Private Banker - Inflation 2022 Gute Aussichten für Private Equity
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Private Banker 06 | 2021 Das Vermögensverwalter eMagazin Inflation 2022 Gute Aussichten für Private Equity Stefan Freytag, Deutsche Oppenheim
Private Banker Titel Titel PREISAUFTRIEB – REISENDER INHALT ODER DAUERGAST? Unterschiedliche Vorstellungen über die zukünfti- ge Inflation 03 Preisauftrieb – Reisender oder Dauergast? Die Inflationsrate kletterte im November (gegenüber dem Unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Vorjahresmonat) in Deutschland auf 5,2 Prozent. Dennoch Inflation hielt sich der Aufschrei in Grenzen. Dabei galt Deutschland in- ternational lange als Land, in dem Inflationsfurcht auf hohem Niveau kultiviert wird, egal ob gerade Deflation oder Infla- 09 Prognose 2040 tion herrscht. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man die Ein langfristiger Ausblick von Dr. Holger Schmieding, jüngsten Inflationsanstiege beinahe gleichmütig registierte. Chef volkswirt der Berenbrg Bank. Vielleicht stellt auch nur „Corona“ alles andere in den Schat- ten. Möglich aber auch, dass sich die Inflationskultur mit den Jahren der Euroexistenz, der Krisen, der Niedriginflationsepo- che und durch die nachwachsenden Generationen verändert 11 Herausforderung der VermögensverwaltungVon hat. Jedenfalls kam der Anschub der 2021 weltweit geführten Jürgen App Inflationsdiskussion nicht aus Deutschland, sondern aus den nicht allzu sehr inflationssensiblen USA. Allerdings ist dies keine Überraschung. Denn erstens werden die meisten intellektuellen Trends, praktisch alle im Zusammenhang mit 13 Private Equity: Trend zu Affluents? Wirtschaft und Finanzmärkten, in den USA gesetzt. Zweitens Je schwieriger es wird, im liquiden Anlagebereich ausreichende Gewinne zu erwirtschaften, desto stärker ist die Inflation dort schon früh sehr kräftig angestiegen. Im rücken auch für Vermögensverwalter alternative Mai lag die Quote bei 5 Prozent und danach immer darüber. Renditequellen in den Vordergrund. Bereits das massive Konjunkturpaket der Biden-Administrati- on hatte führende Makroökonomen im Frühjahr dieses Jahres auf den Plan gerufen, die vor längerfristig hoher Inflation warnten. 15 Mehr als nur Kryptowährungen – Blockchain wird das Leben verändern Von Axel Daffner, Pegasos Capital Stand und Prognosen Im Laufe des Jahres 2021 sind die monatlichen Inflationsra- ten (im Vergleich zum Monat im Vorjahr) kräftig angestie- gen. So betrug in Deutschland die Inflationsrate (gemäß 17 Studien Verbraucherindex) im Januar 2021 noch 1 Prozent, für Wann kommen die Metzger? November schätzte sie das Statistische Bundesamt vorläu- fig auf 5,2 Prozent. Allerdings ging der Verbraucherindex gegenüber dem Oktober 2021 um 0,2 Prozentpunkte zurück. 20 firstfive – Topranking Wie sehen die aktuellen Inflationsraten für das Jahr Eine Auswahl aus den aktuellen firstfive-Ranglisten 2021 und in einzelnen Ländern oder Ländergruppen aus? Die OECD rechnet für das gesamte Jahr 2021 mit einem Anstieg des harmonisierten Verbraucherindex im Bereich der OECD-Mitgliedschaft von 3,5 Prozent; im Euroraum soll die Steigerung 2,4 Prozent betragen, jedoch mit erheblicher Streuung. Während die OECD für Deutschland 3,1 Prozent schätzt, erwartet sie für Frankreich 2,1 Prozent und für Itali-
Private Banker Titel en 1,8 Prozent. Wie sich die Zeiten ändern. Damit Die Prognose-Differenzen können unter- gehört Deutschland unter den fortgeschrittenen schiedliche Gründe haben: andere Daten, Metho- Ländern zur Gruppe mit dem höchsten Inflati- den oder Modelle. Aber insbesondere fällt auf, onsanstieg. Die Teuerung in den USA wird noch dass die Prognostiker ihre Inflationsausblicke im höher sein, die OECD schätzt sie auf 3,9 Prozent, Laufe des Jahres kräftig nach oben korrigierten: während Japan mit -0,2 Prozent seinem Ruf als Die Profi-Prognostiker haben gemäß SPF (Survey uninflationierbar treu geblieben ist. Die Anstiege of professional Forecasters) für das Jahr 2021 nach der Kerninflation sind, wie Tabelle 2 zeigt, etwas Angaben des SVR im ersten Quartal noch eine geringer. Inflation von 0,9 Prozent erwartet; im vierten Quartal war diese Schätzung auf 2,3 Prozent Wie sieht es mit dem Ausblick für die nächs- angestiegen. Ähnliches kann man auch bei OECD, ten beiden Jahre aus? Laut Prognosen der OECD EZB und IWF beobachten (siehe Tabelle 3). Der SVR vom Dezember 2021 sollen die Verbraucherpreise bringt dies mit erheblichen Unsicherheiten der über das gesamte Jahr 2022 im OECD-Bereich um derzeitigen Inflationsprognosen in Verbindung. 4,2 Prozent ansteigen – das wäre eine stärkere Aber hier kommt nicht erhöhte Unsicherheit Teuerung als 2021. Für die USA erwartet die OECD zum Ausdruck – die sollte sich in starker Streu- 4,4 (2022) und 2,5 Prozent (2023). Im Euroraum ung der Schätzwerte in einem Zeitpunkt zeigen sollen es 2,7 (2022) und 1,8 (2023) Prozent sein. –, sondern eine systematische Unterschätzung Für Deutschland werden 2,8 (2022) bzw. 2,2 (2023) der inflationären Dynamik zu Beginn des Jahres. Prozent erwartet, für Frankreich 2,3 (2022) und Offenbar waren die Erwartungen der wichtigs- 1,4 (2023) Prozent und für Italien 2,2 (2022) und ten Institutionen adaptiv: die unerwartet hohen 1,6 (2023) Prozent. Die Rate in Deutschland wird realen Inflationsraten erzwangen Anpassungen dieser Prognose zufolge also in den beiden kom- der kurz- bis mittelfristigen Schätzungen. Das ist menden Jahren nicht nur über der Euroraumrate, auch der Grund, weshalb SVR, OECD oder IWF bei sondern auch über der Zielrate der EZB von 2 ihren Schätzungen derzeit so sehr die „Upside“- Prozent liegen, während in Frankreich und Italien Unsicherheit (höher und / oder länger erhöht) die Zielrate 2022 nur knapp übertroffen werden betonen. soll, und 2023 deutlich unterschritten wird. Trotz diverser Prognose-Unterschiede, adap- Die gegenwärtig vorliegenden letzten Pro- tiver Korrekturen und erhöhter Upside-Unsicher- gnosen anderer Institutionen, die regelmäßig heiten besteht in den Prognoseabeteilungen der Inflationsdaten schätzen, sind nicht vom De- genannten Institutionen der Konsens, dass die zember, sondern vom Herbst oder Spätsommer. Jahresinflation 2022 – bei Verzögerung eventuell Der Sachverständigenrat (SVR) etwa erwartete im auch erst 2023 – den Höhepunkt haben wird und Herbst für 2022 im Euroraum eine Inflation von sich dann wieder in der Nähe des Vorkrisenni- 2,1%; die EZB ging im September nur von 1,7 (2022) veaus einpendeln wird. und 1,5 (2023) Prozent aus. Temporäre Ursachen – Temporäre Tabelle 1: Erwarteter Anstieg der Verbraucherpreise in Prozent (OECD) Wirkungen? Der Grund für diese Einschätzung ist, 2020 2021 2022 2023 dass man derzeit die Ursachen der OECD-Länder 1,5 3,5 4,2 3 erhöhten Inflationsdynamik vor allem Euro-Raum 0,3 2,4 2,7 1,8 in temporären Faktoren sieht. Und Deutschland 0,4 3,1 2,8 2,2 temporäre Faktoren, so die Annahme, bewirken im gegenwärtigen Umfeld nur Frankreich 0,5 2,1 2,3 1,4 temporär erhöhte Inflation. USA 1,2 3,9 4,4 2,5 Japan 0 -0,2 0,8 0,8 Um welche Faktoren handelt es China 2,5 0,8 1,7 2,4 sich hier? Genannt werden neben Ba- Quelle: OECD, Economic Outlook, Dezember 2021 siseffekten (etwa im Zusammenhang mit (Mehrwert-) Steuersenkungen oder
Private Banker Titel gefallenen Energiepreisen 2020) sowie weiteren gerter Rückkehr zur Trendinflation. In der langen Sondereffekten unter anderem: Liefer- und Pro- Frist ändert sich aber am temporären Charakter duktionsengpässe; massiv erhöhte Seefrachtkos- stark überhöhter Inflation nichts. ten; Energiepreisanstiege; kumulierte Ersparnisse und aufgeschobener Konsum, der nachgeholt Die EZB-Ökonomen Brognone, Dieppe wird; massive politische Maßnahmen zur Stimu- und Ricci stellten kürzlich auf der Ökonomen- lation der Wirtschaft. Konzediert wird, dass diese Plattform CEPR / VOX („Quantifying the risk of Inflationstreiber länger aktiv sein könnten und persistently higher US inflation“) die Ergebnisse dass manche vielleicht erst verzögert wirksam einer Simulation mit dem ECB-Global model werden – was auch von der pandemischen Lage vor. Zweck der Übung war, das „Upside-Risk“ des abhängt. Alles in Allem würde dies aber am gene- Biden-Konjunktur-Pakets für die US-Ökonomie rellen Bild, dass die gegenwärtige Inflationsdyna- in den Jahren 2022 und 2023 zu beziffern. Im mik ein temporäres Phänomen ist, nichts ändern. Basisszenario führt der fiskalische Stimulus nur zu einem moderaten Inflationsanstieg von 0,3 Die Forschungsabteilungen etwa von IWF Prozentpunkten; 2022 wird dieser seinen Höhe- oder EZB stützten diese Einschätzung mit punkt erreichen und 2023 leicht abflauen. In Risi- Modellberechnungen ab. Im IWF-Ausblick vom koszenarien spielen die EZB-Ökonomen drei vom Herbst wird mit Hilfe eines neokeynesianischen Basis-Szenario abweichende Fälle durch: a) der „Phillipskurven“-Modells die Inflationsdynamik Fiskal-Multiplikator ist stärker als im Basisszena- untersucht. Inflationsfaktoren sind die Produk- rio angenommen; b) rückgehende Arbeitslosigkeit tionslücke, fallende Arbeitslosigkeit und der An- treibt die Inflation stärker (steilere Phillipskurve); stieg der längerfristigen Inflationserwartungen. c) die längerfristige Inflationserwartung verän- Die Modellberechnungen ergeben im Endeffekt, dert sich (Entankerung). Den stärksten Effekt dass der Inflationsdruck in den nächsten Jahren hätte eine Entankerung der Inflationserwartun- abnimmt. Die IWF-Ökonomen spielten zudem gen; dadurch könnte die Inflation 1 Prozentpunkt ein Extremrisiko-Szenario durch, dessen Ein- höher als im Basisszenario erwartet ausfallen. trittswahrscheinlichkeit sie mit 0,01 Prozent Sollten alle Risikoszenarien simultan eintreten, veranschlagen. Sollte es eintreten, käme es zu könnte der gesamte Biden-Stimulus die Inflation einem starken Anstieg der Rohstoffpreise und zu im Jahr 2023 um 2,3 Prozentpunkte zusätzlich er- sektoraler Inflationsstreuung. Die Inflation wür- höhen. In diesem Fall aber, so die EZB-Ökonomen, de in den fortgeschrittenen Ökonomien auf bis würde die Fed ihre Geldpolitik eben früher straf- zu 4,4 Prozent, in Schwellenländern auf bis zu 8,4 fen, um dem Inflationsdruck entgegenzuwirken. Prozent ansteigen. Aber auch in diesem Szenario geht die Inflation im Trend 2024 zurück und die Brakeman of last resort längerfristigen Inflationserwartungen bleiben Auch die Kollegin der drei EZB-Forscher Isabel in den fortgeschrittenen Ökonomien mit hoher Schnabel setzt auf die Bremserin der letzten Wahrscheinlichkeit stabil bei 2 Prozent verankert. Instanz, die Zentralbank. Im September hielt sie Demnach besteht im Extremszenario das Risiko einen Vortrag vor deutschen Unternehmern mit eines kräftigeren Inflationsanstiegs mit verzö- dem Titel „Neue Narrative über die Geldpolitik: das Gespenst der Inflation“, der zur Be- ruhigung des Publikums gedacht war: “Mir war es heute, in einem Umfeld Tabelle 2: Erwarteter Anstieg der Kerninflation in Prozent (OECD) steigender Inflationsraten, insbeson- dere in Deutschland, ein Anliegen, den 2020 2021 2022 2023 Menschen die Sorge zu nehmen, dass Euro-Raum 0,7 1,3 1,8 1,8 die Inflation dauerhaft zu hoch bleiben Deutschland 0,7 2,1 2,4 2,2 wird oder sogar unkontrolliert in die Frankreich 0,6 1,3 1,6 1,4 Höhe schießt. Aller Voraussicht nach USA 1,4 3,3 3,9 2,5 wird sich die Inflation im kommenden Jahr wieder spürbar abschwächen. … Die Japan 0,1 -0,5 0,5 0,8 EZB wird auch in Zukunft die Preissta- Quelle: OECD, Economic Outlook, Dezember 2021 bilität im Euroraum mit Entschlossen-
Private Banker Titel heit wahren. Wir werden anhaltenden Abwei- Interviews unter anderem mit dem Handelsblatt chungen von unserem Inflationsziel nach oben die Meinung, dass die derzeit als „temporär“ attri- und nach unten mit Vehemenz entgegenwirken. butierten Inflationstreiber Auslöser für ein neues Wir werden den Preisen von selbstgenutztem Inflationsregime sein könnten, in dem es immer Wohneigentum stärker Rechnung tragen. Und wir wieder zu kräftigen Inflationsausbrüchen kom- werden mit Umsicht und Besonnenheit im ak- men werde – ähnlich wie wir das zwischenzeitlich tuellen Umfeld handeln, um nach vielen Jahren von den Pandemiewellen her kennen. Demzufol- endlich den Weg aus dem Niedrigzinsumfeld zu ge würden temporäre Inflationsfaktoren insbe- ebnen.“ sondere über diverse Verstärkereffekt ein dauer- Nicht alle Ökonomen teilen diese Zuversicht. haft instabiles Inflationsregime induzieren. Manch anderer erzählt das „neue Narrativ“ vom Inflationsgespenst, das nur eines sicher nicht ist: Die dritte logische Möglichkeit besteht darin, neu. Denn meistens knüpfen sie an vergangenen dass dauerhafte Faktoren eine dauerhafte Inflati- „Inflationsepochen“ an. onsdynamik erzeugen. Diese Konstellation spielt in der Diskussion um die zukünftige Inflationsdy- Das von Schnabel vorgetragene EZB- namik gleichfalls eine Rolle. Genannt werden u.a. „Narrativ“, das durch Modellstudien gestützt Preissteigerungen, die sich aus der projektierten wird, geht, wie bereits gesagt, davon aus, dass Transformation des Energieregimes ergeben; der die derzeitigen Inflationsursachen nur vorüber- langfristige demographische Wandel oder der gehender Natur sind. Anders gesagt: Temporäre anhaltende Fachkräftemangel in Deutschland. Ursachen haben temporäre Wirkungen (auf die Bleibt der Vollständigkeit halber noch die Inflation). Das ist aber logisch betrachtet nur eine vierte kombinatorische Möglichkeit zu erwähnen: von vier kombinatorischen Möglichkeiten. Und dauerhafte Ursachen haben nur temporäre Wir- ökonomisch betrachtet gibt es nicht wenige Ex- kungen; das wäre aber inflationspolitisch wenig perten, die der Ansicht sind, dass temporäre Ursa- problematisch. chen in der derzeitigen Situation auch langfristi- ge Inflationswirkungen haben können. Bereits im Der vorherrschenden Annahme „temporäre Frühjahr warnten einflussreiche Ökonomen wie Ursachen / temporär erhöhter Inflationsdruck“ Summers oder Blanchard davor, dass der Biden- wird offenbar von Verfechtern der Konstellati- Stimulus die Inflation auch langfristige stark on „temporäre Ursachen / dauerhaft erhöhter erhöhen könnte – was der eben angeführten EZB- Inflationsdruck“ am stärksten widersprochen; für Modell-Simulation zufolge aber eher unwahr- sie spielen insbesondere Verstärkereffekte eine scheinlich ist. Auch Hans-Werner Sinn äußerte in zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang werden dann regelmäßig zwei Inflationsfakto- ren genannt: entankerte bzw. adaptive Tabelle 3: Wandel der Prognosen in Abhängigkeit vom Datum - Inflation im Euroraum langfristige Inflationserwartungen in Prozent und Lohn-Preis-Spiralen. 2021 2022 2023 OECD, Dezember 2020 0,7 1 OECD, Dezember 2021 2,4 2,7 1,8 Langfristige Inflationserwartungen ECB / Eurosystem, 1 1,1 1,4 und Lohn-Preis-Spiralen Dezember 2020 Sind die langfristigen Inflationserwar- ECB / Eurosystem, 2,2 1,7 1,5 tungen (über 5 und mehr Jahre) auch September 2021 bei aktuell steigender Inflation stabil, dann sind sie von Letzterer unab- IWF, Januar 2021 0,9 1,1 hängig; man spricht dann häufig von IWF, Oktober 2021 2,2 1,7 Verankerung. Der Grad dieser Veranke- Survey of professional 0,9 1,3 1,5 rung ist insbesondere von verschiede- Forecasters (SFP), Januar 2021 nen institutionellen Faktoren abhän- Survey of professional 2,3 1,9 1,7 gig, wie etwa der Verfasstheit und der Forecasters (SFP), September 2021 Glaubwürdigkeit der Zentralbank. Quellen: ECB, OECD, IWF Kommt es in einem Umfeld
Private Banker Titel steigender Inflationsraten zu einer Entanke- anzudeuten, dass Ähnliches auch aktuell möglich rung, dann wirken die aktuellen Inflationsraten sei. Allerdings gehen viele Ökonomen davon aus, – ähnlich wie bei den kürzerfristigen Inflationser- dass sich die inflationstreibende Kraft von Lohn- wartungen – auf die langfristigen Inflationserwar- Preis-Rückkopplungen in den letzten Jahrzehnten tungen ein. Weil sich hieraus gegenseitige Verstär- deutlich abgeschwächt hat. Als Gründe werden kereffekte ergeben, kann eine Entankerung eine vielfältige strukturelle Veränderungen der Ar- besonders kräftige Inflationsdynamik hervorru- beitsmärkte und der Gütermärkte genannt. Ob fen – in der oben angesprochenen EZB-Simulation der Lohn-Preis-Zusammenhang in der derzeitigen der US-Inflation ist sie der stärkste Treiber. Wie Lage wieder eine größere inflationäre Kraft zu stark sind nun die langfristigen Inflationser- entfalten vermag, zumal wenn man sich am ge- wartungen tatsächlich verankert? Dazu gibt es nannten historischen Vorbild orientiert, erscheint verschiedene Aussagen und auch empirische deshalb zumindest fraglich. Untersuchungen. Der IWF geht in seinem Herbstausblick davon Ohnmächtige Zentralbanken? aus, dass die Verankerung der Inflationserwar- Was aber, wenn es doch zu einer inflationstrei- tungen in entwickelten Volkswirtschaften in den benden Entankerung der langfristigen Inflations- vergangenen 2 Jahrzehnten relativ stabil geblie- erwartungen kommt oder zu einer heftiger als ben ist, selbst in der Covid-Krise. Das sei auch den erwarteten Lohn-Preis-Spirale? Im oben skizzier- Zentralbanken zuzuschreiben. Die langfristige In- ten EZB-Szenario oder in der zitierten Verlautba- flationserwartung des IWF ist offenbar gleichfalls rung von Isabel Schnabel evoziert massiv erhöhte relativ stabil in der Nähe der Zentralbankziele: Inflation eine Gegenreaktion der Zentralbank. im Ausblick vom Herbst wir der GDP-Defaltor für Schon der Glaube an diese Möglichkeit ist im Üb- das Jahr 2026 in den fortgeschrittenen Volks- rigen bereits Stabilisator der Erwartungsbildung wirtschaften auf 1,8 Prozent geschätzt (USA 2,1%; und somit auch der Inflation. Was aber, wenn sich Euroraum 1,8%). Laut Sachverständigenrat sind dieser Glaube als Irrtum herausstellt? Denn es die Erwartungen in Bezug auf die Inflation in 5 könnte sein, dass der Bremsakt der Zentralbank Jahren unter den Berufsprognostikern gemäß SPF mehr wirtschaftlichen Schaden anrichtet als der in diesem Jahr nur leicht von 1,7 auf 1,9 ange- Verzicht darauf bei gleichzeitiger Inkaufnahme stiegen – im Gegensatz zu ihren kürzerfristigen höherer Inflation. Sinn etwa argumentiert, dass Erwartungen, die sich im Jahresverlauf deutlich eine Zinserhöhung der EZB die südeuropäischen veränderten. Langfristige Erwartungen lassen Staaten massiv unter Druck setzen würde, was sich auch aus Inflationsswaps ablesen. Dem letztlich zu einer Finanzkrise führen könne. In SVR zufolge sind diese Erwartungen bezüglich einem Interview mit dem Handelsblatt sagte er der Euroraum-Inflation in 5 oder 10 Jahren seit kurz und prägnant: „Ich würde sagen: Das QE Frühjahr 2020 um rund 0,8% angestiegen (von 1,4 hat die Inflationsbremse zerstört.“ Um im Bild zu auf über 2,2). Der SVR weist allerdings darauf hin, bleiben, aber mit anderen Worten: der Bremszug, dass bei diesem Indikator die hohe Volatilität das an dem Frau Schnabel vehement ziehen möchte, Problem sei. ist Sinn zufolge schon längst gerissen. Diesen Studien und Prognosen zufolge schei- Die beiden Finanzökonomen Charles Good- nen in den entwickelten Ländern derzeit also die hart und Manoj Pradhan beschreiben in einem Inflationserwartungen im Wesentlichen relativ jüngst veröffentlichten CEPR / Vox-Beitrag („What stabil verankert zu sein und irgendwo um oder may happen when central banks wake up to sogar unter 2 Prozent zu liegen. Das spricht gegen more persistent inflation?“) einen vom Prinzip die These einer Entankerung. Und es spricht für her ähnlichen Mechanismus. Auch sie gehen von einen intakten Glaube an die Fähigkeit der Noten- einer Entankerung der Inflationserwartungen aus banken, einem starken Überschreiten des 2-Pro- und unterstellen Lohn-Preis-Spiralen. Auch sie zent-Ziels erfolgreich entgegentreten zu können. argumentieren, dass eine schnelle, stark kontrak- Lohn-Preis-Spiralen standen in den 60er und tive Zentralbankreaktion einer Vollbremsung 70er Jahren im Zentrum von Inflationstheorien. gleichkäme, die zum Kollaps der Assetpreise auf Nicht selten wird derzeit diese Ära bemüht, um breiter Front und einer Finanz- und Wirtschafts-
Private Banker Titel krise führen würde. Im Vergleich dazu sei eine Bremsung wirtschaftlich weit schädlicher ist als Inflation etwa von 4 bis 5 Prozent das geringere die Akzeptanz einer deutlich erhöhten, aber im wirtschaftliche Übel. Goodhart und Pradhan emp- günstigsten Fall sogar einigermaßen berechenba- fehlen jedenfalls den Zentralbanken, einen Plan B ren Inflation. Im Gegensatz zu den Mainstream- für diesen Fall auszuhecken. So habe es die Bank Prognosen scheinen Vertreter dieser Fraktion of England gemacht. sehr viel freihändiger aus der Erfahrung und dem eigenen Wissensschatz heraus ohne Zuhilfenah- me von Maschinen zu argumentieren. Müssen Schluss, Ausblick diese Ergebnisse deshalb schlechter sein als die in Im Wesentlichen kann man sehr holzschnittartig Rechenfabriken mit hohem Dateninput produ- und zugespitzt zwei Fraktionen in der gegenwär- zierten? Wenn man die Ökonomie-Abteilungen tigen Diskussion um die zukünftige Inflation von OECD, IWF oder Zentralbanken so bezeichnen unterscheiden. möchte, haben die Rechenfabriken immerhin die Inflationsentwicklung 2021 massiv unterschätzt. Die vorherrschende „Mainstream“-Fraktion, So kann man Vertrauen in Modellaussagen auch der Organisationen mit politischem Auftrag wie erschüttern und das in den Bauch vielleicht sogar IWF, OECD oder EZB angehören. Die sagt: die stärken. Daraus aber zwingend einen General- Inflationsraten sind kurz- bis mittelfristig erhöht; verdacht oder ein Verdikt gegen die gängigen langfristig werden sie aber auf Vor-Corona-Niveau Prognose-Maschinen und ihre Bedingungsmann- oder Bereiche rund um das Zentralbankziel schaften abzuleiten, wäre grundfalsch. zurückgehen. Das Risiko einer Verwandlung von Letztlich führt mal wieder kein Weg an der temporären Inflationsursachen in dauerhaft ewigen Wahrheit vorbei: Die Zukunft ist offen instabiles oder deutlich zu hohes Inflationsge- und zeigt sich oft anders als erwartet. schehen wird als gering erachtet. Dementspre- chend wird die Wahrscheinlichkeit, dass kräftige positive Rückkopplungen – im Zusammenhang mit entankerten langfristigen Inflationserwartun- gen oder Lohn-Preis-Spiralen – dauerhaft zu einer Inflationsdynamik führen, als gering erachtet. Und sollte sich dies dennoch abzeichnen, dann würde die Zentralbank in jedem Fall Bremsmaß- nahmen ergreifen können. Dass dies gelingt, scheint kaum in Frage gestellt. Daraus folgt, dass die gegenwärtige Inflationsepisode temporär sein wird. Im schlimmsten Fall kann sie etwas stärker oder länger ausfallen, als in Basisszenarien erwar- tet. Maßgeblich zu diesen Einschätzungen tragen entsprechende Modelle und empirische Untersu- chungen bei. Die andere, (heute) eher heterodoxe Fraktion glaubt, dass die Verwandlung temporärer Infla- tionsursachen in ein dauerhaftes Hochinflati- onsregime viel wahrscheinlicher ist, als es sich der „Mainstream“ vorstellt. Verstärkereffekte wie entankerte Inflationserwartungen und Lohn- Preis-Spiralen, die diese Umwandlung voran- treiben, werden als sehr viel wahrscheinlicher erachtet. Insbesondere aber wird bezweifelt, dass die Zentralbanken ihrer Funktion als „Bremser der letzten Instanz“ gerecht werden. Das entschei- dende Argument lautet, dass eine geldpolitische
Private Banker Ausblick Dr. Holger Schmieding PROGNOSE 2040 Ein langfristiger Ausblick von Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Schmieding gilt als einer der Besten seines Faches nicht nur in Deutschland. Nachfolgend die Zusammenfassung eines Video-Interviews in Stichworten. Z u diesen Stichpunkten äußerte sich Schmieding wie folgt: Pandemie: „Die Pandemie wird uns in zehn, 15 Jahren wohl nicht mehr beschäftigen.“ Aktuelle Geldschwemme: „Die Zentralbanken haben verhindert, dass zur Gesundheitskrise eine Finanzkrise dazugekommen ist. Damit wurde der Fehler vermieden, den die Zentralbanken bei nächsten Jahrzehnte. Hoffentlich ist China nicht so dumm, einen Krieg wegen Taiwan anzufan- gen. China hat große demografische und andere wirtschaftliche Probleme. Eine richtige Abkopplung zwischen China und den USA wird es nicht geben, aber in sensiblen Bereichen könnte es in gewissem Ausmaß zu geschlossenen regionalen Blöcken kommen.“ Euro: „Der Euro wird bleiben, dazu tragen auch die der Lehman-Krise und teils auch in der Eurokrise eher negativen Erfahrungen der Briten mit dem gemacht hatten, als sie zu lange warteten. Jetzt Brexit bei. Die haben andere bis hin zu den franzö- wird es aber Zeit, aus der Politik des leichten Geldes sischen Rechten abgeschreckt, weiter einen Austritt auszusteigen.“ aus dem Euroraum zu fordern. Auch die Euro-Geg- Schuldenberge: „Von den Schulden kann man nur ner erkennen die Wertstabilität dieser Währung an.“ mit mehr Wachstum herunterkommen. Dazu Aktienfavoriten: „Es macht Sinn, dort vertreten zu braucht es eine wachstumsfreundliche und reform- sein, wo man sich auskennt. Allgemein spielt die orientierte Wirtschaftspolitik. Das können Zentral- banken und die Geldpolitik nicht leisten. Bislang scheint es, dass in Europa Länder wie Griechen- land, Italien oder Frankreich allesamt auf einem Reformkurs geblieben sind. Ob das reichen wird, um das Wachstum so zu erhöhen, dass man die Schulden in den Griff bekommt, bleibt abzuwar- ten.“ Inflation/Deflation: „Wir haben das deflationäre Szenario wohl hinter uns gelassen. In diesem Jahr gibt es einen inflationären Basiseffekt etwa durch die Rückkehr zur 19%-MWST und durch die steigenden Energiepreise. Aber auch ohne diese Effekte werden die allgemeinen Preise wohl weiter steigen. Die Gründe: Erstens werden die Löhne wohl schon aus demografischen Gründen steigen. Zweitens haben wir erhebliche, in der Krise auch unfreiwillige, Ersparnisse gebildet. Das macht die Nachfrage in der Zukunft so stabil, dass Unter- nehmen höhere Preise auch überwälzen können. Schließlich wird auch die Klimapolitik nicht um- sonst sein und höhere Kosten, also höhere Preise, verursachen. All diese Faktoren dürften dafür sorgen, dass wir uns wieder auf einen normalen Inflationsdruck von vielleicht zwei bis drei Pro- zent einstellen müssen. Mehr erwarte ich nicht.“ Konkurrenz China-USA: „Dieses Vormachtstreben ist eines der großen geopolitischen Themen der
Private Banker Ausblick Musik stärker im Technologiesegment und in den Insbesondere wirtschaftlich erfolgreiche Regionen USA, manchmal auch – mit mehr Volatilität – in haben auch relativ hohe Immobilienpreise, weil den Schwellenländern. Also: Neben erfolgver- mit höherem Wachstum und höheren Einkommen sprechenden deutschen Unternehmen können eben auch die Nachfrage nach Wohn- und Ge- langfristig orientierte Anleger vielleicht in breit schäftsräumen steigt.“ gestreute Schwellenland- oder US-Technologie- Nachhaltige Anlagen: „Das Thema wird immer Aktien investieren.“ wichtiger, Unternehmen werden sich auf mehr Anleiherenditen: „Ich sehe auch mittel- und lang- Nachhaltigkeit einstellen müssen, sonst werden sie fristig nicht, dass die Zinsen wieder auf ihre alten erleben, dass die Kosten des Verschmutzens erheb- Niveaus steigen werden. Zehn Prozent für Bundes- lich sind und ihre Reputation leidet. Für Anleger anleihen sind wohl nicht mehr möglich, aber drei ergeben sich ebenfalls Herausforderungen. Denn Prozent schon. Wenn die Inflation um zwei Prozent solange noch keine klaren Standards gelten, muss schwankt, dann ist eine Bundesanleihe mit drei man genau schauen, welche Anlagen nur blassgrün Prozent Rendite gut vorstellbar.“ sind und welche wirklich etwas bewirken. Wenn es Immobilien: „Auf Dauer sind Immobilien eine gute um den Impact geht, dürften in Zukunft Sachanla- Anlage, unabhängig vom kurzfristigen Geschehen. gen an Bedeutung gewinnen.“ Anzeige AUSGEZEICHNETE Businessporträts Corporate Foto mika schiffer fotografie www.mikaschiffer.com/corporate-foto.html Mika Schiffer Fotografie Mobil 0173.9288397 mika@mikaschiffer.com
Private Banker Kolumne Steuern und Regulierung Rück- und Ausblick HERAUSFORDERUNG DER VERMÖGENSVERWALTUNG Von Jürgen App D ie Branche der Vermögensverwal- ter unterliegt in Deutschland seit fast 25 Jahren der Regulierung. Seit dieser Zeit Ende der 90er Jahre hat die Branche viel erlebt. Der Autor ist seit mehr als zehn Jahren in dem Segment spezialisiert – Zeit für einen Rück- und Ausblick auf die Zukunft der Branche. Regulatorische Milestones Die Regulierung der Branche der Vermögensver- walter begann in 1998. Einige wesentliche Ereignis- se in der Folge waren der Phönix-Skandal (2004) mit nachfolgender EdW-Problematik, die Einfüh- rung der MiFID mit erstmaliger Regulierung der Anlageberatung (2007), danach verschärfte Regu- lierung der Anlageberatung in Folge der Finanzkri- se (2011) und schließlich eine weitere Verschärfung der Regulierung durch die Regelungen der MiFID II (2018). Die letzte wesentliche Veränderung ist jüngst im Juni 2021 mit der Neustrukturierung we- sentlicher gesetzlicher Vorgaben durch das WpIG Jürgen App ist Geschäftsführer der App Audit GmbH, einer auf erfolgt. Finanzdienstleister spezialisierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. www.app-audit.de Entwicklung der Zahl der Marktteilnehmer in der Vermögensverwaltung Die in der Vergangenheit oft beschworene Konso- lidierung der Branche ist ein Mythos und ist bis heute nicht eingetreten. Fraglich ist auch, ob dies zahlen könnte aber durch eine mögliche Krise im in absehbarer Zeit geschieht. Marktumfeld eintreten. Tatsächlich ist die Zahl der Vermögensverwalter und ähnlicher Institute aktuell deutlich größer als Konsolidierung durch Nachfolgeproblematik? vor zehn Jahren. Derzeit sind knapp 750 Wertpa- Als Grund für eine absehbare Konsolidierung pierinstitute am Markt tätig, vor zehn Jahren waren wird in der Regel die Überalterung der Inhaber es rund 680 Institute. Die Zahl der Institute ist und die überbordende Regulierung angegeben. somit um 10% gestiegen. Ein deutlicher Anstieg ist Nachfolgeregelungen sind tatsächlich schwierig, vor allem in den Jahren seit 2016 zu verzeichnen. werden bei erfolgreichen Anbietern aber häufig Dieser dürfte insbesondere zum einen durch die intern geregelt. „Verkaufen“ lässt sich der Bestand schwierige Situation vieler großer Banken, die zu nur unter schwierigen Bedingungen, da es sich Existenzgründungen durch ehemalige Angestell- um ein Beziehungsgeschäft handelt und Cha- te führte, und zum anderen durch die FinTech- raktereigenschaften der Inhaber und Nachfolger Startup-Welle der letzten Jahre zu erklären sein, eine große Rolle spielen. Erfahrungsgemäß bieten die neben den vielzitierten Robo-Advisors auch langfristig angelegte interne Nachfolgeplanun- verschiedene andere technik-gestützte erlaubnis- gen die besten Aussichten für eine gelungene pflichtige Geschäftsmodelle hervorgebracht hat. Nachfolgeregelung. Allerdings ist auch zu sagen, Ein Wendepunkt für einen Anstieg der Instituts- dass diese bei vielen der Anbieter mit absehbar
Private Banker Kolumne Steuern und Regulierung nachfolgereifen Inhabern nicht optimal instal- Aktuelle regulatorische Herausforderung: Aus- liert sind. lagerungen und Cloud sowie „Nachhaltigkeit“ Intensivere Regulierungsanforderungen Im Zusammenhang mit Digitalisierungspro- sind für gut organisierte Institute mit gesundem jekten ergeben sich häufig Folgewirkungen Geschäft in der Regel ein Kostenfaktor, aber kein regulatorischer Natur. Zu nennen ist hier unter ernsthaftes oder gar existenzbedrohendes Prob- anderem der Themenbereich Auslagerungen. Zu lem, wenn diese effizient adressiert werden. klären ist zunächst, ob eine Auslagerung vorliegt Tatsächlich bestehen innerhalb der Bran- und ob diese wesentlich ist. Mit der Einführung che aber Konzentrationstendenzen betreuter des WpIG Ende Juni 2021 wurde eine Anzei- Kundenvermögen bei den großen etablierten und gepflicht bei der BaFin für beabsichtigte und konzernungebundenen Vermögensverwaltern, vollzogene wesentliche Auslagerungen einge- die stetig größere Marktanteile auf sich vereinen. führt. D.h. wesentliche Auslagerungen sind zwei Allerdings schlagen sich auch die Verfolger dieser Mal anzuzeigen, wobei das von der BaFin für anzahlmäßig kleinen Gruppe nicht schlecht. So die Anzeigen vorgesehene System derzeit noch entfiel in den vergangenen Jahren, gemessen am nicht verfügbar ist. Ein jüngst im Dezember 2021 Provisionsergebnis, in der Regel jeweils mindes- erschienener Verordnungsentwurf bestimmt tens ein Drittel der gesamten Provisionen auf diesbezüglich umfangreiche anzuzeigende das gehobene Mittelfeld der Vermögensverwalter inhaltliche Angaben, wobei für jede Auslagerung (d.h. die 50 Verfolger-Unternehmen ohne die mehr als 20 Einzelinformationen (!) anzuzeigen ganz großen Anbieter mit Provisionsergebnissen sind und dies für Bestandsauslagerungen bis von > 50 Mio p.a.). Ende 2022 nachzuholen ist. Ob eine Konsolidierungswelle der Branche somit in absehbarer Zeit ansteht, ist tatsächlich Des Weiteren kommen im Zuge von Digita- schwer zu sagen und dürfte in erster Linie von lisierungsprojekten aber auch im Rahmen von der Existenz und Qualität vorausschauender Datenverwaltung und IT-Sicherheit vermehrt Nachfolgeplanung abhängen. Cloud-Anbieter ins Spiel. Für Auslagerungen an Cloud-Anbieter hat die ESMA in 2021 entspre- Herausforderung Digitalisierung chende Leitlinien erarbeitet, die auch von der Um ein Institut für Nachfolger bzw. Übernehmer BaFin seit Mitte des Jahres als maßgeblich erach- zeitgemäß aufzustellen, bedarf es einiger Anstren- tet werden. Dies bringt entsprechend zusätzliche gungen. Durch das Aufkommen der Robo-Advisors Pflichten für die Institute mit sich. In diesem und durch die Corona-Pandemie haben Digitalisie- Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass rungsbemühungen auch der etablierten Anbieter die BaFin als einen der Aufsichtsschwerpunk- einen erheblichen Schub erhalten. Durch die te für 2021 das Thema „IT- und Cyberrisiken“ Möglichkeiten zur Digitalisierung der Geschäfts- benannt hat. kommunikation besteht ein hohes Potenzial, die Arbeitseffizienz zu steigern. Verschiedene Dienst- Als aktuelles aufsichtsrechtliches Großthema leister haben Konzepte und Systeme entwickelt, steht zudem natürlich die weitere Regulierung die insbesondere das digitale Kundenonboarding von Nachhaltigkeitsthemen an, was aktuell vie- umsetzen und auch das laufende Geschäft mit den lerorten kontrovers diskutiert wird. Kunden bis hin zum Reporting weiter digitalisie- ren sollen. Basis ist dabei in der Regel die Plattform des Dienstleisters, welche es ermöglicht, den ge- Fazit samten Prozess unter Einbeziehung der jeweiligen Die Zahl der Vermögensverwalter ist in den Depotbanken zu automatisieren. Eine besondere vergangenen zehn Jahren gestiegen. Ob die Herausforderung ist es hier, die Abhängigkeit von vielbeschworene Konsolidierung nun tatsächlich einzelnen Dienstleistern bzw. Depotbanken zu ansteht ist weiterhin nicht ausgemacht. Offen- minimieren und auch nicht alltägliche Konstella- sichtlich sind Konzentrationstendenzen aber tionen bei Mandatsbeziehungen (z.B. Personen- bei größeren Anbietern. Anhaltende Herausfor- mehrheiten oder verschiedene Depots im Rahmen derung bestehen in jedem Fall im operativen eines Mandats) in den Automatisierungsprozess Bereich durch technische und regulatorische mit einzubeziehen. Neuerungen.
Private Banker Anlage-Trends Öffnung einer exklusiven Anlageklasse? PRIVATE EQUITY: TREND ZU AFFLUENTS? Je schwieriger es wird, im liquiden Anlagebereich ausreichende Gewinne zu erwirtschaften, desto stärker rücken auch für Vermögensverwalter alternative Renditequellen in den Vordergrund. Ein Kandidat dafür ist Private Equity. Müssen auch mehr Vermögensverwalter gewöhnlicher Reicher ihren Kunden jetzt den Zugang zu dieser exklusiven Anlageklasse öffnen? P rivate Equity gilt bislang als eine der Assetklassen, die den Unterschied zum (gemeinen) Private Banking ausmachen. Denn das Geschäft mit den vorbörslichen Beteiligungen ist mit einigen Hürden versehen. Da sind zum einen die gesetzlichen Regularien. Investoren müssen in den meisten Fällen den Semiinstitutionellen- Status erfüllen, was unter anderem bedeutet, ist, investieren schon fast 20 Prozent ihrer Assets in Private Equity, so lässt es Moritz von Rhein, PE- Chef des „digitalen Vermögensverwalters“ Liqid, in Schreiben an Interessierte verlauten. Solche Zahlen lösen in der Nullzinszeit Auf- merksamkeit und Interesse auch bei breiteren Anlegerklassen aus. Nicht wenige Marktbeob- achter erwarten, dass PE bald, wie Infrastruktur oder Rohstoffe, für breite Anlegerkreise verfügbar dass die Mindesteinstiegshürde bei 200.000 Euro sein wird. Bislang können etwa Kleinanleger zwar liegt. Und man sollte, so heißt es, auch über Netz- in die Aktien börsennotierter PE-Unternehmen werke verfügen, die eine Teilhabe an den besten wie Blackstone oder KKR investieren. Auch leicht Fonds/Deals ermöglichen können. zugängliche ETFs und aktiv gemanagte Fonds, die Ein Haus, dem man das zutrauen darf, ist diese Aktien enthalten, sind verfügbar. Aber in Finvia, ein junges Multi Family Office aus Frank- deren Kursen sind die überdurchschnittlichen Ge- furt. Das Unternehmen besteht zwar erst seit zwei winnaussichten schon eingepreist. Der Kern des Jahren, hat aber schon mehr als drei Milliarden PE-Geschäftes, die (geschlossenen) Beteiligungs- Euro under Control. Wie man das in so kurzer Zeit Fonds, die nicht börsengelistete Unternehmen geschafft hat? Finvia ist von erfahrenen Family erst kaufen und dann nach vielleicht fünf Jahren Officern gegründet worden, die lange für die HQ- wieder an strategische Investoren oder via Börse bzw. Feri-Gruppe gearbeitet haben. Die Erben von an viele Anleger mit Gewinn veräußern, blieb Harald Quandt um deren Tochter Gabriele waren dem Vernehmen nach schon in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in alternative Investments, insbesondere in Private Equity investiert. 25 Prozent, so hieß es noch nach der Jahrtausendwende, hätte man mit den heißen Deals verdient, pro Jahr, versteht sich. Dass der Markt auch in den Zehner Jahren sich weiter gut entwickelte, zeigt etwa der Thomson Reuters Pri- vate Equity Buyout Index. Investments in weltwei- te Aktien sehen dagegen fast langweilig aus. Für den Zeitraum von 2011 bis 2017 berichten die PE-Experten von Preqin in ihrem 2021er Re- port, dass die durchschnittlichen Jahresrenditen bis heute von 14 auf über 19 Prozent angestiegen seien. Für danach aufgelegte Fonds werden Stand heute noch höhere Renditen erwartet. Die Ultra- reichen, deren Anteil am gesamten Volksvermö- gen in den vergangenen Jahren stark angestiegen
Private Banker Anlage-Trends bislang faktisch Institutionellen und UHNWI stock. Ausstiegsmöglichkeiten waren ebenfalls vorenthalten. reichlich vorhanden. Die strategischen Anleger, Mindestens zwei Bedingungen müssen erfüllt die in den meisten Fällen Exit-Partner für die PE- sein, dass Private Equity in Zukunft in vielen De- Finanzinvestoren sind, hatten noch nie so starke pots von „Normalreichen“ und semiinstitutionellen Konkurrenz von der Börse, die als Exit immer Anlegern wie Stiftungen auftaucht. Erstens müssen häufiger gewählt wurde, berichtet E&Y in einer noch PE-Felder gefunden werden, die auch in Zu- Analyse. kunft überdurchschnittliche Erträge versprechen. Welchen Vermögensanteil an den PE-Fonds Und zweitens müsste es genügend Profis geben, die momentan „Normalvermögende“ und Klienten Anlegern diese Vorteile dann auch vermitteln. von unabhängigen Vermögensverwaltern beisteu- Die erste Bedingung sieht Christian Diller, Ma- ern, ist unklar. Einige der größeren wie die Lunis naging Partner bei Montana Capital Partners (MCP) AG (Mehrheitseigner: J.C. Flowers & Co.) haben erfüllt an. Laut einer Studie, die MCP jährlich bei Private Equity schon mit Unternehmensgrün- Investoren macht, erwarten Anleger, „dass Private dung (2017) als Kerndienstleistung definiert. Man Equity Investments weiterhin besser abschneiden freut sich, für die Kunden „attraktive Renditen als Publikumsmärkte.“ Die Deutsche Oppenheim, erwirtschaftet zu haben“. Ein Vertriebsmitarbeiter Marktführer unter den Multi Family Offices von Liqid sieht auf Nachfrage eine „ganz klare hierzulande, ist besonders für den Heimatstand- Zunahme in diesem Bereich“ Thomas Hünicke ort optimistisch. Deutschland bleibe „für Private von der WBS Vermögensverwaltung in Düsseldorf Equity-Investoren weiterhin ein attraktives Inves- hält ihn dagegen für „noch nicht sehr groß“. Zu titionsgebiet.“ Von der Prüfungsgesellschaft PwC viele Investoren seien durch die riesigen Schwan- kommt Zustimmung. Sie hat 250 Marktteilnehmer kungen der Investments abgeschreckt oder befragt. „Ungefähr die Hälfte der Befragten gab an, hätten schon schlechte Erfahrungen gemacht. dass Deutschland das attraktivste Land der Europä- Trotzdem zweifelt er nicht daran, dass der Anteil ischen Union ist, um zu investieren.“ Besonders die von vermögenden „Kleinanlegern“ in Zukunft vielen „Hidden Champions“ im deutschen Mittel- wachsen könnte. Er selbst hat für seine Kunden in stand würden in ihren jeweiligen Branchen oft den keinen der klingenden und manchmal gefürch- Ton angeben und seien daher für Finanzinvestoren teten Namen wie Cerberus, Apollo oder Permira weiterhin attraktiv. investiert, sondern in ein Anlagevehikel, das von Man sieht außerdem mindestens noch zwei einem auf den niederländischen Mittelstand chancenreiche Branchen: Zum einen komme dem fokussierten Ingenieur gesteuert wird. Schon für „eher stiefmütterlich“ behandelten Thema des Anlagesummen ab 100.000 Euro konnte er für nachhaltigen Investierens „wieder mehr Bedeu- zwei seiner Kunden Fondsanteile erwerben. Nach tung“ zu. In der Pandemie sei zudem deutlich nicht einmal fünf Jahren rentieren die mit über geworden, „dass Unternehmen aus Branchen wie 80 Prozent. Er würde gerne mehr investieren, „E-Commerce“, der Kommunikationstechnologie „aber das Vehikel ist momentan geschlossen“. und dem Gesundheitssektor eindeutig zu den Es gibt auch Investments, mit denen Anleger ab Gewinnern gehörten. Private Equity-Investoren, 200.000 Euro in die großen Beteiligungsfonds in- die bereits vor Corona in diesen Branchen einge- vestieren können. Liqid schleust seine Kunden in kauft haben, konnten ihre Multiples und Renditen einen PE-Dachfonds, der wiederum in einige der zum Teil stark verbessern bzw. die Wertverluste manchmal schon legendär anmutenden Beteili- aus weniger erfolgreichen Branchen auffangen.“ gungsfonds der oben genannten Gesellschaften Der Trend, so die Deutsche Oppenheim, werde investiert. „aller Voraussicht nach auch weiterhin bedeutend Ob sich damit tatsächlich ein neuer Trend bleiben“. Beim Berliner digitalen Family Office Liqid andeutet und Private Equity bald zu einer liqui- hält man eine „Rendite von 10 Prozent in Zukunft den Assetklasse mutiert, inklusive der Anpassung für erreichbar.“ der Renditen an das Niveau sonstiger liquider Im ersten Halbjahr 2021 hat der PE-Boom Anlagen oder ob die ganz Reichen nur Abnehmer noch angehalten. 156mal, so viel wie in keinem für ihre Finanzanlagen in einem eh schon hoch Halbjahr zuvor, so PWC, kauften Finanzinvestoren bewerteten Umfeld suchen, um ihre Gewinne rea- Unternehmen. Bekannteste Beispiele: Brillenglas- lisieren zu können, wird sich zeigen. Riskant wird hersteller Rodenstock und Schuhhändler Birken- das Geschäft wohl allemal bleiben.
Private Banker Gastbeitrag ART Transformer Equities MEHR ALS NUR KRYPTOWÄHRUNGEN – BLOCKCHAIN WIRD DAS LEBEN VERÄNDERN Von Axel Daffner, Pegasos Capital D er Bitcoin ist nur eine von derzeit cir- ca 85.000 Blockchain-Anwendungen. Blockchain wird das Leben verändern wie es auch das Internet getan hat. Während Bitcoin von vielen als das Monopolygeld der Investmentwelt gesehen wird, gerät die dahinterstehende Technologie gerne in Vergessenheit. Das kürzlich beschlossene Bitcoin Update „Taproot“ verdeutlicht die Funktion der Technologie nochmals. Während Smart Contracts bisher nicht auf der Bitcoin Blockchain möglich waren, öffnet sich die Blockchain und die Bitcoin Software nun für die Nutzung für komplexe und automatisch ausführbare Verträge zwischen nahe- zu unbegrenzt vielen Parteien. Auf dieser Technologie basiert der Bereich Decentralised Finance (DeFi), ein Finanzmarkt durch Technologie und Mathematik reguliert, statt durch Behörden. Das transparent einsehbare Volumen der DeFi-Netzwerke hat sich von 700 Millionen US-Dollar im Dezember 2019 auf bereits 100 Milliarden US-Dollar im August 2021 gesteigert. Axel Daffner, Geschäftsführer Pegasos Capital und Fondsberater ART Platzhirsche in der Finanzbranche sehen dies als Transformer Equities Bedrohung für ihr Geschäftsmodell und springen auf den Zug auf. JP Morgan, Mastercard und UBS aber auch: Wir verlassen uns auf jemand, dem wir haben im April 2021 rund 65 Millionen US-Dollar unser Vertrauen geschenkt haben. Dieser gleicht die in den Dienstleister ConsensSys investiert, um unterschiedlichen Interessen ab, um ans gemein- DeFi-Applikationen zu entwickeln. Perspektivisch same Ziel zu gelangen. Ein Weg, der dem jeweiligen eröffnen diese Projekte, die derzeit noch als Utopie Intermediär sehr viel Macht gibt sowie gleichzeitig gehandelte Möglichkeit, einen sicheren Peer to Peer viele Ressourcen benötigt und durch die Zentralisie- Kredit über eine Millionen Euro von über einer rung Risiken für alle Mitglieder des Netzwerks mit Millionen Gläubigern zu erhalten. sich bringt. Diese vorhandenen Schwächen brechen wir mit der Blockchain auf. Sie ist eine Basistechnolo- Blockchain: transparenter, schneller, sicherer, gie, die als dezentrale Datenbank auf vielen Rechnern zuverlässiger gespielt wird. Damit ist die Macht für die jeweiligen Doch was bedeutet Blockchain eigentlich? Nähern Themen nicht mehr zentralisiert, denn die Informa- wir uns der Antwort doch vom Status Quo: In un- tionen über die Transaktionen werden auf unter- seren derzeitigen Netzwerkstrukturen einigen sich schiedlichen Noden (Mitgliedern des Netzwerks) der beispielsweise zwei Kontrahenten auf die Abwicklung Blockchain gespeichert. Die Noden speichern nicht einer Transaktion. Dies ist erfahrungsgemäß schnell nur den letzten Vorgang, sondern alle Transaktion, durchführbar. Komplizierter wird es dagegen, sobald die bisher abgelaufen sind. Und diese Information ich mehrere Beteiligte in einer Netzwerkstruktur liegt wiederum nicht auf einem zentralen Rechner, habe. In diesem Fall bedienen wir uns Intermediären, sondern bei allen Mitgliedern des Netzwerks. Der wie einem Notar oder der Zentralbank. Das heißt große Vorteil: Eine transparente, fälschungssichere,
Private Banker Gastbeitrag schnelle, zuverlässige Struktur, die die Macht von Mit den richtigen Blockchain-Investments profi- einem Einzelnen wegnimmt und in die Community tieren gibt beziehungsweise die Konsensbildung dezentra- Jeder Markt, der Werte digital überträgt und der lisiert. Informationen über Besitzverhältnisse teilt, kann Auch wenn die Blockchain-Technologie selbst die Blockchain-Technologie anwenden. Bis 2030 noch am Anfang ihres Technologielebenszyklus wird die Blockchain bereits einen geschäftlichen steht und in vielen Teilen der Weltbevölkerung Mehrwert von über 3,1 Billionen US-Dollar generie- noch nicht adoptiert ist, hält sie bereits jetzt ren und weiter rapide zunehmen. zukunftsweisende, globale Lösungen bereit. Sie ist Der ART Transformer Equities Fonds investiert die Technologie, die das Existieren von Kryptowäh- in die Aktien von Unternehmen, die sich mit der rungen wie Bitcoin überhaupt erst ermöglicht und Blockchain Technologie beschäftigen. Das Portfo- wird zukünftig in ihren Anwendungsbereichen lio besteht aus sogenannten Venture Unterneh- weit über Kryptowährungen hinausgehen. men (börsennotierte Jungunternehmen), Growth Unternehmen (Unternehmen mit Track Record Blockchain-Chancen für Deutsche Finanzdienst- und weiterem Wachstumspotenzial) und aus leister Value Unternehmen (Etablierte Unternehmen). Mit der Verabschiedung des „Gesetz zur Einfüh- Venture Unternehmen bieten neue Produkte & rung von elektronischen Wertpapieren“ am 6. Services im Rahmen der Blockchain Technologie Mai 2021 durch den Deutschen Bundestag ist die an und somit basieren ihre USPs direkt auf dieser Rechtsgrundlage dafür gelegt, dass bei Finanzan- Technologie. Growth Unternehmen müssen sich lagen auf die bislang übliche Papierform verzich- in Wachstumsmärkten gegenüber Wettbewerbern tet werden kann. Das Gesetz sieht zunächst nur um Marktanteile beweisen. Bei den Value Unter- digitale Inhaberschuldverschreibungen vor, betrifft nehmen (Established) handelt es sich unter an- aber perspektivisch auch Aktien oder Anleihen. derem um Marktführer in bestehenden Märkten, Auch wenn diese bisher nicht in papierbasierter die die Blockchain Technologie einsetzen, um sich Form existieren, sondern als Buchforderungen im einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Mit- Depot der Anleger liegen, ist bei der Erstausgabe bewerbern zu verschaffen. Mit einem Volumen eine Sammelurkunde bislang sehr wohl notwendig. von über 60 Millionen Euro und einer Wertent- Durch die neue Regelung wird das deutsche Recht wicklung von über 100 Prozent – seit Auflage am für elektronische Wertpapiere, also Wertpapiere oh- 2. Mai 2019 –, beginnt die Investmentthese sich zu ne Urkunde, geöffnet. Deutsche Finanzdienstleister beweisen. haben sich die Blockchain-Technologie zunutze gemacht und konnten Anwendungsfälle häufig Bei Investments breit diversifizieren und auf schneller auf den Markt bringen als Großbanken: Experten verlassen Deutschland ist weltweit an zweiter Stelle bei der Für überzeugte Investoren heißt es also, jetzt dabei Anzahl an Unternehmen, die tokenisierte Immo- zu sein. Und getreu dem Grundsatz von André bilienprodukte anbieten. Dies belegt eine Studie Kostolany ‚Investiere bei einem Goldrausch nicht der Frankfurt School of Finance und der Hamburg in die Goldgräber, sondern in Schaufeln‘, kommt Commercial Bank aus dem Oktober 2021. es auf die richtige Auswahl an, um die Investment- Die Bundesregierung hat in Zusammenarbeit Chancen bestmöglich zu nutzen. Investierbare mit der Börsenaufsichtsbehörde BaFin in den Unternehmen sollten die Technologie in Vorberei- vergangenen zwei Jahren zwar einige Gesetze auf tung haben, an Anwendungsfällen arbeiten und den Weg gebracht, digitalen Assets ein rechtliches Blockchain ein Teil der Wertschöpfungskette sein. Fundament zu geben. Doch kann das nur ein Viele aufstrebende Unternehmen sind zwar wenig Anfang sein. Andere Länder wie die Schweiz und bekannt, aber börsennotiert. Gerade im Bereich insbesondere Liechtenstein sind da schon bedeu- Blockchain sind Einzelinvestments immer mit tend weiter. Das TVTG (Token und Vertrauenswür- Risiken verbunden. Daher sollten sowohl professi- dige Technologien Gesetz) erlaubt in Liechtenstein onelle Investoren als auch Privatanleger auf eine aufsichtsrechtlich die Emission von handelbaren Anlagestrategie von Experten zurückgreifen, die Wertpapieren ausschließlich auf Blockchain Basis breit diversifiziert ist. und bietet sich damit der Welt als Finanzplatz der Zukunft an. Weitere Informationen: www.pegasos-capital.com
Private Banker Studien Erkenntnisse WANN KOMMEN DIE METZGER? SPARSCHWEINE GEMÄSTET WIE NOCH NIE Prozent des Weltvermögens repräsentieren, darunter auch HERAUSGEBER: Allianz Research Deutschland. Die Autoren glauben auf Basis ihrer Daten- ZUSAMMENFASSUNG: Der im Oktober 2021 veröffentliche analysen ein doppeltes Paradox zu erkennen: Erstens sei Wealth Report der Allianz fokussiert sich auf die Vermögens- der allergrößte Teil des Reinvermögens gleichsam in der seit entwicklung im Jahr 2020. In der Pressemitteilung heißt es: ewigen Zeiten bekannten Gestalt von „Backstein und Mörtel“ „Das globale Brutto-Geldvermögen stieg 2020 um 9,7% und gespeichert, während wir uns doch auf dem Weg in das erreichte damit erstmals die magische Marke von 200 Billi- Digitale Zeitalter befinden würden. Zweitens expandierten onen Euro. Ersparnisse waren der Hauptreiber der Entwick- in den letzten Jahrzehnten die Vermögen kräftig, obwohl lung. Die Lockdowns reduzierten die Konsumgelegenheiten das Wirtschaftswachstum eher verhalten gewesen sei. Dieser drastisch und führten zum globalen Phänomen der ‚forced Divergenz und „Ungleichzeitigkeit“ geht die Studie nach, savings‘. Frische Spargelder schnellten um 78% in die Höhe auch um Konsequenzen für „adäquatere“ Vermögensformen auf 5,2 Billionen Euro, ein absoluter Rekordwert. Zuflüsse im 21. Jahrhundert zu erkunden. Zum deskriptiven Teil der in Bankkonten – sozusagen die Standardoption der ‚forced Studie gehört etwa die Feststellung, dass zwei Drittel des savings‘, nicht-ausgegebene Einnahmen bleiben einfach auf erfassten Reinvermögens – Humankapital wird dabei nicht dem Konto liegen – verdreifachten sich nahezu (+187%). Auf berücksichtigt – in Immobilien stecke und nur 20 Prozent in Bankeinlagen entfielen in allen untersuchten Märkten die Formen, die den Autoren eher als Wachstumstreiber geeignet Hälfte oder mehr der frischen Spargelder. Bankeinlagen welt- erscheinen. Zudem liege derzeit das Verhältnis von Reinver- weit stiegen daher erstmals zweistellig mit einer Rate von mögen zu Volkseinkommen um nahezu 50 Prozent höher als 11,9%; der bisherige Spitzenwert lag bei 8% 2008 während der im Zeitraum zwischen 1970 und 1999, was Folge unterschied- großen Finanzkrise. Während auch die Vermögensklasse der licher Wachstumsraten ist. Daraus leiten die Studienautoren Wertpapiere – getrieben von der starken Börsenentwicklung verschiedene Fragen ab: Sind die gegenwärtigen Vermögen – kräftig um 10,9% zulegte, war die Entwicklung bei Versi- wirklich produktiv angelegt ist? Wird es in naher Zukunft zu cherungen und Pensionsfonds deutlich verhaltener (+6,3%).“ einem Paradigmenwechsel in Richtung neuer Vermögens- Über Deutschland heißt es: „Das Brutto-Geldvermögen formen kommen? Welche könnten dabei eine Rolle spielen? der deutschen Haushalte stieg im Jahr 2020 um 6,6%, der Oder bewegen sich die kräftig gestiegenen Vermögens-Bewer- zweitstärkste Anstieg seit der Jahrhundertwende (nach 7,8% tungen wieder in Richtung des langfristigen Durschnitts, also im vorangegangenen Jahr). Dies war auch (leicht) über dem nach unten? Mit welchen Szenarien ist in Zukunft zu rech- westeuropäischen Durchschnitt von 5,8%. Treiber der Ent- nen? Die Fragen und Antworten werden im 7. Kapitel der ins- wicklung waren die Vermögensklassen Wertpapiere (+9,1%) gesamt fast 200 Seiten langen Studie präsentiert. Die Studie und Bankeinlagen: Letztere wuchsen dank der Rekorder- kann über den Link, den wir unten setzen, per Freischaltung sparnis von knapp 400 Milliarden Euro mit 7,9% so schnell abgerufen werden. Es reicht allerdings auch, über google den wie nie zuvor. (Versicherungen und Pensionsfonds erzielten Titel der Studie und eventuell auch noch „pdf“ einzugeben, ein Plus von 3,5%.) Auch die Verbindlichkeiten erzielten das dann bekommt man einen unmittelbaren Zugang. zweitschnellste Wachstum und wuchsen um 4,3% (2019: 4,6%), mehr als einen Prozentpunkt über dem regionalen Link zur Studie: The rise and rise of the global balance sheet: How pro- Durchschnitt. Für 2021 ist mit einer ähnlich dynamischen ductively are we using our wealth? Entwicklung zu rechnen – sofern keine kräftige Korrektur an den Aktienmärkten eintritt. Bereits im ersten Halbjahr dürfte das Geldvermögen um gut 4% gestiegen sein.“ DER ETWAS ANDERE WEALTH REPORT Link zur Studie: Allianz Global Wealth Report 2021: Saving from home HERAUSGEBER: World Bank 2021 ZUSAMMENFASSUNG: Den Vermögens- oder Kapitalbegriff kann man enger fassen oder auch weiter. Relativ weit war die Variante des extrem einflussreichen französischen UNPRODUKTIVE VERMÖGEN? „Vermögens“-Soziologen Bourdieu, der symbolisches Kapital HERAUSGEBER: McKinsey (Ansehen, Ehre usw.), soziales Kapital (nutzbares Netzwerk), ZUSAMMENFASSUNG: McKinsey legt mit dieser Studie eine kulturelles Kapital (Kompetenzen im Bereich von Hoch- bis Bilanzanalyse der Vermögen von 10 Ländern vor, die 60 Niederkultur) und ökonomisches Kapital unterschied. Nur
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