeresbodens bis die Mitgliedsstaaten über erhebliche Bestände an Autor zur ozeanografischen Prognose, siehe Abb. 1). Der zustandsbeschreibenden maritimen Geodaten, Dr. Mathias Jonas ist Mitarbeiter der EU-Generaldirektion Mare verwies diese Informationen seien aber aus den verschie- Abteilungsleiter Nautische auf die dramatische Entwicklung der Jugendar- densten Gründen nicht für alle – vor allem nicht- Hydrographie am BSH beitslosigkeit in Europa. Dieser Zustand sei das staatliche – Interessengruppen zugänglich und in Rostock und National absolute Gegenteil dessen, was die Europäische zudem oft grenzüberschreitend nicht miteinander Hydrographer Union mit ihrer Gesamtstrategie zur Erreichung harmonisiert. Die Kommission erwarte sich von ih- Kontakt unter: von wachsender Beschäftigung, Innovation, Aus- rer jüngsten Initiative zukünftig die weitreichende mathias.jonas@bsh.de bildung und sozialem Ausgleich im Vertragsgebiet Verfügbarkeit thematisch und regional aufeinan- bis 2020 erreichen wolle (Europäische Kommission der abgestimmter maritimer Geoinformationen, 2010a). Die brisante Situation erfordere deshalb die die sowohl dem Schutz als auch der Nutzung der rasche Erschließung neuer Beschäftigungsfelder, europäischen Meere neue ökonomische Impulse die gleichermaßen ökonomisch wachstumsori- verleihen könnten. Abb. 1: Das 2012 von der Europäischen Kommision Gute Karten für die Zukunft herausgegebene Grünbuch Zentraler Bestandteil dieser Vision von der »Kartie- Meereskenntnisse 2020 – Von der rung des Meeresbodens bis zur ozeanografischen Kartierung des Meeresbodens bis Prognose« ist die lückenlose, hochauflösende digi- zur ozeanografischen Prognose tale Kartierung der Topographie, der Geologie und der Lebensräume europäischer Gewässer bis 2020. Diese Datensätze liefern gleichsam das Rückgrat für Zeitreihen und numerische Modellierungen zur physikalischen, chemischen und biologischen Zustandsbeschreibung der darüberliegenden Wassersäule und darauf aufbauender Vorhersagen erwarteter Veränderungen und Kontinuitäten. Das so konzipierte komplexe Geoinformations- system ermöglicht die einfache Zugänglichkeit der miteinander harmonisierten und fortlaufend aktualisierten Datensätze. Die bereits bestehen- den nationalen Strukturen für maritime Geo- informationen werden dafür zu Datenlieferan- Grünbuch ten – wie zum Beispiel MDI-DE und MaNIDA in Deutschland, MEDIN in Großbritannien oder das Meereskenntnisse 2020 französische Ifremer-Sextant. Die Nutzung all die- © Europäische Kommission von der Kartierung des Meeresbodens bis zur ozeanografischen Prognose ser Geodaten ist idealerweise frei von jeglichen Einschränkungen und unterstützt die vielfältigs- Maritime Angelegenheiten ten Anwendungen der öffentlichen und privaten Bedarfsträger.
Geodatenmanagement — 06-2013 — HN 95 Das mit dieser Vision in Brüssel vorgestellte Pro- verfügbar. Die jeweils verwerteten Quellen sind in jekt der maritimen Kartierung schreibt die Initiati- einem begleitenden Metadatendienst einsehbar. ve der Kommission Marine Knowledge 2020: mari- Je genauer die Topographie, desto besser die ne data and observation for smart and sustainable Analysen und Vorhersagen: Im März 2013 haben growth fort (Europäische Kommisson 2010b; auf verschiedene Konsortien den Zuschlag für eine Deutsch: Meereskenntnisse 2020 – Meeresbeobach- weitere Ausbaustufe des Geländemodells erhal- tung und Meeresdaten für intelligentes und nachhal- ten. Die Auflösung soll auf mindestens 200 m × tiges Wachstum, siehe Abb. 2), deren Kernelement 200 m verbessert und um folgende Seegebiete das »European Marine Observation and Data Net- ergänzt werden: work« (EMODnet) ist. EMODnet bietet den Zugang • Ostsee, zu den paneuropäischen Datenbeständen über • Schwarzes Meer, sieben Datenportale identischen Aufbaus, denen • Island-See und folgende thematische Gruppen zugeordnet sind • Norwegische See. (https://webgate.ec.europa.eu/maritimeforum/ca- tegory/160): Modelldaten sind für verschiedene Anwendungen • Physik, nützlich – für detaillierte kleinräumige Betrachtun- • Chemie, gen bedarf es zumeist jedoch der Anwendung der • Biologie, originalen Vermessungsdaten. EMODnet HYDRO- • Geologie, GRAPHY bietet hier den Übergang in eine weitere 29 • Hydrographie/Bathymetrie, EU-Geodateninfrastruktur für marine Geodaten: • Lebensräume (Habitate), das SeaDataNet. Hier lassen sich die Verweise auf • menschliche Aktivitäten (noch kein Portal national vorhandene Datenbestände systematisch verfügbar). regional auswerten und bei der datenhaltenden Stelle die Verfügbarkeit und die einzuhaltenden Die verfügbaren EMODnet-Portale samt den an- Nutzungsbedingungen abfragen. Lassen sich gebotenen Datenbeständen haben derzeit den diese Bedingungen mit den Nutzungsansprüchen Charakter von Prototypen und bilden geogra- des Anfragers vereinen, ist nach individueller Re- phisch, thematisch und hinsichtlich des Details gistrierung auch ein Download im NetCDF-Format noch nicht die Gesamtheit des Zustandes aller eu- möglich. ropäischen Gewässer ab. Sie sind seit 2007 auf der Basis von europaweit öffentlich ausgeschriebenen EMODnet und COPERNICUS Entwicklungsaufträgen durch sechs Konsortien Der Betrieb der online erreichbaren EMODnet- aus insgesamt 53 privaten und öffentlichen Part- Portale hat derzeit Projektcharakter und ist gemäß nern erstellt worden. Die Software-Anteile wurden dem geltenden EU-Haushalt zeitlich auf das Jahr von kommerziellem Dienstleistern erbracht. Die 2014 begrenzt. Diesen Status hat EMODnet mit Zuarbeit in Form von Datenbereitstellungen ist der EU-Erdbeobachtungsinfrastruktur COPERNI- für die betroffenen nationalen Institutionen aus Abb. 2: Bereits 2010 in der Verwaltung, Ausbildung und Forschung keine ver- MARITIME ANGELEGENHEITEN Reihe Meereskenntnisse 2020 bindlich geregelte Verpflichtung. Das erfolgreiche erschienen: Verhandeln über den Zugriff auf Daten mit Rele- Meeresbeobachtung und vanz für die gewünschten Aussagen war für die je- Meeresdaten für intelligentes und nachhaltiges Wachstum weiligen Konsortien deshalb auch die bei weitem schwierigste Aufgabe. Europäische Bathymetrie Das EMODnet-Portal HYDROGRAPHY bietet seinen Nutzern derzeit ein einheitliches Digitales Gelän- demodell der Topographie ausgewählter Seege- biete, das aus den unterschiedlichsten nationalen Vermessungen qualitätskontrolliert mit einer Auf- lösung von ca. 200 m × 400 m beschickt wird: • Atlantischer Ozean (Kanal, Irische See), • Nordsee und Kattegat, • Westliches und Zentrales Mittelmeer sowie das Ionische Meer, Meereskenntnisse • die atlantische Küste der Iberischen Halbinsel 2020 und der Golf von Biskaya, meeresbeobachtung und meeresdaten für intelligentes • die Adria, © Europäische Kommission und nachhaltiges machstum • Ägäisches Meer und Levante. Die Daten sind sowohl in Darstellungsdiensten als auch als Datensätze in verschiedenen Formaten frei
HN 95 — 06-2013 — Geodatenmanagement CUS – dem vormaligen »Global Monitoring for trägen aufgefordert. Nächster Schritt ist oft ein Environment and Security – GMES« gemeinsam. Weißbuch, welches das Ergebnis des Diskurses COPERNICUS-Dienstleistungen umfassen die fol- zusammenfasst und damit die Zielstellungen zu- genden Themenbereiche: künftiger Verordnungen und Richtlinien vorgibt. • Überwachung des Festlandes, Die Herausgabe eines Grünbuchs ist ein übliches • Überwachung der Meeresumwelt, Beteiligungsverfahren der Kommission, um ihre • Überwachung der Atmosphäre, Initiativen inhaltlich und politisch zu legitimieren. • Anpassung an den Klimawandel und Ab- Der die Initiative in ihren Zielstellungen und Ver- schwächung seiner Folgen, fahrensschritten erläuternde Teil des Grünbuches • Katastrophen- und Krisenmanagement und ist dafür mit Fragen durchsetzt, zu deren Beant- • Sicherheit. wortung in einer Frist von ca. drei Monaten »je- dermann« in Europa – also natürliche Personen, Für jedes dieser Themen wird eine Vielfalt kon- Interessengruppen, Firmen, staatliche Stellen und kreter Anwendungen im Umweltschutz, in der Organisationen – aufgefordert wird. Die insgesamt Raumordnung, der Land- und Forstwirtschaft, der 22 Fragen des seabed mapping-Grünbuchs und die Fischerei, im Gesundheitsschutz, im Verkehr, im daraufhin bis Mitte Dezember 2012 eingegangen Zivilschutz und im Tourismus unterstützt. COPER- 240 Antworten (siehe unter: http://ec.europa.eu/ NICUS umfasst neben der Raumkomponente maritimeaffairs/mk2020_consultation/individual_ 30 in Form von Erdbeobachtungssatelliten auch replies.htm) – davon ca. 60 % von staatlichen In-situ-Komponenten für die Messung vor Ort. In Organisationen, kommerziellen Dienstleistern, der Überwachung der Meeresumwelt kommen Forschungseinrichtungen und Interessengrup- dafür treibende und fest verankerte Messbojen pen – liefern ein lebendiges Abbild der europäi- zum Einsatz. Das Projekt begnügt sich jedoch schen Meinungsvielfalt und lassen zugleich Ten- nicht mit der Datenaufnahme, sondern umfasst denzen im zukünftigen Umgang mit Geodaten auch Geodatenportale, die die gewonnenen Da- erkennen. ten in Form von Diensten und Produkten präsen- Nachfolgend werden die aus Sicht der Hydro- tieren. Zweifellos gibt es Überlappungen zwischen graphie bedeutsamsten Fragestellungen und beiden Großprojekten; bei genauer Abgrenzung eingegangenen Reaktionen vorgestellt (der Anteil der jeweiligen Zuständigkeiten könnten sich des Diskurses über die Datenbereitstellung für die COPERNICUS und EMODnet jedoch sehr gut er- Fischereiaufsicht bleibt dabei allerdings vollstän- gänzen. Unmittelbare Nutznießer der entfesselten dig unerörtert). Datenflut würden nach Ansicht der Kommission beispielsweise die sich derzeit schnell entwickeln- Freiheit für Daten de Offshore-Industrie, das die Navigationstechnik Was steht der freien und uneingeschränkten Abgabe der Schiffs- und Landseite integrierende e-Naviga- und Nutzung von Geodaten entgegen? tion-Projekt der Weltschifffahrtsorganisation IMO, Wie können die Mitgliedsstaaten diese Ziele hin- aber auch der Meeresumweltschutz sein. Grund- sichtlich staatlicher Daten am besten unterstützen? lagen für langfristige strategische Entscheidungen Gibt es die Möglichkeit, private Infrastruktur in die hinsichtlich des Klimaschutzes könnten – so das Datenerhebung einzubeziehen und auch diese Daten Argument der Kommission – ebenfalls nur aus ei- öffentlich und unbeschränkt zugänglich zu machen? nem durch Daten abgesicherten Gesamtbild der Klimahistorie und der sich daraus ableitenden Sy- Das Ausmaß der öffentlichen und uneinge- nopse getroffen werden. Bemerkenswert ist, dass schränkten Verfügbarkeit staatlicher Geodaten für die ethische Begründung dieser Ansicht ein zu- ist eine Kernfrage der möglichen Wertschöpfung meist in anderen politischen Zusammenhängen durch Geoinformationssysteme. Wie weit sie in Eu- genannter deutscher Philosoph des 19. Jahrhun- ropa reichen und auf welchen administrativen und derts zitiert wird: »Selbst die ganze Gesellschaft, technischen Verabredungen sie basieren soll, ist eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften Gegenstand zahlreicher europäischer Regularien. zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Trotz bindender Vorgaben wie der INSPIRE-Richt- Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer und linie der Europäischen Kommission (Europäische haben sie als boni patres familias den nachfolgen- Kommission 2007) tun sich die national zuständi- den Gesellschaften verbessert zu hinterlassen« gen Verwaltungen (in unterschiedlichem Maße) (Marx 1894). schwer mit einer umfassenden Freigabe ihrer Da- tenbestände. Dies trifft auch und in besonderem Fragen und Antworten Maße auf Meeresdaten zu. Im Unterschied zum Ein Grünbuch der Europäischen Kommission lie- Festland, wo Geodaten in großem Umfang auch fert üblicherweise die themenbezogene Grund- gewerblich erhoben und verwertet werden bzw. lage, um eine öffentliche und wissenschaftliche teilweise mit frei zugänglichen Datensammlungen Diskussion herbeizuführen und grundlegende des Crowdsourcings konkurrieren, unterliegen fachpolitische Entwicklungen in Gang zu setzen. maritime Geodaten überwiegend der staatlichen Häufig werden so Ideen oder Fragen aufgewor- Kontrolle. Deren Lizenzierung für kommerzielle fen und Einzelne sowie Organisationen zu Bei- Verwertungen dient in vielen Mitgliedsstaaten
Geodatenmanagement — 06-2013 — HN 95 den datenerhebenden staatlichen Stellen – und tung, die sich für eine Abgabe über Geodatenportale hier insbesondere den Hydrographischen Diens- eignet? ten – der teilweisen Refinanzierung ihrer Aufwen- Wie sind regelmäßige Datenlieferungen technisch Literatur dungen. zu gestalten? Europäische Kommission (2007): Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Aspekt Wie könnten gemeinsame Dienste mit COPERNI- Directive 2007/2/EC of der Scheu vor der unbeschränkten Datenabgabe CUS ausgestaltet sein? the European Parliament ist die nationale Sicherheit. So sind die Aktivitäten Sollte es in EMODnet eine Echtzeit-Komponente and of the Council of 14 March 2007 establishing an russischer U-Boote in skandinavischen Gewässern geben? Infrastructure for Spatial in den achtziger Jahren bei den Ostseeanrainern bis Information in the European heute unvergessen. Und hochauflösende bathy- In diesem Komplex geht es um die Balance der Community (INSPIRE) metrische Daten sind beispielsweise in Schweden EMODnet-Funktionen hinsichtlich der Verfügbar- Europäische Kommission (2010a): Europe 2020, A European durch parlamentarisch abgesicherte Restriktionen machung von Messdaten unterschiedlicher Auf- Strategy for smart, sustain- von der Abgabe an kommerzielle Bedarfsträger bereitungsstufen einerseits und der Aggregation able and inclusive growth, ausgeschlossen. Auch Forschungsinstitute halten von abgeleiteten Datenprodukten andererseits. 03.03.2010 COM(2010) »ihre Daten« immer noch gern unter Verschluss – Die Meinungen darüber, wo der Schwerpunkt von Europäische Kommission (2010b): Marine Knowledge wenigstens solange die eigene wissenschaftliche EMODnet zu sehen sei, gehen auseinander. Vor- 2020 – marine data and Deutung in Forschungsberichten und Veröffentli- herrschend ist die Meinung, dass die Lieferung von observation for smart and chungen noch nicht abgeschlossen ist. Schließlich Rohdaten und Zwischenprodukten Priorität haben sustainable growth; auf ist die europaweite Bereitstellung harmonisierter sollte, während kommerzialisierbare Datendienste Deutsch: Meereskenntnisse 2020 – Meeresbeobach- 31 Datensätze in Pentabyte-Dimensionen auch eine den privaten Anbietern überlassen bleiben soll- tung und Meeresdaten für anspruchsvolle technische Aufgabe. ten, die sich dafür in den EMODnet-Datenwelten intelligentes und nachhalti- Die Vielfalt der von der Kommission zusam- bedienen können. Diese Welten werden derzeit ges Wachstum; COM (2010) mengestellten Antworten zeigt die Komplexität durch vereinbarte Datenlieferungen der verschie- 461 final Europäische Kommission (2012): der Thematik. Die vorherrschende Ansicht ist je- denen nationalen Partner bedient – die in vielen Marine Knowledge 2020 doch, vor allem Daten staatlicher Organisationen Fällen durch Nachbearbeitungen miteinander ab- – from seabed mapping möglichst frei verfügbar zu machen. Als wich- glichen werden müssen, bevor sie beispielsweise to ocean forecasting; auf tigste Grundlage dafür wird eine weitreichende für digitale Geländemodelle verwertbar sind. Deutsch: Meereskenntnisse 2020 – Von der Kartierung Standardisierung aller betroffenen Bereiche der Die nominellen Vorteile eines zukünftigen Pull- des Meeresbodens bis zur Geodateninfrastruktur angesehen. Die Hydrogra- Mechanismus, der aktuelle Daten automatisch aus ozeanografischen Progno- phischen Dienste verweisen hier unisono auf den den nationalen Datenbasen für die Anwendung se; COM (2012) 473 final IHO-Standard S-100, der auf einem umfassenden in EMODnet zieht, werden anerkannt, jedoch Marx, Karl (1894): Das Kapital, Band 3, MEW 25, S. 782 ff. ISO-19100-konformen hydrographischen Daten- angesichts der derzeitigen Heterogenität der Wikipedia (2013): Inter- modell basiert. Aber auch auf die Einhaltung ho- eingesetzten Datenbanktechnologien und Da- operabilität; online unter: her Qualitätsstandards bei der Datenerfassung tenmodelle als verfrüht abgelehnt. Die Integrati- http://de.wikipedia.org/ und Erstauswertung wird insistiert. onsmöglichkeiten für EMODnet und COPERNICUS wiki/Interoperabilität, Abruf vom 15.05.2013 Etwas anders gestaltet sich das Bild, wenn es um werden vor allem in der gemeinsamen Nutzung die Frage der Bereitstellung von Geodaten kom- wichtiger (und teurer) Komponenten wie der In- merzieller Akteure geht, wie sie zum Beispiel für frastruktur für die Datenspeicherung und den Da- Antrag und Erwerb von Offshore-Genehmigun- tenaustausch gesehen; eine vollständige Zusam- gen mit hoher kleinräumiger Auflösung erhoben menführung wird aufgrund der Verschiedenheit werden. Zwar wird diese Möglichkeit grundsätz- der Aufgaben und der befürchteten Komplexität lich bejaht, jedoch darauf verwiesen, dass es sich überwiegend abgelehnt. Eine wichtige Anregung hier um privates Eigentum handelt, deren vertrau- gibt es zur Aufgabenteilung: Während sich EMOD- liche Behandlung gegebenenfalls von vorteilhaf- net auf die Bereitstellung archivierter Datenbe- ter Relevanz gegenüber dem Wettbewerber sein stände konzentrieren könnte, liefert COPERNICUS könnte oder auch unerwünschte Auseinander- Echtzeit-Daten und Vorhersagen. setzungen mit der Öffentlichkeit vermeiden hilft. Viele Staaten sind jedoch gewillt, diese Daten- Regionale Steuerung, paneuropäische quelle zukünftig besser zu erschließen und hier Konsolidierung und globale zu Vereinbarungen mit der Offshore-Industrie auf Zusammenarbeit freiwilliger Basis zu kommen. Dies gilt in noch weit Wie könnte eine regionale Koordinierung für die euro- größerem Maße für die Nutzung von Offshore- päischen Meere gestaltet werden? Installationen als Messgeräteträger, für die es auch Sollte EMODnet institutionalisiert und eventuell bei eine breite Unterstützung seitens der Eigentümer der European Environment Agency EEA angesiedelt solcher Installationen gibt. In Verbindung mit ver- werden? besserter Sensorik ließe sich so eine bedeutende Wie können globale Überwachungsprogramme Erweiterung der Datenbasen unseres Meereswis- wie GOOS und GEOSS durch die europäischen Kom- sens erreichen. ponenten gestärkt werden? Wo beginnt und wo endet EMODnet? Neben allen gemeinschaftsweiten Harmonisie- Wo verläuft die Grenze zwischen unbearbeiteten Mess- rungsbemühungen hat die Förderung der regi- daten (Rohdaten) und einer Stufe der Datenaufberei- onalen Zusammenarbeit einen wichtigen Platz
HN 95 — 06-2013 — Geodatenmanagement im Werkzeugkasten der Union. Die europäischen gramme wie EuroGOOS, EuroGEOSS und EuroAr- Meere bieten dafür einen natürlichen geogra- go sein. phischen Ansatz, da deren Anrainer oft ähnliche Mentalitäten und Interessen vereinen. Dieser Impulse für Forschung und Motor lässt sich nach Ansicht vieler Einsender Entwicklung vorteilhaft für die regionale Harmonisierung von Welche Schwerpunkte für die Entwicklung maritimer Messkampagnen, Auswertemethoden und Da- Messtechnologien leiten sich für die Union aus dem tenharmonisierungen nutzen. Für diese Form der Stand der Technik, den ökonomischen und wissen- Kooperation wird ausdrücklich auf die vier regio- schaftlichen Erfordernissen ab? nalen hydrographischen Kommissionen der IHO Sollten Forschungsvorhaben verpflichtet werden, verwiesen, namentlich auf die: ihre Datenbestände zugänglich zu machen? • Nordic Hydrographic Commission, • North Sea Hydrographic Commission, Eine mehrfach gemachte Feststellung bezieht • Baltic Sea Hydrographic Commission, sich auf die verbesserte Auswertung bereits vor- • Mediterranean and Black Seas Hydrographic handener Daten. Unterstützung durch Förderpro- Commission. gramme, die auch für kleinere Firmen handhabbar sind, wird in der Entwicklung der Fernerkundung Gefördert wird der regionale Ansatz auch durch mit Flugzeugen (LIDAR), unbemannter unter und 32 bestehende Kooperationen von Forschungsein- an der Wasseroberfläche autonom operierender richtungen und durch regionale Netzwerke, die Messeinheiten sowie komplexer In-situ-Sensorik, zu diesem Zweck besonders in der Anwendung die die Nachbearbeitung im Labor einspart, ein- neuer Messtechnologien von der Kommission un- gefordert. terstützt werden sollten. Die Frage, ob Daten, die im Zusammenhang EMODnet und COPERNICUS haben bisher Pro- mit öffentlich geförderten Forschungsprojekten jektcharakter: Dass sich dies zugunsten einer lang- erhoben wurden, uneingeschränkt öffentlich fristigen Stabilisierung ändern sollte, darüber sind zugänglich sein sollten, erzielte über alle Interes- sich fast alle einig. Die Vorschläge für eine Instituti- sengruppen hinweg höchste Zustimmungsraten. onalisierung bleiben jedoch vage – die Gründung Verschiedene Institutionen und die deutsche Re- einer weiteren EU-Agentur wird abgelehnt, und gierung schlagen vor, die finanzielle Endabrech- auch eine (von der Kommission suggerierte) Er- nung der Zuwendungen für Forschungsprojekte weiterung der Zuständigkeiten des gemeinsamen an die öffentliche Verfügbarkeit der Daten zu kop- Forschungszentrums (JRC) und der Europäischen peln. Das IOC fordert gar einen Mentalitätswan- Umweltagentur in Kopenhagen wird mit einem del in der Forschungslandschaft, der dazu führen gewissen Vorbehalt kommentiert. Allenfalls ein müsse, dass Wissenschaftler die überragende ständiges Management Office aller Europäischen Bedeutung der Verfügbarkeit der Daten für die Geodateninitiativen wird der Kommission zugebil- Gemeinschaft im Vergleich zu ihrem spezifischen ligt. (egoistischen) Forschungsnutzen als den höheren Zurückhaltend äußerte sich eine Mehrheit auch Wert einzuschätzen wüssten. Nur leise lässt sich gegenüber verstärkten Aktivitäten zur Integration da der berechtigte Einwand des Alfred-Wegner- der europäischen Projekte in globale Mess- und Institutes vernehmen, dass ein allzu freizügiger Überwachungsprogramme. Hier besteht die Sor- Umgang mit Messdaten aus nicht-europäischen ge vor zu großer Komplexität und daraus resultie- Gewässern leicht zum Entzug einer national erteil- renden unnötigen Erschwernissen in der Daten- ten Forschungsgenehmigung führen könne. verfügbarkeit. Die Sachwalter globaler Interessen wie die International Oceanographic Commission Wie geht es weiter? (IOC) und die IHO weisen auf die Notwendigkeit Die thematische Spannweite des Fragenkatalogs der Interoperabilität der europäischen und globa- und die Vielschichtigkeit der Antworten zu einem len Datenbestände hin. Das Schlagwort »Interope- Teilthema der Verbreitung maritimer Geodaten rabilität« wird im Grünbuch in den vielfältigsten des Euroraums zeigt nicht nur die Komplexität ei- Zusammenhängen gebraucht. Das derzeitige Mo- ner von Daten abhängigen Industriegesellschaft; dewort für Datenwelten beschreibt laut Wikipedia sie illustriert auch das bisweilen erratisch wirkende »die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Syste- Aufbauwerk europäischer Geodateninfrastruktu- me, möglichst nahtlos zusammenzuarbeiten, um ren. Zu viele zeitlich befristete Projekte, zu wenig Informationen auf effiziente und verwertbare Art koordiniert mit zu großen Überlappungen, brau- und Weise auszutauschen bzw. dem Benutzer zur chen eine Konsolidierung in einer Gesamtstrategie, Verfügung zu stellen, ohne dass dazu gesonder- brauchen Verstetigung, eindeutige funktionale te Absprachen zwischen den Systemen notwen- Abgrenzungen und gemeinsam nutzbare Struk- dig sind« (Wikipedia 2013). Anknüpfungspunkt turen. Die Kommunikation des Grünbuches zeigt für diese Eigenschaft der marinen Geodatenin- diese Tendenzen auf, die durch ihre Umsetzung für frastrukturen Europas könnten nach Ansicht der einen größeren Nutzen und damit für eine größere französischen und der deutschen Regierung die Akzeptanz der so unbestreitbar wichtigen paneu- europäischen Unterorganisationen globaler Pro- ropäischen maritimen Datendienste sorgen könn-
Geodatenmanagement — 06-2013 — HN 95 ten. Der betreffende Absatz der Stellungnahme zur Verfügung stehen und dass man es mit ständig der Bundesregierung bringt es auf den Punkt: wechselnden Partnern zu tun hat, abhängig da- »Um eine langfristige Nachhaltigkeit der Da- von, wer die jeweilige Ausschreibung gewonnen tensysteme für die Meeresgebiete zu erreichen, hat. Um Systeme wie EMODnet und COPERNICUS reicht es nicht, nur die beiden Systeme EMOD- langfristig und nachhaltig zu betreiben, werden net und COPERNICUS zu betrachten. Richtlinien inhaltliche Konzepte und sich daraus ergebende wie MSRL (Meeresschutz), WRRL (Wasser), FFHRL technische Konzepte und Strukturen auf europäi- (Fauna-Flora-Habitat), HWRL (Hochwasserschutz) scher und regionaler Ebene benötigt. Auf EU-Ebe- sowie die Übereinkommen OSPAR und HELCOM ne ist eine Synchronisierung mit anderen Projek- müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Zurzeit ten und Vorhaben, wie z. B. CISE, erforderlich, um müssen die Mitgliedsstaaten für alle genannten hier Doppelentwicklungen zu vermeiden und ggf. Richtlinien und Übereinkommen mehrfach Daten Synergien zu gewinnen.« bereitstellen, obwohl es große inhaltliche Über- Die Kommission hat eine zusammenfassende lappungsbereiche gibt. Das führt zu Mehrarbeit Interpretation aller eingegangenen Beiträge an- bei den Mitgliedsstaaten, die dringend abgestellt gekündigt – ohne jedoch ein Datum für deren werden muss. Es ist zwingend erforderlich, dass Veröffentlichung zu nennen. Der Umfang der den eine bessere Koordinierung auf europäischer und Mitgliedsstaaten dann vorzuschlagenden Aktivi- regionaler Ebene stattfindet. EMODnet könnte die täten wird vermutlich auch von den finanziellen zentrale europäische Datendrehscheibe für alle Möglichkeiten der DG Mare abhängen. Immerhin 33 genannten Richtlinien und Übereinkommen im hat der EU-Gipfel im Februar 2013 beschlossen, Meeresbereich werden, müsste sich dafür aber dass die EU-Ausgaben in den kommenden sie- technisch und inhaltlich weiterentwickeln bzw. ben Jahren insgesamt bei maximal 960 Milliarden ändern, um so die spezifischen Anforderungen, Euro liegen dürfen. Das liegt deutlich unter dem die sich z. B. durch Berichtsprozesse zu rechtlichen ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission Regelungen ergeben, berücksichtigen zu können. von 1,09 Billionen Euro und bedeutet letztlich Bisher hat die EU hauptsächlich in Form von eine Verkleinerung der Anteile der verschiede- Projekten gearbeitet. Dies ist sicherlich eine gute nen Ressorts. Ob dies Auswirkungen auf die ge- Möglichkeit, um die benötigten Grundsysteme meinschaftliche Entwicklung der europäischen aufzubauen, hat aber den Nachteil, dass die Res- Geodateninfrastruktur haben wird, werden die sourcen immer nur für einen bestimmten Zeitraum kommenden Monate zeigen.
Sie können auch lesen