Blaues Wunder - forschungsfelder 2/ - BMEL
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forschungsfelder Magazin für Ernährung und Landwirtschaft 2/20 Juni Blaues Wunder Wie eingeschleppte Schädlinge Pflanzen bedrohen
3 forschungsfelder Ausgabe 2 — Juni 2020 INHALT 4 Wissen in Häppchen Über Fangquoten, gezielte Schüsse und Raum für die Kleinsten 6 Besonderes Foto Liebe Leserinnen 8 Aus einer anderen Welt und Leser, Es braucht neue Perspektiven, um Pflanzen zu schützen als wir vor einiger Zeit die neuen forschungsfelder mit dem Schwerpunkt Pflanzenge- 10 Zwei gegen zwei sundheit planten, ahnten wir nicht, wie sehr die Themen Virus und Schutzmaßnahmen Feine Spürnasen in der Luft und heute unser aller Leben bestimmen. auf vier Pfoten schützen Bäume Nicht nur wir Menschen, auch Pflanzen können infolge sich ausbreitender Krankheiten ihr blaues Wunder erleben. Gerade im Zuge eines zusammenwachsenden internatio- 16 Weltweit gleiche Interessen nalen Warenverkehrs steigt das Risiko von Ein- und Verschleppungen von Schädlingen. Dr. Sylvia Blümel spricht über glo- Auch der Klimawandel trägt dazu bei. Das sehen wir aktuell am Beispiel der Marmorierten bale Zusammenarbeit im Kampf Baumwanze, die aus warmen Regionen Asiens und Afrikas nach Mitteleuropa einge- gegen Schaderreger schleppt wurde. Sie schädigt zahlreiche Obst- und Gemüsearten. Italien meldete vergangenes Jahr 500 Millionen Euro an Einbußen – verursacht durch diese eine Wanze. 18 Landkarte Auch in Deutschland taucht sie bereits auf. Das zeigt, wie bedeutend Eindämmungs strategien sind. 20 Endlich weg vom Fleck Dieses Jahr ist das „Internationale Jahr der Pflanzengesundheit“. Aus diesem Anlass Wie ein Virus die Tomatenernte möchte unser Ministerium zusammen mit den Vereinten Nationen darauf aufmerk- bedroht sam machen, wie wichtig ein verstärktes Engagement zum Schutz unserer Nahrungs- grundlagen ist. Wir sind alle gefragt. Denn schädliche Bakterien, Viren, Insekten, Pilze 24 Forschungslandschaft und Pflanzen erreichen uns nicht nur über den Handel, sondern auch über Verpackungs holz und den privaten Reiseverkehr. Selbst wenn wir in diesem Sommer nur einge- 26 Abgefangen schränkt Urlaub machen können, sollten wir eines im Hinterkopf behalten: Jedes Eine Infografik zeigt, was mit im- mitgebrachte Basilikum aus Thailand und jeder Oleandersteckling von den Balearen portierten Pflanzen mitreisen kann Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/Icerya_purchasi?uselang=de#/media stellt ein Risiko dar. Wissenschaftler entwickeln im Auftrag unseres Ministeriums Methoden, um diese 28 Die Papiere, bitte Einschleppungen und Ausbreitungen zu verhindern und zu bekämpfen. Diese Ausgabe Ein Besuch beim Pflanzenschutz- bietet viele spannende Einblicke in ihre Arbeit, beispielsweise, wie sie unser Lieblings dienst am Flughafen gemüse – die Tomate – vor Viren schützen, welche Quarantäneorganismen am Flug Dieses Insekt ist mitverantwortlich dafür, dass hafen abgefangen werden und wie zwei grundverschiedene Spürnasen die Witterung 34 Forschungsfrage diesmal eine Zitrone unser Cover ziert. Die von Baumschädlingen aufnehmen können. Wie profitieren Schädlinge vom Australische Wollschildlaus befällt Zitruspflanzen Klimawandel? und richtet dabei großen Schaden an. Schon in In diesem Sinne: Schützen Sie unsere Pflanzen, und bleiben auch Sie gesund! den 1860er Jahren wurde sie mit Akazienbäumen 35 Impressum aus ihrer Heimat Australien in die USA verschleppt, Ihre von wo aus sie seitdem auch in viele andere Julia Klöckner Regionen vorgedrungen ist. Schädlinge wie diese Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft forschungsfelder bedrohen unsere Pflanzen, unser Obst und unser Ausgabe downloaden Gemüse. Wie das verhindert werden kann, lesen Kostenfreies Abonnement Sie auf den folgenden Seiten. www.forschungsfelder.de
4 5 1670 Wissen in Häppchen Fakten zu Corona AUF Ernährung und Landwirtschaft Über das neuartige Coronavirus informiert GELATINE MEHR ALS SCHIESSEN das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf www.bmel.de/corona Pflanzenschädlinge sowie über seine Hotlines. Verbraucher: Tel. 0228-242526-21, bmel-vb@verbraucherlotse.de Landwirtschaft: Tel. 0228-242526-22, Beim Wildschweingulasch will niemand auf Blei beißen. Deshalb suchen Forscherinnen und Forscher des Bundesinstituts für bmel-lw@verbraucherlotse.de Risikobewertung nach einer Methode, um die Verteilung von Geschossfragmenten in Wildfleisch zu bestimmen. Dafür Ernährungswirtschaft: Tel. 0228-242526-23, ... für die ein Regelungsbedarf gesehen wird, sind in der globalen Daten- bedienen sie sich bei der Kriminalistik – und schießen mit einem Jagdgewehr auf Gelatineblöcke. Um möglichst zuverlässige bmel-er@verbraucherlotse.de bank der European and Mediterranean Plant Protection Organization Aussagen treffen zu können, ist wohl auch die Größe der Blöcke entscheidend: Sind sie zu klein, reißt die Oberfläche auf (EPPO) detailliert beschrieben: mit ihrer weltweiten Verbreitung, ihren und mögliche Bleiteilchen können entweichen. Bei größeren Blöcken waren die Ergebnisse nicht eindeutig – einige Wirtspflanzen und den Risikoanalysen in anderen Ländern. Außerdem hielten dem Beschuss stand, andere nicht. Der Versuch soll mit weiteren Jagdbüchsengeschossen weitergeführt werden. Um Übertragungswege führt die Datenbank Grundinformationen zu mehr als 86.800 Kultur- das geeignete Prüfmedium zu finden, weiten die Forscherinnen und Forscher ihre Versuche auf ballistische Seife aus. So will und Wildpflanzen sowie weiteren Schädlingen, die für Land- und Forst- das Team ein Standardverfahren für repräsentative Untersuchungen entwickeln, um die Größe und Menge der theoretisch im Überlebt SARS-CoV-2 auf Textilien? Und wirtschaft und den Pflanzenschutz interessant sind. Fleisch verbleibenden Metallteile möglichst realitätsnah zu bestimmen. kann es auch über Lebensmittel, Kinder- spielzeug, Mobiltelefone, Türklinken, Geschirr oder Besteck auf den Menschen übertragen werden? Diese und weitere EIN HAUS Fragen beantwortet das Bundesinstitut für QUOTENFRAGE Stichwort Risikobewertung unter www.bfr.bund.de. FÜR DIE Die Rolle der Haustiere Unter www.fli.de gibt das Friedrich- Loeffler-Institut Empfehlungen zum Umgang mit Haustieren und Corona Welche Folgen hat der Brexit für die deutsche Fischerei und Land- wirtschaft? Das analysierte jetzt das Thünen-Institut. Große KLEINSTEN QUARANTÄNE SCHADORGANISMEN Teile der Nordsee könnten demnach bald für deutsche Fische- heraus und informiert darüber, rinnen und Fischer tabu sein. Seit 1982 gilt in der EU ein Abkom- Wie verhalten sich Pflanzen, Umwelt und welche Rolle Haus- und Nutztiere bei men, nach dem jedes Mitgliedsland einen gewissen Prozentan- Mikroorganismen – zum Beispiel Bakterien, der Übertragung des Virus spielen. teil an der Gesamtfangquote eines Fischbestandes erhält – zum Pilze, Algen und Einzeller – zueinander? Beispiel für Hering in der Nordsee. Das Vereinigte Königreich Das untersuchen Wissenschaftlerinnen und möchte nun aber die Quoten entsprechend den Aufenthaltsge- Wissenschaftler im neu eröffneten Haus der Forschung im Homeoffice bieten der Fische aufteilen. Das könnte die Fangoptionen für Kulturbiomforschung am Leibniz-Zentrum sind Insekten, Milben, Nematoden, Phytoplasmen, Auch an den Forschungsinstituten ändert Deutschland massiv einschränken: Ein Großteil der deutschen für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in sich der Alltag in Zeiten von Corona. Fischerei wird aktuell nämlich in der britischen Wirtschaftszone Müncheberg. Ihr Ziel: die Wechselwirkungen Bakterien, Pilze, Viren und Viroide, die in einem Das Thünen-Institut gewährt auf seinem betrieben; Hering und Makrele gehen deutschen Fischereibe zwischen den Mikroorganismen der Pflanzen Gebiet, in dem sie noch nicht auftreten – oder noch Fotos: WIN-Initiative/GettyImages, Sara Graetz/BfR Twitteraccount einen Blick hinter die trieben fast nur dort ins Netz. Für die Landwirtschaft hingegen und deren Wachstum, Krankheiten sowie Kulissen: https://twitter.com/Thuenen_aktuell wären die Konsequenzen des Brexits vorläufig überschaubar: Bodenfruchtbarkeit und Klima besser zu ver- nicht weit verbreitet sind –, potenziell stark schäd- Zwar wären einige deutsche Agrarexporte bei einem harten stehen. Im Projekt „FraxProMic“ beispiels Die Forscherinnen und Forscher des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschafts- Brexit künftig zu verzollen. Einen Exportüberschuss aber würde weise erforschen sie in Kooperation mit dem lich sein können. Sie werden mit amtlichen Maß- forschung (ZALF) zeigen bei Twitter, wie die deutsche Agrarwirtschaft weiterhin erzielen – nur fiele Thünen-Institut an kleinen Stecklingen, dieser etwas geringer aus. Welche Konsequenzen sich aus den welche Mikrobiom-Vertreter dabei helfen, nahmen überwacht und bekämpft, weil sie einzelne Forschung im Homeoffice geht, und beteiligen sich am Hashtag #leibnizworks- weiteren Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien das durch den aus Japan stammenden Pilz Pflanzenarten direkt bedrohen oder eine Gefahr für fromhome der Leibniz-Gemeinschaft: ergeben, bleibt abzuwarten. Das Thünen-Institut begleitet die Hymenoscyphus fraxineus verursachte Eschen- https://twitter.com/zalf_leibniz Verhandlungen in jedem Fall weiterhin wissenschaftlich. triebsterben einzudämmen. die biologische Vielfalt insgesamt darstellen.
Besonderes Foto Ein Löschtrupp beim letzten Kontrollgang, kurz vor dem großen Brand: Das mehr als mannshohe, invasive Zu hoch hinaus Riesenschilf wurde kurz nach Aufnahme dieses Fotos gezielt in Flammen gesetzt. Es hatte sich am Ufer des Rio Grande in Texas extrem schnell ausgebreitet. Das Dickicht trocknete die Ufer immer stärker aus und verengte den Flusslauf im Big-Bend-Nationalpark deutlich. Dadurch verkleinerten sich die Lebensräume Foto: Tamir Kalifa/NYT/Redux/laif der Fische, und es kam immer häufiger zu Überflutungen im Park.
8 9 AUS EINER E s mag wirken wie ein ferner Planet, nur übermenschlich gut sehen, sondern aber was hier zu sehen ist, ist ein auch riechen kann (mehr dazu lesen Sie Stück Wald in Deutschland: auf- auf den folgenden Seiten). genommen von einer Drohne, Neben dem Borkenkäfer erschließen in Um Pflanzen vor mit einer sogenannten Hyperspektral unserer globalisierten Welt viele Schäd- Krankheiten und kamera. Diese Kameras erfassen ein linge immer neue Gebiete und richten Vielfaches der Lichtspektren, die das dort großen Schaden an. Ihre Spuren Schädlingen zu menschliche Auge wahrnehmen kann, können auf den ersten Blick harmlos und erkennen deshalb schon kleinste wirken: ein welkes Blatt oder ein paar schützen, nehmen ANDEREN WELT Veränderungen der Oberflächenstruk- Löcher im Holz. Gerade das ist aber tur. So können Forscherinnen und For- die Herausforderung, vor der Wissen- Forscherinnen und Foto: HProjekt ProtectForest/Cadmic Gmb scher Rückschlüsse auf den Zustand von schaftlerinnen und Wissenschaftler Forscher völlig neue Bäumen ziehen und erkennen, wenn sie auf dem Gebiet der Pflanzengesund- anhand von Schädlingen oder Dürre ge- heit stehen, wenn sie das Risiko ein- Perspektiven ein. schwächt sind. In diesem Fall dienen die geschleppter Schädlinge eindämmen Aufnahmen dazu, den Borkenkäfer auf- wollen. Sie müssen das Unsichtbare zuspüren. Um befallene Bäume schnel- sichtbar machen. Und dabei kann es ler zu entdecken, hat ein Forschungs- durchaus hilfreich sein, die Welt mit an- team eine Drohne entwickelt, die nicht deren Augen zu sehen.
10 11 ZWEI GEGEN ZWEI Fotos: Dr. Thomas Schröder/JKI, Johann Ziereis Während Waldi noch schnüffelt, fliegt etliche Kilometer weiter nördlich bei Göttingen eine Drohne nahezu lautlos über den Baumwipfeln eines Nadelwaldes. Geschickt navigiert sie der Pilot etwa einen Meter über den Sie knabbern und raspeln, bohren und fressen – alteingesessene und neu angekommene Baumkronen entlang. Auch sie erschnüffelt einen Baumschädling, den Schädlinge machen den Bäumen in Wäldern und Gärten das Leben schwer. Doch auch die Forstleute allerdings schon lange kennen und fürchten. Der einhei- die Forstleute rüsten auf und rücken den hungrigen Organismen mit neuen Methoden mische Borkenkäfer hat ebenfalls ein enormes Zerstörungspotenzial – ist dabei aber klein und unscheinbar. Genau das macht ihn so gefährlich: zu Leibe: Zwei Forschungsteams, zwei Käfer und zwei sehr unterschiedliche Heran- Denn am Anfang bleibt der Schaden des Borkenkäfers, der es vor allem gehensweisen, um ihre Ausbreitung zu verhindern – am Boden und in der Luft, mit Tieren auf Fichten abgesehen hat, unbemerkt. Still und heimlich bohren sich und Drohnen. die ersten Käfer in den Stamm der Fichte, fressen unter der Rinde Brutgän- ge für ihre Nachkommen ins Holz und legen Eier hinein. Ist der Baum gesund und widerstandsfähig, kommen die Käfer allerdings nicht weit. Flüssiges Harz, das der Baum in die Fraßgänge pumpt, wird zur klebri- A uf vier Pfoten schnüffelt er durchs Laub, hält gen Falle für die Angreifer. Solange es feucht und kühl genug für die Harz- kurz am Stamm eines Ahorns inne, bevor es produktion ist, kann der Baum diese Abwehr aufrechterhalten. Wenn rasch und konzentriert weitergeht. Der Spür- aber die Sommer besonders trocken und heiß sind, wird es schnell kri- hund hat es auf einen ganz bestimmten Käfer tisch. Dann versiegt das Harz und die Abwehr bröckelt. Buchdrucker und abgesehen, dessen Larven sich durch das Holz der Bäu- Kupferstecher – die in der Forstwirtschaft am meisten gefürchteten Bor- me knabbern. Vor einigen Jahren wurde hier an dieser kenkäfer – haben dann freie Bahn. Während unter der Borke der Kampf Stelle in einem Park in Bayern ein befallener Baum tobt und sich die geschlüpften Larven in die Wachstumsschicht vor entdeckt und gefällt. Nun kontrollieren der Spürhund arbeiten, zeugen nur winzig kleine Bohrlöcher in der Rinde und heraus- und ein Pflanzenschutzinspektor, ob sich nicht doch rieselndes Bohrmehl vom Überlebenskampf des Baumes. Erst wenn be- noch ein Käfer im Umkreis versteckt hat. So kann der reits mehrere Generationen an Jungkäfern ausgeflogen sind, wird der Einsatz eines ALB-Spürhundes aussehen, der mit sei- gesamte Schaden sichtbar: Die Baumkrone verfärbt sich braun, die Na- ner feinen Nase einen gefürchteten, aus Asien einge- deln beginnen zu fallen, der Baum stirbt. schleppten Baumschädling aufspüren kann: den Asi- atischen Laubholzbockkäfer, kurz ALB.
12 13 Während der Borkenkäfer hierzulande schon lange Der einheimische Borkenkäfer hat sich längst im gan- sein Unwesen treibt, ist der Asiatische Laubholzbock- zen Land verbreitet. Mit großer Sorge blicken Forst- käfer ein Neuling in deutschen Grünanlagen und ein- leute vor allem auf die Massenvermehrungen der In- zelnen Waldstücken. Der schwarz-weiß gescheckte Kä- sekten, die immer dann auftreten, wenn die Bäume fer wurde 2004 erstmals bei Neukirchen am Inn bei besonders geschwächt sind. „Normalerweise gibt es Kurz vorm Abflug: Mit speziellen Passau entdeckt. Vermutlich wurden die Tiere über ein bis zwei Käfergenerationen im Jahr“, erklärt der Gas-Sensoren und einem Verpackungsholz in Containerladungen aus Asien ein- Forstwissenschaftler Dr. Sebastian Paczkowski von der kleinen Rüssel ausgestattet, wird geschleppt, konnten entwischen und suchten sich Abteilung für Forstliche Arbeitswissenschaften der Ge- die „Schnüffeldrohne“ über die neue Wirtsbäume in der Umgebung. Die Larven fres- org-August-Universität Göttingen. In einem beson- Baumkronen geschickt. sen sich durch das Holz und zerstören die nährstoff- ders heißen und trockenen Jahr wie 2018 können in leitenden Schichten des Wirtsbaums. Spätere Larven- einer Saison bis zu vier Käfergenerationen auftreten. stadien dringen noch tiefer ins Holz ein und schwä- Besonders problematisch ist dabei, dass auch gesun- chen ihn auch statisch. Vor allem in der Krone können de Bäume einem massenhaften Angriff kaum etwas abbrechende Äste und welkes Laub auf den Käfer hin- entgegensetzen können. Innerhalb weniger Wochen weisen. Ist der Käfer erst einmal in den Baum gelangt, kann in einem solchen Ansturm hektarweise Wald ver- hat dieser kaum eine Überlebenschance. loren gehen. Je früher, desto besser – das gilt auch für den Borken- Dem Asiatischen Laubholzbockkäfer sind ebenfalls fei- käfer. Um das große Baumsterben zu verhindern, muss ne Nasen auf der Spur – wenn auch keine elektroni- der Befall so früh wie möglich entdeckt werden. Im schen. Spürhunde begleiten die Kontrolleure des Pflan- Forschungsprojekt „ProtectForest“ haben sich For- zenschutzdienstes, die mit Ferngläsern, Hebebühnen Der Asiatische Laubholzbockkäfer gilt als invasive Art, scherinnen und Forscher von drei deutschen Univer- und professionellen Baumsteigern ausrücken. „Die die in neue Gebiete einwandern und sich dort mas- sitäten zusammengefunden, um ein Frühwarnsystem Hunde können Bäume identifizieren, die nach außen senhaft vermehren könnte. Als sogenannter Quaran- zu entwickeln, das Borkenkäferbefall bereits im An- keine Symptome zeigen“, erklärt der Forstpathologe täneschadorganismus eingestuft, gelten in der gesam- fangsstadium ermitteln kann. In der vom Bundesmi- Dr. Björn Hoppe. Er leitet das Labor für Forstquarantä- ten EU für ihn strenge amtliche Überwachungs- und nisterium für Ernährung und Landwirtschaft geför- ne am Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig und Bekämpfungsmaßnahmen, deren Ziel es ist, die wei- derten Studie setzt das Team um Sebastian Paczkow- entwickelt hier vor allem molekularbiologische Dia- tere Ausbreitung zu verhindern und den Erreger aus- ski auf fliegende elektronische Spürnasen. Werden gnostikmethoden, um die Käfer in Proben nachzu- zurotten. Gelingt es nicht, den Käfer im Zaum zu hal- Bäume von Borkenkäfern befallen, sondern sie zur Ab- weisen, die aus ganz Deutschland eingesendet werden. ten, befürchten Fachleute aus der Forstwissenschaft wehr der Käfer ein Harz aus. Dieses enthält einen Duft- Bisher benötigen Hoppe und sein Team für den siche- enorme Schäden an Laubbäumen in Gärten oder Parks, stoff, der gleichzeitig die Insekten anlockt, denn er si- ren Nachweis DNA aus Larven- oder Käfergewebe. Zu- möglicherweise auch in Wäldern. Besonders bedroh- gnalisiert: Hier könnte es lohnende Nahrungs- und künftig wollen die Forscherinnen und Forscher die lich: Der Neuankömmling ist in seiner Nahrung nicht Brutgründe geben. Schon kleinste Mengen des flüch- Käfer-DNA auch in Nage- und Fraßrückständen nach- wählerisch. Er befällt Ahorne, Weiden, Pappeln und tigen Harzbestandteils sollen jetzt nach den Plänen weisen. Dann soll eine Holzprobe mit Kot- und Spei- zahlreiche weitere Laubgehölze. Noch ist die Art in der Fachleute in Göttingen von Drohnen erfasst wer- chelresten des Käfers genügen, um ihm auf die Schli- Deutschland nicht in großen Zahlen vorhanden, sie den. Diese sind mit speziellen Gas-Sensoren ausge- che zu kommen. Der Einsatz von Hunden gehört zu könnte sich jedoch unkontrolliert ausbreiten. Viele ge- stattet und saugen über einen kleinen Rüssel Luft an. einer Reihe von Maßnahmen, für die das Institut für sunde Bäume könnten dann absterben. Daher gilt: Je Alpha-Pinen heißt das Molekül, das intensiv nach Tan- Pflanzengesundheit am JKI als Referenzlaboratorium früher der Asiatische Laubholzbockkäfer bekämpft nennadeln duftet und den fliegenden Drohnen den Leitlinien entwirft, um eine Ausbreitung des Asiati- wird, desto besser. Bei seinem ersten Auftreten in Weg zu befallenen Bäumen weisen soll. schen Laubholzbockkäfers zu verhindern. Neukirchen reagierten die Behörden rasch. Rigoros wurden befallene und benachbarte Bäume gefällt, ge- häckselt und verbrannt, ein intensives Monitoring im Umkreis folgte. Heute gilt die Population bei Passau als ausgerottet. Derzeit gibt es in Deutschland noch acht sogenannte Quarantänezonen, die in einem Um- kreis von 2.000 Metern um einen befallenen Baum ein- Foto: Johann Ziereis gerichtet werden müssen. Vier Jahre lang darf in die- sem Gebiet kein Käfer mehr entdeckt werden, erst dann wird die Quarantäne aufgehoben.
14 15 Die elektronischen Spürnasen sollen im Frühjahr die Mehrere Wochen Ausbildung in Vollzeit sind notwen- Die Drohnen müssen ebenso wie die Hunde eine Art Spürhunde für den Asiatischen Laubholzbockkäfer ha- Fährten des Borkenkäfers aufnehmen. Zu dieser Zeit dig, damit ein Hund zu einem Bockkäfer-Experten Training durchlaufen. Zumindest unter den Versuchs- ben sich in der Praxis bereits bewährt und sind seit ei- werden die Käfer aktiv und suchen nach Brutmöglich- wird und in diesen Quarantänegebieten zum Einsatz bedingungen funktioniert das Aufspüren der Alpha-Pi- nigen Jahren im Einsatz. Björn Hoppe sieht in ihnen keiten. Für erste Testflüge stellen die Forscherinnen kommt. Prinzipiell sind zahlreiche Rassen und auch nen-Duftquelle durch Drohnen bereits gut, Sebastian vor allem dort Vorteile, wo das Gelände für Menschen und Forscher im Wald einen Mast auf, an dessen Spit- Mischlinge für das Training geeignet. Eine gute Porti- Paczkowski ist zufrieden. Damit die Methode belast- schwer zugänglich ist. Außerdem können die Tiere vor- ze sie eine Alpha-Pinen-Quelle befestigen. Der Mast on Neugier sollten die Hunde mitbringen und Spaß bare Ergebnisse liefert, muss die Luft aber möglichst handene Larven und Käfer schon früh erkennen, be- simuliert damit einen befallenen Baum. Die drei an an der Zusammenarbeit mit Herrchen und Frauchen frei von Störstoffen wie Rauch oder Verwesungsgeruch vor Schäden überhaupt sichtbar werden. Dennoch der Drohne befestigten Sensorköpfe liefern ein Erken- haben. Die Tiere begleiten dann regelmäßig Fachleu- sein. Außerdem darf höchstens leichter Wind wehen, bleiben offene Fragen. „Wir wissen trotz Forschung nungsmuster, das spezifisch für das Duftmolekül ist. te der Pflanzenschutzinspektion, die das vorgeschrie- um die Duftmoleküle nicht zu stark zu verwirbeln. Der- nicht, ob und wie viele befallene Bäume die Hunde Meter für Meter überfliegen die mit hochsensiblen bene Monitoring mit ihrer Unterstützung durchfüh- zeit optimiert das Team die Sensoren mit Messungen übersehen“, sagt Hoppe. Hierfür müssen noch Quali- Sensoren und GPS-Sendern ausgestatteten Fluggerä- ren. Voll ausgebildet können die Spürhunde allein am im Labor, passt die Algorithmen der Software an und tätsstandards erweitert und erarbeitet werden. te in Schrittgeschwindigkeit ein genau bemessenes Geruch erkennen, ob ein Ahorn, eine Birke oder eine arbeitet gemeinsam mit Drohnenspezialisten an den Areal des Waldes. Dabei ermitteln sie stetig die Kon- Kastanie bereits Larven des Asiatischen Laubholzbock- technischen Feinheiten der Fluggeräte, die genau ent- Dass sich der Asiatische Laubholzbockkäfer erfolg- zentration der Duftstoffe, die der Mast aussendet. Die käfers beherbergt. Auch Verpackungsholz kontrollie- lang der Baumkronen navigiert werden müssen. reich bekämpfen lässt, zeigen etliche Beispiele aus gewonnenen Sensorsignale werden schließlich auf ei- ren die feinen Hundenasen auf einen Befall mit dem Europa und Deutschland – dank der fachgerechten ner Karte sichtbar gemacht und sollen auch online unerwünschten Käfer. Um ihre Fähigkeiten nicht zu Umsetzung vorgeschriebener Maßnahmen und ei- zugänglich werden. Anhand des Musters der Alpha- verlieren, müssen die Hunde ihr Training regelmäßig ner guten Kommunikation zwischen Behörden und Pinen-Verteilung sollen die Fachleute später erken- mit Geruchsproben auffrischen. Bevölkerung. Ob aber der Borkenkäfer entscheidend nen können, wo geschädigte Bäume stehen. „Diese dezimiert werden kann, wird sich erst in den kom- Foto: Claas Nellen (Hund), Morphart Creation/Shutterstock.com (Käfer links), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Anoplophora_glabripennis.jpg?uselang=de (Käfer rechts) können dann schnell identifiziert und entnommen menden Jahren zeigen. Klimawandel, von Nadel werden, bevor der Käfer sich überhaupt ausbreiten gehölzen dominierte Forste und das Einschleppen kann“, erklärt Sebastian Paczkowski. Die Methode ver- neuer Arten machen die Wälder anfälliger für Schä- spricht schnellere und genauere Ergebnisse als bei bis- den. Im schwierigen Kampf gegen Forstschädlinge her üblichen Verfahren, bei denen Forstleute die Wäl- wird der Mensch deshalb auch zukünftig neue Ideen der begehen und nach verräterischen Bohrlöchern und und Hilfe brauchen – ob motorbetrieben oder auf Harzspuren suchen. Zudem gelangt eine Drohne pro- vier Pfoten. blemlos auch in schwer zugängliches Gebiet an Hän- gen und in Schluchten. Von Heike Kampe Spürhündin Ida im Einsatz für den Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Der Neuankömmling Nordrhein-Westfalen. Die Erscheinung des Asiatischen Laubholz- bockkäfers ist beeindruckend. Vor allem die Der Einheimische langen, schwarz-weiß gestreiften Fühler des bis zu vier Zentimeter langen Bockkäfers und Für fast jede Baumart gibt es einen Borkenkä- seine weißen Flecken sind nicht zu übersehen. fer, der sich darin wohlfühlt. Wirtschaftlich In Verpackungsholz reiste der Käfer von großen Schaden verursachen vor allem die Ostasien aus in den 1990er Jahren in die USA unscheinbar braunen, nur wenige Millimeter und später nach Mitteleuropa ein. Hier großen Arten Kupferstecher und Buchdrucker, besiedelt er gesunde Laubbäume und bringt sie die an der Fichte zu finden sind. Wenn Trocken- zum Absterben. Er gilt als Neozoon, das heißt als und Hitzestress hoch sind oder großflächig eine eingeschleppte Tierart, die sich an den Fichten an Standorten wachsen, in denen sie neuen Standorten massenhaft vermehren natürlicherweise nicht vorkommen, sind die kann. Auch in seiner Heimat in China ist er Bäume geschwächt. Dann vernichten die Käfer, seit den 1980er Jahren ein gefürchteter die sich unkontrolliert ausbreiten, in einem Forstschädling, der jedes Jahr Schäden Jahr mehrere Millionen Kubikmeter Holz. in Millionenhöhe verursacht.
16 17 Warum braucht die Forschung im Bereich gemeinsam entwickelten Forschungs für die Überwachung von großen Flä- Dr. Sylvia Blümel leitet die Pflanzengesundheit die internationale agenda. Die Netzwerkmitglieder wählen chen (mehr dazu im Bericht ab Seite 10). Abteilung Pflanzengesundheit in Obst-, Perspektive? die Forschungsprojekte aus, die eine För- In einem von uns finanzierten For- Wein- und Spezialkulturen bei der Das Thema war lange Zeit eine rein natio- derung erhalten. Überwiegend finanzieren schungsprojekt zu Drohnen bringen wir Österreichischen Agentur für Gesundheit nale Angelegenheit, aber Pflanzenschäd- unsere Mitglieder angewandte Forschung, Expertinnen und Experten aus verschie- und Ernährungssicherheit. linge machen vor Grenzen nicht halt. Vor die kurz- bis mittelfristig Lösungen für ak- denen nationalen Projekten zusammen, allem der globalisierte Handel und der tuelle Probleme der Pflanzenschutzdiens- um den Austausch zu fördern und For- weltweite Tourismus führen dazu, dass te liefert. Dabei handelt es sich zum Bei- schungslücken aufzuspüren. Schaderreger von einem Kontinent auf den spiel um die Entwicklung von Diagnose- anderen gelangen und sich dort ansiedeln methoden, mit denen sich neu auftretende Was wird in der Forschung zu Pflanzen können. Der wirtschaftliche Schaden, den Schaderreger zuverlässig bestimmen lassen. gesundheit in den nächsten Jahren wichtig? gebietsfremde Schaderreger in der Land- Ein Beispiel, das uns sehr beschäftigt: wirtschaft verursachen, wird allein in der Worauf kommt es bei diesen Methoden an? Es gibt molekulargenetische Diagnose EU auf zwölf Milliarden Euro jährlich ge- Die Diagnosemethoden müssen in der Pra- methoden, die immer genauer werden. schätzt. Außerdem nehmen die Arten der xis zuverlässig funktionieren und quali- Beim sogenannten Next Generation Se- Schaderreger sowie ihre Anzahl auch auf- tätsgesichert sein. Wenn man zum Beispiel quencing (NGS) lassen sich große Proben- grund des Klimawandels zu, vor allem bei Importkontrollen im Hafen eine Obst- mengen in sehr kurzer Zeit und mit hoher durch die globale Erwärmung. Da gibt es sendung wegen eines Fruchtfliegenbefalls Genauigkeit untersuchen. Das ermöglicht großen Forschungsbedarf, der am besten zurückhält, dann bedeutet das einen wirt- zum Beispiel das Screening von Pflanzen länderübergreifend geplant und koordi- schaftlichen Schaden für den Händler. Da auf viele verschiedene Viren mit einer „IM KAMPF GEGEN niert wird, damit Themen nicht doppelt müssen die Behörden also sicher sein, dass Diagnosegenauigkeit, die wir vorher nicht bearbeitet und finanzielle Ressourcen ziel- es sich um einen Quarantäneschädling kannten. Wir untersuchen also eine gerichtet eingesetzt werden können. handelt und ein Importverbot, eine Rück- Pflanze auf einen als Schaderreger be- sendung oder eine Quarantäne der Sen- kannten Virus und entdecken dabei viele Wer ist an dem Netzwerk beteiligt? dung wirklich angezeigt ist. weitere Viren. Daraus ergeben sich Fragen: Mitglieder in unserem Netzwerk sind Mi- Welche Bedeutung haben diese Viren? SCHADERREGER nisterien, Behörden und Forschungsein- Und wenn ein Schädling eingewandert ist? Verursachen sie ebenfalls Krankheitssym- richtungen, die Mittel für die angewandte Dann müssen die Ausbreitung überwacht ptome oder nicht? Wie wirken sie zusam- Forschung in der Pflanzengesundheit be- und Gegenmaßnahmen ergriffen wer- men? Die Datenmenge führt also zu In- reitstellen. Euphresco steht als Abkürzung den. Auch da kann länderübergreifende terpretationsproblemen. Es gilt herauszu- für „European Network for Phytosanitary Forschung helfen, um neue Methoden finden, wie sich die vielen Ergebnisse, die Research Coordination and Funding“, weil für die Früherkennung oder die Erfolgs- die neue Diagnosemethode generiert, AN PFLANZEN SIND DIE das Netzwerk als EU-Projekt gestartet wur- kontrolle von Pflanzenschutzmaßnah- sinnvoll einordnen und nutzen lassen. de. Inzwischen reicht unser Netzwerk aber men zu entwickeln. Drohnen zum Bei- weit über Europa hinaus und wird aus- spiel eröffnen ganz neue Möglichkeiten Das Gespräch führte Ulrike Wronski. schließlich über Mitgliedsbeiträge finan- ziert. Wir haben mehr als 70 Mitglieder Gemeinsam für gesunde Kirschbäume INTERESSEN WELTWEIT aus über 50 Ländern. Die USA, Kanada, Australien und Neuseeland sowie einzel- Sie sind viel kleiner, ungewöhnlich herzförmig, aber vor allem schmecken sie ne Länder aus Südamerika, Asien und Af- fade oder sogar bitter. Mit dem sogenannten Little Cherry Virus infizierte rika sind dabei. Wir versuchen, das Netz- Kirschen sind zwar ungefährlich für den Menschen, aber seit Jahrzehnten ein werk immer weiter auszubauen. Im Kampf ökonomisches Problem in vielen Ländern. Denn auf Plantagen verteilt sich gegen Schaderreger sind die Interessen ja DIE GLEICHEN“ das Virus schnell und nach Ausbruch der Krankheit ist eine Behandlung weltweit die gleichen: Pflanzenschädlinge kaum möglich. Die Bäume können nur noch gefällt werden. möglichst früh erkennen und ihre Ausbrei- tung verhindern oder – wenn das nicht ge- Bis Ende 2019 untersuchte daher eine länderübergreifende Euphresco- lingt – sie zumindest eindämmen. Forschungsgruppe das Virus. Um es besser zu verstehen, künftig schneller zu erkennen und seine Ausbreitung einzudämmen oder zu verhindern, sammelten Wie entscheiden Sie, woran geforscht wird? die beteiligten Länder infektiöses Material. Durch die anschließende Sequen- Über Ländergrenzen hinweg die Forschung zu gebietsfremden Pflanzenschädlingen voranbringen – Es gibt jährliche Ausschreibungen, bei de- zierung des genetischen Materials des Virus erlangten die Forscherinnen und mit dieser Aufgabe ist das internationale Forschungsnetzwerk Euphresco betraut. Auch das nen Ministerien und Agenturen, auch Forscher wichtiges Wissen über die Epidemiologie der beiden bislang bekannten nach Abstimmung mit Pflanzenschutz- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist Mitglied. Die österreichische Vorsitzende Foto: Astrid Bartl diensten oder Pflanzen- und Saatgutpro- Virusarten. Zudem überprüften sie die gängigen Diagnoseverfahren auf ihre der Management-Gruppe von Euphresco, Dr. Sylvia Blümel, erläutert, warum die globale Zusammen duzenten, Themen einreichen können. Qualität und stellten fest, dass diese sehr gut funktionieren. Gute Voraus arbeit wichtig ist und wie sie funktioniert. Diese orientieren sich an den Zielen der setzungen also für den erfolgreichen Kampf um süße Kirschen.
18 19 Landkarte EIN BAKTERIUM ERNTET AB 2015 meldete Frankreich den ersten Nachweis des Feuerbakteriums auf Korsika, hauptsächlich an der Kreuzblume Polygala myrtifolia, später auch auf dem Festland in Südfrankreich. 2013 wurde es erstmals in Europa for ranking pests according to Regulation (EU) No 2016/2031, EUR 29793 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2019; ISBN 978-92-76-08785-4, doi:10.2760/585182, JRC116973 nachgewiesen, und https://www.julius-kuehn.de/media/Veroeffentlichungen/Flyer/Xylella.pdf; Sánchez, B; Barreiro-Hurle, J; Soto Embodas, I; Rodriguez-Cerezo, E: The Impact Indicator for Priority Pests (I2P2): a tool zwar in Apulien/ 2014 gab es erste Nachweise im Italien an Oliven- Iran, betroffen waren Weinreben bäumen. und Mandelbäume. Von diesem Winzling geht für Ernten weltweit ein hohes In welchem Jahr genau Xylella fastidiosa nach Taiwan kam, ist Risiko aus: Xylella fastidiosa, 2019 fand man das Bakterium unbekannt. Spätestens seit 2002 erstmals in Israel, und zwar in das Feuerbakterium. Für Mandelbaumplantagen im ist das Bakterium jedoch auch in diesem Land zugegen. mindestens 300 Pflanzen stellt nordöstlichen Teil des Landes. es eine große Bedrohung dar, weshalb seine bereits vor Jahrzehnten angetretene Welt reise vielerorts mit harten Methoden bekämpft wird. Das Bakterium hat seinen Ursprung in Nord-, Zentral- und Südamerika. Den Weg in andere Länder fand es Das Feuerbakterium gilt als größter Feind höchstwahrscheinlich über der südeuropäischen Olivenbäume und den Handel mit infizierten Pflanzen oder über Insekten vieler weiterer Nutzpflanzen. Besonders in Pflanzenlieferungen. in Italien sind die wirtschaftlichen Schä- den durch Ernteausfälle immens. An- derswo – etwa in Deutschland – blieb es Quellen: https://gd.eppo.int/taxon/XYLEFA/distribution vom: 14.5.2020; bisher nur bei einem Kurzbesuch des ur- sprünglich in Amerika heimischen Bak- teriums. Im Jahr 2016 wurde der Schäd- Xylella fastidiosa ling erstmals in Deutschland gefunden: an einem privaten Oleander, der zum Überwintern in einer Gärtnerei stand. aktuell lebt. Hellblau sind dabei die Fachleute schätzen, dass sich das Bakte- Trivialname: Feuerbakterium Weil Zikaden das Bakterium sehr schnell jenigen Länder eingefärbt, die befallen rium darüber hinaus an weiteren, hier Arten: Vier Unterarten bislang bekannt übertragen, mussten viele Pflanzen im sind und in denen aktuell Maßnahmen nicht markierten Orten unentdeckt nie- Umkreis von 100 Metern zu der Zierpflanze zur Eindämmung ergriffen werden. Die dergelassen hat – sei es, weil nicht über- Speiseplan: 300 Pflanzenarten vernichtet werden. Seit März 2018 gilt dunkelblau eingefärbten Länder hingegen all beprobt und getestet wird oder weil Deutschland wieder als frei von Befall. sind nur lokal befallen. Hier versucht Menschen den möglichen Befall aus Verbreitungswege: Regional über Zikaden, überregional über infizierte Die Weltkarte zeigt sämtliche Gebiete man noch, Xylella komplett wieder aus- Angst vor den Folgen der Bekämpfung Pflanzen oder Insekten in Pflanzenlieferungen farbig hinterlegt, in denen das Bakterium zurotten. lieber nicht melden.
Endlich weg vom Fleck Ein Virus bedroht weltweit die Tomatenernte. Auch in Deutschland trat der Erreger kurzzeitig auf. Doch hierzu- lande gelang es mit schnellem Handeln und strikten Maß nahmen, ihn vollständig zu beseitigen – und das rote Lieblingsgemüse zu schützen. Foto: Dr. Heiko Ziebell/JKI
23 Das Virus kann im hinnehmen mussten. Doch so schmerz- Gewächshaus leicht haft die Eingriffe auch waren, langfristig von Reihe zu Reihe wirkten sie“, sagt Dr. Heiko Ziebell vom übertragen werden – Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundes- 182 Nationen weltweit arbeiten zusammen gegen in großen Betrieben gelten daher besondere forschungsinstitut für Kulturpflanzen. die Verbreitung von Pflanzenschädlingen. Damit Seit rund zehn Jahren forscht der Virolo- das gelingt, spielen Verfahren zum Nachweis der Hygienemaßnahmen. ge am JKI, das neuartige Virus war das bis- lang schadhafteste in dieser Zeit. ToBRFV Erreger eine wichtige Rolle. besitzt die Form eines Stäbchens und ist zwar winzig klein, gehört aber zur äußerst aggressiven Gattung der Tobamoviren, dienen den Pflanzenschutzdiensten als zieller Überträger“, erläutert Ziebell. Dazu die das Wachstum von Tomaten beein- Grundlage, um wirkungsvoll einzuschrei- gehören Geräte wie Gartenscheren, trächtigen. Die Früchte reifen nach dem ten. Weil die Betriebe in Nordrhein-West- Transportkisten sowie die Handschuhe Befall nur noch an einigen Stellen und falen nach dem Befall durch ToBRFV al- des Personals. genügen nicht mehr den Qualitätsanfor- les Notwendige zum Schutz der Pflanzen Weil die befallenen Betriebe in Nord- derungen. Weil die Pflanzen weniger gesundheit umsetzten, konnte eine wei- rhein-Westfalen eng miteinander ver- Rispen und Früchte ausbilden oder sogar tere Ausbreitung verhindert werden. 2019 netzt waren, hatte der Erreger dort leich- absterben, sinkt der Ertrag. Für Menschen meldeten die Fachleute des JKI der Euro- tes Spiel. Um zu verhindern, dass sich ist der Erreger nicht gefährlich – ganz päischen Kommission: Deutschland ist erneut eine Pflanzenkrankheit von Ge- gleich, ob Pflanzen berührt oder Toma- befallsfrei. Doch das Virus verteilte sich wächshaus zu Gewächshaus überträgt, ten gegessen werden. Gegen einige Toba- auf anderen Wegen weiter in Europa. Zu- ist heute zum Beispiel festgelegt, dass be- moviren, zum Beispiel das Tomatenmo- sätzlich tritt es mittlerweile in China, Me- stimmte Scheren nur noch in bestimm- saikvirus, sind Resistenzgene bekannt, die xiko und den USA auf. Darüber hinaus ten Reihen genutzt werden dürfen. Da- zum Schutz der Tomaten eingekreuzt sind vermutlich auch Saudi-Arabien, Chi- rüber hinaus werden alle Werkzeuge re- werden. Doch gegen das neuartige Toba- le und Äthiopien betroffen. gelmäßig abgeflammt oder desinfiziert. movirus wurden bisher noch keine Re- Doch nicht nur Hygienemaßnahmen sistenzen gefunden. Sprunghaft und langlebig sind sinnvoll. Mit dem „Internationalen In Deutschland angekommen, hatte das Pflanzenschutz-Übereinkommen“ Virus bereits einen langen Weg hinter „Wir wissen, dass der Erreger prinzipiell (IPPC) einigten sich 182 Vertragspartner sich: 2014 wurde in Israel der Erstbefall durch Saatgut und infizierte Pflanzen ein- weltweit darauf, beim globalen Saatgut- dokumentiert, 2015 tauchte das Virus im geschleppt wird“, erläutert Ziebell, „doch und Pflanzenhandel strikte Kontrollen Die Symptome der Viruskrank- Nachbarland Jordanien auf. 2018 landete in den Gewächshäusern in Deutschland durchzuführen, um der Verbreitung von es in Europa: in den Gewächshäusern in war es nicht mehr möglich, die genaue Pflanzenschädlingen entgegenzuwirken. heit sind vielfältig: Reife Früchte Nordrhein-Westfalen. „Wir erhielten in- Quelle der Übertragung nachzuvollzie- Damit das gelingt, spielen Verfahren weisen oftmals gelbe Flecken fiziertes Pflanzenmaterial, um den Erre- hen.“ Möglicherweise gelangte das Virus zum Nachweis der Erreger eine wichti- oder eine fehlende Ausfärbung ger zu bestimmen“, erinnert sich Ziebell. schon Monate, bevor sich Symptome ge Rolle. So auch beim neuartigen ToB- auf. Eine mosaikartige Verfär- „Am Elektronenmikroskop erkannten zeigten, in die Betriebe. ToBRFV bleibt RFV. Deshalb überprüfen Ziebell und bung und blasige Wölbung der wir zunächst nur die Virusgattung. Der nämlich auf Oberflächen aus Plastik, Alu- sein Team am JKI verschiedene Nach- Blätter können auf eine Infek- eindeutige Nachweis gelang uns erst mit minium und Stahl mindestens vier Wo- weisverfahren auf ihre Eignung. „Dafür molekularbiologischen Methoden.“ chen lang stabil, wie Tests ergeben haben. haben wir in unserem Quarantänege- tion hinweisen. Zusätzlich kann nur eine einzelne infi- wächshaus einige Tomatenpflanzen in- Befallsfrei seit 2019 zierte Tomate hektarweise Bestände an- fiziert“, erklärt der Experte. Im Einzelnen stecken, denn der Erreger breitet sich vergleichen die Fachleute Verfahren, bei Alle Pflanzenschädlinge, die potenziell leicht von Pflanze zu Pflanze aus: Damit denen sich das Virus anhand bestimm- starken Schaden verursachen und in ei- im Gewächshaus Tomaten hochranken ter Genomabschnitte identifizieren lässt. Im Oktober 2018 machten Gemüsebauern schaftskammer ein. Die Fachleute ent- matenpflanzen wurden aus den betroffe- nem Gebiet auftauchen, in dem sie noch können, zieht sie das Personal durch Auf- Dabei ermitteln sie, wie treffsicher die in Nordrhein-Westfalen einen folgen- nahmen Tomatenproben, um sie im Labor nen Gewächshäusern entfernt und ver- nicht verbreitet sind, müssen dem JKI ge- hänger. Dadurch entstehen an der Pflan- Tests ToBRFV von anderen Viren unter- schweren Fund: In sieben Gewächshäu- auf Schädlinge zu analysieren. Wenige nichtet, das Substrat wurde erneuert und meldet werden. Die Wissenschaftlerin- ze kleine Verletzungen. Auch das Ausgei- scheiden – und ob die Verfahren auch sern mit Tomaten, auf einer Fläche von Wochen nach dem Fund bestätigte die alle Oberflächen wurden desinfiziert. nen und Wissenschaftler bewerten dann zen, also das Entfernen der Seitentriebe, schon bei geringen Mengen des Virus, insgesamt 35 Fußballfeldern, wies ein Teil Kammer die Identität des Erregers offizi- die Risiken für die Pflanzengesundheit die Ernte der Früchte und selbst das also zu Beginn einer Infektion, richtig Foto: Dr. Heiko Ziebell/JKI der Früchte Flecken auf. An einigen Pflan- ell: Die Pflanzen hatten sich mit dem neu- Keine Resistenzen bekannt hierzulande und in der gesamten EU. Wachstum der Wurzeln führen zu win- anzeigen. So soll die Ernte des deutsch- zen hatten sich die Blätter aufgewölbt und artigen Tomato Brown Rugose Fruit Virus Treten Viren auf, ist die Expertise Ziebells zigen Öffnungen, über die das Virus ein- landweit beliebtesten Gemüses auch waren vergilbt. Daraufhin schalteten die (ToBRFV) infiziert. Um die Ausbreitung „Als gelernter Gärtner kann ich die Be- gefragt. Mit anderen Fachleuten erstellt dringen kann. „Alles, was infizierte Pflan- künftig gesichert bleiben. Gärtnerinnen und Gärtner den Pflanzen- des Virus zu verhindern, griff die Kammer deutung des großen wirtschaftlichen er anhand internationaler Vorgaben so- zen berührt und dann mit gesunden To- schutzdienst der zuständigen Landwirt- zu radikalen Maßnahmen: Sämtliche To- Schadens nachvollziehen, den die Betriebe genannte Express-Risikoanalysen. Diese maten in Kontakt kommt, ist ein poten- Von Stephanie Eichler
24 25 Berlin Braunschweig Keine Angst vor Corona? Eine Frage der Erde FORSCHUNGS- Wie nehmen Bürgerinnen und Bürger Winzige Fadenwürmer machen Kartof- das Risiko wahr, das vom neuartigen feln und Zuckerrüben zu schaffen. Diese Coronavirus ausgeht? Das ermittelt das sogenannten Zystennematoden bilden Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) helle Bläschen an den Wurzeln und hin- über den sogenannten Corona-Monitor dern die Pflanzen daran, Nährstoffe auf- und befragt dafür seit dem 24. März wö- zunehmen. Die Organismen können auf chentlich rund 500 Menschen telefo- Feldern große Schäden anrichten, sind nisch. Die Erkenntnisse gewichten sie schwer zu bekämpfen und verbreiten sich nach Geschlecht, Bildung, Alter, Erwerbs- vor allem über kontaminierte Rest- tätigkeit, Ortsgröße und Bundesland. So erden. Denn bei der Ernte bleibt Erde an ergibt sich ein detailliertes Bild – etwa den Knollen haften, die wieder auf die dazu, wie das Kontaktverbot wahrge- Äcker ausgebracht wird. Daher untersucht nommen wird: Während dieses in der ers- das Julius Kühn-Institut, wie Rest- ten Befragung im März noch von 92 Pro- erden von den Erregern befreit werden zent der Bevölkerung akzeptiert wurde, können. Es testet verschiedene Verfah- beurteilten es Anfang Mai nur noch ren wie die Bodendesinfektion, die Kom- 67 Prozent der Befragten als angemessen. postierung und die Hitzebehandlung und LANDSCHAFT Die Nähe zu anderen Menschen sahen zu- ermittelt die richtige Behandlungsdosis. dem nur noch 63 Prozent als wahrschein- lichen Infektionsweg – ein Rückgang von Julius Kühn-Institut 18 Prozentpunkten im Vergleich zum Messeweg 11/12 | 38104 Braunschweig Beginn der Studie. www.julius-kuehn.de Unterschiede in der Wahrnehmung zum Ansteckungsrisiko gibt es auch zwischen den Altersgruppen: Während sich bei den Karlsruhe 40- bis 59-Jährigen Anfang Mai nur 32 Prozent sehr sicher fühlten, das Anste- Nie mehr anonym ckungsrisiko kontrollieren zu können, unterwegs lag das Sicherheitsgefühl bei der jünge- ren (40 Prozent) und älteren Altersgrup- Wenn Pflanzenschutzdienste bei Einfuhr- pe (41 Prozent) höher. Sehr hoch (bei Braunschweig Leipzig kontrollen Käfer entdecken – zum Beispiel 92 Prozent) lag bei Redaktionsschluss am im Verpackungsholz –, müssen sie diese 11. Mai noch die Akzeptanz für Reise- Wo Hummeln sich tummeln Aus Mist mach Gas identifizieren, um mögliche Risiken abzu- beschränkungen. Inwiefern sich das mit schätzen. Doch bisher fehlt es bei Kontrol- Blick auf die Sommerferien ändert, wird Wenn vom Insektensterben die Rede ist, denken viele in erster Linie an Bienen. Doch Mehr Gülle und Stroh in Energie umwandeln – im Projekt „ChinaRes“ fördert eine len der Pflanzengesundheit oft an Daten der Corona-Monitor zeigen. auch Hummeln sind gefährdet. Das Thünen-Institut entwickelt ein einheitliches Hum- deutsch-chinesische Arbeitsgruppe den Wissensaustausch über Bioenergie, koordi- über eingeschleppte Käfer. Deshalb ent- Das BfR nutzt die Daten, um die Wahr- melmonitoring, um die Ursachen ihres Rückgangs zu untersuchen. Hummeln brau- niert vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ). Das Team fand heraus, wickeln das Landwirtschaftliche Techno- nehmung der Bevölkerung einzuschätzen chen ökologische Nischen. Die Bestäuber ernähren sich von Pollen und Nektar und dass in beiden Ländern mehr Biogas aus landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugt logiezentrum Augustenberg und die Uni- und ihren Informationsbedarf zu ermit- nisten häufig in Erdhöhlen. Verändern sich Wiesen und Äcker, reagieren sie empfind- werden könnte. So ergab eine Umfrage unter deutschen Anlagebetreiberinnen und versität Hohenheim Methoden, um Lar- teln. Dementsprechend aktualisiert es im- lich. Das Monitoring, das im Rahmen des Vorhabens „MonViA“ entsteht, soll die Wech- -betreibern, dass sie 60 Prozent der Gülle nicht für die Biogasproduktion verwerten. ven und Tiere eindeutig und schnell zu be- mer wieder seine FAQs. Eine Zusammen- selwirkungen zwischen dem Wandel in der Landwirtschaft und dem Rückgang der Das liegt vor allem an wirtschaftlichen und rechtlichen Hindernissen. In stimmen. Sie erfassen dazu die äußeren fassung der Daten veröffentlich das In Hummeln untersuchen. Das Forschungsteam erarbeitet standardisierte Methoden, China werden mehr als 40 Prozent des Vieh- und Geflügelmists noch nicht effektiv Merkmale und untersuchen genetische Ei- stitut regelmäßig auf seiner Website. Mehr um die Populationen zu erfassen. Im Anschluss erhebt es bundesweit Daten zum genutzt. Auf der Projekt-Website stellt die Arbeitsgruppe ausführliche Informatio- genschaften. In einer Datenbank stellen die Informationen zur Methode und Stich- Hummelvorkommen: Welche Arten gibt es und wie häufig treten sie auf? Wie viel nen über rechtliche Rahmenbedingungen, Tierhaltung und Biogastechnologie in bei- Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- probe finden sich in den Veröffentlichun- Nahrung finden sie? Die Studie soll Aufschluss darüber geben, ob Maßnahmen wie den Ländern zur Verfügung. Das Team gibt sein Wissen auch in Workshops weiter ler diese Diagnoseverfahren für mehr als gen zum BfR-Corona-Monitor. Blühstreifen Hummeln schützen können. und vernetzt Fachleute aus der Praxis. 100 Käferarten frei zur Verfügung. Bundesinstitut für Risikobewertung Thünen-Institut für Biodiversität Deutsches Biomasseforschungszentrum Landwirtschaftliches Technologiezentrum Max-Dohrn-Straße 8–10 Bundesallee 65 Torgauer Str. 116 Augustenberg 10589 Berlin 38116 Braunschweig 04347 Leipzig Neßlerstr. 25 | 76227 Karlsruhe www.bfr.bund.de www.thuenen.de www.dbfz.de ltz.landwirtschaft-bw.de
26 27 Abgefangen Fundorte der Schadorganismen: Häufigste Schadorganismen (Anzahl der Fälle) 291 B 62 % ananen aus Costa Rica oder ein nen und Händler sogenannte Pflanzen- Zudem teilen die Pflanzenschutzdienste Bonsai aus Japan: Obst und Gemüse, gesundheitszeugnisse. Holzverpackungen die Beanstandungen über das Melde- und Pflanzen, Holz und Saatgut werden wie Paletten und Kisten müssen markiert Frühwarnsystem EUROPHYT mit Kolle- global gehandelt. Um zu verhindern, werden. Die nationalen Pflanzenschutz- ginnen und Kollegen in ganz Europa. Im Obst und Gemüse dass sich damit auch Pflanzenschädlinge dienste überprüfen die Waren: Liegen alle Jahr 2018 fanden sie zum Beispiel bei Fruchtfliege und -krankheiten ausbreiten, haben die meisten Staaten Regelungen für den in- ternationalen Handel mit Pflanzen und Dokumente vor und sind sie korrekt? Las- sen sich an der Ladung Insekten, Viren oder andere Schadorganismen feststellen 1.712 Ladungen Schädlinge – meist in Obst und Gemüse wie Paprika, Auber ginen, Mangos und Zitrusfrüchten. Mit- 12 % 215 Pflanzenerzeugnissen erlassen. (mehr dazu auf Seite 28)? hilfe dieser Informationen können die Holzver- Auch in der EU gibt es solche Vorschrif- Bei Verstößen oder einem nachgewiese- Pflanzenschutzdienste ihre Kontrollen packungs ten. Um Obst, Gemüse oder Pflanzen ein- nen Befall werden die Sendungen zurück- gezielter durchführen und gefährliche material führen zu dürfen, brauchen Händlerin- gewiesen, behandelt oder gar vernichtet. Ware auch zukünftig abfangen. Weiße Fliege 154 8.720 Beanstandungen bei pflanzlichen Waren, die 2018 in die EU importiert wurden Fransenflügler 2.279 Ladungen mit Holzver 1.712 105 Quelle: European Commission: Europhyt Interceptions 2018. Annual Report. European Union: Luxembourg, 2018. packungsmaterial, das Falsche nicht den Sicherheits Ladungen, bei denen KabeljauMotte bestimmungen entsprach Schadorganismen festgestellt wurden, 53 16 % mehr als im Vorjahr 5Pflanzen % ZitrusSchwarz- fleckenkrankheit 4.579 150 Ladungen mit fehlenden Sonstiges 18 % 49 bzw. unzureichenden Pflanzengesundheitszeugnissen Schnittblumen 3% Saatgut, Holz und Sonstiges Minierer
28 29 Die Papiere, bitte Sie sind die Grenzpolizei für Insekten, Bakterien und Viren: Pflanzengesund- heitsinspektoren verhindern an deutschen Flughäfen, dass gebietsfremde Pflanzenschädlinge mit Blumen, Obst und Gemüse in die EU gelangen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
30 31 Mit seiner Kollegin Daniela Karwani untersucht Pflanzengesundheitsinspektor Andreas Scharnhorst am Frankfurter Flughafen Pflanzen aus dem Gepäck eines Reisenden aus Vietnam. Kein Zeugnis, kein Zutritt: Am Frankfurter Flughafen landen täglich im Schnitt 200 Kilogramm Früchte und Pflanzen aus dem Gepäck von Reisenden im Müll. K aum jemand kennt die Aufga- wichtigste Einfallstor für kontrollpflichti- eine Kleinstmengenregelung Einreisen- be der Männer und Frauen, die ge Waren aus Nicht-EU-Ländern. Scharn- den aus nicht zur EU gehörenden Mittel- unauffällig neben den Flugha- horsts Team ist über das ganze Gelände ver- meer-Anrainerstaaten, drei Kilo Obst und fen-Zollbeamten auf die An- teilt im Einsatz: im Frachtzentrum, wo einen Strauß Blumen mitzubringen. Mit kommenden warten. Andreas Scharn- kommerzielle Lieferungen von Pflanzen, der neuen Verordnung benötigt nun jede horst ist einer von ihnen. Er hat die Men- Obst und Gemüse auf ihre Verzollung war- importierte Frucht oder Pflanze – sofern schen, die an ihm vorbeiziehen, genau im ten, im Ankunftsbereich für Reisende und ihre Einfuhr in die EU nicht sowieso prin- Blick. Immer wieder bittet der Zoll Rei- vereinzelt auch im internationalen Post- zipiell verboten ist – ein Pflanzengesund- sende, ihre Taschen und Koffer zu öffnen. zentrum. Dort kommen täglich im Schnitt heitszeugnis. Ein solches Zertifikat kann Sollte dabei Thai-Basilikum oder eine 500.000 Sendungen aus dem Nicht-EU- vielleicht eine professionell gezüchtete Pflanze zum Vorschein kommen, kassiert Ausland an. Der Onlineversand boomt, in Orchidee von einem Händler aufweisen, Scharnhorst die Mitbringsel ein. Je nach nicht aber das Basilikum vom Markt in Vergehen drohen zudem Verwarnungen Bangkok. Nur fünf Ausnahmen dürfen oder Strafen. Andreas Scharnhorst ist ohne Nachweis im Gepäck bleiben: Ko- Pflanzengesundheitsinspektor am Frank- kosnüsse, Ananas, Datteln, Durianfrüch- furter Flughafen. Und er wundert sich: Jede Frucht oder Pflanze te und Bananen. Die Erfahrung hat ge- „Die Leute wissen, dass sie keinen Apfel braucht ein Zertifikat zeigt, dass die potenziell auf ihnen reisen- nach Australien einführen dürfen, aber den Schädlinge die europäischen Ökosys- bringen Früchte von den Seychellen zu- teme nicht gefährden. rück nach Deutschland.“ Bis zu 200 Kilo- Ansonsten gilt: „Gibt es kein Pflanzenge- gramm Obst und Pflanzen wandern im sundheitszeugnis, ist das Mitbringen und Schnitt täglich in Frankfurt aus dem Rei- Corona-Zeiten hat er noch einmal zuge- auch das private Verschicken von Samen segepäck in den Müll, besonders häufig legt. Auch in Päckchen und Briefen kann und Pflanzen verboten“, mahnt Andreas Chilischoten, Mangos und Basilikum. sich gefährliches Saat- oder Pflanzengut Scharnhorst. „Es ist wichtig, dass sich das Scharnhorst ist gelernter Forstwirt und verbergen. herumspricht.“ Doch das ist in Zeiten der beim Hessischen Pflanzenschutzdienst an- Seit dem 14. Dezember 2019 gilt eine neue Corona-Krise kein leichtes Unterfangen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa gestellt. 17 solcher Landesbehörden gibt es EU-Pflanzengesundheitsverordnung. Die Zwar weisen im „Internationalen Jahr der in Deutschland. 20 hessische Pflanzenge- sei nun sehr viel einheitlicher und einfa- Pflanzengesundheit“ an Flughäfen Plaka- sundheitsinspektorinnen und -inspekto- cher zu verstehen, freut sich der Schäd- te, kurze Spots und Flugblätter die Rei- ren arbeiten allein am Frankfurter Flug- lingsdetektiv. Zuvor gab es Ausnahmen senden darauf hin, dass nur zertifizierte hafen – neben dem Hamburger Hafen das und Grauzonen. Zum Beispiel erlaubte Pflanzen mit ihnen die Heimreise antre-
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